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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
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Militärflugzeuge aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien
Militärflugzeuge des Ersten Weltkriegs
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Militärflugzeuge des Ersten Weltkriegs Teil 1: 1914 bis 1917 Luftschiffe
Kampfflieger
Alliierte Gegner
n e d n e g e L e t f ü L r e d at Jeden Mon k! s neu am Kio
Vorwort · Inhalt
Vorwort ___________________________________
______ vereinigt mit www.flugzeugclassic.de Redaktionsanschrift Postfach 40 02 09, D-80702 München Tel. +49 (0) 89.130699.720 Fax +49 (0) 89.130699.700 E-Mail:
[email protected] Redaktionsleitung: Markus Wunderlich Chefredakteur: Markus Wunderlich Redaktion: Herbert Ringlstetter, Stefan Krüger, Alexander Losert Texte: Herbert Ringlstetter Wolfgang Mühlbauer Fotos (sofern nicht anders angegeben): Sammlung H. Ringlstetter und W. Mühlbauer Grafiken: © 2014 Herbert Ringlstetter – www.aviaticus.com Fotos Umschlag: Sammlung Ringlstetter Herstellung: Karin Vierheller
Leserservice, Kundenservice, GeraMond-Programm Tel. 0180 – 532 16 17 (14 Cent/Min.) Fax 0180 – 505 16 20 (14 Cent/Min.)
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it FLUGZEUG CLASSIC SPECIAL 12 betreten wir erstmals eine weit zurückliegende Zeitspanne in der Luftfahrtgeschichte. Vor knapp 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg und mit ihm eine neue Art der Kriegsführung. Mit dem vorliegenden Heft möchten wir Ihnen einen Einblick in die technische Entwicklung der damaligen Kriegsfliegerei vermitteln. Um ein rundes Bild zu erzeugen, zeigen wir, mit welch teils ausgefeiltem gegnerischen Fluggerät es die deutschen Flieger zu tun hatten. Zudem menschelt es beträchtlich, wenn es um die Führer der fliegenden Kisten geht – Immelmann, Boelcke, Guynemer und viele andere starten zum Feindflug. Als »Heckschütze« mit an Bord ist
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dieses Mal Wolfgang Mühlbauer, der in etlichen Beiträgen die deutsche Seite von den Aufklärern bis zu den Luftschiff-Giganten anschaulich näher bringt. Bewusst haben wir uns dafür entschieden, zumindest ein Stück weit den damaligen Sprachgebrauch mit ins Heft zu nehmen. So lässt selbst Wolfgang Mühlbauer seine Anglizismen wie »Cockpit« zu Hause. Lesefreundlich aufbereitet hat das Ganze wie immer Karin Vierheller. Entsprechend wünschen wir Ihnen, werte Leserschaft, viel Lese- und Sehvergnügen beim Eintauchen in die Urzeit der Luftkriegsgeschichte.
Herzlichst Herbert
Ringlstetter und Wolfgang Mühlbauer
Inhalt _______________________________________
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Das Militär lernt fliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Die Fliegertruppe entsteht
Beobachten, naherkunden, bombardieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Deutsche Aufklärer bis 1917
Bewaffnete Beobachter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Frühe Aufklärer von Rumpler und LVG
Der Weg zum effektiven Jäger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Schießen durch den Propellerkreis
Die Geburtsstunde des Kampfeinsitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Fokker E.I, II, III und IV
Pusher des Royal Flying Corps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 F.E.2, D.H.2 und F.E.8
Die Franzosen trumpfen auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Nieuport 11, 16, 17 und 23
Fokker sucht den Anschluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Fokker D.I – V
GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München, www.geramond.de Geschäftsführung: Clemens Hahn, Carsten Leininger Herstellungsleitung: Sandra Kho Vertriebsleitung Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung: Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem:
MILITÄR & GESCHICHTE AUTO CLASSIC SCHIFFSMODELL TRAKTOR CLASSIC BAHN EXTRA FLUGMODELL LOK MAGAZIN ELEKTROMODELL STRASSENBAHN MAGAZIN
Preise: Einzelheft € 9,90 (D), 11,50 € (A), sFr. 19,00 (CH), € 11,70 (LUX) (bei Einzelversand zzgl. Porto); ISSN 1617-0725 • 52469 Erscheinen und Bezug: FLUGZEUG CLASSIC SPECIAL ist eine Sonderausgabe der Zeitschrift FLUGZEUG CLASSIC und erscheint im Jahr 2014 zweimal. Sie erhalten FLUGZEUG CLASSIC in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken sowie direkt beim Verlag. © by GeraMond Verlag. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Markus Wunderlich; verantwortlich für die Anzeigen: Helmut Kramer, beide: Infanteriestraße 11a, 80797 München.
Briten und Franzosen legen nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Sopwith Pup und SPAD S.VII
Die deutsche Jagdfliegertruppe rüstet auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Aufrüsten für die Schlacht am Himmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Alliierte Kampfflugzeuge bis Mitte 1917
Kampfeinsitzer der Extraklasse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Albatros D.I, II, III und IV
Fliegen und kämpfen über See . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Deutsche Marineflugzeuge bis 1917
Ausspähen, überwachen, nachts angreifen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Deutsche Luftschiffe bis 1917
Zwischen unscheinbar und farbenfroh: Farbschemata im Ersten Weltkrieg. . . . . 81 Tarnschemen und Markierungen
Auf der anderen Seite der Front . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Erste alliierte Fliegerasse
Lieblingsheld der Franzosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Georges Guynemer
Um den Hals den »Blauen Max« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Asse im Flugkampf
»Der Adler von Lille«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Max Immelmann
Der große Lehrmeister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Oswald Boelcke
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Die Fliegertruppe entsteht
Ein Albatros-M.Z.1-Militär-Zweidecker während der Kaisermanöver 1911 in der Uckermark
Das Militär lernt fliegen
Die Fliegertruppe entsteht Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es vereinzelt Vorführungen von Flugapparaten im Beisein des Militärs, die aber meist kläglich verliefen. Ab 1909 war die Technik jedoch weit genug fortgeschritten, um Flugzeuge für die Streitkräfte interessant zu machen
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ereits 1905 unternahmen die Gebrüder Wright den erfolglosen Versuch, der US Army einen ihren Flyer zu verkaufen. Verbittert versuchte das Brüderpaar sein Glück daraufhin in Europa. Doch auch dort blieb der Erfolg vorerst aus, wenngleich es beispielsweise hierzulande mit Hauptmann Rudolf von Tschudi durchaus vereinzelt überzeugte Befürworter der neuen Flugapparate gab.
Flugzeug oder Luftschiff? Das deutsche Reich setzte damals militärisch ausschließlich auf das Luftschiff. Graf Zeppelin war populärster Volksheld, seine Schöpfungen waren Sinnbild 4
nationaler Größe und technischen Fortschritts. Der Luftschiffbau war staatlich stark subventioniert, fast alle Konstruktionen gingen an die Streitkräfte oder entstanden in deren Auftrag. Hier hatte Deutschland von Anfang an die unumstrittene Führungsrolle – und überschätzte deshalb lange Zeit den tatsächlichen Kampfwert des Luftschiffs. Dessen enorme Kosten schnürten dem Militärflugzeug anfänglich buchstäblich die Luft ab, obschon das Interesse an den neuartigen Fluggeräten geweckt war und man deren rasche technische Entwicklung aufmerksam verfolgte. Dagegen kannte die nationale Flugzeugbegeisterung ab 1906 besonders in
Frankreich dank Luftfahrtpionieren wie Santos-Dumont, Henry Farman oder Louis Bleriot kaum mehr Grenzen. Für das militärische Meldewesen und zu Aufklärungszwecken schienen Flugapparate nun zunehmend interessant. Die französische Armee nahm sich deshalb in wachsendem Maße der Förderung des allgemeinen Flugwesens an – sicher auch mit Blick auf Deutschlands Flotte von Luftschiffen. Etwas verzögert setzte dieser Prozess auch in Großbritannien, Italien und Russland ein. Es war jedoch die US Army, die das erste Militärflugzeug der Welt in Dienst stellte. Am 10. Februar 1908 orderte das amerikanische U.S.
Die Fliegertruppe entsteht Signal Corps einen 1909 Flyer der Gebrüder Wright für die Nachrichtenübermittlung.
Die ersten Militärflugzeuge Im folgenden Jahr ließ die stürmische Entwicklung der Fliegerei keine der großen Armeen mehr unbeeindruckt. In Frankreich gab es bereits eine nennenswerte Luftfahrtindustrie. Dessen Heer beschaffte noch im selben Jahr seine ersten zwölf Flugzeuge zur Artilleriebeobachtung und Luftaufklärung. Die damalige Vormachtstellung der Grande Nation im Flugzeugbau trug ebenso entscheidend dazu bei wie eine Studie, aus der die baldige Überlegenheit des Flugzeuges gegenüber dem Luftschiff hervorging. Deutschland ließ im Oktober 1910 mit Blick auf Frankreich seine Streitkräfte erstmals mit Flugzeugen ausrüsten. Vorerst aber blieb das Luftschiffwesen militärisch wie industriell dominierend. Das Deutsche Reich gab in jenem Jahr nicht einmal zehn Prozent seiner Luftrüstungskosten für Flugapparate aus. Trotzdem hatte sich auch hier eine bescheidene, meist zivile Luftfahrtindustrie etabliert. In Döberitz bei Berlin entstand ab März die erste Militärfliegerschule. Deren erstes Flugzeug samt Fluglehrer stellten die Albatros-Werke privat zur Verfügung. Vier Offiziere nahmen am ersten Lehrgang im Juli teil; das Wartungspersonal umfasste sieben Mann. Bis dahin hatten Soldaten lediglich privat das Fliegen erlernen können – anfangs oft nur in Frankreich! Gerade als hierzulande das erste Militärflugzeug in Dienst gestellt wurde, gründeten die Franzosen ihre erste Fliegertruppe: die Aéronautique Militaire mit anfänglich fünf Staffeln. Im Januar 1911 fanden in den USA die ersten scharfen Bombenwürfe statt, im selben Jahr installierte man in Frankreich erstmals ein Maschinengewehr in ein Flugzeug und experimentierte mit Funktelegrafie. England und Italien begannen ebenfalls, verstärkt Flugmaschinen in ihre Streitkräfte einzugliedern. Auch in Deutschland wuchs die Zahl militärisch eingesetzter Flugzeuge. Im September 1911 nahmen bereits acht davon, darunter die ersten Tauben-Eindecker, an Manövern teil. Die Ausgaben für die Luftrüstung waren deutlich gestiegen – wenngleich sie erst ein Drittel dessen betrugen, was Frankreich dafür ausgab. Und dennoch hatten die deutschen
Albatros Militäreindecker F.T. mit 100 PS starkem Mercedes-Motor von 1913, wie viele der damaligen Maschinen in typischer Anlehnung an die Etrich Taube ausgelegt Foto Albatros
Am Kaisermanöver 1912 waren Albatros-Militärdoppeldecker beteiligt, unter anderem diese Maschine mit Oberleutnant Walter Mackenthun am Steuer
Flugwettbewerbe wurden bald von Militärpiloten dominiert, so beim Prinz Heinrich Flug 1913 durch Leutnant Canter auf einem Rumpler-Eindecker
Otto Militär-Doppeldecker Typ 1913, von dem die bayerische Heeresverwaltung 40 Stück in Auftrag gab flugzeugclassic.de
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Die Fliegertruppe entsteht Streitkräfte bis Jahresende schon 22 Flugapparate im Bestand. 1911 erhielt das Flugzeug außerdem seine Feuertaufe, als der italienische Hauptmann Carlo Piazza am 21. Oktober den wohl allerersten Kriegseinsatz damit absolvierte: Aufklärung über den türkischen Linien nahe Tripolis. Kurz darauf, am 1. November, fielen erstmals Bomben aus einem Flugzeug auf gegnerische Truppen.
»Luftfahrt tut not«
Der Fokker M.5 von Anfang 1914 ließ sich mit unterschiedlich langen Tragflächen Foto Fokker versehen und gilt als einer der Vorläufer der späteren Jagdeindecker
An der Wiener Flugwoche im Juni 1914 nahm auch der Albatros-D-RenndoppeldeFoto Albatros cker teil, der bereits alle Grundzüge späterer Jagdmaschinen zeigt
Das Jahr 1912 markiert einen Wendepunkt in der deutschen Militärfliegerei. »Luftfahrt tut not« hieß das landesweite Motto, und dank der National-Flugspende vom April des Jahres, die rund 7,5 Millionen Goldmark erbrachte, konnten weitere Maschinen angekauft werden. Damit unterstützte man zugleich die junge Flugzeug- und Motorenindustrie, an deren umfangreichem Ausbau immer mehr Interesse bestand. Dass sie damit bald nur mehr vom Militär abhing, war beabsichtigt. Ferner konnten dank der Spendengelder endgültig alle Voraussetzungen zur Ausbildung militärischer Flugzeugführer und Beobachter geschaffen sowie die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin-Adlershof eingerichtet werden. Die zunehmende Militarisierung des deutschen Flugwesens spiegelt sich auch in den Ausschreibungskriterien öffentlicher Flugwettbewerbe wider, die vor allem die Entwicklung geeigneter Maschinen vorantreiben sollten. Im obersten Generalstab des Heeres war es insbesondere Helmuth Graf von Moltke, der sich für das Militärflugzeugwesen stark machte. Er unternahm bereits erste Vorstöße, um Flugapparate für ganz bestimmte militärische Anforderungen zu spezialisieren. Im September 1912 brachte er ein Rüstungsprogramm auf den Weg, das die wesentlichen Charakteristika der späteren Fliegertruppen schuf, und setzte sich damit gegen die »Luftschifflobby« durch. In Frankreich war indessen ein Streit darüber entbrannt, ob man nicht besser dem deutschen Beispiel folgen und das Luftschiff stärker in die Rüstungsplanung einbeziehen sollte. Man begann die bislang geradlinigen Bemühungen in der Luftrüstung zu zersplittern und verlor damit schleichend an Vorsprung. Großbritannien gründete im Mai 1912 das Royal Flying Corps (RFC), das anDieser Albatros DD blieb am 12. Juli 1914 als weltweit erstes Flugzeug länger als 24 Stunden in der Luft. Angetrieben wurde er von einem 75-PS-MercedesFoto Albatros Motor
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Die Fliegertruppe entsteht fangs drei Staffeln umfasste. Das zaristische Russland hob ebenfalls die erste Fliegertruppe aus der Taufe, ausgerüstet fast ausschließlich mit französischen Baumustern. Dass man dort freilich auch selbst zu technischen Großleistungen imstande war, beweist nicht zuletzt Igor Sikorskys viermotorige »Ilya Morumetz« von 1913.
Deutschlands Fliegertruppe Am 1. Oktober 1912 schuf Berlin aus den provisorischen Fliegerkräften die Königlich Preußische Fliegertruppe. Das Königreich Bayern zog bald mit der Königlich Bayerischen Fliegertruppe nach. Die kaiserliche Marine, obwohl noch immer auf das Luftschiff fixiert, gründete im selben Jahr ihre erste Seeflugstation. Während der Balkankriege 1912/13 setzten die bulgarischen Streitkräfte als erste ein deutsches Baumuster – einen Albatros-Doppeldecker – im Kampf ein. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges fand ein kontinuierlicher Ausbau der deutschen Fliegerkräfte sowie eine ständige Erweiterung der Flugzeug- und Motorenindustrie statt. Deren technischer Fortschritt fand seinen Niederschlag beispielsweise in zahlreichen Höhen- oder Dauerflugrekorden. Die Ausgaben des Deutschen Reiches für die Luftrüstung übertrafen 1913 erstmals diejenigen Frankreichs; man begann, die Aéronautique Militaire quantitativ zu überflügeln. Technisch
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Albatros-DD-Militär-Doppeldecker aus dem Frühjahr 1914
dagegen lagen die Franzosen vorerst noch vorn. Die ersten verbindlichen Weisungen für Flugzeuge im deutschen Heeresdienst entstanden 1913. Spätestens jetzt war die Definition der reinen Militärfliegerei in vollem Gange und das Flugzeug begann, sich als eigene Waffengattung zu etablieren.
Der Stand zu Kriegsbeginn Im August 1914 umfassten die deutschen Fliegertruppen knapp 475 Maschinen und 4200 Mann, wobei sich jedoch nur 264 Flugzeuge als »kriegsbrauchbar« erwiesen. Frankreich zog mit etwas über 130
Foto Albatros
Militärmaschinen in den Kampf. Großbritannien konnte insgesamt 155 Flugzeuge beim RFC und dem im Januar 1914 gegründeten Royal Naval Flying Corps aufbieten, war aber qualitativ schlecht auf den Krieg vorbereitet. Russlands Streitmacht hatte zu Kriegsbeginn 360 Maschinen im Dienst, nach wie vor meist französische Muster. Österreich-Ungarns Luftstreitkräfte umfassten lediglich 39 WOLFGANG MÜHLBAUER Flugzeuge. Ab 1913 fand der Doppeldecker Rumpler B.I mit Mercedes-Motor als Schulflugzeug bei der Fliegertruppe Verwendung Foto Rumpler
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Deutsche Aufklärer und Bomber
Beobachten, naherkunden, bombardieren
Deutsche Aufklärer und Bomber bis 1917
Der Halberstadt A.I war ein typisches Beispiel für ein A-Flugzeug, stand aber im Gegensatz zu anderen Mustern nur in sehr geringer Zahl im Einsatz Fotos, wenn nicht anders angegeben, Sammlung W. Mühlbauer
Zu Beginn des Krieges nahmen Militärflugzeuge fast nur Beobachtungsaufgaben wahr. Um Gewicht zu sparen und aus technischen Gründen blieben sie unbewaffnet; Bomben wurden nur in Einzelfällen per Hand abgeworfen. Doch all das sollte sich bald ändern …
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eben der schlechten Vorbereitung auf den Kriegseinsatz kämpften die deutschen Fliegertruppen anfänglich auch mit einer mangelnden Anerkennung als »wirklich nützliche« Waffengattung. Sofern man ihren Aufklärungsergebnissen jedoch Vertrauen schenkte, trugen diese schnell maßgeblich zum Erfolg der Bodentruppen bei.
Das Beobachtungsflugzeug löste deshalb bald die Kavallerie als Aufklärungsinstrument fast völlig ab und fand seinen festen Platz im militärischen Denken.
A- und B-Flugzeuge Auf deutscher Seite unterschied man zunächst sogenannte A- und B-Flugzeuge. Darunter sind einmotorige Eindecker
beziehungsweise einmotorige Doppeldecker zu verstehen, beide zweisitzig und unbewaffnet. Der A-Typ, der meist auf dem Auslegungsprinzip der Etrich Taube fußte, war für den Kriegseinsatz nur bedingt tauglich. Konzipiert für möglichst hohe Richtungs- und Flugstabilität, fehlte ihm die dringend erforderliche Agilität. Er blieb darum eher eine Randerscheinung, die bis Mitte 1915 weitgehend von der Front verschwand. Aus den bereits vor dem Krieg in größerem Umfang entwickelten drei- oder zweistieligen Rumpfdoppeldeckern – etwa den Albatros-DD-Maschinen – gingen hingegen bald erste, entsprechend verfeinerte »Großserien« mit mehr als 100 Exemplaren hervor. In diesen Maschinen saß der Beobachter vor dem Flugzeugführer. Die Die Albatros B.I, angetrieben von einem Mercedes-D.I-Motor mit 100 PS Leistung, war einer der ersten B-Flugzeug-Typen
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Deutsche Aufklärer und Bomber Leistungsstärke der Motoren lag bei 100 bis 120 PS; die Höchstgeschwindigkeit bewegte sich zwischen 100 und 140 km/h. Zu den Baumustern, die an der Front am meisten Verbreitung fanden, gehörten Albatros B.I wie B.II, beide entworfen von Ernst Heinkel, oder die Aviatik B.I/B.II-Reihe. Die Jahreswende 1914/15 markierte einen entscheidenden Wendepunkt in der gesamten Militärfliegerei. Die ständigen Erfolge der deutschen Beobachtungsflugzeuge waren den Alliierten, insbesondere Frankreich, ein Dorn im Auge. Man sann auf Abhilfe und begann, die eigenen Maschinen zunehmend zu bewaffnen – anfänglich noch mit Handfeuerwaffen und Ähnlichem. Zwar konnte im Januar 1915 erstmals ein deutscher Aufklärer mithilfe eines Karabiners von seinem Widersacher abgeschossen werden, doch das blieb eine Ausnahme. So lange, bis die ersten mit Maschinengewehren bestückten französischen Flugzeuge auftauchten und die Verluste auf deutscher Seite ab März 1915 bedenklich anstiegen. Zumal die B-Flugzeuge ziemlich schwache Antriebe hatten und nur in relativ niedrigen Flughöhen, oft unter 3000 Metern, operieren konnten.
Zu den ersten C-Flugzeugen gehörte die Albatros C.I. Hier ein fabrikneues Produktionsexemplar, bei dem der Falltank noch nicht eingebaut ist
C-Flugzeuge So ergab es sich, dass nun rasch stärker motorisierte und vor allem bewaffnete Aufklärungs-Doppeldecker, die sogenannten C-Typen, entstanden. Damit nahm die Spezialisierung des Flugzeuges endgültig seinen Lauf. Ab Mitte 1915 verdrängte der C-Typ zunehmend das B-Flugzeug. Die erste Generation umfasste Maschinen mit 150 bis 160 PS starken Triebwerken. Von anfänglichen Ausnahmen abgesehen, saß der Beobachter nun hinter dem Piloten und bediente ein bewegliches MG. Um Mitte 1916 kam eine starr eingebaute, nach vorn feuernde Waffe hinzu.
Ein weiteres typisches Beispiel der zweiten Generation von C-Typen stellt der AEG C.IV dar, der bis Sommer 1918 im Fronteinsatz stand
Außergewöhnlich kompakt und für die damalige Zeit aerodynamisch sehr ausgefeilt war der LFG Roland C.II »Walfisch« flugzeugclassic.de
Im August 1916 vollzog sich die Erprobung und Abnahme des DFC C.V. Er sollte zum meistproduzierten C-Typ werden Foto DFW
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Deutsche Aufklärer und Bomber
Urvater der G-Typen war das Friedel-Ursinus Kampfflugzeug, dessen Erstflug Ende Januar 1915 stattfand
Die Albatros C.III mit 160-PS-Mercedes-D.III- oder 150-PS-Benz-D.II-Triebwerk war von Frühjahr 1916 bis Spätwinter 1917 das flexibelste C-Flugzeug
Mit dem VGO I – später als RML I bezeichnet – entstand ab Ende 1914 das erste deutsche Riesenflugzeug. Es hob im Oktober 1915 zum Erstflug ab
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Typische und erfolgreiche Vertreter waren Albatros C.I und C.III, Rumpler C.I/C.Ia (siehe Seite 26–31), AEG C.IV oder der LVG C.II (siehe Seite 26–31). Unter den C-Flugzeugen jener ersten Generation ragte außerdem der LFG Roland C.II/C.IIa hervor, dessen kompakte und aerodynamisch gut durchdachte Auslegung ihn zu einer der besten Konstruktionen seiner Art machte. Ausgeliefert ab März 1916, blieb er bis Ende des folgenden Jahres im Kampfeinsatz. Nicht zuletzt stärkere Motoren ermöglichten ab dem Frühsommer 1916, eine verbesserte zweite Generation von C-Maschinen in Dienst zu stellen. Deren mit Abstand erfolgreichstes Baumuster war der DFW C.V. Fortwährend verbessert, wurden bis Kriegsende über 3950 Stück gefertigt. Ebenfalls von großer Bedeutung, wenn auch nicht so langlebig, war die Albatros C.III, der bis 1917 das wohl vielseitigste deutsche Aufklärungsflugzeug darstellte. Ende 1916 reifte schließlich die dritte und kampfstärkste Generation des CFlugzeugs heran, die erneut kraftvollere Triebwerke und vor allem deutlich mehr Höhenleistung aufwies. Den Anfang bildete der Rumpler C.IV, von dem mehr als 2000 Exemplare die Fertigungsstätten verließen. Trotz allem aber blieben die bewaffneten Arbeitstiere des C-Typs, besonders ohne Begleitschutz, ziemlich leichte Beute für die gegnerische Jagdabwehr. Ihre
Deutsche Aufklärer und Bomber
Ende 1916 tauchte der Rumpler C.IV als erster Vertreter der dritten Generation des C-Typs mit durchweg gesteigerter Höhenleistung auf
Besatzungen hatten einen hohen und meist unbeachteten Blutzoll zu entrichten – ungeachtet dessen, dass die deutschen C-Flugzeuge ihren alliierten Gegenstücken qualitativ im Regelfall überlegen waren.
Naherkundung 1916 tauchte an der Westfront ein weiterer, rein deutscher Sondertyp auf: das Infanterieflugzeug. Der hier zum Stellungskrieg erstarrte Kampf machte die Naherkundung im unmittelbaren Bereich zwischen den Gräben immer wichtiger. Die C-Typen blieben diesem Aufgabenspektrum aber nie wirklich gewachsen; vor allem, da sie keinerlei Schutz gegenüber Infanteriebeschuss hatten. Die einzige Maschine, die sich leidlich für diese Spezialrolle heranziehen ließ, war der bereits erwähnte LFG Roland C.II.
Der AEG G.III, angetrieben von zwei 220-PS-Mercedes-D.IVMotoren, kam ab Juni 1916 zum Einsatz, etwa 45 Stück wurden ausgeliefert
Zum Jahresende kam deshalb eine Ausschreibung über ein schweres gepanzertes, sogenanntes Infanterie- oder J-Flugzeug heraus. Dessen erste Vertreter gelangten ab Frühjahr 1917 zum Einsatz, erwiesen sich jedoch als unzweckmäßig – wodurch der Weg zum ersten in Serie hergestellten Ganzmetallflugzeug der Welt frei werden sollte.
Der Bombenkrieg beginnt Zu Kriegsbeginn kam es nur gelegentlich zum Abwurf kleinkalibriger Bomben, denn die Beobachtungsmaschinen eigneten sich hierfür nicht. Zudem hatte sich der Gedanke an einen strategisch orientierten Luftkrieg mit Flugzeugen noch kaum manifestiert. Im Sommer 1914 schienen Fernbombardierungen von nennenswerten Ausmaßen technisch nur mit Luftschiffen möglich. Einzige Ausnahme waren die
russischen »Überflugzeuge« von Igor Sikorsky, die den deutsch-österreichischen Truppen seit Ausbruch der Feindseligkeiten zusetzten. Um der »Zeppelin-Bedrohung« zu begegnen, griff der britische Royal Naval Air Service mit seinen einmotorigen Maschinen ab Herbst die Einsatzhäfen deutscher Luftschiffe unter anderem in Köln und Friedrichshafen an. Auch die französische Seite begann zum Jahresende, deutsche Industrieziele zu attackieren. Freilich trugen die hier eingesetzten Flugzeugtypen nur sehr bescheidene Abwurflasten. Auf deutscher Seite wurde im November 1914 ein erster operativer Bomberverband mit B-Flugzeugen aufgestellt. Die »Brieftaubenabteilung Ostende« sollte im Zusammenwirken mit Luftschiffen Ziele in England angreifen. Selbst wenn deren Maschinen kaum geeignet waren, zeichnete sich eine neue Dimension der Militärfliegerei ab: der Bombenkrieg.
G-Flugzeuge Ende des Jahres nahmen in Deutschland erste zweimotorige Großflugzeuge Gestalt an. Sie waren schon vor dem Krieg als schwer bewaffneter Begleitschutz konzipiert worden. Als Vorreiter fungierte das Friedel-Ursinus Kampfflugzeug, besser bekannt als Gotha G.I. Diese Kampfflugzeuge, ab Frühjahr 1915 als G-Typ bezeichnet, blieben für ihren ursprünglichen Einsatzzweck unbrauchbar. Stattdessen erkannte man schnell ihr Potenzial als Bomber. Die zögerliche Einführung der G-Flugzeuge begann ab April, begleitet von vielen technischen Problemen. So blieb der deutsche Bombenkrieg vorerst weiterhin umgerüsteten B- und C-Flugzeugen sowie – trotz oft inakzeptabel hoher Verluste – dem Luftschiff vorbehalten. Auf Seiten der Alliierten kamen 1915 ebenfalls meist einmotorige Typen zum Tragen. Nur Italien stellte nach gewaltigen Rüstungsanstrengungen im Lauf des Jahres über 150 dreimotorige Caproni Doppeldecker als Bomber in Dienst. flugzeugclassic.de
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Deutsche Aufklärer und Bomber
Der Gotha G.II kam ab Oktober 1916 in geringer Zahl zum Einsatz, musste aber nur wenige Monate später seinen verbesserten Nachfolgern weichen
Deutschland hatte dagegen bis Februar 1916 erst 36 G-Flugzeuge an der Front, meist von AEG, Rumpler oder der Gothaer Waggonfabrik. Man setzte sie zunächst in Rumänien und Mazedonien zur Luftnahunterstützung ein, wo sie sich hervorragend bewährten. Hauptanliegen der Obersten Heeresleitung (OHL) blieb jedoch die Bombardierung Englands – wofür erst passende Flugzeuge zu schaffen waren, zumal sich das Luftschiff mittlerweile chancenlos zeigte. Die Briten reagierten mit der Aufstellung spezieller Bomberverbände, die sie bei Nacht einsetzten. Es sollte noch bis
Das vierte R-Flugzeug aus dem Zeppelin Konzern, der R.IV, hatte seinen Erstflug im August 1916 und wurde später mehrfach umgebaut
Mai 1917 dauern, ehe deutsche G-Flugzeuge dann ernsthaft englische und französischer Ziele angreifen konnten.
Erste Riesenflugzeuge Eine deutsche Sonderentwicklung war das Riesenflugzeug. Diese mächtigen mehrmotorigen, vorwiegend als Bomber gedachten Doppeldecker tauchten erstmals im August 1916 an der Front auf – zunächst nur als Einzelexemplare auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Dahinter steckte eine Ausschreibung vom September 1914, die ein Flugzeug mit 600 Kilometer Reichweite bei einer Bombenlast von 1000 Kilogramm for-
derte. Es musste aus Sicherheitsgründen mehrere Motoren besitzen, die auch in der Luft zugänglich zu sein hatten. Da zudem hohe Anforderungen an die Betriebssicherheit, die Tragfähigkeit und die Flugdauer bestanden, kamen oft Zweifel darüber auf, ob Entwicklungsrisiken und Kosten den militärischen Wert überhaupt rechtfertigten. Die ersten R-Flugzeuge entstanden innerhalb des Zeppelin Konzerns bei der Versuchsbau GmbH Gotha-Ost beziehungsweise später bei der ZeppelinWerke GmbH Staaken sowie bei den Siemens-Schuckert-Werken.
WOLFGANG MÜHLBAUER Die Siemens-Schuckert-Werke gehörten ebenfalls zu den Vorreitern im Riesenflugzeugbau. Der hier abgebildete R.V 5/15 kam im August 1916 an die Front
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Rumpler und LVG
Die Leutnante Nöchel und Riezler (Flugzeugführer) vor ihrem Einsatzflugzeug, dem LVG C.II, Baunummer 789/16
Bewaffnete Beobachter
Frühe Aufklärer von Rumpler und LVG Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges tauchte eine neue, unscheinbare Waffe auf: Flugapparate flogen über feindliche Stellungen und »schauten dem Gegner in die Karten«. Aus den zunächst unbewaffneten Beobachtungs-Flugzeugen entwickelten sich schon bald bewaffnete Aufklärer. Zu den ersten ihrer Klasse gehörten die frühen C-Typen von Rumpler und LVG
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u Kriegsbeginn flogen Beobachtungsflugzeuge der verfeindeten Staaten über die gegnerischen Stellungen und versuchten so viele Informationen wie möglich über die Lage des Feindes zu erspähen. Bewaffnet waren die Besatzungen dabei nicht. Insbesondere die deutschen Erkundungs-Flugapparate leisteten ganze Arbeit und brachten entscheidende Informationen nach Hause. Trafen Flieger beim Aufklärungseinsatz auf die Feindmaschinen, schoss man zunächst mit Pistolen und Karabinern aufflugzeugclassic.de
Der LVG C.II bestand im Kern aus einer Holzkonstruktion. Ein charakteristisches Merkmal des LVG C.I und II sind die geknickten Querruder
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Rumpler und LVG Probelauf des 160 PS starken Mercedes D.III eines LVG C.II
MITTE Der
LVG C.I gehörte zu den ersten bewaffneten Aufklärern. Doch war der C.I untermotorisiert und wurde bald schon durch den C.II abgelöst
Flugleistungen des zweisitzigen und wesentlich größeren LVG B.I nicht aus. Franz Schneider, Chefkonstrukteur der LVG, entwickelte daher auf Basis des B-Modells den C.I, werksintern als D4pol bezeichnet. Der auffälligste Unterschied zur B-Ausführung lag im Einbau einer Ringlafette in den Beobachterstand. Auch »Schneider-Ringlafette« genannt, nahm sie ein Parabellum-Maschinengewehr 14, Kaliber 7,92 Millimeter, auf. Für die Waffe standen dem Schützen 500 Schuss Munition zur Verfügung. Um das Gesehene festhalten zu können, hatte der Beobachter eine spezielle Kamera an Bord, mit der er über die Rumpfwand geneigt Aufnahmen von den Szenarien am Boden machen konnte. Nach wenigen C.I folgte die überarbeitete Version C.II (D9V), die auf dem LVG B.II basierte und Ende 1915 in Produktion ging.
In klassischer Bauweise
einander. Effektive Gegenmaßnahmen ließen nicht lange auf sich warten: Mit Maschinengewehren bewaffnete Einsitzer fügten den deutschen Aufklärern merkliche Verluste zu. So kristallisierte sich in der ersten Hälfte des Jahres 1915 zunehmend die Notwendigkeit von bewaffneten Aufklärungs-Flugzeugen heraus, den C-Typen. Zwei dieser frühen und in großer Stückzahl eingesetzten C-Flugzeuge waren die Zweisitzer der Firmen Rumpler
und Luftverkehrsgesellschaft (LVG). Mit dem LVG B.I hatte die Luftverkehrsgesellschaft bereits zu Kriegsbeginn einen Aufklärer an der Front. Der aus dem Jahr 1912 stammende langsame Doppeldecker war jedoch unbewaffnet und feindlichen Angreifern praktisch hilflos ausgeliefert. Besonders, da die gegnerischen Flieger vermehrt kleine Eindecker mit MG-Bewaffnung flogen. Um auf fliegerischem Weg zu entkommen, reichten die
Zwei LVG C.II und ein Fokker-Eindecker (Mitte) werden einsatzklar gemacht. Dem diesigen Wetter nach wurde an einen Start vorerst wohl nicht gedacht
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Aufgebaut war der LVG-Entwurf in damals klassischer Holzbauweise: Der Rumpf bestand aus einem Holzgerüst mit kreuzweise gespannten Drähten. Die Konstruktion war im Motorbereich mit Leichtmetall und ansonsten bis zur hinteren Kanzel mit Sperrholz beplankt. Der Rest war mit Stoff verkleidet. Genauso wie die Tragflächen, die aus einem sehr filigranen, aber stabilen Holzgerippe mit zwei Kastenholmen aufgebaut waren. Stoff als Außenhaut kam auch beim Seiten- und Höhenleitwerk zur Anwendung. Während die Flossen im Kern aus einer Holzkonstruktion bestanden, wählte man für die Ruder ein Gerüst aus Stahlrohren. Hauptfahrwerk und Sporn waren gefedert, Bremsen gab es keine. Für den Vortrieb des LVG C.II sorgte ein 6-Zylinder-Reihenmotor Mercedes D.III mit 160 PS Leistung. Das Triebwerk galt als ausgereift und zuverlässig, was besonders bei einem lange über feindlichem Gebiet operierenden Fluggerät wichtig war.
Rumpler und LVG
Ranghohe deutsche Offiziere bei der Inspektion von startklaren LVG C.I
Für die mit Fortschreiten des Krieges immer wichtiger und häufiger zu fliegenden Bombereinsätze konnten unter dem Rumpf sowie den unteren Flügeln Bomben bis zu einem Gesamtgewicht von 100 Kilogramm eingehängt werden. Späte Ausführungen des C.II erhielten ein zweites LMG 08/15, das vom Flugzeugführer bedient wurde und wie bei den Jagdmaschinen synchronisiert durch den Propellerkreis feuerte. Für die Flieger der Kaiserlichen Marine setzte LVG den C.II auf Schwimmer (D IX W). Von der Weiterentwicklung C.III entstanden lediglich drei Versuchsflugzeuge. Beim C.IV handelt es sich um eine etwas vergrößerte Ausführung des C.II, der als Fernaufklärer gedacht war. Es entstanden jedoch nur wenige Maschinen des mit einem 230 PS starken Mercedes D.IV bestückten C-Flugzeugs.
Rumpler C.I bis III
pler C.I kam aus dem 200 Liter fassenden, unter Druck stehenden Haupttank unterhalb des Führersitzes. Zudem kam ein 40-Liter-Reservebehälter im Mittelstück des oberen Tragwerkes unter. Auch hinsichtlich der Bewaffnung mit Maschinengewehren und Bomben unterschied sich der Rumpler-Aufklärer nicht vom LVG-Modell. Da die Maschinen dringend benötigt wurden, lief der Großserienbau des Rumpler C.I 1915 rasch an. Der Typ wurde außer bei Rumpler in Lizenz auch bei den Firmen Märkische FlugzeugWerke, Germania Flugzeugwerke, Hannoversche Waggonfabrik und den Albert Rinne Flugzeug-Werken gefertigt. Fliegerisch leistete sich der Rumpler C.I keine Schnitzer. Er ließ sich einfach und sicher fliegen und war bei den Besatzungen beliebt. Dies änderte sich auch nicht bei der Version C.Ia, die sich durch den Einbau
eines Argus As.III mit 180 PS vom C.I unterschied. 75 Exemplare entstanden 1916/17 vom Nachfolgemodell C.III (6A5) mit Benz Bz.IV, das die Ingenieure besonders in strömungstechnischer Hinsicht stark verbesserten. So gestaltete man den Vorderrumpf und Rumpfrücken komplett neu. Die Flügel erhielten aerodynamisch ausgeglichene Querruder und das Seitenruder eine neue Form. Es entstanden jedoch nur etwa 75 C.III, da der Typ als Übergangslösung bis zur Serienreife des C.IV gebaut wurde. Der Diese zusätzliche Lafette an einem LVG C.I ermöglichte auch die Abwehr nach vorne über den Propellerkreis hinweg. Die Beobachterkanzel ist mit einer Schneider-Ringlafette ausgerüstet. Der Name nimmt Bezug auf ihren Entwickler, den damaligen LVG-Chefkonstrukteur Franz Schneider
Etwa zeitgleich mit LVG brachten die Rumpler-Werke ihr erstes C-Flugzeug heraus, den C.I, intern 5A2 genannt. Die Konstruktion des Nahaufklärers war der des LVG ähnlich. Der Antrieb mittels Mercedes D.III war identisch. Der Treibstoff für das Triebwerk des Rum-
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Rumpler und LVG
Gerüstet für den Kampfeinsatz: Ein LVG C.II konnte bis zu 100 Kilogramm an Bomben tragen
Stark überarbeitet und nur rund 75 Mal gebaut: C.III mit 230 PS starkem Benz Bz.IV MITTE Rumplers C.I war bei den Besatzungen beliebt. Den im Jahr 1916 auftauchenden neuen feindlichen Jagdflugzeugen waren die C-Flugzeuge jener Zeit jedoch kaum gewachsen. Dennoch fielen immer wieder alliierte Jagdflieger ihrem Abwehrfeuer zum Opfer
Rumpler C.IV stellte den nächsten, entwicklungstechnisch großen Schritt dar. Erste Exemplare des C.IV kamen Mitte 1917 an die Front.
Einsatz
Sowohl der Rumpler C.I als auch der LVG C.I kamen Mitte 1915 an die Front und bewiesen sehr rasch die Wirksamkeit der waffentechnischen Maßnahme, aber auch ihre Einsatztauglichkeit. Die Maschinen flogen als Beobachter für die Artillerie, als Fotoaufklärer und als leichter Bomber in Feldfliegerabteilungen (FFA) und Kampfstaffeln (Kasta). Am 28. November 1916 flog ein LVG C.II (C.IV?) den ersten Bombenangriff eines Flächenflugzeugs auf London – UNTEN Versuchsweise sechs Bomben gingen nahe der Victoria (wahrscheinlich) er- Station nieder. hielt dieser RumBeide Aufklärer glänzten mit gutmütipler C.I Kufen unter gen Flugeigenschaften und waren auch die Räder. Die Reivon weniger erfahrenen Piloten zu befen sind abmontiert herrschen. Auf Kurbeleien mit feindlichen
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Rumpler und LVG Technische Daten – C-Flugzeuge von LVG und Rumpler Muster
LVG C.II
Einsatzzweck Antrieb
Zweisitziger Aufklärer und leichter Bomber Mercedes D.III Mercedes D.IV flüssigkeitsgekühlter 6-Zylinder-Reihenmotor 160 PS 230 PS 12,90 m 13,60 m 8,10 m 8,50 m 2,93 m 3,10 m 37,60 m² 38,20 m² 845 kg 1050 kg 1405 kg 1600 kg 130 km/h 165 km/h 115 km/h – – – – – ca. 4 h – 440 km – 4000 m – 1 x MG 14 – 7,92 mm 1 x MG 14 1 x LMG 08/15 – 7,92 mm möglich 1 x LMG 08/15 bis zu 100 kg Bombenlast bis zu 70 kg Bombenlast
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Abfluggewicht Höchstgeschwindigkeit Marschgeschwindigkeit Beste Steigleistung auf 2000 m 3000 m Flugdauer Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
Jagdeinsitzern brauchten sich die Aufklärungsflieger allerdings nicht einzulassen. Denn beide Zweisitzer lagen stabil in der Luft und boten daher eine gute Beobachtungsplattform, sonderlich wendig waren sie aber nicht. Außerdem stiegen die C-Flugzeuge wesentlich schlechter als gängige Kampfeinsitzer. Besonders drastisch zeigte sich der Unterschied in den Flugleistungen ab Anfang 1916 mit dem vermehrten Einsatz neuer französischer und britischer Jagdflugzeuge. Im Herbst 1916 lag der Bestand an Rumpler und
LVG C.IV
Rumpler C.I (C.Ia)
Rumpler C.III
Mercedes D.III (Argus As.III)
Benz Bz.IV
160 (180) PS 12,20 m 7,90 m 3,05 m 35,70 m² 793 (815) kg 1333 (1355) kg 150 (155) km/h 130 km/h – ca. 25 min ca. 4 h 600 km 5000 (5200) m 1 x MG 14 1 x LMG 08/15 möglich bis zu 100 kg Bombenlast
230 PS 12,66 m 8,20 m 3,25 m 34,80 m² 839 kg 1264 kg 135 km/h – ca. 16 min – – 480 km 4000 m 1 x MG 14 1 x LMG 08/15 bis zu 100 kg Bombenlast
LVG-C.-Flugzeugen bei jeweils etwa 250 bis 260 Exemplaren. Leistungsfähigere Typen lösten die frühen LVG- und Rumpler-C-Flugzeuge 1917 ab. In Kampfgebieten mit weniger starken Feindflugzeugen, wie der Ostfront oder in Palästina, blieben die alten Beobachtungsflugzeuge teils bis Kriegsende im Einsatz. Gerade wegen ihrer gutmütigen Flugeigenschaften fanden die altgedienten Flugapparate auch in Schuleinheiten Verwendung. HERBERT RINGLSTETTER
Rumpler C.I – schön zu sehen sind hier die geschwungenen Tragflächen mit leichter V-Form des Rumpler-Entwurfs
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Ungleicher Kampf Das französische Fliegerass Georges Guynemer Anfang 1917 über das Abschießen von Zweisitzern: »Es war einfach mit den schnellen Jagdflugzeugen, die armen alten Aufklärer abzuschießen. Doch in Anbetracht der Folgen, die die Beobachtung von Artillerie und Infanterie hatte, musste man seinen natürlichen Widerwillen gegenüber einem derart ungleichen Kampf mit aller Kraft unterdrücken.« Möglicherweise fiel Guynemer am 11. September 1917 einem DFW C.V zum Opfer, einem Aufklärer der zweiten Generation.
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Das synchronisierte MG
Fokkers Synchronisierungs-Mechanik ließ den einsatzfähigen Jäger auf deutscher Seite Wirklichkeit werden. Etwa bei den MarineAlle Fotos Wolfgang Mühlbauer fliegern in Flandern, die 1915 ihre erste Schutzstaffel mit Fokker-E-Maschinen aufstellen konnten
Der Weg zum effektiven Jäger
Schießen durch den Propellerkreis Feindliche Flugapparate vom Himmel zu holen, war zunächst keineswegs einfach. Besonders der deutschen Fliegertruppe fehlte zu Beginn des Krieges die passende, für den Kampf in der Luft geeignete Bewaffnung
M
it dem Maschinengewehr, war zwar längst eine passende Bewaffnung für Flugzeuge vorhanden. Doch hinkten die Deutschen bei dessen Verwendung als Bordwaffe den Briten und Franzosen zunächst hinterher. Dabei hatte sich Flugpionier August Euler schon im Juli 1910 das Grundkonzept für den klassischen Jäger patentieren lassen. Sein Blick lag dabei auf dem starren Einbau des MG im Bug einer Maschine mit Druckpropeller so-
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wie auf dem Zielen mit dem Flugzeug als Ganzes. Fast genau drei Jahre später meldete Franz Schneider, technischer Leiter bei LVG, ein Unterbrechergestänge für das Schießen durch den Propellerkreis öffentlich zum Patent an. Seine mechanische Sperrvorrichtung, welche Luftschraubenwelle und den Abzug der Waffe verband, sollte das Abfeuern verhindern, wenn ein Propellerblatt vor der Mündung vorbeizog.
Beide Ideen fanden aber keinen Einzug in die aufkeimende deutsche Militärfliegerei.
Kugelfeste Propeller Dagegen arbeiteten Frankreich und Großbritannien schon Jahre vor dem Kriegsausbruch an luftkampftauglicher Bewaffnung. Zu Kriegsbeginn besaßen beide bereits zweisitzige Druckpropeller-Flugzeuge mit nach vorne feuerndem beweglichem MG.
Das synchronisierte MG
Die ersten Jagdmaschinen, die durch den Propellerkreis feuerten, waren Morane-Saulnier L. Ihr MG war unsynchronisiert, weshalb die Luftschraube mit Abweiserbeschlägen geschützt und besonders geformt war
Im Frühjahr 1915 schickte das französische Militär erstmals »echte« einsitzige Jäger in den Kampf. Am 1. April errang der bekannte Flieger Roland Garros mit einem dieser Morane-Saulnier-L-Hochdecker den ersten »klassischen« Luftsieg. Die Maschine war mit einem Hotchkiss-MG bestückt, das durch den Propellerkreis feuerte. Die Luftschraube hatte Ablenkbeschläge, an denen jene Kugeln abprallten, denen der Weg durch den Propellerkreis versperrt blieb. Zusätzlich war sie so geformt, dass der Pilot nicht durch Querschläger gefährdet wurde. Insgesamt aber ein unsicheres Spiel, zumal sich die Schraube ständig lockerte. Zwar arbeitete Morane-Saulnier an einer Synchronisierungsmechanik. Was man nicht wusste: Das mit Gasdruck ladende Hotchkiss-MG löste zu unregelmäßig aus. In Deutschland liefen derweil Versuche, das Parabellum MG 14 als Bordwaffe zum Selbstschutz der praktisch wehrlosen Aufklärer zu verwenden. Ein Erprobungsträger mit eilig entwickeltem Drehkranz wurde im Februar 1915 fertig und mit Erfolg scharf erprobt. Logischer Folgeschritt war die Verwirklichung eines reinen Jagdflugzeuges – begünstigt durch Garros Notlandung am 18. April 1915 hinter den deutschen Linien. Das französische Schussverfahren zu kopieren scheiterte, denn die deutschen Stahlkerngeschosse waren viel zu durchschlagskräftig. Statt an den Panzerblechen des Propellers abzuprallen, zerstörten sie ihn.
August Euler entwickelte 1914 versuchsweise einige sogenannte »Flugzeug-Zerstörer«. Darunter diese Maschine mit starr eingebauter Bordwaffe im Bug, die sich an seinem patentierten Konzept von 1910 orientierte
dern seinem Mitarbeiter Heinrich Lübbe der entscheidende technische Durchbruch gelungen war. Fokkers Stangensteuerung funktionierte nur deshalb, da Lübbe mit dem MG 14 sowie später dem LMG 08/15 aufschießende Rückstoßlader verwandte, die aufgrund ihres Funktionsprinzips zeitlich exakt auslösten beziehungsweise unterbrachen. Schon am 18./19. Mai 1915 führte Fokker dem Militär einen mit »seiner« Erfindung bewaffneten Eindecker persönlich vor. Er konnte so
offenbar auch Siemens-Schuckert und LVG mit deren Konkurrenzentwicklungen ausstechen. Dank der Gestängesteuerung war gefahrloses Schießen durch den Luftschraubenkreis nun möglich, und der erfolgreichen Verwirklichung deutscher Jagdflugzeuge stand nichts mehr im Wege. Den Briten gelang erst im Dezember 1915 eine vergleichbare technische Lösung, in Frankreich dauerte es bis zum WOLFGANG MÜHLBAUER Mai 1916.
RECHTS Fokkers ursprüngliche Stangensteuerung, die auf das MG 14 abgestimmt war, verband die Antriebsspindel der Ölpumpe mit einem Nockenrad, das über einen Stößel den Abzug auslöste UNTEN LVG E600/15 vom Juni 1915 mit Drehring und Synchronisierungsmechanik für die starre Bugwaffe – beides entwickelt von Franz Schneider. Das Flugzeug blieb ein Unikat
Fokkers Erfolgslösung Überraschend hielt Fokker innerhalb weniger Tage eine perfekte Alternative parat: die Gestängesteuerung. Dass die Inspiration hierfür von einem wohl in Garros’ Maschine vorgefundenen, jedoch ausgekuppelten Synchronisationsgetriebe zu stammen schien, unterschlug er ebenso wie die Tatsache, dass nicht ihm, sonflugzeugclassic.de
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Fokker E.I, II, III und IV
Einsatzklarer Fokker E.III. Der Eindecker verhalf den deutschen Kampffliegern Mitte 1915 zur Luftherrschaft
Geburtsstunde des Kampfeinsitzers
Fokker E.I, II, III und IV Im Frühsommer 1915 tauchte die Fokker E.I an der Westfront auf – und schlug ein neues Kapitel in der noch jungen Luftkriegsgeschichte auf. Die Maschine glänzte nicht durch überlegene Flugleistungen, sondern durch ein synchronisiertes Maschinengewehr
S
ein Erscheinungsbild war stark vom französischen, überwiegend aus Holz gefertigten Morane-Saulnier H-Eindecker beeinflusst: Bei der Firma Fokker Aeroplanbau m.b.H. in Schwerin-Görries entstand 1914 ebenfalls ein Eindecker, der als ein- und zweisitziges leichtes Beobachtungs- und Aufklärungsflugzeug seinen Dienst bei den deutschen Fliegerabteilungen antrat. Die Neuschöpfung M.5 (M für Militär) brachte dem Niederländer Anthony Fokker den Durchbruch. Das später als Jäger E.I bekannte Flugzeug hatte einen verspannten Stahlrohrrumpf, der mit Stoff bespannt und im Bereich des MoSerienfertigung des Eindeckers bei Fokker. Die Maschinen befinden sich in unterschiedlichen Baustadien
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Fokker E.I, II, III und IV Anthony Fokker Der 1890 geborene Niederländer Anton Herman Gerard Fokker gründete 1912 die AHG Fokker Aeroplanbau (ab 1914 Fokker Aeroplanbau m.b.H.) und eröffnete 1913 eine Flugschule. Sein Kampfeinsitzer mit synchronisiertem MG ließ Fokker mit Beginn des Ersten Weltkriegs zum unternehmerischen Höhenflug starten.
Ganz rechts: Fokker in einem M.5L, einer direkten Vorserienversion des späteren E.I
tors bis hin zur Flugzeugführerkanzel mit Blech verkleidet war. Die Flügel bestanden aus filigranen hölzernen Rippen, die sich über zwei Holme verteilten. Schmale Leisten bildeten Forderkante und Abschluss. Das Ganze war wiederum mit Stoff überzogen und zum Rumpf hin beziehungsweise zu von dort ausgehenden Streben oben und unten mit Drähten verspannt. Um die Querachse wurde durch Verwindung der hinteren Flügelenden über Drähte gesteuert. Das Leitwerk bauten die Ingenieure aus dünnen Metallrohren auf und bespannten es ebenfalls mit Stoff. Das Höhen- und Seitenleitwerk verfügte über keine Flossen, sondern war jeweils komplett als Ruder ausgelegt. Das Fahrwerk wurde im Rumpf abgefedert. Der ersten Maschine diente als Antrieb weiterhin ein 50 PS starker 7-Zylinder-Umlaufmotor von Oberursel, ein Lizenz-Nachbau des französischen Gnô-
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me-Motors. Die zweite, etwas vergrößerte Ausführung erhielt die Variante mit 80 PS, mit der der Flugapparat auch in Serie ging. Um die auf alliierter Seite vermehrt auftauchenden, MG-bestückten Morane-Saulnier-N-Eindecker abzuwehren,
sollte Fokkers Eindecker ebenfalls ein MG erhalten. So rüstete man einen M.5 mit einem direkt vor dem Flugzeugführer installierten Maschinengewehr Parabellum MG 14 (später Spandau LMG 08/15) aus. Neu daran war das Unterbrecherge-
MITTE Ein später E.III wird bespannt. Hinter dem Oberursel U.I sind die Kraftstoffund Ölbehälter sowie der Munitionskasten mit Zuführung für das leichte Maschinengewehr LMG 08/15 zu erkennen UNTEN 16 FokkerMitarbeiter demonstrieren eindrucksvoll die Stabilität des Eindeckers
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Fokker E.I, II, III und IV Der filigrane Flächenaufbau eines E.III. Die Quersteuerung funktionierte durch Verwinden der Flügelenden
triebe, welches Motor und Maschinengewehr synchronisierte und so das Schießen durch den laufenden Propeller erlaubte, ohne diesen dabei zu treffen – meistens zumindest. Beim französischen Morane-Saulnier-Eindecker hatte man ebenfalls ein Unterbrechersystem entwickelt, das jedoch nicht sonderlich gut funktionierte. Man behalf sich mit Ableitblechen an den Luftschraubenblättern, zufriedenstellen konnte das Ganze aber nicht. Bei Fokker verbesserte man das bereits vorhandene Patent von Franz Schneider weiter und brachte es zur Einsatzreife. Sobald das Propellerblatt die MG-Mündung passiert hatte, wurde die Schussfolge fortgesetzt, wodurch ein »Dauerfeuerstoß« abgegeben werden konnte. Damit war Fokkers Eindecker der weltweit erste Flugapparat, der serienmäßig mit einem funktionstüchtig synchronisierten MG ausgerüstet war. Allerdings gab es anfangs Bedenken, und drei tödliche Abstürze durch das Versagen des Unterbrechungsmechanismus’ führten kurzzeitig zur Einstellung der Fronteinsätze. Damals übliche Ausrüstung – dem Flugzeugführer standen kaum Instrumente zur Verfügung
UNTEN Fokker
E.II der FFA 62. Der 37/15 wurde im Oktober 1915 von Leutnant Oswald Boelcke als auch von Leutnant Max Immelmann geflogen
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Fokker E.I, II, III und IV
RECHTS Eine justierbare Kopfstütze sollte das Zielen erleichtern. Bei dem Flugzeug handelt es sich wahrscheinlich um den von Ernst von Althaus geflogenen E.II 36/15 LINKS Ein
Nach wenigen E.I erschien schon sehr bald der stärker motorisierte E.II (M.14) mit dem 100 PS starken Oberursel-Motor, was die Verlängerung des Rumpfes bedingte. Im September 1915 kamen die ersten E.III an die Front. Vor der Kanzel befand sich ein 25 Liter fassender Öltank. Der Treibstofftank war nun auf 22 Liter verkleinert. Dafür kam ein 96-Liter-Behälter hinter dem Flugzeugführer zum Einbau. Außerdem vergrößerte man die Spannweite im Laufe der weiteren Serienfertigung.
Entwicklungsende: E.IV Als letzte Version brachte Fokker den E.IV mit etwas verlängertem Rumpf und 160 PS leistendem 14-ZylinderUmlaufmotor heraus. Zudem waren Führerstand und Motorabdeckung neu gestaltet worden. Aufgrund des stark erhöhten Gewichts litten jedoch die Manövrierfähigkeit und die Steigleistung enorm. Die Feuerkraft war durch den Einbau von zwei MG allerdings verdoppelt worden. Manche der 49 gebauten D.IV verfügten sogar über drei Maschinengewehre. Die Synchronisation war jedoch nicht selten mit den drei Schusswaffen überfordert, außerdem minderte das dritte MG die Flugleistungen und Eigenschaften nochmals, weshalb die Flugzeugführer dieser Ausstattung misstrauten.
fabrikneuer E.II ist bereit für den Transport an die Front
Auf Erprobungsflug beim Feind: der E.III 210/16 über Wiltshire/England Der Führer des Fokker E.III 210/16, Baunr. 509, »verfranzte« sich am 8. April 1916 und musste mit Motorproblemen in der Nähe von Saint-Omer auf von Briten gehaltenem Gebiet landen. Die Maschine war erst eine Woche alt und wurde in Frankreich zu Vergleichsflügen herangezogen. Danach überführte man sie nach Großbritannien. Die 210/16 blieb erhalten und ist im Londoner Science Museum ausgestellt
Einsatz Trotz magerer Leistungen in fliegerischer Hinsicht mauserte sich der FokkerEindecker im Sommer 1915 schnell zum gefürchteten Gegner. Spezielle Kampfeinsitzerkommandos trugen ihren Teil zum Erfolg bei. Dies ging so weit, dass auf alliierter Seite schon bald von der »Fokkerplage« die Rede war, die ein flugzeugclassic.de
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Fokker E.I, II, III und IV
OBEN LINKS Unbewaffneter
leichter Aufklärer A.II der österreich-ungarischen Fliegertruppe mit 80-PS-Oberursel-Motor und Aussparungen in den Flächen
OBEN RECHTS Dieser E.III endete als französisches Beutestück und wurde entsprechend genau untersucht. Die Öffnung in der rechten Tragfläche dicht neben dem Rumpf diente zur Aufnahme eines Foto Fokker-Team Schorndorf Kompasses LINKS Ernst
Freiherr von Althaus in einem frühen Fokker-Eindecker. Althaus gehörte 1915/16 zu den herausragenden deutschen Kampffliegern und wurde als achter Flugzeugführer am 21. Juli 1916 mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet
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Fokker E.I, II, III und IV
Der V-Mast nahm die Verstrebungsdrähte und die obere Rolle auf, in der die Verwindungskabel liefen. Die kleine Windschutzscheibe hielt den Fahrtwind nur leidlich ab Foto Fokker-Team Schorndorf
paar Monate anhielt. Ende 1915, Anfang 1916 kamen die ersten französischen Nieuport 11 Bébé zum Einsatz, ein kleiner, äußerst agiler und 160 km/h schneller Eineinhalbdecker, der mit einem mittig über der oberen Tragfläche montierten MG ausgerüstet war. Das zweite alliierte Muster, das den deutschen Eindecker-Flugzeugführer das Leben schwer machte, war der britische Airco (de Havilland) DH.2. Der behäbig UNTEN In
Die von französischen Soldaten und staunenden Zivilisten umringte Feindmaschine wurde zerlegt und abtransportiert
wirkende, aber überraschend wendige Doppeldecker mit Druckluftschraube und einem im Bug installierten Maschinengewehr tauchte erstmals im Februar 1916 auf. Die Flugleistungen des FokkerEindeckers reichten nicht mehr aus, um mit den französischen und britischen Typen mithalten zu können. Einziger Vorteil der Fokker-Konstruktion war nach wie vor deren MG-Einbau. Mit den Doppeldeckern Albatros D.I/D.II konnten
Foto Fokker-Team Schorndorf
die Deutschen ab Sommer/Herbst 1916 die Luftherrschaft an der Westfront langsam wieder zurückerobern. An der Ostfront hingegen blieben Eindecker weiterhin in Dienst, da sie dort den gegnerischen Flugapparaten noch gewachsen waren.
Erster Luftsieg Am 1. Juli 1915 schoss Leutnant Kurt Witgens, der als einer der ersten den Eindecker (M.5K/MG) im Einsatz flog, einen
Erwartung einer Inspektion: Flieger und Mechaniker von E.III auf ihrem Einsatzplatz
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Fokker E.I, II, III und IV
OBEN Eindeckerantrieb:
100 PS starker Umlaufmotor Oberursel U.I im Deutschen Museum. Der durchschnittliche Verbrauch lag britischen Testflügen zufolge bei rund 36 Litern in der Stunde
LINKS Rein
fliegerisch gesehen stellte der Eindecker keinen großen Wurf dar, der Clou lag im synchronisierten Maschinengewehr
UNTEN Ob
ein beschädigtes Fahrgestell oder eine zu harte Landung der Grund für diese Bauchlandung war, ist unklar. Der beidseitig gebrochenen Luftschraube nach lief der Motor während der Landung. Schwere Schäden scheinen jedoch nicht vorzuliegen
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Fokker E.I, II, III und IV
Fokker E.III geflogen von Ernst Udet im Frühjahr 1916
© Herbert Ringlstetter – Aviaticus.com
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Fokker E.I, II, III und IV
OBEN Der
Fokker E.IV besaß serienmäßig einen 14-Zylinder-Umlaufmotor und zwei MG, die teilweise unter einer neuen Blechabdeckung steckten. Zudem fallen am E.IV die Lüftungslöcher in der Stirnseite der Motorhaube auf, die jedoch nicht alle E.IV aufwiesen LINKS Manche E.IV verfügten sogar über drei Spandau-MG. Deren Trefferquote sollte durch die Erfolge von Kurt Wintgens (siehe auch S. 91) untermauert werden
Technische Daten – Kampfeinsitzer Fokker E.I, III und IV Fokker Einsatzzweck Baujahr Besatzung Antrieb
E.I (M.5K/MG) Einsitziges Jagdflugzeug 1915 1 Oberursel U.0 7 Zylinder luftgekühlter Umlaufmotor Startleistung 80 PS bei 1200 U/min Spannweite 8,53 m Länge 6,76 m Höhe 2,89 m Flügelfläche 14 m2 Leergewicht 357 kg Startgewicht max. 662 kg Höchstgeschw. ca. 130 km/h Steigleistung ca. – – – – – Flugzeit max. – Reichweite max. – Dienstgipfelhöhe ca. 3000 m Bewaffnung 1 x LMG – 7,92 mm
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E.III (M.14V)
E.IV
1915 1 Oberursel U.I 9 Zylinder
1915/16 1 Oberursel U.III 14 Zylinder
100 PS bei 1200 U/min 9,96 m 7,16 m 2,29 m 15,5 m2 398 kg 609 kg 140 km/h 300 m in 1 min 600 m in 2 min 45 sec 2100 m in 11 min 10 sec 3000 m in 28 min 3650 m in 51 min 2 h 45 min – 4100 m 1 x LMG – 7,92 mm
160 PS bei 1200 U/min 9,75 m 7,46 m 2,89 m – 465 kg 723 kg 160 km/h – – – – – – 220 km – 2–3 x LMG – 7,92 mm
zweisitzigen Morane-Saulnier L ab. Dies war der erste Luftsieg mit einem FokkerEindecker, der jedoch nicht anerkannt wurde, da das gegnerische Flugzeug auf französischer Seite nie-derging. Der erste offiziell anerkannte Abschuss mit einem Fokker-Eindecker gelang am 1. August 1915 Max Immelmann, der neben Oswald Boelcke zum bekanntesten und erfolgreichsten Flieger jener Zeit avancierte. Am 18. Juni 1916 stürzte Oberleutnant Immelmann nach einem Gefecht mit britischen Fliegern tödlich ab. 15 Luftsiege hatte der Pour-le-MériteTräger in Fokker-Eindeckern errungen. Seine Aufzeichnungen hinsichtlich taktischer Vorgehensweisen im Luftkampf wurden zum festen Bestandteil künftiger Jagdfliegerregeln. Der Großteil seiner Vorgaben hat bis heute Gültigkeit. Ungefähr 80 E.I und II, 270 E.III sowie 49 E.IV sollen die Werkshallen verlassen haben. Das bis auf den heutigen Tag einzige erhaltene Exemplar dieser Fokker-Baureihe ist der D.III 210/16 im Londoner Science Museum. HERBERT RINGLSTETTER Herzlichen Dank an Achim Sven Engels für seine freundliche Unterstützung: www.fokker-team-schorndorf.de
Fokker E.I, II, III und IV
Fokker E.III der Feldflieger-Abteilung 6 in Galata/Istanbul. Geflogen wurde der 345/15 von Oberleutnant Hans Joachim Buddecke im Januar 1916. Die Farbgebung ist spekulativ
Fokker E.III, 422/15, einer unbekannten Jagdeinheit 1916. Die Unterseiten des Kampfeinsitzers wurden farblos belassen (siehe auch Seite 20)
UNTEN Anfang
1916 war Fokkers Eindecker veraltet, daran änderte auch die starke Bewaffnung nichts
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F.E.2, D.H.2 und F.E.8
Mit dem zweisitzigen Jäger und Bomber F.E.2 begannen die Alliierten im September 1915, den Fokker-Eindeckern Paroli zu bieten
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F.E.2, D.H.2 und F.E.8
Pusher des Royal Flying Corps
F.E.2, D.H.2 und F.E.8 Ab Mitte 1915 setzte der Fokker-Eindecker mit synchronisiertem MG den alliierten Fliegern heftig zu. Druckpropeller-Typen wie D.H.2, F.E.8 und F.E.2 schienen für die Briten eine effektive und rasche Antwort zu sein
D
er große Vorteil des deutschen Fokker-Eindeckers gegenüber alliierten Kampfeinsitzern lag im synchronisierten MG. Zwar hatten auch die Franzosen bereits früh ein Unterbrechergestänge entwickelt. Doch funktionierte es nicht zufriedenstellend und das System mit Ableitblechen an den Propellerblättern war dem deutschen Synchronmechanismus weit unterlegen. Bei Flugapparaten mit Druckluftschraube stellte der Einbau eines nach vorne feuernden MGs dagegen kein Problem dar. Überdies hatte der Flugzeugführer eine hervorragende Sicht. Wenngleich die Auslegung als Pusher, so die englische Bezeichnung, 1915 bereits als veraltet galt. Der seit Anfang 1915 bei den Front-einheiten geflogene Vickers F.B.5 zeigte sich dem Fokker-
Eindecker klar unterlegen und sollte rasch durch ein leistungsfähigeres Modell ersetzt werden.
Royal Aircraft Factory F.E.2 Beim Flugzeugbauer Royal Aircraft Factory arbeitete man seit Mitte 1914 am F.E.2 (Fighter Experimental 2, ehemals Farman Experimental 2), der als bewaffnetes, zweisitziges Jagdflugzeug konzipiert war, aber auch als leichter Bomber nutzbar sein sollte. Mit den vorangegangenen F.E.2 von 1911 und 1913 hatte der Entwurf nichts mehr zu tun. Außer, dass man am Gitterschwank nach Farman-Art als Leitwerksträger festhielt. Der Motor samt Druckluftschraube kam in bewährter Manier direkt hinter der Flugzeugführerkanzel der Holz- und Stahlrohrkonstruktion zum Einbau. Da-
für wählte man zunächst einen 120 PS starken, später einen 160 PS leistenden Beardmore-Reihen-Sechszylinder. Der Pilot des F.E.2 saß vor den Tragflächen in einer offenen Kanzel und fand sehr gute Sichtverhältnisse vor. Bauartbedingt war die Sicht nach hinten ziemlich eingeschränkt. Weitaus besser waren allerdings die des Beobachters und Schützen, der etwas nach unten versetzt direkt vor dem Flugzeugführer platziert war. Als Angriffs- und Defensivbewaffnung standen beim F.E.2b ein bis zwei LewisMaschinengewehre zur Verfügung Etwa zwei Drittel der Maschinen setzten die Briten als Jäger ein, den Rest als leichte Bomber, wofür eine Abwurflast von bis zu 235 Kilogramm an Trägern unter dem Rumpf oder den Flächen getragen werden konnte. Zudem dienten F.E.2 bei
LINKS Der Zweisitzer F.E.2 hatte für ein Jagdflugzeug eine stattliche Größe. Das nach vorne ausladende Fahrgestell mit Bugrad verhinderte Überschläge bei der Landung auf unebenem und weichem Gelände UNTEN LINKS Ein F.E.2b mit der einfachen Variante des Fahrgestells, die Gewicht einsparte und den Luftwiderstand reduzierte. Unter dem Rumpf sind Bomben eingehängt RECHTS Bei
den Besatzungen war der F.E.2 aufgrund seiner guten Flugeigenschaften, Zuverlässigkeit und Stabilität beliebt
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F.E.2, D.H.2 und F.E.8
Der von Leutnant Frankl am 21. Mai 1916 angeschossene F.E.2b (5206) musste notlanden, die Besatzung wurde gefangen genommen. Es war Frankls fünfter Sieg Die beiden Kanzeln in einem F.E.2d. Das Trommelmagazin des Beobachter-MGs fasste 47 Schuss, die freilich schnell verschossen waren
Bedarf zur Aufklärung, wofür eine Kamera an Bord war. Wenige F.E.2 wurden experimentell zu verschiedenen Einbauten und Versuchen verwendet. So war die Version F.E.2c speziell für den Nachteinsatz ausgelegt. Der Pilot saß vorne, was ihm das Landen bei Nacht erleichtern sollte. Drei F.E.2h genannte Maschinen erhielten neben einem 230 PS leistenden Siddeley-PumaMotor eine 57-mm-Kanone, die, integriert in einem gepanzerten Bug, zur Unterstützung von Bodentruppen gedacht war.
Dem Fokker ebenbürtig
Der D.H.2 brachte endgültig die Wende für die britischen Jagdflieger. Der Typ hatte 1916 großen Anteil daran, die Fokker-Plage zu beenden
Der D.H.2 galt 1916 als gutes und überaus wendiges Jagdflugzeug, wozu auch die vier Querruder beitrugen. Der Jagdeinsitzer hatte allerdings auch seine Tücken, was immer wieder zu Unfällen führte
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Erste Exemplare des F.E.2 kamen im September 1915 an die Front, wobei es sich bereits um Maschinen der verbesserten Ausführung F.E.2b handelte. Gegen die deutschen Eindecker, deren Präsenz mittlerweile zur »Fokker Scourge«, der »Fokker-Plage«, geführt hatte, konnten sie sich durchaus behaupten. Die Verwechslung mit dem weitaus leistungsschwächeren Vickers F.B.5 wurde so manchem deutschen Kampfflieger zum Verhängnis. So ging laut britischer Darstellung der Abschuss des erfolgreichsten Eindecker-Fliegers, Max Immelmann, am 18. Juni 1916 auf das Konto von F.E.2-Besatzungen. Manfred von Richthofen wurde am 6. Juli 1917 beim Angriff auf einen F.E.2 am Kopf getroffen. Die Version F.E.2d bekam einen RollsRoyce-Eagle-Motor, dessen 250 PS dem Zweisitzer in einer Höhe von 1500 Metern ein Geschwindigkeitsplus von gut 15 km/h verschaffte. Außerdem konnte das Startgewicht gesteigert und so ein drittes MG eingebaut werden. Im Herbst 1916 tauchten neue deutsche Muster auf, allen voran der AlbatrosJäger, die sich selbst dem F.E.2d deutlich
F.E.2, D.H.2 und F.E.8
Die Version F.E.2d war mit drei MG ausgerüstet: Ein fest installiertes, nach vorne feuerndes MG wurde vom Flugzeugführer bedient, die beiden anderen richtete der Beobachter. Beim Schießen nach hinten musste er stehen und auf seinen Flugzeugführer vertrauen, dass dieser kein allzu heftiges Manöver flog. Denn der Beobachter war nicht gesichert und hielt sich vorwiegend am MG beziehungsweise der Lafette fest
überlegen zeigten. Während F.E.2d ab Frühjahr 1917 durch den Bristol Fighter ersetzt wurden, blieben F.E.2b als Nachtbomber den ganzen Krieg hindurch im Einsatz. Insgesamt entstanden 1939 F.E.2.
Airco D.H.2 Zu den bekanntesten Jagdflugzeugen des Ersten Weltkrieges gehört Aircos D.H.2. Der Gitterschwanzjäger hatte 1916 einen nicht unerheblichen Anteil daran, die »Fokker-Plage« niederzuschlagen. Untrennbar mit dem Typ verbunden ist Lanoe Hawker, einer der berühmtesten britischen Jagdflieger (siehe Seite 87). Er verstand es wie kaum ein anderer, den D.H.2 zu fliegen. Viele der jungen Flugzeugführer standen dem D.H.2 wegen seiner Tendenz zum Trudeln misstrauisch gegenüber. Diese Eigenart hatte
immer wieder Abstürze zur Folge, meist mit tödlichem Ausgang. Hawker brachte einen D.H.2 vor den Augen seiner Piloten ins Trudeln und sicher wieder heraus. Anschließend erklärte er ihnen genau, was zu tun ist. In den Händen eines guten Flugzeugführers war der ab Anfang 1916 zu den Einheiten gelangte D.H.2 zu seiner Zeit ein fähiger Kampfapparat, mit dem der Fokker-Eindecker spielend ausgekurvt werden konnte. Entworfen wurde der einsitzige D.H.2 von Geoffrey de Havilland, dem Chefkonstrukteur bei Airco (Aircraft Manufacturing Company), der den D.H.2 in klassischer Bauart entworfen hatte: Der Leitwerksträger bestand aus einem Stahlrohrgerüst, während der Rumpf, die ungestaffelt angeordneten Flächen sowie das Seiten- und Höhenleitwerk aus Holz auf-
gebaut waren. Trag- und Leitwerk samt Rumpf waren überwiegend mit Stoff überzogen. Das Ganze wurde mit Draht verspannt. Angetrieben wurden die meisten D.H.2 von einem 100 PS starken 9-ZylinderUmlaufmotor Gnôme Monosoupape, der eine riesige Vierblattluftschraube drehte. Das Aggregat galt jedoch als störanfällig. Spätere Maschinen erhielten den Le Rhône 9J mit 110 PS Leistung. In der Kanzel des teilweise mit Leichtmetall verkleideten Rumpfes installierte man ein Maschinengewehr von Lewis, Kaliber 7,7 Millimeter. Zunächst flexibel montiert, bewährte sich eine feste Installation der Waffe. Gezielt wurde dann mit dem ganzen Flugzeug. Zum Jungfernflug hob der D.H.2Prototyp (4732) am 1. Juni 1915 ab. Die erste komplette, in Frankreich stationierte
Jagdflugzeuge mit beträchtlichem Größenunterschied: Fokker E.III und ein erbeuteter F.E.2b
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F.E.2, D.H.2 und F.E.8 OBEN Einsatzklare D.H.2 des Fourth Army Aircraft Park in Beauval
UNTEN F.E.8
von 1916 – der letzte britische Gitterschwanzjäger war bei seiner Indienststellung bereits veraltet
D.H.2-Einheit, die No. 24 Squadron, war im Februar 1916 einsatzklar. Es war auch die erste Jagdeinsitzer-Einheit des Royal Flying Corps. Kommandiert wurde der Verband von Lanoe Hawker. Die deutschen Kampfflieger hatten im D.H.2 einen überaus harten und insgesamt überlegenen Gegner gefunden. Erst im Herbst 1916 standen wiederum die D.H.2-Piloten an der Westfront auf verlorenem Posten. Rund 450 D.H.2 wurden gebaut.
Royal Aircraft Factory F.E.8
Technische Daten – F.E.2, D.H.2 und F.E.8 Typ Einsatzzweck
D.H.2 Einsitziges Jagdflugzeug
F.E.8
Erster Einsatz Besatzung Antrieb
Anfang 1916 1 Gnôme Monosoupape (teilweise Le Rhône 9J) 9 Zylinder luftgekühlter Umlaufmotor
Mitte 1916 1 Le Rhône 9J (Gnôme Monosoupape) 9 Zylinder
100 (110) PS 8,61 m 7,68 m 2,91 m 28,35 m² 428 kg 654 kg 150 km/h 1800 m in ca. 11 min 2 h 45 min 4250 m 1 x MG – 7,7 mm –
110 (100) PS 9,60 m 7,21 m 2,80 m 22,25 m² 406 kg 668 kg 150 km/h 1800 m in ca. 8 min 2 h 30 min 4400 m 1 x MG – 7,7 mm –
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Startgewicht max. Höchstgeschwindigkeit ca. Steigleistung ca. Flugzeit max. Dienstgipfelhöhe ca. Bewaffnung
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F.E.2b Jagdflugzeug, leichter Bomber, Aufklärer September 1915 2 Beardmore 6 Zylinder flüssigkeitsgekühlter Reihenmotor 160 PS 14,55 m 9,83 m 3,85 m 45,90 m² 937 kg 1380 kg 150 km/h 3100 m in ca. 40 min 3h 3350 m 1 – 2 x MG – 7,7 mm max. 235 kg Bomben
J. Kenworthy entwickelte 1915 den Jagdeinsitzer F.E.8, der dem identisch motorisierten D.H.2 sehr ähnelte. In Sachen Aerodynamik gab sich Kenworthy etwas mehr Mühe. Er gestaltete den aus Stahlrohren aufgebauten Rumpf schnittiger und verkleidete ihn mit Leichtmetall. Dem Erstflug am 15. Oktober 1915 und der positiven Erprobung folgte der Produktionsauftrag. Es dauerte jedoch bis Mitte 1916, ehe die ersten Einheiten mit dem Muster ausgestattet und einsatzklar waren. Zwar bot der F.E.8 im Vergleich zum D.H.2 etwas bessere Flugleistungen, doch ließ sich der Kampfeinsitzer auch schwieriger fliegen, was immer wieder zu Unfällen führte. Schon wenige Monate nach Beginn seiner Frontkarriere musste sich das britische Jagdflugzeug neuen deutschen Typen geschlagen geben. Wie unterlegen der Druckpropeller-Jäger war, zeigte sich am 9. März 1917, als neun F.E.8 der No. 40 Squadron auf fünf Albatros D.III der Jagdstaffel 11 trafen. Vier Briten wurden abgeschossen und zwei (vier?) weitere schwer beschädigt. Eine Maschine fing bei der Landung Feuer. Die Deutschen unter Führung von Manfred von Richthofen verloren kein einziges Flugzeug. Als Konsequenz dieser albtraumhaften Begegnung rüstete die No. 40 Squadron auf französische NieuportJäger um. Die Zeit der Gitterschwanz-Jagdeinsitzer war endgültig vorüber. Obwohl technisch überholt, wurden noch 295 F.E.8 gefertigt. HERBERT RINGLSTETTER
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Nieuport 11, 16, 17 und 23
Probelauf des 110 PS starken Le Rhône 9Ja eines Nieuport 17 C.1, der dem französischen Jagdeinsitzer zu respektablen Leistungen verhalf. Auf dem Rumpf ist ein Vickers-MG installiert
Die Franzosen trumpfen auf
Nieuport 11, 16, 17 und 23 Neben Aircos D.H.2 sorgte Anfang 1916 ein weiterer Jagdeinsitzer für neue Verhältnisse am Himmel über der Westfront: Der kleine Nieuport 11 setzte den deutschen Eindeckern heftig zu. Seine Nachfolger Nie.17 und 23 flogen zu ihrer Zeit ebenfalls in der Oberliga Startklare Nieuport 11 einer französischen Jagdstaffel
A
nfang 1916 schickten sich neue alliierte Jagdmaschinen an, den dominierenden, deutschen Eindeckern die Herrschaft über der Westfront streitig zu machen. Neben dem Gitterschwanz-Typ Airco D.H.2 stießen die deutschen Kampfeinsitzer-Piloten vermehrt auf einen kleinen, französischen Jäger, der ihnen ganz besonders zu schaffen machte: den Nieuport 11.
Rennflugzeug-Wurzeln Anfang 1914 begann der junge Ingenieur Gustave Delage beim französischen Flugzeugbauer Société Anonyme des Etablissements Nieuport mit der Kon36
Nieuport 11, 16, 17 und 23
Jean Navarre, der »Wächter von Verdun«, an seinem Nieuport 11, N868, im Frühling 1916 (s. auch S. 87)
Ein Prototyp des Nieuport 17 (N1424) mit fester, auf der stehenden Kurbelwelle sitzender Frontverkleidung, einer Art Propellerhaube. Als Antrieb ist ein ClargetUmlaufmotor installiert. Serienflugzeuge flogen meist mit dem Le Rhône 9Ja
struktion von Flugapparaten. Sein erster Entwurf mündete im Bau eines Rennflugzeuges, bestimmt für die Teilnahme an der Gordon Bennett Trophy 1914. Die sollte jedoch nie stattfinden, der Kriegsausbruch im Augst 1914 verhinderte womöglich den Sieg des Nieuport-Renners. Sich den neuen Anforderungen besinnend, wandelte Delage die Maschine in ein zweisitziges Beobachtungsflugzeug um: den Nieuport 10. Die Notwendigkeit einsitziger Jagdflugzeuge führte dazu, die Nie.10 behelfsmäßig in Einsitzer mit MG-Bewaffnung uzmzubauen. Anschließend machte sich Gustave Delage daran, aus der Maschine ein effektives, reines Jagdflugzeug zu entwickeln. Praktisch verkleinerte Delage den Nie.10 bei identischer Motorisierung.
Nieuport 11 C.1 Der so entstandene Nieuport 11 C.1 (C.1 für chasse (Jäger) und »1« für einsitzig) war wie der große Bruder in Holzbauweise gefertigt und überwiegend mit Stoff bespannt. Die Motorverkleidung aus Leichtmetall war obligatorisch. Das Auffallendste und vom Nie.10 übernommene Konstruktionsmerkmal lag im unteren Flügelpaar, das wesentlich kleiner gebaut war als das obere – praktisch ein Eineinhalbdecker. Auch fiel der Nieuport 11 aufgrund seiner geringen Abmessungen auf. Mit einer Länge von knapp 5,80 Metern und einer Spannweite von lediglich gut siebeneinhalb Metern lag der Beiname des Nieuport-Jägers nahe: Bébé (Baby). Ein 80 PS leistender Umlaufmotor vom Typ Le Rhône 9C übertrug seine Umdrehungen direkt an eine Holzluftschraube. Die Bewaffnung des Kampfeinsitzers
Lieutenant Paul Hanciau an seinem Nieuport 16 mit der selbstbewussten Botschaft »SOIT !« (»Von mir aus!«). Hanciau starb in einem Nie.23, als die MG-Kugel eines Albatros-Jägers seine Halsschlagader durchtrennte
Für den Angriff gegen Ballone und Luftschiffe konnten Nieuport 11 (im Bild) und 17 mit Raketen bestückt werden flugzeugclassic.de
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Nieuport 11, 16, 17 und 23 Auf Übungsflug in einem Nieuport 17. Die geringe Tiefe der unteren Flügel ermöglichte eine relativ gute Sicht nach unten Foto US Air Force
thronte über der oberen Tragfläche in Form eines Hotchkiss- oder Lewis-Maschinengewehrs, Kaliber 7,7 Millimeter. Delage gelang mit dem Nieuport 11 ein großartiges kleines Jagdflugzeug, was sich auch in der enormen Zahl von 7200 gebauten Maschinen widerspiegelt.
Gefürchteter Gegner Ende Januar 1916 lag der Bestand an Nie.11 bei den französischen Jagdeinheiten bei 90 Maschinen, Tendenz stark
steigend. Der kleine Franzose war den deutschen Fokker- und Pfalz-Eindeckern hinsichtlich Flugleistungen und Flugeigenschaften weit überlegen. Die FokkerPlage war binnen kurzer Zeit vorüber, und entscheidenden Anteil daran hatte der Nieuport 11 Bébé. Viele Jagdfliegerasse begründeten ihre Erfolgsserie in Nie.11. Tadellos aber war auch der »Retter« Nieuport 11 nicht: Ein Nachteil der Konstruktion begründete sich im instabilen
Aufbau des unteren Flügelpaares. Im Gegensatz zu den oberen Flächen mit zwei Hauptholmen verfügten die unteren nur über einen. Angeschlossen an die V-Streben, zeigten die kleinen Flügel bei starker Belastung und hohen Geschwindigkeiten, insbesondere bei Sturzflügen, die Neigung zum Flattern. Beschädigungen waren keine Seltenheit. Im schlimmsten Fall kam es zum Abmontieren einer oder gar beider Tragflächen, was meist mit dem Tod des Flugzeugführers endete.
Der Sprung zum Nie.17
Herzstück der meisten Nieuport 17 war ein 110 PS starker Umlaufmotor Le Rhône 9Ja. Darüber ist das Vickers-MG zu sehen
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Um dem Nie.11 noch bessere Flugleistungen zu entlocken, ließ Delage den 110 PS starken Le Rhône 9Ja einbauen. Das Nieuport 16 genannte Flugzeug missfiel jedoch aufgrund des schwereren Motors durch Kopflastigkeit und es entstanden nur wenige Maschinen. Weitere Umbauten sollten die Schwierigkeiten beseitigen. So packte Gustave Delage den stärkeren Le Rhône 9Ja in ein überarbeitetes Flugzeug mit vergrößerter Spannweite sowie verbessertem Rumpfaufbau. Die Bezeichnung des neu arrangierten Jagdflugzeuges lautete: Nieuport 17 C.1. In Sachen Bewaffnung standen zwei Varianten zu Wahl: Entweder ein über dem Oberflügel montiertes Lewis-MG, oder ein per Synchronisationsmechanik gesteuertes Vickers-Maschinengewehr. Nieuport 17 des britischen Royal Flying Corps wurden jedoch per Verordnung fast durchwegs mit dem Lewis-MG auf
Nieuport 11, 16, 17 und 23 der neuen Foster-Halterung ausgerüstet. Manche Piloten ließen ihre Flugzeuge mit beiden Waffen bestücken, was jedoch zu spürbaren Leistungseinbußen führte, sodass eines der MG meist rasch wieder entfiel. Um effektiv Beobachtungsballone und Luftschiffe zu bekämpfen, rüsteten Ingenieure Nie.11 und Nie.16 mit kleinen Raketen aus. Diese Möglichkeit behielt man auch beim Nie.17 bei. Abgefeuert wurden die Geschosse über acht Stangen, die an den Flügelstreben befestigt waren.
Nieuport 17bis und Nie.23 In der Version Nieuport 17bis (bis für 2. Version) von Ende 1916 kam ein 130 PS starker Clarget 9B, in manchen Exemplaren aber auch der Clarget 9Z mit 110 PS, zum Einbau. Um den im Querschnitt überwiegend kastenförmigen Rumpf aerodynamisch zu verbessern, erhielten spätere Nie.17bis einen neu gestalteten Rumpf. Zwar blieb das innere Holzgerüst des Nie.17 bestehen, doch sorgten je sechs an den Seiten montierte, formgebende Leisten für eine teils ovale Erscheinung. Die Außenhaut bildete leichter Stoff. Auch die Motorverkleidung bekam eine etwas windschlüpfrigere Form. Der Nie.17bis war kaum in Fronteinheiten der Franzosen zu finden und wurde meist in Schulen verwendet. Im Kampfeinsatz stand er überwiegend in anderen Luftstreitkräften. Etwa 3600 Nie.17 insgesamt verließen die Fertigungsstätten, darunter auch zahlreiche Lizenzfertigungen. So baute etwa die italienische Flugzeugbaufirma
Schön zu sehen am Nie.17, N1424, ist die nach außen hin tiefer werdende Querruderform
Mit dem Nieuport 17 stand den französischen und britischen Jagdfliegern von Frühjahr bis Herbst 1916 ein überlegenes Einsatzflugzeug zur Verfügung
In Langley Field/USA erklärt ein französischer Lieutnant einem US-amerikanischen Kameraden die technischen Einzelheiten eines Nieuport 17, der in Frankreich auch von den Piloten der Freiwilligen-Fliegerstaffel Escadrille LaFayette geflogen wurde Fotos (2) US Air Force
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Nieuport 11, 16, 17 und 23
Der Nieuport 17bis von Charles Nungesser, passend zu seinem Emblem auch »Der Ritter des Todes« genannt (siehe auch S. 87)
Nieuport 17bis mit Lewis-MG auf der Halterung von Foster, die mit einer Schiene zum Herunterziehen der Waffe ausgestattet war
Macchi den Nie.17 für die eigene Fliegertruppe. Geflogen wurde der Nieuport 17 in 19 Ländern rund um den Globus. Der vom Nie.17 kaum zu unterscheidende Nieuport 23 wurde von einem Le Rhône 9Jb mit einer Leistung von 120 PS angetrieben. Doch kam auch der 110-PSLe-Rhône-9Ja zum Einbau. Der Rumpf unterschied sich nur in Details von dem des Nie.17, wozu das leicht nach rechts versetzte Vickers-MG gehörte. Auch hatte der im Frühjahr 1917 erschienene Nie.23 neue Oberflügel erhalten, die zu etlichen tragischen Abstürzen führten, die es notwendig machten, das Tragwerk noch einmal zu überarbeiten. Für mehr Feuerkraft konnten beide Maschinengewehr-Varianten installiert werDie italienische Fliegertruppe flog zahlreiche Nie.11 und 17 (im Bild). Bei Macchi wurden Nie.11 und 17 in Lizenz gefertigt, darunter 646 Nie.11 als Nieuport 1100
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Der Nieuport 21 sollte als Langstreckenjäger zum Einsatz gelangen. Tatsächlich wurde der Typ jedoch zur Schulung genutzt
Nieuport 11, 16, 17 und 23 den. Der in geringer Stückzahl gebaute Nieuport 21 basierte auf dem Nieuport 17, hatte aber einen 80-PS-Le-RhôneAntrieb samt leicht veränderter Motorhaube. Ursprünglich als LangstreckenBegleitjäger gedacht, kamen die meisten Nie.21 in Schuleinheiten unter.
Im Kampfeinsatz Im Mai 1916 war die Escadrille N.57 die erste Jagdeinheit, die den Nie.17 im scharfen Einsatz an der Westfront flog. Die Konstruktion stach mit hoher Manövrierfähigkeit hervor und hatte im Hinblick auf Steigvermögen und Geschwindigkeit gegenüber dem Nie.11 ein gutes Stück zugelegt. Die unteren Flächen waren jedoch nach wie vor eine Schwachstelle an der französischen Jagdmaschine. Den neu erscheinenden deutschen Kampfeinsitzern von Halberstadt und Fokker zeigte sich der Nieuport 17 insgesamt überlegen. Die Briten ersetzten ihre D.H.2 wenn möglich durch Nie.17, später kam der Sopwith Pup hinzu. Neben den Franzosen und Briten flogen Nieuport 17 vor allem in den Luftstreitkräften Belgiens, Italiens und Russlands. Als die alliierten Jagdflieger in ihren Nieuport 17 im Herbst und Winter 1916 vermehrt auf Albatros D.I, II und bald auch D.III trafen, wurde schnell deutlich: Die Deutschen spielen wieder in
Technische Daten – Nieuport 11 und 17 Muster Einsatzzweck Antrieb
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Abfluggewicht Höchstgeschwindigkeit Steigleistung auf 3000 m Flugdauer Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
Nieuport 11 Einsitziges Jagdflugzeug Le Rhône 9C luftgekühlter 9-ZylinderUmlaufmotor 80 PS 7,55 m 5,64 m 2,40 m 13,00 m² 344 kg 480 kg (bis zu 550 kg möglich) ca. 155 km/h ca. 15 min – 330 km 4600 m 1 x Hotchkiss-MG (Lewis) – 7,7 mm 8 Raketen möglich
der ersten Liga. Die stärkeren Nie.17bis und Nie.23 konnten den Albatros zwar Paroli bieten, doch mit der Überlegenheit der Alliierten war es vorbei. Im Frühjahr des Jahres 1917 erlitten die französischen, besonders aber die britischen Fliegerverbände herbe Verluste. Doch es war abzusehen, dass auch die
Nieuport 17 Le Rhône 9Ja luftgekühlter 9-ZylinderUmlaufmotor 110 PS 8,33 m 5,74 m 2,40 m 14,75 m² 375 kg 565 kg ca. 180 km/h ca. 11,5 min ca. 1,75 h 250 km 5350 m 1 x Vickers-MG – 7,7 mm oder 1 x Lewis-MG – 7,7 mm 8 Raketen möglich
Alliierten mit weitaus stärkeren Jagdmaschinen erneut kontern würden … etwa mit dem SPAD S.VII, der Anfang 1917 frontreif wurde. Von der Front abgezogene NieuportJäger kamen überwiegend zur Schulung von Jagdfliegern zum Einsatz. HERBERT RINGLSTETTER
Das kanadische Fliegerass »Billy« Bishop an seinem Nieuport 23 mit blauer Motorverkleidung im August 1917. Zu diesem Zeitpunkt hatte er 37 Luftsiege errungen und beendete den Krieg mit 72. Damit war er der zweiterfolgreichste Jagdflieger der Alliierten
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Fokker D.I–V
Fokker sucht den Anschluss
Fokker D.I–V
Anfang 1916 begann die deutsche Vorherrschaft in der Luft zu bröckeln. Neue alliierte Jagdflugzeuge zeigten sich den Fokker- und Pfalz-Eindeckern überlegen. Für die deutschen Kampfflugzeugbauer hieß es, gegenzuhalten. Fokker versuchte mit neuen Konstruktionen an den Erfolg des Eindeckers anzuknüpfen OBEN Mit dem Kampfeinsitzer D.II brachte Fokker die Umlaufmotor-Variante des D.I. Beide erschienen nahezu gleichzeitig
LINKS Fokker
D.II mit transportgerecht angelegten »Ohren«. Alle demontierten Teile sind am Rumpf befestigt
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I
n der zweiten Hälfte des Kriegsjahres 1915 verfügten die deutschen Jagdflieger an der Westfront insbesondere mit dem Fokker-Eindecker über ein zumindest waffentechnisch überlegenes Flugzeug. Das synchronisierte MG machte dies möglich. Rein fliegerisch und leistungsmäßig aber war der Kampfeinsitzer von Fokker und noch weniger der von Pfalz besonders auffällig. Dies zeigte 1916 auch ein Vergleich von alliierten Maschinen mit einem erbeuteten Fokker E.III. Selbst der Morane-Saulnier N zeigte sich von den Flugleistungen her überlegen. Hinzu kam, dass die alliierten Jagdflieger bereits seit Anfang 1916 mit weitaus besseren Apparaten gegen die Deutschen aufstiegen. Spätestens im Frühjahr 1916 war die deutsche Luftüberlegenheit gebrochen, nun herrschten die französi-
Fokker D.I–V schen und britischen Flieger in ihren Nieuport 11 und Airco D.H.2 am Himmel über der Westfront.
D.I mit Reihenmotor Bei der Fokker Aeroplanbau m.b.H. in Schwerin ging Chefkonstrukteur Martin Kreuzer Ende 1915 daran, den M 18 zu entwerfen. Der als Doppeldecker ausgelegte Flugapparat hatte in der ersten Ausführung an den unteren und oberen Rumpfgurten anschließende, einholmige Flügel ohne Staffelung. Für den Vortrieb sorgte ein 100 PS starker Mercedes D.I. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse wandte man sich im März 1916 einer M-18-Variante mit zum Rumpf hin abgestrebter oberer Fläche zu, dem späteren D.I. Der Rumpf des D.I (M 18) bestand aus einem kastenförmigen Stahlrohrgerüst mit Drahtverspannung und Stoff als Außenhaut. Nur die Verkleidung des Motors sowie der obere Vorderrumpfbereich, einschließlich Flugzeugführerkanzel, waren mit Blech verkleidet. Die nun zweiholmigen, aus Holz gefertigten Tragflächen waren mit parallel zueinander stehenden Streben versehen, gestaffelt angeordnet und mit Stoff bespannt. Die Quersteuerung funktionierte durch Verwindung der oberen Flügelenden. Jedoch gab es auch eine Variante mit Klappen in den oberen Flächen. Spanndrähte sorgten für zusätzliche Stabilität der Flügelkonstruktion. Höhen- und Seitenleitwerk bestanden aus dünnen Stahlrohren. Überzogen wurde das Ganze wiederum mit Stoff. Sie kamen, wie beim Eindecker hinreichend erprobt, ohne Flossen aus und funktionierten als Pendelruder.In der Serie erhielten jedoch viele Maschinen eine Flosse vor dem Seitenruder. Das mit Gummiseilen gedämpfte Hauptfahrwerk stützte man über V-Streben zum Rumpf ab. Der Sporn war ebenfalls gefedert.
Anthony Fokker am Prototyp des D.I mit gestaffelten Flächen
Serienausführung des D.I mit Flosse vor dem Pendelseitenruder, die jedoch nicht bei allen D.I montiert war. Die Quersteuerung funktionierte per Flächenverwindung oder durch Querruder, beide Systeme kamen zum Einbau
Erfolgreich erprobt Der Motor kam wieder von Mercedes, ein D.II mit 120 PS Leistung. Die Wasserkühler für das Aggregat waren seitlich an den Rumpfwänden montiert. Als Bewaffnung griff man auf das bewährte Maschinengewehr LMG 08/15 mit Unterbrechergestänge zurück. Wie beim Eindecker saß die Waffe etwas nach rechts versetzt auf dem Rumpf, sodass der Flugzeugführer den Gegner gut ins Visier nehmen konnte. Nachdem man den Apparat zufriedenstellend erprobt und die technische Abnahme in Adlershof durchgeführt hatte, Die deutschen Jagdflieger bekamen mit den Fokker-Doppeldeckern brauchbare Einsitzer. Vorteilhaft war nach wie vor das synchronisierte MG. An die neuen alliierten Typen flogen sie aber nicht heran flugzeugclassic.de
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Fokker D.I–V LINKS Fokker
D.II mit 100 PS starkem OberurselUmlaufmotor, der sich schon im Eindecker bewährte. Sofern die Wetterbedingungen es zuließen, wurde das ganze Jahr über geflogen
MITTE Ein mit Tarnanstrich versehener Fokker D.II bei einem Kampfeinsitzer-Verband. Der Jäger konnte etwa eineinhalb Stunden in der Luft bleiben und hatte dafür 85 Liter Treibstoff und 18 Liter Schmierstoff an Bord
erteilte die Führung im April 1916 den Auftrag, zunächst 80 D.I. herzustellen. Erste Exemplare des Kampfeinsitzers konnte man im Juni 1916 ausliefern, die letzten von insgesamt 113 D.I im Februar 1917. Acht D.I wurden von der Ungarischen Allgemeinen Maschinenfabrik AG (MAG) etwas verändert als B.III gebaut.
Mit Rotationsmotor Parallel zum D.I mit Mercedes-Aggregat entstanden die Umlaufmotor-Varianten D.II (M 17) und D.III (M 19). Der Fokker D.II erhielt einen 9-Zylinder-Oberursel U.I mit 100 PS und war ansonsten annähern baugleich mit dem D.I. Vom D.II entstanden zwischen Juli 1916 bis März 1917 181 Exemplare. Österreich-Ungarn kaufte 22 D.II (dort B.II genannt) für die K.-u.-k.-Fliegertruppe. Bessere Flugleistungen erhoffte man sich bei Fokker durch den Einbau eines 160 PS starken 14-Zylinder-Umlaufmotors, Oberursel U.III. Löcher in der Stirnseite der Motorverkleidung sorgten für eine bessere Kühlung des DoppelsternUmlaufmotors. Der Einbau eines zweiten Maschinengewehrs erforderte die Verstärkung des Rumpfes. Fertiggestellt wurde das erste D.III-Exemplar im April 1916. Die Gesamtproduktion belief sich auf 210 Stück. Zehn D.III gingen in die Niederlande. Acht D.III wurden 1917 bei der MAG als D.I gebaut.
Fokker D.IV und D.V UNTEN Ein 160 PS leistender 14-ZylinderUmlaufmotor im D.III steigerte das Leistungsvermögen des Fokker-Jägers. Der Einbau eines zweiten LMG 08/15 fraß die Mehrleistung teilweise jedoch wieder auf
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Auf Basis der Ausführung D.I entwickelte Fokker im Sommer 1916 den D.IV (M 21) mit 160-PS-Mercedes-D.III-Motor. Eine Luftschraubenhaube bildete in Verbindung mit der Motorverkleidung den sehr strömungsgünstig gestalteten Vorderrumpf. Der Typ bekam Tragflächen mit auf 9,70 Meter vergrößerter Spannweite beider Flügelpaare, wobei das obere über aerodynamisch ausgeglichene Querruder verfügte. Im Inneren sollte der zweiholmige, hölzerne Aufbau für gute Stabilität sorgen. Doch ergaben Bruchversuche im Oktober 1916 ein ungenügendes Ergebnis, und auch andere Bauteile gaben Anlass zu Kritik. Zu den 88 gefertigten D.IV gehörten auch 42 bei der MAG als D.II mit AustroDaimler-Motoren gebaute Typen. Beim D.V (M 22) kehrte Fokker im September 1916 wieder zum Umlaufmotor Oberursel U.I zurück. Als Bewaffnung konnten ein bis zwei LMG 08/15 eingebaut werden. Die lediglich einstieligen Flächen hatten die aerodynamisch ausgeglichenen Querruder des D.IV und eine leicht gepfeilte obere Tragfläche. Der Rumpf war strömungsgünstig gestaltet, was durch ein formgebendes, stoffbespanntes Holzgerüst erreicht wurde. Den Motor umgab
Fokker D.I–V
Fokker D.II Geflogen von Leutnant Fritz Grünzweig Ensheim 1916 Die Unterseiten blieben farblos lackiert
© Herbert Ringlstetter – Aviaticus.com
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Fokker D.I–V OBEN Fokker
D.IV mit 6-ZylinderMercedes-Motor. Neben dem Auspuffkrümmer des 160-PS-Aggregats ragt das LMG 08/15 hervor
eine Verkleidung aus Metall und die Luftschraube bekam eine halbrunde Haube aufgesetzt. Zwar wurden 300 D.V gebaut, für Frontverbände waren diese jedoch nicht bestimmt, wenngleich trotzdem ein paar Maschinen in Jagdstaffeln auftauchten. Die D.V lieferte man überwiegend an Flugschulen, wo sie unter anderem zur Gewöhnung an die Eigenheiten eines Umlaufmotors genutzt wurden. Zudem flogen D.V in Heimatschutzstaffeln.
Einsatz MITTE Ernst Udet mit »schickem« französischen Fliegerhelm in einem Fokker D.II. Udet dazu: »Bequem war er nicht, praktisch auch nicht … aber selbst erbeutet!«
UNTEN Die
meisten Fokker D.V waren zur Schulung von Flugzeugführern bestimmt. Nur sehr wenige Maschinen kamen zu Fronteinheiten, einige zu Heimatschutzstaffeln
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Im Frühsommer 1916 konnte der FokkerEntwurf erstmals zeigen, ob er den alliierten Jägern gewachsen war. Doch stellte sich bald heraus, dass die Flugleistungen des Fokker-Doppeldeckers nicht ausreichten, um mit den französischen und britischen Typen gleichzuziehen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Fokker-Konstruktion war allerdings nach wie vor deren Synchrongestänge zum Abfeuern des direkt vor dem Flugzeugführer installierten Maschinengewehrs. Das MG des französischen Nieuport 11 saß weit oben auf der Tragfläche. Zum Nachladen musste die Waffe nach unten gezogen werden. Dies dauerte und kostete mitunter im ungünstigsten Moment wertvolle Zeit. Zeit, die dem Piloten eines Fokker- oder Halberstadt-Jägers zum Entwischen genügte. Das MG des britischen D.H.2 lag direkt vor dem Piloten und war die erste Zeit variabel montiert. Dies war zwar gut gemeint, stellte sich im Kampf aber eher als hinderlich heraus. Erst der feste Einbau brachte
Fokker D.I–V OBEN Prototyp des D.V, der auf dem D.II basierte, aber überarbeitet war. Neu waren unter anderem die oben leicht gepfeilten Flächen sowie der aerodynamisch geformte Vorderrumpf UNTEN RECHTS
Fokker D.IV – die Wasserkühler waren ungünstig seitlich am Rumpf montiert. Die obere Fläche ist mit aerodynamisch ausgeglichenen Querrudern ausgestattet
das optimale Ergebnis und machte aus dem RFC-Jäger einen für die Fokker-Piloten noch gefährlicheren Gegner. Auch die Marineflieger sehr viele Fokker-Jagddoppeldecker zugewiesen. Ab Spätsommer 1916 kam mit dem neuen Albatross-Jäger die Ablösung für die Fokker- und anderen Kampfeinsitzer-Typen zu den Jagdstaffeln. Im Dezember 1916 zog man die FrontFokker-Doppeldecker D.I, II, III und IV zurück. Prüfungen hatten Festigkeitsprobleme an der Konstruktion ergeben. Die Maschinen waren dann nur noch für den Dienst in Heimatschutzstaffeln und Schuleinheiten zugelassen. HERBERT RINGLSTETTER
Technische Daten – Fokker D.I–V Fokker
D.I
Einsatzzweck Baujahr Antrieb
Einsitziges Jagdflugzeug (Kampfeinsitzer) 1915 1916 Mercedes D.II Oberursel U.I 6-Zylinder9-ZylinderReihenmotor Umlaufmotor 120 PS 100 PS 9,05 m 8,75 m 5,70 m 6,40 m 2,25 m 2,25 m 22,0 m² 18,0 m² 463 kg 384 kg 670 kg 575 kg 150 km/h 150 km/h ca. 5,0 min ca. 4,0 min ca. 11,0 min ca. 8,0 min ca. 16,0 min ca. 15,0 min ca. 28,0 min ca. 24,0 min 1,5 h 1,5 h 200 km 200 km 4000 m 4000 m 1 x MG – 7,92 mm 1 x MG – 7,92 mm
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Startgewicht max. Höchstgeschw. ca. Steigleistung auf 1000 m 2000 m 3000 m 4000 m Flugzeit max. Reichweite max. Dienstgipfelhöhe ca. Bewaffnung
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D.II
D.III
D.IV
D.V
1916 Oberursel U.III luftgekühlter 14-ZylinderUmlaufmotor 160 PS 9,05 m 6,30 m 2,30 m 20,0 m² 452 kg 710 kg 160 km/h ca. 3,0 min ca. 7,0 min ca. 12,0 min ca. 20,0 min 1,5 h 220 km 4700 m 2 x MG – 7,92 mm
1917 Mercedes D.II 6-ZylinderReihenmotor 160 PS 9,70 m 9,70 m 2,42 m 21,0 m² 606 kg 841 kg 160 km/h ca. 3,0 min ca. 5,0 min ca. 12,0 min ca. 20,0 min 1,5 h 220 km 5000 m 2 x MG – 7,92 mm
1917 Oberursel U.I 9-ZylinderUmlaufmotor 100 PS 8,75 m 6,05 m 2,30 m 15,5 m² 363 kg 566 kg 170 km/h – – ca. 19,0 min – – 240 km – 1–2 x MG – 7,92 mm
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Sopwith Pup und SPAD S.VII
Briten und Franzosen legen nach
Sopwith Pup und SPAD S.VII
SPAD S.VII – seine hohe Geschwindigkeit und überlegenen Sturzflugqualitäten prädestinierten den Jagdeinsitzer zum Angriffsflugzeug
Mit dem Pup gelang Sopwith 1916 das britische Pendant zum Nieuport 17. Die Franzosen warfen 1917 mit dem SPAD S.VII ein zweites, überlegenes Jagdflugzeug in den Kampf gegen die deutsche Fliegertruppe
M
it Beginn des Jahres 1916 erkämpften die alliierten Jagdflieger die Luftherrschaft an der Westfront zurück und die etwa ein halbes Jahr andauernde Überlegenheit der deutschen Flieger in ihren Fokker- und Pfalz-Eindeckern nahm ein Ende. Ausschlaggebend dafür war der Einsatz von neuen Jagdeinsitzern. Die Typen Airco D.H.2 und Nieuport 11 zeigten sich dem Gegner klar überlegen. Doch es war abzusehen, dass auch die deutsche Seite nachlegen würde. Besonders der britische D.H.2 galt aufgrund seiner veralteten Auslegung mit Druckluftschraube und Gitterschwanzrumpf von Beginn an als völlig veraltet, ein mögSopwith Pup – der Entwurf überzeugte nicht nur fliegerisch, sondern auch mit ansehnlichen Flugleistungen
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Sopwith Pup und SPAD S.VII
Vier Querruder trugen ihren Teil zur außergewöhnlich guten Manövrierfähigkeit des Pups bei, der sich den deutschen Kampfeinsitzern mit Ausnahme des Albatros überlegen zeigte
Die meisten Sopwith Pup waren mit einem 80-PS-Umlaufmotor Le Rhône 9C ausgerüstet, einige Maschinen erhielten auch 100-PS-Motoren
Sopwith Pup der No. 46 Squadron, die 1917 in Izel-les-Hameau/Frankreich stationiert war. Lackiert wurde er in typischem Olivgrün, die Unterseiten blieben farblos
licher Nachfolger mit zeitgemäßem Rumpfaufbau und Zugpropeller entstand bei Sopwith.
Sopwiths Einstieg Die Sopwith Aviation Company brachte 1916 den Pup (Welpe) in die Luft, einen äußerst wendigen Jagdeinsitzer. Der Doppeldecker leitete sich von dem in nur fünf Exemplaren gebauten Sparrow ab, der eigens für den Sopwith-Cheftestpiloten Harry Hawker gebaut worden war. Größer und durch den Einbau eines 80-PS-Umlaufmotors Le Rhône 9C stärker motorisiert, gelang den Sopwith-Konstrukteuren ein hervorragendes Fluggerät, das von Beginn an zu gefallen wusste. Der leichte Pup zeigte gute Flugeigenschaften und ließ sich einfach steuern. Er verfügte über gute Steigleistungen und war etwa 170 km/h flugzeugclassic.de
schnell. In Bodennähe sollen sogar bis zu 180 km/h erreicht worden sein. Gefertigt hat man den Pup in gängiger Holzbauweise mit Stoffüberzug und Drahtverspannung. Lediglich Motorverkleidung, Beschläge und Räder bestanden aus Metall. Bewaffnet war der Pup entweder mit einem Vickers- oder Lewis-Maschinengewehr, jeweils Kaliber 7,7 Millimeter. Das Vickers-MG war vor dem Piloten auf dem Rumpf montiert und feuerte mittels neu entwickelter Synchronisations-Mechanik von Sopwith-Kauper durch den Propellerkreis. Das Lewis-MG saß dagegen auf der oberen Fläche und schoss ungesteuert über die Luftschraube. Gegen Bodenziele konnte eine Abwurflast von 46 Kilogramm mitgeführt werden. Die Gesamtproduktion des Sopwith Pup belief sich auf 1770 Stück. Dabei
stellte Sopwith mit 96 Exemplaren die wenigsten Pup-Jäger her, da man mit dem 1½ Strutter stark ausgelastet war. Den Großteil fertigten die Unternehmen
Sopwiths »Fliegender Zoo« Ursprünglich trug der Pup die Bezeichnung Sopwith Scout. Zum Spitznamen Pup (Welpe) kam es, da ihn Piloten als Welpe des ähnlich aussehenden, aber größeren, zweisitzigen 1½ Strutter bezeichneten. Da sich die inoffizielle Namensgebung schnell etablierte, gab man bei Sopwith auch den folgenden Konstruktionen (den Triplane ausgenommen) Tiernamen. So ließ Sopwith mit den Typen Pup, Camel, Dolphin und Snipe quasi Tiere fliegen und die Rede vom »flying zoo« machte die Runde.
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Sopwith Pup und SPAD S.VII
Sopwith Pup der School of Special Flying in Gosport, England, im August/September 1917. Die auffällig lackierte Maschine wurde von den Fluglehrern Capt. Balfour, Foot und Barker geflogen
Zwar schnell und stabil, ging es der SPAD S.VII in Sachen Wendigkeit ruhiger an, weshalb manche Jagdflieger dem Nieuport 17 den Vorzug gaben
Standard Motor Co. (850), Whitehead Aircraft (820) sowie William Beardmore & Co. (30).
Pup im Kampfeinsatz
Dieser Pup der No. 3 (Naval) Squadron fiel am 1. Februar 1917 nach einem Luftkampf mit Marinefliegern bei Blankenberghe in deutsche Hände. Lieutenant Elliott wurde gefangen genommen und der Pup nach eingehenden Untersuchungen neu lackiert
Zwar kamen die ersten SPAD S.VII bereits im August 1916 an die Front, doch Kühlprobleme mit dem Motor und andere Kinderkrankheiten verzögerten den groß angelegten Auftritt bis Anfang 1917
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Der im Mai 1916 beginnenden praktischen Einsatzerprobung in Großbritannien folgte Ende Oktober 1916 der erste scharfe Einsatz bei der No. 8 (Naval) Squadron des Royal Naval Air Service (RNAS), stationiert in Dünkirchen. Während der Schlacht an der Somme schossen die Briten bis Ende des Jahres in ihren Pup-Maschinen 20 deutsche Flugzeuge ab. Das Royal Flying Corps (RFC) bekam ihre ersten Pup Anfang 1917. An der Westfront musste sich der neue Jäger mit den deutschen Kampfeinsitzern messen, darunter auch der ebenfalls neue Albatros. Manfred von
Sopwith Pup und SPAD S.VII Richthofen äußerte sich mit großem Respekt über den Sopwith Pup, wies allerdings auch auf dessen schlechte Sturzflugqualitäten hin. Im Hinblick auf die Wendigkeit war der Brite dem Albatros weit überlegen. Bis der Albatros einen Vollkreis geflogen habe, beende der Pup bereit den zweiten, hieß es. Je höher geflogen wurde, umso größer war der Vorteil des Pups, da dieser eine weitaus geringere Flächenbelastung aufwies. Bereits ab Frühjahr 1917 erhielten die Marineflieger des RNAS nach und nach den Sopwith Triplane, während das RFC ihre Pup-Jäger behielt und den abermals leistungsstärkeren Sopwith Camel abwartete, der im Dezember 1917 verfügbar wurde. Aus Frankreich und Belgien abgezogene, aber auch neue, mit 100-PSMotor ausgerüstete Pup wurden ab August 1917 vermehrt in der Heimatverteidigung zur Abwehr von Großbombern und Luftschiffen eingesetzt. Außerdem fand der einfach zu handhabende Pup bei der Fortgeschrittenen-Schulung Verwendung. Aufgrund seiner exzellenten Flugeigenschaften war er auch als Verbindungsflugzeug sehr beliebt.
Stark und schnell: SPAD S.VII Neben Nieuport feilte eine weitere französische Flugzeugbaufirma an einem leistungsfähigen Jagddoppeldecker. Die Société de Production des Aéroplanes Deperdussin (SPAD) schickte sich an, Nieuport Konkurrenz zu machen. Zwar hatte SPAD mit seinen A-Typen einen recht eigenwilligen und wenig erfolgreichen Weg beschritten. Beim folgenden Jagdflugzeugentwurf wandelte Chefkonstrukteur Louis Béchéreau jedoch wieder auf bekannterem Terrain und konstruierte den als SPAD S.V bezeichneten Prototypen eines Kampfeinsitzers. Dieser diente zusammen mit Erkenntnissen aus dem A.2 als Basis für den SPAD S.VII C.1 (C für chasse (Jäger) und 1 für einsitzig). Den Antrieb besorgte ein unter Leitung von Chefingenieur Marc Birkigt entwickelter Hispano-Suiza 8-Aa, ein flüssigkeitsgekühlter 90°-V-8-ZylinderReihenmotor mit 150 PS Leistung. Die Bewaffnung bestand aus einem über dem Motor installierten synchronisierten Vickers-MG. Auffallend am S.VII waren seine geringen Abmessungen und die kompakte Bauweise. Die ungestaffelt angeordneten Flächen mit Querrudern im oberen Flügelpaar waren aus Holz gefertigt und mit Stoff überzogen. Der überaus stabil konstruierte Rumpf bestand ebenfalls aus einem stoffbespannten Holzgerippe, das im Vorderrumpfbereich mit Leichtflugzeugclassic.de
Kompakter, kleiner Franzose mit nicht einmal acht Meter Spannweite. Der S.VII lag jedoch ruhig in der Luft und bildete eine stabile Schussplattform
metall verkleidet war. Auch das Seitenund Höhenleitwerk wurden in bewährter Holz/Stoffbauart ausgeführt. Im Juli 1916 startete der S.VII C.1 zum Erstflug. Der Jagdeinsitzer zeigte derart gute Leistungen, dass bereits kurz dar-
auf ein Auftrag über zunächst 268 S.VII an SPAD erteilt wurde. Im August 1916 gelangten erste Exemplare des S.VII an die Fronteinheiten. Frankreichs Jagdfliegerass Georges Guynemer in der Escadrille N.3 bekam mit
Erste Trägerdecklandung auf ein fahrendes Schiff Da sich der Pup sehr präzise steuern ließ, wählte die britische Marine den kleinen Jäger für Landeversuche auf einem fahrenden Flugzeugträger. Squadron Commander Edwin Dunning glückte am 2. August 1917 die Landung auf dem Deck der HMS Furious. Damit landete erstmals ein Flugzeug auf ei-
nem in Fahrt befindlichen Schiff. Nach dem dritten Aufsetzen fünf Tage darauf kippte die Maschine über Bord, wobei Dunnig ums Leben kam. Bereits kurze Zeit später flogen Pup-Marinejäger von ihren schwimmenden Basen aus Einsätze gegen deutsche Luftschiffe und schwere Bomber.
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Sopwith Pup und SPAD S.VII »Nur der Rumpf war noch übrig …« Der gefeierte Jagdfliegerheld Georges Guynemer konnte sich am 23. September 1916 von der stabilen Bauweise des S.VII leibhaftig überzeugen: Als er auf dem Rückflug vom Einsatz die Frontlinie überquerte, krachte es heftig in seinem SPAD. Sein Kühler war zerschossen und von der linken unteren Fläche flatterten große Teile der Bespannung im Fahrtwind. Die 75-Millimeter-Granate eines Flugabwehrgeschützes hatte ihn erwischt – eines französischen! Der Doppeldecker geriet ins Trudeln und stürzte der Erde entgegen. Gerade noch rechtzeitig bekam
Guynemer die Maschine wieder unter Kontrolle und fing sie leidlich ab. Die Aktion endete in einem Granattrichter. Der Aufschlag war hart, aber Guynemer blieb nahezu unverletzt. Guynemer in einem Brief an seinen Vater zu dem Vorfall: »Nur der Rumpf war noch übrig, aber er war intakt. Der SPAD ist wirklich solide, mit einem anderen Flugzeug wäre ich jetzt dünner als dieses Stück Papier.« Bereits zwei Tage darauf startete Guynemer in seinem neuen S.VII (S.88/89) wieder zum Feindflug. Er erzielte die meisten seiner 53 bestätigten Luftsiege auf SPAD S.VII.
OBEN Der SPAD S.VII wurde in 22 Ländern geflogen und in geringem Umfang in Lizenz gefertigt. In Russland wurde auch der Motor nachgebaut. Die Qualität ließ jedoch zu wünschen übrig, was sich in den Flugleistungen und der Zuverlässigkeit bemerkbar machte UNTEN Auch
bei den Franzosen ging es bunt zu. Über den Farbenreichtum dieses SPAD S.VII kann nur spekuliert werden
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dem S.113 die zweite Maschine. Der erste Luftsieg mit einem S.VII gelang Armand Pinsard von der N.26 im S.122 am 26. August. Zwar stimmte die Kampfleistung des SPAD, doch erschwerten andauernde Probleme mit dem Hispano-Suiza den Einsatz zusehends – bei hohen Außentemperaturen überhitzte das Aggregat, bei Kälte wurde es nicht warm genug. Bei SPAD ging man eifrig daran, eine frontreife Lösung zu finden. Erst Anfang 1917 hatte man die Motorproblematik so weit in den Griff bekommen, dass ein zweiter Einsatzanlauf gestartet wurde. Dieses Mal stimmte das Gesamtpaket und der SPAD konnte in großer Stückzahl an die Jagdeinheiten geliefert werden. Im Frühjahr 1917 kam eine nochmals überarbeitete Ausführung des S.VII zu den Verbänden, die über den HispanoSuiza 8-Ab mit 180 PS verfügte, der ein spürbares Leistungsplus brachte. Auch war die Flügelspannweite etwas vergrö-
Sopwith Pup und SPAD S.VII
Die USA erhielten etwa 190 SPAD S.VII als Übungsmaschinen. Zahlreiche S.VII kamen auch zur US-amerikanischen FreiwilligenFliegerstaffel Escadrille La Fayette
ßert worden. Mitte des Jahres 1917 befanden sich etwa 500 S.VII in den Jagdeinheiten. Damit war der SPAD-Jäger der am häufigsten eingesetzte französische Typ an der Westfront.
Etliche SPAD S.VII fielen schon früh in deutsche und ungarischösterreichische Hände. Sie dienten zumeist als Übungsflugzeuge, wurden vereinzelt aber auch im Fronteinsatz geflogen
Technische Daten – Sopwith Pup und SPAD S.VII Muster Einsatzzweck Antrieb
Tempovorteil Ein besonderer Trumpf des SPAD-Typs lag in seiner hohen Geschwindigkeit, sowohl im Geradeausflug, wie auch im Sturz, wo er schadlos bis zu 400 km/h erreichte! Damit hatte es der SPAD-Pilot praktisch in der Hand, einen Kampf zu beginnen und ihn auch abzubrechen. Hinzu kam ein gutes Steigvermögen, gepaart mit ausreichender Manövrierfähigkeit. Im Vergleich zum Pup oder den Nieuport-Jägern war der Druck auf den Rudern relativ hoch. Ohnehin verlangte der S.VII einen geübten Flugzeugführer. Denn besonders bei geringer Geschwindigkeit reagierte der S.VII empfindlich, was im Landeanflug fatale Folgen haben konnte. Außerordentlich gut schnitt der SPAD S.VII in Sachen Robustheit ab. Die SPAD-Konstruktion steckte nicht nur extreme Sturzflüge weg, sondern auch harte Landestöße und Beschussschäden, bei denen es andere Jagdmaschinen einfach zerlegte. Die Stückzahlangaben bezüglich der gebauten S.VII C.1 variieren stark. Schätzungen gehen von bis zu 5920 Exemplaren aus. Geflogen wurden sie in 22 Ländern. Darunter befanden sich Italien, Russland, Großbritannien und die USA, die etwa 190 S.VII erhielten und viele davon der Freiwilligen-Fliegerstaffel Escadrille La Fayette überstellten. In der Gesamtzahl enthalten sind auch in Großbritannien und Russland in Lizenz gefertigte S.VII, die allerdings in Bauausführung sowie Leistungsvermögen zu wünschen übrig ließen und im britischen Fall überwiegend in Schuleinheiten Verwendung fanden. HERBERT RINGLSTETTER flugzeugclassic.de
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Abfluggewicht Höchstgeschwindigkeit Beste Steigleistung auf 2000 m 3000 m 4900 m Flugdauer Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
Sopwith Pup Einsitziges Jagdflugzeug Le Rhône 9C luftgekühlter 9-Zylinder-Umlaufmotor 80 PS 8,08 m 5,89 m 2,87 m 23,60 m² 358 kg 557 kg 170–180 km/h – ca. 14 min ca. 35 min ca. 3 h – 5600 m 1 x Vickers-MG – 7,7 mm oder 1 x Lewis-MG – 7,7 mm
SPAD S.VII C.1 Hispano-Suiza 8-Aa (8-Ab) flüssigkeitsgekühlter V-8-Zylinder-Reihenmotor in 90° 150 (180) PS 7,82 m 6,18 m 2,13 m 17,85 m² 510 kg 740 kg ca. 190 (210) km/h in 2000 m ca. 6,5 min – – – 360 km 5350 m 4 x 11,3-kg-Bombe möglich 1 x Vickers-MG – 7,7 mm
Schnell und robust: Die Vorteile des S.VII erforderten neue Kampftaktiken mit schnellen Angriffen
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Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Die deutsche Jagdfliegertruppe rüstet auf
Kampfeinsitzer der ersten Jahre In der zweiten Hälfte des Jahres 1915 errangen Fokkers Eindecker die Luftherrschaft. Sie waren jedoch nicht die einzigen deutschen Kampfeinsitzer jener Zeit. Anfang 1916 tauchten neue, kampfstarke alliierte Jagdflugzeuge auf. Die deutschen Kampfflugzeugbauer waren gefordert dagegenzuhalten
M
itte 1915 hatten die deutschen Jagdflieger ihren Siegeszug an der Westfront gegen die französischen und britischen Kontrahenten begonnen. Ihr Flugapparat, überwiegend Fokkers Eindecker, war weder fliegerisch noch leistungsmäßig den alliierten Maschinen überlegen. Dass die deutschen Kampfeinsitzerpiloten dennoch mit ihm die Luftherrschaft erringen konnten, lag an einem speziellen Merkmal dieses Typs: Er hatte ein mit der
Lizenzbau Pfalz E.II. Die mit synchronisiertem MG ausgerüsteten Pfalz-Eindecker waren neben den Fokker-Eindeckern ab Mitte 1915 im Einsatz
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Kampfeinsitzer der ersten Jahre LINKS LFG
Roland D.II von 1916. Seiner aerodynamischen Form wegen erhielt der Jäger den Beinamen »Haifisch«. Bei den Flugzeugführern erfreute er sich keiner großen Beliebtheit
RECHTS OBEN Pfalz
E.V mit 105 PS starkem Mercedes-D.I-Reihenmotor. Es entstanden lediglich 20 Stück
Luftschraube synchronisiertes Maschinengewehr, das direkt vor dem Flugzeugführer montiert war. So konnte mit dem ganzen Fluggerät gezielt werden. Zwar waren französische Maschinen ebenfalls mit einem derartig installierten MG ausgerüstet, doch ein UnterbrechMechanismus fehlte und Abweiser an den Propellerblättern taugten höchstens als Notlösung. Die Überlegenheit der deutschen Maschinen war so eklatant, dass man beim Feind bald schon von der »Fokker-Plage« sprach. Der einzige deutsche Kampfeinsitzer war der Fokker-Eindecker aber nicht. Auch Pfalz hatte es geschafft, im Ringen um die Luftherrschaft 1915 seinen Beitrag zu leisten. Mit Hochdruck arbeiteten die Konstrukteure zudem an Folgemustern. Anfang 1916 schallten die Rufe nach leistungsfähigeren Jagdapparaten immer lauter durch die deutschen Konstruktionsbüros. Grund dafür waren die neuen alliierten Jäger an der Front: Der kleine französische Nieuport 11 sowie der britische Airco D.H.2 holten die deutschen Eindecker vom Himmel. So stellte man den heimischen Flugzeugbaufirmen erbeutete Nieuport 11 zur Verfügung, da man diesen Typ als besonders leistungsfähig einstufte.
Der einfache Weg Bereits vor dem Krieg erwarben die Pfalz Flugzeugwerke in Speyer die Lizenzbaurechte zur Fertigung des Parasol-Eindeckers Morane-Saulnier L, bei Pfalz A.I und II genannt. Gebaut wurden etwa 60 Exemplare des zweisitzigen Aufklärers. Ein 80 PS starker Oberursel-Umlaufmotor U.0 diente als Antrieb. Die Ausführung A.II bekam den U.I mit 100 PS. flugzeugclassic.de
Pfalz baute nach den Parasoltypen A.I und A.II mit dem E.III einen weiteren Hochdecker, der eine hervorragende Sicht nach unten bot
Exemplare des Musters waren 1915 auch die ersten Pfalz-Typen, die mit einem synchronisierten MG ausgerüstet und als Jagdflugzeuge eingesetzt wurden. Dem Fokker sehr ähnlich, handelt es sich beim Kampfeinsitzer Pfalz E.I tatsächlich um einen Nachbau des französischen Morane-Saulnier H. Pfalz entwickelte daraus noch weitere Varianten, die meist durch Umlaufmotoren von 80 bis 160 PS beschleunigt wurden. Den E.V trieb dagegen ein 105 PS starker Mercedes-Reihenmotor an. Die Variante E.III konstruierte Pfalz als Parasol mit nach oben verlegtem Flügel und Rotationsmotor von Siemens
& Halske. Von allen gebauten Mustern der Pfalz-E-Reihe entstanden bis 1916 238 Stück, darunter 80 Stück der meistgefertigten Version E.II mit 100-PS-U.I-Motor. Die Pfalz-Eindecker flogen neben den Fokker an der Westfront und später, nach dem Erscheinen stärkerer alliierter Flugzeuge, an der Ostfront und in Palästina. Im Vergleich zu den Eindeckern von Fokker waren die Pfalz-Apparate insgesamt etwas weniger wendig und leistungsfähig.
Halberstadt D.I–V Im Jahr 1915 bauten die Halberstädter Flugzeugwerke ihren ersten Kampfeinsitzer. Im Grunde handelte es dabei um 55
Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Der D.II und D.III (im Bild) erschienen nahezu gleichzeitig an der Front. Bis zur Verfügbarkeit des Albatros D.I war der Halberstadt-Jäger der beste deutsche Kampfeinsitzer
Der erste Anlauf der Firma Halberstadt von 1915: Kampfeinsitzer D.I. Auffällig ist der eng verkleidete Reihenmotor
einen verkleinerten Aufklärer B.II. Es brauchte jedoch noch einige Änderungen, ehe sich daraus ein adäquates Jagdflugzeug entwickelte. Aufgebaut war der Apparat in typischer Bauart mit verspanntem Rumpfgerüst, das zum größten Teil mit Stoff überzogen war. Seitenund Höhenleitwerk waren als Pendelruder ohne Flossen ausgelegt. Die Flächen bestanden aus filigranen hölzernen Rippen mit durchgehendem Profil. In die Serienproduktion ging erst die Folgeversion D.II mit 120 PS starkem Reihenmotor Mercedes D.II. Rumpf und Flügel waren gegenüber dem D.I optimiert und aerodynamisch verfeinert. Ein LMG 08/15 kam innerhalb des Rumpfes rechts vor dem Piloten unter. Nahezu gleichzeitig wurden auch Maschinen der Ausführung D.III ausgeliefert, die sich von der D.II durch den 120 PS leistenden Argus As.II sowie einen veränderten Flügelausschnitt oberhalb der Führerkanzel und vergrößerte Querruder unterschied. Vom D.IV mit 150-PS-Benz-Bz.III-Motor und kleiner Propellerhaube entstanden nur drei Exemplare. Die letzte Ausführung D.V war ein in Details überarbeiteter D.II und ging im Oktober 1915 in die Serienfertigung.
Erster Fronteinsatz Im Juni erschienen die ersten D.II an der Front. Der Halberstadt zeigte zwar bessere Flugleistungen als die Eindecker von Fokker und Pfalz, hatte gegen die neuen alliierten Maschinen allerdings einen schweren Stand. Mit einem fähigen Flugzeugführer am Steuer zeigte sich der Halberstadt-Jäger jedoch als sehr gefährliche Waffe. Er ließ sich sehr eng kurven und vertrug hohe Sturzgeschwindigkeiten. Das französische Jagdfliegerass Georges Guynemer hielt den Halberstadt-Jäger sogar für besser als den von ihm geflogenen Nieuport 17. Oswald Boelcke flog einen blau bemalten D.II und bewies die Tauglichkeit des Jägers. Außer bei den deutschen Jastas und Fliegerschulen kamen HalberstadtJäger auch bei der Osmanischen Fliegertruppe zum Einsatz, wo der Kampfeinsitzer bis Kriegsende in Dienst blieb. Insgesamt wurden von März 1916 bis Juni 1917 206 Exemplare gefertigt: 84 D.II, 50 D.III, drei D.IV und 57 D.V, darunter auch jeweils 30 D.II, die bei der Hannoverschen Waggonfabrik und Aviatik in Lizenz entstanden.
Deutscher Nieuport 1916 machten sich auch die Konstrukteure der Siemens-Schuckert Werke an einen Jagdflugzeugentwurf. Dabei sahen sie sich den Nieuport 11 sehr genau 56
Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Dank Reihenmotor eine schlanke Erscheinung und in der Hand eines versierten Piloten ein gefährlicher Gegner: Halberstadt D.II
an – und bauten den Eineinhalbdecker schlicht nach. Zumindest größtenteils. Die Luftschraube drehte ein 110-PS-Umlaufmotor Sh.I von Siemens & Halske. Dieser hatte eine gegenläufig rotierende Kurbelwelle, wodurch sich ein geringeres Kreiselmoment auf das Flugzeug übertrug. Weitere Unterschiede zum Franzosen waren die vergrößerte Luftschraube samt Verkleidung und ein dadurch erhöhtes Fahrgestell. Hinzu kamen unter anderem die etwas anders gestaltete Motorverkleidung und ein veränderter Sporn. Das auf dem Vorderrumpf montierte LMG 08/15 reichte zwar aus, der Konkurrenzentwurf von Albatros verfügte jedoch bereits über zwei MG. Bis die ersten SSW D.I Anfang 1917 an die Front kamen, war die deutsche Ausführung des Nieuport 11 bereits veraltet. Von den 95 fertiggestellten Maschinen kamen nur wenige zu Fronteinheiten. Jagdstaffeln, die D.I erhielten, waren die Jastas 1 bis 5, 7, 9, 11 und 14. Die meisten Maschinen wurden jedoch als Übungsflugzeuge genutzt. Mehr Erfolg hatte SSW später mit dem D.III, der 1918 zu den besten Jagdflugzeugen gehörte.
LFG Roland D.I–III
Pour-le-Mérite-Träger Ernst Freiherr von Althaus in einem Halberstadt D.II der Jasta 4 im August 1916
Deutsche Ausgabe des französischen Nieuport 11: SiemensSchuckert SSW D.I im Winter 1916/17. Typisch für das Flugzeug war die geringe Tiefe des unteren Flügelpaares
Abgeleitet vom erfolgreich im Einsatz fliegenden C-Modell der LuftfahrzeugGesellschaft m.b.H. (Roland), dem »Walfisch«, bauten die Ingenieure Tantzen und Hoffmann im Jahr 1916 den Kampfeinsitzer D.I »Haifisch«. Das Besondere an den LFG-Entwürfen war deren Rumpfaufbau: Dieser bestand aus quer übereinander verleimten Kieferholzleisten in sogenannter Wickelbauweise, die dem überaus aerodynamisch geformten Rumpf ein hohes Maß an Stabilität verlieh. Die obere Tragfläche war sehr tief angebracht und mit dem in diesem Bereich schmal zulaufenden Rumpf verbunden. Dadurch ergab sich flugzeugclassic.de
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Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Aerodynamisch ausgefeilt: LFG Roland D.I »Haifisch«. Die meisten der 50 bis 60 gebauten D.I flogen an der Ostfront, in Heimatschutzstaffeln und in Schuleinheiten
Der Roland D.II konnte kaum überzeugen, sodass nur wenige Jagdstaffeln über Roland-Jäger verfügten. So flog etwa die neu aufgestellte Jasta 32 im Frühjahr 1917 Roland D.II
für den Flugzeugführer ein ausgezeichnetes Blickfeld. Zumindest im oberen Bereich. Eingeschränkt war allerdings das direkte Sichtfeld des Piloten nach vorne – ein auffallender Mangel. Als Antrieb wählte man den Reihenmotor Mercedes D.III mit 160 PS Leistung, der sich strömungsgünstig in die Formen des »Haifischs« einbauen ließ. Zum Erstflug startete der D.I im Juni 1916, wobei er akzeptable Leistungen zeigte. Insgesamt aber konnte er mit dem ebenfalls neuen D.I von Albatros nicht mithalten. Im Oktober 1916 flog der etwas verbesserte Prototyp des D.II. War der D.I noch mit lediglich eiLINKS Roland
D.IIa mit 180-PS-Argusmotor. Gegen den Albatros D.II und III konnte sich auch der überarbeitete Roland-Jäger nicht durchsetzen
UNTEN Seltene
Erscheinung an der Westfront: Rolands Kampfeinsitzer »Haifisch« war bei den Flugzeugführern nicht sonderlich beliebt
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Kampfeinsitzer der ersten Jahre
Manfred von Richthofen in einem LFG Roland D.III bei der Flugzeug-Erprobungsstelle in Berlin Adlershof im Mai 1917. Von den Foto BMW Archiv Leistungen der Jagdmaschine war er enttäuscht
nem LMG 08/15 bewaffnet, verfügte der D.II über zwei dieser Waffen. Da sie sich innerhalb des Rumpfes befanden, war es für den Flugzeugführer schwieriger als bei außerhalb montierten Waffen, eine nicht selten vorkommende Ladehemmung zu beseitigen. Einen weiteren Anlauf unternahm LFG mit der Ausführung D.III. Der Oberflügel war nun über vier verkleidete Streben mit dem Rumpf verbunden, was die Sicht nach vorne verbesserte. Zur Stei-
gerung der Wendigkeit vergrößerte man die Seiten- und Höhenleitwerksflächen. Der verbaute Sechszylinder-Reihenmotor Argus As.III brachte eine Leistung von 180 PS und kam auch bei der Unterversion D.IIa schon zum Einbau.
Mangelhafte Leistungen Wegen den geringeren Flugleistungen der Roland-Jäger im Vergleich zu Albatros-Modellen kamen nur wenige »Hai-
fische« in Frontverbänden zum Einsatz. Auch war er dort nicht beliebt, da sich der »Haifisch« nicht sonderlich gut flog. Es entstanden etwa 50 bis 60 D.I, 300 D.II (200 davon bei den Pfalz Werken) sowie rund 150 D.III. Die meisten »Haifisch«-Jäger wurden an Übungseinheiten und Heimatschutzstaffeln abgegeben oder flogen an der Ostfront sowie bei verbündeten Luftstreitkräften. HERBERT RINGLSTETTER
Technische Daten – deutsche Kampfeinsitzer der ersten Jahre Muster
Pfalz E.II
Pfalz E.V
Einsatzzweck Antrieb
Einsitziges Jagdflugzeug Oberursel U.I luftgekühlter 9-ZylinderUmlaufmotor 100 PS 10,20 m 6,45 m 2,55 m 16,00 m² 410 kg 620 kg 150 km/h – – ca. 9,45 min – 2,0 h 220 km – 1x LMG 08/15 – 7,92 mm
Mercedes D.I Mercedes D.II flüssigkeitsgekühlter 6-ZylinderReihenmotor 105 PS 120 PS 10,20 m 8,80 m 6,60 m 7,30 m 2,60 m 2,66 m 16,00 m² 24,00 m² 510 kg 519 kg 696 kg 728 kg 165 km/h 150 km/h – – – ca. 3,5 min – ca. 8,5 min – ca. 14,5 min – 1,5 h 180 km 250 km – 4500 m
Startleistung Spannweite Länge Höhe Flügelfläche Leergewicht Abfluggewicht Höchstgeschwindigkeit Marschgeschwindigkeit Beste Steigleistung auf 1000 m 2000 m 3000 m Flugdauer Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
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Halberstadt D.II
SSW D.I
Roland D.III
Siemens & Halske Sh.I
Argus As.III flüssigkeitsgekühlter 6-Zylinder-Reihenmotor 180 PS 8,94 m 6,84 m 2,76 m 19,80 m² 717 kg 961 kg 175 km/h 155 km/h ca. 3,5 min – – 2,5 h – 4500 m 2 x MG 08/15 – 7,92 mm
110 PS 7,50 m 6,00 m 2,59 m 14,40 m² 444 kg 675 kg 170 km/h – ca. 3,5 min ca. 8,0 min ca. 14,5 min 2,33 h 350 km 5000 m
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Frühe alliierte Typen
Aufrüsten für die Schlacht am Himmel
AlliierteKampfflugzeuge bis Mitte 1917
Der Bomber und Aufklärer RAF R.E.8 löste 1916 den B.E.2 ab. Bis 1918 entstanden 4077 Exemplare
Mit Typen wie den Nieuport 11 und 17 oder Sopwith Pup warfen die Alliierten 1916 leistungsfähige Jagdflugzeuge in den Kampf. Die technischen Bemühungen in den ersten Kriegsjahren, die Schlacht auch in der Luft zu gewinnen, reichten jedoch noch wesentlich weiter
Z
war verfügten Länder wie Frankreich, Großbritannien und das Deutsche Reich bei Ausbruch des Krieges im August 1914 über ein mehr oder weniger großes Kontingent an Flugapparaten. Einsatztaktiken für die neue Waffe waren jedoch nicht vorhanden. Schließlich lagen Gründung und Aufstellung der »Luftarmeen« erst
Ursprünglich als Rennflugzeug entworfen: Morane-Saulnier N mit HotchkissMG und Ableiterbeschlägen auf den Luftschraubenblättern, um diese beim Abfeuern der Waffe nicht zu zerstören
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Frühe alliierte Typen
Das vom Flugzeugführer bediente Lewis-MG eines B.E.2 war schwenkbar justiert. Für das MG des vorne sitzenden Beobachters erprobte man verschiedene Anordnungen, die jedoch alle nicht befriedigten, da ständig Spanndrähte und Streben im Weg waren
Flugzeugführer und Beobachter eines Farman MF.11 an ihren Abwehrwaffen. MF.11 des Royal Naval Air Service flogen am 21. Dezember 1914 den ersten Bombenangriff des Krieges
kurze Zeit zurück und praktische Erfahrungen gab es keine. Während die ersten Monate durchwegs Aufklärungsflüge auf den Dienstplänen der Flieger standen, zeigte sich das Jahr 1915 in der Luft bereits weitaus kriegerischer. Morane-Saulnier bewaffnete seine Eindecker L (militärisch MS.2) und N (MS.5.C1) mit direkt vor dem Flugzeugführer montiertem Maschinengewehr samt Ableiterbeschlägen an den Propellerblättern. Besonders nahe lag die Installation eines MGs im Bug von Flugzeugen mit Druckluftschraube, da sie ein freies Schussfeld nach vorne boten.
Erste Jagdeinheit So verfügte der zweisitzige Vicker F.B.5 Gunbus über ein Lewis-MG, das vom Beobachter bedient wurde. Der Typ tauchte erstmals im Februar 1915 an der Westfront auf. Im Juli 1915 stand mit der No. 11 Squadron des Royal Flying Corps (RFC) der erste reine Jagdverband der Luftkriegsgeschichte bereit. Ausgerüstet war die Einheit mit F.B.5. Aber auch beim Zweisitzer mit Frontmotor war es ein Leichtes, den Beobachter mit einem Maschinengewehr auszurüsten. Zerbrechlich wirkende Flugapparate wie der Bristol Scout oder der Airco D.H.1 waren typische Vertreter der ersten Kriegsflugzeug-Generation. Es waren Flugmaschinen, die zumeist noch vor dem Krieg konstruiert worden waren und vorwiegend als Aufklärer/Melder eingesetzt wurden. Dazu gehörte auch der Royal Aircraft Factory B.E.2 (Blériot Experimental 2), der wegen seiner Behäbigkeit von den deutschen Kampfeinsitzerfliegern auch »Kaltes Fleisch« genannt wurde. Die englische Bezeichnung für den B.E.2 war nicht
Das erste britische Jagdflugzeug: F.B.5 (Fighting Biplane 5) von 1915
besser: »Fokker Fodder« (»Fokker-Futter«). Dennoch wurden etwa 3500 Stück davon gebaut. 1916 boten neue, alliierte Jagdmaschinen den Fokker-Eindeckern Paroli. Besonders die Typen Airco D.H.2 und Nieuport 11 waren den Fokker E.III und E.IV überlegen. Im Frühjahr 1916 kam
der Nieuport 17 und im Herbst der Sopwith Pup. Anfang 1917 war der hervorragende SPAD S.VII frontreif (siehe Seite 30–53). Im Frühjahr 1917 kamen die ersten RAF S.E.5 hinzu, die jedoch noch mit zu schwachen Motoren ausgerüstet waren. Sehr beeindruckt zeigten sich die Deutschen vom Sopwith Triplane. Ende
Der Einsatz des B.E.2 war höchst umstritten, da er besonders leicht zur Beute deutscher Jagdflieger wurde. Diese bezeichneten den träge fliegenden Aufklärer auch als »Kaltes Fleisch« flugzeugclassic.de
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Frühe alliierte Typen
Der Caudron G.4 flog ab November 1915 bei der französischen Fliegertruppe. Mit ihm wurden Bombereinsätze bis ins Rheinland hinein geflogen
Zweisitziger Jäger Nieuport 12. Die Briten bauten den Typ in Lizenz, nahmen jedoch etliche Veränderungen vor, wozu auch der Einbau eines synchronisierten MGs gehörte
November 1916 begann man bei Nieuport-Macchi mit dem Bau des leistungsstarken Jägers Hanriot HD.1 für die italienische Luftwaffe.
Erster Bombenangriff
Avro 504 des RFC. Der Abschuss eines Avro 504 am 22. August 1914 war der erste Verlust eines britischen Flugzeugmusters während eines Feindfluges. Am nützlichsten zeigte sich der Avro 504 als Schulflugzeug
Neben dem Aufklärer und Jäger gewann der Bomber zunehmend an Bedeutung. Der französische Farman MF.11 mit Heckmotor war das erste Kampfflugzeug, mit dem ein Bombenangriff geflogen wurde. Geschehen war dies am 21. Dezember 1914 gegen eine deutsche Artilleriestellung bei Ostende in Belgien. Eines der sehr frühen Einsatzflugzeuge der französischen Fliegertruppe war der Aufklärer und leichte Bomber Caudron G.3. Er wurde in verhältnismäßig großer Stückzahl gebaut und in 21 Ländern geflogen. Eine vergrößerte Version des G.3 war der G.4 mit zwei Motoren. An der Westfront blieben die Typen G.3 und G.4 bis Mitte 1916 im Einsatz, an anderen Fronten dagegen noch wesentlich länger. Den Frontflügen folgte für viele G.3 der Dienst in Schulungseinheiten. Weit verbreitet war auch der Avro 504, der als eine Art Flugmädchen für Der Sopwith 1½ Strutter kam ab Frühjahr 1916 als einsitziger Bomber sowie zweisitziger Aufklärer und Jäger zum Einsatz. Ein Pilot des RFC über den Typ: »Der 1½ Strutter war ein schön zu fliegendes Flugzeug, ein gutes Reiseflugzeug, aber kein Kampfflugzeug.«
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Frühe alliierte Typen alles genutzt wurde. Insbesondere aber bewährte sich der gutmütige Doppeldecker als Schulflugzeug. 1916, teilweise auch noch 1915, erschienen neue, merklich leistungsstärkere Typen zur Ablösung der frühen Muster. Der einund zweisitzig einsetzbare Bomber, Aufklärer und Jäger Sopwith 1½ Strutter ersetzte ab Frühjahr 1916 vor allem den Gitterschwanztyp RAF F.E.2 und wurde in rund 4500 Exemplaren produziert. Die Besonderheit des 1½ Strutters: Er war das erste mit einem synchronisierten MG ausgerüstete britische Kampfflugzeug. Morane-Saulnier legte mit dem MS.21 (Typ P), angetrieben von einem LeRhône-9J-Umlaufmotor, als Ersatz für den Parasoltyp MS.2 (L) nach. Nieuport verbesserte den Nie.10 und schickte den mit zwei MG bewaffneten zweisitzigen Jäger Nieuport 12 an die Front. Der RAF R.E.8, Spitzname »Harry Tate«, kam 1916 zu den Fronteinheiten und löste den B.E.2 ab. Zahlreiche Abstürze unerfahrener Flieger, insbesondere im Landeanflug, sorgten zunächst für Aufregung. Erfahrene Piloten hatten dagegen kaum Probleme. Der Haken lag bei der höheren Landegeschwindigkeit im Vergleich zum B.E.2 und dem nahezu ohne Vorwarnung einsetzenden Strömungsabriss des R.E.8..
Großbomber Für mehr Schlagkraft sorgten neu entwickelte Großbomber mit zwei und mehr Motoren sowie einer Besatzung von drei Mann aufwärts. Caproni entwickelte bereits 1914 den Ca.1 mit drei Fiat-A.10Motoren von je 150 PS und vier Mann Besatzung. Den ersten Einsatz mit Ca.1 flogen italienische Kampfflieger im August
Handley Page baute seinen ersten Großbomber, den Type O/100, noch 1916. Von der ersten Variante entstanden bis zur Ablösung durch den O/400 46 Stück
Bruchgelandet: Bei unerfahrenen Fliegern war der R.E.8 wegen seiner heiklen Flugeigenschaften nahe der Mindestgeschwindigkeit gefürchtet, was zu zahlreichen Unfällen führte
1915 gegen einen österreichischen Flugplatz. Ein weiterer früher Großbomber auf alliierter Seite war der Handley Page Type O, der als O/100 im November 1916 von einer britischen MarinefliegerEinheit übernommen wurde. Zum ers-
Am Rumpf des R.E.8 ist ein Teil des vom Piloten bedienten MGs zu sehen. Neben dem Windschild ist ein Zielfernrohr montiert. Das Zwillings-MG des Beobachters ist auf einem Drehkranz gelagert
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ten Einsatz kam es im März 1917. Der zweimotorige Typ O/100 konnte bis zu 907 Kilogramm an Bombenlast ins Ziel bringen und verfügte über fünf MGStände. Die Besatzung bestand aus vier bis fünf Mann. HERBERT RINGLSTETTER
Ein Handley Page O/100 wird mit tödlicher Last beladen. Der schwere britische Bomber konnte bis zu 907 Kilogramm an Abwurflast befördern
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Albatros D
Albatros D.III – für die alliierten Flieger ein äußerst respektabler und bis Frühjahr 1917 auch überlegener Gegner
Kampfeinsitzer der Extraklasse
Albatros D.I, II, III und IV Beim Auftauchen an der Westfront im Sommer 1916 zeigte sich der Albatros D.l den feindlichen Maschinen klar überlegen, in der Folgezeit wurde der elegante Jagd-Doppeldecker zu einem der meistgebauten und erfolgreichsten Flugzeuge des Ersten Weltkriegs
N
achdem 1916 die Luftherrschaft mehr und mehr an die Alliierten ging, brauchte man dringend ein neues Jagdflugzeug, das den neuen Typen Airco D.H.2, einer britischen Konstruktion mit Druckpropeller, und dem kleinen französischen Nieuport 11 mit einem über der oberen Fläche angebrachten Maschinengewehr gewachsen war. Als leistungsstärkste Neukonstruktion sollte sich der Kampfeinsitzer AlbaAlbatros D.II – gegenüber dem D.I waren die oberen Flügel zur Sichtverbesserung weiter unten montiert und die mittleren Streben verändert
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Albatros D tros D.l erweisen, von dem im Sommer 1916 erste Vorserienmaschinen an die Front kamen.
Albatros D.I Entwickelt wurde das erste Jagdflugzeug der Albatros-Werke unter der Leitung von Robert Thelen, dem Technischen Direktor der Firma. Bis dahin hatte man bei Albatros zweisitzige Aufklärer gebaut, die auch als leichte Bomber verwendbar waren. Der D.I-Rumpf bestand aus einem mit Sperrholz beplankten Holzgerippe mit guter aerodynamischer Formgebung. Die Flügel sowie Seitenund Höhenleitwerksflossen waren ebenfalls aus Holz gefertigt und mit Stoff bespannt, alle Ruder waren mit Stoff überzogene Stahlrohrkonstruktionen. Sämtliche Streben waren aus Metallrohren mit ovalem Querschnitt gefertigt. Um zusätzliche Festigkeit zu erreichen, verwendete man Spanndrähte. Motorisiert war die erste AlbatrosJagdmaschine mit einem Mercedes D.III, einem wassergekühlten Reihenmotor mit sechs Zylindern und 15 Liter Hubraum, der 160 PS leistete. Die Kühler für den stehend eingebauten Motor waren beidseitig im Rumpf integriert und ragten aerodynamisch ungünstig heraus. Gebaut wurden vom D.I nur 50 Exemplare, da mit der D.II schon sehr bald eine überarbeitete Version in die Produktion ging.
Albatros D.II Um dem Flugzeugführer eine bessere Sicht zu verschaffen, legte man die obere Tragfläche bei dem im Oktober 1916 erschienenen D.II tiefer. Zudem veränderten die Albatros-Konstrukteure die mittlere Aufnahme des oberen Flügels, indem sie Streben schräg nach außen verlaufen ließen. Noch während der lau-
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Albatros D.I mit annähernd rechteckigem Tragflächen-Grundriss oben und unten. Seitlich am Rumpf sind die Kühler zu erkennen. Die Flügel waren werksseitig mit einem grün/rotbraunen Anstrich auf den Ober- und einem hellblauen auf den Unterseiten versehen
fenden Serie wanderte der Kühler nach oben mittig in die Fläche. Die Bewaffnung bestand wie beim Vorgänger aus zwei direkt vor dem Flug-
zeugführer montierten synchronisierten Maschinengewehren LMG 08/15, die der deutschen Jagdmaschine eine überlegene Feuerkraft verliehen. Auch
RECHTS Die üblich instrumentierte Führerkanzel eines D.IJägers mit den direkt davor montierten LMG 08/15. Die Streben zur Tragfläche führen beim ersten Albatros-Jäger zur Flügelmitte UNTEN Kampfeinsitzer D.I: Typisch für Albatros war die schnittige, aerodynamische Linienführung des Rumpfes
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Albatros D
Musterflugzeug zum Albatros D.III. Er unterschied sich vom D.II äußerlich durch weitaus kleinere untere Flächen und V-Streben anstatt der parallel angeordneten Nach einem Luftkampf mit Fliegern des britischen Royal Flying Corps am 4. März 1917 wurde Leutnant Max Böhme in seinem Albatros D.II (D.910/16) zur Landung gezwungen und geriet in Gefangenschaft
war das Flugzeug leicht zu fliegen, ausreichend wendig, stabil und schnell. Alles in allem setzte der Albatros-Jäger neue Maßstäbe, und es dauerte nicht lange, bis die Luftüberlegenheit von den deutschen Fliegern zurückerobert werden konnte. Neben dem leistungsfähigen Jagdflugzeug war auch die Neuorganisation der KampfeinsitzerKommandos durch die Bildung von Jagdstaffeln, abgekürzt »Jastas« genannt, für den Erfolg verantwortlich. Lizenzbauten der D.II produzierte die UNTEN Albatros D.III der Jasta 28w in Varsenare/Belgien. Geflogen wurde er vermutlich von Leutnant Karl Bolle
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Albatros D
OBEN Kurz
vor dem Einsatz: Albatros D.II der Jasta 9 Ende Februar 1917 auf dem Einsatzplatz bei Leffincourt, etwa 40 Kilometer nordöstlich von Reims RECHTS Charakteristisch an frühen D.III ist der mittig in die obere Fläche eingebaute Kühler, wie ihn auch späte D.II besaßen
Luftverkehrsgesellschaft (LVG), wo 75 Maschinen das Werk in Berlin-Johannisthal verließen.
Albatros D.III Anfang 1917 tauchten an der Westfront die ersten Exemplare des zum Teil stark überarbeiteten Typs D.III auf. War der untere Tragflügel bei den Vorgängermodellen nur etwas kleiner als der obere, so verringerte man bei der neuen Version nach Vorbild des Nieuport-Eineinhalbdeckers die untere Flächentiefe um 50 Zentimeter auf 1,10 Meter. Die äußeren Streben wurden angepasst, indem man nunmehr V-Streben anstatt der bisherigen parallel stehenden verbaute. Der Abstand vom Rumpf zur oberen Tragfläche hatte sich wieder erhöht. Verändert wurde auch der Flächengrundriss, indem man die Flügelenden abschrägte. Der Flächenkühler wurde in späteren Flugzeugen der D.IIISerie ab der Baunummer D.2200/17 etGut zu erkennen an diesem D.II ist der linke, seitlich am Rumpf montierte Flüssigkeitskühler von Windhoff sowie die beulenartige Verkleidung der Munitionszuführung flugzeugclassic.de
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Albatros D
Albatros-D.III-Jäger der berühmten Jasta 11. Das zweite Flugzeug von unten mit ro-tem Rumpf ist Richthofens Albatros (s. Zeichnung S. 72). Der bunt bemalten Flugzeuge und Zelte wegen sprachen die alliierten Flieger schon bald vom »Flying Circus«, dem »Fliegenden Zirkus«. Die auffallenden Farbgebungen dienten vorrangig zur Kenntlichmachung der Flugzeugführer untereinander. Allein die Jagdflieger der Jasta 11 schossen unter Führung von Manfred von Richthofen zwischen dem 9. und 30. April 1917 89 alliierte Flugzeuge ab. Dies war über ein Drittel der Verluste des Royal Flying Corps!
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was nach rechts versetzt, was die Sicht nach vorne verbesserte und den Flugzeugführer im Fall eines Kühlertreffers vor heißem Wasser bewahrte. Für den Einsatz im Mittleren Osten wurde ein zweiter Kühler in den Flügel montiert.
Flatterhafte Neigung Fatalerweise stellte sich bald heraus, dass die neuen unteren Flächen bei zu hohen Belastungen zu flattern begannen und Beschädigungen davontrugen oder gar abmontierten. Eine Reihe von Todesstürzen war die Folge. Ursächlich für die flatterhaften Flügel waren der zu weit vorne platzierte einzelne Holm und die zu schwache Auslegung des Flügels. Die Führer der D.III-Apparate stellten sich natürlich nach Bekanntwerden dieser Unzulänglichkeit darauf ein und achteten, wenn möglich, darauf, ihren Albatros nicht zu hart ranzunehmen – dass freilich gerade beim Kampf um Leben und Tod hart an der Belastungsgrenze geflogen oder diese dann auch überschritten wurde, ist nur verständlich. Insgesamt aber hatten die deutschen Jagdflieger mit dem D.III in der ersten Hälfte des Jahres 1917 einen fähigen und den meisten Feindmaschinen in so mancher Hinsicht überlegenen Kampfeinsitzer. Im Sommer 1917 waren die meisten Jagdstaffeln mit Albatros-Jägern überwiegend des Typs D.III ausgestattet. Auffällig überlegen zeigten sich die deutschen Flieger trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit in ihren Albatros-Maschinen im April 1917 während der Schlacht von Arras, wo besonders die Briten entsetzliche Verluste erlitten. So ging die Zeit vom 9. bis 30. April 1917 als »Bloody April«
Albatros D.III (D.1941/16) von Leutnant Ernst Udet, der mit 62 Luftsiegen als zweiterfolgreichster deutscher Jagdflieger aus dem Ersten Weltkrieg hervorging
Der beim Absturz gebrochene und zersplitterte Holzrumpf dieses D.III gibt den Blick auf dessen Struktur und den Treibstoffbehälter frei. Am Seitenruder ist erkenntlich, dass es sich um einen bei OAW gefertigten D.III mit gerundetem Seitenruder des D.V handelt
Albatros D.III (2274/16) der Jasta 12, geflogen von Oberleutnant Adolf von Tutschek im April 1917. Das Flugzeug soll komplett schwarz gewesen sein – bis auf das Wappen am Leitwerk natürlich
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Albatros D
OBEN LINKS Albatros D.III mit gerundeten Seitenrudern (OAW) der Jagdstaffel 50 in Autremencourt in Frankreich. Die Einheit hatte zweifarbig lackierte Höhenflossen und -ruder. Über deren Farben gibt es leider nur Spekulationen, aber keine beweiskräftigen Angaben OBEN RECHTS Der
Albatros D.IV bekam wieder untere Flügel mit größerer Tiefe, wie sie vormals bei den Versionen D.I und II zu finden waren. Der D.IV ging jedoch nicht in Serie
LINKS Heinrich Gontermann an dem von ihm geflogenen Al-batros D.III (2249/16). Er galt als ausgezeichneter Flugzeugführer und Schütze. Auf sein Konto gingen 18 Beobachtungsballone, deren Abschuss eine überaus heikle Angelegenheit war UNTEN Soldaten
tummeln sich am Albatros D.III (2062/16) der Jasta 11 von Karl Emil Schäfer, der am 3. März 1917 mit angeschossener Luftschraube landen musste
D.III-Bestand 1917/18 Zeitraum Januar 1917 März 1917 Mai 1917 Juli 1917 September 1917 November 1917 Januar 1918 März 1918 Mai 1918 Juli 1918 September 1918
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Anzahl 13 137 327 303 385 446 423 357 174 82 52
in die Luftkriegsgeschichte ein. Im Frühsommer des Jahres 1917 tauchten vermehrt neue alliierte Jäger auf, die den deutschen Jagdfliegern in ihren Albatros-Jägern das Leben merklich schwer machten. Insbesondere der französische SPAD S.VII und der britische S.E.5 wurden zu gefürchteten Gegnern.
Experiment D.IV Bei der Folgeversion D.IV entschloss man sich Ende 1916, den unteren Tragflügeln wieder mehr Tiefe zu geben. Zudem verkleinerte man die Seitenruder-Ausgleichsfläche. Für Vortrieb sorgte ein Mercedes
D.III mit Getriebe, der nahezu vollends verkleidet im Rumpf verschwand. Der D.IV litt unter Getriebeproblemen und brachte nur unzureichende Leistungen. Albatros experimentierte jedoch mit dem Typ weiter bis April 1918. Nächstes Serienmodell wurde die Ausführung D.V, die im Mai 1917 in die Fertigung gelangte. Parallel dazu wurde der D.III noch bis August 1917 weitergebaut, was zu einer Gesamtstückzahl von 1340 Exemplaren führte. Der Großteil davon kam von den Ostdeutschen Albatros Werken (OAW), wo 840 D.III die Werkshallen verließen. Um die Bestände an
Albatros D
Albatros D.III Jasta 15 Leutnant Ernst Udet Habsheim, Januar 1917
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Der erste schwimmfähige Albatros-Kampfeinsitzer mit der Marine-Nummer 747 während der Erprobung in Warnemünde im September/Oktober 1916. Das Wasserflugzeug basierte auf der Landversion D.I
Kampfeinsitzern der k.-u.-k.-Luftfahrtruppen zu erweitern, baute die Österreichische Flugzeugfabrik AG (Oeffag) in Wiener Neustadt ab Anfang 1917 zunächst 16 Albatros D.II (53.01 bis 53.16) in Lizenz. Wegen schlechter Verfügbarkeit erhielten sie nur ein Schwarzlose-MG. Es folgten 45 Maschinen der zweiten Baureihe (53.20 bis 53.64) des Oeffag-D.III. Im Gegensatz zu den Albatros-Ingenieuren eliminierten die Oeffag-Konstrukteure den größten Schwachpunkt des D.III, das labile untere Flügelpaar, mit relativ geringem Aufwand: Die Konstruktion wurde schlicht verstärkt und drehsteifer gefertigt. Den Antrieb des Oeffag D.III übernahm ein 185 PS starker AustroDaimler-Motor der Serie 18.000. Die Bewaffnung bestand nun aus zwei MG, Kaliber 8,0 Millimeter. Eingebaut waren die Maschinengewehre nicht oberhalb des
Albatros D.III der Jasta Boelcke, geflogen von Leutnant Hermann Frommherz im Frühjahr 1917. Das Flugzeug wurde »Blaue Maus« genannt, wobei auch die Flügel hellblau lackiert waren
Albatros D.III der Jasta 11, geflogen von Rittmeister Manfred Freiherr von Richthofen im April 1917. Die Tragflächen wurden im üblichen Tarnschema belassen, der Rest wurde rot lackiert
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Albatros D Motors, sondern unterhalb der Verkleidung. Dies verbesserte zwar die Aerodynamik, erschwerte aber das Zielen. Bauartbedingt war das Schwarzlose-MG schwieriger zu synchronisieren, weshalb die Führer von Oeffag-Albatrossen beim Abfeuern der Waffen genau auf die Motordrehzahl achten mussten, um die Luftschraube nicht zu beschädigen. Grundsätzlich war der Oeffag-Kampfeinsitzer bei den Flugzeugführern sehr beliebt. Ihre Abschussbilanz spricht zudem für den erfolgreichen Einsatz des in vielen Details veränderten Lizenzbaus, der etwas bessere Flugleistungen bot als das deutsche Original. Mit den Serien 153 und 253 brachte Oeffag 1917/18 weiter verbesserte D.III-Ausführungen.
Der W.4 für die Marine Im Frühjahr 1916 forderte die Admiralität einen vom Wasser aus einsetzbaren, leistungsfähigen Kampfeinsitzer und Aufklärer. Der landgestützte Albatros D.I sollte entsprechend modifiziert die Erfordernisse der Marine erfüllen können. Folglich setzte man sich bei der Albatros Flugzeugwerke GmbH in Johannisthal mit den Umbaumaßnahmen auseinander. Die Wasserstartund Landefähigkeit lieferten zwei zum Rumpf hin abgestrebte Schwimmer. Außerdem vergrößerte man den Ab-
Österreichisch-ungarischer D.III der Oeffag mit AustroDaimler-Motor aus der zweiten Baureihe. Die MG von Schwarzlose sind in den Rumpf integriert und feuerten durch Rohre, die vorne aus der Motorverkleidung ragten. Der 53.30 stand ab Juni 1917 bei der Fliegerkompanie (Flik) 6 im Fronteinsatz
stand der Tragflächen zueinander. Für mehr Auftrieb sorgte ein Spannweitenzuwachs von einem Meter auf 9,50 Meter. Vergrößert wurden auch Seitenund Höhenflossen samt Ruder. Antrieb und Bewaffnung entsprachen der D.IMaschine. Der Marine-Kampfeinsitzer zeigte trotz Schwimmkörper unter dem Rumpf respektable Flugleistungen und ließ sich auch gut fliegen. Spätere Ausführungen erhielten verbesserte Schwimmer, einen in den oberen Flügel integrierten Kühler sowie Querruder auch an den unteren
Flächen. Eingesetzt wurden die Marine-Albatrosse vorwiegend in der Nordund Ostsee, aber auch in der Ägäis, wo sie sich gut bewährten. Acht gebrauchte W.4 kaufte die k. u. k. Marine, die sie 1918 vom Marinestützpunkt Pola (Istrien) aus einsetzte. Insgesamt kamen zwischen September 1916 und Dezember 1917 118 Albatros W.4 zur Auslieferung. Gefertigt wurden sie fast alle in der AlbatrosZweigstelle Friedrichshagen bei Berlin. 67 W.4 davon waren bei Kriegsende noch gelistet. HERBERT RINGLSTETTER
Technische Daten – Albatros D.I, II, III und W.4 Albatros
D.I
Typ Antrieb
Einsitziges Jagdflugzeug Mercedes D.III D.III/D.IIIa Austro-Daimler Serie 18.000 Flüssigkeitsgekühlter, stehender 6-Zylinder-Reihenmotor 160 PS 160/180 PS 185 PS 185 PS 160/180 PS 8,50 m 8,50 m 9,00 m 8,50 m 9,00 m 8,00 m 8,00 m 8,81 m 8,00 m 8,73 m 7,40 m 7,40 m 7,33 m 7,43 m 7,43 m 2,95 m 2,64 m 2,90 m 2,64 m 2,80 m 24,90 m² 24,90 m² 20,90 m² – – 1,60 m 1,60 m 1,50 m 1,70 m 1,50 m 1,60 m 1,60 m 1,10 m 1,70 m 1,10 m 694 kg 673 kg 673 kg 690 kg 694 kg 921,50 kg 898 kg 908 kg 958 kg 965 kg 165 km/h 165 km/h 170 km/h in 0 m 170 km/h 175 km/h – – 150 km/h in 4000 m – – – ca. 4,5 min ca. 3,7 min ca. 4,0 min ca. 3,3 min ca. 9,3 min ca. 9,1 min ca. 8,0 min ca. 7,0 min ca. 7,0 min ca. 15,0 min ca. 12,5 min ca 12,0 min ca 12,5 min ca 14,5 min ca. 23,0 min ca. 26,0 min ca. 22,4 min – – ca. 40,0 min ca. 37,0 min – – – 1,5 h 1,5 h 2,0 h 1,5 h – – 230 km – 230 km – 5200 m – 5500 m – – 2 x LMG 08/15 – 7,92 mm 2 x MG Schwarzlose – 8,0 mm
Startleistung Spannweite oben unten Länge Höhe Flügelfläche Flächentiefe oben unten Leergewicht Abfluggewicht Höchstgeschwindigkeit Beste Steigleistung 1000 m 2000 m 3000 m 4000 m 5000 m Flugdauer Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
flugzeugclassic.de
D.II
D.III
Oeffag D.II 3.01 – 53.16
Oeffag D.III 53.20 – 53.64
W.4
Mercedes D.III/D.IIIa
9,50 m 8,73 m 8,26 m 3,65 m 31,60 m² 1,60 m 1,60 m 775 kg 1070 kg 160 km/h in 0 m – ca. 5,0 min – ca. 23,0 min – – 3,0 h 450 km 3500 m 2 x LMG 08/15 – 7,92 mm k. u. k.-Seeflieger: 2 x MG Schwarzlose – 8,0 mm
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Marine-Flugzeuge
Zu den wenigen für den Kriegseinsatz brauchbaren Flugzeugmustern, über die die Marine im August 1914 verfügte, gehörte der FF 19. Er war auch das erste Serienmuster der Flugzeugbau Friedrichshafen GmbH
Fliegen und kämpfen über See
Deutsche MarineFlugzeuge bis 1917 Seefliegerei war zunächst das Stiefkind des Militärflugwesens, denn die Marineleitung räumte dem Luftschiff Priorität ein. Erst mit Kriegsbeginn stieg die Bedeutung der Marineflieger kontinuierlich an
E
Eine Staffel Seeaufklärer vom Typ FF 33e, der meistgebauten Untervariante des Typs. Die hier gezeigten Maschinen waren 1916 auf Helgoland stationiert
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rste technische Anforderungen für ein Marine-Flugzeug waren im März 1912 bekannt gegeben worden. Man verlangte eine Maschine mit Schwimmern und Rädern sowie einer Heißvorrichtung, um sie im Wasser einund auszusetzen. Seine Leistungsvorgaben lagen deutlich über denen von Landflugzeugen. Die Industrie scheute vor den anspruchsvollen Vorgaben eher zurück. Vor allem die Seefähigkeit, die eine sehr stabile Bauweise notwendig machte, stand im Widerspruch zur geforderten Leistung, die möglichst wenig Gewicht voraussetzte.
Marine-Flugzeuge Da das Seeflugwesen im Ausland teilweise weit fortgeschrittener war, experimentierte die Marine bis Kriegsbeginn viel mit fremden Flugzeugmustern.
Seeaufklärer bis 1917 Primäre Aufgabe der Seeflieger war Aufklärung und Überwachung – in erster Linie von feindlichen Schiffsbewegungen oder Minensperren. Hierfür wurden zunächst Küstenstationen entlang von Nordund Ostsee sowie auf Helgoland eingerichtet. Im weiteren Kriegsverlauf kamen Stützpunkte am Mittel- und am Schwarzen Meer hinzu. Im August 1914 hatte die deutsche Marine lediglich neun kriegsbrauchbare Flugzeuge. Anfänglich litt der Einsatzwert der Seeaufklärer durch mangelnde Reichweite und niedrige Fluggeschwindigkeit. Stärkere Motoren verbesserten bis 1916 die Leistungsfähigkeit aber spürbar. Der zweisitzige »Doppelschwimmer-Zweidecker« avancierte schnell zur vorherrschenden Bauart des Seeaufklärers; Flugboote kamen hier weit weniger zum Zuge. Führend bei Konstruktion und Herstellung solcher Maschinen war der Flugzeugbau Friedrichshafen. Von seinem im April 1914 erstmals geflogenen FF 19 mit 105-PS-Mercedes-D.I-Triebwerk wurden 16 Maschinen hergestellt. Ab Dezember kam der FF 29 mit 120PS-D.II-Motor in insgesamt 44 Exemplaren zur Auslieferung. Ihm folgte der in zehn Unterversionen produzierte FF 33, zugleich meistgebauter Seeaufklärer des Krieges. Besonders hervorzuheben ist hier die Ausführung FF 33e/f mit 150-BenzBz.III-Antrieb, von dem 195 Stück ab März 1916 zur Truppe kamen.
Die »Santa Elena« war einer von drei zu Flugzeugmutterschiffen umgebauten Frachtdampfern
Der Seekampfeinsitzer Rumpler 6BI mit 160-PS-Mercedes-D-III-Motor, aufgenommen bei der Erprobung in Warnemünde im Juli 1916
Flugzeugmutterschiffe Um auch direkt auf See Flugzeuge für Aufklärung und Verbandsschutz verfügbar zu haben, ließ man 1912 den Panzerkreuzer »Friedrich Carl« sowie kurz nach Kriegsbeginn drei Frachter – die »Santa Elena«, die »Answald« sowie die von den Briten erbeutete »Glyndwr« – zu Flugzeugmutterschiffen umbauen. Je nachdem boten sie zwei bis vier Seeflugzeugen Platz. »Friedrich Carl« ging bereits am 17. November 1914 nach Minentreffern verloren. Die drei anderen Schiffe überlebten den Krieg. Die Marine kämpfte nicht nur auf See, sondern befehligte auch einen Abschnitt der Westfront. Dort war das Marinekorps Flandern für alle von diesem belgischen Landesteil ausgehenden Operationen verantwortlich. Die Führung richtete die Seeflugstation in Zeebrügge ein. Gemäß seinen vielfältigen Aufgaben verfügte das Flandernkorps über Land- und Seeflugzeugflugzeugclassic.de
Vom Hansa Brandenburg KDW mit seiner typischen »Strebenspinne« wurden 58 Exemplare gebaut. Er war meist an Nordsee und Adria im Einsatz
Abteilungen; unter anderem wurde 1915 eine erste Schutzstaffel mit Jägern vom Typ Fokker E aufgestellt.
Erste Marinejäger Im Mai 1916 entwickelten die Deutschen spezielle Schwimmer-Jagdflugzeuge, um die Seeflugstationen besser schützen zu können. Die meisten Hersteller griffen für diese Aufgabe zunächst auf bereits bewährte Konstruktionen zurück. So ent-
stand zum Beispiel als Abwandlung des Rumpler C.I der Seekampfeinsitzer 6B1, von dem 38 Stück bis Mai 1917 ausgeliefert wurden. Andere erste Erfolgsmuster waren der Hansa-Brandenburg KDW, basierend auf dem Jäger D.I. Er kam ab Mitte 1916 zum Einsatz. Oder der Albatros W4, der auf dem D.II fußte (siehe Seite 73) und dessen Prototyp im September erstmals flog. WOLFGANG MÜHLBAUER 75
Deutsche Luftschiffe
Das hölzerne Tragegerüst des Schütte-Lanz SL 5 zerbrach am 5. Juli 1915 infolge starker Windböen. Zahlreiche Kriegsgefangene waren Zeugen des Unglücks, das sich so rasch bis nach England herumsprach
Ausspähen, überwachen, nachts angreifen
Deutsche Luftschiffe bis 1917 Rein technisch stellten Luftschiffe eine beachtliche Leistung dar, doch als offensive Kriegswaffe waren sie praktisch nutzlos. Heeres- wie Marineleitung setzten hier auf das falsche Pferd
L 3 (LZ 24, Typ m) war das einzig einsatztaugliche Marineluftschiff zu Kriegsbeginn. Am 17. Februar 1915 musste es vor Jütland notwassern, die Besatzung wurde in Dänemark interniert
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Z
u Kriegsbeginn hatte sich das Starrluftschiff allgemein durchgesetzt. Im Gegensatz zum Halbstarrenoder dem Prallluftschiff besaß es ein festes Gerippe, in dem die mit Gas gefüllten Tragzellen untergebracht waren. Als führender Hersteller galt die Luftschiffbau Zeppelin GmbH, die von Beginn an Leichtmetall für das Tragegerüst verwendete. Ihr größter Konkurrent, die Schütte-Lanz GmbH, bevorzugte Holz. Daneben blieben nach Kriegsausbruch nur die Parseval Prallluftschiffe der Luftfahrzeug-Gesellschaft in Bitterfeld von gewisser, jedoch rasch schwindender Bedeutung. Das deutsche Heer begann 1909 mit dem Aufbau seiner Luftschiffflotte. Trotz schwerer Unfälle, die selten technische Ursachen hatten, konnte man im August 1914 insgesamt zehn Starr- sowie ein Prallluftschiff an die Front schicken. Die Kaiserliche Marine, die 1912 ihr erstes Luftschiff übernahm, hatte dagegen zu Kriegsbeginn nur ein einsatztaugliches Exemplar. Während die Armee das Luftschiff zur Unterstützung im Bodenkrieg heranziehen wollte, betrachtete es die Marine zunächst vorwiegend als Erkundungs- und Überwachungsinstrument. Von den bisherigen Konstruktionen nicht überzeugt, hatte sie Aufträge für leistungsfähigere Versionen auf den Weg gebracht. Damit stand die Marine zugleich im Begriff, die Gesamtentwicklung der Luftschiffe bis Kriegsende zu bestimmen.
Bezeichnungsvielfalt Die Armeeluftschiffe trugen anfänglich das Kürzel des Herstellers – Z für Zeppelin, P für Parseval – und eine römische Zahl, die der jeweiligen Bauauftragsnummer entsprach. Ab 1915 wurde das Z durch LZ ersetzt und um die jeweilige Werknummer ergänzt, beginnend mit LZ 34. Ähnliches galt, von drei Ausnahmen abgesehen, für Schütte-Lanz-Schiffe,
Das zeitgenössische Gemälde von Felix Schwormstädt zeigt einen nachempfundenen Blick in die Maschinengondel des LZ 38 auf Feindfahrt
Das Parseval PL 25 war mit 112 Meter Länge und 14 000 Kubikmeter Gasvolumen das größte Prallluftschiff seiner Zeit. 1915 unternahm es 41 Einsatzfahrten, bevor es Versuchs- und Schulzwecken diente
deren Kurzbezeichnung SL lautete. Da Luftschiffneubauten nach Ausbruch des Krieges zu gleichen Teilen an beide Waffengattungen gingen, war die Nummernfolge nicht kontinuierlich, sondern richtete sich danach, welche Werknummer die dem Heer zugeteilten Schiffe jeweils trugen. Ab LZ 42, der im Juli 1915 seinen Dienst aufnahm, addierte sich diese um 30 – aus LZ 42 wurde so LZ 72. Bei der Kaiserlichen Marine trugen Zeppelin-
LZ 39, eines der beiden Typ-o-Luftschiffe, führte unter anderem zwei Angriffsfahrten auf England durch. Es strandete am 18. Dezember 1915 nach Bodenbeschuss bei Luck flugzeugclassic.de
Luftschiffe das Kürzel L sowie eine fortlaufende Nummer. Ähnliches galt für die Luftschiffe von Schütte-Lanz und Parseval mit deren Kurzbezeichnungen SL beziehungsweise PL.
Ständig verbessert Die drei Herstellerwerften hatten rasch ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. Besonders der Zeppelin Luftschiffbau musste umfangreich durch neue Zweigwerke erweitert werden.
Schwer beschädigt, war das Marineluftschiff L 12 (LZ 43, p-Typ) am 10. August 1915 gezwungen, vor Ostende niederzugehen. Im Anschluss wurde es in den Hafen eingeschleppt
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Deutsche Luftschiffe ringerung des toten Gewichtes durch möglichst leichte Bauweise. Ein Paradebeispiel dafür ist der Ende 1914 bei Zeppelin fertiggestellte LZ 26 (Bauklasse m). Bei ihm verwendete man erstmals ausschließlich Duralumin für das Traggerüst und führte geschlossene, strömungsgünstig gestaltete Gondeln zusammen mit dem Direktantrieb der Luftschrauben ein. Als Navigations- und Zielhilfe stand erstmals ein Spähkorb zur Verfügung, der an einem Drahtseil aus- und eingezogen wurde. Vom Zeppelin p wurden 21 Stück, davon sieben mit vergrößertem Gasraum, von Juni 1915 bis Februar 1916 abgeliefert. Der hier abgebildete L 13 fuhr insgesamt 159-mal, bevor man ihn im April 1917 außer Dienst stellte
Insgesamt lieferte man 109 Luftschiffe während des Krieges aus. Kontinuierliche Fortschritte in der Flugzeug- und Motorentechnik sowie verbesserte Abwehrmaßnahmen ließen die Anforderungen
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an Gipfelhöhe, Geschwindigkeit und Nutzlast der Luftschiffe ständig steigen. Beste Möglichkeit, dem gerecht zu werden, waren eine widerstandsärmere Formgebung sowie die fortlaufende Ver-
Die Englandeinsätze Mit dem Beginn der fortwährenden Angriffe auf England kam erneut der Ruf nach spürbar mehr Nutzlast auf, die sich nur durch höheres Gasvolumen erreichen ließ. Bei Zeppelin entstand deshalb zunächst eine Reihe von Übergangsmustern – etwa die Bauklassen o, p oder q – mit größerer Rumpflänge.
Deutsche Luftschiffe Zudem baute man nun überverdichtete Motoren ein. Mit dem Typ r, einer weitgehenden Neukonstruktion, war bis Frühjahr 1916 ein Baumuster geschaffen, das mit sechs Motoren und über 55 000 Kubikmeter Gasraum den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden schien. 17 Stück wurden gebaut, der Erste davon, L 30, Ende Mai in Dienst gestellt. Nur wenige Wochen später war in Großbritannien die Entwicklung spezieller Brandmunition abgeschlossen, mit deren Hilfe Jagdflugzeuge das Traggas zum Explodieren bringen konnten. Zur Abwehr hatten die Luftschiffe aus Gewichtsgründen nur zwei bis vier MG 08/15 an Bord; ansonsten mussten sie sich darauf verlassen, höher als ihr Gegner zu steigen. Da es, ebenfalls um Gewicht zu sparen, keine Sauerstoffversorgung gab, war die Besatzung hier zum Teil lebensbedrohlichen Strapazen ausgesetzt.
Technisch zeigten sich die Heeresluftschiffe schon in den ersten Kriegstagen als kaum kampftauglich. Ihre Steighöhe war zu gering, um dem Bodenbeschuss zu entgehen und es gab rasch herbe Verluste bei der Waffengattung. Bereits im September 1914 beschloss die Heeresleitung, Luftschiffe im Westen nur mehr nachts offensiv einzusetzen. Während der kommenden zwei Jahre führten die Armeeluftschiffe unterschiedlich erfolgreich Nachtangriffe auf französische, belgische oder britische Städte durch. Am 31. Mai 1915 ließ LZ 38 die erste deutsche Bombe auf London fallen. Nur wenige Tage später, am 7. Juni, wurde LZ 37 nahe Gent als erstes Luftschiff durch ein Flugzeug vom Himmel geholt. Im Westen begann die Armee im Hebst 1916, sich bis zum folgenden Frühling vom Luftschiff zu verabschieden und stattdessen dem technisch überlegen gewordenen Flugzeug den Vorzug
Aus Liebaeil zum Det
at Jeden Mon ! sk neu am Kio
L 31 (LZ 72, r-Typ) wurde am 2. Oktober 1916 nach 17 Einsatzfahrten bei Potters Bar von einem britischen Jäger brennend abgeschossen, alle 19 Besatzungsmitglieder starben
flugzeugclassic.de
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Deutsche Luftschiffe Repräsentative Starrluftschiffe Hersteller Baumuster/Typ Militärnummer Werksbezeichnung Erstfahrt Gasraum Gaszellen Länge Größter Durchmesser Antrieb Mb = Maybach Motorgesamtleistung Leermasse Nutzlast Statische Steighöhe Maximale Steighöhe Reichweite Höchstgeschwindigkeit Besatzung Bewaffnung
Zeppelin m L3 LZ 24 11.05.1914 22 470 m³ 18 158 m 14,9 m 3 Mb C-X
Zeppelin o L9 LZ 36 24.04.1915 24 900 m³ 15 161,4 m 16,0 m 3 Mb C-X
Zeppelin p L 19 LZ 54 19.11.1915 31 900 m³ 16 163,5 m 18,7 m 4 Mb HSLu
Zeppelin q L 21 LZ 61 11.01.1916 35 800 m³ 18 178,5 m 18,7 m 4 Mb HSLu
Schütte-Lanz e SL 9 e1 24.05.1916 38 340 m³ 19 173,3 m 20,1 m 4 Mb HSLu
Zeppelin r L 31 LZ 72 13.07.1916 55 200 m³ 19 198,0 m 23,9 m 6 Mb HSLu
630 PS 16 900 kg 9200 kg 2000 m 2800 m 2200 km 84 km/h 16 bis 2 MG
630 PS 17 800 kg 11 100 kg k. A. 3100 m 3300 km 85 km/h 16 2 MG
960 PS 21 730 kg 15 270 kg 2800 m 3900 m 4300 km 97 km/h 18 2 MG
960 PS 24 000 kg 17 550 kg 3200 m 4200 m 4300 km 95,4 km/h 16 2 MG
960 PS 25 580 kg 19 600 kg 3500 m k. A. k. A. 90,0 km/h 14 bis 5 MG
1440 PS 35 740 kg 28 260 kg 3800 m 5400 m 7400 km 102,6 km/h 17 2 bis 4 MG
zu geben. Im Osten und Südosten operierten Heeresluftschiffe dagegen noch bis weit ins Jahr 1917 hinein. Bei der Marine nahm das Luftschiff meist Späh- und Unterstützungsaufgaben über See wahr. Hier konnte es seinen größten Vorteil, die lange Fahrdauer, voll ausspielen und blieb relativ unbehelligt. Andererseits klammerte sich die Marineleitung, besonders deren Führer der Luftschiffe, Fregattenkapitän Peter Strasser, hartnäckig an den Zeppelin als Offensivwaffe gegen England. Bis heute
sind vor allem diese Angriffsfahrten, deren erste vom 19. auf den 20 Januar 1915 stattfand, im kollektiven Gedächtnis hängen geblieben. Drei Monaten später war die Abwehr bereits so stark geworden, dass nur noch in dunklen Nächten angegriffen werden konnte. Trotzdem nahm die Bombardierung, vor allem Londons, laufend zu, unter anderem durch Geschwaderangriffe. Im Allgemeinen blieben die militärischen Resultate bedeutungslos; die Verluste hingegen nahmen alarmierende
Ausmaße an. Spätestens ab Herbst 1916 standen die Englandfahrten ernsthaft in der Kritik. Strasser hielt dennoch unnachgiebig daran fest und verwies auf die starke psychologische Wirkung beim Gegner sowie die umfangreiche Bindung von Truppen und Material zur Abwehr. Während das Heer zum Frühjahr 1917 dazu überging, strategische Bombergeschwader aufzustellen, setzte Strasser weiterhin auf das Luftschiff – mit bitteren Konsequenzen, wie sich noch zeigen WOLFGANG MÜHLBAUER sollte.
Die Führergondel eines Heeresluftschiffes. Gut erkennbar ist eines der mitgeführten 08/15-Maschinengewehre zur Abwehr von Feindflugzeugen LINKS Fregattenkapitän Peter Strasser, überzeugter Verfechter der Englandfahrten, war ab Ende September 1916 Oberbefehlshaber der Marineluftschiffe
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Tarnung und Markierungen
Fokker D.II mit einem 1916 typischen dreifarbigen Tarnschema mit farblosen oder himmelblauen Unterseiten. Die Hoheitszeichen sind lediglich weiß umrandet, da die weißen Quadrate zu auffällig waren
Zwischen unscheinbar und farbenfroh: Farbschemata im Ersten Weltkrieg
Tarnschemen und Markierungen Zu Beginn des Krieges flogen die Flugapparate der noch jungen Fliegertruppen annähernd in »zivil«. Schon bald drängte sich die Notwendigkeit ihrer Tarnung auf. Kreuze und Kokarden waren hingegen von Beginn an obligat flugzeugclassic.de
B
eim Lackieren von Flugapparaten beschränkte man sich 1914 zumeist auf farblose Lacke, die zum Schutz und im Falle der Stoffbespannung auch zu deren Straffung beitrugen. Auch im noch jungen, militärischen Flugwesen war dies zunächst nicht anders. Die Notwendigkeit, Flugzeuge in der Luft und am Boden möglichst wenig sichtbar erscheinen zu lassen, steigerte sich mit der Intensivierung der Kampfhandlungen und der zunehmenden Wichtigkeit der Luftherrschaft.
Lediglich mit Klarlack behandelte deutsche Flugmaschinen stellten 1914/15 die Norm dar. Die hellen Flugzeuge gaben am Boden jedoch gut sichtbare Ziele für die häufiger werdenden Angriffe alliierter Flieger ab. Bei den Einheiten kam es daher mitunter zu farblichen Anpassungen der Flugzeuge an die örtlichen Gegebenheiten. Fokker lieferte bald seine Eindecker mit grünen und grauen Rümpfen sowie Flügeloberseiten. Von etwa Mitte bis Herbst 1916 an kamen Kampfflugzeuge meist mit Tarnan81
Tarnung und Markierungen den: Beide Flügel sowie das Höhenleitwerk wurden werkseitig mit einem Tuch bespannt, auf das ein Vier- oder FünfFarben-Muster gedruckt war. So konnte die übliche, schwerere Lackierung entfallen. Ähnlich wie Albatros, hielten es 1916 auch Fokker, Siemens-Schuckert, Pfalz und Halberstadt. Wenngleich deren Flugzeuge nach den farblosen Anstrichen nicht nur das Tragwerk, sondern auch die Rümpfe mit Tarnmustern versahen.
Bunte »Vögel«
Kopfstand eines Rumpler C.I im Winter 1915/16. Die Maschine trägt einen farblosen Schutzanstrich und die zu dieser Zeit üblichen quadratisch weiß unterlegten Kreuze
strich versehen aus den Herstellerwerken, wobei sich die Anstriche von Werk zu Werk unterschieden. So lieferte Albatros seine Jagdmaschinen mit farblos lackiertem Holzrumpf und zwei- oder dreifarbigem Anstrich der Flügel- und Höhenleitwerks-Oberseiten aus. Dieser bestand aus den Farben Rotbraun (Englischrot), Dunkelolivgrün sowie bei dreifarbigen Mustern einem weißlichen Grün. Die Unterseiten trugen ein helles Blau mit einem Schuss Türkis. Die Farbtöne gingen weich ineinander über, aufgetra-
gen wurden sie durch spritzen. Etwa sechs verschiedene Tarnmuster kamen zur Anwendung. Da es durch das Rotbraun auf den Flächen immer wieder zu Verwechslungen mit alliierten Maschinen kam, entfiel das Englischrot und die Anstriche der Flügeloberseiten wurden nur noch zweifarbig ausgeführt. 1917 ersetzte ein lavendelfarbener Ton das helle Grün. Sämtliche Metallteile waren in einem leicht grünlichen Hellgrau lackiert. Ab Frühjahr 1917 begann man ein neues Verfahren der Tarnbemalung anzuwen-
Höchst individuell fielen dagegen die meist auf den Rumpfseiten aufgebrachten persönlichen Zeichen, insbesondere bei Kampfeinsitzern, aus. Der Phantasie waren hier offensichtlich kaum Grenzen gesetzt. Dies uferte im Frühjahr 1917 in farbigen Teilbemalungen aus. So ließ etwa Manfred von Richthofen den Rumpf seines Albatros D.III komplett rot bemalen (siehe Seite 68, 72 u. 90). Allmenröders Albatros D.III 629/17 präsentierte sich mit rotem Rumpf samt weißer Nase sowie roten Streben und Radabdeckungen. Ebenfalls weiß war das Höhenleitwerk gehalten. Karl Emil Schäfers D.III wies dagegen wiederum ein schwarzes Rumpfheck auf (siehe Seite 70). Oswald Boelcke soll bereits 1916 einen preußischblau bemalten Halberstadt geflogen haben. Zweck dieser farbenfrohen Auffälligkeit war die Erkennbarkeit in der Luft. So wussten die Flieger, wer wer ist. NatürAlbatros D.II mit der frühen Ausführung der Hoheitszeichen. Der Rumpf ist mit einem farblosen Schutzlack versehen, sodass die Sperrholzmaserung zu sehen ist
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Tarnung und Markierungen
lich wurde auch der Gegner auf die bunten Jagdeinsitzer aufmerksam. Richthofen brachte dies bei den Franzosen die Beinamen »le petit rouge« (»Der kleine Rote«) und »Diable Rouge« (»Roter Teufel«) ein. Auch gab es spezielle Bemalungen, die an allen Flugzeugen einer Einheit aufgebracht waren, wie etwa die Jasta 50 mit zweifarbig gehaltenen Höhenflossen- und Rudern (siehe Seite 70).
Hoheitszeichen Von Beginn an erkennbar war die Nationalität eines Flugzeugs. Kreuze und Kokarden gaben eindeutig Auskunft darüber. Das Eiserne Kreuz, das damalige deutsche Hoheitszeichen, erhielt ein weißes Quadrat als Hintergrund. 1916 ersetzte man es durch eine Ausführung mit weißen Rändern, da sich die erste Variante als zu auffällig erwiesen hatte und vom Feind sogar zum Anvisieren benutzt worden war.
OBEN LINKS Handarbeit: Bespannungund Bemalung des Flügels eines Fokker-Eindeckers OBEN RECHTS Mit fortschreiten des Krieges wurde es immer dringlicher, Flugzeuge mit Tarnanstrichen zu versehen, so auch diesen Rumpler C.I RECHTS DFW C.V mit dreifarbiger Tarnung oben und seitlich sowie hellen Unterseiten. Der Aufklärer und leichte Bomber kam Mitte 1916 zur Truppe und bewährte sich ausgezeichnet
Halberstadt D.II – der Jagddoppeldecker wurde zunächst ohne Tarnanstrich ausgeliefert. Später erhielten die Flugzeuge zwei- oder dreifarbige Tarnschemen LINKS Wie dieser Fokker E.IV, bekamen viele Frontflugzeuge auf den Einsatzplätzen individuelle Anstriche
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Tarnung und Markierungen
Das Luftschiff L 49 mit für Nachtangriffe geschwärzter Unterseite. Am 20. Oktober 1917 musste der Gigant nur leicht beschädigt in Frankreich notlanden
Eine individuelle Aufschrift am Rumpf oder der Seitenflosse gab Auskunft über Typ und Baunummer.
k.-u.-k-Flugzeuge Die für Österreich-Ungarn fliegenden Flugzeuge trugen zu Kriegsbeginn die rot-weiß-rote Flagge als Hoheitszeichen.
Ein Pfalz E.VI mit dem ab Frühjahr 1917 erstmals genutzten neuen Tarnschema. Dabei wurden Vier- oder Fünf-FarbenMuster auf Stoff gedruckt
Schon im Oktober 1914 wurden jedoch die Eisernen Kreuze übernommen und die Flaggen zusätzlich ausgemalt. Der Rumpf trug oft lediglich die FlugzeugNummer. Einen Tarnanstrich erhielten die k.-u.-k-Maschinen wenn überhaupt meist erst auf den Einsatzplätzen. Später hielten auch bei den österreichisch-un-
garischen Flugzeugbauern bedruckte Bespannstoffe Einzug, allerdings mit anderen Farben.
Luftschiffe Auch bei den Luftschiffen schenkte man der Tarnung zunächst keine Aufmerksamkeit. Um bei Nachteinsätzen der Ent-
Albatros-D.III der Jasta 30. Jede Maschine ist individuell bemalt, was die Identifizierung in der Luft ermöglichte. Die Tragflächen tragen unterschiedliche Tarnmuster mit zwei oder drei Farben
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Tarnung und Markierungen deckung zu entgehen, brachte man als erste Maßnahme auf der unteren Hälfte der Luftschiffe einen schwarzen Anstrich auf. Damit die fliegenden Giganten auch gegen den Boden schwieriger auszumachen waren, erhielten sie 1916/ 17 gefleckte Anstriche.
Alliierte Farben Bereits 1913 begann die Royal Aircraft Factory in Großbritannien mit der Untersuchung von Anstrichen, die geeignet waren, die Stoffbespannung von Flugzeugen vor schädlicher Sonneneinstrahlung zu schützen. Das Ergebnis kam im April 1916 heraus: »protective covering 10«, PC 10. Dieser Schutzanstrich variierte je nach Zutatenverhältnis von Schokoladenbraun bis zu einem grünlichen Ocker. Die Stoffbespannung der Unterseiten erhielt lediglich einen farblosen Anstrich, die Metallverkleidungen wurden mittel- bis dunkelgrau lackiert. Die Franzosen beließen ihre Flugzeuge zunächst ohne Tarnanstrich und gingen 1915 zu einer komplett silberfarbenen Lackierung über. Die Farbwahl stellte wohl nicht zufrieden, da im Laufe des Jahres 1916 mit verschiedenen Kombinationen aus vier bis fünf Farben experimentiert wurde (siehe Seite 53). Unten trugen die Flugzeuge hellblaue oder graue Anstriche. Persönliche Markierungen waren besonders bei den französischen Jagdfliegern verbreitet. Eines der berühmtesten Embleme ist Charles Nungessers schwarzes Herzemblem mit Totenkopf und Sarg (siehe Seite 87). Obwohl gegen die Vorschriften, ließ das Fliegerass Jean Nawarre seinen Nieuport 11 rot anmalen, um den Feind damit zu provozieren und herauszufordern. HERBERT RINGLSTETTER
Britischer Royal Aircraft Factory S.E.5e des National Museum of the US Air Force. Die erste Ausführung des S.E.5 gab im Frühjahr 1917 ihr Frontdebüt. Der Jäger ist in eiFoto: US Air Force nem typischen Farbton des PC-10-Schutzanstrichs lackiert
Flugzeugklassen-Einteilung laut Inspektion der Fliegertruppe (Idflieg) Klasse A
Spezifikation Meist zweisitzige Eindecker ohne Bewaffnung. Auch die noch unbewaffneten Fokker-Eindecker fielen in diese Klasse B Unbewaffnete, zweisitzige Doppeldecker mit geringer Motorleistung C Bewaffnete, zweisitzige Doppeldecker CL Leichte, zweisitzige, bewaffnete Flugzeuge, auch als Jäger verwendbar CN C-Flugzeuge mit erhöhter Bombenzuladung für den Einsatz bei Nacht – später N-Klasse D Bewaffnete, einsitzige Doppeldecker-Jagdflugzeuge (D). Ab zweiter Hälfte 1918 für alle Tragwerkskonfigurationen gültig E Bewaffnete, einsitzige Eindecker-Jagdflugzeuge (E) G Bewaffnete, Großflugzeuge (G) mit zwei oder drei Motoren I (J)* Gepanzerte, bewaffnete Infanterieflugzeuge (I) zur Erdkampfunterstützung – oft aufgerüstete C-Typen K Bewaffnete, große Kampfflugzeuge (K) mit zwei oder drei Motoren – Anfang 1916 durch G ersetzt R Bewaffnete, große Riesenflugzeuge (R) mit drei bis sechs Motoren *Das große I wurde damals als J geschrieben
LZ 107 mit Tarnanstrich. Um Gewicht zu sparen, ist die untere Hälfte nur teilweise lackiert flugzeugclassic.de
Ein silberfarbener Nieuport 17 aus dem Jahr 1916. Die Franzosen wechselten anschließend zu tatsächlichen Tarnfarben
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Auf der anderen Seite
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m Laufe des Jahres 1915 nahmen die Kämpfe an der Westfront auch in der Luft zu. Die Verluste stiegen. Immer häufiger kamen Besatzungen vom Einsatz nicht zurück. Manche der jungen Flieger machten durch tollkühne, verwegene Leistungen am neu entstandenen Himmels-Kriegsschauplatz auf sich aufmerksam. Guynemer war einer von ihnen, Charles Nungesser ein anderer Großer jener Zeit. Den Anfang machten Roland Garros und Adolphe Pégoud. Sie begründeten eine neue Heldenart, den »Ritter der Lüfte«.
Roland Garros
Charles Nungesser: Eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Ersten Weltkrieges
Auf der anderen Seite der Front
Erste alliierte Fliegerasse Anders als am Boden, brauchte es eine Weile, bis sich die Gegner auch in der Luft mit der Absicht begegneten einander zu bekämpfen. Namen von Fliegern und ihren tollkühnen Taten füllten bald die Schlagzeilen: Soldaten kämpften nun auch hoch oben am Himmel über den Schlachtfeldern
Roland Adrien Georges Garros gehörte zu den Pionieren der Luftfahrt. Er flog auf Flugschauen und nahm an fliegerischen Wettbewerben teil. Am 1. April 1915 startete Garros mit einem speziell präparierten Morane-Saulnier L. Die Neuerung: Der Eindecker besaß ein starr eingebautes, nach vorne feuerndes Maschinengewehr. Garros schoss als erster Flieger mit einer derartig gerüsteten Maschine einen feindlichen Flugapparat ab, der brennend vom Himmel fiel – für den leidenschaftlichen Flieger ein grauenhafter Anblick. Am 18. April 1915 musste Garros mit angeschossener Maschine notlanden. Er und sein Fluggerät fielen den Deutschen in die Hände. Ihm gelang im Februar 1918 die Flucht und schon bald flog er erneut Einsätze. Am 5. Oktober 1918, einen Tag vor seinem 30. Geburtstag, wurde Garros tödlich abgeschossen.
Adolphe Pégoud Seit Frühjahr 1913 flog Célestin Adolphe Pégoud als Testpilot bei Louis Blériot. Für Schlagzeilen sorgte er im August
Adolphe Pégoud begeisterte vor dem Krieg als Schauflieger LINKS Roland
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Garros erinnerte sich mit Entsetzen an seinen ersten Abschuss
Auf der anderen Seite Derartiges zuvor für Lanoe Hawker einen Unterschied gemacht.
Jean Navarre
»Attack Everything!« – Lanoe Hawker, das erste britische Fliegerass. Rechts Fotos RAF oben: Hawker in Fliegermontur
1913 mit dem ersten Fallschirmabsprung aus einem Flugapparat. Außerdem gelang es ihm, eine vollständige Schleife, einen Überschlag (Looping), zu fliegen.* Dies machte Pégoud zu einem sehr gefragten Schauflieger. Während des Krieges sorgte Pégoud als Jagdpilot für Gesprächsstoff. Innerhalb kurzer Zeit bezwang er sechs Gegner in der Luft, was ihn zum offiziell ersten Fliegerass Frankreichs machte. Am 31. August 1915 wurde er selbst abgeschossen und starb den Fliegertod. Den Zweisitzer, der Pégoud abschoss, steuerte Unteroffizier Kandulski, einer seiner früheren Flugschüler – so traf man sich wieder. Ein über den französischen Linien von der deutschen Aufklärerbesatzung abgeworfener Trauerkranz zeugte von der Ehrerbietung seiner Bezwinger.
Lanoe Hawker Sehr aggressiv, taktisch klug und ein hohes Maß an fliegerischer Gewandtheit: So lautet der Kurzsteckbrief von Lanoe George Hawker, der 1915 zum ersten britischen Fliegerhelden avancierte. Der Abschuss von drei deutschen Aufklärern am 25. Juli 1915 brachte Hawker als ersten Angehörigen des RFC das Victoria Cross ein, die höchste britische Tapferkeitsauszeichnung. Seine Kampfansage »Attack Everything! (»Greift alles an!«) sprang auch auf die von ihm geführte 24. Squadron mit ihren Airco DH 2 über, die höchst erfolgreich operierte und half, die »FokkerPlage« Geschichte werden zu lassen. Am 23. November 1916 fiel der knapp 27-jährige Hawker im legendären Luftkampf mit Manfred von Richthofen – sein elfter Luftsieg. Dass Hawker bei der Begegnung die klar schlechteren Karten hatte, spielte weder für Richthofen eine Rolle, noch hatte flugzeugclassic.de
Zu den frühen Kriegshelden der Lüfte gehört auch Jean Marie Dominique Navarre. Er hatte bereits 1911 seine Fluglizenz erworben und trat bei Kriegsausbruch der französischen Fliegertruppe bei. Dort flog er zunächst übliche zweisitzige Aufklärer. Von Beginn an verkörperte Navarre den entschlossenen Kämpfer, einen Hasardeur mit der klaren Absicht, den Feind zu töten, mit welchen Mitteln auch immer. Ab November 1915 durchstreifte Navarre in einem Nieuport 11 täglich oft stundenlang den Luftraum auf der Suche nach dem Gegner. Um den Feind herauszufordern, ließ er seinen Nieuport komplett rot anmalen. Bekanntheit erlangten auch Navarres Streifzüge durch das Pariser Nachtleben, die er zusammen mit seinem Freund Nungesser in vollen Zügen auskostete. 20 bestätigte Luftsiege gingen bis Kriegsende auf Navarres Konto, 15 weitere blieben unbestätigt. Navarre überlebte den Krieg nicht lange: Im Rahmen einer Militärparade in Paris wollte er spektakulär den Arc de Triomphe durchfliegen. Beim Training für diesen waghalsigen, offiziell nicht genehmigten Flug kam Navarre am 10. Juli 1919 ums Leben.
Draufgänger und Lebemann Jean Navarre
Charles Nungesser Zu den schillerndsten Persönlichkeiten des Ersten Weltkrieges gehört der 1892 geborene Charles Eugène Jules Marie Nungesser, der mit 43 Luftsiegen den Krieg überlebte und den dritten Platz unter den französischen Jagdfliegern einnimmt. Nungesser flog zunächst zweisitzige Bomber, bevor er seiner Angriffslust entsprechend im Herbst 1915 auf den Nieuport 11 umstieg. Bis Ende 1916 hatte er 21 Luftsiege errungen und war zum gefeierten Helden der Nation aufgestiegen. Berühmt wurde auch Nungessers makaberes Totenkopf-Emblem, eine Art Piratenflagge mit weiteren Zutaten. Nungesser galt als undiszipliniert, eigensinnig und abenteuerlustig. Dies betraf nicht nur die Fliegerei. Nungesser genoss genauso schöne Frauen und alkoholreiche Feste. Unfälle und Verwundungen unterbrachen häufig seine Einsatzzeit. Auch kam es durchaus vor, dass man dem lädierten Nungesser ins Flugzeug helfen musste, da er unbedingt fliegen wollte.
Nungesser an seinem Nieuport 11
Luftfahrtkennern ist er zudem als Atantikflieger bekannt. Sein Überquerungsversuch von Paris nach New York am 8. Mai 1927 scheiterte. Nungesser und sein Begleiter François Coli blieben vermisst. HERBERT RINGLSTETTER * Lange Zeit galt Pégoud als erster Pilot, dem ein Looping, in Deutschland damals Überschlag genannt, gelang. Doch hatte nachweislich der russische Militärpilot Pyotr Nesterov dies inoffiziell schon am 9. September 1913 vollbracht, ganze zwölf Tage vor Pégoud. 87
Porträt Guynemer
Lieblingsheld der Franzosen
Georges Guynemer 1916 und 1917 verstand es ein junger, zart gebauter Fliegerleutnant wie kein zweiter, die Franzosen mit seiner Tollkühnheit und Ausstrahlung zu begeistern: Am Himmel über den Schlachtfeldern herrschte der gefeierte Georges Guynemer
G
eorges Marie Ludovic Jules Guynemer kam aus einer wohlhabenden Familie in Compiègne und wurde am 24. Dezember 1894 in Paris geboren. Dass Georges es einmal auf die Titelblätter namhafter Zeitungen schaffen würde, war in jenen Kreisen sicher nicht abwegig. Dass der zierlich gebaute, als Kind oftmals kranke Georges dabei jedoch als Kriegsheld und berühmter Kampfflieger von sich reden machen würde, damit hatte wohl niemand gerechnet. Bei Kriegsausbruch meldete sich der flugbegeisterte Guynemer zum Dienst bei der Fliegertruppe, fiel jedoch bei der medizinischen Prüfung durch. Erst im vierten Anlauf schaffte es der knapp 2088
Jährige, Ende November 1914 zumindest als Flugzeugmechaniker angenommen zu werden. Seine Hartnäckigkeit führte ihn 1915 zu seinem eigentlichen Ziel: die Flugzeugführer-Ausbildung. Am 10. März 1915 hatte Guynemer die Fluglizenz in der Tasche und meldete sich im Juni bei der Escadrille MS.3 zum Dienst, wo er zweisitzige Morane-Saulnier L flog. Schon die ersten Feindflüge zeigten Guynemers Unerschrockenheit: Am 19. Juli 1915 konnten er und sein Beobachter, Guerder, einen Aviatic-Aufklärer vom Himmel holen, wofür beide eine Auszeichnung erhielten. Es war der zweite Luftsieg der MS.3.
Der französische Nationalheld blieb Sieger in 53 Luftkämpfen. Im Juli 1917 war er der erste Franzose, der 50 Luftsiege verzeichnen konnte. Etliche Male erwischte es ihn selbst
Bis Februar 1916 schoss Guynemer fünf Gegner ab und erlangte offiziell den Status eines Fliegerasses. Die MS.3 war inzwischen in Escadrille N.3 umbenannt und mit Nieuport 10 ausgerüstet worden. Seit Januar 1916 steuerte Guynemer einen Nieuport 11 Bébé (N836). Dessen Rumpf verzierte er mit der Aufschrift »Vieux Charles« (»Alter Charles«). Gemeint war Charles Bonnard, ein überaus beliebter Kamerad, der an die Front in Mazedonien kommandiert worden war. Dank des neuen Nieuport 11 stieg Guynemers Siegesrate merklich an. Am 13. März erwischte ihn jedoch der Beobachter eines LVG-Zweisitzers. Das Flie-
Porträt Guynemer LINKS Georges
Guynemer in seinem SPAD S.VII mit dem Storch, dem Emblem der Escadrille N.3. Guynemer galt als ausgesprochen fähiger Flugzeugführer und unerschrockener Kämpfer
RECHTS BEIDE Für Frankreich wurde er zu einer Leitfigur für den Sieg über die Deutschen: Georges Guynemer vor/in seinem SPAD S.VII mit dem berühmten Schriftzug »Vieux Charles« (»Alter Charles«)
geras musste verletzt pausieren. Als er im Juni 1916 wiederkam, war die N.3 überwiegend mit dem neuen Nieuport 17 ausgerüstet, und Ende August flog die N.3 als eine der ersten Einheiten den SPAD S.VII. Am 23. September wurde Guynemers SPAD auf dem Rückflug beim Überfliegen der Frontlinie von übereifrigen Schützen der eigenen Fliegerabwehr schwer getroffen. Guynemer konnte den Jäger noch leidlich abfangen und krachte in einen Granattrichter. Dem stabilen SPAD sei Dank, stieg Guynemer bereits zwei Tage später wieder auf. Zum Jahresende hatte er 25 Abschüsse erreicht und wurde zum Leutnant befördert. Sein Kommandeur, Capitaine Brocard, sprach von Guynemer als »seinem brillantesten Storch«. Dabei bezog er sich auf das Storch-Emblem der Escadrille N.3.
Alles gegeben Die Presse bejubelte Georges Guynemer, die Franzosen feierten und liebten ihn. Im Vergleich zu seinem größten Rivalen, Jean Nawarre und Charles Nungesser, wirkte Guynemer weniger männlich, eher jungenhaft. Auch brachte ihn der viele Rummel um seine Person etwas in Verlegenheit. Doch Guynemers schüchterne, zurückhaltende Art machte ihn sogar noch beliebter. Hinzu kam seine leidenschaftliche Einstellung im Kampf für Frankreich. Als ihn sein Vater dazu anhielt, seine Leistungsgrenzen nicht zu flugzeugclassic.de
überschreiten und seine Erfahrung besser als Instruktor und technischer Berater weiterzugeben, entgegnete Georges: »Hat man nicht alles gegeben, hat man nichts gegeben.« Am 5. Juli startete Guynemer, inzwischen Kommandeur der N.3, erstmals in seinem neuen SPAD XII. Zurück vom Feindflug war die Maschine derart zerschossen, dass sie für drei Wochen ausfiel. Guynemer kletterte wieder in den SPAD VII und setzte seine Siegesserie fort. Ende Juli knackte er als erster Franzose die 50er-Marke. Am 20. August schoss er in einem neuen SPAD XIII seinen 53. Gegner ab. Im Laufe des 28. August bemerkte Guynemer einem Freund gegenüber: »Ich werde nicht überleben.« Am 11. September 1917 stieg er ein letztes Mal auf. Getrennt von seinen Kameraden, erfüllte sich seine Vorahnung, ihn ereilte der Fliegertod. Seine Leiche wurde südlich von Poelkapelle von deutschen Soldaten gefunden. Ob, wie von deutscher Seite verlautbart, Kurt Wissemann in einem Albatros der Jasta 3 den französischen Nationalhelden abgeschossen hat oder der Schütze eines LVG-Aufklärers, den Guynemer laut seinen Kameraden angegriffen hatte, ist bis heute ungeklärt. Die Deutschen setzten Guynemer mit allen militärischen Ehren bei. Die Franzosen reagierten geschockt. Für die Kleinsten wurde die Geschichte erfunden, der Fliegerheld sei so hoch in den
Himmel geflogen, dass er nicht mehr herunter konnte.Mit 53 Luftsiegen war Georges Guynemer hinter René Fonck der erfolgreichste französische Jagdflieger des Ersten Weltkriegs. Der populärste war und blieb das Fliegerass auch nach seinem Tod. Mehrere Straßen in Frankreich sind nach Guynemer benannt. Zudem halten die »Institution Guynemer«, eine Schule in Compiègne sowie das stattliche Denkmal in Langemark-Poelkapelle die Erinnerung an Frankreichs Lieblingshelden bis heute lebendig. HERBERT RINGLSTETTER 89
Deutsche Piloten
23. April 1917: Flugzeugführer der Jagdstaffel 11 vor dem rot gestrichenen Albatros D.III ihres Staffelführers Rittmeister Manfred Freiherr von Richthofen. Oben v. li.: Karl Allmenröder († 1917), Hans Hinsch († 1917), Sebastian Festner († 1917), Karl-Emil Schäfer († 1917), M. v. Richthofen (im Flz., † 1918), Kurt Wolff († 1917), Georg Simon († 1963), Otto Brauneck († 1917). Unten v. li.: Karl Esser († unbekannt) , Constantin Krefft († unbekannt) und sitzend Lothar Freiherr von Richthofen († 1922). Der Pour le Mérite (frz. »Für das Verdienst«), nach Max Immelmanns Tod auch »Blauer Max« genannt Foto oben rechts: MADe
Um den Hals den »Blauen Max«
Asse im Luftkampf Mit dem Fokker-Eindecker, ausgerüstet mit synchronisiertem MG, bekam die deutsche Fliegertruppe erstmals eine technisch überlegene Waffe in die Hand. Die allein genügte jedoch nicht – fähige Kampfflieger waren der Schlüssel zum Erfolg Zeitgenössische Postkarte mit den frühen Fliegerhelden Immelmann, Boelcke, Höhndorf, Seydler, Mulzer und Banfield
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er Einsatz des Fokker-Eindeckers ab Mitte 1915 verschaffte der deutschen Fliegertruppe die dringend benötigte Waffe, besonders im Kampf gegen die starken französischen und britischen Luftstreitkräfte. Zunächst meist einzeln, bald in Kampfeinsitzer-Kommandos (KEK) zusammengefasst, starteten die jungen Flieger gegen den Feind, um so viele Maschinen wie möglich zum Absturz zu bringen oder zur Landung zu zwingen – der Jagdflieger war geboren. Die Flugzeugführer der KEKs bildeten den Grundstock für die ab Mitte 1916 neu entstehenden Jagdstaffeln (Jasta). Aufklärer- und Bombereinheiten flogen in Feldflieger-Abteilungen (FFA) beziehungsweise Kampfstaffeln (Kasta). Hinzu kamen die Luftschiffer und Marineflieger. Junge Männer, überwiegend Führer von Kampfeinsitzern, erlangten Berühmtheit. Als Zeugnis ihrer Verdienste trugen
Otto Parschau erprobte als erster den Fokker-Eindecker mit synchronisiertem MG. Um den Hals trägt er den Pour le Mérite
sie die höchste deutsche Tapferkeitsauszeichnung um den Hals, den Pour le Mérite. Die Namen Max Immelmann und Oswald Boelcke waren bald in aller Munde. Parschau, Wintgens, Buddecke, Mulzer, Althaus, Höhndorf und viele weitere Soldaten der Fliegertruppe erlangten Ruhm und Ehre. 1916 rückte der taktisch geschickt agierende Manfred von Richthofen auf. So groß die deutschen Erfolge auch waren, die Verluste in den eigenen Reihen rissen schmerzliche Lücken. Auf beiden Seiten geriet der Fliegertod zum Alltag der Soldaten.
Otto Parschau Seit 4. Juli 1913 hatte Otto Eduard Parschau den Luftfahrerschein Nr. 455 in der Tasche. Mit Kriegsbeginn flog er auf dem Fokker-
Eindecker A.16/15 in zahlreichen Regionen, darunter auch West-Galizien, Aufklärungseinsätze, was ihm etliche Auszeichnungen einbrachte. Im Juni 1915 erprobte Parschau als Erster den Eindecker mit synchronisiertem MG im Fronteinsatz. Zur Feldfliegerabteilung 62 (FFA 62) versetzt, gehörte es zu Parschaus Aufgaben, andere Flieger auf den Eindecker einzuweisen, darunter auch Max Immelmann und Oswald Boelcke. Bis zum 9. Juli 1916 konnte Parschau acht Luftsiege verbuchen. Mit dem 10. Juli 1916 gehörte er zu den stolzen Trägern des Pour le Mérite. Am 21. Juli 1916 landete Otto Parschau seinen Kampfeinsitzer ein letztes Mal: Er hatte Mühe, den Apparat heil runterzubringen. Ein britischer Flieger hatte ihn erwischt, Parschau war angeschossen – Bauchschuss. Zwar konnte er noch ins Hospital gebracht werden, doch starb der 25-jährige Fliegerleutnant Otto Parschau noch auf dem Operationstisch.
Kurt Wintgens
Max Mulzer über seinen achten Luftsieg, ein B.E.2c, am 8. Juli 1916: »Nahezu gleichzeitig, als ich das Feuer eröffnete, traf es meine Maschine. Ich schoss weiter, etwa 80 bis 100 Schuss, und kurvte scharf nach links. Ich sah, wie der englische Doppeldecker in einer sehr engen Spirale nach unten ging und nördlich von Miraumont aufschlug.«
Bereits früh interessierte sich der 1894 geborene Offizierssohn Kurt Wintgens für die aufkeimende Fliegerei. Seit 1913 beim Telegrafenbataillon 2, schaffte er 1915 den Eintritt in die Fliegertruppe. Als Brillenträger brauchte er jedoch eine Ausnahmegenehmigung. Fliegen lernte Wintgens bei Fokker in Schwerin. Dort experimentierte man gerade mit dem synchronisierten MG. Neben Otto Parschau konnte Wintgens als einer der Ersten den speziellen Eindecker praktisch erproben. So war es auch Wintgens, dem am 1. Juli 1915 der erste Abschuss mit dem Fokker gelang. Zuerkannt wurde er ihm jedoch nicht, da der Franzose auf ei-
genem Gebiet niedergegangen war. Wintens gehörte in der Folgezeit zu den erfolgreichsten deutschen Flugzeugführern und wurde am 1. Juli 1916 für acht bestätigte Luftsiege als vierter Flieger mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet. Am 25. September 1916 trafen Kurt Wintgens und Walter Höhndorf während eines Begleitschutzeinsatzes auf SPAD S.VII der Escadrille SPA.3. Wintgens, in einem E.IV technisch weit unterlegen, überlebte das folgende Gefecht nicht, er starb den Fliegertod. Sein Bezwinger, Alfred Heurteaux, verbuchte ihn als seinen achten Sieg.
Maximilian Mulzer
Trümmer- und Leichenschau: Die Grausamkeit des Krieges machte auch vor den Fliegern nicht Halt. Kurt Wintgens (Mitte) an einem von ihm abgeschossenen B.E.2c. 19 Luftsiege wurden ihm zuerkannt, drei blieben unbestätigt. Wintgens trug unter der Fliegerbrille gehärtete Gläser (Bild rechts) flugzeugclassic.de
Max Mulzer, Jahrgang 1893, begann seine Fliegerlaufbahn 1915 bei der bayerischen Flieger-Ersatz-Abteilung. Erste Fronterfahrung sammelte er bei der FeldfliegerAbteilung 4b. Mulzer kommandierte mehrere Fliegereinheiten und zeichnete sich neben seinen Führungsqualitäten auch durch Abschusserfolge aus. In seiner Zeit bei der FFA 62 flog er oft zusammen mit Max Immelmann, so auch am 18. Juni 1916, als dieser den Tod fand und Mulzer seinen vierten Gegner abschoss. Der Pour-leMérite-Verleihung durch Kaiser Wil91
Deutsche Piloten LINKS Wilhelm Frankl galt als leidenschaftlicher Vorkriegs- und ausgezeichneter Jagdflieger. Am 6. April 1917 gegen 2:30 Uhr schoss er als Erster ein Feindflugzeug bei Nacht ab. Am selben Tag gelang Frankl der Abschuss von drei Gegnern
UNTEN Feierliche
Beisetzung von Maximilian Ritter von Mulzer. Er war der erste bayerische Pourle-Mérite-Träger
helm am 8. (9.) Juli 1916 folgte am 6. September die Auszeichnung mit dem MilitärMax-Joseph-Orden. Überreicht wurde dieser vom bayerischen König Ludwig III. persönlich. Verbunden war der höchste bayerische Tapferkeitsorden mit der Erhebung in den Adelsstand. Förmlich anzusprechen war Mulzer nun mit Maximilian Ritter von Mulzer. Am 26. September 1916, einen Tag nach Kurt Wintgens Tod, soll Mulzer be-
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Pour-le-Mérite-Träger der Fliegertruppe bis Juni 1917 Lt. Max Immelmann Lt. Oswald Boelcke Oblt. Hans-Joachim Buddecke Lt. Kurt Wintgens Lt. Max Ritter von Mulzer Lt. Otto Parschau Lt. Walter Höhndorf Oblt. Ernst Freiherr von Althaus Lt. Wilhelm Frankl Oblt. Rudolf Berthold Lt. Gustav Leffers Lt. Albert Dossenbach Oblt. Hans Berr Lt. Manfred Freiherr von Richthofen Genlt. Ernst von Hoeppner Oberstlt. Hermann Thomsen Lt. Werner Voss Lt. Fritz Otto Bernert Lt. Karl-Emil Schaefer Lt. Kurt Wolff Lt. Heinrich Gontermann Lt. Lothar Freiherr von Richthofen Lt. Carl Alllmenröder Hptm. Ernst Brandenburg
merkt haben: »Immelmann ist tot. Parschau ist tot, Wintgens ist tot. Jetzt bin ich an der Reihe«. Danach startete er zum Erprobungsflug mit einem Albatros D.I in Valenciennes. Mulzer überzog den neuen Jäger und stürzte tödlich ab.
Wilhelm Frankl Auch der 1893 geborene Hamburger Wilhelm Frankl steuerte bereits vor dem Krieg Flugapparate. Fliegen lernte er
12. 12. 14. 1. 8. 10. 20. 21. 12. 12. 5. 11. 4. 12. 8. 8. 8. 23. 26. 4. 14. 14. 14. 14.
Januar 1916 Januar 1916 April 1916 Juli 1916 Juli 1916 Juli 1916 Juli 1916 Juli 1916 August 1916 Oktober 1916 November 1916 November 1916 Dezember 1916 Januar 1917 April 1917 April 1917 April 1917 April 1917 April 1917 Mai 1917 Mai 1917 Mai 1917 Juni 1917 Juni 1917
1913 bei Melli Beese, der Pionierin unter den deutschen Fliegerinnen. Freiwillig trat er bei Kriegsausbruch der fliegenden Truppe bei und flog zunächst bei der FFA 40 Aufklärereinsätze. Seinen ersten Luftsieg errang Feldwebel Frankl am 10. Mai 1915 gegen einen Voisin-Doppeldecker mit MG-Bewaffnung. Der unerschrockene Frankl holte den Franzosen mit einem Selbstladekarabiner herunter. Nach der Kommandierung Anfang 1916 zum KEK Vaux nahmen Frankls Luftsiege zu. Am 4. Mai 1916 kam die Beförderung zum Leutnant, am 9. August der 8. Sieg. Dies bedeutete den Pour le Mérite, den Frankl vom 12. August 1916 an tragen durfte. Ab Januar 1917 führte er die Jasta 4. Einer sechsmonatigen Siegesabstinenz folgten am 6. April 1917 vier Abschüsse, tags darauf ein weiterer, der 19., ein Nieuport 17. Es sollte auch sein letzter sein. Am 8. April 1917 fiel Leutnant Frankl im Luftkampf mit einer Bristol F.2a im Albatros D.III, 2158/16. Frankl gehörte zum Zeitpunkt seines Todes zu den erfolgreichsten Jagdfliegern. Die Nationalsozialisten verschwiegen später den Pour-le-Mérite-Flieger Frankl meist. Seine jüdische Herkunft taugte nicht zum Helden. Dabei war Frankl der Liebe wegen zum christlichen Glauben konvertiert, um die Tochter eines Wiener Kapitäns zu heiraten. HERBERT RINGLSTETTER
Max Immelmann
Max Immelmann vor dem Fokker E.II 37/15, den er anlässlich des Besuchs von König Friedrich August III. von Sachsen vorführte. Wichtige Details des Eindeckers wie Motor und MG fielen der Zensur zum Opfer
»Der Adler von Lille«
Max Immelmann Noch heute, bald 100 Jahre nach Max Immelmanns Tod, ist das Thema Luftkampftaktik unweigerlich mit seinem Namen verbunden. Der junge Fliegerleutnant beeinflusste maßgeblich die taktische Entwicklung der Jagdfliegerei
A
ls im Juni 1916 die Nachricht von Max Immelmanns Tod die Runde machte, war eine ganze Nation geschockt. Der zu diesem Zeitpunkt neben Oswald Boelcke größte Fliegerheld Deutschlands war im Kampf gefallen. Dabei war es noch gar nicht lange her, als die Zeitungen begannen, von den Jagdzügen eines unerschrockenen jungen Leutnants zu berichten. Das Besondere daran: Er war Flieger und suchte hoch oben über den Schlachtfeldern den Feind. Von 1905 an besuchte der am 21. September 1890 geborene Max Immelmann die Kadettenschule in Dresden und meldete sich 1911 zum Dienst beim 2. Eisenbahnregiment in Berlin. Im August 1911 kommandierte man ihn zur Kriegsschule Anklam. Während einer Dienstflugzeugclassic.de
reise nach Berlin-Johannesthal kam Immelmann erstmals näher mit der aufstrebenden Fliegerei in Kontakt, für die er sich sofort begeisterte. 1912 verließ er das Militär und begann ein Studium an der Technischen Hochschule in Dresden. Der Ausbruch des Krieges führte Immelmann zunächst zum Eisenbahnregiment 1, wenngleich er sich zusammen mit seinem Bruder Franz noch im August für die Ausbildung zum Flugzeugführer angemeldet hatte. Im November 1914 versetzte ihn die Führung zur Fliegertruppe, wo man ihn anschließend zum Flugzeugführer ausbildete. Mit dem Luftfahrerschein in der Tasche meldete er sich im April 1915 bei der Feldfliegerabteilung 10 (FFA 10). Zwei Wochen darauf wechselte er zur FFA 62
Propagandapostkarte von 1916. Max Immelmanns Geschicklichkeit in der Luft ließ ihn zum gefeierten Nationalhelden aufsteigen. Zusammen mit Oswald Boelcke war er der erste Pour-le-Mérite-Träger der Fliegertruppe
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Max Immelmann
Max Immelmann im Fokker E.I 13/15 bei der Feldflieger-Abteilung 62. Der gebürtige Sachse erzielte fünf Luftsiege mit dem 13/15
in Döberitz bei Berlin. Zunächst flog Immelmann zweisitzige LVG-Aufklärer, bevor er auf den Fokker-Eindecker (E.I 13/15) mit synchronisiertem Maschinengewehr umstieg.
Erster Sieg Am 1. August 1915 verfolgte Leutnant Immelmann in seinem E.I mehrere britische Zweisitzer B.E.2 und nahm eine der Maschinen unter Feuer. Der B.E.2-Pilot sah sich zur Landung gezwungen, Max Immelmann setzte neben ihm auf. Die Besatzung wurde gefangen genommen und Immelmann hatte seinen ersten Luftsieg errungen. Zudem bekam der schneidige Leutnant das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen. Seine, wenn möglich täglichen, ausgedehnten Streifzüge über dem Frontabschnitt in der Gegend von Lille machten ihn bald bekannt – auf beiden Seiten der Front. Bis Jahresende hatte »Der Adler
von Lille«, wie Immelmann auch bald genannt wurde, sieben Luftsiege errungen. Damit stand er an der Spitze der deutschen Jagdflieger, gefolgt von Boelcke, mit dem er sich ein ständiges Kopfan-Kopf-Rennen lieferte. Immelmann war inzwischen zum gefeierten Fliegerhelden aufgestiegen und erfreute sich in der Heimat höchster Popularität. Berühmtheit erlangte Immelmann aber nicht nur durch seine Abschusserfolge. Im Gedächtnis geblieben ist bis heute vor allem sein berühmtes Flugmanöver, die Immelmann-Wende (heute meist Immelmann-Turn oder auch nur Immelmann genannt und anders ausgeführt). Dabei griff Immelmann
Max Immelmann galt nicht nur als großartiger Taktiker, sondern auch als hervorragender Flieger und Schütze
Immelmann vor den Trümmern seines siebten Luftsieges, einem Morane Parasol der No. 3 Squadron des RFC, den er am 15. Dezember 1915 abschoss. Lieutenant Alan Hobbs und Second Lieutenant Charles Tudor-Jones kamen dabei ums Leben
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im leichten Sturzflug mit hoher Fahrt den Gegner an und zog anschließend wieder hoch, um nach einer steil geflogenen, engen Wende erneut mit hoher Geschwindigkeit anzugreifen. Neben der Nutzung des dreidimensionalen Raumes verstand es Immelmann auch, natürliche Gegebenheiten auszunutzen. Wenn möglich, griff er mit der Sonne im Rücken an. Bis der durch die Sonne geblendete Gegner ihn erkannte, war es oft schon zu spät.
Den Pour le Mérite Am 12. Januar 1916 wurde den gleichermaßen erfolgreichen Kampffliegern Immelmann und Boelcke mit der Verleihung des Pour le Mérite die höchste
Max Immelmann
Die Überreste des Fokker E.III 246/16, in dem Max Immelmann den Tod fand. Identifiziert wurde er anhand eines Taschentuchs mit seinen Initialen. Die Umstände, die zu seinem Absturz geführt haben, sind bis heute nicht geklärt
deutsche Tapferkeitsauszeichnung zuteil. In der Tagesmeldung des Hauptquartiers hieß es unter anderem: »Die Leutnante Boelcke und Immelmann schossen nordöstlich von Tourcoing und bei Bapaume je ein englisches Flugzeug ab. Den unerschrockenen Offizieren wurde in Anerkennung ihrer außerordentlichen Leistungen durch Seine Majestät den Kaiser der Orden Pour le Mérite verliehen.« Am 22. Mai 1916 wurde Immelmann, inzwischen Oberleutnant, zum Führer des Kampf-Einsitzer-Kommando 3 in Douai ernannt. Die Aufstellung reiner Jagdeinheiten in den FFA diente der Kampfkraftstärkung und ging auch die Initiative von Immelmann und Boelcke zurück. Diese erste Umstrukturierung der Fliegertruppe zeigte schnell positive Auswirkungen. Die Luftherrschaft hatten die deutschen Flieger allerdings inzwischen verloren, da neue, leistungsstarke Jagdmaschinen auf allierter Seite in den Kampf traten. Dennoch gelangen dem exzellenten Flieger und meisterlichen Schützen Immelmann weitere Abschüsse. Am 16. Mai bezwang er seinen 15. Gegner, einen Bristol Scout.
fen Immelmann und drei weitere Fokker-Piloten, darunter Max Mulzer, erneut auf zweisitzige F.E.2 und griffen an. Immelmann schoss einen der Briten ab, der Sieg wurde später jedoch Mulzer zugesprochen. Was dann geschah, ist bis heute nicht geklärt. Immelmann stürzte während des folgenden Gefechts über Annay ab und fand den Flie-
Sein letzter Kampf Am 18. Juni 1916 schoss Immelmann einen F.E.2b der No. 25 Squadron ab, sein 16. Luftsieg, der jedoch nie offiziell bestätigt wurde. Im folgenden Einsatz, der noch am selben Tag stattfand, traflugzeugclassic.de
Der stolze Pour-le-Mérite-Träger Oberleutnant Max Immelmann mit seinem geliebten Hund Tyras
gertod. Seine Leiche lag zwischen den Trümmern des Eindeckers. Zu erkennen war er nicht mehr, die Initialen in seinem Taschentuch gaben den ersten Hinweis.
Ein Rätsel bis heute Über die Absturzursache wurde und wird viel spekuliert. Zeugen beobachteten, wie das Heck des Eindeckers sich löste, danach brachen die Flächen. Corporal J. H. Waller, Schütze in einem der F.E.2b, will den Fokker abgeschossen haben, als er gerade eine Wende zum erneuten Angriff einleitete. Unwahr ist sicher die in Deutschland verbreitete Geschichte vom eigenen Abwehrfeuer, das dem Helden zum Verhängnis wurde. Auch gibt es verschiedene Hinweise auf eine zerschossene Luftschraube aufgrund des Versagens der Unterbrechermechanik. Doch war dies früher schon passiert und führte nicht zum Absturz, da auch ohne Motorleistung gelandet werden konnte. Was letztlich ausschlaggebend für den Absturz von Max Immelmann war, wird wohl nie geklärt werden. Im Rahmen eines feierlichen Staatsbegräbnisses wurde Max Immelmann am 20. Juni 1916 beigesetzt. Die Bundeswehr bewahrt mit dem Taktischen Luftwaffengeschwader 51 »Immelmann« und zwei nach ihm benannten Kasernen das Andenken an den jungen Flieger. HERBERT RINGLSTETTER 95
Oswald Boelcke
I
m Mai 1914 meldete sich Oswald Boelcke in der Halberstädter Fliegerschule zur Flugausbildung. Der am 19. Mai 1891 in Giebichenstein geborene Boelcke war seit 1911 beim Militär und hatte im Telegraphen-Bataillon 3 gedient. Nun aber wollte er Führer eines Flugapparates in der noch jungen deutschen Fliegertruppe werden. Nach bestandener Abschlussprüfung im August 1914 rückte der 20-jährige Leutnant bei der Feldfliegerabteilung 13 (FFA 13) ein, wo er mit einem Zweisitzer Aufklärungsflüge durchführte. Mit an Bord war sein Bruder Wilhelm. Im April 1915 wurde Leutnant Boelcke zur neu ausgestellten FFA 62 versetzt. Dort traf er erstmals auf Max Immelmann
Eine neue Waffe
Oswald Boelcke, Meister der Luftkampftaktik. Seine Regeln für den Kampf in der Luft haben größtenteils heute noch Gültigkeit
Der große Lehrmeister
Oswald Boelcke Neben Max Immelmann war Oswald Boelcke 1915/16 der bekannteste deutsche Jagdflieger. Sein tragischer Unfalltod löste Bestürzung aus, seine soldatische Hinterlassenschaft ist bis heute lebendig geblieben – bei Freund und Feind
Während eines Aufklärungsfluges am 4. Juli 1915 errang die Besatzung Boelcke/Wülisch in einem LVG C.II ihren ersten Luftsieg gegen einen MoraneSaulnier-Parasol. Zwar hatte Beobachter Wülisch den Franzosen abgeschossen, doch geflogen war Boelcke, weshalb man auch ihm den Luftsieg zusprach. Bald schon schoss Boelcke seine Gegner alleine ab. Denn mit den neu eingetroffenen Kampfeinsitzern von Fokker bekamen die deutschen Flieger ein reinrassiges Kampfflugzeug in die Hand, das mit einem in Flugrichtung verbauten synchronisierten Maschinengewehr ausgerüstet war. Nun konnte mit dem ganzen Flugzeug auf den Feind gezielt werden. Und Boelcke traf. Am 19. August 1915 schoss er im Fokker E.3/15 seinen ersten Gegner im Alleinflug ab. Boelcke war mit der erste deutsche Flieger, der zum Feindflug startete, um gegnerische Flugzeuge aufzuspüren und anzugreifen. Als einer der talentiertesten Kampfflieger unter Boelckes Kameraden erwies sich Max Immelmann. In der Folge lieferte sich Boelcke mit ihm eine Art Abschussduell – mal führte der eine, mal der andere. Am 12. Januar 1916 wurden die beiden damals erfolgreichsten deutschen Jagdflieger nach acht Luftsiegen von Kaiser Wilhelm mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet. Damit waren Boelcke und Immelmann die ersten Offiziere der Fliegertruppe, die diesen höchsten preußischen Tapferkeitsorden erhielten. Am 18. Juli 1916 ereilte Max Immelmann der Fliegertod, woraufhin Boelcke nach 19 Luftsiegen für einen Monat Startverbot erhielt. Seine Erfahrung war zu In lässiger Pose: Boelcke (Mitte) war bei den Warten und Fliegerkameraden sehr beliebt
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Oswald Boelcke
Oswald Boelcke (Mitte) und Manfred von Richthofen inspizieren einen britischen Jäger vom Typ Airco D.H.2 Oswald Boelcke und Max Immelmann erhielten als erste Angehörige der Fliegertruppe den Pour le Mérite
wichtig, überdies wollte man nicht Gefahr laufen, womöglich auch den zweiten großen Fliegerhelden zu verlieren. Boelcke wurde vor die Wahl gestellt: Schreibtischarbeit oder Balkan-Rundreise. Boelcke entschied sich für Letzteres, wobei er mit vielen Kampffliegern und hohen Führungskräften zusammentraf. In der Heimat spitzte sich die Lage im Luftkrieg inzwischen zu und der 25-jährige Oswald Boelcke erörterte seine Ideen zur Neuorganisation der Kampfeinsitzer-
Die wichtigsten Luftkampfregeln fasste Boelcke in der »Dicta Boelcke« zusammen: • Vorteil suchen vor Angriff. Sonne möglichst im Rücken. • Angesetzten Angriff stets durchführen. • Nur auf kurze Entfernung feuern und nur dann, wenn Gegner sicher im Ziel. • Gegner ständig im Auge behalten, sich nicht durch Finten täuschen lassen.
• Kommt der Gegner im Angriff von oben, dann nicht ausweichen, sondern ihm entgegenfliegen. • Über feindlichem Gebiet nie die eigene Rückzugslinie vergessen. • Für die Staffel: Angriff immer zu viert oder sechst. Bei Auflösung in Einzelkämpfe nicht mehrere auf einen Gegner.
• Für jeden Angriff wichtig, den Gegner von hinten zu fassen.
Boelcke in seinem Fokker E.IV mit zwei Maschinengewehren. 19 seiner 40 Luftsiege errang Boelcke auf Eindeckern. Den letzten erzielte er am 27. Juni 1916
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Oswald Boelcke
Boelcke flog 1916 verschiedene Einsatzflugzeuge. Dazu gehörte auch der Fokker D.II (das MG fiel der Zensur zum Opfer)
Umringt: Hauptmann Boelcke (Mitte) an seinem Albatros D.II. Mit 40 Luftsiegen stand Boelcke zum Zeitpunkt seines Todes einsam an der Spitze der deutschen Jagdflieger
verbände, die neben Begleitschutzeinsätzen auch gezielt zu Jagdvorstößen genutzt werden sollten. So kam es Anfang September 1916 zur Neugliederung der Fliegerstreitkräfte, wobei die Kampfeinsitzer-Kommandos in Jagdstaffeln neu formiert und zusätzliche Verbände aufgestellt wurden.
Jasta 2 Oswald Boelcke bekam das Kommando über die Jagdstaffel (Jasta) 2. Die Piloten dafür holte er sich aus verschiedenen Einheiten, darunter auch Erwin Böhme und Manfred von Richthofen. Boelcke schulte seine Flugzeugführer unermüdlich. Nach jedem Einsatz hielt er Besprechungen ab und nahm sich jeden einzelnen Flieger seiner Staffel vor. Er arbeitete Regeln für den Luftkampf aus, die dringend einzuhalten waren. Die Jagdstaffel 2 flog bald schon auffallend erfolgreich gegen den Feind. Allen voran ihr Führer Hauptmann Boelcke, der seit Aufstellung der Staffel bis zum 26. Oktober 1916 allein 20 Feindmaschinen abschoss. Boelckes Luftkampfrichtlinien fanden später sogar Einzug in die Gefechtsvor98
schriften der deutschen Fliegerstreitkräfte. Praktisch haben die meisten davon noch heute Gültigkeit.
Die Tragödie Am 28. Oktober 1916 stiegen Oswald Boelcke, Erwin Böhme, Manfred von Richthofen und drei weitere Flugzeugführer der Jasta 2 zu einem Abfangeinsatz auf. Kurze Zeit später machten die deutschen Jagdflieger britische D.H.2-Jäger aus und setzten zum Angriff an. Boelcke nahm die Maschine von Lieutenant Knight ins Visier, als plötzlich etwas in seinen Albatros krachte. Leutnant Erwin Böhme hatte sich denselben D.H.2 ausgesucht und war mit dem Fahrgestell an die obere Fläche von Boelckes Albatros geraten. So sehr, dass Boelcke trudelnd nach unten wegging. Erst löste sich ein Teil der Bespannung des oberen Flügels, dann montierte er ab. Der Aufschlag war relativ sanft, doch Oswald Boelcke kam ums Leben. Erwin Böhme musste notlanden und überlebte. Böhme, mit Boelcke eng befreundet, verzieh sich diesen Fehler nie. Er fiel 13 Monate später. Da es schnell gehen musste, war Boelcke, ohne sich anzu-
Oswald Boelcke galt nicht nur als ausgezeichneter Taktiker, Lehrer und Flieger, sondern war auch als Mensch sehr geschätzt. Im August 1915 sprang er in einen Bach nahe des Flugfeldes und rettete einen französischen Jungen vor dem Ertrinken. Seine Eltern hätten Boelcke am liebsten den Orden Legion d’Honneur verliehen. Boelcke bekam stattdessen die preußische Rettungsmedaille
schnallen, gestartet. Auch trug er nie einen Helm. Manche meinten, dass Boelcke angegurtet womöglich den Absturz überlebt hätte. Für die Jasta 2 war Boelckes Verlust eine Katastrophe, die Heimat reagierte mit Bestürzung. Boelcke wurde unter großer Anteilnahme beigesetzt. Ein britischer Flieger warf zwei Tage nach Boelckes Tod einen Trauerkranz über dem Platz der Jasta 2 ab. Die Inschrift darauf lautete: »To the memory of Captain Boelcke, a brave and chivalrous foe.« (»Im Gedächtnis an Hauptmann Boelcke, einem tapferen und ritterlichen Gegner.«). Zu seinen Ehren wurde die Jasta 2 in Jagdstaffel Boelcke umbenannt. HERBERT RINGLSTETTER
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