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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
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€ 5,90
Blohm & Voss Ha 137 | Curtiss H-75 A | Messerschmitt Me 262
Mai 2015 www.flugzeugclassic.de
Das Erbe der Luftwaffe So versessen waren die Alliierten auf deutsche Spitzentechnik
Luft-Boden-Rakete
EF 128
Geheimwaffe gegen Stalins Panzerwalze?
Junkers’ Superjäger
B-24
»Liberator«
Wie sie zur Plage an Deutschlands Himmel wurde
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Editorial Die Jagd nach deutscher Spitzentechnik Katapultierte die sowjetischen Luftstreitkräfte in die Zukunft: EF 140, Folgeentwicklung aus Foto Sammlung H. Ringlstetter der Junkers Ju 287
Am liebsten alles auf den Mond schießen! Als sich der Weltkrieg in Europa dem Ende näherte, rückten die Alliierten mit einem festen Vorsatz in Deutschland ein: Von diesem Land darf kein Krieg mehr ausgehen. Konsequent entmilitarisierten sie das zerschlagene Reich. Doch nicht alles aus der Konkursmasse der Wehrmacht sollte auf Schrottplätzen landen, gesprengt oder zugeschüttet in Bombentrichtern dem Verfall preisgegeben werden. Denn in keinem anderen Land als in Deutschland schufen Konstrukteure und Ingenieure derart fortschrittliche Luftfahrzeuge und Raketentechnik – auch getrieben durch die drohende Niederlage, ohne Frage. Auf diese Technik hatten es die Amerikaner, Briten, Fran-
zosen und Sowjets abgesehen. Mehr oder weniger überredet, manchmal gezwungen, setzten deutsche Köpfe ihre Arbeit an Me 262 & Co fort. Und ermöglichten ihren Technologien eine zweite Karriere. Auf den Mond schoss man deutsche Technik letztendlich doch noch: Das amerikanische ApolloProgramm, so das Resümee von Peter Cronauer und Herbert Ringlstetter, hätte wohl ohne das Knowhow von Wernher von Braun aus seiner Arbeit an der V2 erst viel später seinen fulminanten Höhepunkt mit der Mondlandung gefunden. Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen Ihr Markus Wunderlich
Markus Wunderlich, Chefredakteur
Mehr zum Thema auf Seite 38!
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt: 9,9 % … sind Verzweiflungsprojekte, wie sie überall in ausweglosen Situationen entstehen würden.
Futuristische Flugzeuge wie die Junkers EF 128 ...
84,7 % … zeugen vom hohen Forschungsstand der Luftfahrt in Deutschland zwischen 1933 und 1945.
5,4 % … sind nichts Besonderes, andere Länder haben nach 1945 rasch Ähnliches entwickelt. Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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I N H ALT
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FLUGZEUG CLASSIC 5-15
Die Arado Ar 234 war das modernste Strahlflugzeug der Luftwaffe. Kein Wunder, dass sich die Alliierten bei Kriegsende die erhaltenen Maschinen sicherten. Hier tankt deutsches Personal eine Arado auf, beaufsichtigt von britischen Offizieren
ZEITGESCHICHTE Deutsche Hochtechnologie in alliierter Hand
Begehrte Beute
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1945 ernteten Amerikaner, Briten und Sowjets die Früchte der deutschen Luftfahrtindustrie. Konstruktionspläne und Maschinen wurden ins Ausland geschafft – und bildeten dort die Grundlage für zukunftsweisende Projekte.
TECHNIK Consolidated B-24 »Liberator«
Mehr als genug
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Dank der B-24 konnten die Alliierten an den wichtigsten Kriegsschauplätzen eine massive Bomberflotte aufbauen. Doch Einsätze mit der B-24 gerieten zu einer wahren Tortur.
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1944 liefen Versuche, die Fw 190 mit der Luft-Boden-Rakete »Panzerblitz« zu bestücken
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Die EF 128 war der vielversprechende Entwurf eines Hochleistungs-Strahljägers. Was hätte die Maschine leisten können?
TECHNIK Luft-Boden-Rakete
Panzerblitz
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Gegen den T-34-Panzer war selbst die Fw 190 machtlos. Abhilfe sollte die Luft-Boden-Rakete »Panzerblitz« schaffen, mit der ab 1944 deutsche Schlachtflugzeuge ausgerüstet wurden.
TYPENGESCHICHTE Junkers EF 128
Überlegener Pfeilflügler
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Im letzten Kriegsjahr entwickelte man fieberhaft neue Jagdflugzeuge, um die Lufthoheit zurückerobern zu können. Die Ju EF 128 war eines der erfolgversprechendsten Projekte. 4
In Tirol wird eine Me 262 mit vielen Originalteilen restauriert. FLUGZEUG CLASSIC zeigt die ersten Bilder dieses ambitionierten Projekts
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Mit der B-24 nahm die US-Bomberproduktion unglaubliche Ausmaße an – was Deutschland schon bald zu spüren bekam
ZEITGESCHICHTE Curstiss H-75 A im Westfeldzug
TECHNIK – COCKPIT Blohm & Voss HA 137
Vom Stuka zum Versuchsflugzeug . . . . . 44
Lückenbüßer mit Biss
Warum sich der 30er-Jahre-Einsitzer nicht durchsetzen konnte.
1940 konnte die französische Curtiss zahllose Feindmaschinen abschießen – auch die einer deutschen Jagdflieger-Ikone.
SERIE – ERSTER WELTKRIEG Geburt der klassischen Jagdfliegerei
Schuss durch den Propellerkreis . . . . . . . . 48 Synchronisierte MG revolutionieren den Luftkrieg.
SERIE – ZWEITER WELTKRIEG Sowjetische Rüstungsindustrie im Visier
Unternehmen Eisenhammer . . . . . . . . . . . . . . 52 Wie Mistel-Gespanne russische Kraftwerke angreifen sollten.
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OLDTIMER Messerschmitt Me 262
20 Jahre bis zum Finish . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Dass in Tirol seit vielen Jahren eine Me 262 restauriert wird, war bislang kaum bekannt. Wir durften jetzt die Werkstatt besuchen und die Schlussphase der Arbeiten beobachten.
FILM Propaganda der englischen Art
B for Bertie
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Ein Spielfilm von 1942 begleitet abgeschossene RAF-Flieger, die aus den Niederlanden Richtung Heimat fliehen wollen.
LESERALBUM Flugbuch von 1943
Stationen einer Fliegerausbildung . . . . . 76 Der Unteroffizier Heinz Jöckel besuchte verschiedene Flugzeugführerschulen und hat darüber akribisch Buch geführt.
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Die Curtiss brillierte 1940 gegen die deutsche Luftwaffe: Zwei Drittel der französischen Luftsiege gingen allein auf ihr Konto
RUBRIKEN
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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
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Arado Ar 234 .....................17 Boeing B-17 .........................8 Blohm & Voss HA 137 ........44 Consolidated B-24 ..............22 Curtiss H-75 A ...................62 Douglas C-47 Skytrain ...........9 Focke-Wulf Fw 190.........30, 52 Fokker DR.I ..........................9 Fokker M5 .........................49 Grumman Hellcat ...............10
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Heinkel He 162 ..................16 Junkers W 34 hi .................78 Junkers EF 128 ..................38 Junkers Ju 88 ....................52 Junkers Ju 287 ...................20 McDonnell F-4 Phantom ......11 Messerschmitt Bf 109 ....8, 11 Messerschmitt Me 262.......68 Messerschmitt Me 163 B.....19 Vickers Wellington ..............72
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Flugzeuge in dieser Ausgabe
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bild des Monats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Background . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Termine/Bücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Vorschau/Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Das Erbe der Luftwaffe So versessen waren die Alliierten auf deutsche Spitzentechnik
Luft-Boden-Rakete
EF 128
Geheimwaffe gegen Stalins Panzerwalze?
Junkers’ Superjäger
B-24
»Liberator«
Wie sie zur Plage an Deutschlands Himmel wurde
TITELBILD Collage: Slg. H. Ringlstetter/Slg. D. Hermann Fw 190: Slg. D. Hermann EF 128: H. Ringlstetter B-24: Juanita Franzi
TITELSEITE: Trümmer zeugten 1945 vom Untergang der Luftwaffe, Maschinen wie die Arado Ar 234 von ihrem großen Potenzial
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BILD DES MONATS
Fliegendes Denkmal Ein starres Fahrwerk, auffälliges Wellblech und nicht zuletzt die knatternden Sternmotoren, die jeder Luftfahrtfreund sofort heraushört. Die »Tante Ju« ist schon lange ein Mythos aus dem Hause Junkers, doch nun ist es auch offiziell: Das Amt für Denkmalschutz der Hamburger Kulturbehörde hat die Ju 52 der Lufthansa als »bewegliches Denkmal« eingestuft. »Die Tante Ju besitzt eine große luftfahrthistorische Bedeutung als eines der letzten und gut erhaltenen Beispiele dieses damals im Hinblick auf seine Konstruktion neuartigen Motorflugzeugtyps, der nicht umsonst seinerzeit lange Jahre ein Erfolgsmodell und Verkaufsschlager war«, begründet das Amt die Auszeichnung. Die Ju 52 der Lufthansa verließ bereits 1936 die Junkerswerke in Dessau und befördert auch heute noch jedes Jahr Tausende von Passagieren auf historiText Stefan Krüger, Foto Björn Helenius schen Rundflügen.
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FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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PANORAMA ■
MESSERSCHMITT BF 109 G
Die »Schwarze 1« mit restauriertem Motor, kurz vor der ersten Zündung
Fotos (2) Matthias Dorst
Der zündende Moment für die »Gustav«
Das DB605-Aggregat wirkt wie neu – und lief ohne nennenswerte Probleme
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A
nfang Februar konnten die Mitarbeiter von MeierMotors erstmals das Antriebsaggregat der Messerschmitt Bf 109 G »Schwarze 1« zünden, die seit 2011 in der Werkstatt restauriert wird. Bei diesem Projekt geht es darum, eine »Gustav« auferstehen zu lassen, als Vorbildflugzeug dient die Stabsmaschine »Schwarze 1« des Jagdgeschwaders 3 »Udet«. Geflogen wurde diese G-4 im Jahre 1943 von Hauptmann Klaus Quaet-Faslem. Mehr als 70 Jahre später sieht es nun so aus, als könne die Maschine bald wieder vom Boden abheben. Denn seit 2011 hat sich eine Menge getan. Zunächst hatte die MeierMotors Werft einen Mercedes Benz DB605-Motor beschafft, Mike Nixon von Vintage V12’s in Tehachapi/Kalifornien konnte für die aufwändige Restaurierung des Triebwerks begeistert werden. Auf Gerald Yagen wiederum soll die Entscheidung zurückgehen, statt der späteren Baureihe G-6 eine »frühe« Gustav, also eine G-4 auferstehen zu lassen. Das Flugzeug wurde eingehend untersucht, restauriert und zuletzt neu lackiert. Mike Nixon war jetzt extra zur Zündung des Motors im eingebauten Zustand angereist – und hocherfreut, dass das gewaltige Aggregat auf Anhieb ohne Probleme lief. Matthias Dorst ■
BOEING B-17
Flying Fortress vor Schwedens Küste aucher haben das Wrack der B-17G, 42-102597, in der Ostsee in 17 Meter Tiefe entdeckt. Der Bomber mit dem Verbandskennzeichen K8-V gehörte der 602nd BS, 398th BG an und ging am 12. September 1944 nach einem Einsatz gegen deutsche Industrieanlagen verloren. Die Crew der Fortress versuchte sich in das neutrale Schweden zu retten, nachdem sie von einer Bf 110 angegriffen worden war. Der deutsche Jäger verfolgte den bereits schwer gezeichneten Bomber, der letztlich mit brennendem rechten Flügel vor Trelleborg ins Meer stürzte. Der Copilot, 2nd Lt. Cranston, wurde von einem schwedischen Fischerboot gerettet, das auch den getöteten Piloten, 2nd Lt. Fields, barg. Der Körper des Navigators, 2nd Lt. White, wurde 1945 an
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die Küste gespült. Sowohl Fields als auch White liegen in Schweden begraben. Die verbliebenen sechs Besatzungsmitglieder gelten immer noch
Die B-17G »Stinker«, deren Wrack vor der schwedischen Küste entdeckt wurde
als vermisst. Bis zum Abschluss einer näheren Untersuchung wird die genaue Position des Wracks geheim gehalten. Jan Forsgren ■
Foto USAAF
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FOKKER DR.I
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Total von der Rolle
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chlechte Nachrichten aus den Niederlanden: Die einzigen holländischen Fokker-Dr.1-Nachbauten, PH-DRI und PH-EBF, sind aus der niederländischen Luftfahrzeugrolle gestrichen worden. PH-DRI (C/N 152-17) wurde am 8. Februar 1993 in das Register aufgenommen. Die Fokker ist mit einem Siemens-Halske SH14A Sternmotor ausgerüstet, jedoch nie geflogen. Momentan steht sie als Eigentum der Dutch Early Bird Foundation (EBF) in Lelystad. PH-EBF, die ebenfalls der EBF gehört, wurde von Harry Provolt in den USA gebaut und machte am 2. Februar 1958 ihren Erstflug mit der Registrierung
Die Fokker Dr.I Replik PH-DRI ist nie geflogen, verbleibt aber vorerst in Lelystad
PH-EBF während einer der seltenen Motortestläufe im Stampe Museum in Antwerpen Fotos Roger Soupart
N5505 (C/N 102). Am 5. Dezember 1993 ging sie in den Besitz der EBF über und erhielt, neu ausgerüstet mit einem 160-PS-Warner-ScarabMotor, die Registrierung PH-EBF (C/N 155-17). PH-EBF flog tatsächlich, aber nur für 6,5 Stunden. Anfänglich waren beide Maschinen in Lelystad stationiert, 2004 wurde PH-DRI im Stampe Museum in Antwerpen ausgestellt und ist seitdem in Hasselt-Kiewit, ebenfalls in Belgien, eingelagert. Nach der Streichung der beiden Registrierungen ist die Zukunft der Replikate ungewiss. PH-DRI wird allerdings weiterhin in Lelystad ausgestellt. Roger Soupart ■
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DOUGLAS C-47 SKYTRAIN
»Cheeky Charlie«
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as Pacific Aviation Museum auf Ford Island, Pearl Harbor, hat eine lang erwartete Douglas C47A Skytrain, USAAF Ser.No. 42-100486, c/n 18949, N99131, in Empfang genommen, die vormals auf dem Honolulu Interna- Die Douglas »Cheeky Charlie« während der tional Airport Staub Restaurierung im Pacific Aviation Museum angesetzt hatte. Der Veteran war von 1943 bis 1945 im Pazifik im Kriegseinsatz und hatte sich bei verschiedenen Truppentransportstaffeln den Namen »Cheeky Charlie« verdient. Mit Ende des Krieges wurde die Maschine nach wenig mehr als 3000 Flugstunden für überzählig erklärt. Ihr ziviles Leben begann mit einer Reihe von australischen Betreibern, allen voran Australian National Airlines, die die C-47 in »Tarrana« (Känguru) umbenannten. In den frühen Siebzigern flog sie als Frachtflugzeug nach Hawaii und erlebte auch einige Momente des Ruhms als Darsteller in zwei Hollywood-Filmen: »Pearl Harbor« und »Lautlose Killer«. 1976 flog die C-47 im Inseltransportdienst für die Genavaco Corporation und wurde erneut umbenannt, diesmal in »Tyranna«. Nach der Versetzung in den Ruhestand hatte »Cheeky Charlie« mehr als 55 000 Stunden im Logbuch. Im Moment sind die PAM-Leute dabei, mehrere Farbschichten bis aufs Metall abzutragen, bevor das originale Olivgrün der Kriegsjahre wieder aufgebracht wird. Roger Soupart ■
Foto PAM
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RYAN PT-22
Harrison Ford: Crash mit seltener Ryan m Film mimt er oft den unverwüstlichen Haudegen und auch im wahren Leben scheint er einiges auszuhalten: Harrison Ford ist am 5. März mit seiner originalen Ryan PT-22 abgestürzt, hat dabei aber nur leichte Verletzungen erlitten. Schon wenige Minuten nach dem Start vom kleinen Santa Monica Airport in Kalifornien, USA, hatte sich der Schauspieler beim Tower gemeldet und um Landeerlaubnis gebeten. Offenbar machte der Motor seiner Ryan PT-22, die der Zeit des Zweiten Weltkriegs entstammt, Probleme und begann zu stottern. Ford wendete seine Maschine und überflog den Golfplatz von Penmar, der unmittelbar unterhalb der Landebahn liegt. Augenzeugen wollen dann beobachtet haben, dass das Flugzeug »halb flog und halb vom Himmel stürzte«. Es ge-
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
lang dem geübten Piloten, die Maschine von den umstehenden Häusern fernzuhalten, bevor er auf dem Grün des Golfplatzes zu einer harten Notlandung ansetzte. Dabei kamen glücklicherweise keine Unbeteiligten zu Schaden; Harrison Ford selbst erlitt tiefe Schnitt-
wunden, die anschließend im Krankenhaus genäht wurden. Nach Auskunft der Ärzte darf Ford auf vollständige Genesung hoffen. Ob sich das ramponierte Flugzeug wieder instand setzen lässt, ist noch nicht bekannt. Jens Müller-Bauseneik ■
Harrison Ford wurde beim Absturz seiner Ryan PT-22 nur leicht verletzt
Fotos (2) picture-alliance
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PANORAMA ■
GRUMMAN F6F HELLCAT
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m Jahr 2014 war die Grumman F6F-3 Hellcat der Fighter Collection nach ungefähr fünf Jahren wieder in der Luft zu sehen. Im Juli flog sie zu den Flying Legends und bildete dort zusammen mit der Corsair, Bearcat und Wildcat eine
beeindruckende Formation von US-Navy-Warbirds. Die Zeit am europäischen Himmel währte allerdings nur kurz, denn wie die TFC Anfang Februar mitteilte, verließ diese einzige flugfähige Hellcat in Europa am 6. Februar ihre lang-
jährige Heimat Duxford, wo sie seit 1990 stationiert war. Auf dem Seeweg führte ihre Reise von Southampton in die USA zum zukünftigen Eigentümer, der noch nicht näher genannt wurde. Andreas Zeitler ■
Unwiderstehlich elegant
Prototyp der SE 210 Fotos (2) Airbus Group Corporate Heritage
Gibt es ein Flugzeug, das ähnlich zeitlosen Schick versprüht wie das »Kleine Schwarze«? Das immer gut aussieht, egal, wer darin steckt? Gibt es! Und wie jenes Cocktailkleid stammt es aus Frankreich, hört auf den Namen Caravelle und wird umflort vom Nimbus einer modischen Ikone. Das ahnt jedoch noch niemand, als Frankreichs zivile Luftfahrtbehörde im Herbst 1951 das Lastenheft für ein Mittelstreckenverkehrsflugzeug herausgibt. Wie damals üblich, zahlt Vater Staat dessen gesamte Entwicklung, die bei SNCASE (spä-
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ter Sud Aviation) liegt. Dort greift man nicht nur der Einfachheit halber auf britische Triebwerke zurück, um ein revolutionär ausgelegtes Flugzeug zu kreieren – mit nur zwei Heckaggregaten, Kreuzleitwerk und sogenanntem sauberen Flügel. Und einer formvollendeten Nase, die wie Teile der Kabinenstruktur vom britischen Comet Airliner kommt. Dreieckige Kabinenfenster, wohl durch Junkers inspiriert, verleihen ihrer Eleganz den letzten Schliff. Den Erstflug absolviert die SE 210 Caravelle am 27. Mai 1955 in Toulouse Blagnac. Bestellungen seitens Air France lassen nicht lange auf sich warten, weitere große europäische Fluglinien wie SAS oder Alitalia folgen. Technisch ständig verfeinert – unter anderem als erstes in Serie produziertes Strahlverkehrsflugzeug mit Schubumkehr –, begeistert die Caravelle bis zum Ende ihrer Laufbahn im Jahr 2003 weltweit bei über 100 Airlines durch Ruhe und Zuverlässigkeit. Finden anfangs noch 52 Passagiere
Platz, fasst die letzte der insgesamt acht Hauptbaureihen 140 Fluggäste. Am längsten verkehrt die elegante Französin, die in 282 Exemplaren bis 1972 gebaut wird, in Charter-Kreisen. Heute ist die Caravelle nur mehr im Museum zu bewundern. Selbst dort, gefesselt am Boden, beflügelt ihre unwiderstehliche Anmut noch immer die Sinne. Ganz so wie die bodenständigunbunte Schöpfung von Coco Chanel … Wolfgang Mühlbauer ■
Auslieferung in Toulouse
Foto Andreas Zeitler
Let’s go West
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MCDONNELL F-4 PHANTOM
Phantom in neuer Pracht
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SAAB 91B SAFIR
Bericht zum Absturz
Phantom F-4N, 150442, in äußerst vernachlässigtem Zustand mit Spuren ihrer ersten Einsatzeinheit VF201
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Nach ihrer Restaurierung erhielt die F-4N einen Anstrich der VF142 aus der Zeit, als die Staffel von der USS AMERICA aus operierte
■ MESSERSCHMITT
BF 109 G-6
»Beule« unter dem Hammer
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m 12. Mai 2015 versteigert das Münchener Auktionshaus Hermann Historica ein ganz besonderes Stück: eine Messerschmitt Bf 109 G-6. Die nichtflugfähige Maschine mit der Werknummer 441059 rollte im April 1944 aus der Fabrik in Wiener Neustadt und kam zu einer Einheit der Reichsverteidigung. Vermutlich stürzte sie bereits im Juni 1944 nach einem Luftkampf ab. Stille breitete sich für fast 50 Jahre aus, bis Mitte der 1990er-Jahre eine privat initiierte Bergung stattfand und im Jahr 2007 der Aufbau begann. Dabei analysierten Experten die vorhandenen Teile und entdeckten einige Besonderheiten. So etwa die »Beule« für den Luftverdichter der Druckkabinenversion der G-5, den man nur bei den ersten G-6 ab Mitte 1943 findet. Um die Maschine zu restaurieren, kamen größtenteils Originalteile zum Einsatz – wie etwa Komponenten von einer G-14-Ausführung oder aus dem Fundus eines ehemaligen FlugFLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Diese Me Bf 109 steht Ende April zum Verkauf
zeugmonteurs, der eben in den MesserschmittWerken in Wiener Neustadt gearbeitet hatte. Das Revi und der Steuerknüppel und ein paar andere Details mussten aber nachgebaut werden, da keine Originale zur Verfügung standen. Da die Werknummer der Me keiner spezifischen Einheit zugeordnet werden konnte, rekonstruierte man aus dem Absturz- und Fundort, dass die G-6 vermutlich der III./JG-3 »Udet« angehörte – deswegen trägt sie auch
diese Markierungen. Übrigens ist die Maschine vor sechs Jahren schon einmal versteigert worden – und für 165 000 Euro an einen US-amerikanischen Sammler gegangen. Deshalb kann sie vor der jetzigen Versteigerung auch nur in den USA besichtigt werden. Angeboten werden aus dieser Quelle auch noch Kübelwagen und anderes Gerät. Wer die Bf 109 haben möchte: Das Mindestgebot liegt bei 150.000 Euro. Alexander Losert ■
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Foto Hermann Historica
Fotos Satsuma Bureau of Tourism
ine faszinierende Neueinkleidung fand in den USA statt, wo die stark verblichene und vernachlässigte Ex-VF201 F-4N Phantom II, 150442, restauriert und mit einem neuen Farbanstrich versehen wurde. Die Markierungen stammen aus der Zeit der US Navy Phantoms der VF 142 während ihrer Stationierung auf dem Flugzeugträger USS America. Die Phantom ist Eigentum der American Military Heritage Foundation und stand viele Jahre auf dem John Parish Airport in Louisiana, bevor sie kürzlich zu ihrem unweiten neuen Ausstellungsort bei Satsuma gebracht wurde. Roger Soupart ■
um Absturz der Saab 91B Safir, die am 1. August 2014 in Bremen verunglückt war, hat die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung jetzt einen Zwischenbericht veröffentlicht. Der Absturz, bei dem der Pilot und ein Passagier ums Leben kamen, hatte großes Aufsehen erregt: Die einst als Schulungsflugzeug der Lufthansa genutzte Traditions- Vor ihrem tragischen Absturz 2014 war die maschine war dicht Safir ein gern gesehener Gast auf Airshows hinter dem Flugplatz Bremen in ein Gewerbegebiet gestürzt und hatte ein Reifenlager in Brand gesetzt. Bald darauf wurden spektakuläre Fotos veröffentlicht, auf denen die Saab kurz vor dem Aufprall zu sehen ist – in nahezu senkrechter Sturzfluglage und mit extremen Ruderausschlägen. Wie dem Bericht der BFU zu entnehmen ist, hatte der Flugzeugführer eine Verkehrspilotenlizenz (ATPL(A)) der EU, ausgestellt am 1. April 2014, und war mit einer Gesamtflugleistung von 13 169 Stunden sehr erfahren. Die Absturzursache ist noch nicht abschließend geklärt. Jens Müller-Bauseneik ■
Foto Andreas Zeitler
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PANORAMA TESTPILOT GEEHRT
Foto Rob Greinert/PIMA
Der ehemalige Testpilot Drury W. Wood wurde Anfang des Jahres in die »Hall of Honor« aufgenommen. Die Einrichtung der Embry Riddle University in Florida und Arizona, USA, ist Personen gewidmet, die sich in der Luft- und Raumfahrt besondere Verdienste erworben haben. Bei Wood gab seine führende Rolle bei der Erprobung des Transportflugzeugs Do 31 den Ausschlag. Mit allen vier dafür gebauten Fluggeräten – vom Schwebegestell bis zum senkrechtstartfähigen Flugzeug E-1 – hat er einmalige Flüge durchgeführt. Bei Vorführungen mit der E-1 konnte er zahlreiche Zuschauer begeistern, beim Überführungsflug von Oberpfaffenhofen nach Paris stellte er noch heute gültige Weltrekorde auf. Drury W. Wood, mittlerweile über 90 Jahre alt, verbringt seinen Lebensabend in Oregon, USA. Jens Müller-Bauseneik
Foto Koepnick Ph. Oshkosh
Einzug in die »Hall of Honor«
Die P-47D Thunderbolt in Pima, verpackt und bereit zur Abreise nach Australien
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REPUBLIC P-47 THUNDERBOLT
Fortschritte in Pima
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as Pima Air & Space Museum in Tucson, Arizona, hat seine P-47D Thunderbolt, 42-8130, nach Australien zurückgegeben, wo sie von der Historic Aircraft Restorations Pty Ltd. in den statischen Ausstellungszustand restauriert wird. Die Maschine wurde von Republic Aircraft in Farmingdale, New York, gebaut und im Frühjahr 1943 an die USAAF ausgeliefert. Im Juli 1943 ging sie an die 342nd Fighter Squadron (»Black Jacks«) der 348th Fighter Group, 5th Air Force in Port Moresby, Papua Neuguinea (PNG), wo sie von Captain Samuel V. Blair übernommen wurde. Der ließ ihr den Namen »Frankie« auf die Nase malen und
STARGAST IN SPEYER
Rundflüge mit der »Super Connie« Die Lockheed Super Constellation aus Basel kommt am 30. Mai als Stargast zum Tag der offenen Tür auf den Flugplatz Speyer. Die »Super Connie« wird von Luftfahrt-Fans als »schönstes Flugzeug der Welt« bezeich-
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es wird angenommen, dass er die P-47D bis Dezember 1943 flog und mindestens drei seiner sieben Luftsiege mit ihr erringen konnte. Mitte des Jahres 1944 machte die Thunderbolt auf dem Ausweichflugplatz Point Hood Bruch. Der hintere Rumpf wurde dabei so stark beschädigt, dass die Maschine aufgegeben wurde. Nach ihrer Bergung im Jahre 1968 ging sie nach einem Aufenthalt im Air Museum of PNG an das PNG National Museum über, bevor sie schließlich den Weg nach Pima fand. Die P-47D ist eines von mehreren bedeutenden Flugzeugprojekten, die in Pima auf ihre Vollendung warten. Dave McDonald ■
DOUGLAS SKYRAIDER A-1
net, und obendrein ist sie auch noch äußerst selten: Weltweit fliegt heute außer der in der Schweiz zugelassenen Connie nur noch eine weitere Maschine gleichen Typs in Australien. In Speyer wird sie gegen 10:00 Uhr eintreffen und etwa um 11:00 Uhr zu einem Rundflug starten. Daran teilnehmen dürfen leider nur Mitglieder der Super Constellation Flyers Association – jenes privaten Vereins, der die Connie betreibt. Es soll aber möglich sein, spontan in Speyer Mitglied der SCFA zu werden und dann mitfliegen zu können. Weitere Informationen unter www.flugplatz-speyer.de Jürgen Schelling
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urch Zufall haben zwei Taucher eine Douglas A-1 »Skyraider« vor der kalifornischen Küste in der Nähe von San Diego entdeckt. Das ehemalige Kampfflugzeug, eigentlich eine AD4L, war 1953 vor der Küste notgewassert; der Pilot konnte damals unversehrt gerettet werden und meldete sich nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt noch am selben Tag bei seiner Einheit zurück. Die Maschine liegt in einer geringen Tiefe von etwa 60 Fuß (gut 18 Meter) und scheint gut erhalten zu sein. Unter den Tragflächen befinden sich noch vier 20-mm-Kanonen; weitere Gegenstände, die zum Flugzeug gehören, wurden in der Umgebung des Wracks gefunden. Die beiden Taucher wollen ihren Fund heben und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Sie haben sich deshalb mit dem San Diego Aerospace Museum in Verbindung gesetzt. Werner Fischbach ■
Douglas AD-4 »Skyraider« beim Start auf dem Flugzeugträger USS BOXER
Foto US Navy
Foto Jürgen Schelling
Fund in 18 Meter Tiefe
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ZEITGESCHICHTE
Die Luftwaffe 1945
DEUTSCHE HOCHTECHNOLOGIE IN ALLIIERTER HAND
Begehrte Beute
Ab dem 9. Mai 1945 schwiegen an allen Fronten die Waffen. Jetzt erforschten die Sieger die Technik der Besiegten – und stießen auf Flugzeuge, die alles bisher Bekannte in den Schatten stellten Von Peter Cronauer und Herbert Ringlstetter
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chon vor und während des Krieges hatten sich alle kriegführenden Nationen darum bemüht, möglichst viel über den Gegner, den Stand seiner Forschung und das Niveau seiner technischen Ausrüstung zu erfahren. Allerdings waren die Möglichkeiten verhältnismäßig begrenzt, denn Spionage oder beispielsweise die Auswertung von erbeutetem Kriegsgerät erlaubten zwar einen Ein-, aber keinen generellen Überblick. Und schon gar nicht in zukunftsweisende Ideen und Projekte, die selbstredend geheim gehalten wurden und oftmals nur einem kleinen Kreis von Fachleuten bekannt waren. Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches eröffneten sich den Alliierten in dieser Hinsicht jedoch völlig neue Möglichkeiten. Jetzt hatten sie uneingeschränkten Zugriff auf alles, konnten nach Belieben Labore, Konstruktionsbüros, Forschungseinrichtungen, Erprobungsstellen und Produktionsstätten durchsuchen, sämtliche Unterlagen, Forschungsergebnisse und Patente einsehen und bei Bedarf beschlagnahmen, einschließlich des dazugehörenden Personals (siehe Kasten S. 17).
Von flugfähig bis schrottreif
Auf hochmoderne Maschinen wie die Me 262 hatten es die Alliierten ganz besonders abgesehen. Hier inspizieren amerikanische Soldaten der 7. Armee die Taktstraße im Foto Sammlung D. Hermann Waldwerk Kuno I bei Leipheim
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Das galt für nahezu alle Wirtschafts- und Industriebereiche, insbesondere aber auch für die Erkenntnisse und Entwicklungen der deutschen Luftfahrtforschung und deren Erzeugnisse. Auf Werksgeländen, in diversen Produktionsstätten, auf Flugplätzen, auf freiem Feld oder auch entlang der Autobahnen standen zahlreiche deutsche Flugzeuge als Anschauungsmaterial herum. Deren Zustand reichte von flugfähig bis schrottreif, viele waren durch »Feindeinwirkung« beschädigt oder gegen Kriegsende von eigenen Leuten gesprengt, in Brand gesteckt oder anderweitig unbrauchbar gemacht worden. Sie dienten alliierten Soldaten als Kulisse für Erinnerungsfotos, als Tummelplatz für Souvenirjäger, als Abenteuerspielplatz für Kinder oder weckten die Begehrlichkeiten von Schrotthändlern. Allerdings nur dann, wenn es sich um allseits bekannte Typen handelte, die für die Siegermächte nur von geringem Interesse waren. Und das war die breite Masse der vieltausendfachen Hinterlassenschaft der deutschen Luftwaffe. Darunter befanden sich jedoch auch einige, vergleichsweise wenige Maschinen, für die sich die Alliierten brennend interessierten: moderne Flugzeuge, deren Leistungen alles andere in den Schatten stellten. Auch die RAF hatte bereits während des Krieges so viel feindliches Gerät examiniert wie nur möglich. Nach der Kapitulation des Gegners nahm dann die »Enemy Aircraft Separation System Unit« (EASSU) ihre Arbeit auf, indem sie von ihrem Hauptstützpunkt Fuhlsbüttel bei Hamburg aus intakt erbeutete Flugzeuge der Luftwaffe an verbündete Staa-
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ZEITGESCHICHTE
Die Luftwaffe 1945
Zu den zahlreichen High-Tech-Projekten, die es noch vom Reißbrett zu den Einsatzverbänden schafften, gehörte die Heinkel He 162. Hier begutachtet ein US-Soldat eine augenscheinlich intakte Foto Sammlung H. Ringlstetter He 162 A auf einem Flugplatz bei Kassel
Die Horten Ho 229 wird die Flugzeugentwicklung in den USA nachhaltig beeinflussen – bis in die Gegenwart. Hier die V3 (H IX) in den USA. Der Nurflügler wurde dort nahezu komplett zusammengebaut (samt Flächen) und ausgestellt Foto Sammlung H. Ringlstetter
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Einige Arado Ar 234 kamen noch zum Einsatz, so auch diese Ar 234 B-2, W.Nr. 140 342, F1+AS, der 8. Staffel des KG 76 Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
ten verteilte. Die EASSU sorgte für die Flugtauglichkeit der Maschinen und lieferte sie direkt an Frankreich, Holland, Belgien und die CSSR. Die meisten und wichtigsten Typen gelangten jedoch zur britischen Versuchsanstalt in Farnborough. Die Erprobung deutschen Fluggerätes in England ist unter anderem eng mit dem Namen Captain Eric »Winkle« Browns verbunden, der im Laufe seines langen Fliegerlebens 487 verschiedene Flugzeugtypen flog, darunter einige deutsche Beutemaschinen. In zahlreichen Zeitschriftenartikeln berichtete er über seine Erfahrungen.
»Operation Lusty« Der Geheimdienst der USAAF hatte ebenfalls seit Längerem konkrete Pläne geschmiedet und Maßnahmen ergriffen, um deutscher Luftfahrttechnologie habhaft zu werden. Gegen Kriegsende wurden alle Bemühungen unter dem Oberbegriff »Operation Lusty« (Luftwaffe Secret Technology) gebündelt, wobei es auch hier zum einen um Forschungseinrichtungen und -ergebnisse ging und zum anderen um komplette Flugzeuge, deren Ausrüstung und Bewaffnung (siehe Kasten S. 19). Zwei Gruppen nahmen sich dieser Aufgaben an: Diejenige, die für das Abarbeiten einer als »black list« bezeichneten Wunschliste an zu beschaffenden Flugzeugen und Ausrüstung zuständig war, ging als »Watson’s Whizzers« (Watsons Ölschleudern) in die Annalen ein. Die nach ihrem Kommandeur Colonel Harold E. Watson benannte Gruppe – der übrigens schon bald auch ausgewähltes deutsches Personal einschließlich einiger weniger Flugzeugführer angehörte –, brachte unter anderem die einst vom Staffelkapitän der 1./KG 100, Hauptmann Heinz Braun, geflogene Ju 290 A-4 (siehe FLUGZEUG CLASSIC 11/ 2014) in die USA und verfrachtete darüber hinaus eine ganze Reihe von Beuteexemplaren deutscher Luftfahrt-Spitzentechnologie auf dem Deck des britischen Flugzeugträgers HMS REAPER über den »großen Teich«. Dazu zählten Propellerflugzeuge wie die Heinkel He 177 A-7, der zweimotorige Nachtjäger Heinkel He 219 oder die ebenfalls zweimotorige, aber jeweils von einem Zug- und einem Schubpropeller angetriebene Dornier Do 335. Auch der einsitzige Jäger Ta 152, dem die Alliierten nach dem Krieg konstatierten, dass er eines der besten, wenn nicht sogar das FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Neben der Me 262 stand die Arado Ar 234 als zweites, einsatzfähiges deutsches Strahlflugzeug Foto Sammlung H. Ringlstetter ganz oben auf der Wunschliste der Alliierten
Geistige Reparationsleistungen Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches setzte ein regelrechter »Run« auf dessen aktuelles »Know-how« ein, wurden Entwicklungsbüros und Forschungslabore systematisch nach Unterlagen durchsucht, wurden massenhaft Patente und Forschungsergebnisse beschlagnahmt und in die jeweiligen Heimatländer der Siegermächte transferiert. Das betraf militärische und zivile Wirtschaftszweige gleichermaßen, und im gleichen Atemzug ging es auch um die klugen Köpfe, die hinter den jeweiligen Entwicklungen standen. Die Siegermächte, allen voran die USA (Stichwort »Operation Overcast«) und die UdSSR (Stichwort »Aktion Ossawakim«),
lieferten sich einen regelrechten Wettlauf um fähige Forscher und Techniker aus Deutschland und Österreich, von denen sie sich Vorteil und Nutzen für die Zukunft des eigenen Landes versprachen. Wernher von Braun und seine Mitarbeiter sind hierfür womöglich das prominenteste, aber keinesfalls das einzige Beispiel. Manche Fachleute wurden von den Siegermächten angeworben, Tausende regelrecht verschleppt, andere wiederum setzten ihre Arbeit beispielsweise in Spanien oder Argentinien fort. Was Kritiker als »Ausplünderung« der deutschen Industrienation bezeichnen, galt den seinerzeitigen Akteuren als ■ »geistige Reparationsleistung«.
Von US-Truppen aufgefundene, mit Funkmesstechnik ausgestattete Nachtjäger Junkers Ju 88 G Foto USAF und Messerschmitt Bf 110 G (hinten)
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ZEITGESCHICHTE
Die Luftwaffe 1945
Eine Arado Ar 234 B wird von deutschem Personal zum Weiterflug nach Farnborough vorbereitet Foto RAF
Weiterentwicklung in den USA
beste kolbengetriebene Jagdflugzeug des Zweiten Weltkrieges gewesen sei, stand ganz oben auf der Wunschliste der Alliierten.
Eingehende Untersuchung
Das Messerschmitt-Projekt P 1101 (oben) konnte in Oberammergau noch zu etwa 80 Prozent fertiggestellt werden. Der Jet befindet sich hier bereits in den USA, die Bewaffnung war nur Attrappe. Das ursprüngliche Vorhaben, die P 1101 zum Fliegen zu bringen, wurde aufgegeben. Stattdessen Fotos NASA entwickelte Bell auf Basis der P 1101 das Experimentalflugzeug Bell X-5 (unten).
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Das Interesse galt auch unterschiedlichen Konzepten: So wurden bemannte Flakraketen wie die Bachem Ba 349 »Natter« (siehe FLUGZEUG CLASSIC 12/2014), von der US-Truppen bei St. Leonhard im österreichischen Pitztal vier nahezu vollständige und intakte Exemplare erbeuteten, später eingehend untersucht. Oder auch der Raketenjäger Me 163 (siehe FLUGZEUG CLASSIC 10/2014), der im Gegensatz zur »Natter« tatsächlich zum Einsatz gekommen war. Dieser wurde unter anderem von Eric Brown nachgeflogen, allerdings im Gleitflug ohne eigenen Antrieb, da man den gefährlichen Betriebsstoffen misstraute. Hinsichtlich der »Komet« kam der britische Testpilot zu dem Schluss, »dass die Me 163 B einem brillanten Konzept ihr Entstehen verdankt« und dass sie »bestimmt zu einer ernsthaften Bedrohung der alliierten Bomber bei Tage geworden« wäre, hätte man mehr Zeit zur Entwicklung, insbesondere des Walter-Raketentriebwerks, zur Verfügung gehabt. So aber stehe dem riesigen Aufwand, der betrieben worden war, um sie für den Fronteinsatz tauglich zu machen, nur eine magere Einsatzbilanz gegenüber. Zwar fand man auch Unterlagen, aus denen beispielsweise hervorging, wie die Kinderkrankheiten der Me 163 behoben, ihr Treibstoffverbrauch gesenkt und
Britisches Beutestück Me 163 B mit teilweise übermaltem Oberseitenanstrich. Die Unterseite wurde, wie bei RAF-Prototypen üblich, gelb lackiert Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
die Reichweite erhöht werden sollten (Stichwort »Marschofen«), doch insgesamt erwies sich die Entwicklung von Raketenjägern als Sackgasse, vor allem im Hinblick auf mögliche künftige Kriege: Sie waren zu unwirtschaftlich, im Einsatz zu unflexibel und im Grunde nur als schnelle Abfangjäger einsetzbar. Da boten konventionelle Propellerflugzeuge weitaus mehr Spielraum, konnte doch ein und derselbe Typ mehrere Aufgaben zugleich erfüllen und war beispielsweise als Jäger, Bomber oder Aufklärer einsetzbar. Doch die Entwicklung der Propellerflugzeuge stieß allmählich an ihre Grenzen, nennenswerte Leistungssteigerungen waren hier kaum mehr möglich. Die Zukunft gehörte eindeutig den Jets.
Jagd nach Konstruktionsplänen Und in dieser Hinsicht hatte die deutsche Seite viel zu bieten, vor allem greifbare Ergebnisse. Allen voran die Messerschmitt Me 262, die bereits bei einigen Versuchskommandos und Verbänden im Einsatz gewesen war. Mit ihrer deutlich überlegenen Geschwindigkeit und Steigleistung hatte sie ihren Gegnern einige böse Überraschungen bereitet, daher galt ihr auch bei Kriegsende das besondere Interesse der Alliierten. Denen fielen mehrere Exemplare in verschiedenen Varianten in die Hände, als Tag- und Nachtjäger, als Bomber oder Aufklärer … Darüber hinaus fand man in den diversen dezentralisierten Produkti-
In den USA erhielten Beuteflugzeuge spezielle Kennungen, so auch diese Me 163 B, W.Nr. 191301, Foto USAF mit der Foreign-Equipment-Nummer 500, aufgenommen in Freeman Airfield/USA
onsstätten Einzelteile, aus denen man weitere Exemplare endmontierte, und schließlich wurde die alliierte Erforschung und Erprobung der Me 262 durch die Erbeutung wichtiger Unterlagen und Dokumente zur geplanten Weiterentwicklung ergänzt. Auch von der Heinkel He 162 »Spatz« fielen den Alliierten zahlreiche Produktionsstät-
ten und Unterlagen in die Hände und auch hier wurden aus vorgefundenen Einzelteilen noch weitere Exemplare endmontiert. Daneben erhielten die Sieger außerdem komplette Maschinen wie diejenigen der I./JG 1, die nach der Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Holland, Nordwestdeutschland, Dänemark und Norwegen am 6. Mai 1945 im
mungsgünstige Verkleidung der Antenne verbesserten nicht zuletzt auch deren Flugleistungen. Alleine die Höchstgeschwindigkeit stieg um etwa 50 km/h. Auf den Kriegsverlauf hatten Innovationen wie das FuG 240/1 freilich keinen Einfluss. Von den 100 im Sommer 1944 bestellten Exemplaren wurden im Frühjahr 1945 gerade einmal 25 geliefert und davon rund zehn bei Maschinen des NJG 1 in Gütersloh eingebaut. Allerdings sollen damit noch etwa zehn Abschüsse erzielt worden sein. Das FuG 240 wurde später in den USA nachgebaut und weiterentwickelt.
Ähnliches galt auch für die Bewaffnung: Neben deutschen Luft-Luft-Raketen wie der R4M, deren Weiterentwicklungen zu »Panzerblitz« genannten Luft-Boden-Raketen (siehe S. 30), Fernlenkwaffen und -waffenständen sowie Abwurfwaffen oder Bordmunition interessierten sich die Alliierten für Bewaffnungsarten, welche die zunehmend hohen Geschwindigkeiten von Flugzeugen berücksichtigten. Eine solche existierte beispielsweise in Form der SG 500 »Jägerfaust«. Dabei handelte es sich um eine hochexplosive, kleine, rückstoßfreie Rakete mit einem Durchmesser von 50 Millimetern, die in mehreren Einzelladerrohren im Rumpfrücken eines Flugzeuges eingebaut und beispielsweise beim Unterfliegen eines Bombers mittels Fotozellenfühler senkrecht abgefeuert werden konnte. Zwölf Me 163 B sollen noch mit »Jägerfaust« ausgerüstet worden sein, wovon jedoch nur eine einzige bei ihrem Einsatzverband in Brandis eintraf. Als am 10. April 1945 ein britischer Verband am helllichten Tag Eisenbahnziele bei Leipzig angriff, soll jene Me 163 die britische Führungs-Lancaster mit ihrer ■ »Jägerfaust« regelrecht zerfetzt haben.
Auch die neuesten Bordgeräte der Luftwaffe wurden genauestens unter die Lupe genommen. Die technische Entwicklungsspirale hatte sich während des gesamten Krieges hinter den Kulissen weitergedreht und noch in den letzten Tagen hatte die deutsche Seite ein neues Bordradargerät zum Einsatz gebracht, das heute als Urahn aller modernen Bordradargeräte gilt: das von Telefunken entwickelte Nachtjagdgerät »Berlin N1« (FuG 240/1) arbeitete im von der deutschen Seite lange unterschätzten und vernachlässigten Zentimeterwellenbereich und kam ohne »Drahtverhau« und »Antennengeweihe« aus. Seine Antenne bestand aus einem Parabolspiegel mit 70 Zentimeter Durchmesser, in dem ein Dipol leicht versetzt um die Spiegelachse rotierte und der per Fernsteuerung von einem Besatzungsmitglied geschwenkt werden konnte. Das Gerät war kleiner, leichter und leistungsfähiger als seine Vorgänger und wurde am Bug der wenigen Ju 88, bei denen es noch zum Einsatz kam, eingebaut und mit einer Kappe aus Sperrholz verkleidet. Das geringere Gewicht und die heute »Radom« genannte, strö-
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Foto Sammlung H. Ringlstetter
Bordgeräte und Bewaffnung
In dem umgebauten Bug dieser Ju 88 G-6 verbirgt sich ein Nachtjagdgerät »Berlin N1«
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ZEITGESCHICHTE
Die Luftwaffe 1945
In der Sowjetunion entstandene Folgeentwicklung aus der Ju 287: die im September 1948 erstmals geflogene Fotos (2) Sammlung H. Ringlstetter EF 140
serschmitt unvollendet, doch führte Bell die Entwicklung des kleinen Jägers praktisch fort und brachte ihn als Experimentalflugzeug X-5 1951 in die Luft. Die Tragflächen der X-5 ließen sich, anders als bei der P 1101, sogar während des Fluges schwenken. Ein weiterer Abkömmling der P 1101 flog mit der schwedischen Saab J 29 im September 1948. Modell der sechsstrahligen Ju 287, wie sie für die Serie in Erwägung gezogen wurde
schleswig-holsteinischen Leck an britische Truppen übergeben wurden. Doch war dieses Flugzeug bei Weitem noch nicht so weit gediehen wie die Me 262. Es befand sich noch in der Erprobung, war unausgereift und steckte voller Kinderkrankheiten. Dennoch wurde auch dieser Jet nach dem Krieg sowohl in den USA als auch in der Sowjetunion eingehend erprobt und examiniert.
Das modernste Flugzeug seiner Zeit Die Arado 234 hingegen war vielleicht das modernste und fortschrittlichste Flugzeug seiner Zeit. Obwohl während des Krieges nur als Bomber und Aufklärer sowie versuchsweise auch als Nachtjäger eingesetzt, und das nur in geringer Stückzahl, bot sie ein breites Spektrum an zusätzlichen Einsatzmöglichkeiten und besaß zudem ein großes Entwicklungspotenzial. Auch sie zählte zu jenen deutschen Exoten, die beispielsweise von »Watson’s Whizzers« an Bord der HMS REAPER in die USA verschifft wurden und die man dort eingehend untersuchte. Gleiches geschah auch mit der revolutionären Horten H IX, einem von den Brüdern Reimar und Walter Horten entwickelten und von zwei Strahltriebwerken angetriebenen Nurflügeljäger, von dem amerikanische Truppen im April 1945 im thüringischen Friedrichsroda einige mehr oder weniger fertige Versuchsmuster entdeckten und erbeuteten. Die Horten-Brüder selbst waren allerdings nicht vor Ort.
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Begehrtes Tragflächenkonzept
Für die Luftwaffe hatte Reimar Horten bei Kriegsende am Langstrecken-Nurflügel-Bomber H XVIII gearbeitet. Der von sechs Düsentriebwerken angetriebene Jet war Teil des Amerikabomber-Programms und sollte in der Lage sein, die Ostküste der USA anzugreifen. Walter Horten blieb nach dem Krieg in Deutschland, während Reimar nach Argentinien ging. Die Ingenieure von Northrop, die selbst seit geraumer Zeit an Nurflüglern arbeiteten, dürften die H IX genauestens in Au-
Das wohl begehrteste Beutestück aber war jener bereits erwähnte Jet, der alliierte Jagdflieger während des Krieges das Fürchten lehrte: die Me 262 – für Piloten ein fliegerisches Gedicht, für Ästheten ein Augenschmaus. Die alliierten Techniker interessierten sich insbesondere für die gepfeilten Tragflächen der »262«. Die neuesten alliierten Strahljäger-Entwicklungen, die amerikanische Lockheed P-80 und die britische Gloster Meteor, setzten noch auf eine herkömmliche Flügelauslegung. Dies änderte sich mit der North American F-86, für die ursprünglich gar keine gepfeilten Tragflächen vorgesehen waren. Die
Die Strahlflugzeuge der Luftwaffe wurden von den Alliierten konsequent weiterentwickelt. genschein genommen haben. Inwieweit sich dies auf ihre weitere Arbeit in Form der B-35 und B-49 auswirkte, ist bis heute umstritten. Im US-Gepäck fand sich auch Messerschmitts nach Oberammergau ausgelagertes Projekt 1101, ein Strahljäger, dessen Flügel sich variabel in drei Stufen nach hinten schwenken ließen. Die innovative Maschine blieb bei Mes-
Forschungsergebnisse zur Me 262 und zu anderen Pfeilflügelkonstruktionen (etwa Ta 183) führten im August 1945 zum Umbau des Strahljägers auf gepfeilte Flächen samt automatischer Vorflügel. Im Laufe der Serie kam es dann erneut zu einer weittragenden Veränderung: Dieses Mal war es ein neues Flügelprofil, ähnlich dem der Me 262.
Erfindergeist statt »Wunderwaffen« Die deutschen Jets zählten zu den modernsten und fortschrittlichsten Neuerungen ihrer Zeit, ihre Entwickler betraten in vieler Hinsicht Neuland. Flugzeuge wie die Me 262 oder Ar 234 waren jedoch keine »Wunder«, sondern vielmehr das Ergebnis von Erfinder-
geist, technischem Verständnis und großem Arbeitsaufwand. Und trotzdem hatten die beteiligten Ingenieure bei ihrer vielschichtigen und höchst ambivalenten Entwicklungsarbeit zahlreiche Rückschläge hinzunehmen und ■ zu meistern.
Heinkel He 219 A, W.Nr. 290123, vom NJG 1, die bei Kriegsende auf Sylt von alliierten Truppen aufgefunden wurde Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Die Me 262 als Beutestück Um der Zerstörung durch US-Bomber zu entgehen, wurde die Me 262 mit einfachsten Mitteln in Waldwerken gebaut. Als die Alliierten diese Fertigungsstätten betraten, konnten sie vermutlich kaum glauben, dass der hochmoderne Jäger unter solchen Umständen produziert worden war.
Doch nicht nur die USA und Großbritannien, auch die Sowjetunion wertete fliegendes deutsches Beutegut aus und blätterte eifrig in Entwicklungsunterlagen. So erhielt auch die Neuschöpfung Mikojan-Gurewitsch MiG 15 um 35 Grad nach hinten gepfeilte Flächen. Über Korea trafen die Pfeilflügel-Jäger F-86 und MiG-15 aufeinander, keiner der anderen Jets, darunter auch die Gloster Meteor, konnte es mit den beiden aufnehmen.
Auftrieb durch deutsche Ingenieure Eine ganz andere Technikbaustelle eröffnete sich nach Kriegsende für die Sowjets mit der Fortführung des Bomberprojekts Junkers Ju 287 mit negativ gepfeilten Flächen. Nach dem Wiederaufbau der Junkers-Werke in Dessau im Oktober 1945 liefen die Arbeiten an der Ju 287 unter sowjetischer Obhut in Deutschland weiter und führten 1946 zur EF 131 (Entwicklungsflugzeug 131). Zum Entsetzen der Junkers-Mannschaft verfrachtete man jedoch bald das ganze Projekt von Dessau auf ein Testgelände nahe Moskau – samt deutschem Personal. Dort startete die EF 131 im Mai 1947, angetrieben von sechs Jumo-004Turbinen, zum Erstflug. Weitere Entwicklungstätigkeiten brachten die Entwürfe EF 132 und 140 hervor. Der sowjetische Strahlflugzeugbau erfuhr durch die deutschen Ingenieure und Technologie-Hinterlassenschaften enormen Auftrieb. Entwicklungsleiter Brunolf Baade setzte seine Konstrukteurskarriere später erfolgreich in der DDR fort. Viele weitere deutsche Innovationen fanden sich zumindest teilweise in ausländischen Folgeentwicklungen wieder – von der Strahlflugzeugtechnik bis hin zum Marschflugkörper (Fi 103/V 1) und nicht zuletzt Wernher von Brauns Raketenforschung. In diesem Bereich war die deutsche Luftfahrtindustrie ihrer Zeit dermaßen weit voraus, dass man sie mit Fug und Recht als Garant für das amerikanische Apollo-Programm bezeichnen darf. Ohne diese Vorleistung wäre der erste Mensch sicherlich nicht schon 1969 auf dem Mond gelandet. ■ FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Hier fehlte nicht mehr viel: Eine noch ohne Strahltriebwerke am Waldrand abgestellte Me 262 im Waldwerk Fotos (3) Sammlung D. Hermann Kuno I bei Leipheim Komplett fertig und mit Tarnanstrich versehen – Me 262 A-1a im Waldwerk
Auf Schienen transportierte man die Me 262 aus der gut getarnten einfachen Montagehalle zum Weiterbau nach draußen. Die US-Soldaten nutzten solche Szenerien gern für Souvenirfotos
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
Aus den Fabrikhallen nach Europa: Deutschland bekommt den immensen Ausstoß der US-Bomberproduktion bitter zu spüren. In voller Gefechtsbereitschaft, wie die offenen Seitenstände mit ihren herausragenden MG zeigen, fliegt diese B-24-J-55-CO der 93rd BS ihrem Angriffsziel Friedrichshafen entgegen
Mehr als genug Mit der B-24J erreichen Fertigung und Ausstoß des viermotorigen Bombers ihren Höhepunkt. Zeitweise stehen mehr Flugzeuge bereit, als das Militär eigentlich verkraftet. Materiell ist damit dem Aufbau und Erhalt massiver Bomberflotten an den wichtigsten Kriegsschauplätzen der Weg geebnet Von Wolfgang Mühlbauer 22
Fotos, soweit nicht anders angegeben, USAF
TEIL 4: MASSENPRODUKTION IN UNERREICHTEM TEMPO
M
itte August 1943 zieht man in San Diego das erste Exemplar der künftig meistgebauten Version des LiberatorBombers aus der Halle: die B-24J (siehe FLUGZEUG CLASSIC 04/2014). Zugleich ist sie die erste und einzige Ausführung, deren Herstellung zeitweise in allen fünf Werken des Liberator Production Pool stattfindet. Wenn die Massenfertigung im Dezember 1944 endgültig ausläuft, werden 6678 Stück fertig geworden sein. Allgemein unterscheidet sich die J-Version kaum vom direkten Vorläufer. Zu den wichtigsten technischen Änderungen gehört die komfortablere Bedienung der Turboladerkontrolle mithilfe elektrischer Kraftverstärker. Die
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bisher ruckhafte manuelle Betätigung wird erheblich geschmeidiger und macht beiden Piloten weit weniger Arbeit. Im späten Verlauf der Produktion erhält die B-24J ein verbessertes Kraftstoffpumpsystem, das die direkte Sprit-Zuführung aus den Hilfszellen im Außenflügel zu den Triebwerken erlaubt. Bis dahin ist der Bordingenieur stets gezwungen, jene insgesamt 3406 zusätzlichen Liter Flugbenzin erst in die Haupttanks umzupumpen – ein durchaus vermeidbares Sicherheitsrisiko.
Schwachstelle Tragflächen Dass die Flächen und deren Tanks der verwundbarste Punkt bleiben, ist freilich nicht zu ändern. Die Beschussfestigkeit der B-24 gilt ja
generell nicht unbedingt als gut – schon gar nicht, wenn es nach vielen Besatzungen und Befürwortern der B-17 geht. Zwar kann die Viermotorige von Consolidated durchaus einstecken, ihre Tragflächen sind aber vergleichsweise empfindlich. Werden sie getroffen, besonders die Bereiche mit den Tanks, besiegelt das im Regelfall schnell ihr Schicksal. Einmal angeschlagen, ist eine B-24 meist schwerer in der Luft zu halten als eine vergleichbar beschädigte B-17. Und den Schulterdecker mit Bugfahrwerk im Notfall heil zu landen, verlangt ebenfalls mehr Geschick. Wie schon früher erwähnt, sorgt die verstärkte Defensivbewaffnung für erheblich mehr Pfunde auf der Waage. Dumm nur, dass
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
Über dem von US Marines eroberten und rasch zu einem wichtigen Stützpunkt ausgebauten Atoll Kwajalein, das zur Gruppe der Marshall-Inseln gehört, zieht im Juni 1944 eine B-24J-5-CO der 11th BG ihre Bahn
Die ersten Blocks der B-24J aus San Diego gelangen zu den pazifischen Kriegsschauplätzen. Hier zu sehen »Our Baby«, eine B-24J-1-CO der 27th BS, stationiert auf Nanumea. Die Maschine geht am 15. Dezember 1943 verloren
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B-24J-15-CO, s/n 42-73122, »Salvo«. Der Bomber gehörte zur 320th BS der 90th BG, 5 AF. Das Markenzeichen des Gesamtverbandes waren die »Skull Markings« am Leitwerk Zeichnung Juanita Franzi
der B-24J ein Ausgleich durch stärkere Motoren fehlt. Beim Start mit voller Zuladung ist kaum noch Leistungsüberschuss vorhanden. Entsprechend häufen sich die Unfälle. Steigleistung, Reichweite und Höchstgeschwindigkeit haben sich ebenso verschlechtert wie der Spritverbrauch. Die Steuerorgane sind abermals schwergängiger und träger geworden, was nicht nur das Fliegen in enger Verteidigungsformation erneut gefährlicher macht. Zumal die Liberator – egal in welcher Ausführung – ständig nachgetrimmt werden muss. Gefechtsschäden an den Tragflächen führen nun mit noch höherer Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Viermot völlig unkontrollierbar und zum Totalverlust wird.
Bewaffnung uneinheitlich Trotzdem läuft die Herstellung des Bombers auf Teufel komm raus. Ford in Willow Run schleppt zeitweise alle 100 Minuten eine Maschine aus der Endmontage – rund um die Uhr. Bald sind mehr Exemplare zur Ablieferung bereit, als die Streitkräfte eigentlich auffangen können. Nun brauchen sich die Militärs zumindest keine Sorgen mehr zu machen, wie sie gefechtsbedingte materielle Verluste beheben. Den Widerstand der Ach-
Bomberpilot James Stewart Der flugbegeisterte Hollywoodstar erhält im Januar 1942 seine »Pilot Wings«. Im Gegensatz zu den meisten seiner Schauspielerkollegen will er unbedingt an der Front kämpfen, erhält aber zunächst nur Führungs- oder Lehraufgaben in den USA. Sowohl seiner Hartnäckigkeit als auch seinen Führungsqualitäten verdankt es der mittlerweile zum Captain beförderte Stewart, dass er im November 1943 mit der 445th Bomb Group, einem B-24-Verband, als Einsatzoffizier nach England gelangt. Am 7. Januar 1944 führt er beispielsweise erfolgreich 48 Maschinen zum Angriff auf Ludwigshafen. Im unmittelbaren Anschluss bewahren sein Überblick und seine Besonnenheit die 389th BG, deren Flugzeuge sich ungeordnet demselben Zielgebiet nähern, vor dem Schlimmsten. Insgesamt fliegt der damals 36-jährige Stewart 20 Kampfeinsätze. Den Großteil davon als Verbandsführer, unter anderem auf München, Berlin und Braunschweig. Hoch angesehen wegen seines Vorbildcharakters, geht die erfolgreiche Laufbahn als aktiver Kriegsflieger am 1. Juli 1944 zu Ende. Fortan ge-
senmächte einfach durch schier übermäßig fließenden Nachschub zu brechen, scheint durchaus realistisch. Wer glaubt, dass die so rationell produzierte B-24J ein einheitliches Erscheinungsbild hätte, irrt. Im Gegenteil. Es herrscht, ähnlich der B-24H, je nach Werk und Fertigungslos
Aus der Fertigung von Consolidated im Zweigwerk Fort Worth stammt diese B-24J-65-CF. Ihre Seitenstände sind mit Abdeckungen verschlossen, die bei Gefechtsbereitschaft nach innen aufgeklappt werden Foto Consolidated FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Major James Stewart im Gespräch mit einer seiner Besatzungen hört er zu General Timberlakes Stab bei der achten US-Luftflotte. Hier schließt Stewart den Militärdienst im Sommer 1945 im Rang eines Colonels sowie mit vielen hohen Auszeichnungen ab. Er widmet sich wieder seiner Filmkarriere, bleibt aber Reserveoffizier und bringt es noch bis zum Brigadegeneral. ■
ein oft verwirrendes Durcheinander bei der Abwehrbewaffnung. Einzig den Sperry-Kugelturm im Unterrumpf haben offenbar alle J-Modelle gemeinsam. Unangefochtener Spitzenreiter ist hier das Stammwerk San Diego. Dort verlassen 2792 Exemplare der B-24J in nicht weniger als
Eine B-24J-145-CO auf Gefechtsflug über Westeuropa. Die Maschine gehört zur 389th Bomb Group, einem Bomberverband der achten US-Luftflotte in England
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
Dienst unter extremen Verhältnissen Die B-24 gilt als zugiger und in vielen Fällen eisig kalter Arbeitsplatz; die Kabinenheizung ist ungenügend. Dicke Fellkleidung oder beheizbare Anzüge sind darum besonders bei Einsätzen über Westeuropa meist unumgänglich. In wärmeren Gefilden genügt dagegen oftmals normale Bekleidung – vor allem dann, wenn die Maschinen keine großen Höhen aufzusuchen brauchen.
43 unterschiedlichen Blocks (J-1-CO bis J-210CO) die Taktstraßen. Wobei die Stückzahl pro Block mehrheitlich nur 50 Maschinen beträgt. Bis Block 75 liefert San Diego die B-24J mit A-6A-Bugturm aus, um dann bis Block 180 den A-6B zu verbauen. Ab Block 185 kommt schließlich der Emerson A-15 zur Einrüstung. Die Hecktürme wechseln dagegen nur einmal, und zwar innerhalb von Block 160 vom A-6A zum A-6B. Ähnliches gilt für den A-3D »High Hat« auf dem Rumpfrücken, der den A-3C von Block 165 an ablöst.
»Sondermodelle« aus San Diego
Ankleiden zum Feindflug über Deutschland Dick vermummt, trotzen die Schützen in den offenen Seitenständen der Eiseskälte über Westeuropa
In Nordafrika oder den Tropen reicht dagegen SommerkleiFotos USAF dung oft völlig aus
Die zeitgleich beginnende parallele Fertigung von 124 Flugzeugen mit dem leichtgewichtigeren M-6A »Stinger« im Heck, dessen Waffen manuell bedient werden, setzt dem Ganzen endgültig die Krone auf. Ihre Herstellung verteilt sich zu je 16 Stück auf diverse Blocknummern. Bestimmt sind diese »Sondermodelle« für die siebte und dreizehnte US-Luftflotte im Pazifik. Eine weitere Änderung betrifft die Tragflächenenteisung. Ab Block 180 tritt anstelle der aufblasbaren Gummimatten ein internes Röhrensystem, durch das Heißluft strömt. Davon abgesehen finden im Verlauf der Fertigung unter anderem zahlreiche Änderungen bei Form und Platzierung der Navigationsfenster im Bug statt. Das Consolidated-Zweigwerk Fort Worth steht dem Durcheinander kaum nach. 1558 B-24J werden dort von September 1943 bis Dezember 1944 in 23 Baulosen (J-1-CF bis J-150CF) ausgeliefert. Die ersten neun Blocks haben einen A-6A-Bugturm; lediglich Block 40 erhält den A-6B. Zwischen Block 45 und Block 150 wird dann der Emerson A-15 eingebaut. Dabei erlaubt sich Fort Worth etwas Besonderes: Von Block 45 bis Block 65 öffnen die Bugfahrwerksklappen nach oben in den Rumpf – und nicht, wie allgemein bei der Verwendung des A-15 üblich, nach unten. Obendrein ist die Struktur für den Turmeinbau nicht aus San Diego übernommen, sondern ein Eigengewächs.
Es pfeift der Wind Um alles noch komplizierter zu machen, entstehen zusätzlich 57 Maschinen mit der ominösen Blockbezeichnung J-401-CF. Tatsächlich sind es B-24H, die Ford zur Endmontage geliefert hat – zu einem Zeitpunkt, als Fort Worth bloß mehr den Nachfolger produziert. Da jene quasi parallel gebauten Flugzeuge aber irgendeine Bezeichnung brauchen, nehmen die Dinge ihren verwaltungskonformen Lauf. Bleibt abschließend zu sagen, dass die meisten B-24J aus Fort Worth für die RAF bestimmt sind. Weshalb man in beiden Fabriken von Consolidated trotz anhaltender »Wechselstimmung« nie zu permanent geschlossenen
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seitlichen Waffenständen übergeht, bleibt ein Rätsel. Schließlich zieht es schon durch die Bombenjalousien wie Hechtsuppe. Hat die Maschine einen Bugturm, pfeift der Wind hier zusätzlich durch zahlreiche Ritzen. Eine Kabinenheizung gibt es nur auf dem Flugdeck und oft genug funktioniert sie nicht.
Frost, Lärm und Gestank Weniger im Pazifik und im Fernen Osten, dafür umso mehr über Europa ist Eiseskälte auf den langen Einsatzflügen in großen Höhen ein ständiger Begleiter. Am schlimmsten trifft es die Bordschützen im hinteren Teil jener Bomber, die offene Seitenstände haben. So-
bald Gefechtsbereitschaft herrscht, sind deren Abdeckungen nach oben geklappt. Frostbeulen und Erfrierungen stehen hier durchaus an der Tagesordnung. Bleibt nur, sich möglichst dick einzupacken. Entweder in Schaffelljacken und -hosen samt Überstiefel und Handschuhen. Oder in elektrisch beheizbare Anzüge mit ebensolchen Schuhen. Allerdings knicken die Heizdrähte gerne an allen möglichen Stellen ab, sodass es schnell mit der Wärme vorbei sein kann. Ein ausgesprochen neuralgischer Punkt dafür ist die Ellenbeuge. Hat man richtig Pech, gibt es noch dazu einen Kurzschluss mit Schwelbrand.
B-24J-1-FO, s/n 42-50611, »Bold Adventure II«. Die Maschine kam im Juli 1944 als Ersatz zur 859th BS, 492nd BG. Sie absolvierte insgesamt 36 KampfeinZeichnung Juanita Franzi sätze bei der 8 AF
Noch schlimmer kommt es, wenn der Druck auf die menschliche Blase kaum mehr auszuhalten ist. In der B-24 sind dafür lediglich zwei frostig temperierte »Pinkeltuben« im Cockpit vorhanden. Der oft unvermeidliche Kontakt zwischen eiskaltem Metall und »bestem Stück« führt unausweichlich zum schmerzhaften Fiasko.
Technische Daten – Consolidated B-24J 20,62 m 5,49 m 33,53 m 97,36 m² vier luftgekühlte Pratt & Whittney R-1830-65 Twin Wasp 14-Zylinder-Doppelsternmotoren mit je 1200 PS Startleistung Startmasse 29 484 kg Höchstgeschwindigkeit 467 km/h in 9150 m Höhe Reichweite 3379 km mit 2270 kg Bombenlast Dienstgipfelhöhe 8534 m* Bewaffnung zehn 12,7-mm-Browning-MG im Regelfall bis zu 3990 kg Bombenlast Besatzung elf Mann * andere Quellen nennen 9144 m Länge Höhe Spannweite Tragflügelfläche Triebwerk
Douglas in Tulsa, Oklahoma, beginnt mit der Fertigung der B-24J im Mai 1944. Zahlreiche Maschinen des ersten Fertigungsblocks besitzen noch Foto Douglas offene Seitenstände mit Abdeckungen
Angeführt von der auffälligen B-24H-20-DT »The Spotted Ass Ape«, die das Sammeln des Verbandes übernimmt, fliegen Bomber der 458th BG über Norfolk. In der Mitte eine zum AZON-Flugzeug modifizierte B-24J-145-CO (Kennung J4-V)
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
»Mickey Mouse«-Führungsflugzeuge, erkennbar am H2X-Radar im Unterrumpf, fungieren bei der 8 und 15 AF als Pfadfinder
Da die Liberator keine Druckkabine hat, ist das Tragen von Sauerstoffmasken bei Flughöhen über 10 000 Fuß obligatorisch. Ein gerolltes Handtuch, um den Nacken geschlungen, hilft dabei, die kondensierte Atemfeuchtigkeit, die unterhalb der Maske vom Kinn tropft, aufzufangen. Davon abgesehen, treiben regelmäßig Benzindämpfe durch die Maschinen und es herrscht generell ohrenbetäubender Lärm, sobald die Motoren laufen.
Im Nachhinein oft angepasst Wieder zurück zur Produktion der B-24J. Ford in Willow Run liefert 1587 Maschinen in fünf Blocks (J-1-FO bis J-20-FO) bis September 1944 aus. Ihr Aussehen gleicht weitgehend späten H-Modellen mit der Ford-typischen Frontpartie und A-15 Turm. Ein A-3D sitzt auf dem Rücken, ein A-6B im Heck. Die Seitenstände sind geschlossen, ihre Verglasungen werden von Block 10 an weiter nach unten gezogen. Zugleich erhalten die Bomber geänderte Navigations- und Zielfenster im Bug. Douglas in Tulsa fertigt die B-24J bis Juli 1944. 205 Stück aus drei Produktionsblöcken (J-1-DT, J-5-DT und J-10-DT) verlassen das Werk; ihre Hauptkomponenten stammen von Ford. Die in Tulsa endmontierten Maschinen unterscheiden sich äußerlich nur durch Klei-
nigkeiten von denen aus Willow Run, vornehmlich durch andere Navigationsfenster. Bleibt noch das North American Zweigwerk in Dallas, wo man 536 Exemplare bis November 1944 herstellt und sich einige Ausreißer leistet. Während die Blöcke J-1-NT und J-5-NT vollzählig gebaut werden, ist Block 2 auf ein Unikat beschränkt. Für Block 10 sind zwar Seriennummern vergeben, doch Realität wird kein einziges jener Flugzeuge. Block 1 trägt einen Emerson A-15 in seiner von San Diego übernommenen Bugpartie, einen A-3C
der AZON-Lenkbombe modifiziert. Oder die »Mickey Mouse«-Führungsflugzeuge der 8 und 15 AF, die ein amerikanisches H2X-Radar anstelle des Kugelturms erhalten. Vorwiegend in Fernost wird dieser ohnehin gerne wieder ausgebaut, um Gewicht zu sparen.
Wachsende Präsenz Die rekordverdächtige Ausbringung der B-24J trägt entscheidend zum erhofft massiven Aufbau starker strategischer Bomberkräfte bei. Um das Zusammenwirken taktischer und
Benzindämpfe treiben durch die Maschine, es herrscht ohrenbetäubender Lärm. am Rücken und einen A-6B im Heck. Zudem gehört die Heißluftenteisung der Tragflächen zum Standard. Die Seitenstände sind anfänglich offen, werden aber im Verlauf der Fertigung geschlossen. Alle Maschinen aus Block 5 gehen übrigens an die Royal Australian Air Force. Viele B-24J werden in den Modification Centern oder in Feldwerften zusätzlich ihrem jeweiligen Einsatzraum oder einem speziellen Zweck angepasst. Darunter fallen zum Beispiel jene Maschinen, die man zum Abwurf
strategischer Luftverbände im Kampf gegen Deutschland zu optimieren, fasst man 8, 9, 12 und 15 AF am 23. Februar 1944 organisatorisch zur United States Strategic & Tactical Air Force (USSTAF) zusammen. Am 6. März greifen Bomber der achten US-Luftflotte erstmals Berlin an. Mit dabei viele B-24, von denen 16 verloren gehen. Die schmerzhaften Verluste der nächsten Wochen lassen sich jedoch mehr als ausgleichen; bis zum D-Day sind zusätzlich acht neue B-24-Gruppen kampfbereit. Die 15 AF zählt im Frühjahr 1944 nicht weniger als 15 entsprechende Bomb Groups zum Bestand. Sie greifen hauptsächlich Ziele in Süd-, Südosteuropa sowie Österreich an. Ihren ersten Einsatz über Deutschland absolvieren Bomber der 15. US-Luftflotte am 22. Februar gegen die Messerschmitt-Werke Regensburg. In Fernost und im Pazifik ist die Liberator schon seit dem Vorjahr der wichtigste Fernbomber. Daran wird sich bis zum Eintreffen der Boeing B-29 auch nichts ändern. Lesen Sie in einer kommenden Ausgabe von FLUGZEUG CLASSIC, wie der Einsatz der B-24 bei USAAF und den Alliierten weiterhin verläuft und wie man die technische Entwicklung vorantreibt. ■
Quellen: Von Italien kommend, überquert ein Liberator-Verband der 15 AF die Alpen. Im Vordergrund eine B-24J-15-FO der 451st BG. Die Maschine wird schließlich am 7. Februar 1945 über Österreich abgeschossen
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Bowman, M.: »Consolidated B-24 Liberator«. Crowood Aviation Press 1998 Griffith, A.: »Consolidated Mess«. MMPBooks 2012, S. 94 ff.
Luftabwehrraketen
B ACKGROUND
KLAPPFLÜGEL UND ORDENTLICH »BÄNG«
Die Rakete »Mighty Mouse« M
it dem Eintritt ins Nuklearwaffen-Zeitalter dämmerte den US-Militärs, dass die Bordkanonen ihrer Abfangjäger kaum etwas gegen Langstrecken-Atombomber ausrichten konnten: Reichweite und Treffgenauigkeit solch herkömmlicher Waffen waren einfach zu gering. Von den »Panzerblitz«-Erfahrungen der Wehrmacht (siehe Seite 30) inspiriert, entwarfen die Ingenieure Anfang der 1950er-Jahre eine schlanke Rakete mit dem gleichen Funktionsprinzip. In den Rohren eines Werfers verstaut und mit gerollten Stabilisatoren (Fins) um den Körper, entfalteten sich die Fins unmittelbar nach dem Abschuss.
»FOLDING FIN AERIAL ROCKETS«-GESCHOSSE (FFAR) machten Eindruck: Fauchend sausten die Rockets bündelweise aus ihrem Behälter, ohne das Geratter und die Vibrationen einer Bordkanone. Sie trafen fast die Fläche eines Fußballfeldes und hatten hochexplosive
BALD JEDOCH ERNTETE DIE »MOUSE« in Pilotenkreisen Spott und Hohn. Ihre Streuung bei Probeschüssen war riesig, die meisten der teuren Raketen trafen ins Nichts. Mit Blick auf die gute Feuerkraft wurde kurzerhand entschieden, den Nachteil in einen Vorteil zu verwandeln: Große Bodenziele waren leichter mit einem Bündel Raketen unschädlich zu machen als rasant vorbeirauschende Flugzeuge. Aus der Mk. 4 wurde Mk. 40, später (mit größeren Maßen und noch mehr Firepower) die FFAR 2.75 inch Mk. 70 »Hydra«. Dieser Typ hatte eine Reichweite von 3400 Metern, 1,20 Meter Länge und etwa 70 Millimeter Durchmesser und war in Werfern unter dem Flügel verstaut. DIE WINDABHÄNGIGEN UNGELENKTEN Raketen reagierten auf feinste Flugbewegungen; wollte der Pilot nicht garantiert danebentreffen, musste er seinen Flieger mit dem berechneten Vorhalt ruhig und ohne plötzliche
»Fauchend sausten die Rockets bündelweise aus ihrem Behälter …«
Als Luftziel-Rakete machte die »MightyMouse« – hier von einer F-49C Starfire abgeschossen – keine gute Figur Foto USAF
Sprengköpfe, offenbar ein wirksames Mittel, um anfliegende Bomber außerhalb ihrer eigenen Bordwaffen erwischen zu können. Stolz nach einer zeitgenössischen Zeichentrick-Figur »Mighty Mouse« benannt, bekam die neue Rakete mit der Bezeichnung Mk.4 Anfang der 1950er-Jahre jede Menge Vorschusslorbeeren und wurde mit Flugzeugen wie der Lockheed F-94C Starfire ausgiebig getestet. FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
g-Kräfte in Richtung Ziel steuern. Entsprechend durchwachsen waren die Schießergebnisse auch in der LuftBoden-Rolle, doch die »Mighty Mouse« ist bis heute im Einsatz. In ihrer Erstrolle als glücklose Luftziel-Rakete wurde sie bald von einer wahren Wunderwaffe mit gekühltem Infrarot-Suchkopf und erheblich vergrößerter Reichweite abgelöst: die »Klapperschlange« (Sidewinder) wird auch schon bald 60 Jahre alt. Rolf Stünkel ■
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TECHNIK
Luft-Boden-Raketen
GEHEIMWAFFE IM KAMPF GEGEN STALINS PANZERWALZE
Panzerblitz Massen an sowjetischen T-34-Panzern setzen die deutsche Wehrmacht an der Ostfront massiv unter Druck. Die Entwicklung effektiver Mittel zur Panzerbekämpfung aus der Luft hat man über Jahre vernachlässigt. Doch 1944 steht endlich eine neue Waffe in den Startlöchern Von Dietmar Hermann
»Wunderwaffe« oder Verzweiflungsaktion? Die Raketen gegen Panzer wurden unter den Tragflächen von Schlachtflugzeugen platziert. Diese Fw 190 F-8 mit dem gelben Band um den Motor und der gelben Seitenflosse gehörte zur Luftflotte 4 und damit wahrscheinlich zur I. /SG 10
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A
ls Stuka ist die Ju 87 bei Kriegsbeginn eine gefürchtete Waffe. Doch sie veraltet schnell. Spätestens ab 1943 ist sie den Anforderungen als modernes Schlachtflugzeug nicht mehr gewachsen. Moderne und in Massen gebaute russische Jäger führen zu kaum noch tragbaren Verlusten. Die Luftwaffe hat es versäumt, ein modernes Schlachtflugzeug rechtzeitig zu entwickeln und zur Serienreife zu bringen. In diese Bresche springt die Fw 190. Zunächst noch im geringen Maße eingesetzt, zeigt sich die Fw 190 der Ju 87 in vielerlei Hinsicht überlegen. Die neue Fw 190 F-8 soll die Ju 87 in allen Schlachtgeschwadern so schnell wie möglich ablösen. Im März 1944 beginnt die III./SG 1 als erste Gruppe auf die neue F-8 umzurüsten. Während sich die Fw 190 im Schlachteinsatz gut bewährt, besitzt sie aber einen Schwachpunkt: Sie hat ein Problem damit, Panzer zu bekämpfen. Das liegt nicht an der Fw 190 selbst, sondern es fehlt ihr dafür eindeutig eine geeignete Waffe.
Das Erprobungskommando 26 Um das zu ändern, soll das Erprobungskommando 26 in Udetfeld bei Kattowitz neue Möglichkeiten testen. Hier erprobt man die
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neuesten Waffen der Schlachtflieger. Anfang Januar 1944 zieht die Luftwaffe die 11.(Pz.)/ SG 9 Panzerstaffel aus dem Einsatz und verlegt sie nach Udetfeld, wo sie jetzt neue Panzerbekämpfungswaffen erproben und entwickeln soll. Zunächst konzentriert man sich auf die 3-cm-MK-103 als Flügelwaffe, die als
besteht aus einem Sprengkopf, der Triebwerkseinheit und dem flügelstabilisierten Heck. Nun will auch die Luftwaffe davon profitieren. Für den Luftabschuss werden zunächst jeweils vier Abschussrohre als Block mit den 88-mm-Geschossen an den ETC-Trägern un-
Bei der Erprobung neuer Waffen für die Schlachtflieger enttäuscht vor allem die MK 103. Rüstsatz bei der Fw 190 F-8 zum Einsatz kommen soll. Doch die MK 103 zeigt deutliche Schwächen, weshalb die Tests Ende August 1944 abgebrochen werden. Bereits Mitte 1944 hatte das EK 26 Versuche gestartet, um eine der erfolgreichen Nahkampfwaffen des Heeres für sich nutzbar zu machen – den »Panzerschreck«. Hierbei handelt es sich um flügelstabilisierte Panzerabwehr-Raketen für den Luft-Boden-Einsatz, eine Waffe ähnlich der amerikanischen Bazooka, aber mit deutlich höherem Kaliber. Am Boden zeigt sich diese neue 8,8-cm-Rakete als äußerst effektiv gegen gepanzerte Fahrzeuge an allen Fronten. Dieses Projektil mit der Bezeichnung »Panzer-Granate 4322«
ter die Tragfläche der Fw 190 montiert. Die Panzerschreck-Raketen besitzen Hohlladungs-Gefechtsköpfe, die selbst 160 Millimeter dicken Panzerstahl durchschlagen können. Noch im Frühjahr 1944 lehnt man die Waffe wegen zu geringer Eigengeschwindigkeit ab – ein Fehler, wie sich zeigt.
Schnelllösung mit Panzerschreck Die ersten Tests mit Panzerschreck beginnen Mitte August 1944. Die Erprobung läuft beim EK 26 neben der Fw 190 auch mit der Hs 129. Bei den ersten Schießanflügen stürzen sich die Maschinen aus 700 Meter Höhe mit 25 bis 30 Grad Bahnneigung hinab und lösen in 100 Meter Höhe die Raketen aus. Die Tests führen
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TECHNIK
Luft-Boden-Raketen Ab Oktober 1944 beginnt die erstmalige Ausrüstung von Fw-190-Verbänden mit Panzerblitz. Dafür muss je ein Panzerblitz-Abschussrost für sechs Raketen auf jeder Seite unter der Tragfläche einer Fw 190 F-8 montiert werden
M8-Raketen kamen auch beim 8-cm-Vielfachwerfer des Heeres zum Einsatz
Erste Ausführung als PD-8,8Attrappe mit vier Abschussrohren am ETC 50 der Fw 190 F-8
Panzerschreck war bereits eine erfolgreiche Bodenwaffe zur Panzerbekämpfung. Hier das Einzelrohr und 8,8-cm-Granate. In modifizierte Ausrüstung wurde diese Waffe für die Fw 190 übernommen
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Fotos, soweit nicht anders angegeben, Dietmar Hermann
Foto Herbert Ringlstetter
Detailansicht der 8,8-cm-Panzerschreck-Rakete aus einer amerikanischen Nachkriegsanalyse
Reif für die Ablösung: Panzerjäger Ju 87 G-2 mit 37-mm-Kanonen – hier ist eine Maschine der 10.(Pz)/SG 3 an der Ostfront 1943/44 Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus dargestellt
auf Anhieb zu guten Ergebnissen. Anfang September beginnt das Übungsschießen auf Panzerziele mit Anflughöhen zwischen 200 und 1000 Metern und Bahnneigungen zwischen 20 und 50 Grad. Doch man muss mit der Fw 190 nah ran, die Auslösentfernung liegt nur zwischen 30 und 100 Metern. Je Anflug werden sechs Schuss gleichzeitig ausgelöst. Man glaubt, die Treffaussichten nach Verbesserung der Abschussgestelle noch weiter steigern zu können. Der Fahrtverlust der Fw 190 durch den Waffeneinbau (zwei mal drei Abschussgestelle) liegt bei etwa 30 km/h und erscheint tragbar. Man rechnet mit dieser Hohlladungs-Munition und bei annähernd guter Trefferlage auch bei kaum zu durchdringenden Schottenpanzerungen mit vernichtender Wirkung. Bereits Ende September beginnt in Udetfeld die Ausrüstung und Einweisung der 5./ SG 77 mit zwölf auf die neue Waffe umgerüsteten Fw 190 F-8, die am 1. Oktober 1944 abgeschlossen wird. Noch am selben Tag verlegt die Staffel zurück an die Front. Gleichzeitig endet damit auch die Erprobung von Panzerschreck, es werden jedoch noch weitere Staffelkapitäne und Flugzeugführer geschult. Bis Mitte Oktober rüstet man 22 weitere Fw 190 mit Panzerschreck aus, gleichzeitig intensiviert man die Ausbildung von fliegendem und waffentechnischem Personal.
Von der M8-Rakete zum Panzerblitz Im Gegensatz zur »Sofortlösung« Panzerschreck erfordert eine andere Variante etwas mehr Entwicklungsarbeit. Auch sie ist eine der neuen Heereswaffen: Als Antwort auf die massenweise eingesetzten Raketen der Stalin-Orgeln hat die Waffen-SS eine eigenständige 8-cm-Rakete unter der Bezeichnung M8 entwickelt. Als sogenannte »HimmlerOrgel« soll diese Rakete mit Mehrfachwerfern massenhaft zum Einsatz kommen. Ende August 1944 beginnt das EK 26 diese M8-Raketen mit selbst entwickelten Abschussrosten unter der Tragfläche der Fw 190 zu verschießen. Die ersten Ergebnisse sind verheißungsvoll, doch die M8-Rakete hat FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
einen ganz großen Nachteil: Ihr konventioneller Sprengkopf erlaubt nur Einsätze gegen gering gepanzerte Ziele. Deshalb initiiert das EK 26 die Kombination zwischen dem Hohlladungssprengkopf der 8,8-cm-PanzerschreckGranate mit dem Antrieb der M8-Rakete. Diese neue Rakete läuft unter der Bezeichnung »Panzerblitz«. Nur sie kann durch den Hohlladungssprengkopf wirkungsvoll gegen Panzer eingesetzt werden.
Insgesamt ist die Panzerblitz-Rakete 70 Zentimeter lang, fünf Kilogramm schwer und durch ein Leitwerk am Heck stabilisiert. Jeweils sechs dieser Geschosse werden unter dem Flügel der Fw 190 an Abschussrosten aufgehängt. Auch Focke-Wulf wird jetzt aktiv und nimmt Messungen mit der neuen Panzerblitz-Anlage vor. Eine Panzerbombenrostattrappe mit sechs Raketen je Flügelseite wird an der Fw 190 V73 montiert. Focke-Wulf
Am 22. Januar 1945 bruchgelandete Fw 190 F-8 einer zweiten Gruppe mit zum Teil abgerissenen Panzerschreck-Rohren unter der Tragfläche. Neben der III./SG 1 war lediglich noch die II./SG 3 und die II./SG 77 mit Panzerschreck ausgerüstet
R4M als Luft-Luft-Rakete Das Gegenstück zur Panzerblitz ist die R4M als Luft-Luft Rakete. Ihre Entwicklung beginnt im Sommer 1944, doch ihr Einsatz verzögert sich erheblich. Erst Ende 1944 ist die neue 5,5-cm-Rakete für Jäger einsatzfähig. In der ersten Ausführung werden jeweils zwölf Raketen an jeder Tragflächenunterseite angebaut, also insgesamt 24 Raketen. Diese Raketen werden an Gleitschienen fixiert, die an einer Rüstplatte unter der Tragfläche befestigt sind. Erfolgreich eingesetzt wird die R4M-Rakete mit der Me 262 jedoch erst im März 1945. Als Schrotschusswaffe ist ein Abschuss gegen die schweren US-Bomber ■ praktisch garantiert.
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TECHNIK
Luft-Boden-Raketen
Neue Waffen für die Fw 190 Bei der Suche nach Mitteln zur Panzerbekämpfung konzentriert man sich erst auf die MK 103 (Bild oben), verlegt sich dann aber auf die Panzerblitz-Rakete, für die Roste unter den Tragflächen der Fw 190 montiert werden (Mitte). An dieser Lösung wird bis Kriegsende festgehalten (unten).
stellt fest, dass weder der Gleitschienenrost noch die angehängten Raketen die Flugeigenschaften wesentlich beeinträchtigen. Ein Vorteil von Panzerblitz ist die größere Geschossgeschwindigkeit von 410 m/s. Während die Fw 190 mit Panzerschreck wegen der geringen Geschwindigkeit von nur 110 m/s im Einsatz sehr nah an die Panzer ran muss, um genügend Treffaussichten zu erreichen, liegt Panzerblitz hier deutlich besser.
Die Ausbildung der Schlachtverbände
Als F-8/R3-Version soll die Fw 190 mit der MK 103 unter der Tragfläche zum Panzerjäger werden
Fw 190 F-8 mit PanzerblitzRosten im März 1945 Bruchgelandete Fw 190 F-8 der 9./SG 77 bei Chrudim/Ostböhmen mit bestückter Panzerblitz-Anlage unter der Tragfläche Anfang Mai 1945
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Die Luftbeschussversuche beginnen in der Woche nach dem 11. September 1944 und verlaufen erfolgreich, auch den Feinschliff und den Serienbau der Abschussgestelle geht man jetzt an. Ende Oktober beginnen die Versuche mit den neuen Abschussrosten, die über je sechs Schienen verfügen. Gleichzeitig trifft als erste Einheit die Staffel unter Oblt. Erwin Busch vom SG 4 ein. Das ist der Startschuss für die Umrüstung der gesamten III./SG 4 auf Panzerblitz. Während die Flugzeugführer und ein Kommando von Waffenwarten und Mechanikern zum EK 26 nach Udetfeld verlegt, übernehmen die Bodenteile der Gruppe in Reinsehlen die neuen Fw 190 zur PanzerblitzUmrüstung. Anfang November 1944 beginnt das Übungsschießen – mit guten Ergebnissen. Die weitere Ausbildung verzögert sich noch bis Anfang Dezember, weil die erste Ausführung der AGs nur mangelhafte Justiermöglichkeiten bietet und hier nachgebessert werden muss. Bis Mitte Dezember 1944 kann das EK 26 insgesamt 82 Fw 190 mit Panzerschreck und Panzerblitz komplett ausrüsten und an die 5./SG 77 und die III./SG 4 übergeben. Und es geht zügig weiter. Staffelkapitäne und Waffenpersonal weiterer Schlachtgruppen werden ausgebildet und eingewiesen. Dann folgt ein schwerer Rückschlag: Durch den Vormarsch der russischen Armee muss die Erprobung im Januar 1945 abrupt abgebrochen werden. Alle wichtigen Einrichtungen in Udetfeld (Flugplatz Kattowitz) werden gesprengt, die noch vorhandenen Geräte sollen mit der Bahn nach Rechlin gebracht werden. Die III./SG 4 unter dem Kommando von Major Gerhard Weyert bekommt davon nichts mehr mit. Sie ist mit ihrer Ausbildung und Ausrüstung Anfang Dezember fertig und verlegt an die Westfront, ihr neuer Liegeplatz wird Kirrlach. Am 7. Dezember startet sie ihren ersten Angriff mit acht Maschinen. Diese fliegen in zwei Schwärmen und tragen Gemischtbeladung von Panzerblitz und M8Raketen. Ihr Auftrag: Straßenjagd im Raum Straßburg. Zwar werden sechs Kfz und zwei Flakgeschütze vernichtet, aber die starke alliierte Bodenflak führt zu einem Totalverlust, zwei Flugzeuge müssen zur Instandsetzung abgegeben werden und vier weitere Fw 190 gehen in die Werft zur Behebung der erlitte-
Auszug aus dem britischen Report über die untersuchte Fw 190 F-8, die noch mit den langen Schienen ausgerüstet war
nen Schäden. Technisch ist aber an der neuen Waffe nichts auszusetzen. Am nächsten Tag fährt Major Weyert zur 5. Jagddivision. Seiner Meinung nach ist die Flak an der Front so stark, dass ein Einsatz von Panzerblitz zwecklos sei, da die Erfolge in keinem Verhältnis zu den Verlusten stünden. Als am 15. Dezember 1944 die Ardennenoffensive im Westen beginnt, erhält die Gruppe den Verlegungsbefehl nach KölnWahn. Teilweise werden die PanzerblitzAnlagen abgebaut, um mit konventionellen Bomben eingesetzt zu werden. Der erste größere Einsatz findet am 24. Dezember statt, Angriffsziel ist Bastogne mit sieben Fw 190, davon sind sechs Fw 190 mit Abwurfbehältern AB 250 und AB 500 ausgerüstet.
Unternehmen Bodenplatte Schlechtes Wetter verhindert die nächsten Einsätze bis zum 1. Januar 1945. An diesem Neujahrstag bereitet die Luftwaffe einen Großangriff auf die alliierten Flugplätze in Belgien, Holland und Frankreich vor, das Unternehmen Bodenplatte. Zusammen mit dem JG 2 Richthofen soll das SG 4 den Flugplatz St. Trond in Belgien angreifen. Als Treffpunkt der Verbände ist der Raum Aachen/Lüttich festgelegt worden. Erst seit wenigen Tagen hat Oberst Alfred Druschel die Führung des Geschwaders übernommen. Druschel startet zusammen mit den Fw 190 F-8 der III./SG 4 von Köln-Wahn und nimmt dann Kurs auf den Aachener Raum. Die Gruppe soll eigentlich mit 16 Panzerblitz-Maschinen starten, doch vier Maschinen springen nicht an. Gestartet wird deshalb nur in Staffelstärke. Major Weyert kreuzt auf seinem Weg zum Sammelpunkt mit der I. und II./ SG 4 einen starken, ebenfalls tieffliegenden Verband von Jägern … es ist das JG 11. Um FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Eine der ersten Fw 190 F-8 der 9./SG 4 im Juni 1944 in Avord/Frankreich
Angstgegner T-34 Der Panzer wird ab 1940 in Massen gebaut. Bei seinem Erscheinen 1941 an der Front ist er allen deutschen Panzern überlegen. Er kombiniert mit seiner 7,6-cm-Kanone Feuerkraft, Panzerung und Beweglichkeit. Erst mit dem neuen Panzer V »Panther« gelingt es der Wehrmacht, einen gleichwertigen Panzer zu bauen. Es gibt nur wenige Waffen, die
dem T-34 ernsthaft gefährlich werden können. Dazu gehören die 7,5-cm-Pak 40 und die 8,8-cm-Flak. Die Produktionszahlen des T-34 liegen um den Faktor 10 höher als beim deutschen »Panther«. Selbst durch höhere Qualität ließ sich dieses Übergewicht bis zum Kriegsende nicht ausgleichen. Insgesamt werden fast 55 000 T-34 gebaut. ■
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TECHNIK
Luft-Boden-Raketen
Die verschiedenen Ausrüstungsmöglichkeiten der Fw 190 F mit Raketenprojektilen
Rammgefahr zu vermeiden, muss der Kommandeur in den sehr starken Bodendunst herunterdrücken, wobei einzelne Maschinen den Anschluss verlieren. Zwei Flugzeugführer schließen sich dem JG 11 an und versuchen den Platz Asch anzugreifen, das Ziel des JG 11. Beide geraten in Luftkämpfe mit P-47 Jägern. Während Fw. Rose unversehrt zurückkehrt,
wird Fw. Fyes Fw 190 abgeschossen. Seine Fw 190 F-8 ist die erste, die den Alliierten mit Raketenbewaffnung in die Hände fällt. Major Weyert fliegt weiter zum Treffpunkt mit den beiden anderen Gruppen. Als er sieht, dass diese beide Gruppen den Angriff nicht durchführen, fliegt er auch wieder zurück. Es gibt noch weitere Verluste. Einer der schwers-
ten ist der des Geschwaderkommodore Oberst Druschel. Wieder trifft es einen über Jahre erfolgreichen und erfahrenen Schlachtflieger. Die hohen Verluste zwingen kurz danach zur Verlegung an die Ostfront. Den letzten Einsatz im Westen fliegt die Gruppe am 10. Januar wieder auf ein Waldgebiet bei Bastogne mit 15 Fw 190. Einen Tag später kommt der Verle-
Amerikanische Luft-Boden-Rakete se erbeutet. Kaliber 114 mm, Länge 850 mm, Gewicht 17,5 kg bei Treibsatz von 2,1 kg Zusatzgeschwindigkeit von etwa 230 m/sec. Abschussrohr 2,3 m Länge aus Presspappe je 3 zusammengefasst, abwerf-
bar unter jeder Tragfläche.« Kurioserweise liefen auch diese Geschosse unter der Bezeichnung M8. Ähnlich wie die deutsche M8 war auch sie nicht zur Panzerbekämp■ fung geeignet.
Foto Herbert Ringlstetter
Den Deutschen fiel Ende Dezember 1944 erstmals eine P-47 Thunderbolt mit LuftBoden-Raketen in die Hände. Das KTB vom Chef TLR vermerkt dazu: »Bei einer P-47 erstmalig amerikanische Raketengeschos-
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gungsbefehl nach Schlesien. Das komplette SG 4 beginnt noch im Januar 1945 mit der Verlegung. Der neue Platz ist aber alles andere als vorbereitet. Es fehlt an Kraftstoff, Bodengerät, Bomben und Panzerblitz. Das muss alles erst mit Lkw herbeigeschafft werden. Major Weyert wechselt zur II./SG 4, seinen Platz nimmt Oblt. Hans Weber ein. An der Ostfront herrschen für die neue Waffe weitaus günstigere Bedingungen als im Westen. In den kommenden 16 Einsatztagen vom 21. Januar bis zum 20. Februar 1945 fliegt die Gruppe 25 Einsätze mit insgesamt 115 Fw 190. Es gelingt der Gruppe, 23 Panzer zu vernichten und elf Panzer bewegungsunfähig zu schießen. Drei weitere gepanzerte Fahrzeuge werden ebenfalls vernichtet.
Erfahrungsbericht Panzerblitz Über die Erfahrungen mit Panzerblitz schreibt Oblt. Weber am 30. März 1945: »Im hiesigen Raum fahren Feindpanzer nur noch kleinere Strecken. Sie sammeln sich dann, graben sich zum Teil ein und ziehen Flak und Selbstfahrlafette nach. Mit dem Auftreten von Flakpanzern muss immer gerechnet werden. Der Angriff erfolgt in einmaligem Anflug. Sechs oder sogar zwölf Panzerblitze in einer Salve abschießen. Nach dem Angriff Abflug im Tiefst-
Focke-Wulf-Werksskizze der Panzerblitz-Anlage unter der Tragfläche
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flug. Beim ersten Anflug schießt die überraschte Flak meist nicht. Bei erfahrenen Flugzeugführern ist der Abschuss des Panzers fast sicher. Ein nochmaliges Anfliegen auf dasselbe Ziel gefährdet eigenes Flugzeug. Vorzuziehen ist ein zweiter Angriff auf ein neues Ziel. Setzt Erfahrung und genauestes Orientieren voraus. Ein Schwarm Fw 190 mit Abwurfbehältern als Jagdschutz und zur Flakbekämpfung hat sich bewährt. Der Schwarm wirft die Abwurfbehälter erst nach erfolgtem
Mit Vorrichtungen zum Abfeuern von Panzerblitz-Raketen ausgerüstetes Schlachtflugzeug Focke-Wulf Fw 190 F-9 Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Es ist sicher nicht möglich, jede einzelne Meldung über Erfolge mit Panzerblitz aufzulisten. Beispielhaft sei hier der 15. April 1945 genannt. An diesem Tag fliegt die III./SG 4 erfolgreiche Angriffe bei Köberwitz, einem Grenzort zwischen Tschechien und Schlesien.
Die Flak im Westen ist so stark, dass dort ein Einsatz von Panzerblitz zwecklos ist. Panzerblitz-Tiefangriff. Flak wird dadurch in Schach gehalten.« An diesem 30. März verfügt die Gruppe über 21 Pb-Maschinen. Neben der III./SG 4 ist auch noch die I. und II./SG 1 sowie die III./SG 77 zum Teil, die 13./SG 151 und die 1.(Pz.)/SG 9 komplett mit Panzerblitz ausgerüstet. Insgesamt stehen der Luftflotte 6 an diesem Tag von 90 Panzerjägern 73 Maschinen einsatzbereit zur Verfügung.
Hier zerstört die 9. Staffel an nur einem Tag ohne eigene Verluste 13 Panzer und ein Sturmgeschütz. Das ist ein Beleg dafür, dass die Gruppe das Schießen mit der neuen Waffe nun beherrscht. Im Schnitt sind neun Raketen nötig, um einen T-34 zu zerstören. Dies zeigt, wie effektiv Panzerblitz noch kurz vor Kriegsende eingesetzt werden konnte. Für die III./SG 4 geht der Krieg im Mai 1945 auf dem Liegeplatz in Kostelec in Tschechien zu Ende. Bis dahin dürfte eine Vielzahl an T-34 der neuen Panzerblitz-Waffe zum Opfer gefallen sein. ■
Ansicht der M8-Rakete aus einer amerikanischen Nachkriegsanalyse (siehe auch S. 29)
Bruchgelandete Fw 190 F-8 mit M8-Raketen an den verbesserten Panzerblitz-Rosten
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TECHNIK Typengeschichte
JUNKERS EF 128
Überlegener Pfeilfl
T
rotz zunehmender Roh- und Treibstoffknappheit und obwohl die Lage an den Fronten 1944 immer aussichtsloser wurde, schmiedete die deutsche Luftwaffenführung weiterhin Pläne: Das Flugzeugprogramm sollte gestrafft und nur noch dringend benötigte, leistungsstarke Typen gebaut werden. Zuerst musste man den Alliierten die Luftherrschaft über dem Reich entreißen. Unbedingt vonnöten war es daher, die Jagdwaffe zu stärken und mit neuen, leistungsstarken Maschinen auszurüsten. Dass hierfür nur Strahljäger in Frage kommen würden, war zu dieser Zeit obligat.
Hochleistungsjäger Die neue Jagdmaschine sollte auf jeden Fall leistungsfähiger sein als die Messerschmitt Me 262, die sich in der Einsatzerprobung befand. Diese war mit ihren zwei Triebwerken zu groß,
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unhandlich und mittlerweile viel zu aufwendig in der Fertigung. Die deutschen Flugzeugbauer waren daher gefordert, möglichst rasch entsprechende Entwürfe vorzulegen. So gab das Oberkommando der Luftwaffe beziehungsweise das Technische Amt des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) im Juli 1944 den Entwicklungsauftrag für einen Hochleistungs-
um eine bewährte Waffe, deren 30-mm-Explosivmunition (Minengeschosse) enorme Wirkung zeigte. Bereits wenige Treffer konnten ausreichen, um selbst einen schweren, viermotorigen Bomber wie die amerikanische Boeing B-17 vom Himmel zu holen. Die Höchstgeschwindigkeit des neuen Jägers sollte in etwa 7000 Meter Einsatzhöhe im
Die neue Jagdmaschine sollte auf jeden Fall leistungsfähiger sein als die Me 262. Jagdeinsitzer heraus, der mit einem einzelnen Turbinen-Luftstrahl (TL) ausgerüstet sein sollte. Das He S 011 war zu dieser Zeit das weitaus leistungsstärkste TL-Aggregat, wenngleich es noch nicht serienreif zur Verfügung stand. Als Bewaffnung sah man vier Maschinenkanonen MK 108 vor. Hierbei handelte es sich
Bereich von 1000 km/h liegen. Damit wäre die Jagdmaschine um über 100 km/h schneller als die Me 262 mit ihren beiden Jumo-004Turbinen gewesen. Ein Grund für die hoch gesteckten Forderungen lag in der Annahme der Luftwaffenführung, die Alliierten würden bald ebenfalls Strahljäger einsetzen. Dabei
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung H. Ringlstetter
Die alliierte Übermacht brachte die deutsche Luftwaffe 1944 in arge Bedrängnis. Mit neuen, überlegenen Jagdflugzeugen sollte die Luftherrschaft zurückerobert werden. Einen der vielversprechendsten Entwürfe dafür reichte Junkers ein: die EF 128 Von Herbert Ringlstetter
Als Bewaffnung waren zunächst zwei MK 108 vorgesehen, doch konnten zwei weitere in den Flächen montiert werden
ügler Adolf Busemanns Pfeilflügel
Die EF 128 brach schon äußerlich mit den konventionellen Auslegungen eines Jägers der damaligen Zeit
Bereits 1935 unterrichtete der deutsche Aerodynamiker Adolf Busemann die internationale Fachwelt auf dem 5. Volta-Kongress in Rom über seine Erkenntnisse hinsichtlich der Vorteile eines stark gepfeilten Flügels im Hochgeschwindigkeitsflug. In die Tat umgesetzt wurden seine Beobachtungen jedoch bis Kriegsende nur von deutschen Flugzeugbauern. Einzig der US-Amerikaner Robert Thomas Jones brachte 1944 diesbezügliche Vorschläge ein, die in den USA aber zunächst ungehört blieben. Erst mit Bekanntwerden der erfolgreichen deutschen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet bauten alliierte Konstrukteure sogar schon begonnene Flugzeug-Entwicklungen wie den Jäger North American F- 86 oder Boeings Bomber B-47 erfolgreich auf die deutsche Pfeilflügel-Technologie um. In der Sowjetunion entstand die MiG 15, das Gegenstück zur F-86 Sabre (im Bild). Bis heute ist die gepfeilte Tragfläche Standard bei schnellen Flugzeugen.
Anhand eines Modells konnten unter der Leitung von Chefaerodynamiker Georg Backhaus Untersuchungen im Windkanal durchgeführt werden. Im Bild rechts sind die über einen Teil der Flächen reichende Vorflügel erkennbar FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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TECHNIK Typengeschichte
Das Turbinen-Luftstrahltriebwerk Heinkel He S 011 war das damals leistungsfähigste deutsche Düsentriebwerk. Der Strahlantrieb sollte auch den Junkers-Jäger EF 128 antreiben. Dieser hier Foto US Air Force gehörte ehemals zu einer He 162
wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese der Messerschmitt Me 262 überlegen wären – eine Vermutung, die von der Realität weit entfernt lag. Beauftragt wurden die Flugzeugbauer Heinkel, Focke-Wulf, Blohm & Voss sowie Messerschmitt. Erst im Oktober 1944 stießen auch die Junkers Flugzeug und Motorenwerke AG (JFM) hin zu. Junkers war auf den Bau von Bombern spezialisiert, konnte jedoch große Erfahrung in Sachen Aerodynamik vorweisen – unverzichtbares Know-how bei der Entwicklung von Hochleistungs-Flugzeugen. Konstrukteure stießen mit ihren Entwürfen mittlerweile in Geschwindigkeitsbereiche vor, die bislang nur unzureichend erforscht waren; Probleme tauchten auf, wo vorher keine waren.
Gemischtbauweise
Nur 58 Kilogramm schwer: MK 108, Kaliber 30 Millimeter, von Rheinmetall-Borsig. Fünf gut platzierte Treffer der explosiven Munition konnten ausreichen, um sogar einen viermotorigen Bomber zum Absturz zu bringen
Werkszeichnung der EF 128, die auch Einbauten wie Triebwerk und Tanks für den Treibstoff grob wiedergibt. Dieser war auf vier Behälter, je zwei im Rumpf und in den Flächen, aufgeteilt. Das Bugradfahrwerk war 1944 bereits Standard
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JFM reichte, bedingt durch die spätere Auftragserteilung, erst im Dezember 1944 einen unter Entwurfschef Hans Gropel entstandenen Jägerentwurf ein: das Erprobungsflugzeug 128. Der als Schulterdecker ausgelegte Vorschlag sah das vorgegebene He S 011 als Antrieb vor. Verbaut war das 1300 Kilogramm Standschub leistende Strahltriebwerk im Heck des lediglich gut sieben Meter langen
Junkers EF 128
Junkers EF 128 Mögliche Lackierung: RLM 81/82/76
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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TECHNIK
Hinter der Kabinenverglasung ist die Austrittsöffnung für die vor den Lufteinlässen abgesaugte Luft erkennbar (Grenzschichtabsaugung)
Die beträchtliche Pfeilung der Tragflügel von 45 Grad in Verbindung mit der schwanzlosen Auslegung stuften manche Fachleute als möglicherweise problematisch ein
Auf Basis des Tagjäger-Projekts EF 128 (im Bild) war auch eine etwas vergrößerte zweisitzige Version als Nacht- und Allwetterjäger geplant
Rumpfes. Die Wartung ermöglichten abnehmbare Verkleidungsbleche aus Leichtmetall, das man als Material für den gesamten Rumpfaufbau auswählte. Die beiden Lufteinlässe für das He S 011 lagen unterhalb der Tragflächen seitlich im Rumpf. Auf ihre Gestaltung verwendete man besonders viel Aufmerksamkeit. Eine einwandfreie Strömung in den zum Triebwerk führenden Luftkanälen erreichte man durch Absaugung der Grenzschicht vor den Lufteinlässen. Die abgesaugte Luft trat über eine hutzenförmige Öffnung dicht hinter der Kabine auf dem Rumpfrücken wieder aus. Der sehr günstig produzierbare, dieselähnliche Kraftstoff J 2 für die Düsentriebwerke kam in zwei zusammen 1025 Liter fassenden selbstdichtenden Behältern im mittleren und hinteren Teil des Rumpfes unter. Zwei weitere Brennstofftanks mit je 270 Liter Fassungsvermögen befanden sich in den Tragflächen. Der Flugzeugführer saß weit vorne in einer separaten Druckkabine, die ausgezeichnete Sichtverhältnisse bot. Für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich galt der
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Schleudersitz für den Notausstieg. Dieser war aufgrund der hohen Geschwindigkeit zwingend erforderlich. Gegen Beschuss war der Flugzeugführer durch eine gepanzerte Sitzlehne und Panzerplatte im Rumpfbug sowie eine direkt vor ihm montierte Panzerglasscheibe geschützt. Er selbst sollte über ein Reflexvisier Revi 16 C oder mittels eines eigenund zielgeschwindigkeitsgesteuerten Visiers EZ 42 Feindmaschinen aufs Korn nehmen. Hierfür befanden sich unterhalb der Führer-
lagen die Vorteile hinsichtlich Stabilität und einfacher Fertigung auf der Hand. Die trapezförmigen Tragflächen mit einer Pfeilung von stattlichen 45 Grad entstanden in Holzbauweise. Metall kam lediglich als Beplankung der Flügelnasen zum Einsatz. Auf ein klassisches Höhenleitwerk verzichtet man, diese Funktion übernahmen die Querruder. Diesen angeschlossen, erstreckten sich bis zum Rumpf reichende Landeklappen. Zwischen Querruder und Klappen kam auf
Der Serienbau der EF 128 war für Mitte 1945 geplant – doch so weit kam es nicht mehr. kanzel zwei MK-108-Bordkanonen samt Munitionskästen für 100 Schuss pro Waffe. Dem Bugrad verhalf eine Pneumatik in den Rumpf, es fuhr nach hinten ein. Die beiden Hauptfahrwerksbeine der EF 128 waren ebenfalls am Rumpf befestigt und verschwanden nach dem Start verkleidet im Mittelrumpf. Zwar ergab sich so eine relativ geringe Spurweite von nur 1,70 Metern, doch
jeder Flügelhälfte eine vertikal stehende, nach oben und unten reichende Seitenleitwerksflosse zum Anbau. Ab Flügelhinterkante waren die Seitenruder angeschlossen.
Zweisitziger Nachtjäger Geplant war außerdem eine Nacht- und Allwetterjäger-Variante der EF 128 mit verlängertem und verbreitertem Rumpf. So konnten
Mögliches Aussehen einer EF-128-Einsatzmaschine. Eine Typnummer hatte der Jäger vom RLM noch nicht erhalten Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
zwei Mann leicht versetzt nebeneinander Platz finden und die zusätzlich notwendige Nachtjagd- und Blindflugausrüstung untergebracht werden. Seitens des Antriebs blieb es beim He S 011. Die Bewaffnung bestand aus nunmehr vier MK 108, wobei man die Rumpfwaffen durch zwei in den Flächen montierte MK 108 mit jeweils 100 Schuss ergänzte. Eine Option, die auch für den Tagjäger in Betracht gezogen wurde. Im März 1945 war der Junkers-Entwurf einer überlegenen Jagdmaschine endlich bereit zur Fertigung – zu einem Zeitpunkt, als sich die Wehrmacht in einer derart prekären Kriegslage befand, dass jedem klar sein musste, dass keiner der neuen Strahljäger mehr gegen alliierte Flugzeuge aufsteigen würde. Im RLM ließ man sich von derlei Unstimmigkeiten allerdings keineswegs beirren und wertete die EF 128 als brauchbaren Entwurf, der neben den Konkurrenzentwürfen Messerschmitt P 1110, Blohm & Voss P 212, Heinkel P 1078 und Focke-Wulf Ta 183 in die engere Auswahl kam. Der Serienbau der EF 128 war für Mitte 1945 geplant. Über Modellversuche kam das Junkers-Projekt EF 128 dann jedoch nicht mehr hinaus. Die vielschichtigen Bemühungen um einen neuen Hochleistungsjäger seitens der deutschen Flugzeugbauer führten letztlich zu keinem brauchbaren fliegenden Ergebnis. Laufend wechselnde Forderungen der Luftwaffenführung, Machtgerangel und Entschlusslosigkeit ließen die Anstrengungen scheitern. Lediglich Heinkels Sparjäger He 162, das Ergebnis der zusätzlich herausgegebenen, vielfach umstrittenen »Volksjäger«-Ausschreibung, hat man in die Tat umgesetzt. Vereinzelt kamen He 162 sogar noch zum Einsatz. Die tatsächlichen Früchte der Arbeiten deutscher Konstrukteure dieser Zeit fielen 1945 den Alliierten in den Schoß – im Falle der EF 128 sowjetischen Truppen. ■ FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Technische Daten – Junkers EF 128 Muster Einsatzzweck Besatzung Stand Haupttriebwerk Standschub Spannweite Streckung Flügelpfeilung in 25% Flügeltiefe Flügelschränkung Flügelfläche Länge Höhe max. Rumpfbreite Rüstgewicht Kraftstoff Zuladung Startgewicht Flächenbelastung Höchstgeschwindigkeit Anfangssteigleistung Startrollstrecke Startstrecke Landegeschwindigkeit Gipfelhöhe Bewaffnung
EF 128 EF 128 NJ Jagdflugzeug Nacht- und Allwetterjäger 1 2 1944/45 Februar 1945 Strahltriebwerk Heinkel He S 011 1300 kg – 8,90 m 9,20 m 4,5 4,3 45° 43,5° 3° 17,60 m2 7,05 m 2,65 m 1,27 m 2607 kg 1250 kg 1470 kg 4070 kg 5600 kg 231 kg/m2 280 kg/m2 905 km/h in Bodennähe 990 km/h in 7000 m 22,9 m/s 700 m 665 m 186 km/h 13 750 m 2 x MK 108 – 30 mm mit je 100 Schuss 2 x MK 108 in Flächen möglich
– 19,70 m2 7,50 m 2,95 m – – – –
– – – – – – – 2 x MK 108 – 30 mm in Rumpf mit je 100 Schuss 2 x MK 108 in Flächen
Mit der Heinkel He 162 kam 1945 eine Notlösung in geringem Umfang noch zum Einsatz. Die durchaus bemerkenswerten Flugleistungen des »Volksjägers« lassen erahnen, welch Leistungspotenzial ein Strahljäger wie die EF 128 praktisch geboten hätte
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TECHNIK Cockpit
BLOHM & VOSS HA 137
Vom Stuka zum Zu den ersten Militärflugzeugen, die das Technische Amt des RLM auf Anregung von Ernst Udet in Auftrag gab, gehörten leichte und schwere Sturzkampfflugzeuge. An dem Konstruktionswettbewerb vom Sommer 1934 beteiligte sich auch Blohm & Voss mit einem Entwurf, der kein unbekannter war Von Peter W. Cohausz
G
efragt war ein leichtes, einsitziges Sturzkampfflugzeug. Beim Hamburger Flugzeugbau, einer Tochter von Blohm & Voss, entwickelte der Konstrukteur Dr.-Ing. Richard Vogt unter der Verwendung seiner später bekannt gewordenen Rohrholmbauweise einen freitragenden Tiefdecker mit Knickflügeln in Ganzmetallbauweise.
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Doch ganz neu war das nicht, was da auf den Reißbrettern der Konstruktionsabteilung entstand. Die Maschine mit einem offenen Cockpit ähnelte stark dem Jäger C 5, den Vogt bereits 1933 bei Kawasaki in Japan entwickelt hatte. Das Fahrwerk war starr mit Hosenbeinen, in denen auch zwei der vier MG 17 untergebracht waren. Die anderen zwei MG 17
waren über dem Motor angeordnet. Als Abwurfbewaffnung fanden vier 50-kg-Bomben unter den Tragflächen Platz. Der Kraftstofftank befand sich im Rohrholm. Unter dem Rumpf war die Aufhängung eines Zusatzbehälters. Den Erstflug des ersten Versuchsmusters Ha 137 V1, D-ITEK, machte Cheftestpilot Helmut Wasa Rodig am 18. Januar 1935 in Ham-
Versuchsflugzeug
Die Blohm & Voss Ha 137 B (V5), D-IFOE war auf der Höhe ihrer Zeit, konnte sich aber gegen einen Konkurrenzentwurf nicht durchsetzen Foto Sammlung Ott
burg-Finkenwerder. Am 13. Mai 1935 folgte dann der Jungfernflug der Ha 137 V2, DIXAX. Beide waren mit einem 730 PS starken Sternmotor BMW 132 ausgerüstet, ebenso die sieben Ha 137 A einer ersten Kleinserie. Die Ha 137 V3 flog dann mit einem RollsRoyce Kestrel, der 640 PS abgab, da die Sichtverhältnisse mit dem BMW im Sturzflug litten. FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
In der V4 sowie den nachfolgenden Ha 137 B einer zweiten Kleinserie arbeitete ein 610-PSJunkers-Jumo-210 unter der Cowling. Insgesamt wurden nur etwa 20 Ha 137 gebaut – vergeblich, wie sich noch zeigen sollte: Das Rennen in der Ausschreibung machte die später als »Schlächter« legendär gewordene Henschel Hs 123.
Die Erprobung der Ha 137 lief noch bis etwa 1938, wobei die Maschinen für zahlreiche Versuche herhalten mussten, zum Schluss sogar als Beschussobjekte in Tarnewitz. Das offene Cockpit der Ha 137 war typisch für die frühen 1930er-Jahre. Etwas Schutz gaben die hochgezogenen Rumpfseiten und eine kleine Windschutzscheibe. Hinzu kam
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TECHNIK Cockpit Dieses Foto vom Cockpit der Ha 137 ist eine echte Rarität und hier erstmals in gedruckter Form zu sehen
hinten eine Kopfstütze. Innen sah es sehr schlicht und zweckmäßig aus. Eine große, zweigeteilte Instrumententafel enthielt alle damals üblichen Instrumente zur Navigation, Flug- und Triebwerksüberwachung, sauber nach Zweck gegliedert. Darüber saß das Reflexvisier für die Maschinengewehre. Für eine beschränkte Blindflugfähigkeit war ein pneumatischer Wendezeiger eingebaut. Auf der unteren Gerätetafel befanden sich die Bediengeräte der Funkanlage FuG VI a und der Abwurfschaltkasten für die vier 50kg-Bomben. An der linken Rumpfseite waren wie üblich Gashebel, Gemischhebel und Pumpenschaltung sowie die Hebel für Trimmung und Schärfung der Bomben. Rechts fanden sich die Auslösehebel für den Abwurftank, die Notauslösung der Bomben, Tankwahlhebel und Handpumpe für den Kraftstoff. Von der Auslegung her erinnert das Cockpit auch an andere damalige Typen wie von Arado oder Focke-Wulf. ■
Quellen: Erläuterung der Instrumentierung, siehe auch S. 47
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Ebert, Hans J.: »111 MBB Flugzeuge 1913–1978«. Stuttgart 1980 Sammlung Günter Ott
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Peter W. Cohausz
Foto Werksaufnahme
Waiss, Walter
Jagdstaffel Boelcke Band VIII aus dem Boelcke-Archiv 1914-1918
Instrumentierung einer Ha 137
Der Abwurfschaltkasten ASK-L
Mechanischer Drehzahlmesser Fl 20207 bis 3000 U/min
Fernantrieb FBA 1 (Fl 26608) für die Abstimmung der Funkanlage
Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenr. 1 Abwurfschaltkasten ASK-L Fl 50962 2 Seitensteuerpedal 3 Pumpenschaltung 4 Wendezeiger Askania (pneumatisch) Fl 22402 5 Gashebel 6 Gemischhebel 7 Fernbedienung FBR 1 für die Rückkopplung (FuG VIa) Fl 26609 8 Antennenstromanzeige Sch A2 0–10 Fl 26749 9 Betriebsdatentafel 10 Fernbedienung FBA 1 für die Abstimmung (FuG VIa) Fl 26608 11 Belüftung 12 Schalter für die elektrische Anlage Fl 26643 13 Hebel für die Trimmung (?) 14 Anlassschalter (Starter) Fl 21212 15 Schalter für die elektrische Anlage Fl 26643 16 Empfindlichkeitsregler für den Wendezeiger Fl 22405 17 Blind-/Scharf-Hebel für die Abwurfwaffen 18 Netzausschalter Fl 32301 19 Zündschalter 20 Halterung für die Borduhr Fl 22600 21 Durchladezug für MG 17 22 Fahrtmesser 80–550 km/h Fl 22211 23 MG 17 24 Anschlusskabel für das Reflexvisier 25 Hinweisschild für 29 26 Grobhöhenmesser Lufft 0–10 000 m Fl 22314 27 Reflexvisier 28 Zuggriff für ? 29 Hebel für die Sturzflugbremse (?) 30 Führerkompass Ludolph FK 5 Fl 23211 31 Drehzahlmesser 600–3000 U/min Fl 20207 32 Kraftstoffdruckmesser 0–0,5 kg/cm² Fl 20504 33 Schmierstoffdruckmesser 0–10 kg/cm² Fl 20604 34 Kraftstoffvorratsanzeiger (pneumatisch) 0–138 Liter Fl 20710 35 Hinweisschild für zulässige Geschwindigkeiten 36 Schmierstoff-Thermometer (Eintritt) 20–120° C Fl 20303 37 Umschalter für 39 Fl 20754-2 38 Schmierstoff-Thermometer (Austritt) 20–120° C Fl 20303 39 Luftpumpe LP 3 für Kraftstoffvorratsanzeiger Fl 20742-1 40 Zuggriff für Notauslösung ETC 50 41 Fernbedienung FBU 1 für FuG VI a Fl 26607 42 Wahlhebel für Kraftstoffbehälter 43 Steuerknüppelgriff (nach rechts gekippt) 44 Handpumpenhebel für Kraftstoff 45 Zuggriff für Abwurf Kraftstoff-Zusatzbehälter Die Ausrüstung wurde nach einer historischen Werkaufnahme zusammengestellt. Nicht alle Details waren eindeutig erkennbar.
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Anthony Fokker posiert vor einem Kampfeinsitzer vom Typ E. Dank der in seinem Werk geschaffenen Gestängesteuerung konnte das MG exakt durch den Propeller feuern
DIE GEBURT DER KLASSISCHEN JAGDFLIEGEREI
Schuss durch den Propellerkreis Im Kampf Flugzeug gegen Flugzeug war es zunächst gar nicht so einfach, den jeweiligen Gegner vom Himmel zu holen. Besonders der deutschen Fliegertruppe fehlte es anfänglich an geeigneter Bewaffnung Von Wolfgang Mühlbauer
28. Juni 1914 Attentat von Sarajewo
1914 48
1. August 1914 Deutschland erklärt Russland den Krieg
30. August 1914 Sieg über die Russen bei Tannenberg
1915
1916
E
igentlich war die wichtigste Voraussetzung, das Maschinengewehr, lange vor Kriegsbeginn vorhanden. Doch im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien hinkte das deutsche Kaiserreich erstaunlicherweise bei dessen Verwendung als Bordwaffe zunächst hinterher. Erstaunlich nicht zuletzt deshalb, da sich der Flugpionier August Euler schon im Juli 1910 das Grundkonzept für das klassische Jagdflugzeug hatte patentieren lassen. Sein Augenmerk konzentrierte sich auf zwei zentrale Punkte: den starren Einbau der Waffe im Bug eines einsitzigen Doppeldeckers mit Druckpropeller sowie das Zielen mit dem Flugzeug als Ganzes. Damit nahm er wohl als Erster offiziell die entscheidende Basis der Jagdfliegerei vorweg. Der Gedanke stand und fiel allerdings mit dem ungestörten Schussfeld nach vorne. Flugapparate, deren Antrieb samt Luftschraube im Bug lag – eine Bauweise, die sich aus aerodynamischen Gründen in Deutschland schnell allgemein durchzusetzen begann – brauchten freilich weitere technische Raffi-
August Euler entwickelte 1914 versuchsweise einige »Flugzeug-Zerstörer«. Darunter diese Maschine mit starrer Bordwaffe im Bug
Dagegen arbeiteten Frankreich wie Großbritannien sehr zeitig an luftkampftauglicher Bewaffnung ihrer Flugapparate. Zu den wichtigen Vorreitern zählten Gabriel Voisin, der bereits im Oktober 1910 einen seiner nach Eulers Grundprinzip ausgerüsteten Doppelde-
Das Konzept des Jagdfliegers stand und fiel mit dem ungestörten Schussfeld nach vorne. nessen, sollten sie wie von Euler angedacht ihresgleichen abschießen. Fast genau drei Jahre später meldete deshalb der gelernte Feinmechaniker Franz Schneider, technischer Leiter bei der Luftverkehrsgesellschaft (LVG) in Berlin-Johannisthal, ein Synchronisierungsgetriebe für das Schießen durch den Propellerkreis zum Patent an. Jene mechanische Sperrvorrichtung, welche die Luftschraubenwelle und den Abzug der Maschinenwaffe verband, sollte deren Abfeuern dann verhindern, wenn ein Propellerblatt vor der Mündung vorbeizog. Doch fanden weder Eulers noch Schneiders Vorschläge nennenswert Einzug in die aufkeimende deutsche Militärfliegerei. Was sicher vorwiegend damit zusammenhing, dass man hier das Flugzeug seinerzeit fast ausschließlich als nutzbringendes Aufklärungsinstrument einzustufen bereit war und es zudem keine passend leichtgewichtigen Maschinenwaffen deutscher Fertigung gab.
1917 FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
cker zur Schau stellte, sowie der britische Vickers Konzern, der im November 1912 mit der Entwicklung für ein Offensivflugzeug mit MG beauftragt worden war. Als die Feindseligkeiten im August 1914 losbrachen, stellten zweisitzige Druckpropellermaschinen mit nach vorne feuerndem beweglichem MG im Ver-
bund mit vereinzelten Flugzeugen, deren Waffe sich auf dem oberen Tragdeck befand und über den Luftschraubenkreis hinweg schoss, feste Bestandteile beider Streitmächte dar. Daneben experimentierte der französische Luftfahrtindustrielle Raymond Saulnier seit April des Jahres mit einer Synchronisierungsmechanik, scheiterte aber an dieser anspruchsvollen Aufgabe. Was er offenbar nicht wusste: Das von ihm verwendete Hotchkiss MG hatte als zuschießende Waffe, die mit Gasdruck lud, eine viel zu unregelmäßige Schussfolge, um die notwendig exakte Abstimmung zuzulassen. Saulnier blieb trotzdem am Ball und ersann zusammen mit dem berühmten Flieger Roland Garros sowie dessen Mechaniker Jules Hue erfolgreich eine pragmatische Ab-
Ausgangsmuster für Fokkers erste Erfolgsjäger war das Schul- und Akrobatikflugzeug M5
1918
1919 49
ten Einbau erbeuteter Maschinenwaffen behalfen. Vernünftiger Nachschub eigener Art stand in jener Phase des Krieges für die Fliegertruppe nicht zur Verfügung. Außerdem fanden damals häufig noch Flugzeugmuster Verwendung, in denen der Beobachter vor dem Flugzeugführer saß, was die Handhabung der Abwehrwaffen nicht eben einfacher machte.
Fieberhafte Arbeit an Lösungen Zum Glück arbeitete man zu Hause hinter den Kulissen fieberhaft an gangbaren technischen Lösungen. Das vorrangige Ziel bestand darin, das Parabellum MG 14 als Bordwaffe zum Selbstschutz der bislang praktisch wehrlosen Aufklärer verwenden zu können. Ein erster Erprobungsträger mit eilig entwickeltem Drehkranz war im Februar 1915 fertiggestellt und erfolgreich erprobt worden. Damit war der Urvater der zweisitzigen bewaffneten C-Flugzeuge – Pilot vorne, Beobachter hinten am drehbaren Waffenkranz – geschaffen. Ihre Fronteinführung begann zwei Monate später. Die Verwirklichung des reinen Jagdflugzeuges mit der Fähigkeit zum eigenständigen Angriff – begünstigt durch Garros Notlandung am 18. April hinter den deutschen Linien – war der logische Folgeschritt dieser Entwicklung. Das französische Schussverfahren aber einfach nur zu kopieren, scheiterte grandios, da die deutschen Stahlkerngeschosse im Gegensatz zur französischen Munition mit Kupferkern zu viel Durchschlagskraft besaßen. Statt an den Panzerblechen des Propellers abzuprallen, zerstörten sie dessen Blätter.
Unsynchronisiert durch den Propellerkreis zu schießen, verlangte eine besondere Form der Luftschraube sowie Abweiser an deren Blättern
hilfe. So konnte das französische Militär im Frühjahr 1915 zum ersten Mal »echte« einsitzige Jäger gezielt in den Kampf schicken. Am 1. April errang Garros mit einer jener Morane-Saulnier Typ L den ersten »klassischen« Luftsieg. Der Hochdecker war mit einem HotchkissMG bestückt, das durch den Propellerkreis feuerte. Seine Luftschraube besaß dreieckig geformte Ablenkbeschläge, an denen jene Kugeln einfach abprallten, denen der Weg durch die Propellerblätter versperrt blieb – im Durchschnitt gut ein Viertel der eingelegten Munition. Zusätzlich war sie so geformt, dass der Flugzeugführer nicht durch Querschläger
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gefährdet wurde. Insgesamt dennoch eine reichlich unsichere Sache, zumal sich die sichelförmige Schraube ständig lockerte.
Luftkampf mit Pistolen Die deutschen Frontflieger standen dem üblen Spiel fast machtlos gegenüber. Wie bereits früher geschildert, blieb ihnen oft nur, sich mit großkalibrigen Pistolen oder Karabinern zu wehren. Es gab sogar sogenannte FliegerSelbstladekarabiner, hergestellt in geringer Stückzahl von der Schweizer Industriegesellschaft Neuhausen beziehungsweise Mauser. Verständlich, dass sich die Besatzungen nach Möglichkeit lieber mit dem improvisier-
Guter Rat schien darum erst recht teuer. Umso größer fiel die Überraschung aus, als Anthony Fokker innerhalb weniger Tage eine perfekte Alternative parat hielt: die sogenannte Gestängesteuerung, welche die Antriebsspindel der Ölpumpe mit einem Nockenrad verband, das wiederum über einen Stößel den Abzug der Waffe auslöste. Dass die Inspiration dafür unter anderem von einem wohl in Garros Maschine vorgefundenen, jedoch ausgekuppelten Synchronisationsgetriebe zu stammen schien, unterschlug der glänzende Selbstvermarkter. Ohnehin verstand er es wie kaum ein Zweiter, geistiges Eigentum anderer gleichermaßen unverschämt wie erfolgreich als sein eigenes an den Mann zu bringen. So war ihm auch die Tatsache, dass nicht er, sondern sein Mitarbeiter Heinrich Lübbe für den entscheidenden technischen Durchbruch verantwortlich zeichnete, kein Sterbenswörtchen wert. Ganz abgesehen davon hatte die Zeitschrift »Flugsport« bereits 1913 wesentliche Auszüge aus Schneiders Patent veröffentlicht … Wie auch immer, Fokkers Gestängesteuerung funktionierte hinreichend zuverlässig.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, DEHLA
Perfekte Alternative
Dieses Bild zeigt Fokkers ursprüngliche Stangensteuerung für das MG 14
Der LVG E600/15 vom Juni 1915 mit Drehring für das hintere MG und synchronisierter Bugwaffe blieb nur ein Einzelstück
Freilich nur deshalb, weil Lübbe mit dem MG 14 sowie wenig später mit dem lMG 08 aufschießende Rückstoßlader verwendete, die sich dank ihres Funktionsprinzips zeitlich exakt auslösen beziehungsweise unterbrechen ließen. Wobei die Schussfrequenz zwangsweise langsamer als bei einer nicht synchronisierten Waffe ausfiel. Ein weiterer unbestreitbarer Vorteil bestand in der Verwendung gegurteter Munition, deren Menge längere Feuerstöße zuließ, als es dem durch Stangenmagazine von 25 Schuss gefütterten Hotchkiss MG möglich war. Gleiches galt für das britische Lewis MG – ebenfalls ein Gasdrucklader – und dessen 47-schüssige Magazintrommeln.
Knapp einen Monat danach begab sich Fokker auf Verkaufs- und Werbetournee an die Westfront. Mit dabei die allerersten seiner von Umlaufmotoren angetriebenen Kampfeindecker, die sofort Anklang bei den besuchten Frontfliegerabteilungen fanden. Einweisungen handverlesener Flugzeugführer, darunter Oswald Boelcke und Max Immelmann, ließen nicht lange auf sich warten. Ebenso wie die Lieferung erster Serienmaschinen. Nebenbei gelang es offenbar, Siemens-Schuckert und LVG mit deren Konkurrenzentwicklungen auszustechen. Explizit sei hier der LVG E600/15 genannt. Der kurz zuvor erst vorgestellte zweisitzige Eindecker hatte einen Dreh-
Der erste klassische Luftsieg auf deutscher Seite eröffnete ein neues Kapitel des Luftkrieges. Ähnlich wie Morane-Saulnier konnte Fokker mit seinen einsitzigen Kavallerieeindeckern vom Typ M5 sofort auf ideale Waffenplattformen eigener Provenienz zugreifen, obschon sie rein fliegerisch kein allzu großer Wurf waren. Dafür ließ sich die notwendig stabile Halterung für das MG ohne Weiteres fest auf der metallenen Motorverkleidung anbringen. Und so konnte er schon am 19. Mai 1915 persönlich in Döberitz einen mit »seiner« Erfindung bewaffneten Eindecker dem Militär vorführen.
ring für das hintere MG sowie eine Synchronisierungsmechanik für die starr eingebaute Bugwaffe – beides Entwicklungen von Franz Schneider. Die bemerkenswerte Maschine blieb jedoch ein Unikat, das auf dem Weg zur Fronterprobung anscheinend verloren ging. Dank Fokkers Gestängesteuerung, die weiter optimiert wurde, stand der erfolgreichen Verwirklichung deutscher Jäger technisch nichts Nennenswertes mehr im Weg. Wiederum galt es natürlich, geeignetes fliegendes Personal auszubilden. Die ersten regulären
Lehrgänge fanden im Frühjahr 1915 in Döberitz sowie in Fokkers eigener Flugschule in Schwerin statt. Zugleich versuchte man an der Front, die richtigen Kampftaktiken zu finden.
Jagd im Kampfeinsitzer Fokkers MG-bestückte Kampfeinsitzer der Typen M5K und vor allem E wurden schnell in jeder Hinsicht tonangebend. Dabei galt der Schutz eigener Flugzeuge – allem voran der Aufklärer – als wichtige Aufgabe, sodass man die Maschinen in jeweils kleiner Zahl den einzelnen Feldfliegerabteilungen zuteilen ließ. Sofern es sich ergab, gingen die Kampfeinsitzer bald auch eigenständig auf Jagd oder fingen gezielt Eindringlinge ab. Den ersten klassischen Luftsieg für die deutsche Seite errang Leutnant Kurt Wintgens am 1. Juli 1915. Das war zugleich der Auftakt für ein neues Kapitel im noch jungen Luftkrieg, verbunden mit der Geburt eines neuen Heldentyps: des ordensgeschmückten Jagdfliegers. Zum August hin hatten die Deutschen die Luftüberlegenheit im Westen an sich gerissen, um sie bis ins Frühjahr 1916 hinein vorzugsweise dank der Fokker-E-Maschinen erfolgreich zu verteidigen. Eine der deutschen Gestängesteuerung vergleichbare technische Lösung gelang den Briten erst im Dezember 1915; die französische Seite konnte damit nicht vor Mai 1916 aufwarten. ■ Der Fokker-E.III-OberurselUmlaufmotor mit 100 PS blieb der meistgebaute Vertreter seiner Art. Er kam ab September 1915 an die Front
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Mistel-Gespanne – wie diese Kombination aus Ju 88 und Fw 190 – sollten bis nach Moskau und Gorki vordringen, um die dortigen Energiewerke zu bombardieren
Unternehmen Eisenhammer
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19 39 –
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SOWJETISCHE RÜSTUNGSINDUSTRIE IM VISIER
Erstmals entstehen 1943 konkrete Angriffspläne der Luftwaffe, die auf die Zerstörung wichtiger russischer Kraftwerke abzielen. Das »Unternehmen Eisenhammer« hätte sicherlich nachhaltige Auswirkungen auf den gesamten Kriegsverlauf gehabt – doch aus verschiedenen Gründen wurde es nicht mehr ausgeführt Von Dietmar Hermann
1.9.1939 Polenfeldzug, Beginn des Zweiten Weltkriegs
1939 52
1940
10.5.1940 Westfeldzug 9.4.1940 Unternehmen »Weserübung«
10.7.–31.10.1940 »Luftschlacht« um England
1941
22.6.1941 Deutscher Angriff auf die UdSSR
7.12.1941 Japanischer Überfall auf Pearl Harbor
1942
Bei Kriegsende vorgefundene MistelGespanne in Bernburg
M
it dem »Unternehmen Eisenhammer« will man zum ganz großen Schlag gegen die Energieversorgung der russischen Rüstung ausholen. Das Kalkül: Könnten zwei Drittel der Kraftwerke zerstört werden, so würden 75 Prozent der Energieversorgung der russischen Rüstungsindustrie ausfallen. Doch das ambitionierte Unternehmen kommt zunächst nicht in Fahrt: Das ganze Kriegsjahr 1944 verstreicht, ehe man sich in der verzweifelten Kriegslage Anfang 1945 an die alten Eisenhammer-Pläne erinnert. Zu diesem Zeitpunkt herrscht die Überzeugung vor, dass die russischen Streitkräfte wegen des andauernden Vormarsches mittlerweile ausgezehrt sind. Ausbleibender Nachschub würde deren Situation noch weiter verschlechtern. Ziel ist es, die vorrückenden russischen Truppen so lange wie möglich aufzuhalten. Doch wie soll so eine gewagte Operation jetzt noch bewerkstelligt werden? Die schwere He-177-Bomberflotte ist mittlerweile wegen des Treibstoffmangels stillgelegt worden und somit nicht mehr verfügbar. Als einzige Waffe, die so eine Langstreckenoperation überhaupt noch möglich machen kann, gibt es nur noch die Mistel-Gespanne. Dieses zusammengekuppelte Gespann, auch bekannt
Versuchsverband/KG 200 unterstellt. Dazu gehören auch die noch vorhandenen MistelVerbände vom KG(J) 30. Bereits am 14. Februar 1945 gibt der Rüstungsstab einen Auftrag zum Bau von 50 Gespannen mit einer Eindringtiefe von 2300 Kilometern. Wie der Einsatz damit vonstatten gehen soll, schildert Eckhard Dittmann vom KG 30: »100 ausgesuchte Flugzeugführer auf Mistel sollen zwölf Dampf- bzw. Wasserkraftwerke um Moskau angreifen. Der Start sollte nachts erfolgen, der Angriff dann am nächsten
Jeder Mistel-Pilot kennt sein Ziel genau; Gleitangriff und Auslösepunkt hat er auswendig gelernt. als »Beethoven« oder »Vater und Sohn«, besteht aus einer unbemannten und mit vier Tonnen Sprengstoff beladenen Ju 88 mit einem aufgesetzten Bf-109- oder Fw-190-Jagdflugzeug als Steuereinheit. Die Mistel hat damit die größte Zerstörungswirkung aller von der Luftwaffe eingesetzten Sprengmittel.
Der Gefechtsverband Helbig entsteht Einer, dem man die Führung so eines Verbandes zutraut, ist Oberst Joachim Helbig. Oberst Helbig ist seit dem 14. August 1943 Kommodore des Lehrgeschwaders 1. Es ist nicht das erste Mal, dass unter seiner Führung ein Gefechtsverband mit unterschiedlichen Kampfgruppen entsteht. So auch diesmal. Am 5. März 1945 werden ihm die II./LG 1, die III./KG 53 sowie die II./KG 200 und der
2.2.1943 Untergang der 6. Armee in Stalingrad
1943 FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Morgen. Die reine Flugzeit lag bei zehn Stunden plus fünf Stunden Rückflug mit der abgesprengten Fw 190. Gelandet werden sollte in Kurland, das von der Wehrmacht noch gehalten wurde. Um das überhaupt realisieren zu können, musste die Reichweitenleistung deutlich gesteigert werden. Die Fw 190 bekam unter dem Rumpf einen 1200-Liter-Behälter, der wie ein Lufttorpedo aussah. Spezialisten stellten die Motoren auf Sparverbrauch ein. Die Zieleinweisung war einmalig. Jeder Mistel-Pilot erhielt eine Mappe mit hervorragenden Luftbildaufnahmen. Von jedem Ziel gab es Modelle in Winter- und Sommerlandschaft. Wichtigstes Ziel war der Riesenstaudamm bei Rybinsk und dessen Turbinenanlage. Von einem Jagdflieger-As erhielten wir Unterricht über Typen und Eigenschaften der russischen
5.7.1943 Unternehmen »Zitadelle«
6.6.1944 D-Day
1944
Flugzeuge. Botaniker gaben uns Hinweise für das Überleben mit Moosen, Kräutern und Beeren bei einem Abschuss.
Rückflug ohne Bewaffnung Jeder Mistel-Pilot kannte sein Ziel sehr genau, Gleitangriff und Auslösepunkt wurden regelrecht auswendig gelernt. Was allerdings danach wartete, war ein einsamer, über 1600 Kilometer langer Rückflug ohne Bewaffnung, wo es wirklich um Sein oder Nichtsein ging. Besonders jene Piloten, deren Ziele am weitesten ostwärts lagen, brauchten schon einen starken Rückenwind, um wieder eigenes Gebiet zu erreichen.« Doch es sollte anders kommen. Auf ihrem Rückzug über die Oder schafft es die Wehr-
An allen Brennpunkten Joachim Helbig flog an allen Brennpunkten der Front, er versenkte bis zu seinem 500. Feindflug 200 000 BRT. Als Kommodore des LG 1 übernahm er im Frühjahr 1945 mehrere Kampfverbände im Gefechtsverband Helbig. Unter seiner Federführung sollte das Unternehmen Eisenhammer mit Mis■ teln durchgeführt werden.
1.1.1945 Unternehmen »Bodenplatte«
16.4.1945 Beginn der Schlacht um Berlin
1945 53
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Kombination aus Fw 190 A-8 und Ju 88 H. Die umgebaute Ju 88 besaß einen Hilfsspant mit entsprechenden Trennstellen, die beim Anbau der Ladung getrennt werden mussten
macht nur sporadisch, wichtige Brücken zu sprengen, rund 120 Eisenbahn- und Straßenbrücken fallen den Russen nahezu unversehrt in die Hände. Gleichzeitig beginnen die Russen Behelfsbrücken zu bauen, um ihre ganzen Massen an Panzern, Soldaten und Material für den Sturm auf Berlin über den Fluss zu bringen. Doch wer soll diese Brücken zerstören? Und wie ist das zu bewerkstelligen? Hitler persönlich beauftragt am 1. März 1945 Oberstleutnant Werner Baumbach mit dieser Aufgabe. Er erhält Sondervollmachten über alle Wehrmachtsteile hinweg, sogar Rüstung und Wirtschaft sind damit abgedeckt. Über ihm steht nur noch Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Baumbach erkennt, dass klassische Bombenangriffe nicht ausreichen werden, um die Brücken wirksam zerstören zu können. Er will daher auch auf die Mistel-Gespanne zugreifen. General Koller als Generalstabschef der Luftwaffe sperrt sich dagegen. Von den noch vorhandenen 82 Misteln sind allein 56 ausschließlich für Eisenhammer vorgesehen, der jetzt auf den 28. März 1945 festgelegt wird.
Der erste Mistel-Angriff Doch Baumbach setzt sich durch, der erste Mistel-Angriff mit vier Misteln wird am 8. März 1945 gegen die Brücken bei Göritz geWie man gezielt Brücken zerstört, sieht man an der Eisenbahnbrücke Bullay über die Mosel. Vier P-47 D Thunderbolt von der 368th Fighter Group verrichteten hier am 10. Februar 1945 ihr Werk
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flogen. Zwei Ju 88 und vier Ju 188 sind beteiligt und greifen nachhaltig die Flakstellungen an. Luftbildaufnahmen am gleichen Tag zeigen aber, dass die beiden Brücken nur beschädigt, nicht jedoch zerstört werden konnten. Weil das Unternehmen Eisenhammer erneut verschoben werden muss, attackieren Mistel-Bomber am 31. März 1945 die Eisenbahnbrücke bei Steinau. Steinau selbst ist bereits von den Russen besetzt. Mit sechs Misteln will man die Brücke jetzt zerstören. Als
KG 30. Ihr Ziel ist die Behelfseisenbahnbrücke Warschau. Der ganze Einsatz endet diesmal mit einem Fehlschlag. Eine Mistel bekommt während des Einsatzes einen Umpumpschaden und muss die untere Ju 88 bereits bei Müncheberg absprengen. Dann trifft es eine weitere Mistel. Auch hier wird die Ju 88 abgesprengt, nachdem sie durch Nachtjagdbeschuss nicht mehr flugfähig ist. Zwei weitere Piloten müssen ebenfalls ihre Mistel verlassen und retten sich durch Fallschirmabsprung.
Eine ständige Zerstörung der Oderbrücken aufrechtzuerhalten, erweist sich als Illusion. Geleitschutz sollen 24 Jäger vom JG 52 mitfliegen, während vier Ju 88 und Ju 188 den Mistel-Verband lotsen und ihm Rückendeckung geben. Möglicherweise zum letzten Mal sammelt sich ein größerer Kampfverband an der Ostfront. Drei Maschinen müssen den Angriff abbrechen, doch die anderen drei kommen durch. Die Flakabwehr fällt gering aus, dennoch gelingt es nur, den Westteil der Brücke durch einen Huckepack-Treffer stark zu beschädigen. Am 8. April 1945, kurz nach Mitternacht, starten erneut fünf Mistel-3-Gespanne vom
In der nächsten Nacht, vom 8. auf den 9. April, sollen Mistel-Bomber in einem Großeinsatz die Weichselbrücken zerstören. Der Start von je sechs Flugzeugen ist von den Absprungplätzen Oranienburg, Rechlin-Lärz, Parchim und Peenemünde geplant. Doch auch diesmal häufen sich die Pannen: Parchim fällt nach einem Bombenangriff auf den Platz komplett aus. In Oranienburg beginnt man zu spät mit der Aufstellung zum Start. Als bei der ersten Maschine dann auch noch die Motoren nicht anspringen, wird der Einsatz dort abgeblasen. In Peenemünde macht die erste Ma-
Mann für Spezialeinsätze Werner Baumbach übernahm im November 1944 als Kommodore das für Spezialeinsätze zuständige KG 200. Er bekam als Brückenbeauftragter Sondervollmachten von Hitler und unterstand Hermann Göring direkt. Seine oberste Aufgabe war es, die Zerstörung der Oderbrücken mit allen Mitteln ■ durchzuführen.
schine Bruch beim Start und brennt restlos aus. Dadurch können die anderen Misteln nicht mehr starten. Lediglich fünf Maschinen gelingt tatsächlich der Start in dieser Nacht. Aber auch hier wird klar, wie empfindlich die Misteln sind. Zwei Flugzeuge kommen von der Startbahn ab, können aber noch sicher abheben. Man muss erkennen, dass Nachtstarts kaum möglich sind. Hinzu kommt die Unbeweglichkeit der Gespanne, die eine schnelle Verlegung nach Bombenangriffen unmöglich macht. Auch das Fehlen erfahrener Startoffiziere, die durch das Aufschieben von Eisenhammer abgezogen wurden, macht sich negativ bemerkbar. Aus taktischen Gründen hat man die Misteln für das Unternehmen als kleine Einheiten räumlich weit auseinandergezogen. Damit ist das Einsatzspektrum stark eingeschränkt. Um die Misteln im Brückenkampf wirksamer einsetzen zu können, schlägt der Kommodore des KG(J) 30 vor, die verteilten Mistel-Einheiten zusammenzulegen, solange das Unternehmen Eisenhammer aufgeschoben ist. Doch das wird von der Luftwaffenführung nicht genehmigt, da das Geschwader weiter für das Unternehmen in Bereitschaft liegen muss.
Abwehrschlacht im Osten Auch hier gibt es erste Rückschläge: Bei einem Luftangriff auf Rechlin und Lärz am 10. April 1945 werden die Plätze schwer getroffen. Dabei sollen 18 Mistel-Gespanne zerstört worden sein. Für die Abwehrschlacht im Osten ist die Zerstörung der Oderbrücken von entscheidender Bedeutung – um die sowjetische Großoffensive aufzuhalten und eine erfolgreiche Abwehrschlacht führen zu können. Doch Mitte April 1945 muss man erkennen, dass eine ständige Unterbrechung der Oderbrücken auch hinsichtlich des enormen Kraftstoffverbrauchs für die nötigen Luftangriffe nicht machbar ist. Deshalb schlägt man einen anderen Weg in der Kampfführung ein. Sobald feindliche Verbände die Uferseite wechseln und versuchen, einen Brückenkopf zu bilden, sollen schlagarFLUGZEUG CLASSIC 5/2015
tig sämtliche Feindbrücken im Angriffsabschnitt unbrauchbar gemacht werden. Diese Unterbrechung soll anschließend aufrechterhalten werden. Dabei will man außerdem die neue Sondermunition »Wasserballon« zum Einsatz bringen. Wasserballon ist eigentlich eine Minenbombe, die sich nach dem Abwurf ins Wasser auf den Grund legt. Mit einer integrierten Pressluftflasche wird anschließend ein zusammengefalteter Gummiballon aufgeblasen und die Bombe dadurch in den Schwebezustand versetzt. Wie eine Treibmine soll sie sich dann auf ihr Ziel zubewegen, bei Berührung detonieren – und im Idealfall die Brücke zerstören.
Wasserballone gegen Brücken Bei günstigem Wetter sollen Schlachtflieger der Luftflotte 6 diese Aufgabe übernehmen, bei Nacht- oder Schlechtwetter die II./LG 1 vom Gefechtsverband Helbig. Mit 100 Wasserballonen soll dieses Ziel erreicht werden. Um einen Erfolg sicherzustellen, hält man neun Wasserballone pro Brücke für ausreichend. Am 15. April 1945 sind tatsächlich 80 Wasserballone mit 250 Kilogramm Sprengladung einsatzklar und 60 davon bereits an die Schlachtverbände verteilt. Ob sie noch zum Einsatz kommen und mit welchem Erfolg, ist unklar.
Mistel 1 des KG 101, wo man bereits Mitte 1944 erste, wertvolle Einsatzerfahrungen mit den explosiven Gespannen sammeln konnte Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Dass man bis zuletzt das Unternehmen Eisenhammer nicht aufgegeben hat, zeigt der Einsatzbefehl der Luftflotte 6 für den 10. April 1945. Sobald das Wetter es zulässt, soll der Gefechtsverband Helbig einen Sondereinsatz »Huckepack« gegen die Reichsautobahnbrücken über die Bober und Queiß sowie einen Wiederholungsangriff gegen die Eisenbahnbrücke bei Steinau fliegen. Ausreichender Jagdschutz soll die schwerfälligen Maschinen während des Hinflugs schützen. Ebenso soll ein weiterer Huckepack-Einsatz vorbereitet werden, sobald die Eisenbahnbrücke Küstrin wieder repariert wurde. Als Zusatz für Helbig lautet der weitere Befehl: »Durchführung Unternehmen Eisenhammer I muss vordringlich vor allen übrigen Aufträgen jederzeit bei geeigneter Wetterlage sichergestellt bleiben.« Tatsächlich lässt der weitere Kriegsverlauf diesen Einsatz nicht mehr zu. Durchgeführt wird das Unternehmen trotz aller Vorbereitungen nicht mehr. ■ Seltene Aufnahme, mit der Bordkamera gefilmt: Über Belgien greifen am 3. Februar 1945 vier Mustang der 55. Fighter Group sechs Mistel-Gespanne an, vier werden dabei abgeschossen
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MODELLB AU
Das Modell der Fw 190 F-8 stellt eine Maschine der I./ Schlachtgeschwader 2 Immelmann in Ungarn 1945 dar. Die Decals kommen aus der Restebox
FOCKE-WULF FW 190 F-8 VON REVELL IN 1:32
Der Testshot kommt in Form ach der Revell-Pressekonferenz in Bünde im November 2014 waren wir schon sehr gespannt, wie sich die komplett neu entwickelte Focke-Wulf Fw 190 F-8 (04869) in 1:32 präsentieren wird. Im Januar 2015 kam der Testshot in der FLUGZEUG CLASSIC-Redaktion an. Wieder einmal waren wir von der tollen Qualität der Bauteile überrascht. Allein der Sternmotor besteht aus knapp 40 Teilen. Die Gravuren sind sehr fein gestaltet, sämtliche Ruderflächen sind einzeln ausgeführt und können in verschiedenen Positionen angebaut werden. Sämtliche Wartungsklappen des Sternmotors liegen separat bei und lassen sich offen oder geschlossen darstellen. Das Cockpit überzeugt mit einer recht guten Nachbildung von Pilotensitz und Instrumentenbrettern. Der Sitz kann noch durch Ätzteilgurte aufgewertet Aufgrund der Winterbedingungen flogen die Fw 190 ohne die unteren Fahrwerksabdeckungen, wo sich sonst Schnee und Dreck verfangen hätten
werden. Zudem hat der Hersteller einen neuen Modellständer beigefügt, mit dem das Modell in verschiedenen Flugpositionen ausgestellt werden kann. Unser Modellbauer Sven Müller machte sich gleich an die Arbeit, damit wir Ihnen das fertige Modell frühzeitig vorstellen können. Er begann mit den Baugruppen Cockpit, Motor und Fahrwerk. Sämtliche Hebel bemalte er mit dem Pinsel, die Decals für die Instrumente entnahm er der Ersatzteilekiste. Der sehr gelungene BMW-801-Sternmotor kann auch ohne Zubehör begeistern. Weil dem Modellbauer die Propellerblätter aus dem Kit etwas zu schmal erschienen, nahm er breitere, die ebenfalls der Ersatzteilekiste entstammten. Bevor die Tragflächen montiert werden, ist zu entscheiden, welche der beiden Versionen man bauen will – Schlacht- oder Jabo-Flug-
Das fertige Cockpit kurz vor dem Einbau mit Gurten von eduard
Das obere Instrumentenbrett mit den Instrumenten-Decals
Der BMW-801-Sternmotor vor dem Einbau mit Abgasrohren und Lüfter
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Modell Sven Müller; Fotos Othmar Hellinger
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Das Bausatzpropellerblatt mit dem umgebauten Propeller
Die Schlachtflieger Fw 190 F-8 wurden feldmäßig im Winter 1944/45 mit weißen Tarnstreifen übersprüht – hier Freihand-Airbrush
Modellbau-News TRUMPETER/ FALLER
Auf dieser Seite stellte Sven Müller die Motorklappen offen dar, damit der BMW-801-Sternmotor noch gut einsehbar ist
Interessant ist die Unterseite mit abgedecktem Fahrwerksschacht und Motorunterseite und den ausgesparten Start-/Landeklappen
zeug. Sven Müller bevorzugte die Schlachtversion F-8 und begann mit dem Bohren der entsprechenden Löcher zur Aufnahme der Bombenlastträger. Nachdem Rumpf und Flügel zusammengebaut waren, wurde der Motor hinzugefügt. Hier ergaben sich aber kleinere Passprobleme, da er an den Fahrwerksschacht anstieß. Daher war ein wenig Nacharbeit erforderlich. Beim Serienmodell kann sich das ja noch ändern. Die Passgenauigkeit des Bausatzes ist insgesamt sehr gut, es muss kein Spachtel eingesetzt werden. Das
Modell bekam eine Lackierung mit ModelMaster-Farben nach einer Grundierung. Zum Abschluss verpasste Müller den Decals einen Glanzlack, brachte die Wintertarnung auf, alterte das Modell ein wenig und überzog es schließlich mit einer Mattlackschicht. Als sämtliche Teile und das Flugzeug fertig waren, fügte er alles zum fertigen Gesamtwerk zusammen. Mit diesem Modell ist Revell ein großer Wurf gelungen, der viel Bastelspaß bietet. Freuen wir uns auf weitere Versionen dieses tollen Fliegers. Othmar Hellinger ■
Die Seafire FR Mk.47 in 1:72 von Special Hobby zu einem tollen Fotoaufklärer umrüsten? Wie das geht, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von Modellfan. Außerdem im Heft: die MiG-15 von eduard und die Fiat G.50bis von Special Hobby. Jetzt zugreifen!
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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REVELL Concorde British Airways in 1:72 (Kit: 04997). Der bekannte Überschall-Passagierjet kommt aus dem Hause Revell neu in die Läden. Der Kit mit 162 Bauteilen besitzt gut gravierte Oberflächenstrukturen; ein eingerichtetes Cockpit für die Besatzung, separate Ruderflächen und eine absenkbare Nase sind beigefügt. Mit den tollen Decals können verschiedene British-Airways-Maschinen gebaut werden. Preis: 49,99 €
AIRFIX/GLOW2B Dornier Do 17Z in 1:72 (Kit: A05010). Der Hersteller aus England bringt eine komplett neue Do 17 heraus. Die 96 Teile des Kits besitzen recht ansprechende Oberflächengravuren, eine Bombenschachtnachbildung, Pilotenfiguren und ein gut eingerichtetes Cockpit. Mit den tollen Decals lassen sich zwei »Fliegende Bleistifte« verwirklichen. Preis: 23,99 €
SPECIALHOBBY/ GLOW2B Arado Ar 96B-1 in 1:72 (Kit: 72312). Die Tschechen sind mit der Militärtrainervariante der Ar 96 auf den Markt gekommen. Der Bausatz beinhaltet über 60 Teile aus Kunststoff und Resin, die gute Gravuren an den Oberflächen besitzen. Ein Ätzteilbogen zur besseren Detaillierung liegt bei. Mit den gelungenen Abziehbildern lassen sich drei Maschinen darstellen. Preis: 18,49 €
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TERMINE 2015 FÜR DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND SCHWEIZ
4./5. Juli
31. Mai
Flugtage, Verkehrslandeplatz Altenburg/ Nobitz, www.grossflugtage.de
Airshow, Volkel in de Wolken, Volkel/Niederlande, www.volkelindewolken.nl
SEPTEMBER 5./6. September
Internationales Cessna-Treffen, Verkehrslandeplatz Jena-Schöngleina, www.edbj.de
JUNI
Airshow, 55 Jahre Frecce Tricolori, Rivolto/ Italien, www.aeronautica.difesa.it
6./7. Juni
5./6. September
09./10. Mai
AUGUST
Airshow, Turku/Finnland, www.turkuairshow.fi
Airshow CIAF, Hradec Kralove/Tschechische Republik, www.airshow.cz
25 Jahre Fliegendes Museum, Verkehrslandeplatz Großenhain, www.fliegendes-museum.de
1./2. August
6./7. Juni
12./13. September
Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Bad Frankenhausen, www.aeroclub-frankenhausen.de
Airshow, Pardubice/Tschechien, http://aviatickapout.cz
Battle of Britain Anniversary Airshow, Duxford/Großbritannien, www.iwm.org.uk
11.–13. Juni
18. & 20. September
MAI
30./31. Mai Oldtimer Festival, Flughafen Siegerland, www.oldtimer-festival-siegerland.de/
10.–12. Juli
7.–9. August Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen, www.flugtage-bautzen.de
JUNI 12.–14. Juni Klassikwelt am Bodensee, Messe Friedrichshafen, www.klassikwelt-bodensee.de
14. Juni Oldtimertreffen »Mobile Legenden«, Segelfluggelände Eutingen, www. mobile-legenden.de
26.–28. Juni 32. Piper Cub Treffen, Verkehrslandeplatz Jena-Schöngleina, www.edbj.de
Europe’s Festival of Aviation, Prag Kbely/ Tschechische Republik, www.efaprague.com
22./23. August
15.–21. Juni
Flugtage, Dittingen, Schweiz, www.flugtage.ch
Airshow, Flughafen Le Bourget, Paris/ Frankreich, www.siae.fr
19./20. September
29./30. August
JULI
26./27. September
11./12. Juli
SEPTEMBER
Flying Legends Airshow, Duxford/ Großbritannien, www.iwm.org.uk
Airshow, Malta Int. Airport, Luqa/Malta, www.maltaairshow.com
5./6. September
17.–19. Juli
Flughafenfest, Flughafen Erfurt-Weimar, www.grossflugtage.de
Air Expo, Zell am See/Österreich, air-expo.at
12./13. September
Royal International Air Tattoo, Fairford/ Großbritannien, www.airtattoo.com
27./28. Juni
Internationaler Flugtag, Segelfluggelände Hütten-Hotzenwald, www.flugtag-huetten.de
AUGUST 1. August
NOVEMBER 7. November
JULI
39. Flugzeug-Veteranen-Teilebörse, Technik Museum Speyer, Peter Seelinger,
[email protected]
2.–5. Juli Scalaria Air Challenge, Wolfgangsee/ Österreich, www.airchallenge.com
Airshow, Texel/Niederlande, www.texelairshow.nl
15./16. August Airshow, Roskilde/Dänemark, www.airshow.dk
15./16. August
EUROPA
3.–5. Juli
Airshow, Lens-Benifontaine/Frankreich, www.meeting-air-lens.com
Airshow, Verkehrslandeplatz Breitscheid, www.airshow-breitscheid.de
27./28. Juni
Sternmotorentreffen und Modellflugtag, Modellfluggelände Untermünkheim, www.mfc-untermuenkheim.de
International Sanicole Airshow, Leopoldsburg/Hechtel/Belgien, www.airshow.sanicole.com
Oldtimer Fly-In, Schaffen Diest/Belgien, flyin.dac.be
Wings & Wheels, Uetersen, www.wingsnwheels.de
MAI
25.–30. August
3.–5. Juli
23./24. Mai
Quax-Stearman Fly-In, Sonderlandeplatz Bienenfarm, www.stearmanflyin.de
VE Day Anniversary Airshow, Duxford/ Großbritannien, www.iwm.org.uk
Internationaler Luft- und Raumfahrt Salon MAKS, Moskau/Russland, www.aviasalon.com
4./5. Juli
25. Mai
29./30. August
Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg-Brandensteinsebene, www.airshow-coburg.de
Airshow, Oostwold Flughafen, Groningen/ Niederlande, www.oostwold-airshow.nl
Airshow SIAF, Sliac Air Base/Slowakische Republik, www.siaf.sk
WELTWEIT JULI 20.–26. Juli EAA Airventure, Oshkosh/Wisconsin/ USA,www.eaa.org
AUGUST 7.–9. August Airshow, Abbotsford/Kanada, www.abbotsfordairshow.com
SEPTEMBER 16.–20. September Airrace, Reno/Nevada/USA, www.airrace.org Alle Angaben sind ohne Gewähr. Kurzfristige Änderungen treten häufig ein, eventuell beim Veranstalter nachfragen! Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit: Fax: 0951/4 28 23, E-Mail:
[email protected], Alexander Nüßlein, janluftfahrt.de
BÜCHER
The Blohm & Voss Bv 141 A Technical Guide In englischer Sprache 66 S., Softcover, 144 Fotos, 12 Farbprofile. Valiant Wings Publishing. ISBN 978-09575866-7-3. Preis: 15,50 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177/2 88 29 68. www.sound-bm.com
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RICHARD A. FRANKS
DANA BELL
Blohm & Voss BV 141
F4U-1 Corsair
Das erste Werk der neuen Airframe Detail Series befasst sich mit der BV 141 A und B, jener eigenwilligen, doch gut durchdachten Konstruktionen von Richard Vogt. Hauptzielgruppe sind sicher Plastikmodellbauer, denen der Band so ziemlich alles Relevante an zugänglicher technischer Information auf einem Fleck bieten sollte. Dem bewährten Konzept des Verlages treu bleibend, steht zu Beginn ein kompakter Entwicklungsüberblick. Die nachfolgende technische Beschreibung umfasst unter anderem nützliche Detailfotos, kombiniert mit vielen Handbuchskizzen, während das Schlusskapitel Markierungen und Tarnungen sowie dem Bau des 1:48er-Kits von HobbyBoss gewidmet ist. WM
Dana Bell, international renommierter Autor, legt hier ein herausragendes Heft zur »Birdcage«-Corsair vor. Darin geht er nicht zuletzt manch falsch interpretiertem Aspekt auf den Grund beziehungsweise widerlegt nachvollziehbar manchen Irrglauben. Etwa zu diversen Tarnschemen oder dem in Wahrheit weit weniger problematischen Verhalten der F4U-1 bei der Trägerlandung. Herzstück des Bandes sind die vielen, weitgehend kaum bekannten Fotos mit oft erstaunlichen Details. Beim Lesen muss man dran bleiben; Mitdenken und Kombinationsgabe sind gelegentlich unumgänglich. Doch das lohnt sich wirklich, und nicht nur die Modellbauer unter unseren Lesern dürften begeistert sein. WM
F4U-1 Corsair Vol. 1 Aircraft Pictorial Number 7 In englischer Sprache 72 S., Softcover. 118 Fotos. Classic Warships Publishing. www.classicwarships.com. ISBN 978-09857149-7-0. Preis: 18,95 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089/703227. www.christian-schmidt.com
LESERBRIEFE
Leserbriefe Sie wollen uns schreiben? FLUGZEUG CLASSIC GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a 80797 München
Peter Spoden
Grumman S-2E Tracker
Zeitzeugenbericht eines Nachtjägers in Heft 3/2015
Panorama in Heft 4/2015
den Tag ihr Leben aufs Spiel setzen, um Brände zu bekämpfen, die meist mutwillig gelegt wurden und Hab und Gut vernichten, unzähligen Tieren und auch Menschen den Tod bringen. Ich frage mich, wie diese kleine Tracker eine Reminiszenz zum 9.11-Effekt
Auch ich bedauere es, dass eine Als ich das Heft bekommen habe, Grumman Tracker für ein fragmusste ich zuerst diesen Bericht würdiges »Kunstwerk« misslesen. Der Grund: Ich hatte das braucht wird. Schon in Anbetracht große Glück, diesen Nachtjagd- dessen, dass Feuerlöschpiloten jepiloten im Jahr 2008 auf einer Modellbauausstellung in Telford, England, zu treffen und mich mit ihm zu unterhalten. Es wurden viele Fotos gemacht und auch Bücher signiert. Peter Spoden war zusammen mit Rolf Eberhardt, einem Nachtjagdpiloten vom NJG 1, auf dieser Veranstaltung. Dabei ist das beigefügte Foto entstanden. Ich möchte mich für das gute und immer wieder interessante Heft bedanken, das ich schon seit Anfang an im Abo beziehe. Unser Leser Damian Güttner mit den Nachtjagdpiloten Damian Güttner, per E-Mail Peter Spoden (Mitte) und Rolf Eberhardt (rechts)
German G-Type Bombers of WW I Great War Aviation Centennial Series 14 In englischer Sprache 202 S., Softcover. 329 Fotos, 54 Farbprofile. Aeronaut Books. www. aeronautbooks.com. ISBN 978-1-935881-26-1. Preis: 49,95 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089/703227. www.christian-schmidt.com FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Die Skulptur »Grumman Greenhouse« in Philadelphia stößt vielen Fans historischer Flugzeuge bitter auf
JACK HERRIS
MARCO MATTIOLI
Deutsche G-Flugzeuge
Sparviero Torpedo-Bomber
Band 14 der enzyklopädischen Reihe gehört den zweimotorigen deutschen Kampfflugzeugen des G-Typs. Über 40 verschiedene Muster gingen aus den Konstruktionsbüros hervor – allen voran bei AEG, der Gothaer Waggonfabrik und der Flugzeugbau Friedrichshafen GmbH. Andere Firmen leisteten ebenfalls ihre – wenn auch weniger bedeutenden – Beiträge, die hier nicht zu kurz kommen. Der fachkundige Text gliedert sich nach Herstellern, hat viel Datenmaterial und ist mit Maßstabsrissen, farbigen Seitenansichten und Hunderten Fotos bestens illustriert. Die nicht ganz optimale Papierqualität rüttelt darum kaum am ausgezeichneten Gesamteindruck des Nachschlagewerkes. WM
darstellen soll, und kann gut verstehen, dass die Feuerlöschflieger Anstoß am Ende eines ihrer treuen Arbeitsgeräte nehmen. Schade, dass »Tanker 100« mit einer beachtlichen Bilanz erfolgreicher Feuerlöschflüge so erbärmlich endet. Achim Druschel, Chemnitz
Zunächst als Rennflugzeug bekannt, repräsentiert die unverwechselbare Savoia-Marchetti S.79 Italiens wohl berühmtestes Militärflugzeug. Erfolgreich eingesetzt als Torpedo-Bomber gegen die Schifffahrt der Alliierten im Mittelmeer, galten ihre Besatzungen zu Hause schnell als Helden, deren Ansehen dem ihrer Jagdfliegerkollegen nicht nachstand. Umso erfreulicher, dass sich Osprey endlich deren Einsatzgeschichte annimmt, um sie in insgesamt zwei Bänden zu schildern. Mattiolis Darstellung ist im gewohnten Rahmen der Hefte durchweg interessant und kompetent gehalten sowie adäquat illustriert, unter anderem dank 30 hervorragender Farbprofile. WM
Savoia-Marchetti S.79 Sparviero Torpedo-Bomber Units Osprey Combat Aircraft 106 In englischer Sprache 96 S., 85 Fotos, 30 Farbprofile. Osprey Publishing. ISBN 978-178200-807-1. Preis: 18,50 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177/2 8829 68. www.sound-bm.com
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ZEITGESCHICHTE
Curtiss H-75 A
CURTISS H-75 A IM WESTFELDZUG
Lückenbüßer mit Die französischen Curtiss H-75 A Hawk erlebten vor genau 75 Jahren ihre Sternstunde: Im Solde der Armée de l’Air stehend, holte der bullige Amerikaner mehr gegnerische Flugzeuge vom Himmel als jeder andere Typ im Arsenal der Gallier – darunter auch die Jagdflieger-Ikone Werner Mölders. Doch den Untergang der Grande Nation im Westfeldzug konnten auch die wendigen Curtiss nicht abwenden Von Hans-Heiri Stapfer
D
ie französische Groupe de Chasse II/4 schrieb am 8. September 1939 ein Stück Luftfahrtgeschichte: Erstmals kamen Flugzeuge amerikanischer Bauart über Europa zu Luftsiegen. Die von Xaffévillers, Lothringen, aus operierenden tapferen Gallier holten in dieser frühen Phase des Drôle de Guerre über dem Saarland mit ihren Curtiss H-75 A zwei deutsche Messerschmitt Bf 109 E des Jagdgeschwaders 53 vom Himmel. Eines der Curtiss-Opfer war niemand geringerer als Oberleutnant Werner Mölders, der damalige Kommandant der 1. Staffel der I./JG 53. Dies war gleichzeitig auch das erste reine Jagdfliegerduell im Sitzkrieg. Dabei wa-
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ren die Erzeugnisse aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch acht Jahre zuvor in der alten Welt gänzlich unbekannt.
Airliner als Pioniere in Europa Als wahre Pioniere bei der Beschaffung amerikanischen Flugmaterials erwiesen sich die Eidgenossen. Mit den ab 1932 eingesetzten zwei Lockheed 9B Orion wirbelte die Swissair ordentlich Staub auf. Denn neben der für damalige Verhältnisse pfeilschnellen Orion mit ihren 360 Sachen wirkte die Konkurrenz ziemlich flügellahm. Das ließ aufhorchen. Mit der Douglas DC-2 fassten die Amerikaner ab Frühjahr 1934 im europäischen Luftverkehr
erstmals auf breiter Front Fuß. Neben der holländischen KLM und der Swissair entschieden sich unter anderem auch die tschechoslowakische CLS, die polnische LOT sowie die Luft Hansa für dieses Muster. Die Kranich Airline orderte zudem zwei Exemplare der Boeing 247 – Notabene die einzigen Exemplare ihrer Art in Europa. Im Rüstungssektor bissen die Amerikaner jedoch auf Granit. Die Luftwaffen der meisten europäischen Nationen erwiesen sich als Biotope der eigenen Aviatik-Industrie. Diese Art von Protektionismus bröckelte erst, als die pechschwarzen Wolken eines bevorstehenden Waffengangs die Rüstungsspirale rotieren lie-
Biss
Curtiss Hawk H-75 A der Armée der l’Air – mit 317 Luftsiegen die Speerspitze der Franzosen im Kampf gegen die deutsche Luftwaffe. Diese beiden Curtiss H-75 A-1 (No. 99) »Weiße 9« (Vordergrund) und (No. 70) »Weiße 11« waren im Frühjahr 1940 der in WezThuisy stationierten Groupe de Chasse I/4 zugeteilt Foto Alain Pelletier
ßen. Plötzlich zeigten sich die Fabriken den kolossalen Anforderungen ihrer Luftwaffen nicht mehr gewachsen. Es war der Zeitpunkt, wo viele europäische Nationen auf die Vereinigten Staaten schielten – um die schier unerschöpflichen wirtschaftlichen Ressourcen für die eigenen Bedürfnisse anzuzapfen.
Die Gallier schielen nach Übersee Als erstes Land erkannte Frankreich das Potenzial amerikanischer Jagdflugzeuge und platzierte im Mai 1938 einen ersten Order über 100 Curtiss H-75 A-1 Hawk (Falke) – eine Exportversion der seit April 1938 beim United States Army Air Corps eingeführten FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
P-36 A (siehe Kasten S. 66). Die Bezeichnung Hawk fand übrigens bei den Galliern kaum Eingang ins Vokabular. Zu diesem Zeitpunkt stand der französischen Armée de l’Air das Wasser bis zum Hals. Sträflich vernachlässigte es die Lorbeerkranz-Etage der Grande Nation, sich in den späten Nachkriegsjahren mit modernem Kriegsmaterial einzudecken. So erwies sich am Vorabend des Zweiten Weltkrieges die 475 Sachen schnelle Morane-Saulnier MS-406 C-1 noch immer als die Speerspitze der Gallier. Sorgenvoll blickten die Franzosen damals über den Rhein: Die ab Herbst 1938 vom Fließband rollende Messerschmitt Bf 109 E-1
brachte satte 550 Stundenkilometer auf den Tacho – und besaß mit zwei Flügelkanonen Rheinmetall-Borsig MG FF 20 Millimeter eine schwerere Bewaffnung als die mit einer Hispano-Suiza-Type-9-Kanone mit einem Kaliber von 30 Millimetern ausgerüstete Morane-Saulnier MS-406 C-1. Für die Grande Nation hatte die H-75 A in erster Linie Lückenbüßer-Status: Mit der Hawk wollte die Armée de l’Air vor allem Zeit gewinnen, bis moderne Jäger aus eigener Produktion – wie etwa die Dewoitine D.520 – die Arsenale gefüllt hätten. Doch die Beschaffung von amerikanischem Flugmaterial verlief innerhalb der
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ZEITGESCHICHTE
Curtiss H-75 A
Lediglich die ersten Exemplare der an die Armée de l’Air abgelieferten Curtiss waren mit den kleinen französischen Kokarden auf den Tragflächenoberseiten bemalt. Dazu gehörte die H-75 A-1 (No. 35) »Weiße 5« der Groupe de Chasse II/5 »La Fayette«, die am 24. April 1940 verunfallte
Grand Nation nicht ohne Nebengeräusche. Politische Kreise liefen genauso Sturm wie das Finanzministerium – obwohl Frankreichs Star-Pilot Michel Détroyat dem Muster anlässlich eines Testfluges vom März 1938 hervorragende Noten bescheinigte. Die ersten zwei für Frankreich bestimmten H-75 A-1 (No. 4 und No. 5) dampften Anfang Dezember 1938 in ihre Einzelteile zerlegt an Bord des Frachters PARIS Richtung Alte Welt. Nach ihrem Zusammenbau in Le Havre stand das Duo Ende Februar 1939 für Flugtests bereit. Als erste Einheit schulte die Groupe de Chasse I/5 Ende Februar 1939 in Reims von der obsoleten Dewoitine D.500 auf die Curtiss um, gefolgt von der Groupe de Chasse 4.
Amerikanischer Jäger, belgische Bewaffnung, französischer Eigentümer, polnische Piloten: Diese im April 1940 für den Objektschutz der Société Nationale de Constructions Aéronautiques (SNCAC) de Bourges stationierten Curtiss H-75 A erwiesen sich als eine internationale Angelegenheit
Als der Zweite Weltkrieg mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen losbrach, mauserte sich die H-75 A quantitativ und vor allem qualitativ zur Speerspitze der Armée de l’Air. Zum Zeitpunkt der französischen Kriegserklärung ans Dritte Reich am 3. September 1939 waren folgende Einheiten mit der Curtiss ausgerüstet: die Groupe de Chasse I/4 mit ihrem Liegeplatz in Wez-Thuisy, die Groupe de Chasse II/4 in Xaffévillers, die Groupe de Chasse I/5 in Suppers sowie die Groupe de Chasse II/5 in Toul-Croix de Metz. Am 6. November 1939 erlebten die französischen Curtiss so etwas wie ihre Sternstunde, als neun H-75 A der Groupe de Chasse II/5 in einer wilden Kurbelei mit 27 Bf 109 E der Jagdgruppe 102 insgesamt neun Emil in die Tiefe schickten. Genau dieser Erfolg nährte bei den Galliern den Irrglauben, mit der Hawk eine Art Geheimwaffe gegen die übermächtige »109« in den Händen zu halten.
Die Luftwaffe lässt ihre Muskeln spielen
Die Bodenmannschaft der Groupe de Chasse 5 überprüft die Funktionstüchtigkeit der sechs 7,5-mm-Browning-Herstal FN Type 38 an dieser H-75 A-3 (No. 227). Diese Hawk ging am 25. Juni 1940 verloren, die schwache Bewaffnung erwies sich als ein bedeutender Nachteil im Luftkampf
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Es erbebte durchaus eine Art Flutwelle der Lüfte, als die deutsche Luftwaffe mit fast 4000 Kampfflugzeugen am 10. Mai 1940 ihren Angriff auf Frankreich und die Beneluxländer entfachte. Immerhin schafften es die Curtiss der Groupe de Chasse I/5 noch vor dem
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Michel Cristescu
Die Hawk und der Drôle de Guerre
Überraschungsangriff von 20 Do-17, auf ihrer Einsatzbasis in die Luft zu kommen. Die H-75 A vermeldeten den Abschuss von sieben Dornier sowie drei zum Begleitschutz eingesetzten Bf-110-Zerstörern. Einen Tag später fielen im Raum Antwerpen-Breda fünf H-75 A der Groupe de Chasse I/4 dem Kano-
Einheiten aufs Korn zu nehmen, fegten gerade einmal fünf dieser bulligen Jäger sage und schreibe 16 Junkers vom Himmel. Zu dieser Zeit durften die Gallier durchaus nach ihren Einsätzen die Champagnerflaschen entkorken: die Groupe de Chasse I/5 vermeldete in den ersten drei Tagen des deut-
Die Gallier dachten, sie hätten mit der Hawk eine Geheimwaffe gegen die Me Bf 109 in der Hand. nenfeuer des Jagdgeschwaders 26 zum Opfer. Am 12. Mai 1940 offenbarte die Groupe de Chasse I/5 – wohl als erster alliierter Verband – die gravierenden Schwächen der Junkers Ju 87: Als die Stukas eben im Begriffe waren, in den Ardennen französische motorisierte
schen Westfeldzuges 37 gegnerische Flugzeuge als vernichtet, das Erfolgskonto der Groupe de Chasse II/4 verzeichnete zwischen dem 14. und 18. Mai 1940 über 30 Kills. Doch die erbarmungslose Wucht der deutschen Angriffe zeigte bald erste Verschleiß-
Curtiss H.75-C1 (Hawk 75A-3) der 4 Escadrille, GC II/5, Armée de l'air, geflogen von Leutnant Michel Boudier im Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus Juni 1940
erscheinungen. Mangelnde Wartung, fehlende Ersatzteile sowie die Müdigkeit der pausenlos im Einsatz stehenden Piloten führten zu schweren Ausfällen. In manchen Einheiten waren über die Hälfte aller zugeteilten Curtiss nicht einsatzbereit. Im ersten Monat des Westfeldzuges musste die Armée de l’Air über 50 H-75 A während Kampfhandlungen in der Luft abschreiben – nicht beziffern lassen sich die Verluste am Boden. Am 5. Juni 1940 standen gerade einmal 117 Curtiss als einsatzbereit zur Verfügung. Die Gefechte offenbarten die Achillesfersen der H-75 A: etwa die viel zu schwache
Die Curtiss H-75 rund um den Globus Die von Donovan A. Berlin konstruierte Curtiss Hawk – der Prototyp flog am 13. Mai 1935 zum ersten Mal – erwies sich mit rund Tausend für ausländische Luftstreitkräfte produzierte Einheiten als der erste wirklich große Exportschlager der amerikanischen Rüstungsindustrie. Das US Army Air Corps bestellte lediglich 210 Einheiten unter der Bezeichnung P-36 A, was nicht einmal ein Fünftel der Gesamtproduktion ausmachte. Neben Frankreich (730 Einheiten) orderten auch Argentinien (30), Brasilien (10), China (112), die Niederlande (20), Norwegen (60), Persien (10) und Thailand (24) diesen Typ. Die Schweizer Fliegertruppe erwog im Sommer 1938 ernsthaft den Ankauf von 30 H-75 A. Erprobungspiloten des Landes durften im November des gleichen Jahres dem Typ im Herstellerwerk von Buffalo auf den Zahn fühlen. Die Eidgenossen nahmen aber Abstand von einer Beschaffung, nachdem das Dritte Reich Bereitschaft zur Lieferung der Bf 109 E-3 zeigte. Je nach Kundenwunsch kamen unterschiedliche Triebwerke oder Waffen zum Einbau. Mit ein Grund für den Export-Erfolg war das clevere Marketing der Curtiss-Wright Cor-
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poration mit in Samt eingefassten Hochglanzbroschüren sowie der hervorragende Kontakt des Herstellers zu den Entscheidungsträgern in den potenziellen Abnahmeländern. Nach der Kapitulation der Grande Nation von Ende Juni 1940 erhielt die Royal Air Force die noch nicht abgelieferten H-75 A aus dem französischen Order und flog den Typ als Mohawk. Die deutsche Luftwaffe verwendete Dutzende in Frankreich und Norwegen erbeutete Curtiss als Fortgeschrittenentrainer. Be-
reits im Juni 1940 ist eine H-75 A mit dem Kennzeichen 1+2 bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe in Rechlin getestet worden. Das Dritte Reich gab ab Juni 1941 insgesamt 44 Einheiten an die finnischen Luftstreitkräfte ab. Diese Hawk kamen bei der Lentolaivue 32 zum Einsatz, die bis zum Waffenstillstand des Landes mit der Sowjetunion im September 1944 190 Luftsiege bei 24 eigenen Verlusten verbuchte. H.-H. Stapfer ■
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ZEITGESCHICHTE
Curtiss H-75 A
Diese Curtiss H-75 A-2 (No. 140) »Weiße 11« war während des Westfeldzuges der 3. Staffel der Groupe de Chasse II/5 »La Fayette« zugeteilt und Mitte Juni 1940 defekt in Montpellier abgestellt
Die französischen Curtiss H-75 A Die französischen Luftstreitkräfte bestellten insgesamt 730 H-75 A bei der Curtiss-Wright Corporation. Alle diese Maschinen liefen im Zweigwerk von Buffalo vom Band. Diese H75 A wiesen gegenüber den für das United States Army Air Corps bestimmten P-36 A einige Unterschiede auf. So bestand die erst in Frankreich montierte Bewaffnung aus in Belgien hergestellten Browning Herstal Type FN 38 7,5 Millimeter mit 500 Schuss pro Waffe. Als Zielgerät kam entweder ein BailleLemaire GH38 oder ein OPL RX39 zum Einsatz. Aus französischer Produktion stammten neben dem Visier auch der Gasregler für das Triebwerk, die Munerelle-Atmungsanlage, das Radio-Industrie-Type-537-Funkgerät sowie der Lemercier-Sitzfallschirm. Die französischen H-75 A erhielten zudem einen zusätzlichen, hinter dem Cockpit installierten Tank, der bei der amerikanischen Hawk fehlte und die Kraftstoffmenge auf 615 Liter erhöhte. Die ersten 100, ab Dezember 1938 abgelieferten Curtiss H-75 A-1 (No. 1 bis No. 100) waren mit vier Browning Herstal Type
FN 38 ausgerüstet, genauso wie die ersten 40 Einheiten der Version H-75 A-2. Alle späteren Hawk waren mit sechs Maschinengewehren bewaffnet, wovon sich zwei FN 38 in den Tragflächen befanden. In der Curtiss H-75 A-1 pochte ein Pratt & Whitney R-1830 SCG »Twin Wasp« mit 1050 PS Startleistung. Die 100 ab Mai 1939 verfügbaren H-75 A-2 (No. 101 bis No. 200) sowie die ab Februar 1940 verschifften 135 H75 A-3 (No. 201 bis No. 333) waren mit den verbesserten Versionen SC-3G beziehungsweise S1-C3G von je 1200 PS ausgerüstet. Vom Motorentyp abgesehen, waren diese beiden Subversionen praktisch identisch. Die ab Mai 1940 verfügbaren 285 H-75 A-4 erhielten einen Wright GR-1820 G-205 A Cyclone mit einer Startleistung von 1200 PS, was eine modifizierte Triebwerksverkleidung nötig machte. Bis zum Kriegsende gelangten lediglich sechs fertig montierte H-75 A-4 zur Truppe. Der Löwenanteil dieser Subversion ging – bedingt durch die Kapitulation Frankreichs – unter der Bezeichnung Mohawk IV an
Die ersten französischen Curtiss gelangten in Silber zur Ablieferung und besaßen lediglich ein Flügel-MG aus belgischer Produktion wie Foto Michel Cristescu diese H-75 A-1
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die Royal Air Force. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstandes mit dem Dritten Reich von Ende Juni 1940 liefen in Buffalo Baugruppen für insgesamt 135 französische Hawk vom Band. Die Curtiss-Wright Corporation produzierte lediglich 15 endmontierte und in Buffalo eingeflogene H-75 A-1. Alle weiteren Hawk traten als Baugruppen ihren Weg über den Atlantik an. Die Société Nationale de Constructions Aéronautiques de Bourges zeichnete für die Montage der aus den USA angelieferten Baugruppen der H-75 A verantwortlich. Das Werk besorgte auch das Einrüsten der Bewaffnung sowie der in Frankreich hergestellten Komponenten. Die ersten 41 Curtiss lieferte Société Nationale de Constructions Aéronautiques de Bourges ganz in Silber aus. Auf einen Sichtschutz wechselte die Armée de l’Air erst am 2. April 1939. Die frühen H-75 A-1 waren zudem mit kleinen französischen Kokarden auf den Tragflächenoberseiten ausgerüstet, die später markant vergrößert wurden. H.-H. Stapfer ■
Ab April 1939 ließ die Armée de l’Air alle ihre Curtiss tarnen. Der größte Teil aller H-75 A war mit zwei Browning Herstal Type FN 38 Foto Michel Cristescu pro Tragfläche bewaffnet
Die ersten 41 französischen Curtiss H-75 A-1 wurden ohne Tarnung abgeliefert, so auch diese Hawk (No. 19). Ab April 1939 erhielten alle H-75 A einen Sichtschutz. Diese Curtiss ging zur Groupe de Chasse I/5.
Bewaffnung. Französische Piloten pumpten die robusten Dornier Do 17 oder Heinkel He 111 voll Blei, ohne dass diese Bomber nur den leisesten Anschein machten, vom Himmel zu fallen. Die Tragflächenstruktur war vielfach den enormen Belastungen eines Luftkampfes nicht gewachsen und führte zu schwerwiegenden Verformungen der LeichtmetallBeplankung. Das von Defekten strotzende Kraftstoff-Zuführungssystem sowie das Fehlen selbstdichtender Tanks waren weitere Kritikpunkte der Curtiss-Flugzeugführer.
Erfolgsbilanz der Curtiss Französischen Schätzungen zufolge gingen während des Westfeldzuges rund 110 H-75 A in Luftgefechten verloren. Doch die Erfolgsbilanz des Lückenbüßers aus Buffalo lässt sich durchaus sehen: Bis zum Waffenstillstand verbuchten die Curtiss-Verbände sage und schreibe 317 Luftsiege. Zum Vergleich: Die auf der Morane-Saulnier MS-406 C-1 fliegenden Verbände verbuchten gerade einmal 253 Abschüsse. Kein anderer Typ im Arsenal der Armée de l’Air hat es auf eine nur annähernd hohe Zahl gebracht wie die H-75 A – die für rund einen Drittel aller Kills der französischen Luftstreitkräfte verantwortlich war. Als mit 16 Luftsiegen erfolgreichster Pilot erwies sich der 28-jährige Edmond Marin La Meslée als Angehöriger der Groupe de Chasse I/5. Marin La Meslée fand, fürs Freie Frankreich fliegend, am 4. Februar 1945 während eines Erdkampfeinsatzes in der Nähe von Neuf-Brisach auf der Republic P-47 D den Tod. Mit der Kapitulation der Grande Nation am 22. Juni 1940 war die Zeit der Curtiss als brauchbarer Frontjäger in Europa abgelaufen. Unter dem wachsamen Auge der deutschen Luftwaffe war es Vichy-Frankreich erlaubt, den Typ in Nordafrika weiter zu fliegen, die Bordwaffen gegen de Gaulles Truppen und die Alliierten feuernd. Doch das ist eine andere Geschichte. ■ FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Diese an den Tragflächen und den Luftschraubenblättern beschädigte Curtiss H-75 A-1 der Armée de l’Air ist Teil einer Ausstellung mit Beutegut der deutschen Wehrmacht im besetzten Frankreich Foto James V. Crow
Curtiss H-75 A-2 (No. 156) »Weiße 6«, während des Westfeldzuges vor genau 75 Jahren der Groupe de Chasse II/5 »La Fayette« zugeteilt. Das Häuptlingsemblem auf dem Rumpf ist das Abzeichen der 1. Staffel
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OLDTIMER
Restaurierung
MESSERSCHMITT ME 262
20 Jahre bis zum FLUGZEUG CLASSIC hat exklusiv Zugang erhalten zu einem ambitionierten Restaurierungsprojekt: eine Messerschmitt Me 262. Dass das Projekt bis jetzt nahezu geheim blieb, erstaunt – immerhin wird seit rund zwei Jahrzehnten daran gearbeitet! Von Helmuth Lage
Drei Originalinstrumente werden noch gesucht, alles andere im Cockpit wurde von Sandy Air installiert
Weitgehend komplett: linke Cockpitseite mit den Bedienelementen für die Triebwerke
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Frisch aus der Lackiererei – der Rumpf im Vorhof der Sandy Air Corp.
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Finish Gut versteckt: Das Me-262-Replikat wurde in den vergangenen 20 Jahren sorgsam verborgen. Hier der erste AufFoto BullDesign, Berlin bau bei BullDesign
An der rechten Seite sitzt, was weniger oft gebraucht wird – zum Beispiel die Frequenzwahl für den Funk
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
onnerwetter, ist die groß!« entfährt es mir, als ich die Werkstatt der Sandy Air Corporation von Wolfgang Falch in Pfaffenhofen (Tirol) betrete. In den letzten Jahren hatte ich dort die Rümpfe von Bf 109 oder He 162 Salamander entstehen sehen, die neben sich in der Werkshalle noch viel Platz zum Arbeiten und zusätzlich auch noch Stauraum für Bauelemente von anderen Projekten ließen. Um hingegen den Rumpf der Me 262 unterzubringen, musste alles nicht Dazugehörige weichen. Draußen auf dem freien Gelände eines Flughafens fällt der Unterschied gar nicht so massiv auf. Im eng begrenzten Raum der Werkshalle wirkt die Messerschmitt Me 262 riesig im Vergleich zu ihren einmotorigen Kollegen. Warum eigentlich? Das Cockpit unterscheidet sich in seinen Dimensionen nicht wesentlich von dem anderer Kampfflugzeuge dieser Zeit. Wie wir alle wissen, entwarf Messerschmitt seine Kreationen allerdings nicht
die? Woher nehmen die Restauratoren historischer Flugzeuge die Zuordnung zu einem bestimmten Geschwader? Das mag hier und da willkürlich vorgenommen werden, vor allem bei Nachbauten ohne Originalteile. Diese Me 262 allerdings entstammt keiner Retorte. Auf den Werksböcken vor mir steht kein Replikat. Hier steht ein Exemplar, das so viele Originalteile in sich vereinigt wie kein anderes, das nach dem Krieg gefertigt wurde. Daneben liegt ein fast komplettes Originalfahrwerk mit Originalbereifung.
Engagierter handwerklicher Einsatz Auf einem Regal an der Wand liegt zum Einbau bereit ein »Wikingerschiff«, wie die Bombenhalterung des später zum Jagdbomber mutierten Jägers aus leicht erkennbaren optischen Gründen genannt wurde. Es trägt noch die original Werksnummer, ebenso wie die Landeklappe daneben, die demselben Baulos entstammt. Beiden sieht man ihr ge-
Ein Exemplar, das so viele Originalteile in sich vereinigt wie kein anderes nach dem Krieg gefertigtes. nur nach streng funktionalen Kriterien, sondern auch mit viel Aufmerksamkeit für die Ästhetik. Und in der Tat – auch in der scheinbaren Enge dieses Raumes –, ohne Tragflächen und Leitwerk strahlt allein der Rumpf schon die natürliche Eleganz eines Delfins aus, stromlinienförmig und aerodynamisch optimiert. Die grüne Grundlackierung RLM 76 mit den tarnfarbenen Schattierungen in RLM 82 und 83 unterstreicht diesen Eindruck einer total strömungsgünstig glatten Oberfläche. Später werden die entsprechenden Applikationen hinzugefügt werden, die dann aus einem namenlosen Serienflieger eine »Weiße 8« machen sollen. »Weiße 8«? Wieso gerade
reiftes Lebensalter an und die lange Zeit, die sie schutzlos im Freien verbracht haben, bis sie irgendwann einmal gefunden und geborgen wurden. Hier werden noch einige Stunden an Spenglerarbeiten einzubringen sein, bevor sie den Qualitätsmaßstab der bisher schon fertiggestellten Bauteile erreichen können. Auf einen ähnlich engagierten handwerklichen Einsatz wartet auch das Höhenleitwerk, das sich in einem der hinteren Werkstatt-Räume bei den noch nicht vollständig rekonstruierten Tragflächen befindet. Hier ist die Aluminiumlegierung durch Korrosion löchrig geworden wie ein Schweizer Käse. Was aussieht wie Mäusefraß, würde den Be-
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OLDTIMER
Restaurierung
Altmetall? Keineswegs! Was andere zum Recyclinghof bringen würden, wird von einem Restaurator liebevoll aufbereitet und wertet als Originalteil jedes Exponat auf. Das hebt diese Messerschmitt Me 262 jedenfalls von allen anderen Nachbauten ab.
Lochfraß im Aluminium – die Spuren jahrelanger Einwirkung von Wasser und Erdboden sind unverkennbar
Die sichtbar noch unfertige Landeklappe mit der original Werknummer entstammt demselben Baulos …
sitzer eines Autos verzweifeln lassen. Das Herz eines Flugzeugrestaurators schlägt bei diesem Anblick höher. Das ist wie Patina auf einem Kirchendach. Neu kann jeder, Altern dauert, Korrosion muss ehrlich erworben werden – im Freien oder gar im feuchten Erdboden. Dann erst ist es der Beweis für die Echtheit eines historischen Fundes, der einem Flugzeug im Kampfeinsatz entstammt.
Kontaktpflege mit Gleichgesinnten Woher kommen all diese Schätze, die diesen Nachbau ermöglichen? Von dem selbst in Fachkreisen niemand wirklich Kenntnis hatte und worüber FLUGZEUG CLASSIC erstmalig und exklusiv berichten darf? Zwanzig Jahre lang hat ein österreichischer Sammler, der ungenannt bleiben möchte, nicht nur selbst Bauteile der Me 262 zusammengetragen, sondern damit auch die Firma BullDesign im Osten der Bundesrepublik beauftragt. Zwanzig Jahre Präsenz auf Tauschbörsen, Kontaktpflege mit Gleichgesinnten, Stöbern in Inseraten und im Internet. Herausgekommen sind dabei zum Teil auch Originallagerbestände aus den Messerschmitt-Werken, in originaler Verpackung, die noch nie verbaut waren. Und irgendwann hatte man so viele sich ergänzende Elemente zusammen, dass man beschloss, mit dem Bau zu beginnen. Auftraggeber und Finanzier war jener bereits erwähnte österreichische Sammler, den Bauauftrag erhielt die Firma BullDesign, die in einer ganz besonderen Beziehung zum Restaurationsobjekt steht, war doch der Vater des Inhabers Werkspilot bei Messerschmitt, speziell für die »262«.
… wie das »Wikingerschiff«, das nachträglich als Bombenhalterung entwickelt wurde, um die 262 auch als Jabo einsetzen zu können
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Warum nun also die »Weiße 8«? Die Entscheidung fiel zu Ehren eines der erfolgreichsten Jagdfliegers aller Zeiten: des Österreichers Walter Nowotny. Seine Position als die Nummer fünf der Topguns mit bestätigten 258 Abschüssen hätte er vermutlich weiter ausbauen können, wäre ihm nicht von Hitler persönlich ein Feindflugverbot verhängt worden. Man wollte das mit höchsten Ehren dekorierte Fliegerass nicht mehr aufs Spiel setzen, sondern ihn als Volkshelden erhalten, der zu der Zeit überall von der NS-Propagandamaschinerie herumgereicht wurde. Stattdessen wurde ihm in Lechfeld das (Erprobungs-)Jagdgeschwader 7, auch Kommando Nowotny genannt, unterstellt, das als Erstes mit der Me 262 ausgerüstet wurde. Ihm gefiel das überhaupt nicht, er wollte zurück in das Kampfgeschehen. Als bei einem feindlichen Angriff ein Teil seiner Rotte ausfällt, setzt er sich über das Feindflugverbot hinweg, greift an und stürzt mit brennenden
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Wolfgang Falch
Durch Zufall zur »Weißen 8«
Arbeiten am Rumpf zur Vorbereitung der Lackierung
Triebwerken und seinem im Leitwerk verfangenen Fallschirm tödlich ab. Dass er seinen letzten Flug in der »Weißen 8« absolvierte, war Zufall und lag nur daran, dass sich die eigentlich ihm zugeordnete »Weiße 1« gerade in der Überholung befand. Die Werksnummer 110400 der Maschine seines letzten Fluges wurde ihm zu Ehren dem nun vor mir stehenden Nachbau zugewiesen
über zehn Jahren, seit Wolfgang Falch in einem Osttiroler Gletscher eine Junkers Ju 52 geborgen hatte, was das Interesse eben dieses Sammlers auf den Plan rief. Dem Wunsch auf Übernahme des Fundes konnte Falch damals nicht entsprechen, da die Ju 52 in staatlichem Auftrag geborgen worden war. Aber aus diesem Erstkontakt ergab sich für Wolfgang Falch nicht nur eine frühzeitige
Neu kann jeder, Altern dauert, Korrosion muss ehrlich erworben werden. und passt zudem sehr gut zu den Baulosen der bereits genannten Originalteile. Acht Jahre wendete die Firma BullDesign für den Bau der Zelle auf; anschließend übernahm sie der österreichische Sammler. Zur Sandy Air gelangte er im Rahmen eines größeren Tauschgeschäftes. Man kennt sich seit
Kenntnis des Me-262-Projektes. Beim regen Austausch von Teilen einigte man sich letztlich auf die Übernahme des gesamten engagiert und seriös zusammengetragenen Fundus in einem Volumen von anderthalb Sattelzügen. An der weitgehend fertiggestellten Me 262 wurden hier in Pfaffenhofen noch die La-
Fertig montierter Rumpf bei BullDesign im Rohaluminium-Look, auch … FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
ckierarbeiten durchgeführt und das Cockpit eingebaut. Drei Originalinstrumente fehlen noch, dann ist auch das komplett.
Fertigstellung in Sicht Was danach noch offen ist, wird wohl einige Wochen intensiver Arbeit in Anspruch nehmen: das Finish von Tragflächen und Leitwerk sowie der Einbau des Fahrwerks. Triebwerke sind vorhanden und mit installierten Turbinenschaufeln zumindest optisch komplett. Einige weitere Bauteile befinden sich noch auf der Wunschliste. Funktionsfähigkeit ist nicht gefordert, denn die Maschine wird mit der Zielsetzung eines rein statischen Exponates restauriert. Die Fertigstellung ist für den Sommer 2015 geplant – dann steht die Messerschmitt Me 262 bereit zum Verkauf. Vorzugsweise nach Deutschland, wohin sie aufgrund ihrer Herkunft schließlich auch gehört. ■
… Haube und Triebwerksgondeln sind bereits eingepasst
Fotos (2) BullDesign
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FILM
»One of Our Aircraft is Missing«
Mit solch einer Vickers Wellington ist auch die Crew im Film unterwegs. Die Nachtaufnahmen lassen eine detaillierte Ansicht wie auf diesem realen Foto leider nicht zu Foto Sammlung W. Mühlbauer
PROPAGANDA DER ENGLISCHEN ART
B for Bertie I
n Großbritannien, mit seiner ausgeprägten Erinnerungskultur an sein zähes Standhalten gegen die NS-Deutschen vom Kontinent, zählt dieser Film zu einem der besten aus der Kriegsproduktion überhaupt. Es ist die Geschichte einer abgeschossenen britischen Bomber-Crew, die sich durchs besetzte Holland schlagen muss – mit tatkräftiger Hilfe holländischer Widerstandsgruppen. Der sperrige Filmtitel hat einen bedrückenden Hintergrund: Wenn die RAF wieder einmal einen Nachtangriff auf irgendein Ziel im »Reich« geflogen war, bekam die britische Öffentlichkeit tags darauf oft folgende trockene Radiomeldung zu hören: »A raid took place last night over … One of our aircraft failed to return.«/»Eines unserer Flugzeuge kehrte nicht zurück.« Eines … oder mehrere, je nachdem. Das eingespielte Produktionsteam Powell/ Pressburger wollte erzählen, was für dramatische Ereignisse sich hinter diesem nüchternen Satz verbargen. Was dabei herauskam,
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ist ein vorzeigbares Beispiel für einen Mix aus Unterhaltung und Propaganda. Das deutsche Kino schaffte zur selben Zeit meist nur eines von beiden. »One of Our Aircraft is Missing« hat dabei streckenweise den Charakter eines Doku-Dramas. Der letzte Flug des Bombers »Bertie«, einer Vickers Wellington, und seiner Crew wurde mit seltener Akkuratesse fotografiert und britisch zurückhaltend erzählt.
Es kann gut sein, dass sich der Amerikaner von dem britischen Propagandafilm von 1942 hat inspirieren lassen. Denn auch an Bord von »Bertie« ist der repräsentative Querschnitt der britischen Bevölkerung versammelt. Die Klassenunterschiede lösen sich unter dem Eindruck der äußeren Bedrohung auf. Wyler hat diesen Kniff genau so aufgegriffen und effektsicher auf amerikanische Verhältnisse übertragen.
Das britische Ministry of Information und die holländische Exilregierung haben hier mitgestrickt. Darin kommt der Film der routinierten Realität eines Feindfluges womöglich so nahe wie William Wyler mit seiner famosen Luftkriegsdokumentation »Memphis Belle – The Story of a Flying Fortress« (1944). Man weiß heute, wie geschickt dieser wegweisende Streifen aus einem Berg von Material zusammengeschnitten wurde (siehe FLUGZEUG CLASSIC 11/2013).
Es macht gewiss einen Unterschied, ob solche Filme in der Aktualität des Krieges oder rückblickend in Friedenszeiten gedreht werden. Das britische Ministry of Information und die holländische Exilregierung in London haben daran mitgestrickt – zwecks moralischer Erbauung der gebeutelten Briten an der Heimatfront und Schulterschluss mit den besetzten Holländern jenseits des Kanals.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Republic Entertainment Inc.
»One of Our Aircraft is Missing« … Nie gehört? Nie gesehen? Kein Wunder, denn der britische Propagandafilm kam 1942 in die Kinos und ist eine britische Spezialität geblieben. Völlig zu Unrecht – er ist vor allem gute Unterhaltung Von Stefan Bartmann
»Berties« Ende wird ganz am Anfang gezeigt. Es ist einer der wenigen spannenden ActionMomente in diesem ruhig erzählten Film
»Wimpy«-Fans werden die ersten Filmminuten mögen. Der Beginn einer realen RAF-Mission im Jahr 1942 dürfte kaum anders ausgesehen haben
Und so schaukelt im Sommer 1941 ein Wellington-Bomber, von seiner Besatzung verlassen, über der Nordsee. Dann streift die Maschine eine Hochspannungsleitung in OstEngland und explodiert … Mit diesem Knalleffekt haben Powell/Pressburger ihr Publikum schon in der Tasche; lauter wird’s nicht. Der Erzählfaden wird fünfzehn Stunden vor dem Crash wieder aufgenommen. Da nämlich machen sich die sechs Crew-Mitglieder von »B for Bertie« bereit für einen Nachtangriff auf Stuttgart. Nach einem Flaktreffer humpelt man beschädigt gen Heimat. Nahe der Zuiderzee muss die Crew dann doch den angeschlagenen Bomber verlassen und findet sich in einem holländischen Wäldchen wieder. Bald nimmt sich der lokale Widerstand der Briten an. Auch der verschollene sechste Mann taucht wieder auf – als Mitspieler bei einem Fußballmatch.
ihnen auf; die Enge im Bauch einer Vickers Wellington ist evident. Als Kulisse diente ein authentisches Rumpfsegment, das die RAF geliefert hatte. Die nüchterne und vermutlich unverzerrte Darstellung einer typischen RAF-Operation im Jahr 1942 macht den Film historisch relevant. Als Drehort für die »holländischen« Außenaufnahmen taugte hauptsächlich das ländliche Lincolnshire. Netter Filmfehler: Die NS-Besatzer tragen Uniformen und Ausrüstung des Ersten Weltkriegs. Ihr Kauderwelsch ist gemütlichstes Bayerisch und Berlinerisch. Noch während der Film in Produktion war, wurde am Drehbuch gefeilt und um neueste Entwicklungen ergänzt. Erst spät in die Story sind die sogenannten »Lobster Pots« eingefügt worden: schwimmenden Stahlplattformen in der Nordsee, welche die Deutschen zur Rettung ihrer abgeschossenen Flieger platziert hatten – allerdings vor der französischen Kanalküste.
Redseliges Entwischen Der fliegerische Teil ist somit etwa nach einer halben Stunde erledigt – und für so manchen Fliegerfilm-Fan ist damit auch schon der ganze Film vorbei … Denn was nun folgt, ist das betuliche, allzu redselige Entwischen der »Bertie«-Crew zurück auf ihre Insel mithilfe couragierter Holländer. Am erstaunlichsten ist die Wendung, die der Film an dieser Stelle nimmt: Nicht die in Schwierigkeiten geratenen Flieger beweisen Rückgrat – es sind die Zivilisten, denen diese aktive Rolle zukommt. »One of Our Aircraft is Missing« ist schnell und mit kleinem Budget gekurbelt worden; die volle Unterstützung durch RAF und Air Ministry hat zweifellos dabei geholfen. Das Drehbuch hat seine Schwächen, es hangelt sich von einer Episode zur nächsten. Starke Kamera und tadellose Schauspielerei machen das ziemlich wett. Schon am Anfang darf der Zuschauer eine gewisse Nähe zu den Helden an Bord von »Bertie« aufbauen. Jedes Crew-Mitglied wird – ganz wie in der späteren »Memphis Belle« – direkt vorgestellt. Stets blickt die Kamera zu FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
Stuttgart in Miniatur Bevor ein Flaktreffer einen von »Berties« Motoren lahm legt, wird der behäbige Bomber seine tödliche Zuladung los. Hierfür hatte der Ausstatter das Studio in Hammersmith mit
Schlachtross »WIMPY« »Ein Haufen Löcher, zusammengehalten von Stoff …« So wurde die Vickers Wellington bewitzelt. Tatsächlich verbarg sich unter der antiquierten Tuchbespannung der »Wimpy« (nach einer gemütlichen CartoonFigur) die hochkomplexe geodätische Bauweise, initiiert von Vickers-Konstrukteur und Bombenbauer Barnes Wallis. Dadurch steckte die Wellington selbst gemeine Flaktreffer weg und kehrte bisweilen arg gefleddert auf die Insel zurück. Der Prototyp 271 flog im Juni 1936 auf dem Vickers-Werksflugplatz in Brooklands. Als B Mk. IA, die ab Juli 1939 gebaut wird, ist die »Wimpy« vom ersten Kriegstag an
dabei. Doch es bedarf erst einiger verlustreicher Tagangriffe, damit das Bomber Command die Qualitäten der Wellington in der Dunkelheit erkennt. Die besser geschützte B Mk.IC, gebaut ab Februar 1940, kommt auf 2685 Stück (von schließlich über 11 000 »Wimpys«). Es ist Großbritanniens bester Bomber in den frühen Kriegsjahren. Erst im Herbst 1943 verschwindet die Wellington über Westeuropa und macht endgültig Platz für die Viermots. So endet »One Of Our Aircraft Is Missing« konsequent mit dem Wechsel der alten »Wimpy«-Besatzung auf ■ deren Nachfolger.
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FILM
»One of Our Aircraft is Missing«
Kurzkritik
Die Tricktechniker haben sauber gearbeitet. Der Nachtangriff auf das (Modell-)Stuttgart beeindruckt bis heute
einem Miniaturmodell von Stuttgart bedeckt. Der Kameramann lag bäuchlings stundenlang darüber, schwebend unter der Studiodecke, samt einem Großmodell der »Wimpy« (siehe Info-Kasten). Die Mühe hat sich gelohnt; die so entstandenen Aufnahmen können sich auch heute noch sehen lassen. Reale Filmaufnahmen nächtlicher Luftangriffe sind extrem selten, vor allem an Bord der Angreifer selbst.
Schreibwütige Besatzer Es hat im besetzen Holland Vorfälle gegeben, die dieser Film auch benennt und die mit Vergeltungsaktionen gegenüber Zivilisten endeten. Daher darf man nicht erwarten, dass die NS-Deutschen allzu differenziert dargestellt werden. Den ganzen Film hindurch wird der britische Zuschauer daran erinnert, wie der Alltag in einem von Deutschland besetzten Großbritannien aussehen würde: jede Menge Bürokratie und Schreibkram, wo für jede harmlose Verrichtung – etwa den Besuch einer Kirche oder eines Fußballspiels – als Erstes ein Antrag bei einer Behörde einzureichen sei … Immerhin werden die schreibwütigen Besatzer nicht als tobende Barbaren dargestellt und treten ohnehin nur selten in Erscheinung – aber die latente Bedrohung durch sie ist stets spürbar. Im Juni 1942 kommt der Film in die britischen Kinos. Im Februar desselben Jahres hat-
te der neue RAF-Oberkommandierende Sir Arthur Travers Harris (»Bomber-Harris«) eine Strategie des Flächenbombardements durchgesetzt, die als »Moral Bombing« zum Begriff wurde. Der Feuersturm von Hamburg, 1943, gerät zur Blaupause für das Finale in Dresden, Februar 1945. Im Film ist von solchen Überlegungen nicht die Rede. Die Gentlemen im Bauch von »Bertie« gehen einfach ihrer Spätschicht nach: seltsam zivilisiert und mit sauberer Distanz zu den Leuten, welche die Bombenlast abbekommen werden. Die Hauptdarsteller sind damals bekannte britische Schauspieler; heute sind Namen wie Godfrey Tearle und Eric Portman jedoch nur mehr Filmhistorikern geläufig. Doch einer der Nebendarsteller sollte einer der populärsten Charakterköpfe des Kinos überhaupt werden:
Ein bisschen weniger auf Holländisch. Und ein paar Worte Englisch.« Die Zurückgenommenheit und der Verzicht auf Schmalz und Brutalität machen »One of Our Aircraft is Missing« zu einem bemerkenswerten Exemplar der Gattung Propagandafilm. Die Flucht der Briten zurück auf ihre Insel ist über weite Strecken so geruhsam erzählt wie eine Bootstour die Themse hinauf. Und das Fehlen jeglicher Filmmusik unterstreicht den dokumentarischen Ansatz.
Titel sprichwörtlich Trotz seines Propaganda-Auftrags hat sich der Streifen auch lange nach dem Krieg im britischen Gedächtnis gehalten und genießt bis heute gewisse Popularität, zumindest bei einem älteren Publikum. Als Beweis seiner
… mit sauberer Distanz zu den Leuten, welche die Bombenlast abbekommen werden. Peter Ustinov, damals gerade 20 Jahre alt (siehe Filmstreifen S. 73, unten). Es war sein Debüt im Kino. In seinen Erinnerungen hat sich Ustinov viele Jahre später gefragt, weshalb ausgerechnet ihm die Mini-Rolle eines namenlosen holländischen Priesters zukam: weil er so absolut unenglisch aussah, vermutete der Erz-Komödiant. »Das Wenige, das ich zu sagen hatte, war in Latein.
Keine Dramatik, bitte! Ganz Gentlemen, mogelt sich die »Bertie«-Crew zurück auf ihre Insel. Der heroische Part gehört dem Widerstand
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Sehenswertes Exemplar britischen Propaganda-Kinos. Handwerklich überzeugende Erbauung für die Heimatfront, aber selten wirklich spannend. Unaufgeregt und realistisch, ohne explizites Heldentum und Action – und daher sehr glaubwürdig. Auf DVD erhältlich, nur im englischsprachigen Original mit englischen Untertiteln.
Geltung darf man die zahlreichen Querverweise im Kino und TV heranziehen, die den sprichwörtlich gewordenen Titel seit den 1960er-Jahren immer wieder aufgegriffen haben – etwa in der infantilen Komödie »One of Our Dinosaurs is Missing« von 1975 – wieder mit (dem inzwischen 55-jährigen) Peter Ustinov … der diesmal allerdings verständliche Sätze sagen darf. ■
Am Schluss des Films wird einer deutschen Rettungsboje noch eine wichtige Rolle zuteil. Ihre Existenz war erst kurz zuvor bekannt geworden
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LESERALBUM
FLUGBUCH VON 1943
Manchmal bleiben von einem Fliegerleben nur Erinnerungen, ein paar Fotos und Dokumente. Diese können aber einiges erzählen. So wie die Fotos und das Flugbuch des Unteroffiziers Hans Jöckel, der in der Nacht zum 18. April 1944 zu seinem letzten Flug gestartet war – von dem er nicht zurückkehren sollte Von Peter W. Cohausz
K
önnt Ihr etwas damit anfangen?« fragte ein Segelfluglehrer den FLUGZEUG-CLASSIC-Leser Thomas Rost. Er überreichte ihm die Dokumente, die von einem Onkel aus der Familie seiner Frau stammten. Nach Sichtung der Unterlagen ließ sich ein Lebenslauf rekonstruieren, wie er typisch war für viele junge Männer der damaligen Zeit: Der Flieger Hans-Günter Jöckel wurde am 11. Oktober 1922 geboren und war in Offenbach am Main zu Hause. Wie viele seiner Ge-
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neration zog es ihn zur Luftwaffe. Die erste Station war 1942 das Fliegerausbildungsbataillon in Stettin. Zusammen mit Marineeinheiten war die Einheit auf einem Wohnschiff im Hafen untergebracht. Es handelte sich um das 13 882 BRT große, 159,7 Meter lange Passagierschiff MONTE ROSA, das 1930 vom Stapel gelaufen war und vor dem Krieg Linien- und Vergnügungsfahrten nach Südamerika unternommen hatte. 2400 Passagiere und 336 Besatzungsmitglieder hatten auf dem Schiff Platz.
1943 wurde die MONTE ROSA Werkstattschiff für die in Norwegen liegende TIRPITZ, dann wieder Truppentransporter und 1945 Flüchtlingsschiff. Nach Kriegsende fiel sie den Engländern in die Hände, die sie in EMPIRE WINDRUSH umbenannten. 1954 sank sie schließlich nach einem Brand vor Algerien.
Das Gefühl fürs Fliegen Zur fliegerischen Grundausbildung gehörte auch der Segelflug, der damals üblicherweise mit Schulgleitern wie dem SG 38 durchge-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Thomas Rost
Stationen einer Fliegerausbildung
Hans Jöckel musste 1943 mit dieser Junkers W 34 hi notlanden. In seinem Flugbuch hat er den Vorfall ausführlich beschrieben
Schulgleiterfliegen mit dem SG 38
Das 1942 in Stettin als Wohnschiff genutzte Passagierschiff MONTE ROSA
»Ausziehen – laufen – los!« Der Start mit dem Gummiseil war anstrengend
Jöckel im Januar 19 43 in der Fliegerkombin ation
führt wurde. Hier bekamen die angehenden Piloten das erste Gefühl für das Fliegen. Nach der Grundausbildung kam Jöckel Anfang 1943 zur Flugzeugführerschule FFS A/B 32, die seit 1939 in Pardubitz/Böhmen (heute Tschechien) stationiert war. Deshalb war das Wappen der Schule mit einem weißen Schimmel auch das der Stadt Pardubitz. Die Schule hatte noch weitere Flugplätze, unter anderem in Sbraslawitz und Chrudim. Auf Letzterem machte der Gefreite Jöckel am frühen Vormittag des 24. Februar 1943 auf eiFLUGZEUG CLASSIC 5/2015
ner Heinkel He 72 »Kadett« seinen ersten Flug. 37 weitere, meist nur sehr kurze Flüge von fünf bis zehn Minuten folgten auf diesem Muster, darunter schon am 5. März 1943 der erste Alleinflug. Bis 14. April 1943 stieg die Zahl auf insgesamt 76 Flüge, auch auf Bücker Bü 131 Jungmann, Bü 181 »Bestmann«, Klemm Kl 35, Junkers W 34 und Focke-Wulf Fw 58. Das Programm bestand aus Platzflügen, Umschulungen, Kunst-, Kontroll- und Sturzflügen.
platz« Schönfeld-Seifersdorf. Das Abzeichen der Schule war ein blau-rotes Wappen mit einem schwarzen Adlerkopf. Am 1. November 1943 wurde die Schule in FFS B 18 umbenannt.
Überstandene Notlandung Auf der FFS C 18 wurde Fortgeschrittenenschulung auf größeren Flugzeugtypen betrieben, vor allem Instrumenten-, Navigations-, Nacht- und Blindflüge. Hier flog Jöckel Jun-
Auf einer Heinkel He 72 ›Kadett‹ machte der Gefreite Jöckel Anfang 1943 seinen ersten Flug. Im Sommer 1943 wechselte Hans Jöckel auf die Flugzeugführerschule FFS C 18 in Lüben/Niederschlesien, die seit Ende 1941 bestand. Dazu gehörte auch der »Arbeitsflug-
kers W 34 hi und hau, Focke-Wulf Fw 58 »Weihe«, Junkers Ju 52, Caudron C 445, Siebel Si 204 D und zuletzt Junkers Ju 88 A. Hans Jöckel absolvierte im Rahmen seiner Ausbil-
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LESERALBUM
SG 38 im Flug
Luft-Navigationskarte im Maßstab 1:2 000 000 mit Eintragungen für einen Übungsflug. Ansonsten zeigt die Karte Gebirge, Flüsse, Städte, Sperrgebiete und Rundfunksender
dung bis zum 24. Januar 1944 insgesamt 364 Flüge, zuletzt sogar von über fünf Stunden Länge. Dokumentiert ist im Flugbuch und mit Fotos zudem eine Notlandung mit der Junkers W 34 hi, CX+HJ, bei Leutomischl. Jöckel und sein Begleiter hatten großes Glück und blieben unverletzt. Zu verdanken hatten sie das wohl auch der stabilen Junkers-Bauweise, denn die Zelle blieb weitgehend heil, trotz abgeschertem Fahrwerk, abgebrochenem Leitwerk und abgeknicktem Motor!
Flug ohne Wiederkehr
Notlandung mit der Junkers W 34 hi, CX+HJ, auf Jöckels 196. Flug
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Nach der Ausbildung kam Hans Jöckel, der inzwischen Unteroffizier geworden war, zur 9. Staffel des ZG 1, die zur III. Gruppe gehörte. Diese war damals in Cazaux in Frankreich stationiert und flog mit Junkers Ju 88 C-6 Zerstörereinsätze über der Biskaya zum Schutz deutscher U-Boote. Die III. Gruppe war erst im Oktober 1943 in Bordeaux-Merignac neu aufgestellt worden. Nach mehreren Verlegungen aufgrund der Invasion vom 6. Juni 1944 kehrte die Gruppe zurück ins Reichsgebiet, wo sie im August 1944 zur III. Gruppe des JG 4 wurde. In der Nacht vom 17. auf den 18. April 1944 schließlich startete Hans Jöckel mit seinem Bordfunker, Gefr. Günter Kessel, sowie dem Ogefr. Franz Schwandner, seinem Bordmechaniker, von Nantes aus zu einem Flug über See, von dem er nicht zurückkehrte. Im letzten Funkspruch hatte er einen Motorschaden gemeldet. Jöckel hinterließ eine kleine Fotosammlung vom Segelfliegen und von seiner Not-
Auch für Passanten waren solche Missgeschicke beliebte Fotomotive Auf dem ersten Blatt stehen Namen und Zeitraum der Eintragungen
landung am 1. Oktober 1943, einige Schulungsunterlagen, eine Fliegerkarte und ein Flugbuch. Die Schulungsblätter sind ganz sauber geführte Aufschriebe mit schönen Zeichnungen zu den Themen Kartenkunde, Flugnavigation, Flugzeugkategorien, Flugzeugkunde, Motorenkunde und Instrumentenkunde. Das Flugbuch schildert Hans Jöckels 364 Ausbildungsflüge mit und ohne Begleiter, Flugzeugtyp, Kennzeichen, Zweck des Fluges, Tag, Dauer, Abflugs- und Landeort. Oft waren es nur Flüge von wenigen Minuten. Da ist wohl auch oft »touch and go« geübt worden, wie man heute sagt. Beeindruckend ist die Vielzahl der Flugzeugtypen, die von den Schulen eingesetzt wurden. Da solche Flugbücher selten sind, werden nachfolgend die Flugzeuge aufgeführt, mit denen Hans Jöckel geflogen ist. Eine beeindruckende Vielfalt! ■ Ein besonderer Dank geht an Thomas Rost für die Überlassung des Nachlasses.
Aus den Ausbildungsunterlagen: Führerraumansicht der Heinkel He 72 C und D »Kadett«. Es ist der hintere Sitz
Flugzeugtyp
Flugzeugtyp
W.Nr.
Kennzeichen Einheit
Bücker Bü 131 Bü 131 758 Bü 131 Bü 131 706 Bü 131 Bü 181 B-1 210159 (1. Sturzflug 14.3.43) Caudron C 445 A-1 680 Focke-Wulf Fw 58 Fw 58 C Fw 58 C-2 Fw 58 Fw 58 (1. Nachtflug 6.10.43) Fw 58 Heinkel He 72 D
CA+TF KG+AX PK+IZ SE+MC TA+AF SK+EI
FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32
KR+HX BK+AZ CF+AG KU+AV NA+HY NG+LL TO+AM CA+SR
FFS C 18 FFS C 18 FFS C 18 FFS C 18 FFS A/B 32 FFS C 18 FFS A/B 32 FFS A/B 13, FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32 FFS A/B 32
He 72 D CX+BG He 72 D (1. Kunstflug 8.3.43) KY+NY He 72 D (1. Flug 24.2.43) PF+WX He 72 D (1. Alleinflug 5.3.43) TA+HN Junkers W 34 hau 1464 BB+DN
W.Nr.
Kennzeichen Einheit
W 34 hi W 34 hi (1. Instrumentenflug 7.9.43) W 34 hi (Notlandung 1.10.43) W 34 hau W 34 hi 142 W 34 hi 286 W 34 hi W 34 hau 1377 W 34 hau Ju 52/3m Ju 86 Ju 86 E Ju 86 Ju 88 A-5 Ju 88 A-4 Ju 88 A-4 Ju 88 A-5 Ju 88 A-5
BD+BV DB+RN RJ+NV CD+BR DE+JI DJ+KU GF+HS KC+IN
5024 5024 253 4104 7209 6109 4364
CD+HF CK+AV
FFS B 18 FFS C 18
CX+HJ
FFS C 18
DK+KZ GC+NC GC+NL PG+NF PV+NO SE+UX DP+OI
FFS C 18 FFS A/B 32 FFS B 18 FFS C 18 FFS C 18 FFS C 18 FFS C 18, FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18
Flugzeugtyp
W.Nr.
Ju 88 A-5 Ju 88 A Ju 88 A-4 Ju 88 A-5 Ju 88 A Klemm Kl 35 Siebel Si 204 D-1 Si 204 D-1 Si 204 D-1
1 7013 6767 488 7096
Si 204 D-1 Si 204 D-1 Si 204 D-1 Si 204 D-1 Si 204 D-1
251112 321299 321219 321220
Kennzeichen Einheit PC+CE PK+BG SO+OQ VG+DL VK+VX NO+NN DW+LV GP+KM GP+KN GP+KO KH+WK SR+AG TN+SM TN+SN
FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS A/B 32 FFS C 18 FFS B 18 FFS C 18, FFS B 18 FFS B 18 FFS C 18 FFS B 18 FFS B 18 FFS C 18, FFS B 18
FFS = Flugzeugführerschule Einige Daten wie die Werknummern und einzelne Versionen wurden nach Angaben aus der Website www.stammkennzeichen.de ergänzt.
SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: FLUGZEUG CLASSIC, Infanteriestraße 11a, 80797 München
FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
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UNTERHALTUNG
Das Bilderrätsel Hundert Jahre Luftfahrtgeschichte – erkennen Sie die hier abgebildeten Typen?
Lösung: 1: Avia CS-199 2: Fiat CR.42 Falco 3: Republic XF-12 Rainbow 4: Nakajima J9Y Kikka 5: Fairey Gannet
Der groteske Trümmerhaufen auf einem Flugfeld bei Stettin markiert das erste Todesopfer des deutschen Motorflugs. Thaddäus »Thaddy« Robl war am 18. Juni 1910 während einer der ersten Air-Shows auf deutschem Boden zu einem kurzen Flug aufgestiegen, nachdem man bis zum späten Nachmittag auf ein Abflauen des turbulenten Windes gewartet hatte. Aber das zahlende Publikum wollte Robl fliegen sehen! Der 33-Jährige war Radsport-Weltmeister gewesen und hatte sich entschlossen, am Steuerknüppel an seine Erfolge im Rennradsattel anzuknüpfen. Im elsässischen Mühlhausen lernte er das Fliegen. Ein paar Wochen später sind von seinem Aviatik-Doppeldecker nur mehr Tuchfetzen, Streben und Drahtverhau übrig, aus dem die Speichenräder ragen. Augenzeugen berichten, Robl sei beim steilen Anflug zur Landung von einer heftigen Böe aus dem Sitz geschleudert worden. Genickbruch – und das Ende einer hoffnungsvollen Karriere.
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Quelle: Archiv Martin Schreck und Walter Lemke
Das erste Opfer
Gewaltige Technik.
Fundstücke
Motorflugpionier Hans Grade rückblickend über seine ersten Flugversuche auf dem »Cracauer Anger« bei Magdeburg im Jahr 1908. Die zwei Unbekannten sind: Fliegt die selbst gebaute Maschine? Und: Wie fliegt man überhaupt?
»
Dieser Band zeigt Jagdflugzeuge der Jahre 1942 bis 1945 aus den Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, UdSSR, Polen, Rumänien, Italien, Niederlande, Japan und USA. Rund 300 teils farbige, historische Fotos sowie zahlreiche Farbzeichnungen illustrieren knapp 60 Typengeschichten, die auf jeweils ein bis sechs Seiten inklusive technischer Daten kompakt und überaus informativ dargestellt werden. 160 Seiten · ca. 300 Abb. · 16,5 x 23,5 cm € [A] 15,50 sFr. 21,90 ISBN 978-3-95613-408-1
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Auch als eBook erhältlich
Edmund Rumpler nach seinem Besuch in Le Mans 1908, wo Wilbur Wright seine Schauflüge exerziert. Im November 1908 gründet Rumpler in Berlin die erste deutsche Flugzeugfabrik. Seine ersten Apparate, zumeist Auftragsarbeiten, erweisen sich als fluguntüchtig.
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Anthony Fokkers Selbstauskunft in typischer Bescheidenheit. Im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs schufteten 1650 Arbeiter in den Schweriner »Fokker Flugzeugwerken« – und einige der besten deutschen Ingenieure.
» FLUGZEUG CLASSIC 5/2015
144 Seiten · ca. 280 Abb. 16,5 x 23,5 cm € [A] 15,50 sFr. 21,90 ISBN 978-3-95613-407-4
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Pilotenweisheit, USA
192 Seiten · ca. 320 Abb. 19,3 x 26,1 cm € [A] 17,50 sFr. 23,90 ISBN 978-3-95613-405-0
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Faszination Technik www.geramond.de oder gleich bestellen unter Tel. 0180-532 16 17 (0,14 €/Min.)
Nr. 167 I 5/15 I Mai I 16. Jahrgang
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Foto Sammlung D. Hermann
vereinigt mit Redaktionsanschrift Flugzeug Classic Infanteriestr. 11a, 80797 München Tel. +49 (0) 89.13 06 99.720 Fax +49 (0) 89.13 06 99.700
[email protected] Redaktion Markus Wunderlich (Chefredakteur Luftfahrt, Geschichte, Schifffahrt und Modellbau), Richard Chapman (Chefreporter), Jens Müller-Bauseneik Produktion/Chef vom Dienst Christian Ullrich Ständige Mitarbeiter Stefan Bartmann, Peter W. Cohausz, Peter Cronauer, Dietmar Hermann, Othmar Hellinger, Lino von Gartzen, Helmuth Lage, Wolfgang Mühlbauer, Alexander Nüßlein, Herbert Ringlstetter, Rolf Stünkel Layout Rico Kummerlöwe, Ralph Hellberg
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Dornier Do 335 Sie war eine der ungewöhnlichsten Konstruktionen im Flugzeugbau – die Do 335. Zwei starke DB-603-Motoren, einer im Bug und ein weiterer im Heck, sollten sie zu Höchstleistungen befähigen und der Luftwaffe zu einem schlagkräftigen Waffensystem verhelfen. Die Frage war nur: Konnten alle Hürden für einen rechtzeitigen Einsatz genommen werden?
Gesamtanzeigenleitung Thomas Perskowitz, Tel. +49 (0) 89.13 06 99.527
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Lockheed P-38
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Ab September 1942 liefert Lockheed die verbesserte P38G aus; ihr Nachfolger P-38H folgt gut ein halbes Jahr später. Zugleich beginnt die schnittige Zweimotorige, sich insbesonder an zwei Frontschauplätzen zu bewähren: gegen deutsche und italienische Truppen über Nordafrika sowie gegen die Japaner im Südwestpazifik.
GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München www.geramond.de Geschäftsführung Clemens Hahn Herstellungsleitung Olaf Wendenburg Leitung Marketing und Sales Zeitschriften Andreas Thorey Vertriebsleitung Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem: AUTO CLASSIC TRAKTOR CLASSIC FLUGMODELL SCHIFFSMODELL
BAHN EXTRA LOK MAGAZIN STRASSENBAHN MAGAZIN MILITÄR & GESCHICHTE
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Preise Einzelheft € 5,90 (D), € 6,50 (A), sFr. 11,50 (CH) (bei Einzelversand zzgl. Versandk.); Jahresabonnement (12 Hefte) € 63,72 incl. MwSt., im Ausland zzgl. Versandk. Für Mitglieder der »Freunde der Lufthansa JU 52 e.V.« gilt ein Verbandspreis von € 54,12 pro Jahr (12 Ausgaben). Die Abogebühren werden unter der Gläubiger-Identifikationsnummer DE63ZZZ00000314764 des GeraNova Bruckmann Verlagshauses eingezogen. Der Einzug erfolgt jeweils zum Erscheinungstermin der Ausgabe, der mit der Vorausgabe ankündigt wird. Der aktuelle Abopreis ist hier im Impressum angegeben. Die Mandatsreferenznummer ist die auf dem Adressetikett eingedruckte Kundennummer. ISSN 1617-0725 • 52469
Die B-29 als Atom-Bomber Während in Los Alamos die streng geheime Entwicklung der Atombombe läuft, stellt sich die Frage nach dem passenden Trägerflugzeug der USAAF. Doch selbst die imposante B-29 ist ohne größere Umbauten nicht in der Lage, die neue Superwaffe ins Ziel zu bringen. Ende 1943 beginnt unter dem Codenamen »Silverplate« ein umfangreiches Modifizierungs- und Testprogramm.
FLUGZEUG CLASSIC 6/2015 erscheint am 11. Mai 2015 … oder schon 2 Tage früher im Abonnement mit bis zu 44 % Preisvorteil und Geschenkprämie. 82 Jetzt bestellen unter www.flugzeugclassic.de
Lieber Leser, Sie haben Freunde, die sich ebenso für Oldtimer der Lüfte begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser. Ihr Chefredakteur FLUGZEUG CLASSIC Markus Wunderlich
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Erscheinen und Bezug FLUGZEUG CLASSIC erscheint monatlich. Sie erhalten FLUGZEUG CLASSIC in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken sowie direkt beim Verlag. © 2015 by GeraMond Verlag. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge undAbbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Markus Wunderlich; verantwortlich für die Anzeigen: Thomas Perskowitz; beide: Infanteriestraße 11a, 80797 München. Dieses Heft enthält historische Abbildungen aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, sie können Hakenkreuze oder andere verfassungsfeindliche Symbole beinhalten. Soweit solche Fotos in diesem Heft veröffentlicht werden, dienen sie zur Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens und dokumentieren die militärhistorische und wissenschaftliche Forschung. Diese Publikation befindet sich damit im Einklang mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere § 86 (3) StGB. Wer solche Abbildungen aus diesem Heft kopiert und sie propagandistisch im Sinne von § 86 und § 86a StGB verwendet, macht sich strafbar! Redaktion und Verlag distanzieren sich ausdrücklich von jeglicher nationalsozialistischer Gesinnung.
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