FLUGZEUGCLASSIC
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Boeing B-52 Bomber-Veteran mit Zukunftspotenzial
Heinkel He 60 Technik und Einsätze des Seeaufklärers
€ 5,90 Mai 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLUGZEUG CLASSIC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
Junkers Ju 87 mit 3,7-cm-Bordkanone
So entstanden die
»Kanonenvögel«
Focke-Wulf Fw 190 als schneller Aufklärer Mit Hightech-Kameras über Feindgebiet
Mit Einsatzberichten von Hans-Ulrich Rudel
Fiat G-91 bei der Bundesluftwaffe 1960er-Jahre: Fotos von den frühen »Ginas«
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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Editorial Afrika-Abenteuer
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inienpiloten sagt man gerne nach, das Gefährlichste an ihrem Job sei die Fahrt zum Flughafen. Und dass sie aus 30 000 Fuß eine abgehobene Sicht auf die Welt hätten. Beides Vorurteile, die der Ex-Kapitän Ingo Presser eindrucksvoll widerlegt hat. Der 72-Jährige schickte sich an, nach seiner Pensionierung noch einmal auf Langstrecke zu gehen – diesmal allerdings in »Giraffenhalshöhe«. Anlass war eine Oldtimer-Rallye, die den Spuren der britischen Imperial-Airways-Route von London über Kairo bis nach Kapstadt folgte. Stilecht durchquerte Presser Afrika von Nord nach Süd in seiner Bücker Jungmann. Was er auf dieser wild-romantischen Tour erlebte, die trotz eines umfangreichen Trosses samt Helis nichts von einem exotischen Abenteuer eingebüßt hat, sehen Sie, liebe Leser, ab Seite 68. Mal Hand aufs Herz: Gehörten Sie früher auch zu den Nachwuchs-Modellbauern, die sich bei der Ju 87 nicht entscheiden konnten, ob sie Bomben oder die
3,7-Zentimeter-Kanonen montieren sollen? Vor diesem Hintergrund konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich Peter Cronauers Bericht über den »Kanonenvogel« gelesen habe: Denn in eine von beiden Rollen – Stuka oder Panzerknacker – musste die Ju 87 während des Unternehmens Zitadelle im Sommer 1943 schlüpfen. Wie die Luftwaffe dies gelöst hat, erfahren Sie in unserer Titelgeschichte ab Seite 14. Die Ju 87 war in der Geschichte des Luftkriegs nicht die einzige Maschine, die sich neu erfinden musste. Eine ähnliche Erfahrung machte auch die B-52, das alte Atom-Schlachtross der USA. Für strategische Nuklearschläge konzipiert, sollte sie während des Golfkrieges von 1991 als taktischer Bomber den Bodentruppen den Weg ebnen. Wolfgang Mühlbauer erklärt ab Seite 22, ob dieses Konzept funktionierte – oder ob es nicht eher dem Versuch glich, mit einem Vorschlaghammer einen Nagel in die Wand zu treiben. Ihr Markus Wunderlich
Markus Wunderlich, Chefredakteur
Bereit für das große Afrika-Abenteuer: Ingo Presser (rechts) und seine Jungmann Foto Sammlung I. Presser
Mehr zu diesem Thema ab Seite 68! 2016 fand eine OldtimerRallye statt, die eine über 70 Jahre alte Route von der Cheops-Pyramide über die Victoriafälle bei Sambia bis zum Kap der guten Hoffnung wiederbelebte.
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt: 24 % Ich finde es klasse, dass unter den ganzen Moths und Stearmans auch eine deutsche Maschine vertreten war.
12 % Super Aktion – schade, dass nicht noch mehr Klassiker aus Deutschland dabei waren.
64 % Für mich ist es nicht so wichtig, ob ein deutsches Flugzeug teilgenommen hat – Hauptsache es hat allen Spaß gemacht. Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
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INHALT
Flugzeug Classic 5-17
14 TECHNIK Junkers Ju 87
Effektive Waffe gegen sowjetische Panzer: 3,7-Zentimeter-Bordkanone an der Ju 87
TITELTHEMA
Der Panzerknacker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Kursk, Juli 1943: Die schiere Masse an sowjetischen Tanks war angsteinflößend. Hans-Ulrich Rudel ließ sich nicht beirren und testete eine zum Panzerjäger getrimmte Ju 87. Der Einsatz und die Maschinen erwiesen sich als Überraschungserfolg.
TECHNIK Boeing B-52
TITELTHEMA
Absolut unentbehrlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Oft totgeglaubt, gibt es sie nun seit über 60 Jahren: die B-52. Sie wirkt wie ein Relikt des Kalten Krieges, ist aber noch lange nicht entbehrlich, wie Wolfgang Mühlbauer zeigt.
TECHNIK Focke-Wulf Fw 190
Die Heinkel He 60 eignete sich für knapp ein Jahrzehnt als
38 Aufklärer zur See; hier im Formationsflug über der Ostsee 1935
TITELTHEMA
Das fliegende Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Der »Würger« galt als schnell und kampfstark, weswegen er verschiedenste Aufgaben an der Front übernahm. 1942 wollte man ihn nun auch noch zum Aufklärer machen. Konnte das gelingen?
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE Heinkel He 60
TITELTHEMA
Seeaufklärer der ersten Stunde . . . . . . . 38 Trotz des Versailler Vertrags begann Heinkel 1929 damit, einen »Späher« für Küste und See zu entwerfen. Die Maschine sollte sich bis zum Zweiten Weltkrieg bewähren.
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Fanden die waghalsigen Afrika-Flieger von 2016 mal eine ruhige
68 Minute, entstanden solche Bilder: Motte vor dem Kilimandscharo
B-52H über dem Pazifik anlässlich des internationalen Groß-
Zum Späher umgebaut, war sie nicht nur flink, sondern sah
22 manövers RIMPAC 2010. Die Maschine ist ein Evergreen
30 auch »alles«: Fw 190 A-3 mit eingebauter Robot-Kamera
TECHNIK – COCKPIT
OLDTIMER
Albatros L 75
Vintage Air Rally Kreta–Kapstadt
Geheimer Trumpf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Oldie-Karawane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Als Schulflugzeug und für Kunstflüge konzipiert, nutzte man die L 75 in den 1920er-Jahren heimlich für militärische Zwecke …
Flugzeug-Enthusiasten belebten im vergangenen Jahr eine alte Tradition aus dem britischen Empire wieder: ein »Rennen« vom Mittelmeer bis zum Kap der guten Hoffnung. Abenteuer und Herausforderungen waren programmiert.
SERIE – ERSTER WELTKRIEG Jagdflieger Julius Buckler
»Wir waren ja keine Maschinen …«. . . 48 Als Sohn eines Dachdeckers legte Buckler im Weltkrieg eine steile Laufbahn hin: Er stieg zum Offizier auf und bekam den Pour-leMérite verliehen. Dabei war er gewiss kein kaltblütiger Karrierist.
OLDTIMER Polikarpow-Po-2-Restauration
LESERALBUM
TITELTHEMA
Fiat G-91
Als Mechaniker bei den »Ginas« . . . . . . 74 Kurz nachdem Alfons Bammer 1961 seinen Dienst bei der jungen Bundesluftwaffe antrat, erlebte er die Fiat-G-91-Jets als erster Wart hautnah.
»Podwa« – der sächsische Phönix . . . . 58
Im Dienst für Deutschland: Fiat G-91 R/3
Eine Gruppe von Pensionären schloss sich nach 1990 zusammen, um ein DDR-Flugzeug wiederaufzubauen, das es eigentlich nicht mehr hätte geben dürfen – eine packende Geschichte.
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TECHNIK Aero C-3/C-103
Aus Alt mach Neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 In der Nachkriegszeit verwendete man in der CSR Muster der deutschen Siebel Si 204, um ein neues Flugzeug aufzubauen, das schon bald im ganzen Ostblockland Bekanntheit erreichte.
Albatros L 75.......................44 Bell P-63..............................10 Boeing B-17.........................14 CAC-18................................11 Curtiss P-40...........................9 De Havilland D.H.91.............10 English Electric Lightning......13 FlugWerk FW 190...................8 Focke-Wulf Fw 190................30 Grumman TBF Avenger............9
Hawker Hunter T7.................13 Heinkel He 60......................38 Junkers Ju 87......................14 Junkers Ju 88......................33 Lockheed C-130...................10 Lockheed Super Constellation.73 North American T-6...............11 Polikarpow Po-2....................58 Supermarine Spitfire.............12 Udet U 12............................12
RUBRIKEN
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bild des Monats . . . . . . . . . . . . 6 Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . 52 Termine/Bücher . . . . . . . . . . . 56 Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . 57 Background. . . . . . . . . . . . . . . 67 Wissen kompakt . . . . . . . . . . 79 Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . 80 Vorschau/Impressum . . . . . . . 82
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FLUGZEUGCLASSIC
Flugzeuge in dieser Ausgabe
Boeing B-52 Bomber-Veteran mit Zukunftspotenzial
Heinkel He 60 Technik und Einsätze des Seeaufklärers
€ 5,90 Mai 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLU UGZEUG CLASSIC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
Junkers Ju 87 mit 3,7-cm-Bordkanone
Mit Einsatzberichten von Hans-Ulrich Rudel
Focke-Wulf Fw 190 als schneller Aufklärer Mit Hightech-Kameras über Feindgebiet
Fiat G-91 bei der Bundesluftwaffe 1960er-Jahre: Fotos von den frühen »Ginas«
TITELBILD B-52: Slg. W. Mühlbauer He 60: Slg. H. Ringlstetter Ju 87: Archiv Flugzeug Classic Rudel: Slg. H. Ringlstetter Fw 190: Slg. D. Hermann Fiat G-91: Slg. A. Bammer
TITELSEITE: Junkers Ju 87 mit BK 3,7 FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
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BILD DES MONATS
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n Airshow
in Gizeh
Eine Stampe SV-4 am Fuß der Pyramiden von Gizeh – eine einmalige Gelegenheit. Der Belgier Cédric Collette, Teilnehmer bei der Oldtimer-Flugrallye Kreta–Kapstadt Ende 2016, konnte sein Glück kaum fassen. Das Los musste entscheiden, wer von seinen elf Mitfliegern vor dem Weltwunder landen und starten durfte. Vorher ließ Collette seinen Doppeldecker um die ehrwürdigen Monumente turnen, wie es schon lange keiner mehr durfte. Das war sicherlich einer der Höhepunkte dieses Vintage-Fernfluges. Mehr zu der Rallye auf Seite 68. Text Stefan Bartmann/Foto Beatrice de Smet
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
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PANORAMA n FLUGWERK FW 190
»Würger«-Nachbau wieder in Aktion
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ie Flugwerk FW 190 A-8/N, Werknummer 990004, ist seit Dezember 2016 wieder »einsatzbereit«. Pilot Steve Death führte erfolgreich zwei einstündige Testflüge durch. Die Kabinenhaube war zuvor beschädigt worden, als das Flugzeug abgestellt war.
»Lima Foxtrot«, so der bekanntere Name der als VH-WLF registrierten Maschine, enthält einige Bauteile aus dem Wrack der originalen Fw 190 A-8, W.Nr. 173056, deren Reste man viele Jahre nach dem Krieg im Untergrund eines Bahnhofs bei Reims ausgegraben hatte.
Pilot Steve Death hat sich überzeugt: Die »Rote 1« ist flügge Foto via Rick Chapman
Der Nachbau kam im April 2004 zunächst in die USA, wo Don Hansen ihn von Baton Rouge aus als »Rote 1« flog. Ende März 2015 ging die Maschine nach Australien zu ihrem neuen Eigner Raptor Aviation Pty in Brighton, Victoria. Alexander Müller ■
n MSRE M-24
ach sieben Jahrzehnten fand das ungarische Flugzeug Megyetemi Sportrepül Egyesület M-24 (MSrE M-24) seinen Weg zurück in die Heimat. Dieser leichte Tourenzweisitzer aus dem Jahr 1937 ist der einzige Überlebende von fünf Exemplaren der MSrE M-24, die Endre Jancsó und József Szegedy in Ungarn konstruierten. Den Antrieb bildete ein deutscher 105-PS-Hirth-HM-504A-2 mit einem Zweiblattpropeller aus Holz. Bis 1940 waren nur noch zwei Maschinen der Fünferserie in Ungarn verblieben, eine davon mit dem Kennzeichen HA-NAN. Beim sowjetischen Vormarsch Richtung Ungarn benutzten der Testpilot Dénes Szücs und ein polnischer Ingenieur die HA-NAN am 11. Dezember 1944 für ihre Flucht nach Italien. Um nicht von alliierten Fliegern abgefangen zu werden, hatte man auf dem grauen Anstrich in aller Eile die »Stars and Bars« der USAAF angebracht, ein gelbes Rumpfband und die ungarischen Farben auf dem Seitenleitwerk waren die einzigen übrigen Aufschriften. Die Alliierten hatten wenig Interesse an der M-24, doch
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Fotos Gregor y Ale
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Die einzige noch existierende MSrE M-24. Die italienische Registrierung ist wohl fiktiv. Die deutsche Herstellerplakette ist auf dem Hirth-Motor der M-24 erhalten geblieben
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Ungarische Rarität
sie überlebte wie durch ein Wunder und endete schließlich im Museum für Wissenschaft und Technik in Mailand. Dort blieb sie bis Mitte der 1990er-Jahre ausgestellt. Danach verbannte
man sie ins Lager, wo sie zusehends verfiel. Im August 2016 brachte man das Flugzeug wieder nach Ungarn, wo man es in den Originalzustand versetzen möchte. Gregory Alegi n
n CURTISS P-40N WARHAWK
Der Jäger mit den zwei Namen
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m Mai 2016 konnte John F. Davis III aus Elizabeth, Colorado, seine Curtiss P-40N »Warhawk«, N977WH, erstmals in den USA fliegen sehen. Zwischenzeitlich überführte man die Maschine in die Lackierwerkstatt von Hayes Aviation in Akron, wo sie einen Neuanstrich in den Markierungen der P-40N, 42-104977, von der 49th Fighter Group, 8th Fighter Squadron, 5th Air Force, verpasst bekam. First Lieutenant Joel Thorvaldson flog diesen speziellen Jäger, der zwei Namen trug – jeweils einen auf jeder Seite der Motorhaube: »Five by Five« rechts und »Punkins« links. »Punkins« war der Kosename, den Thorvaldson seiner Frau gegeben hatte. Während eines Einsatzes über Tsili-Tsili in Neuguinea am 13. September 1943 griffen japanische Jäger das Flugzeug an. Thorvaldson überlebte die anschließende Bruchlandung, australische Truppen retteten ihn.
Die komplett wiederaufgebaute P-40N, 42-104977, »Five by Five« von John F. Davis III, so wie sie während ihres Verlustes über Neuguinea im September 1943 aussah Foto CFM
Die Überreste der Maschine brachte man nach Australien. 2005 kaufte Mike Spaulding das Wrack und engagierte Precision Aerospace in Wangaratta für den Wiederaufbau der Zelle, während er und sein Team sich um das Fahrwerk, das Cockpit und verschiedene wei-
tere Systeme kümmerten. Anfang Dezember 2008 startete die neue P-40 schließlich zu ihrem Erstflug und verblieb bis zu ihrem Verkauf an John F. Davis III im Jahre 2015 bei North Queensland Warbirds in Mareeba. Dave McDonald n
n GRUMMAN TBF AVENGER
Comeback des »Rächers«
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as Classic Flyers Museum in Tauranga, Neuseeland, hat die TBF-1C Avenger, Bu.No. 24337, NZ2505, in den statischen, aber funktionsfähigen Ausstellungszustand restauriert. Nach 27 Monaten Arbeit von Enthusiasten besitzt das Flugzeug nun ein voll funktionstüchtiges Instrumentenbrett und ein lauffähiges Triebwerk. Der Klappmechanismus der Tragflächen funktioniert mit dem Bord-Hydrauliksystem, und das Team hat in den Rückenturm den Nachbau einer Kanone vom Kaliber .30 mit Dummy-Munition eingebaut. Die Avenger bekommt während der nächsten drei Jahre einen stolzen Platz im Haupthangar. Vor dem Hangar möchte man regelmäßig das Triebwerk und die Systeme in Betrieb nehmen. NZ2505 war die erste Avenger, die in der RNZAF flog, und zwar bei der 30 und 31 Squadron in Gisborne in den Jahren 1943 bis 1944 als Schulflugzeug. Mitte 1944 erhielt sie eine Winde und diente bis 1959 als Zielschlepper beim Central Fighter Establishment und der 41 Squadron. Daraufhin kam sie aufs Altenteil. Später turnten Kinder auf dem Spielplatz auf ihr herum, bevor sie 1985 ins Lager kam. Als Leih-
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Avenger des Classic Flyers Museums. Der Flügelklappmechanismus wird überprüft
gabe ging sie an die Gisborne Aviation Preservation Society, die sie 2012 schließlich als Geschenk erhielt. Bevor das Flugzeug an die Classic Flyers ging, führte die Preservation
Foto CFM
Society bereits einige Arbeiten aus. Die Classic Flyers erhielten die Maschine für fünf Jahre, im Gegenzug restaurierten sie den »Rächer« vollständig. Dave McDonald n
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Freiwillige des »Dixie Wing« haben es möglich gemacht, dass die P-63 wieder abhebt
n BELL P-63
Seltene Königskobra erwacht aus dem Schlaf
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ach über 16-jähriger Arbeit brachten Freiwillige des Dixie Wing der Commemorative Air Force am 18. Februar 2017 auf dem Atlanta Regional Airport in Georgia die Bell P-63 A-6 Kingcobra (ser/no 42-68941) wieder zum Fliegen. Am Steuer der Maschine saß Pilot Jim »JD« Dale, der ebenfalls für die Wartung der Flotte der Lewis Air Legends Collection ver-
antwortlich zeichnet und neben seinen 6000 Flugstunden mit Warbirds einer der erfahrensten P-63-Piloten in Amerika ist. Am Nachmittag des gleichen Tages führte man noch einen zweiten Flug durch, nachdem man den Motor angepasst und getrimmt hatte. Am folgenden Sonntag fanden gleich drei weitere Flüge statt. Momentan wartet die Maschine noch auf ihren Lack.
Pilot »JD« darf die Maschine nach langer Restaurationszeit testen
Neben den Standardfarben Olivgrün und Hellgrau sollen auch Testmarkierungen angebracht werden, um an ihre frühere Zeit beim National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) Ames Research Center in Moffett Field in Mountain View, Kalifornien, zu erinnern (Vorgänger der heutigen NASA). Andreas Zeitler ■
Hölzerne Augenweide
Erster Prototyp der D.H.91
Fotos De Havilland
Ob man sie nun als »Höhepunkt des Holzflugzeugbaus« bezeichnen kann, sei dahingestellt. Richtungweisend und elegant ist sie auf jeden Fall, die De Havilland D.H.91 Albatross. Konzipiert für Langstreckenpostflüge, kommt der erste Prototyp der D.H.91 am 20. Mai 1937 erstmals in die Luft. Ihre Formen sind gefällig, die Motoren windschlüpfig wie selten vorher verhüllt. Überhaupt weiß ihre Gesamterscheinung, hinter der Arthur E. Hagg als Hauptverantwortlicher steckt, ästhetisch zu begeistern. Außen hui und innen pfui? Mitnichten! Sie glänzt nämlich obendrein durch eine Reihe innerer Werte. So ist etwa
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der schlanke Rumpf mit seiner außergewöhnlichen Oberflächengüte in innovativer Schichtbauweise hergestellt: aus Zedern- oder Birken- in Kombination mit Balsaholz, verleimt und in Form gebracht unter hohem Druck. Ganz so wie später bei der berühmten De Havilland Mosquito, dem Wooden Wonder. Dass der zweite Prototyp zunächst bei einem Landeversuch mit Überlast in zwei Teile bricht, danach aber wieder »zusammengeleimt« wird, hindert Imperial Airways nicht daran, beide Maschinen zu übernehmen. Da die Leistungen überzeugen – die Höchstgeschwindigkeit beträgt 357 km/h, die maximale Reichweite über 5300 Kilometer – folgt ein Auftrag über fünf weitere Exemplare. Diesmal als Passagierversion für bis zu 22 Fluggäste, in Dienst gestellt ab Okto-
ber 1938. Weitere Flugzeuge ordert man allerdings nicht – zum einen machen die Einziehfahrwerke immer wieder Ärger, zum anderen beginnt bald der Krieg. Am 1. September 1940 requiriert das Militär beide Postflugzeuge, um sie als Kuriere auf der Islandroute einzusetzen. Hier gehen sie bis 1942 bei Landeunfällen verloren. Ihre fünf Schwestern fliegen dagegen weiter im Passagierdienst. Zwei davon werden gleichfalls Opfer von Landeunfällen, eine holt sich die deutsche Luftwaffe Ende 1940 am Boden. Erstaunlich, dass es bei keinem einzigen Unglück Verletzte gibt. 1943 haben schließlich auch die beiden verbliebenen Albatross ausgedient; man verschrottet sie sang- und klanglos. Wolfgang Mühlbauer ■ Die Albatross ist seinerzeit Flaggschiff der Imperial Airways
Fotos via Moreno Aguiari/CAF Dixie Wing
PANORAMA
n CAC-18 MUSTANG
Rennpferd zum Start bereit ach vier Jahrzehnten konnte die CAC18 Mustang, A68-199, VH-URZ, in den Händen von Pilot Nick Caudwell erstmals wieder in die Luft gehen. Als eine von 200 in Australien gebauten Mustang registrierte man den Flieger 1960 als VH-BOZ. Doug Fawcett betrieb die Maschine. Er besaß am Flughafen Bankstown mehrere Luftfahrtunternehmen wie zum Beispiel die Illawarra Flying School. Gemeinsam mit ihrer Schwestermaschine A68-39, VH-BOY, modifizierte Fawcett die »BOZ« für den Zielschleppbetrieb. Sie erhielt einen rückwärts gerichteten zweiten Sitz für den Windenwart. Bis Mitte der 1970er-Jahre stand die Maschine zudem als Schießtrainer unter Vertrag mit dem Militär. Als man versuchte, sie im selben Container wie Sid Marshalls Bf 109, die
Foto Ian Johnson
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CAC-18 Mustang, A68-199, VH-URZ, nach 40 Jahren am Boden wieder in der Luft
man als Mustang »verkleidet« hatte, zu exportieren, beschlagnahmte der Zoll die A68199 und gab sie bis 1988 nicht wieder frei. Im Jahr 2002 transportierte man sie zum Flughafen Tyabb, wo Graham Hosking sie erwarb. Mitte 2012 kaufte Peter Gill die Maschine mit der Absicht, sie innerhalb von zwölf Monaten flugfähig zu restaurieren. Nach vierein-
n NORTH AMERICAN T-6 TEXAN
»Super Six« abgestürzt Dramatisches Ende eines Fluges: Brennende T-6
halb Jahren ist das Ziel jetzt erreicht. Peter Robinson, mittlerweile 80 Jahre alt, führte den Großteil der Arbeiten aus. Er zerlegte die Komponenten und baute dort einen zweiten Sitz ein, wo einst der Windenwart saß. Der Rolls-Royce-Merlin wurde allerdings in den Vereinigten Staaten überholt. Dave McDonald n
n BOEING B-17F FLYING FORTRESS
Die Schöne aus Memphis
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er amerikanische Pilot John Shell stürzte am 5. Februar mit seiner modifizierten North American T-6 Texan »Super Six« bei Morganton, North Carolina, ab. Shell war an diesem Tag zu einem Flug gestartet, als er am Nachmittag gegen 16:30 Uhr mit der N426KS in ein bewaldetes Gebiet nahe der amerikanischen Stadt krachte. Das Flugzeug fing sofort Feuer, doch der Pilot konnte sich verletzt aus dem Wrack befreien. Augenzeugen gaben an, das Triebwerk sei schon Minuten vor dem Crash unregelmäßig gelaufen. Die »Super Six« trat bei vielen Veranstaltungen auf, so bei der Monroe Airshow im Jahr 2012. Roger Soupart ■
Fotos Roger Soupart
Die stark modifizierte und getunte Texan
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
ie B-17F Flying Fortress »Memphis Belle« soll am 17. Mai 2018 im National Museum of the US Air Force öffentlich ausgestellt werden. Sie war der erste schwere Bomber der USAAF, der 25 Bombeneinsätze über Europa absolvierte und in die USA zurückkehrte. Sie soll auf den Tag genau 75 Jahre nach ihrem letzten Kampfeinsatz ausgestellt werden. Nachdem das Flugzeug über Jahrzehnte als öffentliches Exponat in Memphis fungierte, übernahm das Museum es schließlich im Jahr 2005. Seither investierte das zuständige Die B-17F kommt 75 Jahre nach ihrem Team viele Jahre, letzten Einsatz ins Museum Foto NMUSAF um die Maschine zu konservieren und zu erneuern. Zudem kämpfte man gegen die Korrosion und stattete sie mit fehlenden Teilen aus. Die B-17 soll ihren Platz in der Zweiten-Weltkriegs-Galerie finden, inmitten von interaktiven Displays, seltenem Archivfilmmaterial sowie zahlreichen persönlichen Gegenständen der Crew. Dave McDonald n
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PANORAMA Noch eine Menge Arbeit: Hawker Typhoon Mk.1b, RB396. Sie soll am 80. Jahrestag des D-Days im Jahre 2024 wieder fliegen
BLACK SHEEP TOUR 2017
Foto HTPG
Fotos via Alpine Aviator Company
Warbird-Mitflug
n HAWKER TYPHOON
Denkmal für die Vergessenen
Eine Lockheed Super Constellation nimmt auch an der Tour teil
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m Oktober 2016 gab die Hawker Typhoon Preservation Group im Boultbee Flight Academy Hangar auf dem Flugplatz Goodwood, England, bekannt, die Typhoon Mk.1b, RB396, für den 80. D-Day-Jahrestag 2024 flugfähig zu restaurieren. RB396 kam am 4. Januar 1945 zur 174 »Mauritius« Squadron und erhielt dort das Kennzeichen XP-W. Während eines Einsatzes von Goch aus traf sie am 1. April 1945 Flakfeuer. Wegen zu geringer Absprunghöhe machte Flight Lieutenant House in der Nähe von Denekamp an der deutsch-holländischen Grenze eine Not-
In diesem Sommer ruft die Black Sheep Tour zur Airshow ins tschechische Pardubice und Fans sind eingeladen mitzumachen: Interessierte dürfen gerne auf dem Platz des Copiloten mitfliegen. Die Tour beginnt am Freitag, 2. Juni, auf dem EuroAirport Basel-Mulhouse und führt nach Pardubice. Zurück geht es am Sonntag, dem 4. Juni. Eine Jakowlew Jak-11, Jak-9 und North American Bronco nehmen an dem Flug teil. Das Flaggschiff der Formation bildet die Lockheed Super Constellation aus Basel. Auch in dieser Maschine darf man Platz nehmen, jedoch müssen mögliche Passagiere mindestens 30 Tage vor Abflug Mitglied der Super Constellation Flyers Association sein. Bei Interesse kann man sich unter www.j-m-airshow.com/blacksheep-tour2017 informieren. Anmeldeschluss ist der 27. April. Eric Jansonne
n HAWKER HURRICANE II UND SUPERMARINE SPITFIRE
Facelift für Fotomodels
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ie beiden meistfotografierten Flugzeuge in der Sammlung des RAF Museums in Hendon, London, zwei 1:1-Replikate einer Hurricane II und einer Spitfire, werden für das Jahrhundertjubiläum der Royal Air Force 2018 hergerichtet. Die Stars stehen normalerweise gemeinsam am Haupteingang Wache. Beide befinden sich jetzt jedoch im RAF Museum in Cosford,
FLUGWERFT SCHLEISSHEIM
Foto AGLR-Archiv Rissmann-Ottow
Weibliche Piloten
Die Spitfire-Replik wird von ihrem Sockel gehoben, auf dem sie über 20 Jahre für Tausende von Besuchern als Fotohintergrund diente
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Foto RAF Museum
Thea Rasche und der Udet Flamingo Das Deutsche Museum präsentiert noch bis zum 21. Mai 2017 in der Flugwerft Schleißheim seine Sonderausstellung zum Thema »Fliegen zwischen Traum und Wirklichkeit: Weibliche Piloten in der Geschichte der Luftfahrt.« Kernthema der Ausstellung sind die Lebensläufe von Pilotinnen wie Melli Beese, Thea Rasche oder Hanna Reitsch. Neben zahlreichen Texttafeln bietet das Museum auch großformatige Banner, Fotografien, Originaldokumente, Exponate und natürlich Flugzeuge aus dieser Zeit. AMu
landung. Er überlebte, entkam der Gefangennahme und kehrte zu seiner Einheit zurück. Die Maschine verrottete mit der Zeit zu einem jener Wracks, wie es viele auf Europas Schlachtfeldern gibt. Den Rumpf konnte man jedoch noch retten. Dieser verbrachte Jahre in einer Fabrik und in verschiedenen holländischen Museen. Im Mai 2013 kam er wieder nach England. RB396 soll im Gedenken an die 666 Typhoon-Piloten fliegen, die während des Zweiten Weltkriegs gefallen sind – ein Denkmal für eine vergessene Bruderschaft. Dave McDonald n
Staffordshire, wo man sie abrüstet, instand setzt und neu lackiert. Danach sollen sie zurück nach Hendon. Die neuen Farben der Spitfire sind noch nicht bekannt, aber die Hurricane wird die Identität einer Hurricane Mk.I erhalten, mit der Sergeant Ray Holmes im September 1940 einen deutschen Bomber rammte, der kurz davor war, den Buckingham Palast zu bombardieren. Francois Prins n
Fotos RAFM Cosford
neu
Ein Hallen-Wingwalker mit Staubbesen und viel Balancegefühl bei seiner Arbeit an der Hunter T7A in Cosford
n NATIONAL COLD WAR EXHIBITION
Wie Tarzan im Flieger-Dschungel
Sajer, Guy
Der vergessene Soldat Autobiografie eines Franzosen und Wehrmachtssoldaten im Rußlandfeldzug/ Kämpfe um Kursk, Charkow etc. – in mehr als 30 Sprachen übersetzt – bisher über drei Millionen Mal verkauft
483 Seiten, Paperback, 14,8x22,3 cm; ISBN 978-3-86933-146-1
22,00 € Eisenbach, Hans Peter
Die Flugzeugakrobaten vom Unternehmen Total Access bringen die NaturaluminiumTragflächen der English Electric Lightning auf Hochglanz
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echtzeitig vor dem zehnten Jahrestag der preisgekrönten National Cold War Exhibition des Royal Air Force Museums in Cosford begannen die Putzmannschaften mit dem alljährlichen Großreinemachen. Keine leichte Aufgabe, hängen doch viele der Exponate von der Decke und erfordern die Qualitäten eines Flügelakrobaten, wenn auch unter Dach. Meister ihres Fachs sind die Spezialisten vom Unternehmen Total Access, die nicht nur die Maschinen sauber machen, sondern sich auch um den Zustand der Kabel kümmern, an denen sie in ihren simulierten Flugzuständen hängen. Wie die Bilder zeigen, ist der Tarzanschwung von Flügelspitze zu Leitwerk in großer Höhe nichts für Zartbesaitete mit Höhenangst. Richard Chapman n
Aufgehängt an mehreren Sicherheitsleinen reinigt dieser Putzmann die Cockpithaube der Canberra PR9
Stuka-Einsatz an der Pantherlinie Der Abwehrkampf der Heeresgruppe Nord im März 1944 an der Ostfront
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190 Seiten, Großformat, Hardcover, 171 Abb. s/w, 115 Fotos, 44 Karten, 5 Zeichnungen, 4 graphische Darstellungen, 3 Tabellen; ISBN 978-3-86933-162-1
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Deutsche Abwurfmunition im Zweiten Weltkrieg Basiswissen über Bomben, Behälter, Lufttorpedos, Minen, Verpackungen und Zünder
100 Seiten, Großformat, Hardcover, 213 Abb., davon 31 farbig; ISBN 978-3-86933-132-4
25,80 € Schuh, Horst / Buchholz, Frank
Bombenkrieg 1914 - 1918 London und Paris im Visier
88 Seiten, fest geb., 77 Abb., davon 1 Karte, 17,6x24,5 cm; ISBN 978-3-86933-155-3
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Junkers »Panzerknacker«
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Im Frühjahr 1943 wandelte man Junkers Sturzkampfbomber Ju 87 D zu speziellen Panzerjagdmaschinen um. Im Einsatz erwiesen sie sich bald als schlagkräftige Waffe gegen die Übermacht der sowjetischen Panzer. Hans-Ulrich Rudel war der bekannteste Pilot dieser Maschine Von Peter Cronauer
Allen Grund zur Freude: Hans-Ulrich Rudel erkannte früh das Potenzial der modifizierten Ju 87 D
Anfangs sah es so aus, als wäre der »Kanonenvogel« ein Flop. Am Asowschen Meer und bei Kursk wendete sich jedoch das Blatt für die Maschine … FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter Cronauer
I
m Februar 1943, kurz nach dem Ende der Kämpfe in Stalingrad, absolvierte Oberleutnant Hans-Ulrich Rudel, Staffelkapitän der ersten Gruppe des Stuka-Geschwader 2, seinen 1000. Feindflug. Diese außerordentliche Leistung brachte dem 26-jährigen Ritterkreuzträger einen zweiwöchigen Zwangsurlaub ein sowie den Befehl, sich im Reichsluftfahrtministerium in Berlin zu melden; er sei für eine Sonderaufgabe vorgesehen. Nach seinem Urlaub solle er zur Erprobungsstelle der Luftwaffe in Rechlin gehen, dort suche man nach geeigneten Wegen, um panzerbrechende Waffen vom Flugzeug aus einzusetzen. Das Rechliner Versuchskommando für Panzerbekämpfung führte ein alter Bekannter. Hauptmann Hans-Karl Stepp, erfahrener Stuka-Flieger der ersten Stunde sowie Träger des Ritterkreuzes und später des Eichenlaubs, war als Gruppenkommandeur des StG 2 (siehe Kasten auf Seite 19) Rudels Vorgesetzter. Im Anschluss an die Versuche in Rechlin sollte Stepps Kommando zur Truppenerprobung nach Brijansk verlegen, um die Theorie in der Praxis zu bestätigen. Dort erst stieß Rudel dann hinzu, er fuhr nicht nach Rechlin: »Das Panzerversuchskommando ist schon eingetroffen und hat bereits die ersten Erfahrungen gesammelt. Es sind hier Maschinen vom Typ Junkers Ju 88 mit einer 7,5-Zentimeter-Kanone unter der Führerkanzel und Stukas, wie ich sie immer flog, vom Typ Junkers Ju 87, die mit einer 3,7Zentimeter-Flakkanone unter jeder Fläche ausgerüstet sind. Sie verwenden eine Spezialmunition mit einem Wolframkern, der jede auftretende Panzerdecke durchschlagen soll.«
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TECHNIK
Einschießen der Ju 87 G-1 mit der 3,7-Zentimeter-Bordkanone Foto Archiv Flugzeug Classic
Tatsächlich durchschlug jenes ebenfalls in Rechlin entwickelte Hochgeschwindigkeitsgeschoss aus 100 Meter Distanz und mit einem Auftreffwinkel von 60 Grad mühelos 120 Millimeter starken Panzerstahl. Die Munition eignete sich hervorragend für den Kampf gegen Panzer. Doch die neuartige Bewaffnung forderte auch ihren Tribut: Die Kanone (siehe Kasten auf Seite 20) wog samt ihrem mehr als zwei Meter langen Lauf und sechsschüssigen Magazin etwa 365 Kilogramm. Zwei dieser Waffen hängte man unter den Tragflächen neben die nicht einziehbaren Fahrwerkbeine, auf jeder Seite eine, was nicht nur größeren Luftwiderstand bedeutete, sondern vor allem deutlich mehr Gewicht. Diese
hängten Kanonen ungünstiger in ihren Flugeigenschaften. Ihre Wendigkeit leidet und die Landegeschwindigkeit nimmt stark zu.« Tatsächlich wies die Maschine einige fliegerische Tücken auf und wurde schon dadurch manchen Mannschaften zumVerhängnis.
Tragflächen so, dass sich ihr Feuer in 400 Meter Abstand auf einen Punkt konzentrierte. Rudel ließ diesen Wert bei seinen Maschinen auf 100 Meter reduzieren, um noch näher heranfliegen und präziser schießen zu können.
Anfänglich ein Pleitegeier
Bei Brijansk und bald darauf bei den Kämpfen um die Kuban-Halbinsel und auf der Krim kam die Ernüchterung. Die Truppenerprobung verlief nicht gut, »es sieht mit unserem Anfang und den Erprobungsergebnissen nicht rosig aus«. Über erstarrten und beiderseits gut ausgebauten Fronten richtete man mit dem behäbigen Kanonenvogel nicht viel aus. Schon über den eigenen Stellungen traf die gegnerische Flak die Maschinen, feindliche Jäger kamen noch erschwerend hinzu, angesichts der massiven Abwehr gelangten die Panzerjäger gar nicht erst an ihre eigentlichen Ziele. Die Panzer der Roten Armee stießen von den eigenen Linien kaum mehr als 1000 Meter vor und blieben so unter dem Schutzschild ihrer Flak. »Wo wir mit unseren Vögeln auftauchen, werden wir bedauert, eine lange Lebensdauer sagt man damit keinem von uns voraus.« Doch schon bald sollte sich die Ju 87 G als eine hervorragende Waffe für den Bewegungskrieg erweisen, wenngleich anfangs in einem höchst ungleichen Kampf.
Die Versuche mit großkalibrig bewaffneten Ju 88 ließ man alsbald fallen, und auch hinsichtlich der Ju 87 G war die Mehrheit des Kommandos eher skeptisch; erste Einsätze brachten nur Verluste. Doch Rudel erkannte darin auch eine Chance: »Was mich beeindruckt, ist die Möglichkeit, auf 20 bis 30 Zentimeter genau schießen zu können. Die leicht
›Wir prägen uns die Panzer ein und lernen, wo ihre verwundbarsten Stellen liegen.‹ Stuka-Variante schleppte dauerhaft fast eine Dreivierteltonne an zusätzlicher Last mit sich herum. Um diese wieder zu reduzieren, wurden die Maschinen kräftig modifiziert. Man baute die Bombenabwurfanlage und auch die Sauerstoffanlage aus, die ohnehin überflüssig war, da Panzerjäger nicht in großen Höhen operierten. Und weil man die Ju 87 mit den Kanonen auch nicht stürzen durfte, um die Tragflächen nicht zu überlasten, entfernte man auch die Sturzflugbremsen. Rudel hielt davon zunächst recht wenig: »Die an sich schon nicht schnelle Ju 87 wird nun noch langsamer und durch die aufge-
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verwundbaren Stellen des Panzers müssten also zu treffen sein, wenn wir nahe genug herankommen können.« Es folgt ein intensives Studium der gegnerischen Waffen: »Nach Anschauungsmaterial prägen wir uns genau die russischen Panzertypen ein und lernen, wo jeweils ihre verwundbarsten Stellen liegen: Motor, Kraftstoffbehälter, Munitionslagerraum.« Es genüge nicht, den Panzer einfach nur zu treffen, »eine Stelle mit einem entzündbaren oder explosiven Stoff muss getroffen werden. Das ist Brennstoff oder Munition.« Normalerweise justierte man die beiden Kanonen unter den
Alles andere als rosig
Kanonenvogel gegen Nussschalen Als deutsche Aufklärer in den Häfen von Jeisk und Achtarsk am Asowschen Meer Unmassen von ungedeckten Landungsbooten bemerk-
Junkers Ju 87 G-2, im Herbst 1944, geflogen von Oberstleutnant Hans-Ulrich Rudel Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus
Das sechsschüssige Magazin mit der panzerbrechenden Spezialmunition konnte in der Luft nicht nachgeladen werden Foto Archiv Flugzeug Classic
Aus dem Flugzeughandbuch der Ju 87 G-2: Details der BK 3,7 FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Fotos (3) Archiv Udo Hafner
ten, in denen zwei Divisionen Rotarmisten Temrjuk ansteuerten, um dort im Rücken der deutschen Kuban-Front zu landen, griffen zunächst herkömmliche Bomben-Stukas die improvisierte Landungsflotte an. Doch weil die Ziele »so klein und die Boote so zahlreich sind«, richteten sie nur wenig aus. Erst als die »Kanonenvögel« eingriffen, wendete sich das Blatt, Rudel war an diesen Einsätzen beteiligt:
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TECHNIK
Junkers Ju 87
Noch in Topzustand: Bei Kriegsende erbeuteten die Alliierten diese Junkers Ju 87 G-2 mit BK 3,7 in der Tschechoslowakei
Die Tragfläche der Junkers Ju 87 G-1 mit untergehängter 3,7-Zentimeter-Flak 18 Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus
»Nun fahren sie in Massen zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Lagunen; ihr Gesamtweg mag an die 50 Kilometer lang sein. Die Seen sind durch kleine Kanäle miteinander verbunden und so schieben sie sich immer näher an Temjruk heran, hinter die Kuban-Front und weit ins eigene Hinterland. Rastpausen legen sie im hohen Schilf oder auf den Inseln ein. Wenn sie sich so verborgen halten, sind sie schwer zu finden und zu erkennen. Doch wenn sie vorwärts kommen wollen, müssen sie wieder über das freie Wasser fahren. Jeden Tag sind wir von früh bis spät unterwegs und jagen über das Wasser und das Schilf und sind auf der Suche nach den Booten. In den primitivsten Kähnen kommt der Iwan an, selten sieht man ein Motorboot. Außer Handfeuerwaffen hat er noch Granatwerfer und Maschinengewehre bei sich.
Bewährungsprobe über See
Die verlängerte Fläche der Ju 87 G-2. Das angepasste Querruder erhielt eine zusätzliche Aufhängung Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus
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In den kleinen Booten schleicht er sich rüber mit fünf bis sieben Mann, in die großen werden bis zu 20 Leute hineingepfropft. Wir verwenden hier nicht unsere Panzerspezialmunition, denn eine große Durchschlagskraft ist hier nicht erforderlich, wohl aber eine gute Sprengwirkung beim Auftreffen aufs Holz; so werden die Boote aufs Schnellste zerrissen. Die Normalflakmunition mit einem geeigneten Zünder erweist sich als das Brauchbarste. Was über das Wasser fährt, ist verloren. Die Bootsverluste für den Iwan müssen schwerwiegend sein; in wenigen Tagen schieße ich allein mit meiner Maschine über 70 dieser Fahrzeuge zusammen.« – »Iwan« galt während dieser Zeit als ein geläufiges
Panzerjäger Junkers Ju 87 G-2 des 10.(Pz)/Schlachtgeschwader 3, der Ende 1943 an der Ostfront eingesetzt war Zeichnung Herbert Ringlstetter/Aviaticus
Herkömmliche »Bombenstukas« wie diese Ju 87 D-5 in Wintertarnung baute man zu »Kanonenvögeln« um
Mit dem Schaltkasten (Schk) 87 in der Junkers Ju 87 bediente man die BK 3,7
Stereotyp für Rotarmist, die Landungsboote muss man sich wohl eher als Art Nussschalen vorstellen.
Turmhoch überlegen Der weitere Kriegsverlauf führte Rudel und seine Staffel nach Charkow und in Richtung Mittelabschnitt der Ostfront, ins »Unternehmen Zitadelle«. Dabei kam es im Juli 1943 im Kursker Frontbogen zur »größten Panzerschlacht der Kriegsgeschichte«. »Beim Anblick dieser Panzermengen fällt mir meine
Hans-Karl Stepp Der 1914 in Gießen geborene Stepp studierte zunächst Jura, bevor er 1936 zur Luftwaffe ging. Er wurde zum Sturzkampfbomberpiloten ausgebildet und war unter anderem bei jenem schweren Vorfall auf dem Truppenübungsplatz Neuhammer in Schlesien dabei, als am 15. August 1939 dreizehn Stuka-Besatzungen tödlich verunglückten. Er flog Einsätze im Polen- sowie im Frankreichfeldzug und kam im Mai 1941 als Gruppen- und Geschwaderadju-
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noch möglich sein, die beschädigKanonenmaschine vom te Maschine bei den eigenen PanErprobungskommando zern hinzuschmeißen. Die erste ein, die ich von der Krim Staffel mit Bomben fliegt also hinaus mitgenommen habe. ter mir, der einzelnen KanonenBei diesem Riesenangebot maschine. So wird es versucht.« In von Feindpanzern wäre ein den Wochen zuvor war der KanoVersuch möglich. Die Flaknenvogel beinahe in Vergessenheit abwehr über den sowjetigeraten, jetzt, im Juli 1943, begann schen Panzereinheiten ist seine eigentliche Karriere. zwar sehr groß, jedoch sage Schon im ersten Einsatz brachte ich mir, beide Gruppen steRudel damit vier sowjetische Panzer hen sich auf 1200 bis 1800 Mezur Explosion. Bis zum Abend ter gegenüber und wenn stieg ihre Zahl auf zwölf. Zwar hatich nicht durch einen Flak- Gruppenemblem der ten die Warte anschließend alle treffer wie ein Stein herun- III./StG 2 »Immelmann« terfalle, muss es immer Zeichnung Archiv Flugzeug Classic Hände voll zu tun, weil die Maschine »durch Erdbeschuss schwer mitgenommen« war, doch zugleich machte sich eine geradezu euphorische Stimmung breit, angesichts der neuen Waffe, »die überall tant zum Stuka-Geschwader 2 schnell auftauchen kann und mit Erfolg die »Immelmann«. Beim StG 2 gefürchtete Zahl der sowjetischen Panzer bemachte man ihn zum Staffelkakämpfen wird«. Wie ein Lauffeuer verbreitete pitän, dann zum Gruppenkomsich die Neuigkeit bis hinauf zum Fliegermandeur der I. und später der korps. Umgehend befahl man alle einsatzklaII. Gruppe und schließlich zum ren Maschinen der PanzerversuchskommanGeschwaderkommodore. Im September 1944 verließ der dos mitsamt ihren Besatzungen zu Rudel: »So mittlerweile zum Oberstleutwird die Panzerstaffel geboren. Im Einsatz nant beförderte Eichenlaubuntersteht sie mir.« träger das Geschwader und erhielt anschließend verschieEigene Strategie dene Kommandos, zuletzt In der Folgezeit entwickelten die Panzerjäger beim Reichsluftfahrtministerieine eigene Angriffsstrategie: Bevor sich die n um in Berlin. Kanonenvögel auf ihre eigentlichen Ziele
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Junkers Ju 87
Bei diesem Schnappschuss soll Hans-Ulrich Rudel persönlich am Steuer der Ju 87 G-2 gesessen haben
stürzen können, musste die gegnerische Flakund sonstige Bodenabwehr mit Bomben erst einmal ausgeschaltet werden. Da die »Panzerknacker« jedoch keine Bomben mit sich führen können, müssen herkömmliche BombenStukas diese Aufgabe übernehmen und im Anschluss an den Bombenwurf den Luftraum gegen feindliche Jäger abschirmen. Somit fungierten die Stukas als Bomber, Panzerknacker und Jagdflieger in Personalunion, wobei einige ihrer Piloten respektable Jägerqualitäten offenbarten; auch HansUlrich Rudel erzielte während des Krieges neun Luftsiege, unter anderem traf er mit der BK 3,7 eine der gefürchteten Il-2.
Schwachpunkt: Rückseite Die Piloten der Kanonenvögel entwickelten eine spezielle Angriffstaktik: »Wir stürzen mal von hinten, mal von der Seite auf die Stahlkolosse. Der Gleitwinkel ist nicht zu steil, um ganz dicht an den Boden herangehen zu können und so auch beim Abfangen keine Schwierigkeiten durch ein eventuelles Durchsacken der Maschine zu bekommen. Sackt die Maschine zu weit durch, so ist Bodenberührung mit all ihren gefährlichen Folgen kaum zu vermeiden.« Dabei war die Richtung, aus der angegriffen wurde, maß-
Die BK 3,7 Bei der BK (Bordkanone) 3,7 griff man auf die 1930 entwickelte Flak 18 zurück, die man – weil zu schwer und unhandlich – bereits 1936 durch die Flak 36 ersetzte. Bei der Waffe handelte es sich um einen Rückstoßlader mit einem etwas störanfälligen zentralen Verschluss. Für den Einbau als Bordkanone wurde der Lauf gekürzt, der Rücklaufmechanismus geändert und ein elektrischer Fernabzug eingebaut. Eine Heiß-
Quellen: Hahn, Fritz: Deutsche Geheimwaffen 1939–1945 – Flugzeugbewaffnungen. Heidenheim 1963
Alliierter Soldat inspiziert neugierig die erbeutete 3,7-Zentimeter-Bordkanone
Der Anblick dieser Ju-87-Silhouette bedeutete für sowjetische …
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luftanlage verhinderte das Steifwerden des Rücklaufbremsöls der Kanonen. Neben der Ju 87 G kam die BK 3,7 auch in der Henschel Hs 129, Junkers Ju 88 P und Messern schmitt Bf 110 zum Einsatz.
… T-34-Panzerbesatzungen höchste Gefahr
Foto www.pixpast.com
geblich entscheidend: »Wir müssen versuchen, die Panzer immer an ihren schwächsten Punkten zu treffen. Die Stirn ist bei jedem Panzer immer die stärkste Stelle, darum versucht jeder Panzer seinem Gegner immer so viel wie möglich die Stirn zu bieten. Schwächer ist er in seinen Flanken. Aber die beste Angriffsstelle für uns ist die Rückseite. Dort befindet sich der Motor, und die Kühlnotwendigkeit dieses Kräftezentrums gestattet nur eine dünne Panzerplatte. Um die Kühlung noch zu vergrößern, sind in dieser Platte große Löcher angebracht. An dieser Stelle lohnt es sich, den Panzer zu beschießen; denn beim Motor ist immer Brennstoff! Von der Luft aus ist ein Panzer, wenn der Motor läuft, leicht zu erkennen an den blauen Auspuffwolken. An den Seiten lagern im Panzer Brennstoff und Munition. Die Panzerung ist dort aber stärker als hinten.« Also griffen die Kanonenvögel Panzer möglichst von hinten an, und da die Panzer ihre starke Stirnseite in der Regel gegen den Feind ausrichteten, hatte der Angriff von hinten den positiven Nebeneffekt, dass man danach mit einer eventuell angeschlagenen Maschine bereits in Richtung der eigenen Linien flog.
So wie bei herkömmlichen Sturzkampfbombern hatten auch die modifizierten Ju 87 D eine zweiköpfige Besatzung
Die verwundbarsten Stellen Da jede Aktion eine Gegenreaktion hervorruft, suchte der Gegner nach geeigneten Maßnahmen, um sich vor derartigen Angriffen zu schützen: »Nach einiger Zeit haben sich die Sowjets auf die Panzerbekämpfung aus der Luft schon ganz gut eingestellt. Wenn es einigermaßen möglich ist, schleppen sie ihre Flak mit bis ganz nach vorn. Die Panzer bekommen Rauchpatronen, um sich einzunebeln oder einen Brand vorzutäuschen, damit der Verfolger aufgrund eines vermeintlichen Erfolges ablässt. Erfahrene Besatzungen kennen diese Manöver bald und fallen nicht mehr darauf rein. Ein richtig brennender Panzer wird bald hellste Flammen zeigen, und solche Flammen zu imitieren ist ein viel zu gefährliches Geschäft. In vielen Fällen wird er explodieren, da das Feuer die Munition erfasst, die normalerweise in jedem Panzer vorhanden ist.« Das wiederum bedeutet eine große Gefahr für den angreifenden Flieger: »Sehr unangenehm ist es, wenn die Explosion sofort erfolgt und das Flugzeug in fünf bis zehn Meter Höhe über dem Panzer fliegt. So geht es mir
Schaubild der Geschossflugbahn einer BK 3,7 aus dem Flugzeughandbuch der Ju 87 G-2. Ein Pilot konnte so das »Flugverhalten« der Granate besser abschätzen Zeichnung Archiv Udo Hafner
auch die grüne Tarnfarbe auf der Maschine abgeschmort ist und die einzelnen zersprengten Teilchen des Panzers meinen Vogel durchlöchert haben.« Neben Flak, Rauchpa-
Rudel hatte mehr als 100 Panzer getroffen, weitere 400 sollten noch folgen. zweimal in den ersten Tagen, wo ich plötzlich durch eine Feuerwand durchfliege und denke: ›Jetzt bist du dran!‹ Ganz heil komme ich aber auf der anderen Seite wieder raus, wenn FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
tronen und Ausweichbewegungen versuchte die Rote Armee auch, die angreifenden Stukas durch Falschmeldungen im Funk von ihren Zielen weg und möglichst sogar auf ei-
gene Truppenteile umzuleiten – auch der Äther war für alle Seiten ein wichtiger Kriegsschauplatz. Noch im Juli 1943 wird Hans-Ulrich Rudel zum Kommandeur der III. Gruppe des StG 2 ernannt. Jetzt befehligte er eine ganze StukaGruppe, die sich zunehmend auf den Kampf gegen Panzer spezialisierte. Sie bestand aus drei Staffeln bombentragender Ju 87 und der zusätzlichen Kanonenvogelstaffel. Zum Jahreswechsel 1943/44 hatte Rudel bereits mehr als 100 Panzer abgeschossen. Bis zum Ende des Krieges sollten noch weitere 400 folgen. n
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TECHNIK
Boeing B-52
VOM BOMBER ZUM UNTERSTÜTZER
Absolut unentbehrlich
Sie ist längst ein fliegender Anachronismus. Und trotzdem steht die B-52 seit über 60 Jahren an vorderster Front. Das wird sich auch für die kommenden zwei Jahrzehnte kaum ändern, denn adäquaten Ersatz gibt es vorerst nicht Von Wolfgang Mühlbauer
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B
is Mitte der 1980er-Jahre ist die Flotte der B-52 technisch so weit durchmodernisiert, dass sie ihrer nuklearen Abschreckungsrolle beim Strategic Air Command (SAC) weiter gerecht wird. Der Bestand, mittlerweile nur mehr G- und H-Versionen, schrumpft dennoch stetig. Was die alten Haudegen nach wie vor im Spiel hält, sind ihre unübertroffenen Qualitäten als Waffenplattform. Nicht zuletzt für die zunächst rein atomar bestückten AGM-86 Cruise Missiles, welche sie als einzige Kampfflugzeuge über die nächsten zwei Jahrzehnte hinweg voll einzusetzen vermögen. Zugleich hat man Wert darauf gelegt, die konventionelle Schlagkraft jener B-52G, die nicht als Träger für atomar bestückte Marschflugkörper hergerichtet sind, zu stärken, vor allem mithilfe des Integrated Conventional Stores Management Systems, kurz ICSMS. Im Ver-
bund mit neuen Außenlastadaptern für schwere Waffen, den Heavy Stores Adapter Beams (HSAB), an die sich unter anderem die 2000 Pfund (907 Kilogramm) schweren Freifallbomben Mark 84 hängen lassen, ist dessen zentraler Bestandteil ein erweitertes Flugcomputerprogramm, das vielfältige konventionelle Angriffsmöglichkeiten erlaubt.
Angriffen mit präzisionsgelenkten Waffen in den Vordergrund. Da die eigene Rüstungsindustrie vorerst nichts Passendes bietet, greift man als Zwischenlösung auf die israelische Popeye-Lenkrakete mit TV-Suchkopf, bei der USAF AGM-142 genannt, zurück. Etwa ein Dutzend der mit ICSMS versehenen G-Maschinen wird bis 1992 umgerüstet.
Man legt Wert darauf, auch die konventionelle Schlagkraft zu stärken. Derart kampfwertgesteigert, lassen sich besagte Bomber ab 1983 selbst zur Seeraumüberwachung heranziehen. Bis Juni 1985 sind 30 davon so modifiziert, dass sie Seezielflugkörper des Typs AGM-84 Harpoon einsetzen können. Langsam, aber sicher rückt außerdem der Wunsch nach punktgenauen taktischen
All das darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tage der B-52G-Flotte, die Ende 1988 noch 166 Stück umfasst, mit dem Fall des Eisernen Vorhangs endgültig gezählt sind. Bis 1994 sollen alle zugehörigen Einsatzverbände aufgelöst und deren Flugzeuge stillgelegt werden. Zuvor aber besetzen irakische
Alle Fotos USAF
Sowohl die Menge als auch die Auswahl möglicher Abwurflasten zeigt anschaulich, weshalb die B-52H als Waffenplattform bis heute praktisch unerreicht bleibt
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TECHNIK
Boeing B-52
Seit Herbst 2001 kämpft die B-52H als taktisches Unterstützungsflugzeug in Afghanistan. Sie kann stundenlang über einer bestimmten Kampfzone kreisen, um dann auf direkten Zuruf der Bodentruppen einzugreifen
Operation »Desert Storm« bringt im Januar 1991 den ersten Kampfeinsatz der Stratofortress seit Ende des Vietnamkrieges. Daran beteiligt sind ausschließlich B-52GMaschinen – darunter dieser Bomber der 1708th Bombardment Wing, der von Jeddah in Saudi Arabien aus zum Feindflug startet
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Boeing B-52G (Phase VI), 379th BW, stationiert 1991 in Jeddah, Zeichnung Juanita Franzi Saudi Arabien während »Desert Storm«
Truppen Anfang August 1990 Kuwait und lösen den Zweiten Golfkrieg aus. Kurz darauf bildet sich unter Führung der USA eine internationale militärische Koalition, um das Emirat wieder zu befreien – für die Stratofortress gleichbedeutend mit dem ersten Kampfeinsatz seit Vietnam. Die Vorbereitungen laufen ab dem 13. August; unter anderem verlegt ein erstes Kontingent B-52G nach Diego Garcia im Indischen Ozean, um von dort aus mit Trainingsflügen zu beginnen. Es sind ausschließlich G-Maschinen, die in den Krieg ziehen. Ein halbes Jahr später startet Operation »Desert Storm«, die Rückeroberung Kuwaits. Am Anfang steht eine anhaltende Luftoffensive, mit eingeleitet durch sieben B-52G, die am Nachmittag des 16. Januar 1991 von Louisiana aus zum bis dahin weitesten Feindflug der Luftfahrtgeschichte abheben. Über 22 500 Kilometer beträgt die Distanz, die sie mithilfe zahlreicher Luftbetankungen innerhalb von
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35 Stunden überwinden. Ihre Waffenlast besteht aus den erst kürzlich gefechtsbereit gewordenen AGM-86C mit konventionellen Sprengköpfen. 35 Stück davon feuern sie auf ausgewählte strategische Ziele im Irak, um in erster Linie die Luftverteidigung und die Kommandostruktur zu schwächen. Strategische Angriffe rücken für die B-52 bei Desert Storm aber eher in den Hintergrund.
moralisierende Wirkung enorm. Nicht selten reicht es aus, die in der Wüste verschanzten Gegner mit Flugblättern vor solch einem bevorstehenden Angriff zu warnen, und sie geben reihenweise auf. Die Bodenoffensive, die am 24. Februar 1991 nach 39 Tagen anhaltender Luftangriffe beginnt, dauert ganze vier Tage. Dann ist Kuwait zurückerobert. Die B-52 ist dabei rund um die Uhr im Einsatz.
1991 hebt sie zum weitesten Feindflug der damaligen Luftfahrtgeschichte ab. Viel öfter dient sie als taktisches Unterstützungsflugzeug, auf das die Frontkommandeure von Army und Marines in großem Umfang zugreifen. Nach dem Motto »Die einfachsten Mittel sind oft die besten« fordern sie verstärkt klassische Flächenbombardements aus großer Höhe gegen feindliche Truppenkonzentrationen an. Wie einst im Vietnamkrieg ist die de-
Offiziell gilt die Erfolgsbilanz der 107 an »Desert Storm« beteiligten Boeing-Bomber als vorbildlich. Hinter den Kulissen wird dagegen Kritik laut, von der nur einige Punkte erwähnt seien. Zum Beispiel krankt die Treffgenauigkeit mit Freifallbomben aus großer Höhe an einer starken Windabhängigkeit. Lediglich die Tatsache, dass man die B-52 taktisch meist
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TECHNIK
Boeing B-52
Auch über dem Pazifik zeigt die B-52H nach wie vor stetige Präsenz, beispielsweise anlässlich internationaler Großmanöver wie RIMPAC 2010, an dem dieser Bomber der 20th Expeditionary Bomb Squadron im Juli 2010 teilnimmt
auf stationäre beziehungsweise nicht zeitgebundene Ziele – wie etwa eingegrabene Infanterie – angesetzt hat, kaschiert dies etwas. Nicht bloß hier zeigt sich die eher nuklear ausgerichtete Gefechtsführung des SAC, fixiert auf den Einsatz von Marschflugkörpern oder dem Durchbruch im Tiefflug, als unflexibel.
Zu Individualisten trainiert Auch logistisch gibt es gravierende Mängel. Unter anderem liegen die Bomber auf ihren Einsatzhäfen in England, Spanien, auf Diego
Garcia oder in Saudi Arabien viel zu weit vom Kampfgebiet entfernt. Ewig lange Flüge, erschöpfte Besatzungen und die magere Durchschnittsquote von 0,6 Missionen pro Tag und Maschine sprechen Bände. Ausgleichend wirkt bloß, dass die B-52 mehr Bomben als jedes andere Flugzeug mitschleppt. Den Crews fehlt wiederum fast jedes Gespür für das taktische Zusammenspiel im flexiblen Verbund mit anderen Einheiten und Leitstellen – kein Wunder, sind sie doch als Individualisten trainiert, die ihren Job alleine machen.
Neue Triebwerke für die Stratofortress?
So könnte die B-52H mit modernisiertem Antrieb aussehen
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potenzial. Eine strittige Entscheidung, die bis 2004 zu weiteren Studien, etwa am Institut für Verteidigungsanalysen, führt. Es folgt der dringende Rat ans Militär, die B-52H aus ökologischen wie ökonomischen Gründen möglichst bald mit zeitgemäßer Antriebstechnologie zu versehen. Seit 2014 laufen nun übergreifende Untersuchungen in enger Zusammenarbeit mit der Industrie; greifbare n Ergebnisse stehen wohl noch aus.
Abbildung DSB
Im Laufe ihrer Dienstzeit gibt es immer wieder Pläne, die acht TF-33-Triebwerke der B-52 gegen modernere Aggregate auszutauschen. 1982 bringt Pratt & Whitney vier PW2000 als Alternative ins Spiel, was rasch verworfen wird, da die Ausmusterung der Bomber seinerzeit als absehbar gilt. 1996 schlägt Boeing dann vor, die B-52H auf vier Rolls-Royce RB211 umzurüsten, verschätzt sich dabei in den Augen der USAF aber beim Einsparungs-
Es sind entscheidende Lektionen mit Blick auf den drastischen Wandel, den besonders der Zusammenbruch der UdSSR sowie der aufkeimende »Krieg gegen den Terror« für die künftige Rolle der Stratofortress mit sich bringen. Die einst klaren Grenzen zwischen strategischer und taktischer Kampfführung verschwimmen zusehends. Am 27. September 1991 endet die permanente Einsatzbereitschaft aller SAC-Flugzeuge. Das SAC selbst wird am 1. Juni 1992 aufgelöst, die BoeingBomber werden dem neu geschaffenen Air Combat Command (ACC) zugeteilt. Gleichzeitig ist die allgemeine Ausmusterung der B-52G in vollem Gange, um Abrüstungsverträge einzuhalten. 1994 sind die letzten davon ausgemustert; wie vereinbart, werden die meisten Exemplare verschrottet.
»Intelligente« Aufrüstung Fortan hängt alles an den insgesamt 94 noch flugbereiten B-52H, deren erneute Teilmodernisierung seit 1989 im Gange ist. Es gilt, viele konventionelle Fähigkeiten der B-52G auf ihren bisher ausschließlich zur atomaren Kriegführung bestimmten Nachfolger zu übertragen – und diesen zugleich smart, sprich tauglich für präzisionsgelenkte taktische Abwurfwaffen, zu machen. Die B-52H durchläuft darum ab 1993 weitreichende Anpassungsmaßnahmen, die unter dem Namen Conventional Enhancement Modification (CEM) bekannt sind. An erster Stelle steht die Integration von AGM-142, Harpoon und dem HSAB der G-Version an. Aufgewertete Kommunikationselektronik, GPS-Empfänger und ein überarbeitetes Integrated Conventional Stores Managment System (ICSMS) mit angepasster Waffenaufhängung und MIL-STD-1760-Dateninterface kommen im Lauf der nächsten
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TECHNIK
Boeing B-52
Um den sogenannten »Islamischen Staat« zurückzuwerfen, werden im April 2016 erstmals seit den Golfkriegen wieder B-52-Bomber auf der arabischen Halbinsel stationiert, genauer auf der Al Udeid Air Base in Katar
Jahre Schritt für Schritt hinzu. Alles verbunden mit der Einbeziehung weiterer Smart Weapons (präzisionsgelenkter Munition) unterschiedlicher Art. Dazu zählt Joint Direct Attack Munitions (JDAM), ein nicht waffenspezifischer Nachrüstsatz, der aus diversen ungelenkten ballistischen Abwurfwaffen nun Präzisionswaffen,
gesteuert durch GPS, macht. Oder die AGM154 Joint Standoff Weapon (JSOW), eine präzisionsgelenkte Gleitbombe, um nur zwei solcher Beispiele zu nennen. Davon abgesehen dient die B-52H nach wie vor zusätzlich der atomaren Abschreckung: Unter anderem kann sie als einziges Kampfflugzeug den Marschflugkörper AGM-129 mit Stealth-Ei-
genschaften regulär verwenden, der jedoch seit dem Jahr 2012 wieder aus den Waffenarsenalen verschwunden ist.
Der Dienst geht weiter Den ersten Kriegseinsatz fliegt die B-52H am 3. September 1996. Im Rahmen einer Vergeltungsaktion gegen den Irak starten mehrere
Smart Weapons für die B-52H Präzisionsgesteuerte Abwurfwaffen und -munition sowie Zielbeleuchtungsgeräte machen die B-52H taktisch ständig flexibler. Zusammen mit der hohen Waffenlast, die sie trägt, ist sie als Unterstützungsflugzeug für den Erdkampf längst unverzichtbar. Mit 907 Kilogramm (2000 Pfund) eine der schwersten ihrer Art: GBU-31 JDAM
Lasergesteuerte LJDAM vom Typ GBU-12 am Außenlastträger der B-52H
Zielbeleuchtungsgehäuse AAQ-28 Litening für lasergelenkte Abwurfmunition
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Boeing B-52H (Phase VI), 2nd BW, stationiert 2002 auf Diego Garcia während »Enduring Freedom« Zeichnung Juanita Franzi
Technische Daten – Boeing B-52H 48,56 m 12,40 m 56,39 m 371,20 m² 8 Pratt & Whittney TF-33-P-3/103-Turbofan-Triebwerke mit je 7710 kp Schubleistung Max. Startmasse 21 9600 kg Höchstgeschwindigkeit 1047 km/h in 6096 m Max. Reichweite 14 160 km (ohne Luftbetankung) Dienstgipfelhöhe 15 150 m Bewaffnung max. 31 500 kg Abwurflast Besatzung 5 Mann Länge Höhe Spannweite Tragflügelfläche Antrieb
Selbst wenn Säbelrassen gegenüber Russland für die B-52H nicht mehr oberste Priorität hat, zeigt sie dennoch in jüngster Zeit immer wieder entsprechend Flagge – wie hier im Sommer 2016 über dem nördlichen Polargebiet
Bomber von Guam aus, um Ziele in den südlichen Landesteilen mit AGM-86C anzugreifen. Kurz nachdem die B-52H auch dafür freigegeben ist, die JAM einzusetzen, finden ähnliche Aktionen vom 16. bis zum 20. Dezember 1998 statt. Im folgenden März greift die Stratofortress in den Kosovokonflikt ein. Wenige Monate danach ist ihr windkorrigiertes Abwurfsystem für Streumunition einsatzklar, wodurch die taktischen Angriffsmöglichkeiten weiter an-
heute absolut unentbehrlich. Dass sie fortlaufend dafür optimiert wird, liegt auf der Hand. So können etwa jene Maschinen, die im Frühjahr 2003 an der Operation »Iraqi Freedom« teilnehmen, erstmals lasergelenkte Präzisionsabwurfwaffen (LJDAM) autonom einsetzen. Trotzdem schickt man bis Mitte 2009 insgesamt 18 der ältesten Flugzeuge, als Verschleißreserve ins Depot. Bleiben an flugtüchtigen B-52H noch 76 Stück, die ab 2010 zum Air Force Global Strike Command (AFGSC)
Die alten Schlachtrosse sind und bleiben unentbehrlich. wachsen. Ab Ende 1999 modernisiert man zudem die Prozessoren der Offensivavionik und der Navigationssysteme; im Frühjahr 2000 folgt ein Upgrade der Verteidigungssysteme. Am 7. Oktober 2001 beginnt Operation »Enduring Freedom« als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September. Mittlerweile dank ihrer Smart-Fähigkeiten taktisch reichlich flexibel, wird die B-52H hierbei über Afghanistan von Anfang an zur Erdkampfunterstützung herangezogen: als fliegendes Waffenarsenal, das stundenlang über einer zugewiesenen Kampfzone kreist, um auf direkten Zuruf der Bodentruppen bewegliche wie stationäre Ziele zeitnah und präzise anzugreifen – wenn nötig mehrfach. Just diese Rolle, für die sie nie konzipiert war, macht die Stratofortress bis FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
gehören. Für sie dreht sich das Upgrade-Karussell unverändert weiter. Auch, um mit neuen Smart Weapons wie der GBU-39 Small Diameter Bomb oder dem Luft-Boden-Marschflugkörper AGM-158B JASSM (Joint Air-toSurface Standoff Missile) operieren zu können. Ergänzend sorgt das 1760 IWBU (Internal Weapons Bay Upgrade) dafür, dass JDAM künftig auch im internen Rotationsstarter mitgeführt werden kann. Die ersten sechs dieser Flugzeuge liefert Boeing im Januar 2016 aus; weitere 38 sollen bis Herbst 2017 folgen. Das CONECT (Combat Network Communications Technologie) Upgrade wiederum ermöglicht den Zugriff auf die digitalen Kommunikationsnetzwerke der USAF samt zugehörigem Informationsaustausch. Die
erste damit versehene B-52H übernimmt das ASGSC im Mai 2014. Daneben werden derzeit unter anderem die Systeme für die elektronischen Gegenmaßnahmen verbessert. Ferner ist man im Zuge des New-STARTAbrüstungsvertrages seit Herbst 2015 dabei, einen kleineren Teil der Flotte technisch so abzuändern, dass er sich nicht mehr zum Atomwaffenträger eignet. Aktuell kämpfen B-52H nach wie vor über Afghanistan, einige sind seit April 2016 dort stationiert. Zur gleichen Zeit hat man mehrere Exemplare nach Katar verlegt, von wo aus sie mithelfen, den sogenannten »Islamischen Staat« zurückzuwerfen. Des Weiteren zeigt die Stratofortress seit 2015 verstärkt Flagge im südchinesischen Meer. Wie gesagt: Die alten Schlachtrosse sind und bleiben unentbehrlich. »Die B-52 wird nicht älter, sie wird immer besser!«, heißt es. Jüngste Planungen gehen davon aus, sie wenigstens bis zum Jahr 2040 noch im aktiven Dienst zu halten. n
––– Ende der Serie ––– Bisher zur B-52 erschienen: FC 04/2012 Der große Angstmacher FC 12/2012 Vom Penthouse ins Erdgeschoss FC 11/2013 Mehr Abstand, weniger Zeit FC 12/2014 Operation Arc Light FC 11/2015 Im »Elf-Tage-Krieg« FC 05/2016 Nachtaugen und Cruise Missile
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TECHNIK
Focke-Wulf Fw 190
Das
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chon bei ihren ersten Einsätzen über Frankreich zeigt die Fw 190 ihr ganzes Potenzial. Als Jäger ist sie eine Klasse für sich: schneller als die britische Spitfire und im Kampf jedem anderen Gegner gewachsen. Kein Wunder, dass sehr bald Überlegungen auftauchen, dieses überzeugende Flugzeug auch mit anderen Aufgaben zu betrauen. Wie wäre es etwa mit einer Rolle als Aufklärer? Im Sommer 1942 ist man sich im Reichsluftfahrtministerium (RLM) darüber einig geworden und fordert von der Industrie: Die Fw 190 soll als Aufklärer in Serie gehen. Kurz darauf will Focke-Wulf nach dem neues-
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ten Lieferplan aus der laufenden Serie bestimmte Stückzahlen abzweigen und dann entsprechend modifizieren. In der vorläufigen Version ist der feste Einbau von zwei Reihenbildner-RB-12,5/7x9-Kameras im Rumpf geplant, dazu eine Robot-Kamera in der Tragfläche und ein FuG 17 als Funkgerät. Diese Ausführung soll dann als Umbau U4 aus den laufenden Serien A-3 und A-4 kommen.
Bewaffneter Späher Die eigentliche Aufklärerserie E-1 würde dann ab Juni 1943 vom Band rollen. Da bereits jetzt schon absehbar ist, dass die neue A-5-Serie
bald die älteren Muster ablösen wird, sollen ab Januar 1943 umgerüstete Fw 190 A-5/U4 als vorläufige Serienflugzeuge geliefert werden, bis die Produktion der E-1 angelaufen ist. Auch bei dieser Zwischenlösung sind zwei Reihenbildgeräte RB 12,5/7x9 im Rumpf eingeplant. Daneben will man auf die Bewaffnung keinesfalls verzichten. Die Waffenanlage mit zwei MG 17 im Rumpf und zwei MG 151 in der Flächenwurzel wird komplett von der A-5 übernommen. Zudem ist es jederzeit möglich, das Flugzeug mit einem Zusatzbehälter unter dem Rumpf auszurüsten, was die Reichweite von 910 auf 1530 Kilometer stei-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung D. Hermann
Zum »Späher« umgerüstet: Ab 1942 kam die Idee auf, die vielseitige Fw 190 auch zu einem Aufklärer zu machen. Hier sieht man vier Piloten der 2./NAGr 13 vor ihren »Spähflugzeugen« Fw 190 A-4 im Sommer 1944
DIE FW 190 ALS SCHNELLER AUFKLÄRER
fliegende Auge Wie schon bei den Jagdbomber- und Schlachtflugzeugserien Fw 190 F und Fw 190 G soll es von dem »Würger« auch eine Aufklärervariante geben, die man als eigenständige Baureihe in Großserie fertigen will. Doch gleichzeitig ist der Bedarf an Fw-190-Jägern und -Jabos enorm Von Dietmar Hermann
der Fw 190 realisiert und auch getestet. Fertig ist sie aber erst im Juni 1943, und sie bleibt ein Einzelexemplar.
Der Aufklärer wird geopfert Denn so schnell, wie man sich das dachte, lässt sich die Produktion der Fw 190 nicht steigern. Im November 1942 sieht das RLM noch einen erheblichen Bedarf an Fw-190-Aufklärern, mindestens 60 Maschinen sollen monatlich der Truppe zugehen. Focke-Wulf liefert dann erstmals zwischen November 1942 und Januar 1943 zwölf Fw 190 A-3/U4 als Nahaufklärer aus. Eigentlich soll dann die verbesserte Fw 190 A-4/U4 folgen, doch sie wird schon nicht mehr ausgeliefert. Es fehlt an Kapazitäten. Auch die geplante A-5/U4 geht nicht in Bau. Für die Aufklärerpiloten, die sehnsüchtig auf die schnelle Maschine warten, ist das sicherlich bitter. Jetzt geht es im RLM um die dringende Frage, welche Einsatzrolle für die Fw 190 denn nun wichtiger sei. Gebraucht wird das Flugzeug mittlerweile an allen Fronten, nicht nur in der bisherigen Funktion als Jäger, sondern vor allen Dingen als Jagdbomber und Schlachtflugzeug. In dieser Rolle hat sie klare Vorteile gegenüber der Bf 109. So kommt letztendlich das, was kommen musste: Die geplante eigenständige E-Serie, für die der Werknummernblock 510 vorgesehen ist, verschwindet komplett von der Beschaffungsliste. Keine E-1 hat je die Werkhallen verlassen.
Neue Aufklärerstaffeln
gert. Bei der neuen Fw 190 E-1 ist dann der Anbau von zwei Zusatztanks unter der Tragfläche vorgesehen, wodurch sich die Reichweite noch auf 1830 Kilometer erhöhen lässt.
zählen die RB 20/30, RB 50/30 und RB 75/30. Eine Kurssteuerung ist auch geplant. Um den Kampfwert zu steigern, sollen sie Flügel- und Rumpfbomben bis zur SC 250 tragen.
Das Flugzeug wird mittlerweile an allen Fronten gebraucht. Mit unterschiedlichen Bildgeräten will man das Einsatzspektrum des Aufklärers deutlich ausweiten. Neben den beiden bisherigen Reihenbildnern RB 12,5/7x9 sollen auch größere Kameras einzeln einbaubar sein. Dazu FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Als eigentlicher Versuchsträger für die E-Serie mit den großen Bildgeräten entsteht die Fw 190 A-3/U3 mit der Werknummer 300. Hier wird erstmals der Einbau der Reihenbildgeräte RB 50/30 und RB 75/30 im Rumpf
Trotzdem werden erstmals ab Herbst 1942 neue Aufklärerverbände mit der Fw 190 aufgestellt. Aufklärerstaffeln, die bislang im Osten im Bereich der Luftflotte 1 operierten, sollen nun den Grundstock für entsprechende Verbände im Westen bilden, die dem Bereich der Luftflotte 3 zugehören. So entsteht am 1. Oktober 1942 in St. Brieuc in Westfrankreich der Stab zusammen mit der 1. und 2. Staffel der neuen Nahaufklärungsgruppe (NAGr) 13. Ihr Kommandeur wird Major Hans-Friedrich Schultze-Moderow, zunächst noch stellvertretend, ab dem 27. Februar 1943 dann fest. Die 1./NAGr 13 geht aus der 1.(H)/ Aufkl.Gr. 23 hervor, die zuvor noch an der Ostfront mit Nahaufklärern Fw 189 und Hs 126 im Einsatz war. Ähnlich ist auch das Bild bei der neuen 2./NAGr 13. Ihre Besatzungen kommen direkt von der Ostfront, wo sie im Rahmen der 4.(H)/Aufkl.Gr. 13 eben-
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TECHNIK
Focke-Wulf Fw 190
Die Fw 190 A-3, W/Nr. 301, entspricht der A-3/U4 mit ETC für den 300-Liter-Zusatztank und der eingebauten Robot-Kamera in der linken Flächennase. Auch die zwei RB 12,5/7x9 dürften eingebaut sein
Die Verkleidung für die im Flügel sitzende RobotKamera lässt sich öffnen. Die Kamera selbst kann auf eine Auflageplatte fest verschraubt werden Der Auslöseknopf für die Robot-Kamera sitzt anfangs noch auf der linken Konsolenseite
Am Beispiel der Bf 109 G-4 sieht man sehr gut, wie die Arbeitsweise der beiden verschränkt eingebauten und synchron arbeitenden RB-12,5/7x9-Kameras ist. Durch diese Technik lässt sich aus niedriger Höhe eine große Fläche fotografisch erfassen
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falls Fw 189 und Hs 126 geflogen hatten. Nun müssen sich die Piloten rasch auf die schnelle Fw 190 umstellen. An Flugzeugen scheint es anfangs nicht zu mangeln. So erhält die 1. Staffel der Nahaufklärungsgruppe 13 ihre ersten 16 Fw 190 A-4 im Oktober 1942. Drei Monate später folgen erstmals zwei der neu gebauten Fw 190 A-3/ U4. Bis zum Dezember 1943 bilden diese beiden Varianten den Grundstock der Staffel. Bei der 2. Staffel sieht es nicht viel anders aus, auch hier trudeln die ersten 14 Fw 190 A-4 im Oktober 1942 ein. Für beide Staffeln beginnt damit ein neues Kapitel in ihrer Einsatzgeschichte. Zwar bleibt die eigentliche Aufgabe – den Gegner aufzuklären – bestehen, doch die Piloten stehen ganz neuen Anforderungen gegenüber. Im Osten gab es eine direkte Frontlinie und man flog dort in der Regel über Land. Nun aber geht es bei jedem Einsatz direkt übers Wasser:
Fw 190 A-3/U4 der 2. Staffel/NAGr 13. Bei der 1./NAGr 13 macht sie sich Ende 1943 rar Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Dieser Wart putzt noch einmal sehr gründlich eine der beiden Kameraoptiken von der transportablen RB 12,5/7x9. Der Filmvorrat je Gerät beträgt normalerweise zwölf Meter, was insgesamt 120 Aufnahmen erlaubt
Den Schiffsverkehr im Ärmelkanal überwachen, aber auch die Häfen und Flussmündungen an der Südküste Englands fotografieren, so lauten die neuen Aufgabengebiete.
Kein Nachschub Bei der 1./NAGr 13 stehen über viele Monate hinweg die anfangs zugewiesenen Aufklärer vom Typ Fw 190 im Dienst. Die werden zwar gut gewartet, aber dennoch nimmt die Zahl der einsetzbaren Maschinen stetig ab. Im Dezember 1943 sinkt der Klarstand auf nur noch fünf A-4 und zwei A-3/U4 ab, Ersatz ist nicht in Sicht. Verwunderlich bleibt, dass man auch keine normalen Fw 190 in Frontwerften entsprechend umrüstet. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, die fehlenden Aufklärer Zug um Zug wieder durch Bf 109 G-6 und G-8 zu ersetzen. Bei der 2./NAGr 13 verläuft die Entwicklung ähnlich, wenn auch die letzten drei Fw 190 hier erst im FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Die zwei Reihenbildkameras werden verschränkt mit einem Winkel von 12 Grad zwischen den beiden Geräten eingebaut
Normalerweise ist die Bodenklappe während des Fluges verschlossen. Der Pilot öffnet sie erst kurz, bevor Fotos geschossen werden sollen
Über die Schaltsteuerung am rechten Gerätebrett lässt sich die Kamera bedienen
Die Ju 88 in ihrem Element Als Langstreckenaufklärer setzt die Luftwaffe vor allem die Junkers Ju 88 ein. In Form der Version Ju 88 D fliegt sie ohne Sturzflugbremsen und mit entsprechend eingebauter Kameraausrüstung Einsätze bis zu 5000 Kilometer Reichweite. Sie
wird in verschiedenen Versionen unter anderem auch mit Tropenausrüstung gebaut. Allein von der Ju 88 D-1tp laufen bis Mitte des Jahres 1945 757 Exemplare vom Band. Die Ju 88 D bleibt bis zum Kriegsenn de als Aufklärer im Einsatz.
Abgeleitet vom erfolgreichen Ju-88-A-Kampfflugzeug: Die Aufklärervariante ist schnell – vor allem hat sie eine ausgezeichnete Reichweite!
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TECHNIK
Focke-Wulf Fw 190
Kameratechnik unter der Tragfläche Inwieweit dieser Kamerasatz tatsächlich für Einsätze verwendet wurde, ist nicht bekannt. Er besteht nur aus wenigen Teilen und lässt sich schnell montieren. Interessant ist aber der Anbau dieser speziellen Filmkamera-Ausrüstung mit einer Halterungsplatte unter der linken Tragfläche. Um Verwechslungen zu vermeiden, trägt das Gehäuse extra die Aufschrift »keine Bombe«. Der Anbausatz für die Filmkamera unter dem Flügel besteht aus insgesamt fünf Einzelteilen
September 1944 ausgemustert werden. Eines ist aber sicher: So lange standen sicherlich bei keinem Jagdverband Flugzeuge der Baureihen Fw 190 A-3 und A-4 im Fronteinsatz. Als deren Zeit endgültig abgelaufen ist, muss man auch hier umrüsten und fliegt anschließend die Bf 109 G als Aufklärer weiter. Während dieser gesamten Zeit kann die Fw 190 auch noch bei zwei Fernaufklärerstaffeln in ihre neue Rolle schlüpfen. Zum einen bei der 5.(F)/Aufklärungsgruppe 123 im französischen St. Pol, wo man ab November 1942 eine entsprechende Staffel aufstellt und bis zum nächsten Januar mit 10 Fw 190 A-3 ausrüstet. Ab Februar kommen drei Bf 109 G-4/ R3 hinzu – der Auftakt zu einer Kehrtwende: Denn in den Folgemonaten werden auch hier die Fw 190 mehr und mehr durch Bf 109 verdrängt. Trotzdem mag man nicht ganz auf die Fw 190 verzichten. Neben der 5. Staffel erhält auch die ebenfalls im November neu aufgestellte 4./123 Maschinen vom Typ Fw 190, die in Théville zum Aufklärer umgerüstet worden sind. Es handelt sich hier aber nur um wenige Exemplare; primär fliegt man anfangs mit der Bf 109 F und später nachschubmäßig mit der G-Version. Neben acht »Messerschmitts« verfügt die Staffel seit Januar 1943 über zwei Fw 190 A-3 und eine Fw 190 A-2. Obwohl wenig später genügend Bf 109 vorhanden sind, bleiben sie zunächst in der Staffel, werden im April 1943 aber durch drei Fw 190 A-5 ersetzt. Erst ein Jahr später gibt man die zwei verbliebenen Fw 190 dann endgültig ab.
Luftkämpfe als Ausnahme Die Kamera an der Tragfläche wird durch zwei Mann befestigt und die Optik ausgerichtet Bereit zum Einsatz: die Bildkamera in ihrem Schutzgehäuse
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Gegen Luftverwirbelungen: aerodynamisch günstige Verkleidung
Ein Aufklärerpilot muss zwar nicht bei jedem Flug um sein Leben fürchten, doch ungefährlich sind diese Missionen keineswegs. In der Regel fliegt man in der Rotte. So auch Leutnant Günter Adam und Hauptmann Gerhard Sembritzki von der 2./NAGr 13. Am 23. März 1943 sind sie Richtung England unterwegs, als ihre Fw 190 A-4 über dem Kanal zusammenstoßen. Beide Flugzeugführer finden dabei den Tod. Generell scheuen die Piloten nicht davor zurück, auch die Stärken der Fw 190 auszunutzen. Bei den Einsätzen über See werden hin und wieder gezielt Boote mit Bordwaffen unter Beschuss genommen. Aber es ist nicht ihre ureigenste Aufgabe und es droht jedes Mal die Gefahr, von gegnerischen Jägern überrascht zu werden, und sei es nur per Zufall. Auch auf Luftkämpfe lässt man sich sporadisch ein. So treffen Feldwebel Schröder und Leutnant Ludwig Klink von der 2./NAGr 13 am 16. Februar 1943 auf einen B-17-Kampfverband und holen zwei Bomber vom Himmel. Hin und wieder kommt es sogar zu Scharmützeln mit feindlichen Jägern. Etwa am 15. April 1943, als Hauptmann Karl Schumacher von der 2. Staffel in niedriger Höhe einer Hawker
Fw 190 A-4/U4 der 2./Nahaufklärungsgruppe 13 mit verändertem Sichtschutzanstrich Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Wie riesig die deutschen Kameras sind, sieht man hier bei der RB 50/30: Zwei Männer müssen sie zu einem Bf-110-Aufklärer in der Wüste tragen
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Spezielle Kameratechnik für den Einsatz Um Aufnahmen aus großen Höhen machen zu können, braucht man Kameras mit großer Brennweite. Bei der Fw 190 A-3 mit der Werknummer 300 hat man testweise verschiedenste Bildgeräte eingebaut. Gerade
die großen Apparatschaften wie das RB 20/30, RB 50/30 und RB 75/30 nehmen dabei bei Weitem zu viel Platz ein. Als Fw 190 A-3/U3 bleibt diese Version ein n Unikat.
Die Bildgeräte RB 50/30 beziehungsweise RB 75/30 brauchen viel Platz. Hier stößt man selbst bei der Fw 190 an die Grenzen
Damit die großen Bildgeräte eingebaut werden können, ist unter dem Rumpf eine zusätzliche Verkleidung anzubringen
Als Gewaltaufklärer ist die Bf 109 G-4/R3 mit einer RB 50/30 versehen. Diese besteht (von unten nach oben) aus der Kammer, den Oberrahmen und der Bildkassette. Die Zeichnung zeigt den enormen Platzbedarf, der dafür notwendig ist
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TECHNIK
Focke-Wulf Fw 190 Durch das leichte Gefälle rollt die »Rote 6« eigenständig den Abhang hinunter. Gesteuert wird dabei mit der Spurstange am Heckrad (s. Zeichnung unten)
Typhoon begegnet und den Luftkampf für sich entscheiden kann. Es ist der dritte anerkannte Abschuss der Staffel. Als letztes Beispiel mag ein Gefecht dienen, das sich am 7. Januar 1944 in niedriger Höhe über der Insel Guernsey entwickelt. Hier treten Fw-190-Aufklärer gegen Typhoon der RAF an; auch dieser Kampf endet zu Gunsten der Deutschen.
Die Fw-190-Nahaufklärer der NAGr 13 tragen dieses auffällige Staffelwappen
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Aber die Fw 190 ist nicht unverwundbar. Gleich doppelt trifft es die Fw 190 der 2./ NAGr 13 am 15. Oktober 1943. Oberleutnant Herbert Sells A-3, »Schwarze 9«, und Oberleutnant Vollmar Kleins A-4, »Schwarze 11«, werden beide von Typhoon des 266. Squadron direkt vor der englischen Küste bei Start Point abgefangen. Auch Oberleutnant Gottfried Bit-
Fw 190 A-4/U4 der 2./NAGr 13 »Rote 6« (siehe Foto oben) Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
terlich vom Stab/NAGr 13 hat am 7. März 1944 wenig Glück, als Spitfire des 610. Squadron seine Fw 190 bei einem Aufklärungsflug über Guernsey aufs Korn nehmen und abschießen. Doch solche Begegnungen mit dem Feind bleiben insgesamt die Ausnahme. Brisant wird die Situation für die Aufklärer mit Beginn der alliierten Landung im Juni 1944 in
Die geöffnete Bodenklappe an der Rumpfunterseite. An dieser Stelle brachte man die Reihenbildgeräte an, um Luftaufnahmen zu schießen
Mit zu der Kameraausrüstung gehört der einstellbare Überdeckungs- und Abtriftregler mittig direkt vor dem Piloten
der Normandie. Jetzt fliegt man Einsätze direkt über der Invasionsfront. Der schnelle Erfolg der vorrückenden alliierten Bodentruppen macht auch die alten Liegeplätze bei der NAGr 13 unsicher. Wie ihre Kameraden von den Jagdverbänden sind nun auch die Späher gezwungen, in Richtung Deutschland zurückzuweichen.
Schon einen Tag nach der Invasion muss die 1. Staffel ihren Platz bei Dinard aufgeben. Im gleichen Monat wird hier die Umrüstung auf die Bf 109 G abgeschlossen, die beiden letzten Aufklärer vom Typ Fw 190 werden abgegeben. Über mehrere Stationen findet man sich Anfang September 1944 in Köln-Wahn wieder. Ähnlich ergeht es auch der 2. Staffel, die von
Technische Daten – Fw 190 A-3 BMW 801 D-2 1760 PS bei n = 2700 U/min D = 3,30 m, dreiflügelig VDM 10,50 m 18,30 m² 2 x MG 17 im Rumpf (je 500 Schuss), 2 x MG 151/20 Tragfläche innen (je 200 Schuss) Bildgeräte zwei RB 12,5/7x9 im Rumpf, 1 Robot oder EK 16 im Flügel Max. Fluggewicht 3900 kg Steigrate am Boden 16 m/s Höchstgeschwindigkeit 540 km/h in Bodennähe, mit Startleistung 662 km/h in 6400 m Höhe Reichweite 910 km, 1530 km mit 300-l-Zusatztank Dienstgipfelhöhe 11 200 m Motor Startleistung Luftschraube Spannweite Tragflügelfläche Bewaffnung
Cuers noch im August nach Landsberg verlegen muss. Es ist kaum zu glauben, aber erst im September, als man sich auf die neue Bf 109 G-8 eingeflogen hat, trennt sich die Staffel von ihren drei letzten einsatzfähigen Fw-190-Aufklärern und reicht sie an andere Verbände weiter. Auch die 5.(F)/123 hat über Dijon nach Hagenau zurückverlegt. Etwas früher im August werden hier die letzten sechs Fw 190 abgegeben. Damit ist das Kapitel der schnellen Fw190-Jagdaufklärer abgeschlossen, nicht aber das der Einsätze dieser speziellen Verbände.
Jäger-Notprogramm Insgesamt leisten die wenigen Fw 190, denen man die Rolle eines Spähers zugedacht hatte, gute Arbeit – im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Ihr Einsatzraum bleibt aber auf den Westen im Bereich der Luftflotte 3 beschränkt. Obwohl sich der Ausstoß an Fw 190 spätestens durch das Jäger-Notprogramm 1944 erheblich steigern lässt, wird die Aufklärerproduktion nicht wieder aufgenommen. Erst in Form der neuen Ta 152 mit Reihenmotoren soll es dann wieder eine eigenständige Aufklärerserie geben. Bis dahin fliegt die Luftwaffe ausschließlich die Bf 109 als schnellen Nahaufklärer. n Bisher in dieser Serie erschienen: FC 11/2012 Vom Küken zum Würger FC 07/2013 Der Albtraum der Alliierten FC 12/2013 Gefürchtet und respektiert FC 05/2014 Gefürchteter Gegner an allen Fronten FC 08/2014 Der Panzervogel der Luftwaffe FC 02/2015 Blitzangriffe gegen England FC 07/2015 Auserkoren zum Stuka-Nachfolger FC 11/2015 Geballte Feuerkraft FC 03/2016 Deutschlands letzter Luftknüppel FC 09/2016 Mehr Feuerkraft gegen neue Gegner
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TECHNIK
Typengeschichte
Die He 60 galt als solides und zuverlässiges Einsatzflugzeug. Im Bild eine He 60 mit im Laufe des Krieges eingeführtem Tarnanstrich
HEINKEL HE 60
Seeaufklärer der ersten Stunde D
as Berliner Reichsverkehrsministerium beauftragte im Jahr 1929 die Ernst Heinkel Flugzeugwerke in Warnemünde damit, ein Seeaufklärungsflugzeug für die Reichsmarine zu entwickeln. Im Hinblick auf die Auflagen des Versailler Vertrages musste dies allerdings im Verborgenen geschehen, da Deutschland der Bau von Kriegsflugzeugen nach wie vor untersagt war. Das für den Einsatz auf hoher See geplante Flugzeug sollte für den Katapultstart von Schiffen aus entsprechend stabil ausgelegt sein. Die Messlatte in Sachen Seetüchtigkeit legte man auf Seegang 4 bis 5. Das Ministerium verlangte von dem neuen Muster des Weiteren eine Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h, eine Reichweite von 1100 Kilometern sowie das Erklimmen von 3000 Meter Höhe in zehn Minuten. Basierend auf den Erfahrungen mit den Schwimmerflugzeugen HD 12 und HD 30 entstand bei Heinkel in Warnemünde die speziell auf die Belange der Reichsmarine zugeschnittene HD 60.
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Im August 1931 stand das erste Versuchsflugzeug, die HD 60 (V1) mit der Werknummer 380 und der Kennung D-2157, zu seinem ersten Flug bereit. Die DoppeldeckerKonstruktion zeigte ein ansprechendes Flugverhalten, obwohl die Leistungen selbst nur befriedigend ausfielen. Für den Katapultstart war das Flugzeug jedoch noch nicht gerüstet. Im November 1931 präsentierte sich auch die HD 60a (Werknummer 381, D-2176) flugklar
He-60-Verbände 1./Seeaufklärungsgruppe 125 1./Seeaufklärungsgruppe 126 3./Seeaufklärungsgruppe 127 1./Küstenaufklärungsgruppe 106 2./Küstenaufklärungsgruppe 206 1./Küstenaufklärungsgruppe 306 1./Küstenaufklärungsgruppe 406 1./Küstenaufklärungsgruppe 506 1./Küstenaufklärungsgruppe 706 1./Bordfliegerstaffel 196 5./Bordfliegerstaffel 196
und zur Erprobung bereit, wobei die Seetüchtigkeit des Musters auf dem Programm stand. Start und Landung gestalteten sich relativ einfach und warfen keinerlei Probleme auf. Auch bei hohem Seegang leistete sich die Schwimmermaschine diesbezüglich keine Schwächen. Im Unterschied zur Werknummer 380 hatte das Flugzeug unter anderem ein vergrößertes Seitenruder und eine Stangenverbindung zwischen den Querrudern.
Fatale Abstürze Am 16. Dezember 1931 stürzte die He 60a während eines Bahnneigungsfluges bei der Erprobungsstelle See in Warnemünde ab, wobei Testpilot Karl Wiborg die Maschine wohl zu sehr beanspruchte und ums Leben kam. Bald darauf erwischte es auch die inzwischen modifizierte erste HD 60, D-2157, nachdem das Getriebegehäuse des BMWMotors brach und herausgerissen wurde. Das zweite Unglück mit der HD 60 führte schließlich dazu, dass man das Muster für zwei Monate sperrte.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Herbert Ringlstetter
Die He 60 kam während des Zweiten Weltkriegs kaum mehr zum Einsatz, spielte aber beim Aufbau der Seefliegerverbände eine wichtige Rolle. Der Doppeldecker glänzte mit guten Flugeigenschaften und hoher Seetüchtigkeit Von Herbert Ringlstetter
Die erste HD 60 flog noch mit Vierblatt-Luftschraube am BMW VI 6,0. Auch ist die Höhenflosse nur über eine einfache Strebe abgestützt
Nachdem man die Ursachen des Unfalls aufgeklärt hatte, ging die Erprobung des Schwimmerflugzeuges mit der He 60b, Werknummer 418, D-2325 (später D-IKAV) weiter, die direkt zu der ersten Serienausführung He 60 C führte. Bis zur Freigabe für die Reihenfertigung musste die He 60 auch ihre Katapultstartfähigkeit unter Beweis stellen, was hohe Anforderungen an die Festigkeit der Konstruktion stellte. Heinkels mit früheren Mustern gewonnene Erfahrungen kamen diesbezüglich auch der He 60 zugute. Anstatt des Kürzels HD, das für Heinkel Doppeldecker stand, verwendete man inzwischen das Kürzel He für Heinkel. Der ersten Bestellung über zehn Serienflugzeuge He 60 C (Werknummer 431 bis 440) folgten 17 im Detail verbesserte Maschinen der Ausführung He 60 D mit den Werknummern 485 bis 501. Aufgrund von steigenden Fertigungsaufträgen durch das Reichsluftfahrtministerium (RLM) musste man 1935 auch die Firma Arado (238 He 60 D und E) und im Frühjahr 1936 die Weser Flugzeugbau GmbH in Einswarden (76 Flugzeuge) in die Produktion einbinden. Mit den bei den Ernst Heinkel Flugzeugwerken gebauten 47 He-60-Serienmaschinen verließen bis März 1938 insgesamt 361 Heinkel He 60 der Ausführungen C, D und E die Werkhallen der Hersteller.
Klassisch konstruiert Hinsichtlich der Konstruktion verließ sich die Heinkel-Mannschaft auf eine bewährte einstielige Doppeldecker-Auslegung in Gemischtbauweise. Bei Heinkel konnte man inzwischen auf weitreichende Erfahrungen im Flugzeugbau zurückgreifen. Der 11,50 Meter lange Rumpf der He 60 bestand im Kern aus einem geschweißten Stahlrohrgerüst (ab He 60 E aus seewasserbeständigem Hydronalium). Die darüber montierten Holzleisten samt Sperrholz formten den ovalen Querschnitt des Rumpfes, der FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Mit der He 60 D, Werknummer 606, soll eine Zelle in Holzbauweise erprobt worden sein
Die Katapultstartfähigkeit der HD/He 60 gehörte zu den Forderungen der Ausschreibung für den Seeaufklärer
großteils einen Stoffüberzug als Außenhaut erhielt. Den oberen Bereich der Kabine sowie die Motorsektion verkleidete der Hersteller dagegen in typischer Weise mit strapazierfähigem Leichtmetallblech. Die Heinkel He 60 D, D-IHOH, wurde versuchsweise in Holzbauweise gefertigt, diese Variante fand jedoch keinen Einzug in die Serie.
Gut ausgestattet Die zweiköpfige Besatzung des Doppeldeckers saß offen in getrennten Kanzeln. Der Beobachter und Bordschütze bediente das auf einem Drehkranz D 30 lafettierte Maschi-
Motors installiertes 7,92-Millimeter-MG-17 zur Verfügung, das gesteuert durch den Propellerkreis feuerte. Um Sichtungen funktechnisch zuverlässig melden zu können, kam eine spezielle NAS1-Anlage von Telefunken zum Einbau. Die beiden gestaffelt angeordneten Tragflächen mit unterschiedlicher Spannweite setzten sich jeweils aus einer zweiholmigen Holzkonstruktion zusammen, die im Flügelnasenbereich mit Sperrholz umhüllt und vollständig mit Stoff verkleidet war. Die gelenkig direkt am Rumpf sowie über Streben angeschlossenen Flächen waren über N-Stre-
Bei Heinkel konnte man auf weitreichende Erfahrungen im Flugzeugbau zurückgreifen. nengewehr MG 15, Kaliber 7,92 Millimeter. An Munition führte er elf Trommeln zu je 75 Schuss mit. Des Weiteren stand dem Flugzeugführer ab der He 60 E ein (später teilweise auch zwei) fest im Rumpf oberhalb des
ben im äußeren Bereich gegeneinander abgestrebt. Beide Flügel verfügten außerdem über Querruder, die im Kern aus Hydronalium gefertigt und über die ganze Fläche mit Stoff überzogen waren.
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TECHNIK
Typengeschichte
Formationsflug für die Kamera – vermutlich 1935 über der Ostsee entstanden
Ein Mechaniker beim Drehen der festen Holzluftschraube einer He 60. Der BMW VI 6,0 ZU hatte einen Hubraum von gigantischen 47 Litern
Das Höhen- und Seitenleitwerk bestand ebenfalls aus einem Gerüst aus Hydronalium mit einem Stoffbezug als Außenhaut. Während die Seitenflosse lediglich über Drähte mit der Höhenflosse verspannt war, stattete man diese zum Rumpf hin mit je zwei N-Streben aus. Zur Feinabstimmung verfügte das Höhenruder über eine Trimmklappe, das Seitenruder dagegen kam mit einer Bügelkante aus. Alle Ruder verfügten zudem über einen aerodynamischen wie auch gewichtlichen Ausgleich. Die beiden aus Hydronalium gefertigten Schwimmer waren über zum Teil verkleidete Streben mit dem Rumpf, den Flächen sowie miteinander verbunden. Für zusätzliche Stabilität sorgten Spanndrähte. Jeder der einstufigen, gekielten Schwimmkörper wies ein Volumen von 3385 Litern auf. Ruder am Ende der Schwimmer erleichterten das Manövrieren auf dem Wasser. Wurden sie nicht benötigt, zog sie der Pilot per Seilzug nach oben. Für den Winterbetrieb konnte man zudem Kufen montieren.
Zu schwach motorisiert Heinkel setzte auf einen ebenso gediegenen wie bewährt zuverlässigen BMW VI 6,0 ZU mit einer Startleistung von 660 PS. Tatsächlich leistete der V-12-Motor bis zu 690 PS, doch schöpften die Piloten diese zugunsten der Zuverlässigkeit und Lebensdauer nicht aus. Der Treibstoff für den voluminösen 47-Liter-V-12-Zylindermotor kam in einem 680 Liter fassenden Behälter im Rumpf unter, genauso wie der Schmierstofftank, welcher 45 Liter aufnahm.
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Heinkel He 60
Heinkel He 60 C an Bord des Panzerschiffs (später Schwerer Kreuzer) Admiral Scheer
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
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TECHNIK
Typengeschichte
Start einer He 60 von der Admiral Scheer
für die He 60, der um einiges leistungsstärkeren He 114, welche im September 1936 zum ersten Mal abhob.
Unauffälliger Einsatz
Die Reste einer ausgebrannten He 60 geben einen guten Einblick in die Rumpfkonstruktion des Doppeldeckers. Mittig ist der unter dem Pilotensitz verbaute Kraftstoffbehälter zu erkennen
Um die mageren Flugleistungen zu steigern, baute man in die He 60b einen 750 PS starken, höher verdichteten BMW VI 7,0 Z ein, was jedoch im Normalbetrieb zu keiner nennenswerten Leistungssteigerung führte, da der Motor kaum mehr Dauerleistung erbrachte als der BMW VI 6,0.
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Der Einbau eines 900 PS leistenden Daimler-Benz DB 600 in der He 60 E (V8), Werknummer 1573, D-IPZI, kam im Jahr 1936 zwar noch zustande, wurde allerdings nicht mehr in die Serie umgesetzt. Denn bei den Heinkel Flugzeugwerken arbeitete man schon seit geraumer Zeit am Ablösemuster
Die He 60 flog von 1933 an als Seeaufklärer oder diente zur Küstenüberwachung von Land aus. Sie kam auch auf schweren Kriegsschiffen als sogenannter Borderkunder mittels Katapult zum Einsatz. Nach der Landung neben dem Mutterschiff hievten die Matrosen das Schwimmerflugzeug mit dem Kran wieder an Bord. Auch erhielten von Beginn an Seefliegerschulen He 60 zu Ausbildungszwecken für Piloten, Funker und Bordschützen. Acht He 60 dienten bei der deutschen Eingreiftruppe »Legion Condor« im Rahmen des Spanischen Bürgerkriegs in der Seefliegerstaffel AS/88. Sieben der Wasserflugzeuge verblieben in Spanien, das letzte von ihnen flog bis 1948. Bei Kriegsbeginn 1939 war die He 60 technisch völlig veraltet und den gestellten Anforderungen kaum mehr gewachsen. Die See-Aufklärer-Gruppen waren daher bereits überwiegend mit leistungsstärkeren Typen ausgestattet. Partiell wurde die He 60 durch den Anderthalbdecker He 114 ersetzt, in der Mehrzahl aber von der modernen Arado Ar 196, einem geschlossenen zweisitzigen Eindecker. Die He 60 flogen fortan meist in Schuleinheiten, wo sie ausgezeichnete Dienste leisteten und in geringer Zahl bis 1944 zu fin-
Technische Daten – Heinkel He 60 Heinkel Einsatzzweck Besatzung Antrieb
He 60 C See-Aufklärer 2 Mann BMW VI 6,0 ZU, stehender, flüssigkeitsgekühlter V-12-Zylinder-Motor Getriebe 1,61:1 Startleistung 660 PS bei 1650 U/min erhöhte Dauerleistung 615 PS Kraftstoffverbrauch 115 l/h bei Sparleistung 165 l/h bei Marschleistung Luftschraube 2-Blattschraube aus Holz, fest, rechtsdrehend Durchmesser 3,10 m Spannweite oben 13,50 m Spannweite unten 12,40 m Länge 11,50 m Höhe 5,30 m Flügelfläche 56,20 m² Flächenbelastung 60,50 kg/m² Schwimmerabstand 3,45 m Leergewicht 2410 kg Rüstgewicht 2730 kg Zuladung 670 kg Startgewicht 3400 kg Kraftstoffvorrat 680 l Höchstgeschwindigkeit 240 km/h in 0 m 235 km/h in 1000 m 220 km/h in 2000 m Marschgeschwindigkeit 215 km/h in 0 m 210 km/h in 1000 m 195 km/h in 2000 m Flugdauer max. 6,2 h in 2000 m Landegeschwindigkeit 90 km/h Startzeit 12 s Steigleistung 1000 m in ca. 3,2 min 2000 m in ca. 7,5 min 4000 m in ca. 20 min Anfangssteigleistung 5,45 m/s Reichweite 720–825 km Reichweite max. 945 km Dienstgipfelhöhe 5000 m Starrbewaffnung 1–2 x MG 17, 7,92 mm, in Version E Abwehrbewaffnung 1 x MG 15, 7,92 mm, auf Drehkranz mit 825 Schuss
Eine He 60 wird an Bord gehievt. Der Typ wurde zum Standardflugzeug der Bordfliegerstaffeln auf den schweren Kriegsschiffen der Reichs- und Kriegsmarine der Vorkriegszeit
Die He 60 hat sich von der Schleuderanlage gelöst. Für die Besatzungen der Flugzeuge war der Start sicher eine spannende Sache
den waren. Wenige He 60 blieben jedoch auch nach Kriegsbeginn im Einsatz in Aufklärungseinheiten oder dienten zu Sonderaufgaben wie dem Absetzen von Agenten. Ein paar MaschiFLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Eine der beiden He 60 an Bord des Panzerschiffs (später Schwerer Kreuzer) Admiral Scheer
Die He 60 V8 (E ), Werknummer 1573, diente dazu, den DB-600-Motor zu testen, ein im Vergleich zum BMW VI hängend eingebautes V-12-Zylinderaggregat
nen zog man auch für See- und Sumpfnotdienste heran, so etwa während der »Luftschlacht um England« 1940 oder auch 1941/42 bei der SAGr 125 in den abgelegenen Gefilden
Lapplands und Norwegens. Im Baltikum blieben He 60 der SAGr 127 sogar bis 1943 im Fronteinsatz. Zwei He 60 flogen bei den bulgarischen Seefliegern im Schuldienst. ■
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TECHNIK
Cockpit
ALBATROS L 75 »ASS«
Geheimer Trumpf Nach dem Ersten Weltkrieg baute auch das Albatros-Flugzeugwerk Maschinen, die trotz der alliierten Verbote heimlich für militärische Zwecke genutzt werden konnten: Eine davon war die stilvolle und kunstflugtaugliche L 75 Von Peter W. Cohausz
A
ufgrund der Beschlüsse im Versailler Vertrag durfte Deutschland in den 1920er-Jahren eigentlich nur Schulund Verkehrsflugzeuge bauen, aber so mancher Typ war aufgrund der Auslegung und des eingebauten Motors insgeheim doch eher eine verdeckte Militärmaschine. Auch bei einer ganzen Reihe der Albatros-Typen handelte es sich nur offiziell um Versuchs-, Sportoder Transportflugzeuge. 1928 stellte Albatros die kunstflugtaugliche Albatros L 75 »Ass« erstmals der Öffentlichkeit vor. Man verwendete sie als Schulflugzeug für fortgeschrittene Piloten, um Navigatoren und Funker auszubilden und auch um Luftbilder aufzunehmen. Die Albatros L 75 war ein klassischer zweisitziger Schuldoppeldecker in Gemischtbauweise. Der Rumpf bestand aus einem stoffbespannten Stahlrohrgerüst und die mit
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je einem N-Stiel verstrebten und verspannten Tragflächen waren mit Stoff bespannte Holzkonstruktionen. Je nach Version verfügte die L 75 über einen 320-PS-BMW-IVa, einen 360-PS-BMW-Va, einen 310-PS-Junkers-L-5 oder einen 425-PSJunkers-L5G. Die letzten Muster stammen vom Focke-Wulf-Flugzeugbau, welcher Albatros 1932 übernommen hatte. Die L 75 gingen überwiegend an die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS). Einzelne Maschinen nutzte die DVS als Versuchsobjekt. Damit testete man einen selbsttätigen Handley-Page-Vorflügel an der oberen Tragfläche. Die Ergebnisse befriedigten nicht.
Modern und übersichtlich Die zwei offenen Sitze des Schuldoppeldeckers befanden sich hinter den Tragflächen. Dadurch hatte zumindest der hinten sitzende
Fluglehrer oder Beobachter eine vergleichsweise gute Sicht auf die Umgebung. Schulversionen verfügten üblicherweise über eine Doppelsteuerung. Bei der Luftbildversion war die Kamera unter dem hinteren Sitz eingebaut, den man hochklappen konnte, wenn man das Bildgerät bedienen wollte. Für die damalige Zeit waren die Instrumente überaus modern und zudem auf dem Gerätebrett übersichtlich angeordnet. Bei den Anzeigeapparaten handelte es sich um die üblichen nicht genormten Typen aus den 1920er-Jahren. Alle Überwachungsgeräte und Bedienelemente, die für den Flug wichtig waren, befanden sich in direkter Blick- und Griffweite auf einer großen Instrumententafel. Die sekundären Geräte zum Anlassen des Motors saßen darunter. Auch sie ließen sich noch recht gut erreichen.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter W. Cohausz
Albatros L 75a, D-1495. Trotz Verbots wurde dieser Flugzeugtyp nicht nur zivil genutzt
Instrumentierung der Albatros L 75a im vorderen Sitz Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Gerät Anzeigebereich Hersteller Führerkompass »Emil« Askania Fahrtmesser 60–400 km/h Bruhn Höhenmesser 0–8000 m Lufft Drehzahlmesser 200–2200 U/min Benzindruckmesser 0–0,5 kg/cm² Maximall Benzinuhr 0–480 Liter Maximall (?) Wendezeiger (pneumatisch)* Autoflug (Pioneer) Öldruckmesser 0–5 kg/cm Maximall Borduhr Junghans (?) Kühlstoffthermometer 25–115° C Baecker Bedienhebel links für das Triebwerk (Gemisch, Kühler, Zündverstellung) 12 Bedienhebel rechts für das Triebwerk (Behälterschaltung, Brandhahn) 13 Fettpresse für die Wasserpumpe 14 Anlassmagnet Bosch 15 Zündschalter Bosch 16 Polsterung 17 Kartenroller 18 Verdunkler für die Beleuchtung * nicht in allen Maschinen
Vorderes Cockpit einer L 75a. Oben an der Strebe sitzt die Düse für den Wendezeiger
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TECHNIK
Cockpit
Albatros L 75, D-2342 der DVS Cottbus, 1934. Man nutzte die DVS auch, um Tests an den Maschinen durchzuführen
Variante des Cockpits ohne Wendezeiger
Eine Besonderheit: Den mittleren Teil der Instrumententafel hatte man mit dickem Moosgummi gepolstert. Kleinere Unfälle kamen im Schulbetrieb nämlich öfters vor und konnten schnell zu erheblichen Kopfverletzungen führen. Hinter dem Polster saßen zwei Lampen für die Instrumentenbeleuchtung. Die Sitze ließen sich verstellen und waren für Sitzfallschirme ausgelegt. Unter den Sitzen steckten verschließbare Gepäckfächer. Die aufgelisteten Instrumente für den vorderen Pilotensitz wurden nach einer historischen Werkfotografie zusammengestellt. Von der Instrumententafel des hinteren Sitzes liegen bisher noch keine Bilder oder Zeichnungen vor. Es ist davon auszugehen, dass die Schulversionen ähnlich ausgestattet und angeordnet waren. ■
Quellen: Lange, Bruno: Das Buch der deutschen Luftfahrttechnik. Mainz 1970 Langsdorff, Werner von: Fortschritte der Luftfahrt, Jahrbuch 1929/30. Frankfurt Stützer, Helmut: Die deutschen Militär-flugzeuge 1919– 1934. Herford 1984 Askania Führerkompass »Emil« Foto Jordan Höhenmesser von Lufft bis 8000 Meter
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Mit seiner Albatros erzielte Julius Buckler viele Luftsiege, nach Feiern war ihm dabei nicht zumute …
Aufsteiger: Nur fünf Angehörige der kaiserlichen Fliegertruppe wurden vom Mannschaftsdienstgrad zum Offizier befördert. Einer davon war Julius Buckler
JAGDFLIEGER JULIUS BUCKLER
»Wir waren ja keine Maschinen …« Während des Ersten Weltkriegs verlieh man 55 deutschen Jagdfliegern den Pour-le-Mérite. Einer der Träger jenes höchsten Militärordens des Kaiserreichs hieß Julius Buckler: Er war alles andere als ein »Killer« Von Peter Cronauer
28. Juni 1914 Attentat von Sarajewo
1. August 1914 Deutschland erklärt Russland den Krieg
1914 48
Mai 1915 Erster Bombenangriff auf London durch Luftschiff
1915
August 1915 Beginn der »Fokker-Plage«
21. Februar 1916 Erster Abschuss eines Luftschiffes mit Brandmunition
1916
J
ulius Buckler, der bei Kriegsende Staffelführer der Jasta 17 war, verstarb 1960 im Alter von 66 Jahren. Bereits 1939 veröffentlichte er seine Erinnerungen unter dem Titel Malaula! Der Kampfruf meiner Staffel. »Malaula« hieß so viel wie »Ran!«. Wie dieses Kunstwort entstand, wusste Buckler später nicht mehr genau. Es entstand irgendwie während der Siegesfeier zu Bucklers drittem Abschuss, der eigentlich kein richtiger Abschuss war, da die Waffen des Deutschen Ladehemmung hatten, so wie die seines französischen Kontrahenten auch. Buckler zwang dessen Nieuport schließlich zur Notlandung und diese endete mit einem Überschlag. Abgesehen von einem leichten Streifschuss an der Wange, überstand der Pilot den Bruch unverletzt. Der Gefangene, ein Sergeant namens Papaine, nahm an der euphorischen Siegesfeier teil, schwärmte unter anderem von seiner Maschine, die er Ma Lola nannte. Womöglich wurde daraus dann »Malaula«. Der 1893 in Mainz geborene Julius Buckler stammte aus einfachen Verhältnissen. Als kleines Kind lernte er Not und Hunger kennen, insbesondere im Winter, wenn sein Vater als Dachdeckermeister kaum Arbeit fand und seine Familie nur schwer über die Runden brachte. Dass eine kleine Schwester nur wenige Monate nach der Geburt verstarb, führte Buckler später auf Mangelernährung und die ständigen Sorgen der Mutter zurück. Früh lernte er,
Vor seiner Jagdfliegerkarriere flog Buckler Einsätze als Aufklärer und Artillerieeinweiser
Als Pilot an der Front schoss er später mehrere Beobachterballone ab
den Gegner in die Flucht zu schlagen. Hielt er stand, drangen wir mit den Fäusten und selbst gefertigten Holzwaffen, Schwertern und Spießen auf ihn ein. Dann kam es zu einer regelrechten Schlacht, die zuletzt in wilden Ring- und Boxkämpfen endete.« Es gab jedoch Grenzen: »Nie arteten unsere Kämpfe aus, so wild und wüst sie sich für den Unbeteiligten ansehen mochten. Es gab ungeschriebene Gesetze, die wir streng befolgten.«
schlächtiger Haudrauf, wie man angesichts dieser Episoden meinen könnte. Als Jagdflieger schoss Julius Buckler nach eigenen Angaben 43 Gegner ab, 35 davon bestätigte Flugzeuge und Beobachterballone, acht weitere Abschüsse blieben unbestätigt. Dabei war er keineswegs ein »Killer«, wie schon die Schilderung seiner Gedankengänge nach seinem ersten Abschuss zeigt: »Mein erster Luftsieg! Und doch konnte ich nicht froh darüber sein. Jetzt, nachdem alles vorüber war, dachte ich nur noch an die beiden tapferen Kerle, die nun auf dem Hügel lagen, tot oder mit gebrochenen, verstümmelten Gliedern. Ich dachte an ihre Eltern, Geschwister, vielleicht waren sie verheiratet, hatten Kinder oder eine Braut.« Für Buckler war dies »Mitleid aus dem reinsten Herzen« und er fuhr fort: »Wir waren ja keine Maschinen, die sich bekämpften, sondern Menschen. Und was wir vernichteten, waren Maschinen – und Menschen. Nur der kann leichtfertig über diese Tatsache hinweggehen, der nie den Gegner und Menschenbruder vor seinen Augen hat in den Tod gehen sehen. Das hat mit Sentimentalität nichts zu tun! Sentimentalität ist übertriebenes Verschwenden von Gefühlen an etwas, was sich nicht
›Mein erster Luftsieg! Und doch konnte ich nicht froh sein, jetzt, da alles vorbei war.‹ Geld für seine Familie hinzuzuverdienen: durch Botengänge, kleine Besorgungen für andere oder später auch durch Holzhacken, Eisschleppen und Kegelaufstellen im Wirtshaus. Daneben und abseits der Schule blieb für kindliche Spielereien kaum Zeit. Allerdings standen er und seine Volksschulkameraden, wie damals weit verbreitet, in ständiger Fehde mit den Schülern höherer Schulen. Kampfplatz war der »Große Sand«, einst ein Mainzer Exerzierfeld: »Zunächst gingen wir mit Steinschleudern vor und versuchten mit wohlgezielten Schüssen und lautem Kriegsgeschrei
1917 FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Im Krieg wirkte in ihm manches davon nach. So hatte Buckler schon in jenen jungen Jahren die Scheu verloren, »dem Gegner ins Auge zu sehen« und sich «im Kampf zu stellen«. Auch profitierte er »von den kleinen Schlichen und Tricks, die wir damals lernten«.
Kamerad und Bruder Nach dem Waffenstillstand im Jahr 1918 streckte er dann zwei »rote Soldaten«, die von ihm verlangten, den Pour-le-Mérite und die Achselstücke seiner Uniform zu entfernen, mit Kinnhaken nieder. Er war aber kein grob-
1918
1919 49
Flugzeug gegen Panzer – Julius Buckler wäre beinahe durch einen deutschen Panzer umgekommen
Den Krieg vergessen Der dreizehnte Sieg wurde zu seinem schlimmsten Erlebnis überhaupt: Über Brügge meldete man »ein feindliches Flugzeug«, ein Gewitter tobte über Flandern, es regnete. Buckler startete alleine. »Es blitzte immer noch, und die Regentropfen stachen mir wie Nadeln ins Gesicht. In 200 Meter Höhe tauchte ich in die Wolken, sah ein Loch, stieß durch,
kam wieder in Wolken, stieg noch höher und hatte endlich in 3200 Meter Höhe blauen Himmel und leuchtenden Sonnenschein über mir. Ein fest geschlossenes, weißes Wolkenmeer schloss mich von der Erde ab. Fast konnte man hier oben vergessen, dass es überhaupt eine Erde gab und dass auf dieser Erde sich so viel Jammer und Not zutrugen. Es war so schön, hier oben im Sonnenschein über das ruhig schlummernde Wolkenmeer zu fliegen, dass ich den Krieg darüber ganz vergaß. In dieser Einsamkeit traf ich einen feindlichen Flieger. Er kam aus Richtung Brügge und war offenbar im Begriff, nach Hause zu fliegen. Es war also der Gemeldete, der Gegner, den ich suchte! Er flog 200 Meter höher als ich. Ich folgte ihm, drückte dabei meinen ›Mops‹ (der Spitzname seines Flugzeuges) auf 2000 Touren
Fort Douaumont vor der deutschen Verdun-Offensive (Februar 1916) …
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und schoss von unten. Er machte sofort kehrt. Das war es, was ich wollte. Ich spielte den Ausreißer. Er stieß hinterher. Da machte ich einen plötzlichen Turn. Er raste an mir vorbei und ich, ihm im Nacken sitzend, gab aus 15 bis 20 Meter Entfernung ein paar gut gezielte Schüsse auf ihn ab. Seine Maschine qualmte, loderte auf. Und nun kam das Entsetzlichste, was ich in meiner Fliegerlaufbahn erlebt habe. Ich sah, wie der Fliegerkamerad aufstand. Gottlob, jetzt springt er mit dem Fallschirm ab! Erst als er schon in der Luft war, sah ich, dass er keinen Fallschirm hatte. Er wollte nicht verbrennen, der Tapfere. Er zog den Todessprung aus 3000 Meter Höhe dem Feuertod vor. Ich kann nicht beschreiben, was in mir vorging, als ich diesen Menschen da vor meinen Augen in die Tiefe stürzen sah.
… und danach. Als Artillerieeinweiser flog Buckler auch bei Verdun
Fotos Sammlung Peter Cronauer
lohnt. Aber hier handelt es sich um Menschenleben! Dieses Mitfühlen und Mitleiden mit dem anderen, der als Gegner unser Todfeind und als Kreatur unser Mitbruder ist, das ist ein Problem des Krieges, das keiner je lösen wird. Mit Notwehr allein ist das nicht abgetan. Ich gestehe, dass ich nach meinem ersten Luftsieg todtraurig war, genauso wie nach meinem zehnten, zwanzigsten, dreißigsten.«
Zu diesem Bild notierte Buckler lapidar: »Ein abgeschossener englischer Doppeldecker«
Ich verfluchte den Krieg. Wäre dies alles nicht für das Vaterland gewesen, es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte mich ihm nachgestürzt. Erst tauchte mein Fliegerkamerad, dann die brennende Maschine in das Wolkenmeer ein, und dann folgte ich hinterher.« Er suchte das Wrack auf und betrauerte den toten Engländer. Seine Kameraden umjubelten ihn, ihm selbst war jedoch nicht danach zumute: »Alles könnte ich, wenn es sein müsste, noch einmal ertragen. Nur meinen dreizehnten Luftsieg möchte ich nicht ein zweites Mal erleben.«
Oft genug kehrte der gebürtige Mainzer mit zerschossener Maschine zum Platz zurück
Wochen im Morphiumnebel Und das will etwas heißen, denn auch Buckler selbst hatte schon viel Schreckliches erlebt. Beim Vater erlernte er den Beruf des Dachdeckers, ging nach dessen frühem Tod auf die Walz und wurde nach seiner Rückkehr »mit Leib und Seele Soldat«, sogar zum Telefontruppführer ausgebildet. Als solcher zog er in den Krieg, der »für uns, die wir in der Kaserne lebten, wenig Zeitung lasen und nichts vom Politisieren hiel-
Später ließ Buckler seine Piloten in Wagen übernachten: Bei Gefahr waren sie mobil
der Anfangsphase beim Vormarsch auf Paris in einem Granattrichter und sah sich dem Artilleriefeuer wehrlos ausgeliefert. Im Nahkampf mit Bajonett und Gewehrkolben erlitt er erstmals schwere Verletzungen. Später, als Flugzeugführer, schossen ihn gegnerische Flieger viermal ab, andere Gefechte überstand
Er verbrachte Monate in Lazaretten, überstand zahlreiche Operationen. ten«, völlig überraschend begann. Die Angst der Mutter konnte er nicht nachvollziehen, er hatte keine Vorstellung von dem, »was Krieg wirklich bedeutete«, war »ein Kind, das in den Krieg zog«. Als Infanterist lag er dann in
er oft nur schwer verwundet. Mal erhielt er einen Steckschuss im Fuß, mal hing er mit zerschossenen und gebrochenen Armen stundenlang kopfüber im Wrack seines »Mops« über einem anderen Granattrichter und erleb-
Einmal Flieger, immer Flieger Sieben Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs saß Julius Buckler erneut am Steuer eines Flugzeuges. Er wurde Fluglehrer an einer Sportfliegerschule und zog später als Kunstflieger von Flugtag zu Flugtag. Die hohen Unterhaltskosten der Maschine und die geringen Einnahmen trieben ihn dabei in den Ruin. Eine Zufallsbegegnung brachte ihn ins Baugewerbe zurück, innerhalb weniger Jahre arbeitete er sich wieder nach oben. 1932 trat er in einen »Fliegersturm« der SA ein, erwarb im darauffolgenden Jahr erneut
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
den Flugzeugführerschein, nahm als Standartenführer des NS-Fliegerkorps an den Deutschlandrundflügen der Jahre 1937 und 1938 teil und führte bei Beginn des Zweiten Weltkriegs, inzwischen zum Major der Reserve befördert, eine Schutzstaffel. Von 1942 bis zum Kriegsende fungierte er als Kommandant des Fliegerhorstes Strausberg. Am 22. Juni 1956 nahm er mit Elly Beinhorn, Albert Falderbaum und Johannes Steinhoff am ersten Deutschlandflug nach dem Ende n des Zweiten Weltkriegs teil.
te zusätzliche Todesangst, als ein deutscher Panzer so nah an jenem Trichter vorbeifuhr, dass der Hang ins Rutschen kam und ihn zu ersticken drohte. Insgesamt verbrachte er Monate in Lazaretten, dämmerte Wochen im schmerzlindernden Morphiumnebel dahin, überstand zahlreiche Operationen. Andererseits war er einer von nur fünf Angehörigen der kaiserlichen Fliegertruppe, der als Mannschaftsdienstgrad zum Offizier befördert wurde. Alle fünf waren Handwerker, drei davon Dachdecker. Noch während des Kriegs gab er den Versuch auf, das »Einjährige« (Abitur) nachzuholen. Wenn, dann wollte er aufgrund seiner Leistung und Tüchtigkeit befördert werden, was ihm ja auch gelang.
Nie wieder! Nach dem Krieg stieß Buckler zufällig erneut auf Papaine. Er traf ihn »im November 1918 an einer Straßenbahnhaltestelle, als ich von Mainz nach Wiesbaden fahren wollte. Er war noch immer in der Uniform eines französischen Fliegersergeanten. Ich erkannte ihn sogleich an der Narbe auf seiner linken Wange, die von dem Streifschuss herrührte, den er während unseres Luftkampfes bekam. Zum Erstaunen der Fahrgäste (auch Buckler trug noch seine deutsche Uniform) folgte eine herzliche, kameradschaftliche Begrüßung.« Die beiden hatten sich viel zu erzählen, Papaine sprach mittlerweile fließend Deutsch. Gemeinsam fuhren sie nach Wiesbaden, aßen bei Lorsch zu Abend: »Wir beiden Frontsoldaten trugen keinen Hass gegeneinander im Herzen, wir sprachen die Hoffnung aus, und sie war von beiden Seiten ehrlich gemeint, dass unsere Länder sich in Freundschaft finden und nie wieder miteinander Krieg führen würden.« Bekanntlich kam es anders. n
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MODELLBAU
MESSERSCHMITT ME 262 IN 1:32 VON REVELL
Neuer Nachtjäger
Frisch im Geschäft: Revells neuer Nachtjäger-Kit der Messerschmitt Me 262 B-1a/U-1 wirbelt den Modellbau-Markt auf und bietet den fernöstlichen Herstellern Konkurrenz
Auge fürs Detail: Die Nachbildungen der Jumo-004-JetTriebwerke
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Die Draufsicht zeigt die für damalige Verhältnisse sehr schnittige und fortschrittliche Formgebung der Me 262
den bekannten Placards aufgewertet wurde. Der Bugradschacht, auf der Unterseite der Waffenanlage, überzeugte und weist deutlich bessere Vorbildtreue als Trumpeters Me 262 auf. Nach der Waffenanlage kam die Tragfläche an die Reihe. Revell hat auch hier die Landeklappen bei Weitem besser dargestellt als der Mitbewerber. Das Cockpit präsentierte sich dagegen etwas zerstückelt. Der modulare Aufbau bietet aber den Vorteil, dass einige Bauteile besser zu lackieren sind. Der nächste Schritt bestand im Ausbau des Hauptfahrwerkschachts. Der
Top wiedergegeben – der Fahrwerkschacht für das Hauptfahrwerk
Fotos Othmar Hellinger und Sven Müller
E
nde 2016 erschien die von Revell angekündigte Messerschmitt Me 262 B-1a/ U-1 in neuen Formen in der Nachtjägervariante. Auch Trumpeter bietet bereits seit einigen Jahren eine nachtaktive Me 262 in 1:32 an. Die Testshot-Teile zeigten allerdings, dass die Revell-Version in vielen Punkten der fernöstlichen Konkurrenz überlegen ist. Der Me-Karton enthält zahlreiche Bauteile auf 13 Spritzlingen verteilt, die sehr sauber gefertigt sind. Abweichend vom Bauplan ging es zunächst zur Waffenanlage, welche zusätzlich mit recht auffälligen Kabeln und
Modellbau-News EDUARD:
Der Rumpfbug der Me 262 mit vier MK-10830-Millimeter-Maschinenkanonen, Gurtzuführung und Verkabelung
Bf 109 F-4 in 1:48 ProfiPack (Kit: 82114). Der Hersteller aus Tschechien bringt einen weiteren Vertreter des bekannten deutschen Jägers in die Läden. Die zahlreichen Bauteile des Kits besitzen sehr gute Oberflächengravuren und eine tolle Inneneinrichtung. Sämtliche Ruderflächen liegen einzeln bei und lassen verschiedene Positionen zu. Mit den tollen Decals können sechs Maschinen dieser 109er-Variante gebaut werden. Preis: 37,45 Euro
AIRFIX/GLOW2B: Heinkel He111 H-6 in 1:72 (Kit: A07007). Vom Hersteller aus England kommt aus neuen Formen der bekannte deutsche Bomber in einer neuen Version in die Regale. Die 180 Teile des Kits besitzen recht ansprechende Oberflächengravuren, eine gute Inneneinrichtung und einen offenen Bombenschacht. Pilotenfiguren sind ebenfalls wieder dabei. Mit den tollen Decals lassen sich zwei deutsche und ein rumänischer Bomber bauen. Preis: 35,99 Euro
SPECIAL HOBBY: Das zweisitzige Cockpit ist an sich schon ein kleiner Bausatz und recht gut detailliert. Die Sitzgurte und Instrumente liegen als Decal bei
Schacht und alle Bauteile erhielten einen Lack von AK Interactive in verschieden Metalltönen und anschließend unterschiedliche Washings, um das Modell zu altern. Beim Leitwerk hatte Revell eine sehr sinnvolle Idee: Man setzte nicht nur die Ruderflächen separat um, sondern auch das Flettnerruder am Seitenruder, was eine exakte Darstellung des Ruders in ausgelenkter Position ausgesprochen erleichtert. Als Nächstes kam die Tragfläche an den Rumpf und die Arbeiten an den Jumo-004Triebwerken begannen. Nachdem die Trieb-
werke an die Tragfläche montiert waren, mussten leider die hinteren oberen Übergänge zur Tragfläche leicht gespachtelt werden. Um eines der Triebwerke teilweise offen zeigen zu können, enststand die linke Triebwerkabdeckung so, dass man sie abnehmen kann. Anschließend kamen Frontscheibe und Nase der 262 dran. Die Maschine sollte, wie auf der Schachtel, die Farben der Roten 12 der 10./ NJG11 erhalten. Mit diesem Modell ist Revell wieder ein toller Wurf gelungen und man kann gespannt sein auf zukünftige Versionen der Me 262 in 1:32. Othmar Hellinger
Ju 88 als Nachtjagd-Variante 4
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Was leistet der Neuling in 1:48?
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REVELL: Lockheed Ventura Mk.II in 1:48 (Kit: 04946). Endlich kommt der Patrouillenflieger und U-Boot-Jäger vom deutschen Hersteller auch in der britischen Version heraus. Die 142 Bauteile sind gratfrei und weisen feine Oberflächengravuren auf. Cockpit, Fahrwerk und Bombenschacht sind recht gut wiedergegeben. Tolle Decals für zwei RAFMaschinen aus dem europäischen Kriegsschauplatz vervollständigen die Box. Preis: 34,99 Euro
Seite 78
Ve ereint mit
Mit einem Revell-Standardmodell in 1:32 kann man mithilfe eines Umbausatzes von Aims aus dem Ju-88-Bomber einen Nachtjäger kreieren (siehe Foto). Wie dieses und noch viele weitere tolle Modelle gelingen, erfahren Sie in der neuen n ModellFan 4/2017, die seit 31. März erhältlich ist.
Tempest Mk.V »Hi-Tech« (Kit: SH32052). Topneuheit aus Tschechien. Der Hersteller hat sich der Hawker Tempest angenommen und als Erstes die Mk.V herausgebracht. Der Kit besteht aus 120 Kunststoff- und Resin-Teilen, die sehr sauber gefertigt sind. Die Oberflächen zeigen sich äußerst fein graviert. Die Inneneinrichtung stellt sich sehr umfangreich und detailliert dar. Mit den Decals kann man fünf verschiedene Maschinen bauen. Preis: 79,90 Euro
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FRROM: Stampe S.V. 4c France in 1:72 (Kit: FR0025). Produziert von einem einschlägigen osteuropäischen Hersteller, bringt die französische Firma das sehr bekannte Schulflugzeug heraus. Der Kit mit zirka 60 Bauteilen besitzt recht gute Oberflächen, ein gut eingerichtetes Cockpit für den Fluglehrer und -schüler. Mit den Decals können drei französische Maschinen gebaut werden. Preis: 18,90 Euro
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TERMINE
TERMINE 2017
26./27. August SIAF 2017, Slovak Int. Air Fest, Sliac Airbase/Slowakei, www.siaf.sk
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SEPTEMBER 8. & 10. September
APRIL
Sanicole Airshow, Leopoldsburg/Hechtel/ Belgien, www.airshow.sanicole.com
5.–8. April AERO, Messe für allgemeine Luftfahrt, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.aero-expo.com
10. September
22. April
16. September
Flugzeug-Veteranen-Teile-Börse, TechnikMuseum Speyer,
[email protected], www.speyer.technik-museum.de
21. April–1. Mai Zeppelin Rundflüge/Flugwerft Schleißheim, Sonderlandeplatz Oberschleißheim, www.deutschesmuseum.de/flugwerft
MAI 13./14. Mai
Airshow, Lens-Benifontaine/Frankreich, www.meeting-air-lens.com Airshow, Den Helder Airport/Niederlande, www.heldairshowmaritiem.nl
P-52 in Oshkosh 2016; auch dieses Jahr findet das Event statt Foto Andreas Zeitler
5./6. August
4./5. Juni
Flugtag, Segelfluggelände Uslar, www.segelflug.de/vereine/uslar/flugtag_uslar
17.–22. Mai
11.–13. August
Klassikwelt am Bodensee, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.klassikwelt-bodensee.de
20./21. Mai Flugtage, Verkehrslandeplatz Gera-Leumnitz, www.grossflugtage.de
JUNI 3./4. Juni Modellflugtag, Modellfliegergruppe GrabenNeudorf, www.mfg-graben-neudorf.de
Flugfest Hagenbuch, Temporäres Flugfeld Hagenbuch/Schweiz, www.flugfest.ch Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen, www.flugtage-bautzen.de
26./27. August Flugtage, Segelfluggelände Bensheimer Stadtwiesen, www.sfg-bensheim.com/flugtag
26./27. August Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Albstadt-Degerfeld, www.flugplatzfest.lsv-degerfeld.de
26./27. August Flugtage, Segelfluggelände Cham-Janahof, www.ssv-cham.de
Airshow, Tanagra Air Force Base/ Griechenland, www.athensflyingweek.gr
3./4. Juni Airshow, Pardubice/Tschechien, www.aviatickapout.cz
10.–13. August
19.–21. Mai
JUNI
AUGUST
Classic Motor Days, Flugplatz Hungriger Wolf – Hohenlockstedt, www.classicwolf.de SAR-Meet, Fliegerhorst Nordholz, www.rkflugdienst.com
16./17. September
Airshow, Oostwold Airport, Groningen/ Niederlande, www.oostwold-airshow.nl
9. Juni Anniversary Airshow, Helsinki/Finnland, www.ilmailumuseo.fi
10./11. Juni Sola Airshow, Flughafen Stavanger/ Norwegen, www.solaairshow.no
17./18 Juni Kuban Airshow, Krasnodar/Russland, www.kubanairshow.com
19.–25. Juni Paris Airshow, Le Bourget/Frankreich, www.siae.fr
24./25. Juni Airshow, Roudnice/Tschechien, www.memorialairshow.webnode.cz
24./25. Juni
3.–5. Juni
SEPTEMBER
Airshow, Flugplatz Cheb/Eger/Tschechien, www.letistecheb.cz
Flugplatzfest, Verkehrslandeplatz Ailertchen, www.fsv-ailertchen.de
2./3. September
24./25. Juni
WELTWEIT APRIL 4.–9. April Sun’n Fun Fly-In, Lakeland/Florida/USA, www.sun-n-fun.org
14.–16. April Classic Fighters Airshow, Omaka/ Neuseeland, www.classicfighters.co.nz
15./16. April Red Bull Airrace, San Diego/Kalifornien/ USA, www.redbullairrace.com
MAI 6./7. Mai Wings over Illawarra Airshow, Illawarra Reg. Airport/Australien, www.wingsoverillawarra.com.au
JUNI 3./4. Juni Red Bull Airrace, Chiba/Japan, www.redbullairrace.com
Airshow Ursel Avia, Ursel/Belgien, www.urselavia.be
JULI
9.–11. Juni
Flugplatzfest, Verkehrslandeplatz LachenSpeyerdorf, www.fsvn.de
Flugplatzkerb, Verkehrslandeplatz Gelnhausen, www.flugplatzkerb-gelnhausen.de
2./3. September
30. Juni–2. Juli
Oshkosh Airventure, Oshkosh/Wisconsin/ USA, www.eaa.org
10. Juni Tag der Bundeswehr mit Flugvorführungen, Fliegerhorst Penzing/Landsberg, www.tg-ltg61.de/tag-der-bw
24./25. Juni Würzburg fliegt, Verkehrslandeplatz Würzburg-Schenkenturm, www.fscw.de
JULI 1./2. Juli Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg-Brandensteinsebene, www.aeroclub-coburg.de
1./2. Juli Tag der offenen Tür, NATO-Airbase, Geilenkirchen, www.e3a.nato.int
7.–9. Juli 4. Internationales Airliner-Treffen, Segelfluggelände Oppingen-Au, www.airlinertreffen.com
8./9. Juli Flugtag, Segelfluggelände Dorsten, www.flugtage-dorsten.de
8./9. Juli 25 Jahre Flugwerft Schleißheim Fly-In, Sonderlandeplatz Oberschleißheim, www.deutsches-museum.de/flugwerft
28.–30. Juli Wings & Wheels Fly-In, Verkehrslandeplatz Uetersen-Heist, www.wingsnwheels.de
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Airliner-Classics, Verkehrslandeplatz Speyer, www.airliner-classics.de
Kavala Airsea Show, Kavala/Griechenland, www.kavala-airshow.com
15.–17. September
JULI
Breitling Sion Airshow, Sion/Schweiz, www.breitlingsionairshow.wom
8.–10. September Oldtimer-Segelfliegertreffen, Sonderlandeplatz Oschatz, www.schulgleiter.de
9./10. September Flüügerfäscht, Schmerlat/Schweiz, www.schmerlat.ch
9./10. September Flugplatzfest, Verkehrslandeplatz Borkenberge, www.borkenberge.com
EUROPA APRIL 29./30. April Airshow, Plasny/Tschechien, www.denvevzduchu.cz
MAI 27./28. Mai Duxford Air Festival, Duxford Airfield/Großbritannien, www.iwm.org.uk/events/iwmduxford/airshows
21. Mai Airshow, Kjeller/Norwegen, www.flydagen.no
1./2. Juli Red Bull Airrace, Budapest/Ungarn, www.redbullairrace.com
8./9. Juli Flying Legends Airshow, Duxford Airfield/ Großbritannien, www.flyinglegends.com
14.–16. Juli Royal International Air Tattoo, RAF Fairford/ Großbritannien, www.airtattoo.com
24.–30. Juli
AUGUST 11.–13. August International Airshow, Abbotsford/Kanada, www.abbotsfordairshow.com
SEPTEMBER 13.–17. September Airrace, Reno/Nevada/USA, www.airrace.org
22.–24. September
Fly Party, Burgos/Spanien, www.flyparty.es
Airshow, Marine Corps Air Station Miramar, San Diego/Kalifornien/USA, www.miramarairshow.com
22./23. Juli
OKTOBER
15./16. Juli Red Bull Airrace, Kazan/Russland, www.redbullairrace.com
31. Juli–10. August Vintage Glider Rally, Dunaujvaros/Ungarn, www.vgc2017.hu
AUGUST 15.–20. August Moskau Airshow MAKS, Flughafen Zhukovsky/Moskau/Russland, www.aviasalon.com
18.–20. August Airshow, Roskilde/Dänemark, www.airshow.dk
14./15. Oktober Red Bull Airrace, Indianapolis/Indiana/ USA, www.redbullairrace.com
NOVEMBER 12.–16. November Airshow, Dubai/Vereinigte Arabische Emirate, www.dubaiairshow.com Alle Angaben sind ohne Gewähr. Kurzfristige Änderungen treten häufig ein, eventuell beim Veranstalter nachfragen! Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit: Fax: 0951 42823, E-Mail:
[email protected], Alexander Nuesslein, janluftfahrt.de
LESERBRIEFE
Leserbriefe Anmerkung der Redaktion Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums unserer Leser sinnwahrend zu kürzen.
Postkarten Flugzeug Classic 2016 Besten Dank liebes Flugzeug-ClassicTeam für die gut aufgemachte und informelle Zeitschrift. Als langjähriger Abonnent habe ich mich im Jahr 2016 über die zwölf Fotos als Beilage gefreut. Meinem Hobby folgend, habe ich alle Fotos von einigen Piloten der deutschen Luftwaffe signieren lassen, die mit diesen Maschinen geflogen sind. Hier eine kleine Auswahl davon (H. Broch Fw 190, K. F. Schlossstein Me 410, G. Bierbrauer He 111). Es wäre doch mal schön, wenn in loser Reihenfolge auch das Thema signierte Fotos von Fliegern der deutschen Lufwaffe Platz in Ihrer
Zeitschrift finden könnte. Ich freue mich schon auf weitere spannende Ausgaben. Thomas Rübmann, per E-Mail
Messerschmitt Me 262 »Geburt einer Legende« in Heft 2/2017 Vielen Dank für den Artikel »Geburt einer Legende« (Teil 1) über die Entwicklungsgeschichte der Me 262, weil er doch, was die konstruktiven Schritte und vor
Sie wollen uns schreiben? Flugzeug Classic GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a 80797 München
allem die daran beteiligten Persönlichkeiten betrifft, weit über das hinausgeht, was man sonst über dieses Flugzeug und seine Geschichte liest. Für mich neu war der ursprüngliche Plan, die Triebwerke in die Tragflächen einzubauen (sehr interessant das Foto des Modells der Flächenholme mit den ringförmigen Triebwerkaufnahmen, die sicher einen großen Bauaufwand erfordert hätten, um die nötige Festigkeit der Tragflächen zu gewährleisten). Die britischen Kollegen bei Gloster kamen bei der Konstruktion der Meteor um dieses komplizierte Teil nicht herum, weil sie nur die Triebwerke De Havilland Goblin und Rolls
Royce Welland zur Verfügung hatten, die mit ihren Radialverdichtern einen wesentlich größeren Durchmesser hatten, sodass eine Aufhängung unter der Tragfläche wegen zu geringer Bodenfreiheit nicht möglich war. Zu der Frage, wie der technologische Fortschritt der Me 262 gegenüber den letzten Hochleistungs-Propellerflugzeugen einzuschätzen sei, erinnere ich an die Stellungnahme der Firma North American bei der Einführung der F-100 Super Sabre: Der technologische Sprung von der F-86 zum Überschalljäger F-100 sei wesentlich größer gewesen als der vom Propeller- zum Strahlantrieb. Vielleicht kann in einem künftigen Artikel in Flugzeug Classic dieses Problem einmal beleuchtet werden. Heinz-Joachim Neubauer, per E-Mail
BÜCHER ISTVÁN TOPERCZER
Unterschätzte Gegner
MiG-17/19 Aces of the Vietnam War Aircraft of the Aces 130 In englischer Sprache 96 Seiten, 84 Fotos, 36 Farbprofile. Osprey Publishing. ISBN 978-1-4728-1255-1. Preis: 18,50 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177 2882968. www.sound-bm.com
Besonders mit der MiG-17 wartete über Nordvietnam eine böse Überraschung auf die amerikanischen Luftstreitkräfte, die den Jäger wegen seines Alters zunächst völlig unterschätzten. Doch wendig, stark bewaffnet und mit meist gut ausgebildeten, taktisch geschickten Piloten an Bord errang er erstaunliche Erfolge. Herbe Lektionen, die beim amerikanischen Militär bis in die Gegenwart luftkampftaktisch nachwirken. Kompetent, routiniert und lebendig geschrieben liefert der Autor spannende Einblicke auf jene »andere Seite« dieses ganz spezifischen Luftkrieges. Dabei gibt es reichlich zu lesen, adäquat illustriert mit zeitgenössischen Fotos und 30 Farbprofilen. Lohnt sich definitiv! WM
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Legendäre Mustang Es sind wohl Modellbauer, an die sich der optisch ansprechende Band in seiner ergänzten und erweiterten Neuauflage richtet. Doch nicht nur sie dürften das durchdachte Konzept der zwar kompakten, dafür aber mit vielen Schlüsseldaten gespickten, technisch orientierten Zusammenschau zur P-51D und K schätzen. So werden etwa alle Produktionslose samt der Nachkriegsumbauten von Temco und Cavallier jeweils in Wort, Bild und Seitenriss vorgestellt. Dazu gibt es nützliches Tabellenmaterial, reichlich Fotos und Detailaufnahmen, hochwertige Farbprofile oder Maßstabsrisse in 1:72. Viel Hilfreiches also auf einem Fleck, ideal aufbereitet zum schnellen Nachschlagen. WM
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OLDTIMER
Polikarpow-Po-2-Restauration
DER ZERSTÖRUNG ENTKOMMEN
»Podwa« –
der sächsische Phönix Der Flugtag Mitte August 2016 in Zwickau bot eine spektakuläre Premiere: Eine Polikarpow Po-2, die jahrzehntelang vor dem destruktiven Zugriff der DDRBehörden verschont blieb, flog zum ersten Mal wieder vor größerem Publikum
D
ie Polikarpow U-2, ab 1944 nach dem Tod des gleichnamigen Konstrukteurs zu dessen Ehren Po-2 genannt, gehört mit geschätzten 33 000 Exemplaren zu den am meisten gebauten Flugzeugen der Luftfahrtgeschichte. Doch existiert von diesem Flugzeugtyp heute nur noch eine Handvoll, die wenigsten in flugfähigem Zustand. Umso erfreulicher, dass vor Kurzem auch in Deutschland eine Maschine wieder flügge wurde. Als D-EHML hob das ehemalige Flugzeug der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) am 6. Juni 2016 zu seinem problemlosen zweiten Erstflug von der Piste des Flugplatzes Chemnitz-Jahnsdorf ab. Vorausgegangen waren 23 Jahre des Dornröschenschlafs in einem Hangar am Flugplatz Riesa-Canitz, gefolgt
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von 17 Jahren des Wiederaufbaus in Chemnitz. Die offizielle Premiere des klassischen Holz-Stoff-Doppeldeckers vollzog sich dann in Gesellschaft einer weiteren, tschechischen Po-2 aus Mlada Boleslav am zweiten Augustwochenende auf dem Flugtag in Zwickau, wo die beiden »fliegenden Nähmaschinen« zu den besonderen Attraktionen gehörten.
Geburtsort: Sowjetunion Doch der Reihe nach. Die aus dem Ersten Weltkrieg stammende britische Avro 504 diente auch noch lange im nachrevolutionären Russland als Schulflugzeug U-1 (»U« für utschebnyj – ausbildungs-), doch bald benötigten die Sowjets moderneren Ersatz. Die ersten Entwürfe entstanden 1927 aus der Hand des
damals 35-jährigen Nikolai Polikarpow, und bereits am 7. Januar des Folgejahres flog der erste Prototyp U-2. Das Flugzeug erwies sich als extrem flugstabil, die langwierigen Proben ergaben, dass die Maschine einfach zu bedienen und zu warten war, was unmittelbar zum Bau einer Vorserie führte. In den frühen 1930er-Jahren kam die Produktion dann richtig in Schwung – allein 1933 sollen in nur einem Werk gut 1500 Flugzeuge gebaut worden sein. Von Anfang an diente ihnen der Fünfzylinder-Sternmotor Schwezow M-11 mit etwa 105 PS als Antrieb. Die Polikarpow U-2 ließ sich so vielseitig verwenden, dass innerhalb kürzester Zeit verschiedene Varianten als Agrar-, Sanitäts-, Verbindungs- und leichtes Passagierflugzeug
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Maria Schreiber
Von Robert Kluge
In diesem Zustand kam die Polikarpow Po-2 DM-WAH 1998 in Jahnsdorf an … Foto Hanno Wenske
… und die meisten Bordinstrumente waren auch nicht mehr vorhanden Foto Hanno Wenske
Arbeiten am Heckteil: In diesem Stadion war das Segment noch vom vorderen Rumpfteil (links unten) getrennt
Man wollte sie beinahe verbrennen, doch dann kam alles ganz anders. Nun erstrahlt die Po-2 wieder in altem Glanz Foto Robert Köhler Zwei Teammitglieder richten den zusammengefügten Rumpf aus, damit er beim Weiterarbeiten waagerecht steht
entstanden, zum Teil sogar mit Schwimmern oder Skiern anstelle des durchaus robusten Radfahrwerks. Tausende U-2 befanden sich bereits im Einsatz, als 1941 die Wehrmacht die Sowjetunion überfiel. In der Not kamen neue Aufgaben auf die unverwüstliche und einfach zu bauende Konstruktion zu: So diente der Flieger als Aufklärer und verband einzelne Partisanenverbände miteinander. Besondere Berühmtheit erlangten die Nachtbomberflüge der Frauen des 46. Gardefliegerregiments, die von den Landsern als »Nachthexen« verunglimpft wurden. Nach Kriegsende erfüllten die nun Po-2 genannten Flugzeuge wieder vermehrt zivile Aufgaben, unterbrochen durch KampfeinsätFLUGZEUG CLASSIC 5/2017
ze im Koreakrieg. In Polen entstanden ab 1949 bis Mitte der 1950er-Jahre einige Hundert Lizenzexemplare als CSS-13. Einige dieser Flugzeuge ersetzten im Laufe der Zeit in bereits gebrauchtem Zustand die bis dahin verschlissenen originalen Po-2, die die DDR als Geschenk von sowjetischen Fliegereinheiten erhalten hatte. Etwa zwei Dutzend Flugzeuge dienten hauptsächlich dem Schleppen von Segelflugzeugen sowie als Absetzflugzeuge von Fallschirmspringern in der GST.
Rettung in letzter Sekunde Eine dieser polnischen Maschinen war zunächst 1954 mit der Werknummer 0408 als SP-ATA mit landwirtschaftlichem Sprühap-
parat an die Staatsfluglinie LOT gegangen, ehe sie bis 1967 für zirka zehn Jahre im polnischen Aeroclub Dienst tat. 1967 gelangte sie in die DDR und flog als DM-WAH in den bereits bezeichneten Rollen bei der GST, bis sie am 10. Mai 1976 aufs Altenteil kam. Der heiße Sommer verhinderte jedoch dann, dass die Maschine verloren ging: Wegen der hohen Waldbrandgefahr durfte man sie zu diesem Zeitpunkt nicht verbrennen. Da die GST den Behörden aber schon zugesagt hatte, das Flugzeug zu zerstören, zerlegte sie es in seine Hauptbestandteile und ließ es in einer Hangarecke in Riesa stehen – und niemandem fiel es auf. Ein nahezu unglaublicher Glücksfall angesichts der allgegenwärtigen DDR-Bürokratie!
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OLDTIMER
Polikarpow-Po-2-Restauration
Vom Balken zur Maschine Einige Flugzeugkomponenten ließ man extern wieder neu aufbauen. Andere oder ergänzende Arbeiten übernahm das »Rentnerteam« aber selbst. So entwickelte sich aus der hölzernen Grundkonstruktion bald eine »komplexe Maschinerie«.
Ludwig Bergert (links) und Heiner Bauer bringen Beschläge an der Tragfläche an
Immer wieder muss man sich der Maße in der technischen Zeichnung vergewissern
Die Ceconite-Teile werden zusammengenäht, um die Tragfläche beziehen zu können
Die verschworene Gruppe hielt auch über die deutsche Wiedervereinigung hinaus zusammen, und nachdem sie zahlreiche Probleme bewältigte (unter anderem die Eigentumsrechte, die wie bei den »offiziellen« GSTFlugzeugen über die Treuhandanstalt liefen) und Ende 2010 den Verein »Historische Flugzeuge Sachsen« gründete, konnte sie sich mit neuem Elan der originalgetreuen Restaurierung widmen.
Das Projekt kann beginnen!
Das ist noch Handwerk: Ludwig Bergert befestigt die Höhenflosse mit Vorsicht und einer dosierten Portion »Hammerkraft«
60
Die Gruppe, die zum Großteil aus Pensionären besteht, sammelte neben den Arbeiten am Flugzeug Spenden für das Projekt. Am Ende verfügte das Team über ein ansehnliches fünfstelliges Budget, das sich je etwa zur Hälfte aus Mitteln des Landes-Luftsportverbands Sachsen und aus Spendenmitteln zusammensetzte. Mit dem Geld konnte man die Tragflächen des polnischen Lizenzbaus wieder in Polen herrichten lassen, die Lehrwerkstatt der Elbe-Flugzeugwerke in Dresden machte den Motor betriebsbereit. Die bis 1976 akkumulierten etwa 400 Betriebsstunden liefen bis zum Überholungsintervall von 800 Stunden einfach fort. Die Hauptarbeiten an dem Projekt leisteten ab 2010 Gerd Fiedler und seine Fami-
Tschechische Po-2 mit sowjetischen Insignien und die frisch restaurierte DM-WAH Foto Robert Kluge
Heiner Bauer rollt die Farbe auf, was das Flugzeug authentischer wirken lässt
lie vom Air Service Fiedler aus Jahnsdorf, sein Mitarbeiter Kay Winkler und vor allem die »Rentner-Gang« um Heiner Bauer, Maria Schreiber und Ludwig Bergert – deren Initialen nach etwa 7000 Arbeitsstunden verdientermaßen auch die letzten drei Buchstaben des neuen Zulassungszeichens D-EHML bilden. Als zeitgemäße Zugeständnisse spendierten sie der alten Dame unter anderem einen Satz Bremsen, anstelle des Schleifsporns einen genialen, sowohl gras- als auch asphalttauglichen Rollenschlitten mit einem Radpaar aus
Schlussendlich werden die alte und neue Kennung angebracht
Unerwartete Herausforderungen ergaben sich vor allem aus der rudimentären Dokumentation der ehemaligen DM-WAH – doch die Lücken konnten anhand des in Finsterwalde eingelagerten GST-Archivs des damaligen Schönhagener GST-Werkstattleiters Hannes Höntsch geschlossen und das Luftfahrtbundesamt überzeugt werden, seine Einwände gegen den Flugbetrieb ad acta zu legen. Eigentümer der fliegenden Rarität ist nun der Luftsportverband (LSV) Sachsen, Halter der 2010 gegründete Verein, und stationiert ist
Die sächsische ›Podwa‹ ist nur eine von 33 000, aber ihre Geschichte hat es in sich. Inlineskates sowie einen Druckluftstarter und natürlich moderne Kommunikationstechnik. Der Propeller fungierte übrigens lange Jahre als Zimmerschmuck in einer vogtländischen Wohnung, bevor man ihn überholte und am M-11-Motor in der D-EHML einsetzte. Bespannt wurden die Tragflächen mit dem Werkstoff Ceconite. Die Farbe stammt von Lanitz-Prena aus Leipzig. Das Team konnte sie im speziell angemischten Originalfarbton einfach und übergangslos aufrollen. FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
die Po-2/CSS-13 im nordsächsischen Roitzschjora. Übrigens stammt der geläufige Spitzname »Podwa« vom russischen Zahlwort für zwei – dwa. Am 6. Juni 2016 konnte schlussendlich der zweite Erstflug nach immerhin 40-jähriger Einsatzpause stattfinden – als Piloten standen Gerd Fiedler und Gerold Weber bereit, die beide vor Jahrzehnten in der GST schon das Fliegen erlernt und diese Polikarpow Po-2 »Podwa« zu dieser Zeit wahr-
scheinlich noch selbst im aktiven Einsatz kennengelernt hatten – wenn auch noch nicht als Flieger hinter dem Steuerknüppel. Alles verlief bis auf die damit verbundenen Emotionen wie erwartet, denn »sie fliegt ja faktisch von alleine«, wie Gerold Weber nicht müde wird zu betonen, »sehr eigenstabil und daher eben mit koordiniertem Seiten- und Querrudereinsatz, wie sich das gehört.« Der Verein »Historische Flugzeuge Sachsen« hat derzeit zwar nur acht aktive Mitglieder, aber man kann auf baldigen Zuwachs im Flugzeugpark hoffen. 2017 steht jedoch zunächst das erste volle Betriebsjahr der Po-2 an. Neben der D-EEPO, einer weiteren, ehemals österreichischen CSS-13, die derzeit im Hangar 10 in Heringsdorf auf Usedom ihre Heimat hat, besitzt die deutsche Airshow-Gemeinde mit der sächsischen nun eine zweite fliegende »Podwa«, die in Zukunft sicher auch für Gästeflüge und den Schlepp historischer Segelflugzeuge eingesetzt werden wird. Die sächsische »Podwa« ist zwar »nur« eine von fast 33 000 Exemplaren, die ab 1927 entstanden. Die einmalige Geschichte als eine Art Phönix aus glücklich vermiedener Asche jedoch, die verdankt dieses Flugzeug engagierten Menschen. n
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TECHNIK
Aero C-3/C-103
Nachkriegszeit: Eine Aero C-3 B auf dem Flugplatz Hrádcany, der noch von der Deutschen Luftwaffe gegründet wurde (»Fliegerhorst Niemes-Süd«). Nach 1945 verwendete man in der CSR weiterhin deutsche Siebel-Muster Foto Sammlung Franzke
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SIEBEL-NACHBAU IN DER CSR
Aus Alt mach Neu Nach dem Krieg baute die CSR die Siebel Si 204 als Aero C-3 und C-103 weiter. Die Maschinen waren überaus populär und zeitweilig weit in dem Ostblockland verbreitet Von Zdenka Nevole und Peter W. Cohausz
B
ereits vor Ausbruch des Krieges verlagerten die Deutschen Teile ihrer Luftfahrtindustrie in das »Protektorat Böhmen und Mähren«. 1942 ließen sie dann auch das Schul- und Transportflugzeug Siebel Si 204 D von den Aero-Werken in Prag herstellen. Als der Krieg endete, nahmen die Tschechoslowaken die übriggebliebenen Muster zur Hand, überholten sie und brachten eine Art »neue Siebel« unter dem Namen Aero C-3/C-103 heraus (mehr dazu können Sie in Flugzeug Classic 4/2017 lesen).
Beliebt bei den Fliegern 1947 wurden zehn Aero C-3 an das Verteidigungsministerium geliefert, im Jahr darauf waren es bereits 35. Die meisten Maschinen, die sich aufgrund ihrer unproblematischen Flugeigenschaften von Anfang an einer großen Beliebtheit bei den Piloten erfreuten, entstanden jedoch im Jahr 1949. Zu dieser Zeit hatte die Einführung zahlreicher spezialisierter Militärvarianten ihren Höhepunkt erreicht. Die von den Fliegern aufgrund ihrer deutschen Herkunft bald einfach nur noch »Síbl« genannten Flugzeuge gelangten nach ihrem Militärdienst auch zu den regionalen tschechoslowakischen Aeroclubs, wo die beiden letzten bis ins Jahr 1962 flogen. Einige wenige gingen zudem in den Export, wobei es sich hier jedoch um gebrauchte Maschinen handelte. Drei davon fanden 1957 sogar ihren Weg zurück in ihr Ursprungsland, nach Deutschland! Zehn Jahre zuvor hatte man in der Tschechoslowakei noch auf Auslandsaufträge für die »Síbl« gehofft, als eine C-103 nach Grenchen in die Schweiz zur 2. Internationalen Flugmesse geflogen war. Aufgrund des auf FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
6800 US-Dollar festgelegten Verkaufspreises gab es für dieses Flugzeug jedoch kaum realistische Absatzchancen, da damals zum Beispiel eine vergleichbare de Havilland DH 104 Dove viel günstiger war.
Ominöses Geschenk an die Sowjets Aufgrund der nach dem Krieg bei weiten Teilen der tschechoslowakischen Bevölkerung noch vorherrschenden Sympathie für die sowjetischen Befreier übergab die Belegschaft der Firma Aero eine Maschine als Geschenk an die UdSSR. So stand es zumindest noch in den 1970er-Jahren in den Veröffentlichungen der Fachpresse. Heute erscheint diese Geste der Dankbarkeit in einem etwas anderen Licht. Es ist ziemlich sicher, dass es sich dabei eigentlich nur um eine überholte deutsche Beutemaschine gehandelt haben konnte! Interessant ist das Exemplar aber auch aufgrund der abweichenden Form der beiden Seitenleitwerke. Diese noch vor dem Ende des Krieges bei Letov entwickelte »entfeinerte«, das heißt günstiger herzustellende Variante war sonst nur noch an vermutlich zwei weiteren tschechoslowakischen Maschinen zu finden. Möglicherweise handelte es sich dabei um Protoypen für die neuen Seitenleitwerke. Alle weiteren gefertigten C-3 und C-103 besaßen noch die ursprüngliche Modifikation der Siebel Si 204 D. Das Geschenk der Werksangehörigen an die UdSSR hat die Fabrik sogar mit einem aufgemalten Sowjetstern verlassen. Die cremefarbene oder altweiße Bemalung bestand höchstwahrscheinlich aus zusammengemischten Restbeständen erhalten gebliebener RLM-Lacke.
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TECHNIK
Aero C-3/C-103
Eine militärische C-3 FB rollt hier, vermutlich in Otrokovice (Zlín), zum Start. Auf dem Rumpfrücken ist die Astrokuppel zu erkennen
attraktiven, eher graugrünen Anstrich. Ursache für diesen heute nicht mehr eindeutig zu bestimmenden Farbton, welchen frühe Nachkriegsflugzeuge der CSR häufig trugen, war wahrscheinlich ebenfalls der amerikanische Luftangriff am Palmsonntag 1945, bei welchem auch die Firma Tebas in Trümmer fiel, einer der größten Lieferanten von Lacken für Wehrmacht und Luftwaffe. Hatten die Bombenschützen der USAAF dabei etwa präzise ihr Ziel gefunden? Wohl kaum, denn bei dem vorausgegangenen Angriff auf Prag am Aschermittwoch 1945 behaupteten die Amerikaner noch, Prag irrtümlicherweise mit Dresden verwechselt zu haben. Inwieweit Tebas wirklich auf der Wunschliste der Angriffsführer gestanden haben dürfte, wird wohl ein Rätsel bleiben.
Heute wird das in der damaligen Presse als Geschenk vorgestellte Flugzeug von Luftfahrthistorikern viel eher der provisorischen Schul- und Transportgruppe zugeordnet, die kurz zuvor aus der 1. tschechoslowakischen gemischten Fliegerdivision in der Sowjetunion herausgelöst worden war. Während des Krieges hatte man diese als Teil der sowjetischen Luftstreitkräfte aufgestellt. Sofort nach Kriegsende verlegten die im Osten kämpfenden Angehörigen der tschechoslowakischen Exilarmee wieder in ihre befreite Heimat. Dabei hat man noch bis zum Ende der Einheit im August 1945 die sowjetischen Anstriche und Hoheitszeichen an den Maschinen belassen. Das Fluggerät der erwähnten Transportgruppe bestand ausschließlich aus deutschen Beutemaschinen. Die fotografierte Si 204 D oder »Síbl« muss jedoch erst auf tschechoslowakischem Hochheitsgebiet aufgefunden und dann dem Bestand der »Schul- und Transportgruppe« hinzugefügt worden sein. Möglicherweise hat sie das Kriegsende noch unvollendet im
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Prager Aero-Werk überstanden, wodurch sich womöglich auch ihre eher zivile Lackierung erklären ließe. Somit lässt sich die wohlgemeinte Gabe an die Sowjetunion nicht so einfach mit der fotografierten »sowjetischen Siebel« belegen. Allerdings passt diese Anekdote hervorragend in den damaligen Zeitgeist der CSR. Insgesamt hat die UdSSR tatsächlich auch noch einige Monate nach Kriegsende Dutzende erbeutete deutsche Si 204 genutzt. Ein in diesem Zusammenhang immer wieder zitierter Produktionsauftrag an Aero gehört al-
Die tschechoslowakische Siebel war aufgrund ihrer guten Leistungsparameter, der damals modernen Auslegung und auch wegen ihrer sofortigenVerfügbarkeit bestens dazu geeignet, den Inlandsflugverkehr in der Tschechoslowakei wieder aufzunehmen. Die Anfänge standen jedoch zunächst unter militärischer Oberaufsicht. Wie in einigen anderen europäischen Ländern auch, organisierte man in der CSR zunächst aus Militärtransportern und Armeepiloten innerhalb der Luftstreitkräfte eine Lufttransportabteilung. Der dafür offiziell verwendete Name VLDO stand für Militärische Verkehrsflug-Abteilung. Der gleich nach Kriegsende wieder aufgenommene Betrieb
Die ›Síbl‹ war geeignet, den Inlandsflugverkehr in der CSR wieder aufzunehmen. lerdings eindeutig zu den Mythen, die zum Teil bis heute in russischen Luftfahrtmagazinen verbreitet werden. Den eigenen, noch im Jahr 1945 fertiggestellten C-103-Airlinern verpassten die Tschechen erstaunlicherweise einen viel weniger
wurde daneben hauptsächlich noch mit deutschen Beutemaschinen wie zum Beispiel der Ju 52 begonnen und dauerte bis zum März 1946, bevor ihn anschließend übergangslos die wiedererrichtete, nun aber verstaatlichte Fluggesellschaft CSA fortführte.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter W. Cohausz
Airliner der Stunde Null Neuer Name: Arbeiten am Argus-As-411-Triebwerk, das in der Tschechoslowakei offiziell als M 411 R geführt wurde Foto TNMC
Sommerliche Flugvorbereitungen an einer Aero C-3. Die Oberflächen werden sorgfältig geputzt Foto Sammlung Franzke Im Sommer 1945 brachte diese SiebelBeutemaschine Insulin in die CSR Foto TNMC
Neben Personen und Post beförderten Transporter auch andere wichtige Güter. Hierzu zählten in der unmittelbaren Nachkriegszeit die dringend aus der Schweiz benötigten Insulin-Lieferungen, weshalb man einer ab Juli 1945 eingesetzten Maschine neben den tschechoslowakischen Kennzeichen auch noch Rotkreuzsymbole aufmalte. Die ersten beiden Städte, die eine »Síbl« vom Himmel aus verband, waren im Juli 1945 Brünn und Ostrau. Im Dienste der Fluggesellschaft CSA bedienten sie dann ab dem 25. Juli 1946 zweimal täglich die Strecke von Prag nach Karlsbad. Nachdem dann eine Fluglinie zwischen der Hauptstadt und Ostrau eingerichtet war, eröffnete man am 31. Mai 1947 feierlich den Linienverkehr zwischen Prag und Olmütz. Später verbanden die Maschinen die Moldaumetropole auch noch mit dem berühmten Kurort Marienbad sowie den Städten Budweis und Reichenberg. Interessanterweise war die CSA meist nur Betreiber der Maschinen, die in Wirklichkeit dem Verteidigungs- oder dem Verkehrsministerium gehörten. Daher wanderten solche Flugzeuge, nachdem man sie ausmusterte, 1948 wieder zu den Luftstreitkräften. 1951 gab man schließlich den letzten Airliner zurück. Nutzer einiger Maschinen waren auch die Skoda-Werke in Pilsen und die werkeigeFLUGZEUG CLASSIC 5/2017
»Síbl« C-103.224, OK-ADR, ist hier im Fallschirmspringereinsatz. Die 1946 gebaute Maschine flog bis 1959. 2001 wurde der Rumpf in einem Gartengrundstück wiederentdeckt Foto TNMC
ne Fluggesellschaft Svitlet des bedeutenden Batá-Konzerns. Angekaufte amerikanische C- 47 lösten die »Síbl« ab. Erstere konnten ab dem Ende der 1940er-Jahre aufgrund der zahlreicheren Sitzplätze die immer größer werdende Zahl der Flugreisenden der CSA erheblich kostengünstiger befördern.
Im Dienst der CSR-Luftwaffe Den Großteil der in der CSR nach dem Krieg bis 1950 entstandenen 179 Exemplare der »Síbl« setzten jedoch die Luftstreitkräfte ein. Genau wie zuvor schon bei der ehemaligen deutschen Luftwaffe hatten die C-3 auch bei der Ausbildung tschechoslowakischer Militärpiloten eine große Bedeutung. Daneben ver-
wendete die Armee sie aber auch als Transportflugzeuge, Aufklärer und mangels passenden Baumusters sogar als Bomber. Der Einsatz der »Síbls« hatte 1946 mit der Auslieferung an verschiedene Flugschulen der tschechoslowakischen Luftstreitkräfte im ganzen Land begonnen. Einige Maschinen teilte man auch den Transportfliegern zu, aber die »C-3er«, wie die Piloten ihre Flugzeuge ebenfalls nannten, sind auch für Sonderaufgaben genutzt worden wie zum Beispiel für Bombenabwürfe bei aufstauenden Eismassen auf der Donau im Jahr 1947. Selbst als Agrarflugzeug dienten die Militärmaschinen, indem man sie Ende der 1940er-Jahre zum Sprühen von Pestiziden ge-
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TECHNIK
Aero C-3/C-103
Gelegentliche Brüche: Die Holzpropeller der C-3 B, PW-23, sind abgesplittert. Der Drehturm war wie bei den meisten Bombern nicht eingebaut Foto Sammlung Franzke
Eine C-3 B wird mit Bomben beladen. Eine Zeit lang war die »Síbl« der einzige Bomber in der Tschechoslowakei Foto Sammlung Franzke
gen die Borkenkäferplage in den Wäldern nutzte, damals noch mit DDT. Die wichtigste Aufgabe der C-3 war jedoch wie schon bei der ehemaligen deutschen Luftwaffe, als Fliegender Hörsaal zu dienen. So machte man an den Maschinen aus Piloten, die zuvor schon ihre Grundausbildung abgeschlossen hatten, Kampfflieger. Da die Aero C-3 werkseitig bereits mit Doppelsteuer ausgerüstet waren, konnten ohne umfangreichere Umbauten Navigationsausbildung sowie Blindflugtraining durchgeführt und Piloten ebenfalls auf zweimotorige Maschinen umgeschult werden.
ne 48 Zentimeter große Astrokuppel hatte und in der Kabine auf der rechten Seite einen aufklappbaren Kartentisch. Mit dieser Variante bildete man auch die Bordfunker oder »Radiotelegrafisten« aus. Schulflugzeuge für zukünftige Aufklärerbesatzungen waren die C-3 AF mit einem Piloten und drei Kameraoperateuren für die drei Reihenbildgeräte Rb 20/30, Rb 50/30 und Rb 75/30. Eine spezielle Version für die Fotogrammetrie und
Militärischer Variantenreichtum
nachrichtendienstliche Aufklärungsaufgaben war die C-3 AFG. Hier baute man zusätzlich zu den drei Reihenbildgeräten noch vier Seitenkameras ein. Die Mannschaft bestand aus Pilot, Navigator und Kameraoperateur. Die C-3 B diente als Bomberversion, welche die zuvor ausgemusterten sowjetischen Pe-2 und englischen Mosquito als Bomber ersetzte, bis modernere Typen verfügbar waren. Vorlage war die deutsche Siebel Si 204 E als leichtes Kampfflugzeug mit Bombenschlössern und einem Drehturm auf dem Rumpf. Die C-3 B wirkte damals technisch vielleicht
Bei den militärischen Versionen der »Síbl« gab es die drei Baureihen C-3 A, C-3 B und C-3 D, von denen es durch verschiedene Einbauten spezielle Unterversionen gab, die aber nicht immer den gleichen Ausrüstungsstand hatten. Für die Ausbildung von Piloten wurde überwiegend die C-3 A verwendet. Sie verfügte für die Blindflugschulung über eigene Vorhänge, welche die Außensicht versperrten. Für die reine Naviagationsausbildung gab es die Version C-3 AN, die zwischen den Spanten 13 und 14 auf dem Rumpfrücken ei-
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schon anachronistisch, erwies sich aber als eine recht funktionelle Waffenplattform. Zwar verschlechterten sich die Flugeigenschaften durch diese zusätzlichen Einbauten, aber die in den C-3 B ausgebildeten Besatzungen konnten ab dem Jahr 1955 problemlos in die neuen sowjetischen IL-28-Bomber umsteigen, die man auch »Russen-Canberras« nannte. Neben den reinen Bomberversionen gab es noch die C-3 BV als Zielschleppflugzeuge für die Schießausbildung, die eine im Rumpf eingebaute Seiltrommelanlage mit einer Kappvorrichtung hatten. Die Schulmaschinen für die Bordschützenausbildung waren richtige »Kanonenvögel«, von denen jedoch nur 15 Stück entstanden. Zwei MG 131 waren starr im Rumpfbug montiert und der Pilot bediente sie. Je ein bewegliches MG 131 war im Drehturm und im rechten Seitenfenster zwischen dem 15. und 16. Spant eingebaut. Diese MG konnte auch bei den Aufklärerversionen montiert werden. Der Munitionsvorrat betrug jeweils 500 Schuss. Bei den reinen Bombervarianten nutzte man nur das seitliche MG 131. Der B-Stand auf dem Rumpfrücken wurde meist mit einer Abdeckung verschlossen, die bei den Fliegern bald den Spitznamen »Mülltonnendeckel« hatte. Viele C-3 B flogen auch ohne MG. Die als Transporter eingesetzten C-3 D hatten die miltärische Typenbezeichnung D-44, wobei das »D« für dopravní, auf Deutsch »Verkehr«, stand.
Die Schulmaschinen waren ›Kanonenvögel‹, von denen jedoch nur wenige entstanden. Wie es mit den »Síbl« weiterging und auf welch kuriose Weise manches Relikt davon erhalten blieb, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. n
Quellen: Franzke, Manfred: Siebel Fh 104/Si 204 Varianten: Schul- und Verbindungsflugzeug der Luftwaffe. Flugzeug Profile 50, 2011 Irra, Miroslav: »Síbl« Siebel Si 204/Aero C-3 v ceskoslovenskem letectvu. Cesky Text 27, Bucovice 2015
Cockpits BACKGROUND
Verspätet hielt die »Digitalisierung« auch in Verkehrsflugzeugen Einzug. Hier das Cockpit einer Boeing 767-300R Foto picture-alliance/Michael Fritscher/picturedesk.com
WIE EIN HUND VORM FERNSEHER
Vom Uhrenladen zum Digitalcockpit A
ls der 34-jährige Leutnant James Harold »Jimmy« Doolittle am 24. September 1929 aus dem hinteren Cockpit seines Doppeldeckers kletterte, musste er blinzeln: Der spätere Weltkrieg-II-Fliegerheld hatte soeben unter einer Sichtschutzhaube den weltersten kurzen Blindflug hingelegt und war vom Start bis zur Landung nur seinen Instrumenten gefolgt. Der nagelneue Sperry-Horizont in seiner Consolidated NY-2 »Husky« auf dem Mitchel Field (Long Island) sah schon so aus wie seine Nachfolger; er könnte noch heute in jedem Kleinflugzeug dienen.
MODERNE PILOTEN WOLLEN aber Flachbildschirme, sie tun sich zunehmend schwer mit den »Uhren«. Kein Wunder: Displays bringen Fluginfos gebündelt vor ihre Nasen, sie müssen beim Instrumentenflug nicht mehr rastlos hin und her gucken. Fällt ein Bildschirm aus, genügt oft ein Knopfdruck, und ein anderer übernimmt. Streikt dagegen eine analoge Höhen-, Drehzahl-, Kompass- oder Horizontanzeige, sind die Angaben auf ihrer Cockpitseite futsch. Die von vorn so filigran wirkenden Rundinstrumente sind in Wirklichkeit lange schwarze Röhren, vollgestopft mit Mechanik und Elektrik. Niemand kann die mal eben vor Ort reparieren, sie müssen raus. Deshalb sind die teuren Digitaldisplays (Stückpreis um 100 000 Euro im Verkehrsflugzeug) letztlich wirtschaftlicher und bieten wegen ihrer Redundanz mehr Sicherheit. FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
ES DAUERTE EIN WENIG, bis sich das Glascockpit durchsetzte. Die mächtige F-111 Aardvark (Erdferkel) machte zu Beginn der 1970er-Jahre mit einem »Multifunktionsdisplay« den Anfang. Nicht nur die Avionik des ersten Serien-Schwenkflüglers war sehr fortschrittlich: Bei einem Notfall konnten sich die Piloten mit der kompletten Cockpitkapsel retten. Im hinteren Cockpit des TornadoSchwenkflüglers saßen ein paar Jahre später zwei große Bildschirme und ein Moving Map/Radar Display. Der Waffensystemoffizier (WSO) überprüfte laufend den Standort (GPS war noch nicht verfügbar), programmierte die Bordwaffen und berechnete Route und Spritverbrauch. Konventionelle Fluginstrumente vervollständigten das hintere Cockpit; einen Steuerknüppel hatte der WSO freilich nicht. VERKEHRSFLUGZEUGE HINKTEN bei der Glascockpit-Einführung hinterher; sie befinden sich in der Nahrungskette nun einmal weiter unten als Militär- oder Businessjets. Erst ab Mitte der 1990er-Jahre begann sich auch in den großen Cockpits die flächendeckende »Verglasung« durchzusetzen, Wegbereiter war der elektrisch gesteuerte Airbus A320. Nicht alle waren spontan begeistert von den vielen Bildschirmen. Ein DC-9-Kapitän brachte es dabei auf den Punkt: »Jetzt weiß ich, wie sich ein Hund vorm Fernseher fühlt.« Rolf Stünkel n
»Verkehrsflugzeuge hinkten bei der Einführung hinterher, sie befinden sich in der Nahrungskette nun einmal weiter unten.«
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OLDTIMER
Vintage Air Rally Kreta–Kapstadt
AUF SÜDKURS ÜBER AFRIKA
Oldie-Karawane Seit 1931 beflog die britische Imperial Airways die reizvolle Route London–Kairo–Kapstadt. Man beförderte betuchte Touristen und höhere Kolonialbeamte. Das ist lange her, und auch Großbritannien ist kein Empire mehr. Bei der Oldtimer-Rallye Crete-2-Cape wurde im vergangenen Herbst die historische Strecke kurzzeitig wiederbelebt Von Stefan Bartmann
E
s war eine dieser »Jetzt oder Nie«-Entscheidungen, die man im Regelfall nicht bereut. Als Ingo Presser, Ex-Captain bei der LTU, Mitte 2015 von der Vintage Air Rally Crete-2-Cape erfuhr, war ihm schnell klar, dass sich ein alter Wunsch erfüllen würde. Afrika von oben – das kannte er zwar bereits beruflich, als er noch Linie flog. Aber in »Giraffenhalshöhe« hatte er den Kontinent noch nicht gesehen. Ein Blick zurück. Als die Imperial Airways die Strecke beflog, zeichnete sich der kommerzielle Passagierluftverkehr im gro-
Startvorbereitungen in Hurghada, Ägypten, eine der ersten Etappen. Noch wusste keiner, auf welches Abenteuer man sich eingelassen hatte. Auch Begleit-Helis (im Hintergrund) waren dabei
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ßen Stil bereits ab. Das Abenteuer der (zumeist) britischen Pioniere, die seit den 1920er-Jahren in ihre weit entfernten Kolonien ausschwärmten, war praktisch vorüber. Die Crete-2-Cape-Piloten flogen also um der »alten Zeiten« willen. Sam Rutherford, ehemaliger Heli-Pilot beim britischen Army Air Corps, lebt in Belgien. Er hat eine Eventund Medienagentur gegründet, die sich auf Spektakel dieser Art spezialisiert hat. Schon seit
Langem wollte er die quasi stillgelegte Strecke wiederaufleben lassen, wenigstens für ein paar aufregende Wochen lang. Da brauchte er bei Ingo Presser nicht lange zu fragen. Das passende Fluggerät für die Afrika-Expedition hatte sich der 72-Jährige aus Ratingen bei Düsseldorf bereits 35 Jahre vorher zugelegt: eine CASA-Bücker 131 Jungmann, Baujahr 1934, mit Tigre-Vierzylinder. Er fliegt auf dem Verkehrslandeplatz Borkenberge zwischen Dortmund und Münster. Seit seinem Abschied vom Airliner-Cockpit im Jahr 2004 kann er sich intensiver sei-
minus 13 Grad gesunken. Am 12. Noner D-EEEK widmen. Insgesamt vember startete dann die Oldie-Kahat er 1200 Flugstunden auf dem rawane bei schönstem Herbstwetter populären Klassiker abgebrummt; auf dem Regionalflughafen Sitia auf reichlich Erfahrung also, um ein Kreta zum 400-Kilometer-Sprung auf Stück weiter über den heimischen den afrikanischen Kontinent. Tellerrand zu blicken. Bis ans NordDort sind Bücker-Produkte eher kap hat er sich bereits vorgearbeitet. selten anzutreffen – sieht man von Jetzt war der Süden dran. der Bü 181 Bestmann ab, die in Ein ganzes Jahr investierte er in die den 1950er-Jahren eine Zeit lang in Vorbereitungen. Die Bücker bekam eiÄgypten als Goumhouria (mit Connen Extra-Tank verpasst, der 150-PStinental-Sechszylinder) lizenzgeferTigre erhielt eine Grundüberholung. tigt wurde. Schon etwas häufiger zu Immerhin sollte es über die Alpen finden: die D.H. 82 Tiger Moth, der und stundenlang übers offene Meer klassische britische RAF-Trainer zur gehen; reine Nervensache für EinAnfängerschulung. Dafür spricht Mot-Oldie-Piloten. Doch Presser würauch die auffallende Zahl der Tiger de ja zumeist in der Gruppe fliegen Moth auf der Teilnehmerliste: imund zudem nicht allein an Bord sein. merhin vier. Ein befreundeter Arzt aus Brisbane, Da fiel das deutsche Team mit Bob Campbell, würde ihn als Co-Pilot seiner kompakteren Bücker schon begleiten. Für beide blieb im engen Ex-Captain Ingo Presser. Der 72-jährige Jungmann-Flieger aus etwas aus dem Rahmen. Als NumGepäckfach der Jungmann nur mehr Ratingen flog bevorzugt in »Giraffenhalshöhe« mer 35 flogen noch zwei Deutsche Platz für das Nötigste. Unerlässlich sind dabei, trotz bester Vorbe- von elf Oldie-Doppeldeckern plus einer An-2 mit. Ihre WACO YMF-5D ist eine Neuauflage reitung: Geduld, Gelassenheit und die Bereit- aus Großbritannien, die gemeinsam ans Kap des populären Schwergewichts aus Übersee, schaft zur Fügung ins Unvermeidliche. Etwas wollten. Teilnehmer aus 18 Nationen hatten um deren Deutschland-Vertrieb sich der für Optimisten und wahre Fanatiker also. Der- sich für die Nostalgie-Rallye begeistern lassen. Rheinland Air Service in Mönchengladbach Schon im Oktober parkte Presser sein Flug- kümmert. Die knallrote Maschine war, ausgegleichen Personal findet sich aber noch in der exklusiven Szene der Vintage Aircraft. Und so zeug wohlweislich in Athen; beim Flug über hend vom Baujahr, das jüngste Flugzeug in war am Schluss die D-EEEK lediglich einer die Alpen war das Thermometer bereits auf der Flotte der Afrika-Flieger.
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OLDTIMER
Vintage Air Rally Kreta–Kapstadt
Die Veranstalter sorgten für die Logistik, die Teilnehmer packten mit an. Hier tankt die Stearman des amerikanisch-irischen Teams
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Auf den Spuren der Imperial Airways. Schon vor gut acht Jahrzehnten flog man exklusiv ans ferne Kap
Fotos Beatrice de Smet/Prepare2Go, Ingo Presser
Improvisierte Airshow auf staubiger Piste. In Kenia gab’s genug Motive für Smartphones. Hier kommt eine TravelAir 4000
Erste Station: Mersa Matruh, Ägypten. Ein Flug von zwei Stunden und 40 Minuten. Bis Kairo war es nicht mehr weit. Die Kolonialzeit ist längst Geschichte und es gibt keine britischen Beamten mehr, die reiselustige Landsleute souverän durchwinken. Auch andere europäische Nationen herrschten bekanntlich damals mit erstaunlichem Sendungsbewusstsein in und über Afrika.
Schnappschüsse im Vorüberfliegen Jede Menge Freiheit: stundenlange Steppenflüge, Victoriafälle, Kap der guten Hoffnung … Die Eindrücke der Vintage Air Rally reichen für ein ganzes Fliegerleben. Es gab Probleme und Zwischenfälle. Doch wer es bis ans Kap schaffte, hatte nichts zu bereuen.
Im offenen Oldie über Botswana. Der britische Moth-Pilot hat Grund zum Schwärmen
Stampe über Cheops Wer heute die afrikanische Luftfahrtbürokratie – freilich hypersensibel durch die allgemeine Terrorfurcht – einmal zu spüren bekommen hat, sehnt sich nach deutschen Amtsstuben. Besonders in Kairo habe sich das Erbe der Briten gehalten, heißt es. Ansonsten habe sich der Schreibkram auf der ganzen Reise in akzeptablen Grenzen gehalten, meint Ex-Berufspilot Presser. Flugbetrieb samt Landung am Fuße der Pyramiden? Da machen ägyptische Behörden niemals mit, sollte man meinen. Diesmal aber schon, zum ersten Mal seit vielen Jahren! Wer weiß, wie Organisator Rutherford das gelungen ist. Aber nicht alle Rallye-Teilnehmer kamen in den Genuss dieser einmaligen Option. Nur einer, um genau zu sein. Und so musste das Los entscheiden. Es traf einen Belgier mit seiner Stampe SV-4. Der ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und fegte mit dem Doppeldecker recht munter um das letzte erhalten gebliebene Weltwunder. Das wuchernde, pulsierende Kairo liegt kaum einen Steinwurf davon entfernt. Seit den 1930er-Jahren ist die Welt unübersichtlicher geworden. Der kriegsgeschüttelte Sudan hat sich erst jüngst in einen Nord- und Südteil aufgespalten. Im Tiefflug über der sudanesischen Wüste bekamen die Reisenden von solch irdischen Querelen nichts mit. Südlich von Khartum zeigt sich die Landschaft grüner und freundlicher.
Einer der Höhepunkte der Vintage Air Rally: die Victoriafälle zwischen Simbabwe und Sambia. Wassermassen und Motorgeknatter
Vermisst: »Liberty Girl II« Reizvoll auch die Bandbreite der teilnehmenden Piloten und Begleiter. Wenige Berufspiloten und etliche Freizeitflieger waren darunter, junge und ältere, Männer und Frauen. Die Rolle des »Querschlägers«, den jede Rallye doch irgendwie als Zutat braucht, nahm der Brite Maurice Kirk dankbar an. Der eigenwillige Senior, der erst en-route zu der Gruppe gestoßen war, flog eine Piper L-4 namens »Liberty Girl II«. Kirks Vorstellungen von dem Event differierten wohl etwas von der offiziellen Version … Prompt ging der passionierte Alleinflieger irgendwo im Grenzgebiet des Sudan und Äthiopiens verloren. Eine Suchaktion konnte den 71-Jährigen unbeschädigt aufspüren. Die verbeulte Piper wurde auf einen Anhänger gewuchtet – das war das Ende der Vintage FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
Weiter südlich geht’s kaum. Nach dem Kap der guten Hoffnung kommt nur mehr die Antarktis
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OLDTIMER
Vintage Air Rally Kreta–Kapstadt
Motte unterm Kilimandscharo in Tansania. Die robusten Doppeldecker kamen gut mit den bisweilen rauen Verhältnissen zurecht. Sie waren einst dafür konstruiert worden
Air Rally für Kirk. Spürbar die allgemeine Erleichterung, als man sich um den Piper-Flieger (der schon mit Filmstar Oliver Reed um die Wette getrunken haben will) keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Meist war man in lockerer Formation unterwegs und stets im Sichtflug, wobei die deutsche Bücker die britischen Motten und amerikanischen TravelAirs mühelos abhängte – was denen gar nicht gefallen habe, erinnert sich Presser. Aus diesem Grund war er auch der erste Oldtimer, der sich auf dem zivil und militärisch genutzen Flughafen Gambela in Äthiopien meldete. Doch offenbar hatte man versäumt, entscheidende Stellen, etwa das Militär, um vorherige Freigabe zu bitten. Das sollte sich jetzt rächen …
wurden an diesem 22. November beschlagnahmt, Einzelverhöre folgten. Einer der Teilnehmer ließ seine Kontakte in höchste US-Regierungskreise spielen, um die Gruppe aus der diplomatischen Klemme zu manövrieren. Das half tatsächlich. Und so ging’s am 24. November weiter, dem Kap entgegen.
riierten zwischen einem schlichten Schlafsack unter den Tragflächen und luxuriösen FünfSterne-Hotels. Die Start- und Landplätze wechselten von Flughäfen zu Staubpisten. Wenige Zwischenfälle machten die möglichen Schattenseiten eines solchen MassenFernfluges deutlich. Am schlimmsten traf es
Offenbar hatte man versäumt, das Militär um vorherige Freigabe zu bitten … das irische Team, bestehend aus Vater und Tochter Ordway, als ein Lagerschaden die Stearman nahe Nairobi zu Boden zwang. Bei der missglückten Außenlandung überschlug sich der US-Doppeldecker und kam auf dem Rücken zum Liegen. Den beiden Ordways geschah nichts, doch die Maschine
Trouble in Gambela
Aber es wurde nicht nur geflogen oder mit Behörden gerauft. Auch das Unterhaltungsprogramm konnte sich sehen lassen: Safari in der Serengeti, Frühstück im Busch, Party am Strand von Sansibar … Immerhin hatten die Teilnehmer für gutes Geld eine Art »Rundum-Sorglos-Paket« gebucht. Die Quartiere va-
Schon während des Fluges war den Fernfliegern an der Landesgrenze die Einfluggenehmigung verweigert worden; für eine sichere Umkehr hätte allerdings bei keinem der Sprit mehr gereicht. Also weiter. Im Anflug auf Gambela blieb Presser nichts anderes übrig, als auf seinen sinkenden Kraftstoffstand zu verweisen, nachdem ihn die Flugleitung weiterkomplimentieren wollte. Seine Mitflieger weiter hinten, die im Funk mitgehört hatten, taten anschließend dasselbe. Ein Dutzend Oldies und ein paar Begleitflugzeuge auf dem Vorfeld, alle mit Spritproblemen … Die überrumpelten Controller reagierten wenig mitfühlend. Die Folge davon waren drei höchst ungemütliche Tage quasi in Arrest. Ausrüstung und elektronische Geräte
Bunte Reisegruppe. 40 Oldie-Fans und Begleiter waren in die Rallye verwickelt. Viele davon sorgten für die Logistik und einen gelungenen Ablauf
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Sunset in Assuan, Ägypten. Asphaltierte Flugplätze waren eher die Ausnahme
wurde ziemlich gefaltet. Der israelische Besitzer, der nach dieser Etappe eigentlich hätte umsteigen und bis zum Kap weiterfliegen wollte, konnte den Trümmerhaufen nur noch zerknirscht in Augenschein nehmen. Die unbarmherzige Natur schlug auf dem Flughafen Maun in Botswana zu. Dort riss ein Sturm eine Tiger Moth aus der Verankerung und drückte sie gegen einen daneben geparkten R 44 Begleithelikopter. Beide wurden beschädigt und mussten den Flug abbrechen. Die Jungmann blieb von solchen Ärgernissen verschont, wurde jedoch von Ölverlust geplagt. Die Schmiere sickerte immer wieder unter der Motorverkleidung hervor. Aber Presser kennt das Phänomen schon. Der spanische Tigre tropfe gern, mal mehr, mal weniger. Nur das Putzen sei wirklich lästig. Also kein Grund zur Besorgnis … und tatsächlich hielt
der Vierzylinder bis zum Kap wacker durch. Die wenigen Ersatzteile, die noch in der Jungmann Platz fanden, etwa ein Satz neuer Zündkerzen, waren gar nicht vonnöten. Nur das Spornrad musste einmal getauscht werden; der Abrieb auf den Asphaltbahnen mit ihren langen Rollwegen war enorm.
Hauptsache ankommen Zwei Helis und sechs Begleitflugzeuge sorgten dafür, dass die Oldie-Karawane nie ernsthaft ins Stocken kam – zumindest technisch. Gemessen an den logistischen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten habe Sam Rutherford einen guten Job als Organisator abgeliefert, so Presser. Fliegerische Höhepunkte gab es genug – reichlich Entschädigung also für die erlittene Mühsal, etwa stundenlange Flüge in Bruthitze mit teils bösartigen Turbulen-
zen und plötzlichen heftigen Regenfällen. Wer seinen fliegerischen Erfahrungsschatz erweitern wollte, war hier jedenfalls richtig. Unterm Strich konnte der Deutsche nach dem Crete-2-Cape-Trip seinem üppigen Flugbuch weitere 85 Bücker-Flugstunden hinzufügen. Als Zugabe fand er »eine fliegerische Freiheit, wie ich sie selten zuvor erlebt habe«. Auch wenn das ganze Abenteuer als Rallye tituliert worden war, ging es doch hauptsächlich ums Ankommen; das wurde allgemein akzeptiert. Gefreut hat sich Presser dennoch über seinen zweiten Platz, als er sich am Zielort Stellenbosch, 50 Kilometer östlich von Kapstadt, aus dem Overall schälte. Es folgte die groß aufgezogene Siegesfeier. Seit dem Start auf Kreta waren 35 Tage vergangen. Dazwischen lagen elf Länder und 37 Zwischenlandungen. n
Die Entdeckung Amerikas
Rückkehr auf dem Wasser. Die Jungmann wurde am Kap demontiert und in einen ÜberseeContainer verstaut. Im Februar schipperte die Fracht noch gen Rotterdam FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
In Belgien zählt der Veranstalter bereits die Tage und Stunden bis zum Start der nächsten Vintage Air Rally, ganz ernsthaft. Man wechselt den Kontinent, diesmal geht es in nördlicher Richtung durch beide Amerikas. Start ist am 3. März 2018 im argentinischen Ushuaia auf Feuerland. Sechs Wochen später, am 14. April, möchte man in Florida sein. Wer nicht die ganze Strecke mitmachen will oder kann, dem bietet das Unternehmen Prepare2go auch die Teilnahme einzelner Etappen an. Mehr dazu unter n
[email protected].
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LESERALBUM
Alfons Bammer als Gefreiter Anfang 1962
FIAT G-91 BEI DER BUNDESLUFTWAFFE
Als Mechaniker A
ls 20-Jähriger begann der Augsburger Alfons Bammer am 3. Juli 1961 seine Laufbahn bei der noch jungen Bundesluftwaffe in der 11. Kompanie des Luftwaffenausbildungsregiments 4 in Leipheim. Vieles in der Stadt war noch vom Krieg zerstört und trostlos. Seit 1936 diente der Ort als Fliegerhorst, am 18. Juli 1942 schrieb er Luftfahrtgeschichte, als dort die Messerschmitt Me 262
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zu ihrem Jungfernflug startete. Bereits ein Jahr zuvor war ebenfalls an dieser Stelle zum ersten Mal die Me 321 abgehoben, das größte Segelflugzeug der Welt. Später wurden die Riesen dort auch montiert. Ende September 1961 wechselte Bammer nach Erding zum Aufklärungsgeschwader 53, das über Fiat G-91 verfügte. Die Kennzeichen der Flugzeuge des AG 53 setzten sich zusam-
men aus der Buchstabenkombination »EC« und einer dreistelligen Nummer. »E« war ein Zeichen der Aufklärungsgeschwader. Die erste Zahl stand für die Staffel und die weiteren bildeten fortlaufende Nummern. Die Unterkünfte befanden sich im Nordlager am Fliegerhorst. Von Januar bis April 1962 folgte der Flugzeugmechaniker-Lehrgang in Faßberg. Danach kehrte Bammer zum AG 53
Fotos Sammlung Alfons Bammer
Die noch junge Bundesluftwaffe setzte von 1960 bis 1982 die Fiat G-91 als leichtes Kampfflugzeug ein. Bei Piloten und Warten war der Jet gleichermaßen beliebt. Alfons Bammer hat ihn viele Jahre als Mechaniker miterlebt und gewährt nun einen Blick in seine spannende Zeit mit den Maschinen Von Peter W. Cohausz
Spektakuläre Flugaufnahme einer Rotte G-91 R/3. Die Jets dienten als leichtes Kampfflugzeug, aber auch als Bomber oder Aufklärer bei der noch jungen Bundesluftwaffe. Alfons Bammer hielt in den 1960er-Jahren als 1. Wart diese Maschinen in Schuss
Feierliche Übergabe von der Waffenschule 50 an das AG 53 im Oktober 1961 Das Nordlager in Erding war die Unterkunft des AG 53. Wegen der Baracken nannte man es auch »Klein-Sibirien«
bei den »Ginas« zurück, das inzwischen nach Leipheim umgezogen war, und arbeitete in der Werft als Flugzeugmechaniker und erster Wart. Von August bis November 1962 ging der berufliche Aufstieg weiter mit einem Unteroffiziers-Lehrgang beim Jagdbombergeschwa-
wieder als erster Wart beim AG 53 weiter. Dieses Geschwader wurde 1960 von der Waffenschule 50 in Erding ausgestellt. Der Einsatzstandort befand sich ab Mai 1962 im bayerischen Leipheim. Die Zeit als reines Aufklärungsgeschwader endete im Ju-
Bammers Kommodore war kein Geringerer als Fliegerass Oberst Walter Krupinski! der 33 in Büchel in der Eifel. Die Ernennung zum Unteroffiziersanwärter erhielt Alfons Bammer vom seinem Kommodore, damals kein Geringerer als das Fliegerass Oberst Walter Krupinski! Anschließend ging der Alltag FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
ni 1965 damit, dass man es zum Leichten Kampfgeschwader 44 (LeKG 44) umstrukturierte. Somit änderten sich auch die Kennzeichen, die nun mit den Buchstaben »MD« begannen. 1968 stellte die Luftwaffe das
Kennzeichensystem auf je zwei Zahlen vor und nach dem Eisernen Kreuz um. Die ersten beiden Zahlen bezeichneten den Typ des Flugzeugs und die letzten beiden die einzelne Maschine. Für die einsitzigen Fiat G-91 R/3 verliefen die Erkennungszeichen von 30+01 bis 33+23 und für die Doppelsitzer G-91 T/3 von 34+01 bis 34+40. Das LeKG 44 wurde Mitte 1975 aufgelöst. Danach waren in Leipheim noch ein Flugabwehrraketenregiment der deutschen Luftwaffe und zeitweise A-10 der USAFE stationiert. 1994 endete der Flugbetrieb und 2008 nutzte man den Platz auch nicht mehr für militärische Zwecke. Seitdem wird er in ein Gewerbegebiet umgewandelt.
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LESERALBUM
Über 30 Fiat G-91, frisch aus dem Werk, in Reih und Glied bei der Übergabe durch die Waffenschule 50. Die EC+120 war vermutlich die Werknummer 0080 von Fiat, die zuvor das Kennzeichen BD+120 hatte und später nacheinander ER+120 (das R steht für Reserve), MB+241 (LeKG 42) und ab 1968 den neuen Code 30+23. Im Juli 1976 kam sie nach Portugal und flog bis 1991 bei der 301. Esquadra als 5443. Danach kam sie auf das Altenteil. Allerdings gab es auch noch eine von Dornier gebaute Fiat G-91 R/3 (Werknummer 517), die ebenfalls das Kennzeichen EC+120 trug. Später wurde sie MD+120 und 32+48 und in Portugal 5467
Die Fiat G-91 R/3 mit dem Kennzeichen DG+114 eines Jagdbombergeschwaders war nagelneu und Ersatz für eine abgestürzte Maschine, als sie Alfons Bammer in Leipheim bekam, um sie zu betreuen. Die »Gina« stammte aus der Lizenzproduktion von Dornier und hatte die Werknummer 366. Eingeflogen wurde sie als KD+356, später erhielt sie die Kennzeichen MA+114, MA+244 und 31+00. Sie endete als Ersatzteilspender
Dokumentiert wird die Geschichte des Flugplatzes im Fliegerhorstmuseum Leipheim. Nicht weniger als 15 Einheiten und Institutionen sind seit 1936 bis zum Ende des Flugplatzes dort stationiert gewesen: vor 1945 Kampf- und Jagdflieger, Nachtjäger, die »Wilde Sau« und die Firma Messerschmitt; nach Kriegsende die USAAF und ab 1960 die Bundeswehr, wieder mit Jagd- und Kampffliegern, Aufklärern, Flugabwehrraketen, Versorgern und Werft.
»Gina« im Museum
Die abgestellte DG+114 von links. Details für Modellbauer: die geöffnete Klappe für die Ölstandsprüfung der Hydraulikpumpe am Rumpf, heraushängende Gurte und eingehängte Einstiegsleiter
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Selbstverständlich ist im Museum auch eine Fiat G-91 R/3 ausgestellt. Diese »Gina« aus der Dornier-Produktion thronte lange Zeit als Gate-Guard auf einem Pylon. Nun steht sie wieder auf ihrem Fahrwerk. Sie hat die Werknummer 406 und flog nacheinander mit verschiedenen Kennzeichen. Diese lauteten:
Aufmarsch zur Vereidigung von Bammers Bataillon
Tägliche Arbeit: Der erste Wart Bammer hilft dem Piloten, den Start in der DG+114 vorzubereiten
Bei der Zwischenfluginspektion wird eine neue Starterkartusche eingesetzt. Man beachte die zahlreichen Wartungshinweise in Englisch und in Deutsch
Eine »Gina« von vorne. Auf dem Deckel des Lufteinlasses für das Triebwerk findet sich die Werknummer 0085. Dabei handelte es sich um die Fiat G-91 R/3, EC+251, die am 3. April 1962 bei Ottershausen abstürzte und verloren ging. Der Pilot, Feldwebel Gerhard Joos, konnte sich mit dem Schleudersitz retten
FLUGZEUG CLASSIC 5/2017
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LESERALBUM
Noch mit geöffneter Kabinenhaube rollt die DG+114 zur Startbahn
Dieses Porträt der G-91 R/3, DG+114, von hinten zeigt schön die ausgefahrenen Landeklappen und an der Rumpfunterseite die Sturzflugbremsen (Speedbrakes)
KD+396, DH+113, EC+116, MD+116 und zuletzt 31+38. Zusätzlich kann man neben Fahrzeugen und vielem weiteren Equipment auch noch eine Bell UH-1D und einen AlphaJet besichtigen. Bei Interesse finden Sie weitere Informationen über das Museum im Internet unter der Adresse www.fliegerhorstmuseum-leipheim.de. Wie es mit Bammer und den »Ginas« weiterging, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. n
Quellen: Archiv Albert Kleikamp ModellFan Spezial: Die Luftfahrzeuge der Luftwaffe von 1956 bis 2006 in Vorbild und Modell. Bremen 2006
Eine Staffel startklarer »Ginas«. Die DG+118 stammt von Dornier (Werknummer 370) und wurde als KD+360 eingeflogen. Später erhielt sie die Kennzeichen MA+118 und 31+04. 1976 verkaufte man sie nach Portugal, wo sie bei der 301. Esquadra als 5446 flog. Im September 1991 musterte man sie aus, 2001 wanderte sie in Arranho in den Schrott
SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: FLUGZEUG CLASSIC, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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WISSEN KOMPAKT
Wussten Sie, dass … … schon im Juni 1963 eine F-4 Phantom und eine F-8 Crusader auf dem US-Flugzeugträger Midway vollautomatische Trägerlandungen machten?
… der geniale Schöpfer der Spitfire, Reginald »R. J.« Mitchell, nie ein Ingenieurstudium für Flugzeugbau absolvierte und sich seine Kenntnisse an der Abendschule aneignete?
… die Briten bei Bombern ab 1942 das Heckwarnradar »Monica« einsetzten – und 1944 wieder ausbauten, nachdem Luftwaffen-Nachtjäger mit dem »Flensburg«-Empfänger ihre Radarstrahlen einpeilen konnten? … der legendäre Test- und Kunstflieger Robert »Bob« Hoover (1922–2016) kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs mit einer »geborgten« Fw 190 aus der deutschen Kriegsgefangenschaft von Barth nach Holland fliehen konnte?
Fotos RAF, Sammlung Wolfgang Mühlbauer
Zahl des Monats
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A6M-Zero-Jäger wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fertiggestellt. 79
UNTERHALTUNG
Das Bilderrätsel Hundert Jahre Luftfahrtgeschichte – erkennen Sie die hier abgebildeten Typen? Lösung: 1 2 3 4 5
Hawker Hurricane Mk.I Nakajima Ki-43-II Hayabusa (Oscar) Heinkel He 177 A Latécoère 298 Lockheed P-80
Der Badener Ernst Schlegel (der im Oktober 1913 sagenhafte 1606 Kilometer fliegt, ehe er nachts bei Königsberg Bruch macht) ist einer der ersten Flieger auf dem neuen Flugplatz Lachen-Speyerdorf unterm Hambacher Schloss in der bayerischen Pfalz. Zivilisten haben sich im Mai 1912 zusammengetan und den künftigen Flugplatz »Lilienthal« aus der Taufe gehoben; am 3. Oktober 1912 eröffnet er feierlich. Schlegel ist bei diesem ersten »Schaufliegen« dabei. Sein Flugapparat ist weder deutsch noch bayerisch: Die Aviatik-Werke im elsässischen Mülhausen fertigen den französischen Hanriot-Eindecker in Lizenz – mit deutschem Argus-Vierzylinder aus Berlin-Reinickendorf. Im Mai 1916 befindet die Königlich-Bayerische Fliegertruppe den Platz als »flugtechnisch ganz vorzüglich geeignet« (obwohl sich der Erdboden als patschnass erweisen wird) und siedelt ihre Militärfliegerschule II an. Noch heute, gut ein Jahrhundert nach seiner Gründung, beeindruckt das einst königlich-bayerische Flugfeld durch seine großzügige Ausdehnung, die sich hinter Schleißheim nicht zu verstecken braucht. Stefan Bartmann
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Foto Sammlung Stefan Bartmann
»Ganz vorzüglich geeignet …«
Fundstücke
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So Mildred Doran im August 1927 über den sorglosen Umgang mit Werkzeug an Bord der einmotorigen »Miss Doran«; man hätte es gut brauchen können. Die 22-jährige Lehrerin aus Michigan fliegt als Passagier beim Dole-Luftrennen von Oakland nach Honolulu mit. Doch schon bei der Anreise hat der Buhl CA-5 Air Sedan Motorprobleme gehabt. Nach dem Start am 16. August 1927 bleiben Flugzeug und die dreiköpfige Besatzung über dem Pazifik spurlos verschollen.
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Nr. 191 I 5/17 I Mai I 18. Jahrgang
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Der Hoffnungsträger
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Es dauert länger als erwartet, bevor die Me 262 am 18. Juli 1942 zu ihrem Jungfernflug mit Strahltriebwerk abheben kann. Dafür aber hat sich das Warten gelohnt. Denn erst einmal in der Luft, zeigt der künftige Düsenjäger praktisch vom ersten Augenblick an, welches Leistungspotenzial in ihm steckt – und gibt rasch Anlass zu den größten Hoffnungen.
Nach wie vor spitze
Verlag
Foto Supermarine
Der Rolls-Royce-Griffon-Motor pusht die Spitfire noch einmal ordentlich nach vorne. Ab Sommer 1944 überzeugt die erste passend in Großserie gebaute Version F Mk.XIV auf breiter Basis an der Front. Ihr direkter Nachfolger F Mk.XVIII kommt dagegen zu spät für den Krieg.
GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München www.geramond.de Geschäftsführung Clemens Hahn Leitung Marketing und Sales Zeitschriften Andreas Thorey Vertriebsleitung Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem: AUTO CLASSIC TRAKTOR CLASSIC TRAKTOR XL FLUGMODELL STRASSENBAHN MAGAZIN LOK MAGAZIN BAHN EXTRA MILITÄR & GESCHICHTE
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Fotos Sammlung Dietmar Hermann
Kolbenflugmotoren haben einen großen Nachteil. Ihnen geht in großen Höhen förmlich die Luft aus. Um genau das zu ändern, entwickeln die Deutschen erstmals eine Einspritzanlage für einen flüssigen Sauerstoffträger. Noch 1940 testet die Luftwaffe erfolgreich eine solche GM1-Anlage in der Bf 109 E. Wie bewährt sie sich im Einsatz? Lieber Leser, Sie haben Freunde, die sich ebenso für Oldtimer der Lüfte begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser. Ihr Chefredakteur Flugzeug Classic Markus Wunderlich
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