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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
Ein Magazin von Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50
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Okt. 2015 www.flugzeugclassic.de
one B-25 mit Kellan « unter
Albatros L 101 | Messerschmitt Bf 109 | Horten Ho 229
Wie die »Mitch Japans Marine wütete
Ein Ju-87-Pilot erinnert sich
So gefährlich war die Stuka-Ausbildung Messerschmitt Me 262 Wie das Jet-Replikat entstand
Blohm & Voss BV P 170 Radikaler Entwurf
Kindheitstraum erfüllt! Vom Farmersohn zum Warbirdpiloten
Modellbau
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Editorial USA-BESUCH Futuristischer Nurflügler bei der »Frischzellenkur«: Die Ho 229 wird derzeit in den USA konserviert Foto P. Amann
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ein Titelthema hat uns in letzter Zeit so viele Leserreaktionen beschert wie das in der JuniAusgabe von Flugzeug Classic über die Dornier Do 335. Ich war überrascht, wie viele Leser dem »Ameisenbär« im Deutschen Museum vis-à-vis standen. Und den Wunsch äußerten, sie würden das jetzige Zuhause der Zweimot, das Steven F. UdvarHazy Center, auch gerne mal besuchen. Das liegt aber bekanntlich nicht um die Ecke. Deswegen haben wir beschlossen, stellvertretend für alle Leser dem legendären Museum in Chantilly, Virginia, einen Besuch abzustatten. Denn dort tut sich Spannendes: Mit der Horten Ho 229 und Heinkel He 219 wird die Do 335 in absehbarer Zeit zwei Ausstellungsnachbarn bekommen, die auf Flugzeugenthusiasten wie Turbopulsbeschleuniger wirken. Jahrzehntelang schlummerten die beiden Exoten im Depot des Museums, nun hat man sie aus dem Dornröschenschlaf geholt. Unsere amerikanischen Freunde spendierten der He 219 eine Toprestaurierung. Bei der Ho 229 sind die ersten Schritte einer professionellen Konservierung getan. Aber was erzähle ich Ihnen, sehen Sie selbst, in unserer Heftbeilage laden wir Sie zu einem Museumsbesuch der Extraklasse ein!
Neben der Do 335, He 219 und Ho 229 stehen noch zahlreiche weitere Beuteflugzeuge in den Vereinigten Staaten. Sie alle traten 1945 ihren Weg von Ost nach West auf einem Flugzeugträger an. Über den Atlantik zurück kam jedoch vor Jahren ein Replikat, das die Warbirdszene hierzulande fasziniert wie kaum ein anderes Muster: der Nachbau der Messerschmitt Me 262. Wir haben uns auf die Spurensuche begeben: Woher stammt eigentlich das Replikat der »262«, das bei der Messerschmitt Stiftung in Manching seine Heimat gefunden hat? Die Antwort darauf finden Sie ab Seite 48. Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen wie immer Ihr Markus Wunderlich
Markus Wunderlich, Chefredakteur
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt: 46 %
Ich möchte mehr wissen über die ...
… Ho 229, weil der mysteriöse Nurflügler mit angeblichen Tarnkappeneigenschaften bis heute futuristisch wirkt.
34 % … die B-25, weil kein US-Flugzeug so bei der japanischen Marine gefürchtet war wir die »Mitchell«.
20 % … das Me-262-Replikat, weil der Jet der Star jeder Airshow ist. Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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Flugzeug Classic 10-15
INHALT
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Junger Heißsporn im Cockpit: Bei der Ausbildung zum Stuka-Pilot musst Irmfried Zipser einige brenzlige Situationen meistern – im August 1943 ging es bei einem Übungsschießen mit seiner Ju 87 buchstäblich um sein Überleben
TITELTHEMA ZEITGESCHICHTE Irmfried Zipser: Auf dem Weg zum Stuka-Pilot
Eine schützende Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Irmfried Zipser wollte eigentlich Jagdflieger werden, wurde aber zum Sturzkampfgeschwader 101 versetzt. Nachdem er dort das fliegerische A und O der Stukas geübt hatte, kam es bei der Waffenausbildung zu einem dramatischen Zwischenfall. TITELTHEMA
TECHNIK Die B-25 als Angriffsflugzeug
Wie eine Kreissäge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Als mittelschwerer Bomber hatte sich die B-25 schon vielfach bewährt, als sie 1943 im Pazifik eine neue Rolle übernahm: Im Tiefangriff ging sie gegen japanische Konvois vor und konnte einen Frachter nach dem anderen ausschalten.
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»Skip-Bombing« nannte sich die Taktik, mit der die B-25 »Strafer« im Tiefflug gegnerische Schiffe zur Strecke brachte
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Drei Triebwerke sollten den futuristisch wirkenden Schnellbomber P 170 von Blohm & Voss auf 820 km/h beschleunigen
SPEZIAL 59 Seite I
16 Seiten
Spezial
Deutsche Flugzeuge in den USA!
SPEZIAL Udvar-Hazy-Center
Die Schatzkammer . . . . . . . . . . . . . . . I Wir haben das »Mekka für Flugzeug-Fans« in den USA besucht und zeigen Ihnen auf 16 Seiten die dort versammelten Raritäten, darunter die He 219 und die derzeit konservierte Ho 229.
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Die Schatzkamm er
Die Vereinigten Staaten bieten Flugzeugbegeistert werten Museen. Das en deutschen Einzels Steven F. Udvar Hazy Center eine Menge an lohnenssteht tücken dabei ganz oben auf der Liste mit seinen zahlreichen Von Philipp Amann
FLUGZEUG CLASSIC
10/2015
I
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Der erste Me 262-Nachbau entstand in einer Werkstatt in Texas – doch das war nur der Startschuss für ein weit ergeizigeres Projekt
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE Kampfflugzeug-Entwurf BV P 170
Radikaler Schnellbomber
TITELTHEMA ....................
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Der 1942 mit der Projektnummer 170 geplante Schnellbomber sah äußerst spektakulär aus und wäre jedem Jagdflugzeug davongeeilt – wenn er es je zur Serienreife gebracht hätte.
Josef Rainer hat als Mechaniker bei der Luftwaffe viele Flugzeuge fotografiert und der Nachwelt auch sein Soldbuch hinterlassen
SERIE – ERSTER WELTKRIEG Eine neue Waffengattung
Die Anfänge der Luftabwehr
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Von der Albatros L 101 entstanden nur einige Dutzend Exemplare. Was konnte der begehrte Trainer leisten?
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1914 standen Flugabwehrgeschütze noch nicht zur Verfügung, doch bald kam die Entwicklung der neuen Waffe auf Touren. TITELTHEMA
OLDTIMER Me 262-Nachbau
TECHNIK – COCKPIT Albatros L 101 als Schulflugzeug
Spartanischer Trainer
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Geburt mit Hindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Von der US-Beute einer Me 262 existieren nur traurige Reste, und dennoch fliegt sie wieder – als Replikat. Wir zeigen, wie die Me 262 der Messerschmitt Stiftung entstanden ist. TITELTHEMA
OLDTIMER Vom Farmersohn zum Warbirdpilot
Vom Traktor in die Fokker
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Bevan Dewes hat sich einen Lebenstraum erfüllt: Gerade mal Anfang 20, ist er heute als Warbirdpilot bei Airshows dabei.
LESERALBUM Bilder eines Luftwaffensoldaten
Fotografisches Erbe
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Das Soldbuch und die Flugzeugfotosammlung eines Luftwaffenmechanikers bilden einen kleinen, interessanten Schatz. An Bord einer originalen Royal Aircraft Factory B.E.2f hat der junge Neuseeländer Bevan Dewes gut lachen – er darf sie fliegen
Flugzeuge in dieser Ausgabe Albatros L 101 ...................35 Blohm & Voss BV 141 ........33 Blohm & Voss BV P 170......28 Boeing B-29.........................8 Bücker Bü 131...................15 Caudron CR.714 ................10 Curtiss P-40.......................54 DHC-1 Chipmunk ................54 Dornier Do 335 ....................X Heinkel He 70....................59
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Heinkel He 219 ..................XII Horten Ho 229......................I Junkers Ju 87 ....................12 Junkers Ju 88 ....................60 Messerschmitt Bf 109 ........60 Messerschmitt Me 163.........X Messerschmitt Me 262.......48 North American B-25 ..........20 North American P-51D ........11 Supermarine Spirfire .............9
RUBRIKEN Editorial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Background . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Termine/Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Leserbriefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Vorschau/Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFA AHRT,, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
anone B-25 mit cK hell« unter Wie die »Mit Japans Marine wütete
Albatros L 101 | Messerschmitt Bf 109 | Horten Ho 229
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Ein Ju-87-Pilot erinnert sich
So gefährlich war die Stuka-Ausbildung Wie das Jet-Replikatt entstand
Blohm & Vo oss BV P 170 Radikaler Entw wurff
Kindheitstraum erfüllt! Vom Farmersohn zum Warbirdpiloten
TITELBILD Ju 87: Slg. P. Cronauer Me 262: A. Zeitler BV P 170: W. Mühlbauer P-40: G. Schmid Profil He 219: H. Ringlstetter
TITELSEITE: Auf Sturzkampfbombern vom Typ Ju 87 – hier beim Formationsflug – erhielt Irmfried Zipser seine Frontreife
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BILD DES MONATS
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Eine äußerst agile Jet-Legende
Auf diesen Anblick mussten Flugzeug-Fans lange warten: Eine Messerschmitt Me 262 schießt durch die Wolken, dreht sich übermütig auf den Rücken, dicht gefolgt von einer Fouga Magister, aus deren Cockpit heraus das Foto entstand. Beide Maschinen fliegen zunächst Fassrollen in Formation und kurven dann über den »North Cascades« herum, eine Bergkette im US-Bundesstaat Washington, hier oberhalb des Wolkenteppichs zu erkennen. Gestartet sind sie in Everett, im dortigen Boeing-Werk ist die Me 262 gebaut worden – als Replikat. Und von dem darf man noch viele spektakuläre Höhenflüge erwarten. Mehr zum Thema ab Seite 48! Foto Cornelius Braun, Text Jens Müller-Bauseneik
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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PANORAMA Nach Abschluss der von Goshawk Unlimited durchgeführten Instandsetzungsarbeiten wartet Dan Kirklands FlugWerk FW 190 A-8/N »Priller’s Pride« auf einen neuen Besitzer
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FLUGWERK FW 190
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ie Firma Gosshawk Unlimited hat die Instandsetzung der im Besitz von Dan Kirkland befindlichen FlugWerk FW 190A-8/N beendet, die im März 2012 einen Landeunfall in Casa Grande erlitten hatte. Gosshawk und sein Partner Don Hansen beschafften für die Reparatur zunächst FW-190-Zeichnungen, Lehren, Formen und Werkzeug von der Mutterfirma FlugWerk. Dadurch waren sie in der
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Lage, in ihren eigenen Werkstätten weitere Schäden zu beheben. So richteten sie die Flügelvorderkanten wieder her, fertigten die Fahrwerksklappen neu an und überarbeiteten die Flügelverkleidungen und die Fahrwerksschächte. Außerdem änderten sie einige Teile für eine bessere Passform ab. Am 26. April startete die Maschine schließlich mit dem erfahrenen Luftwaffenpiloten
Foto Doug Fisher
»Würger« ist nicht mehr flügellahm
Klaus Plasa am Steuer zu einem 15-minütigen Flug, der problemlos verlief. Die FW 190 trägt die authentischen Markierungen der Maschine, die einst Ritterkreuzträger Josef Priller vom JG 26 geflogen hatte. Priller absolvierte 1307 Kampfeinsätze, wobei er 101 Luftsiege erzielte (darunter 68 gegen Spitfire). Zurzeit wird das instandgesetzte Flugzeug zum Kauf angeboten. Dave McDonald n
AMERICAN AIR MUSEUM
Bomber haben »Freigang«
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perfortress 44-61748 »It's Hawg Wild« und die B-24M Liberator 44-51228 »Dugan« müssen vorübergehend im Freigelände stehen. Damit haben die Besucher die einmalige Chance, sie draußen zu besichtigen. Bei der B-29 handelt es sich um einen Veteranen des Koreakrieges, der insgesamt 105 Einsätze abFoto RAF
as American Air Museum (AAM) in Duxford hat seine Tore bis zum Frühjahr 2016 geschlossen, um seine USAF-Exponate auf den neuesten Stand zu bringen. Während der Umbauarbeiten werden die Maschinen in anderen Hallen des Flugplatzes untergebracht. Doch größere Maschinen wie die B-29A Su-
Die B-29A, 44-61748 »It’s Hawg Wild« mit den Markierungen, die sie im Koreakrieg bei 307th Bomb Wing trug
Der verwitterte Farbanstrich der B-29 zeigt deutlich die Auswirkungen der vielen Jahre im Freien auf dem China-Lake-Testgelände
Foto Tony Clarke
solvierte. Und die B-24M Liberator war die letzte B-24, die bei der USAF diente. Das AAM existiert seit 1996/97 und zeigt die umfangreichste öffentliche Sammlung amerikanischer Militärluftfahrzeuge außerhalb der USA. Dave McDonald n
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SUPERMARINE SPITFIRE
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ür die stolze Summe von 3,1 Millionen Pfund (4 390 840 Euro) erwarb ein anonymer Bieter am 9. Juli 2015 bei Christies in London die Supermarine Spitfire Mk.IA, P9374/G-MKIA. Sie ist eine von nur zwei flugtüchtigen Exemplaren dieses Typs, die noch auf dem Globus existieren. Ihr letzter Pilot im Zweiten Weltkrieg war Flying Officer Peter Cazenove von der 92 Squadron. Eine Dornier Do 17 schoss ihn am 24. Mai 1940 ab, sodass er mit seiner Spitfire auf den Sandbänken von Calais bauchlanden musste. Dort ging sie buchstäblich verschüttet, ehe man sie in den 1980er-Jahren barg. Ursprünglich hatte man bei der Auktion einen Erlös von maximal 2,5 Millionen Pfund angepeilt. Der Gewinn kommt dem Royal Air Force Benevolent Fund und Panthera, einer führenden Vereinigung für den Erhalt gefährdeter Wildtiere, zugute. Richard Chapman n
Foto Sammlung Peter R. Arnold
Millionenschwerer Warbird hilft wilden Tieren
Foto Michael Dodsworth
Zwei deutsche Arbeitsdienstler posieren auf F/O Cazenoves Spitfire vor Calais für die Kamera. Dem Piloten gelang es, England sicher zu erreichen
Cazenoves Spitfire Mk.IA, P9374, öffentlich ausgestellt in den Churchill War Rooms in London
Die Jet-Ikone aus Schweden
Der Prototyp der Draken
Überschallschnell, robust, einfach zu warten, billig im Unterhalt sowie fähig, präparierte Straßenabschnitte für Start und Landung zu nutzen: Das sind die Vorgaben, denen sich Schwedens führender Flugzeughersteller Saab 1949 erstmals gegenübersieht. Genau so muss der Abfangjäger aussehen, der künftig helfen soll, die Neutralität des Landes im Kalten Krieg zu schützen. Wie zu vermuten, reift Besonderes heran: die Draken, dank Doppeldeltatragfläche so unverwechselbar wie einzigartig. Der dicke Innenflügel lässt Platz für Lufteinlauf, Fahrwerk und Tanks. Der dünne Außenflügel ist dagegen wider-
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
standsarm genug, um Überschallflug zu erlauben, liefert zugleich aber ausreichend Auftrieb für den Start von Behelfspisten. Alles miteinander zudem die perfekte Mischung, um mit sehr steilem Anstellwinkel zu landen. Am 25. Oktober 1955 startet die Draken zum Erstflug, im Januar 1958 sind die ersten Serienexemplare bei der Truppe. Der Jäger fliegt sich erstaunlich einfach und reagiert im – simulierten – Luftkampf agiler als gedacht. So agil, dass er später einmal gar das berühmte Cobramanöver annähernd zustande bringen wird. Schweden erhält bis 1974 über 570 Stück in sechs Hauptversionen als Jäger oder Aufklärer. Eine Anzahl davon baut man zu Trainern um. Andere werden einer Modernisierung unterzogen, sodass die letzten Saab 35 in Schweden bis 1999 Dienst tun. Obendrein findet die Draken beachtliches Interesse im Ausland. Für Dänemark gibt es eine massiv angepasste Strike-Version; Finnland kauft oder least Flugzeuge aus ehemals schwe-
dischen Beständen und fertigt ein Dutzend selbst. Unsere österreichischen Nachbarn lassen schließlich von 1987 bis 2005 insgesamt 24 modernisierte Gebrauchtdrachen steigen, die Saab als J35Ö liefert. Zunächst sind sie eher zahnlos, denn Lenkraketen dürfen wegen der Staatsvertragsbestimmungen nicht mitgeführt werden … bis der Balkankrieg tobt, man das Vertragswerk ändert und Sidewinder-Lenkflugkörper nachkauft. Absoluter Exot unter den Betreibern ist freilich die National Test Pilot School in den USA. Hier fliegen einzelne Draken dänischer Herkunft bis heute. Wolfgang Mühlbauer n
J35Ö des Bundesheers
Fotos (2) Saab
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PANORAMA Fotos RIMOWA via Stefan Schmoll (Konstruktion), Manfred Poznanski via Stefan Schmoll (Oshkosh)
FLUGSIMULATOR
Nur fliegen ist schöner
Das Cockpit des UH-1-Simulators Einmal mit einem Flugzeug oder Hubschrauber in den Wolken herumkurven – diesen Traum kann sich jeder erfüllen, Flugsimulatoren machen es möglich! Das Frankfurter Unternehmen Happy Landings hat seinen Bestand von fünf Simulatoren (unter anderem eine B 737 und eine F-16) erweitert und hält ab sofort auch eine Bell UH-1 bereit. Der ehemalige BundeswehrTrainer ist einzigartig in Europa und bietet mit 6 HD-Beamern sowie einer sphärischen Projektionsfläche von 210 Grad um ein originales Bundeswehr-Cockpit ein absolut realistisches Flugerlebnis. Das Basisangebot umfasst eine theoretische Einführung in die Grundlagen des Hubschrauberfliegens, danach wird man von einem Instructor so lange angeleitet, bis man es schafft, den Heli allein zu fliegen. 60 Minuten Flugzeit kosten 179 Euro, längere Flüge sind entsprechend teurer. Mehr Infos unter www.happy-landings.org. JMB
Sieht aus wie neu – und ist es auch: die von RIMOWA gebaute Junkers F13 in Oshkosh
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Moderne Koffer, alter Flieger
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er Kölner Kofferhersteller RIMOWA präsentierte während des weltgrößten Fliegertreffens in Oshkosh seine neu gebaute Junkers F13 erstmals der Öffentlichkeit. Da es an historischen Konstruktionszeichnungen mangelt, hat man die im Pariser Musée de l’Air et de l’Espace ausgestellte Originalmaschine elektronisch vermessen. Natürlich mussten einige wenige technische Änderungen zum damaligen Original vorgenommen werden, um das Flugzeug sicher betreiben zu können. Dazu gehören beispielsweise ein Spornrad anstatt des damals üblichen Schleifsporns und eine moderne Bremsanlage. Angetrieben wird die Maschine
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Foto Eric Janssonne
Vive la france!
Die AT-6 Harvard Mk.IV, F-AZCM, hat einen Anstrich in den Farben einer Curtiss H-75 A3 erhalten. Ihr Besitzer, Patrice Lombard, möchte damit an die Maschinen und Piloten der berühmten Jagdgruppe GC II/5 »Lafayette« erinnern. Die Harvard lief 1953 bei Canadian Car Foundry als 51-14492 vom Band und diente bei der italienischen Luftwaffe, vermutlich als MM53802. Anschließend sah sie verschiedene Besitzer, bis Lombard das Flugzeug im Jahre 1992 erwarb. Er betreibt die Harvard auf dem Flugplatz Montbeliard-Courcelles in der Nähe von Doubs. Eric Janssonne
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von einem 450 PS starken P&W-R-985-WaspJunior-Sternmotor, den die Kaelin Technologies GmbH in rund 9000 Arbeitsstunden konstruiert hat. Die Endmontage sowie Ausrüstung fand in Dübendorf statt. Der Erstflug soll noch gegen Ende diesen Jahres erfolgen. Dieter Morszeck – Chef des Kofferherstellers – möchte es jedoch nicht bei einem Muster belassen. Vielmehr strebt er eine Kleinserie an, für die er eigens die RIMOWA Flugzeugwerke AG im schweizerischen Dübendorf aus der Taufe gehoben hat. Der Stückpreis beträgt derzeit 2,2 Millionen US-Dollar. Stefan Schmoll n
CAUDRON CR.714
Rüstiger Veteran D ie seltene Caudron CR.714 »Cyclone« ist als Leihgabe für mindestens fünf Jahre an das polnische Luftfahrtmuseum in Krakau gegangen. Zuvor war sie im Päijänne Tavastia Aviation Museum in Finnland eingelagert gewesen. Der Jäger mit der Baunummer CA-556 ist in gutem Zustand und behält seinen Originalanstrich. Er ist allerdings unvollständig: Es fehlen Motor, Propeller und Cockpit-Instrumente, von denen man die meisten jedoch bereits beschafft hat. Hintergrund der Leihgabe ist das 70-jährige Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Polen beabsichtigen, die Maschine hierfür in enger Zusammenarbeit mit dem finnischen Luftfahrtmuseum wieder in ihren Originalzustand zu versetzen. Die CR.714 war das letzte Modell einer Serie von leichten Jägern. Sie flog erstmals im Jahr 1938. Obwohl das Muster eine schlechte Steigleistung aufwies und Foto Dave McDonald
NORTH AMERICAN AT-6 HARVARD
Die Harvard mit Markierungen einer Lafayette Curtiss H-75 Hawk
JUNKERS F13
Die Caudron zu Beginn ihres fünfjährigen Aufenthalts im Luftfahrtmuseum in Krakau auch die Manövrierfähigkeit zu wünschen übrig ließ, kam es gegen die Luftwaffe zum Einsatz. Insgesamt 35 Caudron dienten im Mai 1940 bei der in Frankreich stationierten »Warschau«-Staffel. Die polnischen Piloten errangen bis zum Waffenstillstand zwölf bestätigte und drei unbestätigte Abschüsse. Dave McDonald n
Eine weitere Ansicht von »Bunny«, die die Massen erfreut und den Namen der Tuskegee Airmen am Leben erhält
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NORTH AMERICAN P-51D
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ie frisch restaurierte P-51D-30NA des Palm Springs Air Museum trat im Mai 2015 erstmals vor größerem Publikum auf, als sie an der Planes of Fame Air Show in Chino, Kalifornien, teilnahm. Bei dem Warbird handelt es sich um einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs, der im Sommer 1945 seinen
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Dienst bei der kanadischen Luftwaffe antrat. Dort flog die Mustang bis 1956, ehe man sie nach einer Bruchlandung einlagerte. Sodann wechselte sie häufiger den Besitzer und erst im Jahr 2007 erwarb das Palm Springs Air Museum den Warbird. Das Museum gab ihr einen Neuanstrich in den Farben
SCALARIA AIRCHALLENGE
Schreckmoment am Wolfgangsee
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ährend der Scalaria Airchallenge im Juli 2015 kam es zu einer unfreiwilligen Stunt-Einlage der Do 24. Der Unfall ereignete
sich, als der Pilot und Eigentümer Iren Dornier bei einem geplanten Touch and Go vermutlich mit einem Hindernis im Wasser kollidierte. Die Maschine drehte sich daraufhin abrupt um 180 Grad, richtete sich mit dem Heck steil auf und kam in einer gewalti-
der Maschine von Lieutenant Colonel Robert J. Fond, der bei der 332nd Fighter Group »Tuskegee Airmen« flog. Die Arbeiten dauerten bis Anfang 2015 an, zuletzt erhielt die Mustang noch die auffällige Bunny-Bugbemalung. Der Erstflug fand schließlich am 9. Februar statt. Frank Mormillo n
gen Gischtwolke zum Stillstand. Im Rumpfboden entstand dabei ein großes Loch, durch das sofort Wasser eindrang, die zweiköpfige Besatzung blieb unverletzt. Es gelang jedoch, die Dreimot in ein nahe gelegenes Strandbad zu schleppen und später auf ein provisorisches Trockendeck zu hieven. Neben dem Leck im Rumpf sind wohl auch Teile der Elektrik in Mitleidenschaft gezogen. Das Flugboot wurde Tage später provisorisch flugtüchtig gemacht und im Hangar 8 der Flying Bulls am Flughafen Salzburg ausgiebig inspiziert. Jürgen Schelling n Anzeige
Fotos Walter Hirzinger
Die Do 24 setzt auf, trifft vermutlich ein Hindernis ...
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F-86 Sabre samt Flugsimulator ... und dreht sich abrupt um 180 Grad
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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Fotos Frank Mormillo
Rasantes »Häschen«
ZEITGESCHICHTE
Irmfried Zipser
Auf solchen Ju 87 A mit »Hosenbeinfahrwerk« wurde Irmfried Zipser zum Flugzeugführer ausgebildet. Bald musste er dabei höchst gefährliche Situationen meistern
Vorübergehend trug Irmfried Zipser einen Mittelscheitel – als Reminiszenz an Werner Mölders, den er sehr verehrte
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TEIL1: AUF DEM WEG ZUM STUKA-PILOT
Eine schützende Hand Allein der Weg zur fliegenden Truppe ist schon schwer. Doch wie gnadenlos unter den angehenden Flugzeugführern bei den Stukas gesiebt wurde, ist heute kaum vorstellbar. Irmfried Zipser hat es erlebt. Hier sind seine Erinnerungen Von Peter Cronauer
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er 1923 geborene Irmfried Zipser war ein Kind seiner Zeit und der besonderen Umstände, in die er hineingeboren wurde. Seine Eltern waren österreichische Staatsbürger, die ihre beiden Kinder in Polen zur Welt brachten. Dabei hatte die Familie ihren angestammten Wohnsitz noch nicht einmal verlassen, vielmehr waren die Staatsgrenzen über sie hinweggezogen worden – eine Folge der vielschichtigen, spannungsgeladenen, konfliktreichen Umwälzungen und Entwicklun-
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
gen, die das östliche Europa in den Jahren nach Ende des Ersten Weltkriegs nicht zur Ruhe kommen ließen. Auch Zipsers Geburtsstadt Bielitz (heute Bielsko-Biala) war einer von vielen Schauplätzen der damaligen Ereignisse.
Geschichtsträchtiges Terrain Im selben Jahr heirateten Irmfried Zipsers Eltern. Er selbst wurde 1923 geboren, in einer Zeit voller Mangel und Inflation. Die politischen Rahmenereignisse kamen noch hinzu. In
Bielitz lebten Deutsche, Polen, Tschechen, Weißruthenen und andere Minderheiten nebeneinander. Vom politischen Geschehen und von Spannungen der Ethnien untereinander bekam Irmfried Zipser, der zunächst eine deutsche Volksschule und später das Gymnasium besuchte, nichts mit. Sein Vater, der im Ersten Weltkrieg als österreichischer Offizier an der Isonzo-Front gekämpft hatte und nun als Ingenieur in einer großen Maschinenbaufirma arbeitete, sah dies vermutlich anders. Er gehörte dem Führungsgremium der »Jungdeutschen Partei« an und zählte zum engsten Kreis um deren Vorsitzenden Rudolf Ernst Wiesner, der später von Staatspräsident Ignacy Moscicki als Vertreter der deutschen Minderheit in den polnischen Senat berufen wurde.
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ZEITGESCHICHTE
Irmfried Zipser Bücker & Co.: Schulflugzeuge der Luftkriegsschule 5 (LKS 5) in Breslau-Schöngarten auf einem Außenlandeplatz in Schweidnitz
1936 fuhr der Vater zur Olympiade nach Berlin und kam nicht wieder. »Wir Kinder verstanden nicht, warum, fragten nach und waren irritiert, weil unsere Mutter unsere Sorgen nicht zu teilen schien. Später erfuhr ich, dass sie die ganze Zeit über ganz genau wusste, wo er sich gerade befand, und dass sie mittels ihrer sudetendeutschen Verwandtschaft mit ihm in Verbindung stand. Im Nachhinein erfuhren wir dann, dass die Reise zur Olympiade nur ein Vorwand war; heute würde man sagen, er floh, um seiner Verhaftung zu entgehen. 1937 wurden dann auch wir aus Polen ausgewiesen. Binnen 48 Stunden hatte meine Mutter mit ihren beiden Kindern das Land zu verlassen, in Neuruppin trafen wir unseren Vater wieder. Bei dem Feuerlöscherhersteller Minimax hatte er sogleich eine Anstellung gefunden«. Rund zwei Jahre lang blieb die wiedervereinte Familie in Neuruppin, dann wurde der Vater nach München versetzt. »Den 1. September 1939 habe ich noch sehr gut in Erinnerung. An diesem Tag zogen wir um. Wir saßen auf gepackten Koffern, die Möbel waren bereits unterwegs, da hörten wir im Radio die Stimme des schreienden Hitlers: ›Seit fünf Uhr fünfundvierzig wird jetzt zurückgeschossen!‹ Als unser Vater wenige Tage später sagte, dass nun England und Frankreich uns den Krieg erklärt hätten, verstanden wir Kinder nicht, was das bedeutete. Wir wohnten im Münchener Stadtteil Schwabing und sahen über unseren Köpfen Aufklärer ihre Kreise ziehen.«
Ein Kind seiner Zeit Irmfried Zipser machte 1941 das Abitur und wurde zu einem Kind seiner Zeit: »Ich war in der Hitler-Jugend aktiv und engagiert, wurde später bestätigter Gefolgschaftsführer und trug die weiße Schnur eines Stammführers. Ich hatte etwas zu sagen.« Nach dem damals offiziellen Sprachgebrauch war München die »Hauptstadt der Bewegung« und dort befand sich auch das Hauptquartier der Hitler-Ju-
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gend. »Das Prinzip ›Führer befiehl, wir folgen!‹ hatte ich geradezu verinnerlicht und auch die anfängliche Kriegsbegeisterung.« Gleich nach dem Abitur meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. »Gemeinsam mit zwei Mitschülern aus meiner Klasse. Der Erste wollte zum Heer, der zweite zur Luftwaffe und ich wollte versuchen, Flieger-Ingenieur zu werden. Vom Fliegen hatte ich schon immer geträumt und wollte nun die von Göring initiierte Offerte nutzen, wonach man FliegerIngenieur, Flugzeugführer und zugleich aktiver Offizier der Luftwaffe werden konnte.« Davor erwartete ihn jedoch die militärische Grundausbildung: »Am 1. Dezember begann meine militärische Grundausbildung beim Ausbildungsregiment 71 in Fels am Wagram in der Nähe von Wien. Von Österreichs Hauptstadt bekamen wir so gut wie gar nichts mit. Einmal wurden wir geschlossen hin- und durchgeführt, das war es aber auch schon wieder.
Irmfried Zipser als A/B-Schüler der LKS 5 in einer Bücker Bü 131
Beim Ausbildungsregiment löste man Probleme auf eine hemdsärmelige Art und Weise. Beispielsweise litt ich in jungen Jahren unter Schweißfüßen und -händen; unser Ausbilder versprach Abhilfe: ›Du wirst sehen, in zwei Wochen bist du das los!‹ Nach zwei Wochen war ich es tatsächlich los. Aber nicht, weil mich der Kapo – ein aus Schlesien stammender Unteroffizier – einem kompetenten Arzt anvertraut hätte. Stattdessen ließ er mich täglich morgens nach dem Aufstehen eine Viertelstunde lang barfuß um unsere Baracke laufen, ganz gleich, bei welchem Wetter. Der Winter 1941/42 war sehr streng, einmal hatten wir sogar minus 25 Grad, aber die Schweißfüße waren kuriert. Und sie kamen auch nicht wieder. Drei Monate dauerte die Ausbildung und ich war schon davor durchaus sportlich und auch ansonsten einigermaßen auf Draht gewesen, aber was sie uns dort abverlangten, kann man sich heute kaum mehr vorstellen.«
Raue Methoden Zwischendurch erhielt er auch eine Kostprobe von der Fliegerei: »Im Hinblick auf die Ausbildung zum Flieger-Ingenieur wurde im thüringischen Blankenburg mein technisches Verständnis geprüft. Ich trug Uniform, war stolz auf meine rosafarbenen Kragenspiegel und durfte schließlich meinen ersten Flug erleben: Auf dem kleinen Flugplatz von Schwarza, als Passagier an Bord einer Fw 44. Nach einigen Platzrunden wurde ich gefragt, ob mir das gefiel. Meine Antwort war eindeutig: Ich war Feuer und Flamme!« Auf die Grundausbildung folgte die A/BAusbildung an der Luftkriegsschule 5 in Breslau-Schöngarten, die er als Flugzeugführer verließ. »Der Kommandeur der Schule, Oberst Schulz, verabschiedete uns mit Handschlag und mich mit den Worten: ›Sie waren schon immer so ein sturer Bock, Sie gehen zu den Stukas!‹ Eigentlich wollte ich Jagdflieger werden, so wie meine Kameraden, die allesamt zu den Jägern oder Zerstörern gingen, doch es sollte nicht so kommen: ›Mit sofortiger Wir-
Bücker 131 Jungmann, GD+EB, der A/B-Schule der LKS 5 in Breslau-Schöngarten. Die Lackierung ist spekulativ Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
kung sind Sie zum Sturzkampfgeschwader 101 nach Saint-Raphael-Fréjus versetzt!‹« Der mittlerweile zum Leutnant beförderte Irmfried Zipser fuhr per Bahn über Paris nach Fréjus. An der Mittelmeerküste absolvierte er seine ersten Flüge mit der Ju 87 A: »Cuers war ein französischer Seeflughafen mit riesigen Hallen; aufgrund meiner bisherigen Beurteilungen ließ man mich nach einer Einweisung am Boden sofort alleine los. Ohnehin gab es keine mitfliegenden Fluglehrer, da der zweite Sitzplatz dem Bordschützen vorbehalten war,
ren. Höchstens! Zu dritt übten wir Kurvenfliegen, dann Angriff, dann Positionswechsel innerhalb der Kette … Man sah uns dabei ganz genau auf die Finger und prüfte, ob wir den Anforderungen psychisch und physisch gewachsen waren. Anfangs hatte ich damit größte Schwierigkeiten, vorübergehend drohte mir sogar die Ablösung. Mit dem Fliegen als solches hatte ich keinerlei Probleme. Auch nicht mit der Ju 87, die eine äußerst robuste Maschine mit starrem Fahrwerk war, die man mit zwei Fingern fliegen konnte und die sich
Was sie uns in der Grundausbildung abverlangten, kann man sich heute kaum vorstellen. und so drehte ich im Stuka alleine meine ersten Platzrunden. Sechs Wochen dauerte meine Annäherung an die Version A, dann kam ich zum Geschwader nach Fréjus, wo ich Bekanntschaft mit der Version ›Berta‹ machte.
Berührungsängste Einweisungsmaschinen, denen wir zu folgen hatten, übten mit uns exzessiv das fliegerische A und O der Stukas: gefechtsmäßigen Verbandsflug. Dabei rückten wir so nah zusammen, dass zwischen unseren Tragflächen nur noch zwei, drei oder vier Meter Abstand wa-
dank der Knickflügel von ganz alleine wieder ausrichtete, wenn man Hände und Füße von den Steuern nahm. Doch im Flug so nah an andere heranzugehen, zeigte mir meine persönlichen Grenzen auf. Sofort regte sich bei mir ein innerer Schweinehund, der mir zunächst unüberwindbar erschien. Während des Verbandsfluges wurde ich mehrfach im FT herangerufen: ›Näher! Noch näher!‹ Schon beim Geradeausflug hatte ich damit größte Schwierigkeiten und erst recht beim Kurvenflug, wo man unter allen Umständen dranbleiben musste! Ich
konzentrierte mich so sehr auf die Führungsmaschine und ihren Piloten, dass ich nichts von dem mitbekam, was ansonsten noch um mich herum geschah. Doch irgendwann gelang es mir, Angst und Fluchtinstinkt zu bändigen und meine Hemmschwelle zu überwinden. Fortan kam ich auch in engsten Formationen gut damit zurecht. Wir übten sämtliche stukaspezifischen Flugmanöver: das Umkehren, das Unter- und Überschneiden von Maschinen, das Formieren in einer Reihe … anfangs in Ketten-, später in Staffelstärke.«
Zahlreiche Ausfälle Es folgte die Waffenausbildung, das BombenWerfen und das Schießen: »Wenige Flugminuten von unserem Platz entfernt gab es auf einem Hochplateau in den Seealpen einen riesigen Bombenabwurfplatz, das war unser Übungsgelände. Anfangs bekamen wir nur Zementbomben untergehängt, erfuhren aber im theoretischen Unterricht von den diversen Bombenarten, mit denen wir es später im Einsatz zu tun bekommen sollten. Schon damals gab es A/B-Behälter, die heute als ›Streubomben‹ bezeichnet werden und allgemein geächtet sind. Vor dem ersten Übungseinsatz fuhr man uns jedoch erst einmal in Bussen zum Abwurfplatz, erklärte uns die Abläufe vor
Irmfried Zipser (links) und zwei Klassenkameraden, mit denen er sich nach dem Abitur in München freiwillig zur Wehrmacht meldete
Die Wohnbaracken beim Ausbildungsregiment in Fels-am-Wagram
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ZEITGESCHICHTE
Irmfried Zipser Diese Aufnahme einer Ju 87 A mit »Hosenbeinfahrwerk« erschien während der NS-Zeit in der Serie »Unsere Luftwaffe«
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Junkers Ju 87 A der 7. Staffel des StG 101. Die »Weiße 2« wurde auch von Irmfried Zipser geflogen. Das Aussehen Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus ist spekulativ
Ort, zeigte uns die Ringe, die als Zielmarkierungen dienten, und führte uns das Kontrollieren der Trefferlage vor. Per Funk würde man uns durchgeben, ob wir zu kurz oder zu lang geworfen hatten. In der Theorie klang das recht einfach, die Praxis war ungleich schwerer, fast wöchentlich nahmen wir mindestens an einer Beerdigung teil. Die häufigste Unfallursache war ein typischer Anfängerfehler: zu spät mit dem Sturz beginnen – zu weit über das Ziel hinausgeraten – durch Nachdrücken versuchen, Irmfried Zipser im Frühjahr 1942 während der A/BAusbildung auf der LKS 5
die Bombe doch noch ins Ziel zu bringen. Zum Abfangen blieben dann meistens weder genügend Raum noch Zeit und viele von denen, die das versuchten, krachten ungespitzt in den Boden hinein. Fotos erinnern an eine solche Beerdigung. Den Feldwebel, der den Ehrenkranz trug, erwischte es gleich am nächsten Tag selbst. Wir hatten viele Ausfälle, doch darauf nahm man an höherer Stelle keine Rücksicht. Für uns gehörten sie zum Alltag und jeder musste seinen eigenen Weg finden, um damit zurechtzukommen. Mir persönlich
half dabei mein Glaube. Ich war protestantisch erzogen worden, faltete häufig meine Hände und betete ein Vaterunser. Das Gebet gab mir wiederholt Vertrauen und Kraft, später auch im Einsatz.« Im August begann dann schließlich die Schießausbildung. »Auch zum Schießplatz fuhr man uns mit Bussen, zeigte uns die etwa drei auf drei Meter großen Zielscheiben mit aufgemaltem Kreuz und Ring, die in einem Winkel von etwa 30 Grad aufgestellt waren. Die Scheiben standen wohl deshalb so steil,
Während der Ausbildung in Cuers auf der »Anton«. Die Aufschrift »Anni« stammte offenbar von einem seiner Vorgänger-Piloten
Diverse Ju 87 A in Saint-Raphael, August 1943
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ZEITGESCHICHTE
Irmfried Zipser
Irmfried Zipser inspiziert die Schäden an seiner Maschine nach der Notlandung am 28. August 1943
damit wir Flugzeugführer gleich den richtigen Anflugwinkel üben sollten. Trotzdem war auch das äußerst riskant und entsprechend drastisch verlief die Einweisung: Es hieß, wir sollten frühzeitig mit dem Schießen aufhören, nicht zu nah an die Scheiben heranfliegen und jeden aufkommenden Ehrgeiz möglichst schon im Keim ersticken. Währenddessen hielt der Einweiser eine lederne Fliegerhaube hoch und verkündete: ›Der hat das gestern nicht beherzigt, seine Haare kleben hier noch drin!‹ Am ersten Schießtag hatte ich dann auch erstmals einen Bordschützen hinten drin, sein Name war Hans Stepper. Auch für die Bordschützen war das ein intensiver Lernprozess. Sie waren dem Flugzeugführer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und sollten beim Abfangen und wieder Hochziehen das MG nach hinten raus bedienen.
Ungewöhnlich schnell Am 28. August 1943 wurde es dann für uns ernst. Wir starteten in der Früh als zweite oder dritte Maschine, machten einen ersten und dann einen zweiten Anflug, schossen und trafen sehr gut, wie uns auch hier per
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Funk mitgeteilt wurde, und wollten es beim dritten Mal noch besser machen. Womöglich war ich blind vor Fluggeilheit, vielleicht lag es auch am doch in mir aufkommenden Ehrgeiz, den ich nicht im Keim ersticken konnte: Plötzlich schlug und kratzte es an unserer Maschine, gefolgt von einem dumpfen Rumms. Und schon ging es für uns abwärts! Die Schießscheiben waren am Rand des Plateaus aufgestellt, dahinter ging es in ein tiefes Tal und dort stürzten wir nun hinein. Das Tal war unser großes Glück, denn auf der Ebene wären
wieder auf Höhe, kehrten zum Plateau zurück und dort lag unsere Scheibe auf dem Rücken. Unübersehbare Schleifspuren führten zu unseren abgerissenen Fahrwerksbeinen, die wenige Meter dahinter lagen. Was hatte ich falsch gemacht? Hatte ich etwas ›geschoben‹? – Nur um Haaresbreite waren wir nochmals davongekommen, doch für Selbstkritik blieb uns jetzt keine Zeit. Ohne den Luftwiderstand und das Gewicht des Fahrwerks war unsere Maschine jetzt sehr schnell. Ich ging weiter auf Höhe,
Unsere Fahrwerksbeine waren abgerissen; jetzt ging es buchstäblich um unser Überleben. wir längst am Boden zerschellt. So aber hielt wohl ein Schutzengel seine schützende Hand über uns. ›Gib Gas!‹, schrie Hans, der auch mitgekriegt hatte, dass etwas im Argen lag. Ich schob die Pulle rein, der Motor lief wie immer. Ich bekam die Maschine wieder unter Kontrolle, nur waren wir jetzt deutlich schneller als bisher. Etwas Gravierendes war vorgefallen, doch unser Flugzeug flog. Wir gingen
kehrte zu unserem Platz zurück und meldete per Funk, dass wir unsere Fahrwerksbeine bei einer Bodenberührung verloren hatten. Die Bodenstelle wies mich an, herunterzugehen und den Platz langsam zu überfliegen, man wolle den Schaden sehen. Die Luftschraube hatte zum Glück nichts abgekriegt, das Fahrwerk sah jedoch übel aus: ›Beide Beine abgerissen, der rechte Stummel ist länger als der
linke.‹ Wir erfuhren nicht, wie viel länger der rechte Stummel war, und warteten auf weitere Anweisungen. Die Ungewissheit jener Minuten verfolgt mich noch heute, bis ins hohe Alter, ehe ich endlich die erlösende Stimme im FT vernahm: ›Der Oberst befiehlt: Auf über 1000 Meter gehen, zur Küste fliegen und dort mit dem Fallschirm aussteigen!‹ Angesichts der unterschiedlich langen Fahrwerksstummel war ihnen eine Bauchlandung offensichtlich zu riskant.
Befehlsverweigerung Obwohl wir uns gerade erst persönlich kennengelernt hatten, verstand ich mich gut mit meinem Bordschützen. Die Chemie stimmte einfach zwischen uns, mit der Zeit wurden wir enge Freunde. Doch jetzt ging es zunächst einmal buchstäblich um unser Überleben. Der Platz von Fréjus lag direkt an der Küste, dorthin zu gelangen war nicht schwer, schon gar nicht mit unserer jetzt sehr schnellen Maschine. ›Hans‹, sagte ich, ›wir sind jetzt auf über 1000 Meter und über dem Meer. Jetzt werfen wir beide die Kabinenhaube ab, du springst zuerst, ich folge nach.‹ ›Nein, Friedel‹, bekam ich zu hören, ›ich springe nicht!‹ Ich traute meinen Ohren kaum und wurde dienstlich: ›Unteroffizier Stepper, ich befehle Ihnen, die Haube abzuwerfen und auszusteigen!‹ ›Nein Herr Leutnant, das tue ich nicht!‹ Wir diskutierten. Wir stritten. Es war nichts zu machen. Selbst auszusteigen und ihn mit der Maschine ins Wasser stürzen zu lassen, kam für mich nicht infrage. Also funkte ich der Bodenstelle: ›Bordschütze verweigert den Befehl zum Aussteigen, ich versuche zu landen‹. In aller Eile richtete man für uns eine Notlandebahn neben der eigentlichen ein. Schon damals gab es Fahrzeuge, die eine Art Schaumteppich legten, und wir erhielten den Befehl, zunächst einmal unseren Treibstoffvorrat leer zu fliegen. Dann unternahm ich einen ersten Anflug. Wie waren die Windverhältnisse? In Fréjus war es häufig böig, das war an jenem 28. August nicht der Fall. Dafür war es kurz nach neun Uhr bereits sehr heiß. Die Außentemperatur lag bei mindestens 30 Grad, wir hatten starke Thermik. ›Hans, alles in Ordnung?‹ ›Ja.‹ Unten war inzwischen alles auf uns vorbereitet, also fuhr ich die Maschine ganz langsam an den Boden heran. Die Hauben hatten wir bereits abgeworfen, in Bodennähe schaltete ich die Zündung aus; auch ohne eigenen Antrieb schwebte die Ju 87 noch ziemlich lang. Schließlich nahm ich die Füße von den Pedalen und zog sie an meinen Körper heran, da begann auch schon das Kratzen. Mit dem Heck berührten wir zuerst den Boden, es folgten die Fahrwerksstummel und dann ging die Maschine unter lautem Geknirsche langsam auf den Kopf. Sie überschlug sich aber FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Zipser mit einem Kameraden auf dem Beobachtungsturm vom Flugplatz Saint-Raphael
Zahlreiche Stukaschüler kamen in Cuers ums Leben, der Platz hatte einen eigenen Friedhof
Gruppenbild: Lt. Brinkhus, Lt. Popendiek, der Fluglehrer Ofw. Wagner, Lt. Zipser, unbekannt (v.l.n.r.)
nicht, sondern blieb in einem Winkel von etwa 60 Grad stehen. ›Hans, sofort raus!‹ Abschnallen und rausspringen war eins und dann nahmen wir die Beine unter den Arm, denn der Ölkühler war abgerissen, alles konnte Feuer fangen. Doch nichts dergleichen geschah. Die Maschine stand wie ein Mahnmal ruhig auf ihrer Schnauze, bis sie mit großen Luftsäcken und Hebezeug geborgen wurde. Vierzehn Tage später war sie wieder in der Luft.
Eine schützende Hand Selbstverständlich hatte der Vorfall ein Nachspiel: » Der Kommandeur der Schule, Oberst Clemens Graf von Schönborn-Wiesentheid, befahl uns umgehend zu sich. Wir erwarteten nichts Gutes und schon gar nicht das, was dann geschah. Der Oberst umarmte uns mit den Worten: ›Ich gratuliere euch, dass ihr am Leben seid!‹ Anschließend wurde er dienstlich: ›Zieht euch um, in einer Stunde erwarte ich euch im Dienstanzug hier bei mir.‹ Da wurden wir dann bestraft.« Unteroffizier Hans Stepper erhielt wegen Befehlsverweigerung 14 Tage Arrest und auch Leutnant Irm-
fried Zipser musste wegen des fahrlässigen Zielanfluges sieben Tage auf der Stube bleiben. »Die Woche Stubenarrest war ein Genuss und auch Hans kam weitaus glimpflicher davon, als es zunächst den Anschein hatte. Da es in Fréjus keine Arrestzellen gab, brummte auch er seine Strafe auf der Stube ab.« Später, in Russland, erlebte Leutnant Zipser weitaus Schlimmeres. Doch immer wieder kehrten und kehren seine Gedanken zu jenem 28. August 1943 zurück: »Ich war noch längst kein routinierter Kampfflieger, der solche Situationen mit Können meistern konnte. Ich kann nur vermuten, dass eine weitaus größere Kraft ihre schützende Hand über uns hielt und verhinderte, dass auch wir damals auf dem Friedhof in Fréjus zu liegen kamen. Es war Gottes Fügung.« Irmfried Zipser und Hans Stepper beendeten ihre Ausbildung ohne weitere Vorkommnisse und wurden im Herbst gemeinsam zum Stukageschwader 151 versetzt. Das lag seinerzeit in der Nähe von Belgrad. Was die beiden dort erwartete, lesen Sie demnächst in einer kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. n
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TECHNIK
North American B-25
»Wie eine Kreissäge«, so einer ihrer ehemaligen Piloten, wüten die B-25-»Strafer« mit ihren Bugwaffen. Kleineren Transportschiffen oder Versorgungsbarken, wie hier vor Rabaul, bleibt keine Chance gegen die geballte Feuerkraft Foto USAF
ERFOLGREICHES ANGRIFFSFLUGZEUG –TEIL 3
Wie eine Kreissäge 20
Technische Improvisation und taktisches Einfühlungsvermögen – das sind die entscheidenden Zutaten, die aus der B-25 jenes weithin gefürchtete Angriffsflugzeug machen, das den Lauf des Pazifikkrieges nachhaltig prägt Von Wolfgang Mühlbauer
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Eiskalt erwischt! Am 3. Februar 1944 lassen die »Air Apaches« ihre »Para Frag« auf gut ein halbes Dutzend Feindflugzeuge (Ki-61) regnen, die ungeschützt auf dem Flugfeld von Foto USAF Dagua unweit Wewak stehen
D
ie Schlacht in der Bismarcksee vom 1. bis 4. März 1943 ist einer der Wendepunkte im Kampf gegen Japan. Zugleich feiert hier die B-25 nach dem Doolittle Raid ihr wohl spektakulärstes Einsatzdebüt. Freilich nicht in ihrer gängigen Form, sondern als waffenstarrender Tiefangreifer, »Strafer« genannt. Mit ihrem Überraschungsschlag am 3. März helfen 13 dieser Flugzeuge entscheidend dabei, dem japanischen Konvoi, der lebenswichtigen Nachschub nach Lae auf Neuguinea bringen soll, das Rückgrat zu brechen. Skip Bombing heißt die Taktik, mit der sie in wenigen Minuten 16 direkte oder BeinaheTreffer erzielen. Knapp über dem Meer brausend, lassen sie ihre Bomben wie Steine über das Wasser schlittern und in die Bordwände krachen. Am Ende des Tages sind sechs der sieben großen Transportschiffe ausgeschaltet oder gesunken und Neuguinea für die Japaner unweigerlich verloren. Ein Sieg, den man sich ein Jahr zuvor schwerlich vorstellen kann. Zu wenig Flugzeuge, kaum Nachschub und aggressive Gegner, die unaufhaltsam im Südwestpazifik vordringen. Das ist die Lage, in der sich die 5. US-Luftflotte bei ihrer Gründung im Februar 1942 befindet. Dezimiert nach Abwehrkämpfen auf Java, ist sie bald gezwungen, nach Australien beziehungsweise Port Moresby im Südosten Neuguineas auszuweichen.
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Die Japaner kennen die Wichtigkeit dieses letzten großen alliierten Außenpostens und wollen ihn erobern. Doch das geplante Landeunternehmen wird nach der Schlacht im Korallenmeer am 7. und 8. Mai abgeblasen. Stattdessen bringt man japanische Armeetruppen am 21. Juli in den Nordosten der Insel. Sie marschieren quer durch den Dschungel auf die Owen Stanley Mountains zu. Ihr Ziel: Port Moresby. Zugleich errichten sie Brückenköpfe und Flugfelder an der Nordostküste. General George Kenney, der eine Woche später das Kommando der 5th Air Force (AF)
aus den üblichen 3000 bis 4500 Meter Höhe führt oft zu Ergebnissen, die schlecht einzuschätzen sind. Schiffe in gleicher Weise anzugreifen, lässt diesen häufig Zeit, auszuweichen. Es gibt nur eine Lösung: Tiefflug.
Erste »Strafer« aus Australien Anlässlich einer Inspektion trifft Kenney am 5. August 1942 auf dem Charters Towers Airfield im australischen Queensland auf den tatkräftigen Paul »Pappy« Gunn. Hier, bei der 3rd Attack Group, ist der angehende Mittvierziger dabei, ein Flugzeug ganz nach Kenneys
Wenn der Nachschub tröpfelt, muss aus dem vorhandenen Gerät mehr herausgeholt werden. übernimmt, will seinen Widersachern das Leben möglichst schwer machen, sofern das mit nur etwa 90 einsatzbereiten mittleren und leichten Kampfflugzeugen geht. Viel mehr ist auf absehbare Zeit kaum drin – Washington hat andere Prioritäten gesetzt. Flexibilität ist deshalb vonnöten: Wenn der Nachschub tröpfelt, muss aus dem vorhandenen Gerät – besonders den mittleren Kampfflugzeugen – eben mehr herausgeholt werden. Ohnehin greifen klassische Angriffsmethoden hier im Südwestpazifik nur bedingt. Der Bombenwurf über dichtem Urwaldgelände
Geschmack zu schaffen. Und zwar, indem er eigenmächtig vier 12,7-Millimeter-MG in die Bugnase einer Douglas A-20 einbaut. Einerseits, da all diese Flugzeuge unbestückt herumstehen. Zum anderen, um sie so in einen schlagkräftigen »Strafer« zu verwandeln. Die Waffen dafür stammen vom Schrottplatz. Der General ist beeindruckt und unterbreitet einen Zusatzvorschlag. Länger schon hat er vor, »Para-Frags« (Parachute-Retarded Fragmentation Bombs – fallschirmverzögerte Splitterbomben) im Tiefflug einzusetzen. Gunn soll darum Aufhängeroste für die kleinen
»Fat Cat«, ein typischer »Strafer« der 90th BS, in Port Moresby. Nach 73 Feindflügen hat die B-25C, s/n 41-12449, am 22. Juni 1943 einen Landeunfall und wird zum Transporter umgebaut Zeichnung Juanita Franzi
23-Pound-(10,4-Kilogramm)-Bomben ersinnen und in besagte A-20 einbauen. Am Schluss sind bis zum 12. September 16 Maschinen passend hergerichtet … was aber eine Geschichte für sich ist. Doch wie kommt nun eigentlich die B-25 ins Spiel? Im November 1942 – »Pappy« gehört mittlerweile zum Stab des Generals – geht es erneut darum, wie sich Schiffe am besten aus der Luft bekämpfen lassen. So vielversprechend das jüngst eingeführte Skip Bombing ist, mangelt es am richtigen Einsatzflugzeug. Zwingend für den Erfolg ist ein geradliniger Endanflug in niedriger Höhe. Während die B-17 zu wenig Feuerkraft nach vorne hat, um die Schiffsflak währenddessen in Schach zu halten, fehlt der A-20 Traglast und Reichweite.
Der Schiffszerstörer
North American Aviation (NAA), dem Zivilisten Jack Fox. Beide sind miteinander bekannt und ergänzen sich prächtig. Während »Pappy« vor unbekümmertem Einfallsreichtum sprudelt, sorgt Fox unter anderem dafür, alle tauglichen Modifikationen zu standardisieren. Gunn hat schon länger überlegt, wie er die Feuerkraft der B-25 steigern könnte. Anfangs mithilfe zweier MG in den Landelichtschächten der Tragflächen. Doch damit war der Hersteller nicht einverstanden. Eine schräg abwärts feuernde MG-Palette im Bombenschacht scheiterte dagegen an der Munitionsunterbringung. »Pappy« verfolgt deshalb denselben Ansatz wie bei der A-20 und lässt die Ausrüstung des Bombenschützen weg. Sie ist beim Einsatz als Skip Bomber ohnehin überflüssig, da der Pilot in diesem Fall die Bomben selbst ausklinkt. Fox steuert dagegen passende Rohrgestelle zur Montage der 12,7-Millimeter-MG bei. Darüber hinaus legt er Gunn dringend ans Herz, auf die Schwerpunktlage zu achten und der Zellenstruktur nicht zu viel zuzumuten – was dessen Experimentierfreude wenig bremst.
Etwa, wenn es um weitere Waffen an den vorderen Rumpfflanken geht. Spätestens jetzt wird die Schwerpunktlage kritisch, weshalb besagte MG samt Verkleidungen weiter nach hinten wandern. Genauso wie ihre Munitionszuführung, die in den Bombenschacht verlegt wird. Zusätzlicher Bleiballast im Heck sorgt dann endgültig wieder für Gleichgewicht. Außerdem ist der Vorderrumpf stellenweise mit Metallplatten sowie durch Mündungsaufsätze vor dem Explosionsdruck beim Abfeuern zu schützen.
»Pappy’s Folly« Zudem integriert Gunn drei Wabenroste für 60 »Para-Frag« in die linke Hälfte des Bombenschachtes. Gegenüber bleibt noch genug Platz für größere Bomben oder eine Treibstoffzelle. Ferner muss der Unterrumpfturm einem abwerfbaren Zusatztank weichen. Nur eines geht nicht: weitere Maschinenegewehre unter der Bugnase. Hier sind die Vibrationen beim Schießen zu heftig. Wichtigster Erprobungsträger ist eine B-25C mit der Seriennummer 41-12437 der 90th Bombardment Squadron (BS). Sie trägt
Es sind die schier unerschöpflich scheinenden Nachschubkonvois der Japaner, die Kenney besonders auf dem Kieker hat. Was er will, ist ein »Commerce Destroyer« – ein Tiefangriffsflugzeug gegen Schiffe. Bei dem, was sein gemischter Flugpark hergibt, kommt dafür am ehesten die B-25 infrage. Für »Pappy« Gunn ein gefundenes Fressen, zumal er sofort offiziell auf dem Eagle Farm Airfield bei Brisbane ans Werk gehen darf. Jedoch nicht alleine, sondern zusammen mit dem technischen Repräsentanten von
»Margaret« ist einer der ersten B-25C »Strafer«. Das Flugzeug erhält Ende 1942 vier starre MG im Bug sowie weitere Zusatzwaffen Foto USAF FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Paul Gunn im Cockpit von »Pappy’s Folly«, dem Vorreiter des »Strafer«-Konzeptes mit der B-25. Der Mann, der sich unten am MG-Lauf festhält, könnte Sergeant Evans sein, Gunns Crew Chief und stille rechte Hand Foto NAA
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TECHNIK
North American B-25
Simpson Harbour bei Rabaul gehört zu den Zielen, die »Strafer« der 90th Bombardment Squadron des Öfteren verheerend heimsuchen. Die B-25D, die sich hier im Tiefflug nach einem jener Angriffe am 2. November 1943 absetzt, trägt den Namen »Here’s How«
Taugt auch zum Halten von Wäscheleinen: »Blondies Venegeance«, eine B-25G-5-NA der 820th BS, die auf einem vorgeschobenen Stützpunkt im Zentralpazifik, vermutlich Makin, geFotos (2) USAF wartet wird
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bald den Namen »Pappy’s Folly«. Nach vielen Versuchen in Charters Towers führt man sie offiziell in Port Moresby vor. Dann beginnt Gunn, die Maschine im Einsatz zu erproben. Fox, der seinem Zivilstatus zum Trotz im Lauf der Zeit gleichfalls manchen Feindflug absolviert, macht dagegen einige Ingenieure von NAA im Townsville Air Depot mit dem »Strafer« vertraut oder kümmert sich um die amtlichen Änderungsanweisungen. Anfang Februar 1943 stehen die ersten B-25C »Strafer« bei der 90th BS in Port Moresby; weitere zwölf folgen bis Monatsende. Genau rechtzeitig zur Schlacht in der Bismarcksee, wo sie »wie Kreissägen« wüten. Ein Vorgeschmack dessen, was für den Rest des Krieges folgen wird.
Eine Kanone für die B-25 Das »Strafer«-Konzept macht rasch Schule. Zu den Umbauten aus Australien gesellen sich zahlreiche Flugzeuge, die man direkt an der Front modifiziert. Viele weitere B-25C/D erfahren entsprechende Änderungen bei weiteren Depoteinheiten im Pazifik, im indischburmesischen Kriegsgebiet oder in Ägypten. Wobei die Bestückung keineswegs immer einheitlich ausfällt. Auf Neu Guinea etwa tauchen
einzelne »Strafer« mit zusätzlicher Zwei-Zentimeter-Kanone auf. Eine Kombination, die sich wegen der unterschiedlichen Geschossbahnen nicht bewährt. Das ursprüngliche Umbauprogramm in Australien endet nach 175 modifizierten B-25 C/D im September 1943. Ergänzend rollt daheim die B-25G mit einem 7,5-Zentimeter-M4-Geschütz aus den Hallen. NAA hat schon Anfang 1942 den Auftrag zum Einbau der abgewandelten Panzerkanone in eine B-25C erhalten. Waffe und Lafette sind dort, wo sonst der Bombenschütze in die Bugkanzel kriecht. Letztere erhält eine unverglaste Verkleidung. Zugehöriger Erprobungsträger ist eine B-25C mit der Serien-
B-25G, s/n 42-64762, der 823rd BS, Oktober 1943 in Port Moresby. Nach kurzer Einsatzzeit wird die 75-Millimeter-Kanone durch ein MG ersetzt Zeichnung J. Franzi
zeugen schon ab Werk passiert. Schon einen Tag nach dem Erstflug wird die M4 in der Luft abgefeuert. Der Rückstoß ist gewaltig, bleibt aber angeblich in erwarteten Grenzen. Das Nachladen besorgt der Navigator per Hand.
»Lil Fox« Wann Gunn und Fox im Townsville Air Depot mit ähnlichen Experimenten beginnen, lässt sich ebenso wenig eindeutig beantworten wie die Frage, ob oder wann beide von
Das ›Strafer‹-Konzept macht rasch Schule. Viele B-25C/D werden entsprechend geändert. nummer 41-13296. Unter der neuen Bezeichnung XB-25G startet sie erstmals am 22. Oktober 1942. Das Gewicht von Kanone, Lafette und Granaten lässt sich mithilfe vielerlei Maßnahmen einigermaßen kompensieren – am besten allerdings durch das Weglassen des Unterrumpfturms, was später bei zahlreichen Serienflug-
den Versuchen bei NAA wissen. Jedenfalls installieren sie eine »French 75« – so heißt die 7,5-Zentimeter-Panzerkanone landläufig dank ihrer französischen Wurzeln – im Kriechtunnel des Bombenschützen. Erste Schießtests finden am Boden statt. Dabei hüpft das Flugzeug so heftig, dass man seinen Zustand nach jedem Durchgang fotografisch festhält.
Hauptsache viel Feuerkraft Die »Strafer«-Konfiguration der B-25C/D fällt zum Teil sehr unterschiedlich aus. Während die Depots im Pazifik weitgehend standardisiert arbeiten, entstehen andernorts stark abweichende, oft völlig individuelle Waffenanordnungen. Standardisierter Einbau im 13th Air Depot auf Neukaledonien
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Improvisierte Anordnung bei der 341st BG in China
Behelfsmäßiger Umbau aus dem 26th Air Depot in Ägypten Fotos (3) USAF
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TECHNIK
North American B-25
Mit der XB-25G erprobt North American Aviation erstmals den Einbau einer großkalibrigen Kanone in den Mitchell Bomber Fotos (2) USAF
letztlich dafür, dass North American einerseits 63 B-25C weitgehend ähnlich umbaut sowie die B-25G in Serie nimmt, um 400 Exemplare davon zwischen Mai und August 1943 auszuliefern.
»Pappy’s Flying Tank« Gunn erhält am 23. Juli des Jahres den Auftrag, eine der ersten nach Neu Guinea gelieferten G-Maschinen im Kampf zu erproben – vermutlich jenes Flugzeug, das viele Zeitgenossen als »Pappy’s Flying Tank« kennen.
schoren. Das ändert sich, als »Pappy« seinen ersten Luftsieg wittert und mehrmals mit der Kanone auf die G3M feuert. Tatsächlich bezwingt er sie, wenngleich erst nach ihrer Landung. Mittlerweile schießt die Flugabwehr nicht nur auf Gunn, der im Tiefstflug ausbüchst, dann steil hochzieht und dabei vor der Küste den Zerstörer Mikazuki erspäht. Flügel an Flügel mit dem Verbandskommandeur greift er an. Während Letzterer die Schiffsflak niederhält und seine Bombe voll ins Ziel schlit-
Alles in allem erfreut sich die B-25G unterschiedlicher Beliebtheit. Jack Fox vor »Lil Fox«, dem Umbauflugzeug mit der »French 75«-Kanone und zwei 12,7-Millimeter-MG im Bug, das er zusammen mit Paul Gunn auf die Beine gestellt hat
Die Maschine mit ihrer »French 75« und den zwei 12,7-Millimeter-MG im Bug trägt den Namen »Lil Fox«. Es heißt, die damit gewonnenen praktischen Erfahrungen sorgen
Fünf Tage später legt er damit seinen wohl spektakulärsten Feindflug hin. Zusammen mit knapp mehr als einem Dutzend weiterer »Strafer« sucht er nach einem japanischen Konvoi vor Cape Gloucester. Dabei fällt ihm auf dem Flugfeld von Tuluvu ein Mitsubishi-G3M-Transportflugzeug auf, das gerade landet. Dessen Erscheinungsbild gleicht durchaus einer B-25. Und da man mit der Ankunft weiterer Maschinen rechnet, bleibt der amerikanische Verband zunächst unge-
Technische Daten: North American B-25G-NA Länge Höhe Spannweite Triebwerk
15,50 m 4,80 m 20,59 m 2 luftgekühlte Wright Cyclone R-2600-13 14-Zylinder-Sternmotoren mit je 1700 PS Startleistung Startmasse 15 876 kg Höchstgeschwindigkeit 451 km/h in 4572 m Reichweite 2454 km Dienstgipfelhöhe 7406 m Bewaffnung 1 75-mm-M4-Kanone im Bug 2 12,7-mm-Browning-MG im Bug 4 12,7-mm-Browning-MG in Drehtürmen bis zu 1360-kg-Abwurflasten Besatzung 5 Mann
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tert, trifft »Pappy« dreimal mit der Kanone. Dann dreht er ab Richtung Flugfeld, um hier der Flak weitere Granaten zu »spendieren«. Erst als Feindjäger auftauchen, wird der Angriff beendet.
Heikel und anspruchsvoll Alles in allem erfreut sich die B-25G unterschiedlicher Beliebtheit. Für die Ladeschützen ist sie ein echter Alptraum; gleichermaßen für Bordwarte und Mechaniker, die ständig am Ausbessern irgendwelcher Schäden sind. Davon abgesehen verlangen Zielen und Treffen reichlich Können vom Piloten. Trotzdem ist das Konzept erfolgreich genug, um zu einer weiteren Serienversion mit verbesserter Bordkanone zu führen: der B-25H. Mehr darüber lesen Sie in einer kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. n
Quellen (Auswahl): Dunn, R. L.: Tuluvu’s Air War. 2003 Kenney, G. C.: The Saga of Pappy Gunn. Duell, Sloan and Pearce 1959 Tunny, N.: Winning from Downunder. Boolarong Press 2010
B AC K G RO U N D
Foto: picture alliance/dpa
Funkfeuer
FREMD- ODER EIGENPEILUNG
Wie der »Blindflug« begann A
ls eine dreimotorige Lufthansa-Junkers G24 am 1. Mai 1926 zum ersten deutschen Nachtflug von Berlin nach Königsberg-Devau aufbrach, wiesen starke Bodenscheinwerfer den Weg entlang der Strecke. Damals flogen alle Piloten nach Sicht. Denn die Funknavigation steckte in den Kinderschuhen und Luftstraßen gab es noch nicht, nur Verbindungslinien zwischen Flugplätzen auf Werbeplakaten der Fluggesellschaften.
BALD NACH DEM DENKWÜRDIGEN KÖNIGSBERG-TRIP mit neun furchtlosen Passagieren hatten die Strecken-Funzeln ausgedient. Ab 1926 legten sich deutsche Flughäfen Funkgeräte zu und 1929 begann das Zeitalter des »Blindflugs«. Zwei grundsätzliche Möglichkeiten zur Standortbestimmung in der Luft, nämlich wahlweise die Fremdpeilung oder die Eigenpeilung, standen den Piloten zur Verfügung. BEI DER ERSTEN VARIANTE fasste eine Bodenstation am Flughafen die Funksignale des Flugzeuges auf und sendete den gepeilten Standort als Morsesignal zurück ans Flugzeug. Die Maschine überquerte zunächst den Platz, durchflog die Wolken je nach Hindernislage und Tower-Anweisung entweder per »Durchstoß-Verfahren« (QGH, nur unbedeutende Hindernisse um den Flugplatz) oder »ZZ-Verfahren« (QGX, Hindernisse in einem bestimmten Sektor) und führte den restlichen Anflug nach einem festgelegten Schema durch. FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
ZUR FLUGZEUG-EIGENPEILUNG mit Peilrahmen und Bordempfänger standen an vielen Flughäfen Mittelwellensender, in Anlehnung an die Leuchttürme der Seefahrt »ungerichtete Funkfeuer« genannt; sie boten die Möglichkeit, ein Ziel im Wetter auch ohne Kursanweisungen vom Boden anzufliegen. 1932 entwickelte die deutsche Firma Lorenz das erste UKW-LandefunkfeuerAnflugverfahren (QGA), die »Mutter« aller ILS-Landesysteme (ILS). Dabei war der etwa drei Grad breite Landkurs bei exakter Mittellage als Dauerton zu identifizieren. Geriet das Flugzeug nach links, vernahm der Pilot ein Punktsignal, war man rechts vom Kurs, ein Strichsignal. NOCH HEUTE GIBT ES ZAHLREICHE ungerichtete Mittelwellen-Funkfeuer (Non directional beacons oder NDBs) und UKW-Drehfunkfeuer (VHF Omnidirectional Radio Range, VORs); bis zur Einführung von ComputerWegpunkten vor etwa 20 Jahren basierten darauf sämtliche zivilen Luftstraßen. Das Militär nutzt eigene TACAN (Tactical Air Navigation)-Stationen.
»Auch ohne GPS war die Radionavigation verblüffend genau.«
AUCH OHNE GPS war die Radionavigation schon verblüffend genau, wie ein alter Fliegerwitz zeigt. »Ich sehe Sie etwas links von der Centerline«, ruft der Fluglotse eine Maschine und der Kapitän antwortet seelenruhig: »Das stimmt, Sir. Ich bin etwas links von der Centerline und mein Copilot etwas rechts.« Rolf Stünkel n
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TECHNIK
Typengeschichte
BLOHM & VOSS BV P 170
Der Schnellbomber P 170 sollte jedes Jagdflugzeug an Geschwindigkeit übertreffen. Die Zeichnung entstammt der Baubeschreibung von 1942
Radikaler Schnellbomber Richard Vogt legte 1942 mit dem Projekt 170 einen äußerst ambitionierten Kampfflugzeug-Entwurf vor: Die 820 km/h schnelle Dreimot sollte das altbekannte Schnellbomberkonzept wiederbeleben – und Vogt nebenbei eine Million Reichsmark bescheren Von Herbert Ringlstetter
Chefkonstrukteur und Schöpfer des Entwurfes P 170: der begnadete Ingenieur Richard Vogt
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D
ie Briten setzten 1942 erstmals die zweimotorige de Havilland Mosquito ein. Für die Luftwaffe stellte der Jagdbomber und Aufklärer schnell ein großes Ärgernis dar, da er in der Regel aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit nicht von Jägern abgefangen werden konnte. Im Rahmen eines Treffens mit Luftfahrtgrößen sprach Reichsmarschall Hermann Göring im Frühjahr 1942 die Mosquito an. Er erzürnte sich wieder einmal über die vermeintliche Unfähigkeit der eigenen versammelten Flugzeugbauer und ließ sich zu folgendem Angebot hinreißen: Göring forderte die anwesenden Konstrukteure auf, ihm ein Flugzeug zu bauen, das aus sicherer Höhe 500 Kilogramm Bomben auf London abwerfen und 800 km/h erreichen könne. Der Lohn dafür: eine Million Reichsmark – steuerfrei. Unter den Gästen befand sich auch Richard Vogt, der Chefkonstrukteur von Blohm & Voss. Auf der Heimfahrt sagte sich Vogt: »Warum nicht eine Million Mark verdienen?« Die Luftfahrtabteilung von Blohm & Voss gehörte damals dank Richard Vogt zu den innovativsten deutschen Flugzeugbauern. Sei es das riesige sechsmotorige Flugboot BV 222 oder der asymmetrische einmotorige Aufklärer BV 141, Vogt scheute vor keiner flugtechnischen Aufgabe zurück und war bekannt für seine außergewöhnlichen Lösungen.
Vogts spezieller durchgehender Rohrholm, hier als Hauptholm einer BV 141, war auch für die P 170 vorgesehen
Schneller als jeder Jäger Die wichtigste Voraussetzung, die ein tatsächlicher Schnellbomber zu erfüllen hatte, lag in der Fähigkeit, auch die schnellsten Jagdflugzeuge an Geschwindigkeit zu übertreffen. Ob eigene oder gegnerische, spielte hier keine Rolle, da immer von den maximalen Möglichkeiten eines brauchbaren Jägers ausgegangen werden musste. Hinzu kamen natürlich deren Entwicklungsmöglichkeiten in absehbarer Zukunft. Gegenüber dem Jagdflugzeug hatte der Schnellbomber jedoch zusätzliches Gewicht zu tragen. Abwurflast, Besatzung und notwendige Ausrüstung ließen die Startmasse beträchtlich ansteigen. Ausgeglichen werden konnte dieses Mehrgewicht nur durch beträchtlich höhere Motorleistung. Richard Vogts Überlegungen nach waren zwei Motoren hierfür nicht ausreichend. Dies zeigten die bisherigen Anstrengungen anderer Flugzeughersteller in Sachen Schnellbomber wie beispielsweise die Dornier Do 17 oder Junkers Ju 88 eindeutig. Mit verantwortlich dafür war vor allem auch der typisch mittig platzierte Besatzungsrumpf, der als dritter, massiver Widerstandskörper mit beträchtlichem Leistungsaufwand bewegt werden musste. Die Lösung des Problems lag laut Vogt in der Paarung von geringstmöglichem Widerstand und größtmöglicher Motorleistung. Zur VerFLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Richard Vogt ersann mit dem Projekt 170 einen formidablen Schnellbomber, der neben glanzvollen Flugleistungen auch einen geringen Bauaufwand versprach. Dargestellt ist hier die Version mit vorne sitzendem Flugzeugführer
wirklichung des Minimalwiderstandes waren vor allem zu verringern: 1. der absolute Stirnquerschnitt, 2. die absolute Größe aller Oberflächen, 3. durch Interferenzen entstehende Verluste. Konventionelle Entwürfe, wie sie bisher zustande kamen, schieden zwangsläufig aus. Zudem waren eventuell Kompromisse erforderlich, wenn sie maßgeblich dazu betragen konnten, das gesteckte Leistungsziel zu erreichen.
Letztlich führten Richard Vogts Überlegungen zu einer dreimotorigen Auslegung des Blohm-&-Voss-Schnellbomber-Entwurfs mit der Projektnummer 170. Und das waren die wichtigsten Merkmale des erarbeiteten Flugzeugs Auf eine typische Kanzel für die Besatzung wurde gänzlich verzichtet. Somit entfiel der Hauptverursacher von Widerstandszuwachs bei klassisch konstruierten, mehrmotorigen Kampfflugzeugen. Vergleichbar mit der Konstruktionsweise eines einmotorigen Jä-
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TECHNIK
Typengeschichte
Mögliche Abwurflasten – BV P 170
Kartonmodell der P 170. Die Vierblattpropeller wären 1944 wahrscheinlich gewesen. Der Pilot hätte im Flug wohl eine gute Sicht gehabt, zumal auch ein Bodenfenster vorgesehen war. Am Boden wäre ein Einweiser nötig gewesen
gers verband Vogt den Besatzungsraum mit dem Widerstandskörper eines Motors. Um den geringsten Oberflächenwiderstand des Besatzungsraumes zu erhalten, musste dieser, anders als bei den meisten Jagdflugzeug-Konstruktionen, sehr weit vom Flügelende entfernt nach hinten dicht vor den Höhenleitwerksaufbau platziert werden. So sparte man Oberfläche und erzielte die geringste Flügel- und Propellerströmung. Die Möglichkeit einer asymmetrischen Bauweise einmal außen vor gelassen, ergab sich in einer dreimotorigen Auslegung die aussichtsreichste Lösung. Hinsichtlich der Motorenwahl favorisierte Vogt eindeutig die Ausrüstung mit drei luftgekühlten Sternmotoren. Wassergekühlte Aggregate in Form von zwei Doppelmotoren kamen auf keinen Fall infrage. Um ein Minimum an Widerstand bildenden Überschneidungen und Ausrundungen mit der Tragfläche zu bewerkstelligen, wurden die Außenmotoren direkt am jeweiligen Flügelende platziert. Indem Vogt gegenläufige Luftschrauben verwendete, ergab sich ein Drallwirbel, der
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Drei luftgekühlte 14-Zylinder-Doppelsternmotoren BMW 801 D waren als Antrieb geplant. Der »801« konnte komplett als Einheit getauscht werden
Ein weiterer Zuwachs an Steigleistung ergab sich aus folgendem Effekt: Die in der aufwärtsschlagenden Propellerkreishälfte liegenden Flügel erzeugten durch die Gegenläufigkeit beiderseits einen größeren Auftrieb. Die abwärtsdrehenden Luftschraubenkreishälften verursachten dagegen keinerlei Verlust beziehungsweise Abtrieb. Die meisten der über 28 000 gebauten BMW 801 dienten der Motoriesierung der Focke-Wulf Fw 190
dem Randwirbel der Flächenumströmung entgegenwirkte. Anders ausgedrückt bedeutete dies eine Optimierung des ideellen Seitenverhältnisses, sprich eine Abnahme des induzierten Widerstandes. Resultierend daraus ergab sich zum einen ein leichtes Plus an Höchstgeschwindigkeit, zum anderen – und vor allem – aber ein Zugewinn an Steigvermögen.
Extrem einfacher Aufbau Der Aufbau des Schnellbomber-Entwurfs wurde auffallend einfach gehalten: Anstatt des bei konventionellen Konstruktionen üblichen Mittelflügels mit anschließenden trapezförmigen Außenflächen gab es bei der P 170 lediglich einen rechteckigen Flügel. Der war links und rechts identisch und insofern austauschbar. Der benötigte Vorrat an Flächen sank auf diese Weise auf etwa ein Drittel im Vergleich zu üblichen Tragflügeln! Dieselbe Vorgehensweise war auch auf die Herstellung der Landeklappen und Querru-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung H. Ringlstetter
Fotos (2) W. Mühlbauer
Anzahl Typ Gewicht Lage an Außenträger Extern unter Flächen bei Normallast 4 SC 250 1000 kg unter rechter Fläche 2 SC 500 1000 kg eine unter jeder Fläche 1 SC 1000 1000 kg zwei unter jeder Fläche Extern unter Flächen bei Überlast 4 SC 500 2000 kg eine unter jeder Fläche 2 SC 1000 2000 kg zwei unter jeder Fläche
Blohm & Voss BV P 170
Blohm & Voss P 170 Lackierung: RLM 70/71/65
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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TECHNIK
Typengeschichte Mit überlegener Geschwindigkeit sollte sich die P 170 der feindlichen Abwehr entziehen
der anwendbar, die aus Leichtmetall oder Holz gefertigt werden konnten. Durch das günstige Belastungsbild der Tragfläche konnte diese leicht gehalten werden. Auch deshalb, weil weder Trennstellen noch Ausschnitte erforderlich waren und der Hauptholm (als Rohrholm ausgebildet) ungehindert im Bereich der größten Flügelprofiltiefe positioniert werden konnte. Der tragende Teil der Fläche konnte komplett aus Stahl gefertigt werden, wozu auch eine einen Millimeter starke Beplankung gehörte. So würde sich die Flügeloberfläche auch nach langer Betriebszeit noch glatt und frei von Beulen halten. Die an die Motoren angeschlossenen Rumpf- und Gondelteile sollten ebenfalls in Stahlbauweise gefertigt werden. Die Seitenleitwerke schlossen sich nur an die Gondeln an. Durch ihre Lage in den Luftschraubenstrahlen ergab sich keine Schwingungsgefahr für das Leitwerk. Jedes Triebwerk bekam seinen eigenen, hinter sich gelegenen, etwa 2000 Liter fassenden Kraftstoffbehälter. Damit war die baulich einfachste und zudem betriebssicherste Art der Brennstoffanlage verwirklicht.
Das Fahrwerk unterteilte sich in drei identische Teile und war konstruktiv mit dem jeweiligen Stahlbehälter verbaut. Dadurch ergab sich eine sehr große Spurweite, die ein stabiles Rollen erlaubte. Die Räder in der gängigen Größe von 1015 mal 380 Millimeter ließen sich nach hinten einziehen, wodurch Ausschnitte in den Flügeln entfielen. Das Spornrad war ebenfalls nach hinten einziehbar ausgelegt.
Nachteile? Nur wenige Die drei Motoren betreffend stellte sich natürlich die Frage: Wie würde sich die Maschine nach Ausfall eines der seitlichen Motoren ver-
50 Prozent, während die dreimotorige lediglich 33 Prozent einbüßte. Entsprechend weniger stark ging auch die Geschwindigkeit zurück. Der zur Kurskorrektur notwendige Ruderausschlag war daher weitaus geringer. In 7000 Meter Höhe betrug die berechnete Geschwindigkeit bei maximaler Dauerleistung 675 km/h. Nach dem Motorausfall sank die Fahrt auf etwa 570 km/h. Der benötigte Ruderausschlag zur Kurseinhaltung lag dann bei lediglich zehn Grad. Mit den errechneten Leistungsdaten zeigte Vogt klar das überlegene Potenzial des eigenen Entwurfes gegenüber herkömmlichen Kampfflugzeugen auf. Zumal die Leistungen
Ein weiterer Pluspunkt der P 170 lag in den benötigten Baumaterialien. halten? Bei einem konventionellen zweimotorigen Kampfflugzeug führte der einseitige Antriebsverlust je nach Baumuster zu beträchtlichen Schwierigkeiten, den Kurs zu halten, wie etwa bei der Ju 88. Der Ausfall eines Antriebs bei einer zweimotorigen Maschine führte zudem zu einem Schubverlust von
mit einem derzeitig verfügbaren Triebwerk zu bewerkstelligen waren. Ein weiterer Pluspunkt der P 170 lag in den benötigten Baumaterialien, da man überwiegend Stahl und nur wenig Leichtmetall verwenden wollte. Außerdem war die Ausführung des Schnellbombers besonders darauf ausgelegt, nur wenig
Zu schnell für alliierte Jäger?
Selbst der 1944/45 gängigste US-amerikanische Jäger, die rund 700 km/h schnelle North American P-51 Mustang, hätte die BV P 170 nicht einholen können Bis Kriegsende gab es kein über dem europäischen Festland eingesetztes alliiertes Jagdflugzeug, das Vogts Dreimot hätte einholen können – in leerem Zustand auf dem Rück- oder Verlegungsflug. Selbst die schnellsten Versionen der 1944/45 fliegenden Jagdflugzeugelite Spitfire, Tem-
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Erreichte knapp 720 km/h: Supermarine Spitfire Mk XIV. Doch auch für den kraftstrotzenden RAF-Jäger hätte gegolten: keine Chance, eine gesunde P 170 auf Strecke einzuholen
pest, Mustang oder Thunderbolt reihten sich 100 oder mehr km/h hinter der 820 km/h schnellen P 170 ein. Zumal 1944 noch weitaus leistungsfähigere BMW-801-Versionen zur Verfügung standen. Und auch beim Hinflug in beladenem Zustand mit 1000 Kilogramm Abwurflast wäre
die P 170 noch eine harte Nuss für die gegnerische Jagdwaffe gewesen – zumindest laut Richard Vogt. Denn die Höchstgeschwindigkeit der P 170 beruhte auf Vogts Berechnungen; praktische Erfahrungen blieben aus, da es kein Versuchsmuster n gegeben hat.
Technische Daten Blohm & Voss Einsatzzweck Besatzung
P 170.01 Schnellbomber/Projekt 2 – Pilot und Beobachter/Funker Antrieb 3 x BMW 801 D luftgekühlter 14-Zylinder-Doppelsternmotor Startleistung 3 x 1700 PS – ges. 5100 PS Spannweite 16,00 m Länge 14,30 m Höhe 3,65 m Flügelfläche 44,00 m2 Flügelstreckung 5,8 Leergewicht 9100 kg Treibstoff 2800 kg Ausrüstung 450 kg Abwurflast (normal) 1000 kg Besatzung 200 kg Startgewicht max. 13 550 kg Flächenbelastung 302 kg/m2 Höchstgeschwin610 km/h auf Meeresh. digkeit 675 km/h in 2000 m 695 km/h in 4000 m 760 km/h in 6000 m 820 km/h in 8000 m 715 km/h in 10000 m Anfangssteigleistung 17,8 m/s Steigleistung 18,9 m/s in 2000 m 14,6 m/s in 4000 m 14,9 m/s in 6000 m 11,3 m/s in 8000 m 5,2 m/s in 10000 m Startgeschwindigkeit 181 km/h Landegeschwindigkeit 156 km/h Reichweite 2000 km Flugdauer max. 11 h Dienstgipfelhöhe 11650 m Lichtbildausrüstung unterschiedliche möglich Reihenbildgeräte, je nach Einsatzzweck Abwehrbewaffnung keine vorgesehen, jedoch auf Wunsch mit einer nach hinten feuernden Waffe ausrüstbar Abwurflast 1 x 1000-kg-Bombe oder 2 x 500-kg-Bombe oder 4 x 250-kg-Bombe; bis zu 2000 kg Bombenlast möglich
Bauteile und Formen zu benötigen, was auch der geringen Bevorratung zugute kommen sollte.
Unbewaffnet – aber schnell! An Abwurflast konnten unter den Tragflächen bis zu 2000 Kilogramm Bomben unterschiedlicher Größe eingehängt werden. Die Normallast sollte allerdings bei 1000 Kilogramm liegen. Darüber hinaus war keine Bewaffnung vorgesehen. Die überlegene Geschwindigkeit des Schnellbombers von bis zu 820 km/h ließ den Einbau von Maschinengewehren oder Kanonen unnötig erscheinen. Auf Wunsch war jedoch eine Waffe im Heck mit gutem Schussfeld installierbar. FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Die BV 141 gehörte zu Vogts außergewöhnlichsten Konstruktionen. Die abgebildete B-Variante des Aufklärers wurde ebenfalls von einem BMW 801 angetrieben und besaß in etwa die Größe der P 170
Zwei der entworfenen Ausführungen des Schnellbombers und Aufklärers mit zweiköpfiger Besatzung. Bordwaffen waren keine vorgesehen, der Einbau einer Waffe im Heck jedoch möglich
Für die Besatzungskabine gab es wenigstens zwei Varianten: einmal mit hinten sitzendem Flugzeugführer und vor ihm in abgesenkter Position fungierendem Funker/ Beobachter. Ein etwas späterer Entwurf der P 170 zeigt dagegen die beiden Besatzungsmitglieder in umgekehrter Position und gleicher Höhe. Es soll einen weiteren Entwurf gegeben haben, möglicherweise für eine dreiköpfige Besatzung. Als Motorisierung plante man den Einbau von drei luftgekühlten 14-Zylinder-Doppelsternmotoren BMW 801 D. Der 1942 in Großserie produzierte, 1700 PS starke Motor kam überwiegend in der Jagdmaschine Focke-Wulf Fw 190 zum Einsatz und konnte als Kompletteinheit mit allen Anbau-
geräten getauscht werden. Neben der Rolle als Schnellbomber prädestinierten Auslegung und hohe Geschwindigkeit die P 170 zum für den Feind kaum erreichbaren Fernaufklärer. Doch das Reichsluftfahrtministerium zeigte an Vogts Hochgeschwindigkeits-Kampfflugzeug kein Interesse, der Blohm-&-Voss-Entwurf P 170 blieb eines von vielen Flugzeugprojekten, die nie einen Flugplatz sahen. Ob die P 170 tatsächlich so leistungsfähig gewesen wäre? Hätte der Entwurf, von Junkers, Heinkel oder Messerschmitt kommend, mehr Aussicht auf Erfolg gehabt? Görings versprochene Million verdiente sich jedenfalls niemand. Was bleibt, ist Raum für Spekulationen. n
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Cockpit
TECHNIK
Die L 101 war als Schulflugzeug begehrt; hier eine schöne Flugaufnahme der Albatros L 101 D, D-EVEX
ALBATROS L 101
Spartanischer Trainer Die Albatros-Werke hatten sich im Ersten Weltkrieg einen Namen gemacht. Was kaum bekannt ist: Auch in den 1920er-Jahren stellten sie zahlreiche Flugzeuge her, darunter die höchst seltene L 101 Von Peter W. Cohausz
A
m Ende des Ersten Weltkriegs gehörte die Firma Albatros in Johannisthal zu den größten deutschen Flugzeugwerken. 1909 gegründet, hatte das Werk bis 1918 mit zuletzt 5000 Beschäftigten über 10 000 Flieger gebaut, zumeist Schul- und Jagdflugzeuge. Da es Deutschland aufgrund des Versailler Vertrages verboten war, Militärmaschinen zu bauen, stellte das Werk in den 1920er-Jahren auf Verkehrs-, Sport- und Leichtflugzeuge um, sodass die Produktion weiterlief. Die Belegschaft schrumpfte allerdings auf 150 Mitarbeiter. Erst ab 1927 entstanden im Auftrag des Reichswehrministeriums – mehr oder weni-
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
ger im Geheimen – neben einigen Versuchsflugzeugen wieder Jagdflugzeuge.
Die L 101 als Schulmaschine Die Schulmaschine L 101 gehörte zu den letzten Albatros-Mustern, bevor die Focke-Wulf Flugzeugbau AG im Jahre 1931 die Firma zwangsweise übernahm. Der zweisitzige, abgestrebte Hochdecker erhielt meist einen 120 PS starken Argus-As-8-Reihenmotor. Konstruiert war er in Gemischtbauweise mit stoffbespanntem Stahlrohrrumpf und ebenfalls stoffbespannten Duralflügeln, die an den Rumpf geklappt werden konnten, was im Hangar Platz sparte.
Die L 101 flogen überwiegend bei der Deutschen Verkehrsflieger-Schule (D.V.S.). Nach der Übernahme durch Focke-Wulf lief die Produktion weiter, da immer noch eine Nachfrage bestand. Insgesamt entstanden 83 L 101. Erhalten geblieben ist im Luftfahrtmuseum in Krakau lediglich ein unvollständiges Exemplar. Diese von Focke-Wulf gebaute Maschine mit der Werknummer 245 und dem Kennzeichen D-EKYQ war zeitweise bei der Luftkriegsschule in Dresden im Einsatz. Die beiden Pilotensitze der Albatros L 101 waren eher schlichte Arbeitsplätze mit wenig Komfort. Die Stahlrohre des Rumpfes, Steuerstangen und Seile sowie eine sparsame Aus-
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TECHNIK
Cockpit
Ausrüstung einer späteren Albatros L 101 (hinterer Sitz) Nr. Gerät Anzeigebereich 1 Fahrtmesser 50–250 km/h 2 Führerkompass 3 Drehzahlmesser 500–2400 U/min 4 Benzindruckmesser 0–0,5 kg/cm² 5 Höhenmesser 0–6000 m 6 Ölthermometer 0–120 °C 7 Öldruckmesser 0–10 kg/cm² 8 Zündschalter 9 Anlasseinspritzpumpe 10 Behälterschaltung und Brandhahn 11 Seitensteuer 12 Steuerknüppel 13 Feuerlöscher 14 Pilotensitz 15 Gashebel 16 Kartenhalter Der Kraftstoffvorrat wurde vermutlich durch Standgläser angezeigt.
Gerätenr. Fl 2222? Zürn Z7 Fl 20206 Fl 20504 Fl 22310 Fl 20308 Fl 20604 Bosch 8-4505 A
Instrumentierung einer frühen Albatros L 101 (hinterer Sitz) Gerät Linke Seite: Gashebel Zündschalter Benzindruckmesser Mittelteil: Fahrtmesser Führerkompass Drehzahlmesser Höhenmesser Öltemperaturanzeige Rechte Seite (von oben): Öldruckmesser Anlasseinspritzpumpe Behälterschaltung und Brandhahn
Anzeigebereich
0–0,5 kg/cm²
50–250 km/h 0–2400 U/min 0–6000 m 20–120 °C
0–8 kg/cm²
Gerätenr.
Bosch Maximall
Deuta Askania
Erläuterung der Ausrüstung einer späten L 101 am hinteren Sitz
Lufft
Maximall Malivert
Ein Fahrtmesser bis 250 km/h, hier jedoch von der Firma Askania
Der Kompass Zürn Z7 wurde auch in der Klemm L 25 verwendet
Ein Höhenmesser Fl 22310 bis 6000 Meter von der Firma Lufft
Die Öltemperaturanzeige bis 120 °C, Fl 20308
Hinterer Sitz der Albatros L 101 in Krakau. Bis auf die fehlenden Instrumente hat sich an der Foto Andreas Fitt Ausrüstung nicht viel geändert
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Die L 101, D-2744, ist bereits von Focke-Wulf gebaut worden; sie bekam die W.Nr. 213 und wurde im Oktober 1933 an die D.V.S. geliefert
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Slg. P. Cohausz
Hinteres Instrumentenbrett einer frühen Albatros L 101, noch mit ungenormten Geräten
rüstung bildeten das Umfeld der beiden Flieger. Der hintere Sitz, von dem man den Flieger üblicherweise auch bei Alleinflügen steuern konnte, besaß eine umfangreichere Instrumentierung. Die frühen L 101 hatten noch ungenormte Geräte der ausgehenden 1920er-Jahre. Typisch für Albatros war die geteilte Instrumententafel mit einem gepolsterten Mittelteil. An der Gerätetafel hatte der Hersteller noch zwei Halterungen für eine Karte oder einen Kartenroller angebracht. Vor dem Steuerknüppel befand sich zudem der Feuerlöscher. FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Linke Seite des hinteren Sitzes mit dem Gashebel, der mit einer StanFoto Andreas Fitt ge mit dem vorderen verbunden ist
Die Auflistung entstand mittels einer historischen Fotografie, doch nicht alle Details waren eindeutig erkennbar. Die Instrumentierung des vorderen Sitzes ist nicht bekannt, sie war wie bei vergleichbaren Flugzeugtypen jedoch auf die wichtigsten Geräte reduziert. Die Gashebel hatte man bei beiden Sitzen durch eine Zugstange gekoppelt. Als Focke-Wulf die Produktion übernahm, behielt das Unternehmen die Ausrüstung bei, verwendete allerdings genormte Geräte, wie die L 101 in Krakau zeigt. Zwar sind dort die Instrumentenbretter leer, aber zumindest für
den hinteren Sitz lässt sich daraus im Hinblick auf die frühere Instrumentierung rekonstruieren, wie das Flugzeug ausgestattet war. Peter W. Cohausz n
Quellen: Lange, Bruno: Das Buch der deutschen Luftfahrttechnik. Mainz 1970 Steinle, Holger/Hundertmark, Michael: Phoenix aus der Asche – Die Deutsche Luftfahrt Sammlung Berlin. Berlin 1985 37
16 Seiten
Deutsche Flugzeuge in den USA!
Spezial
Die Schatzkammer Die Vereinigten Staaten bieten Flugzeugbegeisterten eine Menge an lohnenswerten Museen. Das Steven F. Udvar Hazy Center steht mit seinen zahlreichen deutschen Einzelstücken dabei ganz oben auf der Liste Von Philipp Amann
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
I
SPEZIAL Die Konservierung der Horten Ho 229
Der vergessene Als »One of a kind« betitelt das National Air and Space Museum die Horton Ho 229, welche derzeit im Steven F. Udvar-Hazy Center konserviert wird. Diese Einzigartigkeit motivierte unseren Autor, von New York aus einen Abstecher nach Chantilly, Virginia, zu machen, um sich den ersten deutschen Nurflügeljet aus der Nähe anzusehen Von Philipp Amann
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Fotos, soweit nicht anders angegeben, Philipp Amann
Wunderjäger
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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SPEZIAL Die Konservierung der Horten Ho 229
Von der Besuchergalerie hat man unter der Woche eine ausgezeichnete Sicht auf die Arbeiten an der Ho 229
Die Tragflächen wurden 1945 nicht zusammen mit der Ho 229 gefunden, passen aber an den Rumpf
IV
Wirkt selbst heute noch futuristisch: die Kabinenhaube des deutschen Nurflügels
tigte. Die Auslagerung geschah in einer undichten Holzkiste, in welcher der einzigartige Nurflügel bis 1974 den Elementen ausgesetzt war – und diese haben der Ho 229 sichtlich zugesetzt. Dabei erlitten vor allem die Holzteile der Ho 229 durch Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und Pilzbefall schwere Schäden.
Konservieren statt restaurieren
Das Cockpit der Ho 229 wurde bereits vor der Übergabe an das Smithsonian für diverse andere Restaurationen geplündert und soll für die Ausstellung wieder komplettiert werden Foto National Air and Space Museum, Smithsonian Institution
I
n den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs war der Hunger der Alliierten auf deutsche Technologie, geistiges Wissen und vor allem Prototypen immens. Eigens aufgestellte Sonderkommandos sammelten systematisch alles ein, teilweise mit regelrechten »Einkaufslisten«, und verfrachteten die Objekte der Begierde ins jeweilige Heimatland (siehe »Begehrte Beute« – Flugzeug Classic 5/2015). Dieses Schicksal ereilte unter anderem auch die Horten Ho 229 V3, das dritte Versuchsmuster des revolutionären Nurflügels Horten IX. Nach der V1, einer reinen Seglervariante, waren die V2 und V3 bereits mit Jumo-004-Strahltriebwerken ausgerüstet. Die V2 ging beim dritten Testflug mit Erwin Ziller am Steuer aufgrund eines Triebwerksausfalls verloren. Die Mittelsektion der V3 war zu etwa 50 Prozent fertiggestellt, als US-Truppen des VIII. Korps der Third Army am 14. April 1945 das Bauteil in den Werkstätten der Tischlerei Ortlepp in Friedrichroda erbeuteten. Hier hatte man die Sektion zusammen mit der V5 und V6 versteckt, um die wertvollen Prototypen vor den alliierten Bombardements zu schützen. Die Tragflächen befanden sich allerdings nicht an dieser Stelle. Man vermutet, dass die Flügel, welche heute bei der Ho 229 stehen, etwa 120 Kilometer entfernt bei der Firma Ro-
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bert Hartwig in Sonneberg von Truppen der 9th Airforce Entwaffnungsdivision gefunden wurden und ursprünglich gar nicht für die V3 vorgesehen waren. Nach ihrer Atlantiküberquerung an Bord der SS RICHARD J. GATLING gelangte die Ho 229 V3 nach Indiana zum Freeman Airfield, der Erprobungsstelle für »fremde Technologie«, wo man sie eingehend untersuchte und später ausstellte. Hierfür erhielten die damals noch unvollständigen Tragflächen eine notdürftige Beplankung mit Sperrholz und die Ho 229 einen Fantasieanstrich, um für die Ausstellung »massentauglich« zu sein. Von Plänen, die Ho 229 in einen flugfähigen Zustand zu versetzen, nahm man aufgrund der geschätzten 15 000 Arbeitstunden und kaum abschätzbarer Materialkosten jedoch Abstand, zumal nach dem Krieg der Rotstift bei der Airforce kursierte und die Kosten angesichts des hohen Risikos eines Fehlschlags nicht vertretbar waren. Das Interesse an der Ho 229 verebbte und nach weiteren Stationen landete die V3 im Jahre 1947 schlussendlich beim »National Air Museum« (später »National Air and Space Museum«, kurz NASM) des Smithsonian Instituts. 1952 musste die Sammlung umziehen, da man die Hallen aufgrund des Koreakriegs für die Produktion der Fairchild C-119 benö-
2011 trat Malcolm Collum, Chef der NASM Konservierungsabteilung, an Russ Lee heran, den Vorsitzenden der Aeronautischen Abteilung des NASM. Collum wünschte sich, das Projekt Ho 229 endlich anzugehen. Zu Beginn stand eine wesentliche Entscheidung an: restaurieren oder konservieren? Während eine oberflächliche Restaurierung diesem einzigartigen Nurflügel sicherlich eine höheren »Wow-Effekt« beim Publikum bescheren würde, legte man sich letztlich aufgrund der signifikanten historischen Bedeutung der Ho 229 fest, die Maschine zu konservieren, um möglichst viel der originalen Substanz erhalten – und vor allem auch zukünftig studieren – zu können. Der Fokus soll dabei darauf liegen, dass die durchgeführten Arbeiten weitestgehend reversibel sind und die bestehenden Materialien und Oberflächen optisch nicht verändert werden. Damit soll sich das komplette Flugzeug in einem ansehnlichen und auf längere Zeit haltbaren Zustand der Öffentlichkeit präsentieren. Parallel möchte man in diesem Projekt einen besseren Einblick in die Materialverfügbarkeit zu Kriegsende gewinnen und dokumentieren. Bevor es aber in medias res gehen konnte, waren noch ausführliche Recherchen nötig, um das Phänomen nach dem Motto »gut gemeint und schlecht getroffen«, welches sich in vielen Restaurierungen einschleicht, auszuschließen. Nichts wäre schlimmer, als im Zuge der Reinigung weitere Schäden zu verursachen. In penibler Kleinarbeit wurden die spärlich vorhandenen Unterlagen nach Harzund Leimarten durchforstet und die Laminier- und Klebetechniken in der Deutschen Sperrholzproduktion der letzten Kriegsjahre studiert. Dies stellte sich aber als äußerst schwierig heraus, da gerade in dieser Phase sehr viel undokumentiert geblieben ist und man oftmals improvisieren musste.
Wattebausch und entionisiertes Wasser Zuoberst auf der To-do-Liste stand natürlich die Reinigung des seit vielen Jahren eingelagerten Unikats und diese stellte das Team bereits vor schwere Entscheidungen. Wie sanft kann eine Methode sein, um noch den gewünschten Reinigungseffekt zu erzielen, und wie viel Abrieb und damit verbundenen Materialverlust nimmt man dafür in Kauf? Wie penibel das Team dabei gearbeitet hat, zeigt unter anderem die Tatsache, dass bei der Evaluierung verschiedener Methoden jeweils eine ein mal ein Zentimeter große Testfläche vor
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SPEZIAL Die Konservierung der Horten Ho 229
Ihren Anstrich erhielt die Ho 229 erst 1945 am Freeman Airfield. »T2« war die Kurzbezeichnung für die geheime Airforce-Evaluierungsstelle
und nach der Behandlung mittels eines hochauflösenden 3D-Scanners gescannt und anschließend die Veränderungen in der Oberfläche vor und nach der Behandlung am Computer verglichen wurden. Schlussendlich entschied man sich, die Holzteile mittels leicht abrasiver Scotch-Brite-Pads und einem speziellen Lösungsmittelcocktail zu reinigen, welcher auch ölige Rückstände sehr gut entfernt, ohne dabei Holz, Harz oder Leim anzugreifen.
Relamination und Kompensation Die Reinigung der Metallteile stellte sich etwas einfacher dar. Hier konnte das Team auf Konventionelles zurückgreifen: Pinsel und Staubsauger für den normalen Schmutz, milde Seifenlauge und Baumwolltücher beziehungsweise Wattepads mit Reinigungsbenzin für ölige Verschmutzungen. Dennoch arbeite-
te man auch hier mit doppeltem Boden und prüfte stichprobenartig mittels Mikroskop immer wieder die Oberfläche, um ungewünschte Materialverluste frühzeitig zu erkennen. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Reinigungsarbeiten ging es im Mary Baker Engen Restoration Hangar inzwischen an die »echte« Konservierung. Sowohl die Holz- wie auch die Metallteile hatten unter dem Zahn der Zeit und den schlechten Lagerbedingungen sehr gelitten und mussten jetzt mit speziellen Methoden behandelt werden. Große Teile der Außenhaut des Jets bestehen aus mehrfach verleimtem Sperrholz, ursprünglich hatte man wiederum mehrere Platten mit einem formaldehydbasierenden Klebstoff zur gewünschten Stärke verbunden. Dieser Klebstoff begann sich über die Jahre hinweg zu zersetzen und so hat sich diese Verbindung
an vielen Stellen gelöst. Neben der Delamination stellte sich vor allem auch der Pilzbefall vieler Holzteile als Problem heraus. Pilze hatten die Sperrholzbeplankung und viele strukturelle Teile stark angegriffen, zumal Letztere durchweg aus weichem Kiefernholz bestehen. Der Anspruch, so viel von der originalen Substanz wie möglich zu erhalten und dabei dem Credo der reversiblen Arbeiten treu zu bleiben, machte die Aufgabe dabei auch nicht unbedingt einfacher. Nachdem sämtliche irreparablen Holzteile bis zu einer erhaltungswürdigen Grundsubstanz entfernt waren, entschied man sich dafür, alle Fehlstellen, die größer als fünf mal fünf Zentimeter waren, abzupausen und, je nach Materialstärke, »Einsätze« aus 1,2 Millimeter mehrfach verleimtem Buchensperrholz beziehungsweise einem Millimeter BuchenMit einem wahren Arsenal an Mittelchen und Tinkturen wird die Ho-229 vorsichtig gereinigt
Verräterischer Hinweis: Die Tragflächen wurden in den USA eilig, teilweise mit Nägeln, fertigbeplankt Die Oberfläche der Ho 229 hat unter den schlechten Lagerbedingungen stark gelitten. Hier erwartet das Team noch viel Arbeit
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Originales erhalten Das Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viel von der Originalsubstanz zu erhalten. Damit entwickelt sich das Projekt zu einem Riesenpuzzle, für welches man sogar noch selbst die Teile schneiden muss. Fehlstellen, in denen einzelne Sperrholzschichten fehlen, lassen sich mit passendem Einsatz aus dünnem Furnierholz ergänzen Fotos (3) National Air and Space Museum, Smithsonian Institution
Fehlstelle passte. Diese Vorlage ließ sich anschließend hochauflösend einscannen und in Daten für eine CNC-Laserschneideanlage umrechnen. Die so entstandenen Füllstücke wurden anschließend schichtweise mit Kunstharz auf Polyvinylbasis eingeklebt. Fehlstellen kleiner als fünf mal fünf Zentimeter arbeitete das Team klassisch mit einem Füller auf. Auch hier kommt das PVA-Kunstharz Butvar B98, eingedickt mit Zellulose, zum Einsatz, wobei man bei größeren Flächen die Reparaturstelle der Optik halber mit einer Schicht Furnierholz abschließt.
Optische Zauberei
Wenn alles sitzt, werden die »Einsätze« später noch mittels Farben an die Umgebung angepasst
Größere Fehlstellen werden mit 1,2 Millimeter mehrfach verleimtem Sperrholz ergänzt
furnier laserschneiden zu lassen. Dabei stellte sich die Suche nach einem Lieferanten für die passenden Hölzer als besonders schwierig heraus. Statt dem beim Bau der Ho 229 verarbeiteten, fünffach verleimten Sperrholz ließ sich nur dreifach verleimtes Holz in 1,2 Millimeter Stärke auftreiben, für das Ein-Millimeter-Bu-
chenfurnier musste man sogar den großen Teich überqueren und bei einem Lieferanten in Verl nahe Gütersloh einkaufen. Die Fehlstellen wurden zunächst Schicht für Schicht mit Mylar Film, einer durchsichtigen PET-Folie, abgepaust und die Folie so lange zurechtgeschnitten, bis sie perfekt in die
Der erste Tarnkappenjäger? Erste Analyse: Dunklere Harzschichten – ist dies die mythische »StealthSchicht«?
1983 ließ Reimar Horten in einem Interview mit der Aussage aufhorchen, dass die Ho 229 V3 eigentlich als Tarnkappenjäger konzipiert war. Das Ziel sei es gewesen, mittels Beimischung von gemahlener Kohle in bestimmten Laminatsschichten die Radarwellen zu zerstreuen und den Jet so für das feindliche Radar unsichtbar zu machen. Diese Aussage entwickelte sich zu einem regelrechten Mythos, der in einer 2009 gedrehten Dokumentation des »National Geographic Channel« mit dem Namen »Hitlers Stealth Fighter« nochmals befeuert wurde. Diese Dokumentation folgt dem Bau eines Modells der Ho 229 im Maßstab eins zu eins bei Northrop Grumman, mit dem man die Stealth-Kapazität des Musters auf Basis
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seiner Form testen wollte. Das Messergebnis: Bei der Ho 229 war der Erkennungsradius um 20 Prozent reduziert. Wegen der Kombination aus hoher Geschwindigkeit und dem kleineren Radarmuster hätte die RAF so nur acht Minuten Zeit gehabt, um eine Ho 229 abzufangen. Im Vergleich zu einem der damals herkömmlichen Jäger, für den man 19 Minuten benötigte, war die Zeit also mehr als halbiert. Dem Mythos um den Kohlestaub widmete die Dokumentation aber leider nur geringe Aufmerksamkeit – und hier hat das Restaurationsteam nun nachgehakt. Mittels verschiedener Analysemethoden, vom Röntgendiffraktometer bis hin zur Spektralanalyse, haben die Spezialisten verschiedene Harzschichten nach Kohlepartikeln durchleuchtet. Die Analyse förderte zwar tatsächlich schwarze Einschlüsse im Harz zutage, diese stellten sich beim genaueren Hinsehen jedoch als Rückstände von stark verwittertem Holz dar. Die Conclusio lautete letztlich, dass man Reimar Hortens Aussage wohl als Idee für die Serienmaschinen verstehen muss und die V3 keinen solchen »Wunderanstrich« hatte.
Die gereinigten Metallteile der Ho 229 sind teilweise in einem sehr korrodierten Zustand, die Konservierung ist nicht weniger aufwendig als bei den Holzteilen. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass man die Ho 229 vor vielen Jahren in unbekannten »Konservierungsmitteln« tränkte, welche teilweise tief eingedrungen sind und nun entfernt werden müssen. Zudem stammt die Lackierung einiger Teile noch aus Deutschland und man versucht diesen Lack weitestgehend zu erhalten. Mit einem Arsenal an Wundermitteln lässt sich so der Rost bis auf eine brauchbare Grundsubstanz entfernen und weitere Korrosion verhindern. Die wahre Kunst bei der Erhaltung der Metallteile nennt sich aber »Verlustkompensation«. Viele der dünneren Bleche sind komplett durchgerostet und einiges an Substanz fiel der aggressiven Oxidation zum Opfer. Diese Stellen möchte das Team wieder aufbauen, und zwar unter Einsatz von Hollytex, einem feinen Polyestervlies, und Paraloid B48N, einem Einkomponenten-Kunstharz, welcher speziell für diesen Einsatz entwickelt wurde. Damit sich die Reparaturstellen in das Gesamtbild einfügen, hat man sie entsprechend eingefärbt, jedoch etwas heller getönt, um sie jederzeit identifizieren zu können.
Long way to go Derzeit sind etwa 50 Prozent der Arbeiten fertiggestellt. Der ambitionierte Zeitplan des Teams sieht vor, die Ho 229 in zirka fünf Jahren in den Ausstellungstrakt des Steven F. Udvar-Hazy Centers zu überstellen und sie neben weiteren Raritäten – wie der bis dahin restaurierten Heinkel 219 Uhu oder der Arado Ar 234 – den Besuchern zugänglich zu machen. Dennoch schätzt Russ Lee, Kurator des Projekts, dass es bis dahin noch ein weiter Weg mit unendlich vielen Minibaustellen sein werde. Damit man beim Besuch des Museums die Ho 229 aber heute schon bestaunen kann, wurde sie im Restaurierungshangar so platziert, dass sie direkt vor der Besuchergalerie steht, von wo aus man einen ausgezeichneten Blick auf diesen einzigartigen Nurflügel hat. Schon alleine für diesen Anblick sei allen flugzeugbegeisterten USA-Touristen ein Abstecher nach Virginia dringend empfohlen. n
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SPEZIAL Ein Besuch im Steven F. Udvar-Hazy Center
Panoramablick über das Jet-Zeitalter, wo unter anderem alte Feinde wie die Mig-21F und F-4S »Phantom II« friedlich beisammenstehen
Die Perle des Das 2003 eröffnete Steven F. Udvar-Hazy Center in Chantilly, Virginia, ist ein Mekka für flugbegeisterte Besucher der amerikanischen Ostküste. Als Außenposten des berühmten Smithsonian National Air and Space Museum (NASM) beeindruckt das Center mit einer großartigen Sammlung an Flugzeugen aus allen Epochen. Unser Autor hat dort einen aufregenden Tag verbracht Von Philipp Amann
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a ist es also endlich, das Objekt meiner Träume: das Steven F. Udvar-Hazy Center. Von außen wirkt das Gebäude regelrecht futuristisch. Ein beeindruckender Anblick, den ich eine Weile genieße – dann aber zieht es mich magisch ins Innere. Ich trete ein und muss erst mal die üblichen Security Checks durchlaufen. Über einen kurzen Gang erreiche ich dann die erste der zwei Ausstellungshallen, den Boeing Aviation Hangar. Wer die riesige Halle betritt, muss zwangsläufig kurz innehalten: Nicht nur, weil man sofort der legendären SR-71 »Blackbird« gegenübersteht. Nein, der Eingangsbereich wurde zudem bewusst ein Stockwerk über der Ausstellungshalle gebaut, damit man beim Betreten einen Rundumblick über die Ausstellung bekommt. Und dieser Blick macht Lust auf mehr!
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Über eine Stiege geht es unter einer P-40 »Warhawk« und einer F-4U »Corsair« hindurch auf die Ausstellungfläche – und ich kann mich kaum entscheiden, in welche Richtung ich zuerst gehen soll. So entscheide ich mich für die goldene Mitte. Mein erster Weg führt mich zu einem großen Schild mit der Aufschrift »Free Guided Tours«, unter welchem sich einige Herren älteren Baujahrs in Anzug und Krawatte aufhalten. Hier lerne ich Robert A. Roubik kennen. Er erklärt mir, dass sämtliche Guides im Museum Veteranen mit einem Bezug zur militärischen Fliegerei sind und mit dieser ehrenamtlichen Tätigkeit ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben wollen. »Und es hält uns alte Dackel davon ab, Quatsch zu machen« fügt er mit einem Lächeln hinzu. Ein fantastischer Service, der von den Besuchern gerne angenommen wird.
Das Museum ist grob in fünf Bereiche eingeteilt. Am südlichen Ende befindet sich die Sammlung zur zivilen Luftfahrt. Diese umfasst neben einer Anzahl von kommerziellen Airlinern, die von der »Tante Ju« bis hin zur legendären »Concorde« reichen, auch nahezu alle anderen Sparten der zivilen Luftfahrt. So tummeln sich unter der Decke fliegende Autos neben Ultralights und europäische Hochleistungssegler in GFK-Bauweise hängen den klassischen Metallseglern aus US-Fertigung gegenüber.
Bedrückende Erinnerung Der zweite und zentrale Bereich des Museums gehört den Mustern des Zweiten Weltkriegs. Hier thront, auf Plattformen erhöht, eine Boeing B-29 »Superfortress«, und zwar nicht nur irgendeine, sondern die »Enola
Das 2003 eröffnete Steven F. Udvar-Hazy Center wirkt beinahe wie eine Raumstation, birgt aber zahlreiche geschichtsträchtige Exponate
Potomac Gay«, ein viermotoriger Bomber mit einer bedrückenden Vergangenheit. Sie überragt alle übrigen Exponate, darunter eine beeindruckende Sammlung von Jägern wie die P-38 »Lightning«, P-47 »Thunderbolt« oder Hawker »Hurricane« Mk IIc. Auch Wasserflugzeuge wie die Aichi M6A1 »Seiran« sind dabei. Besonders angetan hat es mir aber die »deutsche Ecke«. Hier stehen auf engstem Raum ein paar der seltensten Muster aus deutscher Fertigung in nahezu perfektem Zustand. Zwischen der beeindruckend großen Do 335 »Ameisenbär« und der Focke-Wulf Fw 190 F8/R1 wirkt die zweistrahlige Arado Ar-234 B-2 geradezu zierlich elegant. Letztgenannte bietet durch die komplett verglaste Nase eine herrliche Sicht in das Cockpit und offenbart, dass man sich hier bei der Restaurierung viel angetan hat. Dahinter schlummert – aktuell noch in Teilen – der Nachtjäger Heinkel He 219 in der auffälligen Mäandertarnung und wartet auf seine Tragflächen.
Doppeldecker wie frisch vom Band Auf der gegenüberliegenden Seite hat die Smithsonian Institution eine Menge an Raritäten aus den Anfängen der Fliegerei und der Zwischenkriegszeit zusammengetragen. Vor der Caudron G-4, einem perfekt restaurierten FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
zweimotorigen Bomber und Aufklärungsflieger aus dem Jahr 1917, muss ich ein bisschen länger verweilen. Sie ist eine der ältesten erhaltenen Zweimots der Welt und konnte im Jahr 2000 mit zwei Motoren vom Typ Le Rhône mit 80 PS samt passender Propeller wieder in den Originalzustand komplettiert werden. Darüber schwebt in luftiger Höhe eine Boeing P-26A »Peashooter«, welche aussieht, als wäre sie eben von der Produktionsstraße gerollt – und das, obwohl sie eine Laufbahn als waschechter Abfangjäger in Mittelamerika hinter sich hat. Der nördliche Abschluss des Boeing Aviation Hangars führt den Besucher in das JetZeitalter, wo neben Jets aus allen Jahrzehnten auch ein Kronjuwel des Museums, die erste je gebaute Lockheed Martin X-35 »Joint Strike Fighter«, effektvoll beleuchtet ausgestellt ist.
Das Beste kommt zum Schluss Wer noch höher hinaus möchte, findet direkt hinter der eindrucksvollen SR-71 »Blackbird« den Eingang in den James S. McDonnell Space Hangar. Beim Betreten wirkt es fast, als wäre der Hangar um das Space Shuttle »Discovery« herum gebaut worden. Die Discovery gilt mit 39 Weltraumflügen als das Workhorse der NASA und hat mit 365 Ta-
Konservierung eines Brauchs: Viele Bomber Crews ließen ihre Jacken passend zu ihrer Maschine bemalen
gen im Weltall mehr Zeit in der Schwerelosigkeit verbracht als ihre Schwestern. In der Nähe des Shuttles kann man einen Streifzug durch die Geschichte der amerikanischen Raketenentwicklung sowie weiterer
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BLINDTEXT Ein Besuch im Steven F. Udvar-Hazy Center
Seltene Do 335: Der einzige überlebende »Ameisenbär« beeindruckt schon alleine durch seine Größe
Eines von fünf in die USA gebrachten »Krafteiern« ist die Me 163 B-1a mit der Seriennummer 191301. Dieses Exemplar durfte in den USA sogar in die Luft, allerdings nur als Segler mit einer B-29 als Schleppflugzeug
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Nach dem Betreten des Hangars steht man mit der mächtigen SR-71 »Blackbird« einer prominenten Empfangsdame gegenüber
Die ausgestellte Halberstadt CL.IV wurde durch das Deutsche Technikmuseum Berlin im Jahr 1991 restauriert. Das Ergebnis ist beeindruckend Blick von der Besuchergalerie in die Restaurierungswerkstätte auf die B-26 Marauder »Flak-Bait«
Die bereits vor 22 Jahren restaurierte Fw 190 F-8/R1 begann ihr Leben als A7
Exponat mit dunkler Vergangenheit: Die B-29 Superfortress »Enola Gay« warf im August 1945 die Atombombe über Hiroshima ab
Raumfahrtthemen wie der Satellitentechnik unternehmen. Das Beste habe ich mir bei meinem Rundgang aber für den Schluss aufgehoben. Über eine Stiege geht es auf die Besuchergalerie des Mary Baker Engen Restaurationshangars. Hier hat man, ähnlich wie in den Werkstätten in der Flugwerft Schleißheim, die Möglichkeit, den Restaurierungsteams bei der Arbeit über die Schulter zu sehen. Schon der erste Blick in den Hangar beschert mir eine kleine Gänsehaut – denn da steht sie, die Maschine, wegen der ich eigentlich gekommen bin: die Horten Ho 229. Obwohl ich das Museum an Christi Himmelfahrt besuche, herrscht emsiges Treiben in den Werkstätten und ich nutze die Gelegenheit, mich näher über die Arbeiten am ersten deutschen Nurflügel zu informieren. Der Horten Nurflügel befindet sich FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
bei seiner Frischzellenkur übrigens in guter Gesellschaft. Neben dem japanischen Düsenjäger Nakajima »Kikka« habe ich auch die einzigartige Gelegenheit, eine besondere Martin B-26 »Marauder« aus der Nähe zu be-
Die »Loon Missile« ist ein amerikanischer Nachbau der deutschen V1, mit der in den USA zahlreiche Versuche durchgeführt wurden
sichtigen. Dieser zweimotorige mittlere Bomber absolvierte mit 200 Flügen über dem europäischen Festland mehr Einsätze als jeder andere US-Bomber und hat dabei seinem Namen »Flak Bait«, zu Deutsch »Flak Köder«, mit über 1000 Löchern in der Außenhaut alle Ehre gemacht.
Rundblick aus dem Tower Wer nach so vielen Eindrücken immer noch nicht genug hat, der kann seinen Füßen in der einzigen kostenpflichtigen Attraktion des Hauses eine Pause gönnen. Im hauseigenen IMAX-Kino werden themennahe Filmproduktionen wie Die Reise ins All oder Leben im Zeitalter der Flugzeuge in 3D gezeigt. Zum Abschluss meines Besuches gehe ich noch in den Donald D. Engen Observation Tower. Dieser Turm, welcher einem Flughafen-Tower nachempfunden ist, bietet eine herrliche 360-Grad-Rundumsicht über das Museumsgelände und den Washington Dulles International Flughafen und beinhaltet eine eigene kleine Ausstellung zum Thema Flugsicherung. Auch hier sehe ich mich noch um, dann ist meine aufregende Reise durch 100 Jahre Fluggeschichte zu Ende. Meine Empfehlung: Als Flugzeugbegeisterter sollte man für das Steven F. Udvar-Hazy Center mit seinen über 1000 Exponaten mindestens einen Tag einplanen. Die Zeit ist gut investiert, denn das Museum hat vor allem durch seine große Anzahl an Unikaten einen ganz besonderen Reiz. n
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SPEZIAL He-219-Restaurierung
Die gefährliche Das Smithsonian Museum in Washington D.C. beherbergt zusammen mit seiner Außenstelle, dem Steven F. Udvar-Hazy Center, eine Reihe von seltenen deutschen Mustern. Eines der herausragendsten Muster ist eine zweimotorige Schönheit: die Heinkel He 219. Aufwendig hat man sie in den vergangenen Jahren restauriert. Wir haben uns den letzten Stand angesehen Von Philipp Amann XII
Die perfekt restaurierten DB 603AA mit ihren mächtigen Höhenladern sehen aus, als könnten sie jederzeit einen Probelauf absolvieren
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Schöne Geduldig wartet der Rumpf seit 70 Jahren auf seine Tragflächen. Das Warten hat aber demnächst ein Ende
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bwohl hinter jedem Flugzeuge in den Hallen des Museums und den Werkstätten eine einzigartige Geschichte liegt, so haben alle Exemplare eines gemeinsam: Sie sind in guten Händen. Die Heinkel He 219A2/R4 Uhu mit der Werksnummer 290202 gehört zu diesem Kreis der Auserwählten. Im Juni 1945 wurde die schlanke Dame zusammen mit zwei Schwestermaschinen aus dem NJG1 vom USAAF-Nachrichtendienst in Grove, Dänemark, erbeutet. Man reparierte die Flugzeuge und flog sie nach Cherbourg in Frankreich. Dort wartete bereits der Flugzeugträger HMS REAPER, der sie zusammen mit 21 weiteren deutschen Maschinen in die USA bringen sollte. Dort setzte man den »Uhu« am Ford Field in Newark, New Jersey, ab und schickte die Beute auf dem Luftweg zum Freeman Airfield. Dort entlockten Techniker der Hochleistungsmaschine bis 1946 das letzte Geheimnis, zusammen mit einem A5-Prototyp, basierend auf einer A2 mit der Werksnummer 290060. Nach den Evaluierungen lagerte man die He 219A2/R4 ein und stiftete sie 1949 dem Smithsonian Institute. In Silver Hill schließlich begann ein 55 Jahre währender Dornröschenschlaf, bis sich Museumsleute des einzigartigen Schatzes erinnerten, der da in ihrem Lager schlummerte. Seit 2004 arbeitet die Restaurierungswerkstatt des Smithsonian Institute an dem selte-
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SPEZIAL He-219-Restaurierung
Nach vielen Jahren auf »Krücken« darf W.Nr. 290202 bald wieder auf eigenen Beinen stehen
Vorsicht, frisch gestrichen – die Mäandertarnung auf den Tragflächen war im Mai 2015 gerade eben fertig geworden
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An den Flächenwurzeln und auf den Querrudern war der Originallack noch in erhaltungswürdigem Zustand und diente als Vorlage
Die Wartungsaufschriften wurden von Hand nach alten Bildern aufgepinselt. Die eine oder andere Ungenauigkeit wird noch ausgebessert
Ein Blick in den Fahrwerksschacht zeigt: Das Team arbeitet in allen Bereichen mit viel Liebe zum Detail, auch wenn die He 219 nie wieder fliegen wird
nen Nachtjäger; mehrfach haben wir bereits über die Fortschritte an Rumpf und Triebwerken berichtet. Inzwischen sind die Arbeiten an den fast zweieinhalb Tonnen schweren und 18,5 Meter spannenden Tragflächen in der Paul E. Garber Restaurierungswerkstatt ebenfalls abgeschlossen. Mittels Schwertransport gingen die Flügel in das Steven F. UdvarHazy Center, in dessen Hallen sie im Mai dieses Jahres den intensiven Geruch frischer Farbe verströmten, denn die Flügeloberseiten hatten gerade ihre abschließende MäanderFLUGZEUG CLASSIC 10/2015
tarnung erhalten. Für die Farbechtheit hatte das Museum eine ausgezeichnete Vorlage. Man nutzte zur Analyse gut erhaltene Stellen an den Querrudern und den Bereich der Flächenwurzel am Rumpf. Auf beiden Stellen sind die ursprüngliche Farbe und das Tarnmuster noch gut zu erkennen.
Wiedersehen alter Bekannter Aktuell stehen nun die Arbeiten am Fahrwerk der alten Dame an; dieses benötigt nach fast 70 Jahren Einlagerung noch jede Menge Liebe
Voll funktionsfähig: die Klappen für die ringförmig angeordneten Kühler des DB 603AA
und Aufmerksamkeit. Danach sollen die derzeit im Publikumsteil ausgestellten Teile des Nachtjägers wieder in die Restaurierungswerkstätte zurückkehren. Hier werden dann zum ersten Mal seit 1946 Rumpf, Flächen, Fahrwerk, Motorgondeln, Antennen und Propeller wieder zu einer Heinkel He 219 »Uhu« A2/R4 zusammengebaut. Ob dies noch 2015 geschieht, steht noch nicht fest. Wenn das Team mit dem Ergebnis zufrieden ist, dann muss der »Uhu« noch mal Federn beziehungsweise Tragflächen lassen. Das Team
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SPEZIAL He-219-Restaurierung
Öl, Hydraulik, Elektrik. Alles sieht beinahe wie neu aus
steht vor der Mammutaufgabe, die He 219 auf den für sie vorgesehenen zentralen Platz im Steven F. Udvar-Hazy Center zu bringen. Damit die Grande Dame auch ohne Flügel durchgeschleust werden kann, müssen zahlreiche Exponate logistisch perfekt geplant umrangiert werden. Dieses riesige »Tetris für Fortgeschrittene« kann selbstverständlich nur dann gespielt werden, wenn das Museum geschlossen ist, und so richtet man sich aufgrund der ganzjährlichen Öffnungszeiten auf jede Menge Nachtdienste ein. Schlussendlich soll das Unikat 2016 neben der Dornier Do 335 und der Arado Ar 234 ausgestellt, später soll sich die noch in Arbeit befindliche Ho 229 dazugesellen. Dann sehen sich die vier Muster, die gemeinsam an Bord der HMS REAPER vor über 70 Jahren in die USA kamen, zum ersten Mal wieder.
Gesucht: Geweihblaupausen
Im futuristischen Ambiente des Udvar-Hazy Centers kommt die He 219 besonders gut zur Geltung
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Was dem Museum jedoch noch fehlt, sind die FuG-220-Antennen samt Antennenmast, das charakteristische »Hirschgeweih« des Lichtenstein-Radars. Diese haben bereits bei der Übernahme durch das Smithsonian gefehlt. Ironischerweise kann man den »Akt des Abhandenkommens« sogar in einem zeitgenössischen Film beobachten, als ein gut gelaunter Gentleman mit den Antennen über der Schulter aus dem Bild läuft. Doch trotz intensiver Suche des Smithsonian blieben die Radarempfänger verschollen. Nun möchte man sich mit einer Leihgabe aus dem RAF Museum in Hendon behelfen, sie soll als Vorlage für einen Nachbau herhalten. Hilfe benötigt das NASM aber dennoch bei der Erstellung des Antennenmasts und der Verbindung des Masts mit dem Rumpf. Die Suche nach Plänen im Heinkel-Archiv verlief im Sand und die Herstellerfirma des Antennenmasts hat den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt. Um Mast und Halterung möglichst original wiederherstellen zu können, bittet das Museum um entsprechende Hinweise. Vielleicht hat ein Leser ein Detailfoto der FuG-220Anlage bei der Wartung oder gar alte Blaupausen oder Pläne, wie die Befestigung der FuG-220-Antennen am Rumpf unter der Nasenverkleidung ausgesehen hat. Evelyn Crellin, Chefkuratorin des He-219Projekts, nimmt Hinweise unter der E-MailAdresse
[email protected] dankbar entgegen. n
Bevor geeignete Flugabwehrkanonen in ausreichender Zahl bereitstanden, musste das Heer nach Kräften improvisieren. Hier wurde ein schweres Maschinengewehr auf einen Radkranz montiert
EINE VÖLLIG NEUE WAFFENGATTUNG
Die Anfänge der Luftabwehr
Die Bekämpfung von Land- und Seeflugzeugen, Fesselballonen und Luftschiffen vom Boden aus gehörte untrennbar zum Luftkriegsgeschehen 1914 bis 1918. Doch die deutschen Militärs hatten die Gefahr, die von Flugzeugen ausgehen könnte, unterschätzt und mussten nach Kriegsausbruch schnell neuartige Geschütze entwickeln Von Peter Cronauer
28. Juni 1914 Attentat von Sarajewo
1914 38
1. August 1914 Deutschland erklärt Russland den Krieg
30. August 1914 Sieg über die Russen bei Tannenberg
1915
August 1915 Beginn der »Fokker-Plage«
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Eine auf einem Sockel montierte leichte Feldhaubitze Kaliber 10,5 Zentimeter als behelfsmäßige Flugabwehrkanone
Eine provisorisch auf ein drehbares Holzgerüst zur Flugzeugabwehr aufmontierte Feldkanone
Ungeeignete Feldkanonen Im Rahmen des Kaisermanövers 1912 wurden erste Versuche unternommen. Diese führten immerhin zu der Erkenntnis, dass herkömmliche Feldkanonen dafür ungeeignet
1917 FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
waren. In den Jahren 1913/14 erprobte man an der Ostsee erste »Versuchsgeschütze« und modifizierte sie für die ungewohnte Aufgabe. Dafür montierte man deutsche Feldkanonen der Firmen Krupp und Ehrhardt (Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik) auf einfache Unterbauten, sogenannte Pivot-Lafetten, die um 360 Grad drehbar waren und sich um 70 Grad in der Höhe ausrichten ließen. Das Ergebnis war durchwachsen: Leichte Feldhaubitzen, die wegen ihrer gekrümmten Geschoss-Flugbahn erprobt wurden, erwiesen sich sogleich als untauglich. Ihre Mündungsgeschwindigkeit war zu niedrig, die Flugzeit der Geschosse währte viel zu lang. Mit anderen Feldgeschützen ließen sich zwar bessere Ergebnisse erzielen, doch insgesamt erkannte man schon damals, dass alle derartigen Versuche zwangsläufig in eine Sackgasse führen müssen. Stattdessen sollte ein »Sondergeschütz« entstehen, das »den eigentlichen Aufgaben der Feldartillerie nicht gerecht« werden müsse, dafür aber umso mehr für die Bekämpfung von Luftzielen geeignet sei. Auch wenn in diesem Zusammenhang zunächst nur von einem »Ballonabwehrgeschütz« die Rede war, kann dies aus deutscher Sicht als die Geburts-
1918
Flak als Randerscheinung Obendrein rechnete man im Jahr 1912 noch mit dem Einsatz von Freiballonen, denen man dann mit Flugabwehrgeschützen begegnen wollte – montiert auf Lastwagen, die den Ballonen hinterherfahren konnten. Im Ernstfall sollten diese dann auch die »Aufgaben der Flak im Feld- und Festungskriege« übernehmen. Auf stationäre Batterien wollte man verzichten, weil deren Einrichtung und Unterhalt einen unvertretbar großen Aufwand an »Kampfmitteln und Truppen« bedeutete. Noch war die Flak also nur eine Randerscheinung, sie galt als Waffe für »Sonderzwecke«. Bis zum Beginn des Krieges änderte sich daran nichts. Die wenigen vorhandenen »Kraftwagengeschütze« wurden jeweils einzeln auf mehrere Armee-Korps verteilt, die sie dann bei Brücken und Luftschiffhallen positionierten. Und obwohl das Kriegsministerium sämtliche im Bau befindlichen Flak fremder Staaten beschlagnahmte und die Fertigstel-
1919 39
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung P. Cohausz
D
ie Geschichte der Luftabwehr beginnt lange vor dem Ersten Weltkrieg: Im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 wurden bemannte Freiballone eingesetzt und die Gegenseite versuchte umgehend, entsprechende Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Mit nur mäßigem Erfolg: Bislang ist nur ein einziger Ballonabschuss bekannt, der sich im Rahmen der Belagerung von Paris ereignete. Anschließend geschah nur wenig auf diesem Gebiet. Vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs schätzte die deutsche Führung die von Flugzeugen ausgehende Bedrohung als eher gering ein; deren spätere Entwicklung war tatsächlich sehr schwer vorhersehbar. Luftschiffe betrachtete man hingegen als eine ernst zu nehmende Gefahr, denn sie konnten über große Distanzen Bomben tragen und wurden rasch weiter optimiert. Daher begann man um das Jahr 1912 herum mit der Suche nach geeigneten Mitteln, um diese vom Boden aus zu bekämpfen.
stunde der Flak bezeichnet werden. Bis dorthin war es jedoch noch ein weiter Weg. Die Entwicklung des »Sondergeschützes« unterlag zunächst zahlreichen Rahmenvorgaben. Die Kosten sollten möglichst gering ausfallen, im Falle einer Serienproduktion durfte das Vorhaben die sonstige Rüstungsproduktion nicht beeinträchtigen und im Hinblick auf einen möglichst effizienten Nachschub von Ersatzteilen und Munition im Ernstfall sollte schließlich nur »eine Geschützart mit nur einem Kaliber« geschaffen werden: dem der 7,7-Zentimeter-Feldkanone.
Die Abwehrkanone eines Kriegsschiffes feuert auf feindliche Flieger
lung der bereits in Auftrag gegebenen beschleunigte, gab es im Oktober 1914 im gesamten Deutschen Reich gerade einmal 36 Flugabwehrgeschütze. Schnell zeigte sich, wie sehr man sich verschätzt hatte: Freiballone kamen gar nicht zum Einsatz und Luftschiffe nur in geringem Maß. Von der fliegerischen Aktivität der Gegner wurde man hingegen regelrecht überrascht und überrumpelt. Jetzt war Eile geboten, doch die Entwick-
Auch Marineeinheiten besaßen reichlich Bewaffnung zur Flugabwehr
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lung der »artilleristischen Flugabwehr-Waffe« hinkte den Anforderungen des Kriegsverlaufs in jeder Hinsicht hinterher.
Unterschiedliche Kaliber Zunächst einmal wurde kräftig improvisiert: Um die reguläre Produktion von Geschützen für die Fuß- und Feldartillerie nicht zu beeinträchtigen und die Rüstungsindustrie nicht übermäßig zu belasten, beauftragte das Kriegsministerium die Firmen Krupp und Ehrhardt mit der Modifizierung erbeuteter russischer und französischer Geschütze. Bei den französischen Kanonen wurde das Höhen- und Seitenrichtfeld erweitert sowie das Rohr für die Verwendung deutscher Munition auf das Kaliber 7,7 Zentimeter aufgebohrt. Das 7,62-Zentimeter-Kaliber des russischen Geschützes behielt man bei, weil seine Mündungsgeschwindigkeit diejenige der deutschen Pendants deutlich übertraf und es dafür genügend Beutemunition gab. Darüber hinaus kam noch das bereits veraltete Neun-Zentimeter-Feldgeschütz auf einem Pivot-Unterbau zu neuen Ehren, weil dessen »wirkungsvolle« Munition für den Einsatz in der Luftabwehr besonders geeignet zu sein schien. Allerdings machte die geringe Feuerrate diesen Vorteil sogleich wieder zunichte. Das 7,7-Zentimeter-Geschütz des Feldheeres schnitt da schon deutlich besser ab: Ebenfalls auf eine Pivot-Lafette gesetzt und zusätzlich auf einem Lastkraftwagen montiert, erfüllte es bereits einige wesentliche Anforderungen: Es war mobil, ließ sich um
360 Grad drehen, um 70 Grad nach oben schwenken und erreichte dank seines halbautomatischen Verschlusses und der SonderRichtvorrichtungen eine Feuerrate von 25 Schuss pro Minute. Allerdings betrug die Mündungsgeschwindigkeit hier nur 465 m/s und damit war diese Feldkanone dem russischen Beutegeschütz mit seinen 600 m/s deutlich unterlegen. Das Geschütz, das sich noch am deutlichsten für die Luftabwehr empfahl, kam von der Marine. Allerdings war die »8,8-ZentimeterSchnelllade-Schiffskanone« für den mobilen Einsatz zunächst noch viel zu schwer. Insgesamt konnte keines der Behelfsgeschütze rundum überzeugen; zudem bereitete auch noch die Munition selbst Probleme, denn der erst noch zu erforschende »Einfluss der höheren Luftschichten auf das Abbrennen des Zünders« machte sie unberechenbar.
Im dreidimensionalen Raum Die allergrößten Schwierigkeiten bereitete jedoch das Zielen; hierin unterschied sich die Flak von allen anderen Artillerien. Für Feld-, Fuß-, Festungs-, Gebirgs- und Marineartillerie galten die gleichen Gesetze, sie alle schossen sich auf dieselbe Art und Weise ein. Die im Frieden aufgestellten Schießregeln waren einfach und für alle gleichermaßen gültig: »Die vom Entfernungsmesser, dem einzigen Messgerät, ermittelte Entfernung war die Grundlage; die Änderung der Entfernung, in Minuten gemessen, wurde verdoppelt und bildete den Entfernungsvorhalt. Durch geschätzte Regler-
8,8-Zentimeter-KraftwagenFlugabwehrkanone in Feuerstellung; das Geschütz hatte seinen Ursprung in der Marineartillerie
Ein russischer Flieger wird mit Maschinengewehren beschossen
Ein feindliches Flugzeug während eines Nachtangriffs im Lichtkegel eines Scheinwerfers
und Teilringwerte sollte dem Steigen und Fallen des Ziels, seitlichem Wind und seitlicher Bewegung im Eröffnungskommando Rechnung getragen werden.« Korrekturen sollten die Bedienmannschaften nach den Beobachtungen während des Schießens vornehmen, das heißt, beobachtete Einschläge auf der Erde oder auf dem Wasser wurden eingegabelt und die Ausrichtung des Geschützes entspre-
ten möglichst gleichzeitig das Feuer auf einen Flieger eröffnen. Mangels Masse war dies jedoch kaum möglich.
Grundregeln der Flak An die Flak wurden Herausforderungen gestellt, die auf den Haupteigenschaften ihres Zieles, dem Flugzeug, beruhten und die sie von allen anderen Artilleriearten unterschied:
Möglichst viele Geschütze mussten möglichst gleichzeitig das Feuer auf einen Flieger eröffnen. chend korrigiert. An Land und auf dem Wasser war dies verhältnismäßig einfach, denn hier bewegten sich die Ziele langsam – wenn überhaupt – und dann nur auf einer Ebene. Bei einem Flugzeug, das sich im dreidimensionalen Luftraum bewegte, war dies nicht der Fall: »Im freien, keinerlei Anhaltspunkte bietenden Luftraum war es nur selten möglich, die Lage der Schüsse zum Ziel festzustellen. Aber selbst wenn dies gelang, so war damit noch nichts erreicht; denn blitzschnell änderte der Flieger die Flugrichtung, Höhe und Geschwindigkeit. Sekunden nur, und nicht die geringste Beziehung bestand noch zwischen ihm und den vorher abgegebenen Schüssen.« Zunächst gab es dafür nur eine Lösung: möglichst viele Geschütze mussFLUGZEUG CLASSIC 10/2015
»Die Richtung des Zieles ist in jedem Augenblick völlig fraglich und in keiner Weise an bestimmte Wege oder selbst an bestimmte Ebenen gebunden. Die Geschwindigkeit des Zieles ist so groß, dass es während der Geschossflugzeit viele Hundert Meter zurücklegt. Die Größe des Ziels, das heißt die Fläche, die getroffen werden muss, um einen Absturz herbeizuführen, ist so klein (zwei Quadratmeter), dass eine merkliche Abweichung des Schusses seine Wirkung aufhebt. Die Lage des Ziels im Raum mit seinen drei Dimensionen ist durch ständige Messungen, nicht aber durch Beziehung auf feste Vergleichspunkte bestimmbar.« Aus heutiger Sicht liest sich das vergleichsweise banal. Da-
mals betrat man jedoch in vielerlei Hinsicht Neuland: Messgeräte mussten erst einmal entwickelt und in »Kommandogeräten« zusammengefasst werden. Zugleich erforderte der »Kampf des denkenden Artilleristen gegen den denkenden Flieger« spezielle Geschütze mit hoher Mündungsgeschwindigkeit, schneller Feuerrate und spezieller Munition. Und darüber hinaus eine entsprechende Ausbildung der Bedienmannschaften, generell eine umfassende Organisation der Flugabwehr sowie ein effizientes Zusammenwirken verschiedener Institutionen wie dem Wetter- oder dem ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckenden Flugmeldedienst. Das alles brauchte seine Zeit, viele Entwicklungen waren bis Ende des Krieges noch längst nicht abgeschlossen. Doch im Deutschen Reich entkam die Flak im Herbst des Jahres 1915 allmählich ihrem Mauerblümchendasein im Schatten der Feldartillerie. Zunehmend setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Flugabwehr eigenen Gesetzen unterlag und eine eigene Waffengattung mit spezialisiertem Personal und spezieller Technik werden würde. n
Quellen: Zitate: Die Zitate stammen aus Deutschlands Krieg in der Luft von Gen. d. Kavallerie Ernst von Hoeppner. 41
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Den schwarzen Lack der Grundierung muss man für eine noch feinere Oberfläche anschleifen und polieren
Fotos Thomas Hopfensperger
Die Hauptfahrwerksschächte zeigen die zusätzlichen Innendetails wie etwa die typischen Druckbehälter
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Luftlande-Panzer im Test BMD-1 in 1:35 von Panda
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Umbau des Neulings
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TERMINE 2015 FÜR DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND SCHWEIZ SEPTEMBER 12./13. September Internationaler Flugtag, Segelfluggelände Hütten-Hotzenwald, www.flugtag-huetten.de
OKTOBER 2.–4. Oktober Wilga-Treffen, Verkehrslandeplatz JenaSchöngleina, www.edbj.de
2.–4. Oktober Ju-52 Nostalgierundflüge, Sonderlandeplatz Oberschleißheim, www.ju-52.com
7./8. Oktober Flieger Schießdemonstration, Axalp/ Schweiz, www.lw.admin.ch
NOVEMBER 7. November 39. Flugzeug-Veteranen-Teilebörse, Technik Museum Speyer, Peter Seelinger,
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EUROPA SEPTEMBER 18. & 20. September Airshow, Lens-Benifontaine/Frankreich, www.meeting-air-lens.com
19./20. September Battle of Britain Anniversary Airshow, Duxford/Großbritannien, www.iwm.org.uk
18. & 20. September International Sanicole Airshow, Leopoldsburg/ Hechtel/Belgien, www.airshow.sanicole.com
20. September Flughafen Straßbourg-Entzheim/Frankreich, Luftfahrtbörse, www.aileshistoriquesdurhin.fr/ bours-aero-du-rhin
Grumman Avenger, schwergewichtiger Bolide auf der diesjährigen Classic Fighter Airshow in Neuseeland Foto G. Schmid
26./27. September
OKTOBER
Airshow, Luqa/Malta, www. maltaairshow.com
2.–4. Oktober
WELTWEIT SEPTEMBER 12./13. September Airshow, Forth Worth/Texas/USA, www.allianceairshow.com
Airshow, Marine Corps Air Station Miramar/ Kalifornien/USA, www.miramarairshow.com
20.–25. Oktober ADEX International Aerospace & Defence Exhibition/Seoul/Süd-Korea, www.seouladex.com
6./7. November Blue Angels Homecoming Airshow, Naval Air Station Pensacola/Florida/USA, www.naspensacolaairshow.com
20./21. November Warbirds Downunder Airshow, Temora/ Australien, www.warbirdsdownunderairshow.com.au
20.–25. Oktober
16.–20. September
Aero Expo, Lima/Peru, www.aeroexpoperu.com
Airrace, Reno/Nevada/USA, www.airrace.org
NOVEMBER
19./20. September
8.–12. November
Airshow, Naval Air Station Oceana/Virginia/ USA, www.oceanaairshow.com
Airshow, Dubai/Vereinigte Arabische Emirate, www.dubaiairshow.aero
Alle Angaben sind ohne Gewähr. Kurzfristige Änderungen treten häufig ein, eventuell beim Veranstalter nachfragen! Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit: Fax: 0951/4 28 23, E-Mail:
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B Ü C HER
Dornier Do 24 Units Osprey Combat Aircraft 110 In englischer Sprache 96 S., 76 Fotos, 30 Farbprofile. Osprey Publishing. ISBN 978-14728-0570-6. Preis: 18,50 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177 2882968. www.sound-bm.com
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PETER DE JONG
DANA BELL
Do 24 im Einsatz
Corsair zum Zweiten
Anfänglich nur für Holland produziert, kam die Do 24 doch noch bei der Luftwaffe zum Zuge. Hier mauserte sie sich zu deren wohl bestem Hochseeflugboot, besonders für Rettungsaufgaben. In Spanien nutzte man sie hierfür bis 1969. Peter de Jongs sehr lesenswerte Darstellung folgt dem üblichen Rahmen der Heftreihe. Schwerpunkte konzentrieren sich auf die Do 24 in holländischen und deutschen Diensten. Davon abgesehen, kommen ihre weiteren Aktivitäten unter anderem für die australischen, französischen oder britischen Streitkräfte nicht zu kurz. Alles wie immer adäquat illustriert dank zeitgenössischer Fotos sowie 30 hervorragender Farbprofile. Absolut zu empfehlen! WM
Modellbauer seien ausdrücklich vor den »anatomischen« Überraschungen gewarnt, die Dana Bells Darstellung zur Entwicklung der F4U-1 mit Rundumsichthaube bereit hält. Es sei nur der Entriegelungsknopf rechts außen am Kanzelrahmen genannt. Wie gewohnt legt Bell Akzente auf die kleinen, oft falsch interpretierten Besonderheiten. Er zeigt genau, mit welcher Seriennummer eine Änderung in der verzweigten Fertigung bei Vought, Brewster und Goodyear einherging. Oder beleuchtet intensiv die Eigenheiten der Exportmaschinen für Briten und Neuseeländer. Herzstück auch dieses Heftes sind die oft kaum bekannten Fotos mit erstaunlichen Details. Fazit: eine gewaltige Fundgrube! WM
F4U-1 Corsair Vol. 2 Aircraft Pictorial Number 8 In englischer Sprache 72 S., Softcover, 113 Fotos. Classic Warships Publishing. www.classicwarships.com. ISBN 978-0-9857149-9-4. Preis: 21,95 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089 703227. www.christian-schmidt.com
LESERBRIEFE
Leserbriefe Sie wollen uns schreiben? Flugzeug Classic GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a 80797 München
Anmerkung der Redaktion Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums unserer Leser sinnwahrend zu kürzen.
Bordkanone MK 214 Titelgeschichte in Heft 9/2015 In die September-Ausgabe hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Das Bild unten auf der S. 19
zeigt natürlich keine MK 214, sondern die BK 5 (siehe S. 17). Eugen Peteler, per E-Mail Herr Peteler hat recht. Im Beitrag über die Zerstörerwaffe wurde auf
der Seite 19 unten versehentlich das Bild einer BK 5 abgebildet. Gezeigt werden sollte dort die neue MK 214, deren Gehäuse und Magazin deutlich von der BK 5 abwich. Dietmar Hermann
So sah die MK 214 aus
Werkszeichnung der MK 214 Foto Sammlung D. Hermann
Me 410 in Hildesheim, 1944
GORDON/KOMMISAROV/ RIGMANT
»Concordski«
Tupolev Tu-144 The Soviet Supersonic Airliner In englischer Sprache 272 S., 548 s/w und Farbfotos, 23 Farbprofile. Schiffer Publishing. ISBN 978-0-76434894-5. Preis: 59,95 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089 703227. www.christian-schmidt.com FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Die Tu-144 gehört zu den großen Pionierleistungen der russischen Luftfahrt, stand im (ehemaligen) Westen aber stets im Schatten der Concorde. Die Autoren legen nun eine umfangreich erweiterte Neuauflage der einst unter dem Label Red Star erschienenen Monografie vor. Und sie ist jeden Cent wert! Zum umfangreichen Text über Entwicklung, Werdegang oder dem frühzeitigen Aus für die Tu-144 gesellt sich reichlich neues, oft farbiges und zum Teil wenig bekanntes Bildmaterial – etwa zu vielen Details sowie dem Innenleben. Weiterhin verdient die Darstellung geplanter Militärvarianten besondere Aufmerksamkeit in diesem insgesamt sehr ansprechend gelungenen Buch. WM
Foto Sammlung D. Hermann
Foto Sammlung Gunter Lauser
Messerschmitt Me 410 Titelgeschichte in Heft 9/2015 Zu Ihrem Artikel über die schweren Bordkanonen gegen Bomber, speziell bei der Me 410, habe ich noch einige interessante Fotos. Anbei ein Beispiel (Foto unten rechts, Anm. d. Red.); es zeigt mehrere Me 410 auf dem Flugplatz Hildesheim, Anfang 1944. Vorne die Maschine von Major Eduard Tratt, Kommandeur II./ ZG 26, mit fünf Abschussmarkierungen. Neben weiteren Aufnahmen vom ZG 26 bzw. vormals ZG 1 besitze ich auch einen 8-Millimeter-Film über Übungsangriffsflüge mit der Me 410 des ZG 26 auf die Beute B-17, aufgenommen in Königsberg. Gunter Lauser, 73230 Kirchheim/Teck
HOLGER LORENZ
Turbinenflugzeug 153A So hieß das vielversprechende Projekt, mit dem man in Dresden einst die Il-14P ablösen wollte. Das leistungsstarke Verkehrsflugzeug sollte von zwei Pirna018-Propellerturbinen angetrieben werden. Wie bei Holger Lorenz üblich, strotzt auch sein jüngstes Werk vor Information und ungewöhnlichem, oft kaum bekanntem Bild- oder Zeichnungsmaterial sowie umfangreichen Datentabellen. Er stellt die »153« nicht nur detailreich vor, sondern versteht es bestens, sie in den damaligen Kontext einzubetten oder mit der möglichen Konkurrenz zu vergleichen. Nebenbei springt so ein ungewöhnlicher Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte der DDR heraus. Schlichtweg vorbildlich! WM
Das Turbinenflugzeug Dresden-153A von 1959 120 S., Softcover, 207 s/w und Farbfotos, 96 Zeichnungen. ISBN 978-3-9816919-6-2. Preis: 29,95 € Erhältlich direkt bei www.flugzeug-lorenz.de oder im einschlägigen Fachbuchhandel
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BLINDOLDTIMER
Me 262-Replikat
In einer Werkshalle auf dem Boeing-Gelände in Everett/ Washington entstehen fünf Nachbauten der Me 262 – ein mutiger Plan. Denn zunächst gab es erst zwei gesicherte Abnehmer
Geburt mit Hindernissen
Die Me 262 ist die Königin des Flugmuseums Messerschmitt. Doch dass sie dort steht, ist keine Selbstverständlichkeit. Wir zeigen, welche Hürden beim Nachbau zu überwinden waren – und warum das Projekt mehrmals auf der Kippe stand Von Helmuth Lage 48
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Cornelius Braun
ME-262-NACHBAU
In der Texas Airplane Factory des deutschstämmigen Herb Tischler (rechts) nahm das ehrgeizige Projekt Me 262 nach und nach Gestalt an
Bevor die Me 262 der Messerschmitt Stiftung in Manching zum Erstflug rollen konnte, waren in den USA beim Nachbau der Maschinen viele Schwierigkeiten zu überwinden Foto Andreas Zeitler
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as macht die Me 262 so besonders? Im Flugmuseum Messerschmitt steht sie doch immerhin neben so historischen Größen wie drei Bf 109, einer Bf 108, einer Me 163 und der Ältesten im Bunde, der M 17 aus dem Entwicklungsjahr 1925. Sie ist eben ein Jet, ein Strahlflugzeug – aber auch da hätte sie mit der HA 200 eine Konkurrenz im eigenen Haus. Doch diese »Konkurrenz« ist nicht nur um mehr als ein entscheidendes Jahrzehnt jünger, sondern vor allem um einen Nimbus ärmer. Die Messerschmitt Me 262 kennt jeder. Selbst solche Zeitgenossen, die weniger in der Luftfahrt bewandert sind, werden zumindest fragen: Ist das nicht der erste Düsenjäger der Welt? Und der Kenner wird antworten: Fast –
FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
aber auf jeden Fall ist dieses Strahlflugzeug das erste, das in Serienreife gebaut wurde. Sicher beruht ein Teil der Faszination dieses Flugzeugs auf dem Ruf der Unbesiegbarkeit, der völlig neuen Dimension eines Luftkampfs, des Einknickens der bis dahin untereinander fast ebenbürtigen Propellerboliden vom Schlage Bf 109 und Fw 190 auf der einen und Mustang, Spitfire und Yak auf der anderen Seite. Wie viel davon war Propaganda, wie viel entspricht der Realität? Eine Frage, der wir in Teil II dieses Artikels in der nächsten Heftausgabe von Flugzeug Classic noch näher nachgehen werden. Unbestritten aber ist, dass Willy Messerschmitt mitsamt seiner Mannschaft nur wenige Jahre nach der Bf 109 mit seiner »262« er-
neut ein ganz großer Wurf gelungen war, der wiederum einen Quantensprung in eine neue fliegerische Dimension bedeutete.
»Vera« als Vorlage So ist es eine nachvollziehbar logische Konsequenz, dass die Messerschmitt Stiftung unter der Leitung von Professor Gero Madelung sich Anfang der 1990er-Jahre auf die Suche nach einem geeigneten Exponat machte. Ziel war es, mit einer flugfähigen Maschine die im Jahr 1998 zum 100. Geburtstag von Willy Messerschmitt geplante Eröffnung »seines« Museums zu krönen. Doch woher nehmen? Originale, aus denen man vielleicht ein flugfähiges Gerät hätte restaurieren können, gab es noch. Immerhin
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OLDTIMER
Me 262-Replikat
Auch Flugzeug-Enthusiasten haben nicht nur Technik im Kopf, wie dieses Foto beweist
Vorgefertigte Rippen warten im Regal geduldig auf ihren Einbau
Die zerlegte »Vera« – nicht mehr in flugfähigen Zustand zu restaurieren, aber von unschätzbarem Wert als Vorlage. Der Zahn der Zeit hatte kräftig an der »262« genagt
waren von den ursprünglich 1433 Exemplaren acht übrig geblieben, sieben davon wohlbehütet und absolut unverkäuflich in Museen verankert. Eine aber, ein Beutestück der USA, stand seit Jahrzehnten bei der US Navy in Pennsylvania im Freien herum. Ursprünglich ein Einsitzer, 1944 aber zum Trainer umgebaut, kam sie als »Weiße 35« in Lechfeld zum Einsatz. Inzwischen hatte der Zahn der Zeit so gründlich an ihr genagt, dass an eine Restaurierung bis hin zur Flugfähigkeit nicht zu
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denken war. Ein amerikanischer Geschäftsmann namens Steve Snyder, Besitzer einer Pilotenlizenz, mehrerer Luftfahrtunternehmen, eines Flugplatzes und eines Flugmuseums, hatte ganz andere Pläne mit der Maschine. Die war übrigens nach amerikanischer Sitte auf einen Mädchennamen getauft worden und bildete jetzt als »Vera« einen Blickfang vor den Toren des Marinefliegerhorstes Willow Grove. Snyder hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, fünf Me 262 nachzubauen, vier Doppelsitzer und einen Einsitzer. Brauchbare
Hier sieht man Seitenruderpedale im Doppelpack für die Trainerversion
Konstruktionszeichnungen gab es nur noch in Fragmenten, also musste eine reproduzierbare Vorlage her, und dafür taugte die »Vera« allemal.
Von Texas nach Seattle Für den Nachbau hatte er den deutschstämmigen Herbert Tischler engagiert, einen gelernten und erfahrenen Metallflugzeugbauer, der in Ft. Worth die Texas Airplane Factory besaß. Zu dieser Zeit war bereits die Messerschmitt Stiftung mit einer festen Bestellung
der zweiten Maschine ins Boot geholt worden. Da der Produktionsplan vorsah, die hauptsächlichen Baugruppen parallel herzustellen, sollten alle Maschinen in etwa gleichzeitig fertig werden. So der Plan. Sehr schnell hatte man auch einen Testpiloten gefunden. Der Deutsche Wolfgang Czaia erfuhr zufällig von dem Vorhaben und wurde von Anfang an mit in das Projekt eingebunden. Seine große Erfahrung sprach für ihn: In der deutschen Luftwaffe flog er auf T-33, F-84F und als Fluglehrer auf der F-104, später in den USA als Testpilot bei Lockheed und auf der Linie bei American Airlines. In seinem Buch Projekt 262 schildert er seine Versuchsreihe bis zur Auslieferung nach Deutschland so spannend, dass es schwer fällt, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Doch bis dahin war ein weiter Weg zurückzulegen, gespickt mit technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen und später mit einem Standortwechsel nach Seattle, wo mit Bob Hammer ein neuer Konstrukteur zum Einsatz kam.
Stilecht, aber sicher Zunächst einmal waren grundsätzliche Fragen der Konstruktion zu klären. Allen voran die der zu verwendenden Triebwerke. Von den im Original verbauten Jumo 004 gab es keine restaurierfähigen Exemplare mehr, also musste man moderne Antriebe finden, die in die Triebwerksgondeln passten. Die Wahl fiel auf das General Electric J85, wie es zum Beispiel in der Northrop T38 und F5 verbaut ist, beziehungsweise das zivile Gegenstück CJ610, das unter anderen den Learjets 23 bis 25 Schub verleiht und rund 60 Prozent mehr Leistung bringt als das Original. Wesentlichen Raum der Vorüberlegungen nahm auch die Frage nach geeigneten Materialien ein. Man wollte so nahe wie möglich am Original bleiben, auch wenn manche Bauelemente nur aus Mangel an Aluminium zu Kriegsende aus Stahl gefertigt worden waren. Eine klare Verbesserung bedeutete es allerdings, modernes, rostfreies Material zu verwenden. Aber auch die Fahrwerkstüren sollten absolut stilecht aus Holz sein. Veränderungen waren im Bereich der fliegerischen Sicherheit nötig. So sollten etwa moderne Scheibenbremsen die herkömmlichen Trommelbremsen ersetzen. Dadurch ließ sich auch ohne den komplizierten Nachbau der Bugradbremsen eine wirkungsvollere Bremsverzögerung erzielen, die man aufgrund der geplanten Gewichtsersparnis von rund 1000 Kilogramm noch weiter verbessern konnte. Ziel war eine maximale Abflugmasse von 12 500 lbs, zirka 5950 Kilogramm, was aufgrund der wesentlich leichteren modernen Turbinen und dem Verzicht auf die vier schweren 30-Millimeter-Maschinenkanonen FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Phönix aus der Asche Man muss schon eine extreme Begeisterung für die Fliegerei mitbringen, um bei einer solchen Ausgangslage nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Und doch: Aus einem verrotteten Original stiegen fünf Nachbauten auf. Auch das Vorbild verwandelte sich noch in ein statisches Exponat.
Teile der »Vera« – vermessen und bis zur weiteren Bearbeitung beiseite gelegt
Neubau der Tragflächen in der Texas Airplane Factory von Herbert Tischler
Das erste Exemplar nimmt Gestalt an. Aber bis zum Roll-out gibt es noch viel zu tun
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OLDTIMER
Me 262-Replikat
Die »White One« (im Hintergrund) und die »TT« der Messerschmitt Stiftung bei der Vorbereitung für weitere Erprobungsflüge in Everett
Von ästhetischer Schönheit und aerodynamischer Effizienz – für die Nase eines Jets gehört beides zusammen
zugunsten leichter Attrappen gut zu bewältigen sein sollte. Mit Zustimmung von Gero Madelung – einem Neffen von Willy Messerschmitt – und der Messerschmitt Stiftung durften für die geplanten Nachbauten die original Werksnummern fortgesetzt werden. Nach der letzten Maschine aus dem Regensburger Werk mit der Nummer 501 240 sollten nun die 501 241 bis 245 entstehen. Drei bis dreieinhalb Jahre waren veranschlagt, sodass der Erstflug für 1997 zu erwarten war. Doch es sollte anders kommen …
Hürdenlauf
Einpassen der Haube während der Beplankung des Rumpfes
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Nach langer, mühevoller Arbeit: Das Cockpit ist voll ausgerüstet und startklar
Finanzierungsprobleme führten dazu, dass sich Snyder und Tischler trennten. So musste Gero Madelung (der mit Werner Blasel als Vertreter der Dasa, einem Vorläufer der Airbus Defence and Space, zur halbjährlichen Inspektion nach Texas angereist war) erkennen, dass sich das Projekt bis zur Eröffnung des Museums unmöglich fertigstellen ließ. Doch es öffnete sich eine neue Tür, und zwar in Seattle, genauer gesagt auf dem Boeing-Gelände in Everett. Dort war Bob Hammer, ehemaliger Konstrukteur bei Boeing, gerade in den vermeintlichen Ruhestand getreten. Damit war es schlagartig vorbei, als er sich bereit erklärte, das »262«Projekt unter seine Fittiche zu nehmen. Als sachorientierter Pragmatiker rückte er davon ab, alle fünf Exemplare gleichzeitig zu bauen. Stattdessen strebte er jetzt an, zunächst einmal eine Maschine, die »White One«, in die
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Testpilot Wolfgang Czaia (links) mit Bob Hammer, der das Projekt nach Everett holte und dort zum Abschluss brachte
Luft zu bekommen. Das war aber noch nicht die der Messerschmitt Stiftung, die damit im Zeitplan weiter nach hinten rückte. Da zu diesem Zeitpunkt das Flugmuseum in Manching bereits eröffnet war, kam es nun eigentlich auch nicht mehr so sehr darauf an, sollte man denken. Aber es ging nicht nur um die Frage, wann, sondern ob man überhaupt zu einem erfolgreichen Ende gelangen würde. Diese Unsicherheit wurde erst dadurch deutlich verringert, indem sich Lou Werner, der Besitzer der »White One«, und die Messer-
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den USA waren zufrieden mit dem Fortschritt. Der für die nahe Zukunft prognostizierte Erstflug allerdings scheiterte zunächst einmal an Problemen mit der Bremsanlage und Störungen in der Elektrik, weil die General Control Unit (GCU) ständig ausfiel.
Erstflug Was aber, wenn die wesentlich stärkeren Triebwerke beim Start ausfallen würden? Auch darüber machte man sich Gedanken. War das Seitenruder schon bei einem asym-
Es ging nicht nur um die Frage, wann, sondern ob die ›262‹ überhaupt fliegen würde. schmitt Stiftung bereit erklärten, das Projekt fortzuführen und zu finanzieren. Ab 1998 erweiterte dann auch die Dasa durch ihren Einstieg das finanzielle Fundament für das Flugmuseum in Manching, das der »262« als Heimatbasis dienen sollte. Nun konnte man sich also den technischen Problemen widmen. Und die ergaben sich in immer neuer Vielfalt. Da zwangen ungenau gefertigte Cockpitwannen zu Änderungen der Tanks und die Hydrauliksysteme der modernen Triebwerke waren nicht kompatibel mit den Flugzeugsystemen. Irgendwann aber war das Fluggerät so weit zusammengebaut, dass man zu den ersten Rollversuchen übergehen konnte. Es lief noch nicht alles ganz rund, aber die anwesenden Besitzer aus Deutschland und FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
metrischen Schub eines Jumo 004 zu klein dimensioniert, brauchte es jetzt eine noch höhere Geschwindigkeit, um die Richtung halten zu können. Das Flugzeug wollte fliegen, bevor eine ausreichende Ruderwirksamkeit anlag. Dafür musste eine Lösung her, die aber zunächst einmal vertagt wurde. Irgendwann aber war es so weit – und nach zahllosen Zweifeln, ob sich das Projekt durchführen ließe, nach immer wieder einmütig gefassten Entschlüssen zur Fortsetzung und nach etlichen schlaflosen Nächten von Professor Madelung fand Ende 2002 endlich der lang ersehnte Erstflug statt. Darüber und über den Werdegang der D-IMTT, wie sie jetzt im Flugmuseum Messerschmitt steht, lesen Sie mehr in der nächsten Ausgabe von Flugzeug Classic. n
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OLDTIMER
Nachwuchspilot
Im offenen Cockpit der Fokker Dr.I: Bevan Dewes in der Rolle des Jasta-11-Piloten Leutnant Werner Steinhäuser bei der Classic Fighters Airshow in Omaka, Neuseeland
Vom Traktor in die Fokker Welcher Luftfahrtfreund träumte nicht schon davon, eines Tages selbst im Cockpit einer Maschine wie der Fokker Dr.I zu sitzen? Der Neuseeländer Bevan Dewes erfüllte sich diesen Wunsch – mit viel Leidenschaft und noch mehr Fleiß Von Gerhard Schmid 54
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Gerhard Schmid
WIE EIN FARMERSOHN ZUM WARBIRD-PILOTEN WURDE
Letzte Worte vor dem Start: John Lanham fliegt den roten Dreidecker des Manfred Freiherr von Richthofen, Bevan Dewes übernimmt die Rolle von Leutnant Werner Steinhäuser
lenken. Eine der Maschinen erstrahlt gar in grellem Rot. Nein, sie wollen sich nicht verbergen. Sie sind die Auserwählten, ein erlauchter Kreis. Sie fliegen eines der modernsten Jagdflugzeuge des Jahres 1917 und sie machen sich für einen abendlichen Einsatz bereit. Unter den »alten Hasen« befindet sich heute auch ein ganz junger Flieger. 21 ist er gerade geworden und er träumt davon, ein
des Jagdfliegerasses und Träger des Pour le Mérite, Manfred Freiherr von Richthofen, in Frankreich flog. 24 war Steinhäuser damals, als er im Dezember 1917 nach einer Spezialausbildung zur berühmten Jagdstaffel 11, von den Alliierten »fliegender Zirkus« genannt, kam. Zehn anerkannte Luftsiege hatte er auf seinem Konto, als er Ende März 1918 am Himmel über Frankreich seinen Meister fand.
Immer wieder sah ich diese Kittyhawk – einmal auf dem Rücksitz mitfliegen, das war mein Traum.
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s ist kurz nach halb sieben Uhr am Abend, der Tag neigt sich dem Ende zu. Acht Männer in dicken Fliegeroveralls gehen mit festem Schritt über das von wochenlanger Trockenheit ausgedörrte Gras, acht Paar schwere Stiefel hinterlassen ihre Abdrücke im Staub. Lässig halten sie die ledernen Fliegerhauben in ihren Händen, von denen Fliegerbrillen mit runden Gläsern baumeln wie die Pendel einer Uhr. Ein paar Scherze, ein paar aufmunternde, aber auch ermahnende Worte sind zu vernehmen, während die acht Flieger zielstrebig auf ihre Maschinen zuschreiten, die da in Reih’ und Glied vor ihnen stehen. Acht FokkerJagdmaschinen, die neuen Dreidecker, bunt bemalt. Sie wollen ganz bewusst auffallen, provozieren, die Aufmerksamkeit auf sich
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ganz Großer zu werden, als er in das enge Cockpit des Dreideckers mit den auffallenden gelb-roten Markierungen an Rumpf und Höhenleitwerk steigt. Seine sieben Kameraden wissen: Er hat das Zeug dazu. Die Warte drehen an den Propellern: »Kontakt!« Die acht Sternmotoren knallen und knattern, als sie einer nach dem anderen auf Touren kommen. Weiße und rote Seidenschals wehen im Propellerwind. Lachend winken sie sich noch einmal zu, bevor sie ihre großen Brillen gerade rücken, auf das Flugfeld rollen, den Staub des trockenen Bodens wie einen Sandsturm hinter sich aufwirbelnd. Einer nach dem anderen heben sie ab und schrauben sich in den wolkenlosen Abendhimmel über … Omaka!
Fokker in Staffelstärke Stimmt, diese Szene hätte sich genauso gut vor knapp 100 Jahren in Frankreich abspielen können. Tatsächlich war es damals der junge Leutnant Werner Steinhäuser, der mit dem gelb-rot markierten Dreidecker an der Seite
Nur knapp vier Wochen später fiel auch sein großes Vorbild, der »Rote Baron«. Dem »Helden« unserer Geschichte bleibt dieses Schicksal glücklicherweise erspart, denn der junge Neuseeländer Bevan Dewes ist kein Jagdflieger, sondern Airshow-Pilot. Und wie so oft, beginnt auch seine Geschichte mit einem Traum.
Sein zweites Zuhause Einmal auf dem Rücksitz einer P-40 Kittyhawk mitfliegen, das wär’s. Dieser schnittigen Jagdmaschine hat der Farmerssohn schon als kleiner Bub immer wieder sehnsüchtig nachgeschaut, wenn sie am Himmel über Masterton, dem Sitz des berühmten fliegenden Museums The Vintage Aviator, ihre Kreise zog. Mit 13 nahm Bevan dann seinen Mut zusammen; er stellte sich bei Gene DeMarco, dem Kopf von The Vintage Aviator, vor. Nach der Schule und der Arbeit auf der Farm blieb schließlich noch etwas Freizeit übrig. Und er bekam seine Chance. Von da an verbrachte Bevan jede freie Minute als volunteer (»Frei-
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Nachwuchspilot williger«) in den heiligen Hallen auf dem Hood Aerodrome. Gene DeMarco blieb nicht lange verborgen, welcher ungeschliffene Diamant sich da bei ihm eingefunden hatte. Mit Leidenschaft, Fleiß und handwerklichem Geschick brachte sich der ehrgeizige Junge in sein Team ein. Dass Fleiß belohnt und Talent gefördert wird, das ist für Gene DeMarco selbstverständlich. So war es dann auch nur eine Frage der Zeit, bis man Bevan Dewes an das Fliegen heranführte. Denn darum geht es ja auch bei The Vintage Aviator, dem fliegenden Museum auf der nördlichen der beiden Hauptinseln Neuseelands.
Begehrte Doppel- und Dreidecker Die Kittyhawk ließ Bevan Dewes nicht mehr los. Bald wird er im Cockpit sitzen – als Pilot. Das Training auf der Harvard läuft bereits
Mit 21 Jahren – dem Durchschnittsalter der Piloten im Ersten Weltkrieg – flog Bevan Dewes die weltweit einzige flugfähige originale Royal Aircraft Factory B.E.2f
Was ist das Beste, das man in einer solch grandiosen Abendstimmung tun kann? Richtig – mit der Chipmunk in die Luft gehen ... Foto Philip Makanna
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Keine geringere als Kerry Conner nahm den neuen Flugschüler dann unter ihre Fittiche. Kerry fliegt seit ihrem 17. Lebensjahr und ist seit 2009 bei The Vintage Aviator. Als Fluglehrerin für Taildragger hat sie damals angefangen und irgendwann begann sie, neben den Schulungsflügen mit Piper Cub, Cessna 180 und De Havilland Chipmunk auch die Maschinen aus dem Ersten Weltkrieg zu Airshows zu überführen. 2009 hatte sie schließlich mit der Pfalz D.III ihren ersten Auftritt vor Publikum. Heute ist Kerry die einzige Frau, die Doppel- und Dreidecker jener Zeit auf Airshows fliegt. Eine bessere Fluglehrerin kann man sich wohl kaum wünschen. So dauerte es letztlich auch nicht lange, bis Bevan Dewes seinen PPL überreicht bekam. Und wie schon Kerry Conner vor ihm war auch er gerade 17. Die Tinte des PPL war noch nicht richtig trocken, da kratzte Dewes auch schon seine Ersparnisse zusammen, um als Teilhaber in eine De Havilland Chipmunk einzusteigen. Nicht irgendeine Chipmunk. Seine Chipmunk hat einen sehr, sehr prominenten Piloten in ihrem Lebenslauf. Kein geringerer als Prinz Philip, der Duke of Edinburgh, absolvierte beim RAF flight training seine ersten 20 Schulungsflüge auf dieser Maschine. 1952 war das. Heute ist Dewes stolzer Alleineigner dieser ganz besonderen Chipmunk. Bevan Dewes ist keiner von den coolen »Mavericks«, die mit verspiegelten Ray Bans wie die Gockel durch die Gegend stolzieren und Kaugummi kauend vom Flieger direkt in den Roadster steigen, um in der nächsten Disco ordentlich aufzudrehen. Er ist auf dem Boden geblieben, hat den »Höhenflug« ausgelassen. Man merkt ihm an, dass er schon früh Verantwortung übernommen hat. Und zwischendurch auch mal verzichten musste. Seine Freunde waren längst mobil, als er noch nach Mitfahrgelegenheiten suchte. »Flugzeuge waren mir einfach wichtiger als Autos«, lacht der sympathische junge Flieger, als wir am Abend nach der Airshow mit den Piloten
Die Royal Aircraft Factory B.E.2f gehört zur Sammlung von »The Vintage Aviator Ltd.« – und zu den zahlreichen seltenen Maschinen, die sich in Dewes Flugbuch finden
und Crews im Aeroclub des Omaka Aerodrome sitzen, Bier trinken und frisch gegrillte Burger verspeisen. Kaum zu glauben, dass dieser junge Bursche, der am Eingang zur Diskothek wahr-
die Fliegerei oftmals eine brotlose Kunst ist, dass ist nicht nur hierzulande, sondern auch in Neuseeland eine bedauernswerte Tatsache. Unter der Woche ist also inzwischen wieder Farmarbeit angesagt. Nach Feierabend und
Meine Freunde haben den Autoführerschein gemacht, ich zuerst mal den Pilotenschein. scheinlich noch seinen Personalausweis vorzeigen muss, weil man ihm sonst seine Volljährigkeit nicht abnimmt, inzwischen fast 1200 Flugstunden auf 50 Flugzeugmustern, darunter Exoten wie Fokker Dr.I, Pfalz D.III und Royal Aircraft Factory B.E.2, in seinem Flugbuch stehen hat. Commercial Pilot und Instructor ist er obendrein.
an den Wochenenden ruft dann der Flugplatz. Entweder Fallschirmspringer absetzen mit der Cessna 185 oder volunteering bei The Vintage Aviator. Am besten beides!
Der letzte Schliff
Eine Laufbahn in wenigen Monaten Ein gutes Jahr lang hat Bevan Dewes als Fluglehrer Erfahrung sowie daneben diverse Ratings gesammelt und sich damit eine solide Grundlage für seine fliegerische Laufbahn aufgebaut. Doch das »erdgebundene« Leben geht schließlich weiter, die Farm der Familie Dewes fordert auch ihren Tribut. Und dass FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
Zum Glück ist Dewes jung und strotzt vor Energie und Motivation. So steht die Geschichte des jungen Fliegers aus Neuseeland erst an ihrem Anfang. Und seine Ziele? Die hat er sich inzwischen höher gesteckt. Der Traum vom Mitflug in der Kittyhawk hat eine kleine Korrektur erfahren. Piloten- statt Passagiersitz lautet die Devise. Und auch dieser Traum rückt mehr und mehr in greifbare Nähe. Die Ausbildung hat bereits begonnen. Wie schon drei Pilotengenerationen vor ihm, so sammelt auch Bevan Dewes auf der Harvard all die wichtigen Erfahrungen, die er für die Königsklasse benötigen wird.
Seine Freunde kann Dewes jetzt bei Rundflügen in der Chipmunk mitnehmen Foto Alex Mitchell
Gene DeMarco schleift diesen Diamanten derweil weiter. Bevan Dewes hat alles, was man braucht, um ein großer Flieger zu werden. Das Talent, den Ehrgeiz – und mit The Vintage Aviators auch das passende Umfeld. Schon bald wird er mit der Kittyhawk über die Felder der Familienfarm jagen. Und doch: Zusammen mit den sieben Kameraden in den Fokker-Dreideckern über die rolling hills von Marlborough Country zu kreisen – das wird immer etwas ganz Besonderes bleiben ... n
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Onkel »Jupp« Rainer als Gefreiter vor einer noch blitzsauberen, fabrikneuen Messerschmitt Bf 109
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Fotos Karl Pospisil
LES ER ALB UM
FOTOS AUS FAMILIENHAND
Fotografisches Erbe Es war ein kleiner Schatz, den Karl Pospisil von seinem Onkel in die Hand gedrückt bekam: ein dickes Buch über die Luftwaffe, ein Soldbuch und eine kleine Sammlung Flugzeugfotos. Dazu hat er einen kurzen Lebenslauf geschrieben. Hier ist seine Geschichte Von Peter W. Cohausz
O
nkel Josef »Jupp« Rainer stammte aus Milesov-Leitmeritz-Teplitz im ehemaligen Sudetenland. Als gelernten Automechaniker schickte man ihn nach der Einberufung zur Wehrmacht im Dezember 1939 zur Schulung zum Flugzeug-Mechaniker. Von Februar bis Mai 1940 war er bei der Technischen Kompanie 2 der StukaSchule Insterburg. Am 1. November 1940 wurde er Gefreiter. Im Juni 1940 ging es nach Magdeburg-Ost zur 2. Staffel der Jagdfliegerschule 2. Dort wurde Josef Reiner am 1. November 1940 Gefreiter und am 1. November 1941 Obergefreiter. Da war die JFS 2 bereits nach Zerbst verlegt worden. Das Kriegsende erlebte er bei dem Jagdgeschwader 105, dem er seit April 1945 angehörte. Urlaub gab es in den Kriegsjahren von 1940 bis 1943 insgesamt achtmal über fünf Tage, wie
das erhalten gebliebene Soldbuch belegt. Fein säuberlich listet dieses auch sämtliche empfangenen Kleidungsstücke und Ausrüstungsteile auf. Aus heutiger Sicht kurios lesen sich die Ausgabenvermerke für Rasierseife, Einheitsseife, Kernseife und Seifenflocken. Aufgeführt sind im Soldbuch auch die Impfungen gegen Pocken, Typhus und Cholera. Vom 10. September 1943 bis 28. Oktober 1943 ist auch ein Lazarettaufenthalt wegen Rheuma dokumentiert. Vermutlich ist deshalb auch ein Merkblatt über Kälteschäden im Buch eingeklebt worden.
»Gefreiter Josef Rainer«: Soldbuch des jungen Luftwaffensoldaten
Eine Heinkel He 70 »Blitz« mit dem RLM-70/71/65Tarnanstrich
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LES ER ALB UM
Junkers Ju 88 A-5 des Kampfgeschwaders KG 51 »Edelweiß«. Links neben dem Rumpfbalkenkreuz ist noch der Buchstabe »K« vom Geschwaderkennzeichen 9K und unter dem Wappen ist schwach die Werksnummer 4328 zu erkennen. Demnach hatte die Maschine ursprünglich das Stammkennzeichen PB+IZ
Abgeflogene Messerschmitt Bf 109 B-1. Neben den ersten beiden Buchstaben des Stammkennzeichens DD+?? und einer vermutlich »Roten 5« findet sich unter der Kabinenhaube noch das bekannte Abzeichen der Fliegerschulen mit dem Dreieck und dem Pfeil mit Flügeln. Hier allerdings mit schwarzem Dreieck und weißem Pfeil
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Als Mechaniker arbeitete Josef Rainer vor allem an Messerschmitt Bf 109, aber auch an Heinkel He 111 und Junkers Ju 87. Zur Abnahme durfte er nach Abschluss der Reparaturen mit den Maschinen auch Rollversuche durchführen. Ende 1944 bis Anfang 1945 war Josef Rainer auch bei Überführungsflügen neuer Maschinen dabei. Zum Teil kamen die Flugzeuge nicht mehr zum Einsatz. Josef Rainer erinnerte sich noch, dass einmal bei Magdeburg wegen Spritmangels nagelneue Maschinen mit Handgranaten gesprengt wurden, weil der Gegner nur noch zehn Kilometer vom Flugplatz entfernt war. Bei Kriegsende kam er in Norddeutschland in englische Gefangenschaft; die Briten übergaben ihn aber aufgrund seiner Herkunft aus dem Sudetenland an die Sowjets. Die sperrten ihn zeitweise ein. An vier Wochen
»Jupp« Rainer kurz vor dem Anlassen einer Messerschmitt Bf 109 B-1 mit erheblichen Abgasspuren. Das vermeintliche »Wappen« auf der Motorhaube ist allerdings nur die Markierung für den Zugang zum Kühlstoff-Ausgleichsbehälter
Beim Betanken einer Messerschmitt Bf 109 E
Einzelhaft im Dunkeln konnte er sich noch erinnern und dass ihm die Mitgefangenen heimlich mit Wasser getränkte Lappen zukommen ließen. Bei Arbeiten im Außenbereich konnte Josef Rainer schließlich flüchten. 1946 wurde er mit seinen Eltern und seiner Schwester aus dem Sudetenland ausgesiedelt und in Berlin sesshaft, wo er auch heiratete. Eine Arbeit fand er als Mechaniker und Lkw-Fahrer. Daneben bastelte er immer gerne an Motorrädern und Autos herum. Sei erstes eigenes Gefährt war ein Motorrad mit Seitenwagen, das er aus den Teilen von drei Motorrädern selbst zusammengebaut hatte. Später kam Josef Rainer zur Polizei und ging dann als Fahrer bei der Kriminalpolizei in Rente. 1987 starb seine Frau, drei Jahre später folgte er ihr. Die Wende hat er noch mitbekommen. n FLUGZEUG CLASSIC 10/2015
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Messerschmitt Bf 109 E-1, »Rote 1«. Nach dem Stammkennzeichen CK+N? stammt die Maschine aus der Fertigung von Fieseler zwischen Juni 1939 und Juli 1940 und gehörte zum Werksnummernblock 61XX. Auch hier sitzt unter der Kabinenhaube das Wappen der Fliegerschule
Erinnerungsfoto an einer Messerschmitt Bf 109 E-3. Hinten steht eine weitere Bf 109 E-3, deren hintere beiden Buchstaben »BD« des Stammkennzeichens zu erkennen sind. Es könnte sich dabei möglicherweise um die Bf 109 E-3, SK+BD (W.Nr. 2494) handeln. Die Maschinen haben bereits den gefleckten Tarnanstrich, der nach dem Sommer 1940 eingeführt worden ist
Josef Rainer, lange nach dem Krieg. Die Erinnerung an seine Dienstzeit hat ihn nie losgelassen
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Eine weitere deutsche Beute im Schuleinsatz war diese ehemals französische Curtiss Hawk 75 A. Nicht weniger als 730 Stück des bulligen Jägers hatte die Armée de l’Air aus den USA erhalten
Eine erbeutete französische Bloch 152 als deutsche Schulmaschine. Der Jäger mit dem 1000-PS-Gnome-Rhone-14N-25-Sternmotor flog auch bei der Vichy-Luftwaffe und bei den Rumänen
SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: FLUGZEUG CLASSIC, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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UNTERHALTUNG
Das Bilderrätsel Hundert Jahre Luftfahrtgeschichte – erkennen Sie die hier abgebildeten Typen?
Lösung: 1: Albatros L 58 2: Lockheed Model 10 Electra 3: Reggiane Re.2005 4: Scottish Aviation Twin Pioneer 5: Fouga Magister
Es ist ein bisschen viel, was der US-Zeitungszar Randolph Hearst da verlangt. Innerhalb von 30 Tagen soll ein Pilot das ganze Land überqueren, von Küste zu Küste. 50 000 Dollar ist ihm die Sache wert. Aber im Jahr 1911 ist die Technik noch nicht so weit. Ein paar Flieger versuchen es trotzdem. Und Calbraith »Cal« Rodgers, der am 17. September 1911 in New York gestartet war, kommt tatsächlich in Long Beach bei Pasadena an – 84 Tage später. Während der 6800 Flugkilometer hat er 15 Bruchlandungen fabriziert und sich mehrmals ernsthaft verletzt. Auch von seinem Fluggerät, einer Wright-EX namens »Vin Fiz« (benannt nach dem Hauptsponsor, einer Getränkemarke) sollen nur mehr wenige Teile aus der ursprünglichen Maschine bis zum Ziel durchgehalten haben. Im April 1912 stürzt »Cal« Rodgers bei einem Schauflug in den Pazifik und kommt dabei ums Leben. Stefan Bartmann
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Fotos Sammlung Stefan Bartmann
TRANS-AMERICA-EXPRESS
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Fundstücke
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Aus: Ratschläge für Aviatiker, Allgemeine Automobil-Zeitung, 1908
» »
gibt Hellmuth Hirth, ganz Schwabe, nach seinem viel beachteten Fernflug von München nach Berlin im Juni 1911 den Journalisten zu Protokoll. Der Flug mit zwei Zwischenlandungen hat insgesamt fünf Stunden und 41 Minuten gedauert. Und der 70-PS-Vierzylinder von Mercedes in Hirths »Taube« hat sich in der Tat ganz hervorragend gehalten.
» Aus: SR-71 Pilot’s Logbook. Ein »Blackbird«-Pilot über jenen Bundesstaat, den Amerikaner traditionell als ihren langweiligsten bewitzeln. Der Erstflug des famosen Mach-3-Spionageflugzeugs liegt schon ein halbes Jahrhundert zurück.
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informiert ein gepfeiltes Hinweisschild auf dem erfolgreichen Blériot-Eindecker, als die Maschine wenige Tage nach dem Kanalflug, Juli 1909, im Londoner Nobelkaufhaus »Selfridges« in der Oxford Street ausgestellt wird.
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Nr. 172 I 10/15 I Oktober I 16. Jahrgang
VO R S C HAU
Internet: www.flugzeugclassic.de
Foto Sammlung Dietmar Hermann
vereinigt mit
Fw 190 A-6 Die massiven Luftangriffe der Amerikaner mit ihren schweren und gut bewaffneten B-17Bombern machen im Sommer 1943 mehr als deutlich, dass die kleinkalibrigen Bordwaffen der deutschen Jäger kaum noch Wirkung zeigen. Zwangsläufig muss deshalb die Bewaffnung der Fw-190-Jäger verbessert und verstärkt werden.
Boeing B-52
Foto USAF
Im Dezember 1972 will US Präsident Nixon die Nordvietnamesen zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Elf Nächte lang haben die B-52-Bomberströme den Befehl, Hanoi samt Umgebung anzugreifen, um wichtige Teile der Verteidigungs- und Infrastruktur zu zerstören.
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TRAKTOR CLASSIC TRAKTOR XL SCHIFFSMODELL STRASSENBAHN MAGAZIN MILITÄR & GESCHICHTE
Foto Sammlung Peter Schmoll
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Lieber Leser, Sie haben Freunde, die sich ebenso für Oldtimer der Lüfte begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser.
Consolidated B-24 Ende April 1945: Der Zweite Weltkrieg sollte in Europa nur noch wenige Tage dauern. Grund genug für die Besatzung der B-24 »Black Cat«, sich zu freuen. Doch dann wird ein Angriff auf Ziele in den Alpen befohlen, der der »Black Cat« zu traurigem Ruhm verhelfen sollte.
Ihr Chefredakteur Flugzeug Classic Markus Wunderlich
FLUGZEUG CLASSIC 11/2015 erscheint am 5. Oktober 2015 … oder schon 2 Tage früher im Abonnement mit bis zu 44 % Preisvorteil und Geschenkprämie. 82 Jetzt bestellen unter www.flugzeugclassic.de
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Erscheinen und Bezug Flugzeug Classic erscheint monatlich. Sie erhalten Flugzeug Classic in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken sowie direkt beim Verlag. © 2015 by GeraMond Verlag. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge undAbbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Markus Wunderlich; verantwortlich für die Anzeigen: Thomas Perskowitz; beide: Infanteriestraße 11a, 80797 München. Dieses Heft enthält historische Abbildungen aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, sie können Hakenkreuze oder andere verfassungsfeindliche Symbole beinhalten. Soweit solche Fotos in diesem Heft veröffentlicht werden, dienen sie zur Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens und dokumentieren die militärhistorische und wissenschaftliche Forschung. Diese Publikation befindet sich damit im Einklang mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere § 86 (3) StGB. Wer solche Abbildungen aus diesem Heft kopiert und sie propagandistisch im Sinne von § 86 und § 86a StGB verwendet, macht sich strafbar! Redaktion und Verlag distanzieren sich ausdrücklich von jeglicher nationalsozialistischer Gesinnung.
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