FLUGZEUGCLASSIC
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PB4Y-1 Liberator In Navy-Diensten
Fouga Magister Mitflug im Trainer
€ 5,90 Feb. 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLUGZEUG CLASSIC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
WILLY MESSERSCHMITTS JET-LEGENDE
Wie die Me 262 wirklich entstand Top-Rarität in Deutschland!
Bildersammlung eines Bordmechanikers Einzigartiger Typenmix im Fotoalbum
Bf 109 E-1: Restaurierung bei MeierMotors Die Geschichte der seltensten »Emil«!
Bilder • Tatsachen • Hintergründe
Fundiert recherchiert, packend erzählt!
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
© magann - Fotolia
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Editorial I
hre Anziehung ist so stark wie der Sog im Ansaugtrakt ihrer Jumo-Triebwerke: Geht es um die Me 262, kennen die meisten Luftfahrtenthusiasten kein Halten mehr. Doch wie kräftig Ingenieur Zufall beim ersten in Serie produzierten Jet der Welt den Zeichenstift mitführte, wird gerne vergessen. Schauen wir uns den dreieckigen Rumpf der »262« an: Er sorgte nicht nur für bessere Aerodynamik, sondern war auch der Not geschuldet, das Fahrwerk im Rumpf unterbringen zu müssen. In jedem Fall ist seine Formgebung ein gutes Beispiel für die heutzutage hochgeschätzte Ideenfundgrube Bionik. Die gepfeilten Tragflächen: Eine Notlösung, um der problematischen Schwerpunktlage Herr zu werden, und nicht wegen der schallnahen Geschwindigkeiten des Jets entworfen. Sei’s drum, wichtig ist, was am Ende dabei herauskommt. Und das konnte sich damals sehen lassen; die Gene der »262« verbreiteten sich in den Jahrzehnten nach dem Krieg weitläufig. In dieser Ausgabe beginnt Wolfgang Mühlbauer mit seiner umfassenden Entwicklungsgeschichte der Me 262, für die er aus erster Hand auf zahlreiche, zum Teil wenig bekannte Originalarchivalien zugreifen kann. Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Flohmarkt, um einen Suppentopf zu kaufen, und kommen mit einer Bf 109 nach Hause … Zugegeben, das klingt schon recht abenteuerlich, ist aber so ähnlich
Mehr zu diesem Thema ab Seite 14! Mitte 1944 lief die Serienproduktion der Me 262 an. War der Strahljäger Ihrer Meinung nach das fortschrittlichste Flugzeug des Zweiten Weltkriegs?
Ingenieur Zufall tatsächlich geschehen – in Spanien. Matthias Dorst berichtet ab Seite 30, wie ein Enthusiast eine beinahe schon vergessene Bf 109 E vor dem endgültigen Verfall aus einem Berg von Altmetall rettete. Viel Altmetall viel bekanntlich auch an der Ostfront an. Und einen nicht unerheblichen Anteil daran hatten die Partisanen, die unentwegt Lokomotiven, Fahrzeuge und Gebäude sprengten. Im dritten Feldzugsjahr geriet das Problem derart außer Kontrolle, dass Focke-Wulf einen ungewöhnlichen Auftrag erhielt: Das Unternehmen sollte seine Fw 189 zu einem »Partisanenjäger« umbauen. Ab Seite 54 erfahren Sie, wie sich die Aufklärungs- und Reisemaschine zu einem gut gepanzerten Bodenkämpfer mit erhöhter Reichweite mauserte. Ihr Markus Wunderlich
Markus Wunderlich, Chefredakteur
Windkanalmodel der P 1065, wie die Me 262 ursprünglich Foto Airbus Group Corp. Heritage hieß
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt: 55 % Ja, damit war die Luftwaffe den Alliierten klar einen Schritt voraus.
19 % Nein, denn auch die Alliierten haben zu der Zeit bereits an Strahlflugzeugen gearbeitet.
26 % Ob sie nun die fortschrittlichste war oder nicht: Ihren Ehrenplatz in der Luftfahrtgeschichte hat sich die Me 262 auf jeden Fall gesichert. Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
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INHALT
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Flugzeug Classic 2-17
So etwas hatten die britischen Experten im Mai 1945 noch nie gesehen: die Me 262 leitete eine neue Zeit der Militärluftfahrt ein
TECHNIK Messerschmitt Me 262
TITELTHEMA
Geburt einer Legende. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Sie war der erste einsatzfähige Düsenjäger der Welt und ihrer Zeit klar voraus: die Me 262. Wir zeigen die ersten Schritte und Herausforderungen, denen sich Messerschmitt und seine Konstrukteure auf dem Weg zu dieser »Wunderwaffe« stellten.
TECHNIK Consolidated B-24 Liberator
TITELTHEMA
Auf Patrouille und U-Boot-Jagd . . . . . . . 22 Die Liberator war berühmt für ihre Kampfkraft und Reichweite. Sie wäre für die US Navy ideal zur Seeraumüberwachung – doch bis 1942 besaß nur die Army das Flugzeug. Um an die begehrte Maschine heranzukommen, ging die Navy auf einen Deal ein …
OLDTIMER
Heinkels Sturzkampfbomber He 118: Den ersten Testflug musste
36 sie mit einem Rolls-Royce-Motor absolvieren
TITELTHEMA
Restaurierung einer »Emil«
Die erste und die letzte Bf 109 . . . . . . . . . . 30 Die Bf 109 »Emil« entschieden den Luftkrieg im Spanischen Bürgerkrieg, doch knapp 15 Jahre später landeten sie im Orkus der Geschichte. Eine jedoch entging diesem Schicksal per Zufall.
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE Heinkel He 118
Der bessere Stuka? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Heinkel begann 1934 einen Sturzkampfbomber zu entwickeln. Dieser setzte sich schon bald gegen einige seiner Konkurrenten durch – und stieß am anderen Ende der Welt auf reges Interesse.
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Auch das gehörte zu seinem Dienst: Johannes Martin und seine
74 Kameraden bargen eine Arado Ar 96 aus dem Plattensee
Die B-24 Liberator eignete sich hervorragend als U-Boot-Jäger –
Die Messerschmitt Bf 109 war im Spanien der 1930er-Jahre eine
22 weshalb die US Navy sie 1942 um jeden Preis haben wollte
30 Attraktion, doch bald geriet sie fast in Vergessenheit …
TECHNIK – COCKPIT
TECHNIK
Dornier Do L II Delphin III
Am Steuer des Delphin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Dornier wollte Ende der 1920er-Jahre ein verbessertes Flugboot anbieten. Die Feuertaufe absolvierten nur drei dieser Delphine …
SERIE – ERSTER WELTKRIEG
Ein kleiner Technik-Krimi . . . . . . . . . . . . . . 46 Die Geschichte der wassergestützten Fliegerei begann erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Sie war maßgeblich beeinflusst von spannenden Begebenheiten und so mancher kühnen Tat eines Piloten oder Konstrukteurs.
Johannes Kleine beschreibt in einem fesselnden Bericht sein Flugerlebnis mit dem alten Bundeswehr-Jet.
Blériot-XI-2-Reproduktion
Der Überflieger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Tryggve Gran ist ein norwegischer Fliegerheld: Er »bezwang« als Erster die Nordsee im Flug. Die Reproduktion seiner Erfolgsmaschine lässt sich nun in Jarlsberg bewundern.
FILM
TECHNIK
Die Reise im Ballon
Focke-Wulf Fw 189
Zur Partisanenjagd gerüstet . . . . . . . . . . . . 54 Die Fw 189 A-1, Werknummer 178, veränderte sich mehrfach: Als Aufklärer vorgesehen, wurde sie bald zu einem Reiseflugzeug umfunktioniert. Dann erkennte man jedoch ihr »wahres Talent«.
Die Entdeckung der Langsamkeit . . . . . 70 Ein Film über zwei Exzentriker, die in den 1960er-Jahren Frankreich mit einem Ballon bereisen. Die Aufnahmemethode des Films ist revolutionär und dient berühmten Klassikern als Vorbild.
LESERALBUM
Neuer Hit im Omaka-Museum
Warbirds in Aktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Das Omaka Aviation Heritage Center eröffnete seine zweite Ausstellung – diesmal drehte sich alles um den Zweiten Weltkrieg.
Flugzeuge in dieser Ausgabe Hansa Brandenburg W 12 ......48 Hawker Hurricane Mk XII ........10 Heinkel He 118 .......................36 Junkers Ju 52 ..........................74 Junkers Ju 87 ...................37, 58 Lockheed F-104 Starfighter ....13 Lockheed Electra 10E .............13 Messerschmitt Bf 109............30 Messerschmitt Me 262 ..........14 Panavia Tornado GR.1 .............12 Supermarine Spitfire Mk.XIV ..59
TITELTHEMA
Fotograf und »Flugzeugretter«
Der Traum vom Fliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Bordmechaniker Johannes Martin kommt während seiner Dienstzeit in der Luftwaffe in ganz Europa herum und schießt unter anderem Fotos von seltenen Wracks und Bergungsarbeiten.
RUBRIKEN
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Background . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Termine/Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Wussten Sie, dass ... . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Vorschau/Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . 82 TITELSEITE: Die Me 262 stellte Militärluftfahrt und Antriebstechnik vollständig auf den Kopf
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FLUGZEUGCLASSIC
OLDTIMER
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Airshow-Star . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
OLDTIMER
Geburt der Marineflieger
Avro Anson ...............................59 Blériot XI-2 ................................66 Boeing B707 ............................12 Consolidated PB4Y-1 ..............22 Curtiss P-40 Kittyhawk............59 Dornier Do 17 M......................76 Dornier Do L II Delphin III .......42 Fieseler Storch A-97................11 FlugWerk FW 190 A-8/N ...........8 Focke-Wulf Fw 189 A-1 ............54 Fouga CM.170 Magister .........60
TITELTHEMA
Fouga CM.170 Magister
PB4Y-1 Liberator y-Diensten
Fouga Magister Mitflug im Trainer
€ 5,90 Feb. 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLU UGZEUG CLASSIC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
WILLY MESSERSCHMITTS JET-LEGENDE
Top-Rarität in Deutschland!
Bildersammlung eines Bordmechanikers Raritäten: Bunter Typenmix im Fotoalbum
Bf 109 E-1: Restaurierung bei MeierMotors D i e G e s c h i c h t e d e r s e l t e n st e n » E m i l « !
TITELBILD Profil PB4Y-1: J. Franzi Fouga Magister: J. Kleine Me 262: Slg. W. Mühlbauer Ju 52: Slg. Olaf Martin Bf 109: Slg. Matthias Dorst
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BILD DES MONATS
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Beginn einer Ära
Wow! Ein echter Warbird-Star fliegt hier über dem St. Anna Archipel in Schweden: die Saab B 17. Sie ist die allererste Maschine des skandinavischen Flugzeugbauers. Diese B 17 (Ser.Nr. 17239) entstand 1943 und diente bis 1954 in 2 Squadron. Saab machte 54 Jahre später die »Blaue Johannes« wieder flügge und betreibt sie bis heute auf dem firmeneigenen Flugplatz in Linköping mit der Nummer SE-BYH. Text Alexander Müller/Foto Björn Hellenius
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PANORAMA Der FlugWerk-Testpilot Klaus Plasa am Steuer der FW 190 A-8/N, D-FWJS, in Manching am Tag Foto Hans Ingenpass ihres Erstfluges im Jahr 2009
I FW 190 A-8/N
Europa-Unikat zu verkaufen ie FW 190 A-8/N, D-FWJS, die einzige noch flugtüchtige FlugWerk FW 190 in Europa, wird nun von Platinum Fighter Sales zum Verkauf ausgeschrieben.
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Diese FW 190 A-8/N flog erstmals am 19. Februar 2009 auf dem Flugplatz Manching bei Ingolstadt, wo sie derzeit auch stationiert ist. Sie trägt die Markierungen einer A-6 von
Hauptmann Walter Nowotny vom Stab der I./JG 54, während dieser Ende 1943 in der Sowjetunion eingesetzt war. Eric Janssonne ■
I RENO NATIONAL CHAMPIONSHIP UNLIMITED AIR RACES
»Steve-O« triumphiert in Reno
Foto Frank B. Mormillo
Steven »Steve-O« Hinton mit der 2016 Reno Unlimited National Championship-Trophäe
Zwei der vier Sea Fury in Aktion beim 2016 Reno Unlimited Gold Race mit Joel Swager in der F.B.Mk.II »Argonaut« beim Überholen seines Bosses Dennis Sanders in der T.Mk.20 »924G«
ewinnen gehört für den 29 Jahre alten Steven »Steve-O« Hinton mittlerweile zur Tagesordnung. Der junge Champion hat bei den letzten acht Reno National Championship Unlimited Air Races siebenmal triumphiert; sein letzter Sieg war in Stead Field, Nevada, am 18. September 2016. »Steve-O«’s
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erste Meisterschaft im Jahr 2009 machte ihn zum jüngsten Gewinner in dieser Serie. Zuvor war das nur seinem Vater Steve Hinton gelungen, der diesen Titel 1978 und 1985 holte. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten nahm lediglich eine Mustang an dem Reno-Unlimited-Gold-Race-Abschlussrennen teil, die
von Hinton geflogene P-51D Mustang »Voodoo«, mit der er den Sieg errang. Das 2016 Reno Unlimited Silver Race gewann »Dusty« Dowd jr. in der Yak-11 »Lylia«. Der Sieg im Reno Jet Gold Race ging an Rick Vandam in der Aero L-39 Albatros »American Spirit«, während Jeff Lavelle das Reno Sport Gold Race in der Glasair III »Race 39« gewann. Chris Rushing triumphierte beim T-6 Gold Race in der AT-6B Texan »Baron’s Revenge«, Lowell Slater gewann das Formula One Gold Race in the Gilbert DG2 »Fraed Naught« und Jeff Rose errang den Biplane Gold-Sieg in der Mong Sport »Reno Rabbit.« Frank B. Mormillo ■
I DAUNTLESS SBD-2P
Die Dauntless SBD-2P, 2173, bei ihrer Ankunft im »Zoo«, wo sie bis zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten bleiben wird Foto KAHM
Neu im Zoo as Kalamazoo Aviation History Museum (KAHM) in Michigan ist gerade dabei, die Restaurierung der Dauntless SBD-2P, 2173 – einer seltenen Fotoaufklärerversion des berühmten Sturzbombers, von dem es nur 14 Exemplare gibt, abzuschließen. Die 2009 im Auftrag des Pacific Aviation Museums, Hawaii, von A and T Recovery aus dem Michigansee geborgene Maschine traf am 1. Juli 2016 im »Zoo« ein. Sponsor war Fred L. Turner, ehemaliger Geschäftsführer und Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats von McDonalds. Der Beginn der Restaurierungsarbeiten wurde allerdings durch Kontaminationsprobleme in der Werkstatt der Stiftung verzögert, was zur Folge hatte, dass viele Freiwillige absprangen und die voraussichtlichen Kosten auf eine inakzeptable Höhe stiegen. Das KAHM hat eine lange Tradition bei der Restaurierung von Flugzeugen, die aus dem Michigansee stammen. So hat es bereits
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eine frühere SBD-3 (Bu-Nr. 06624) fertiggestellt und restauriert gerade die FM-2 Wildcat, (Bu-Nr. 57039), die nach Abschluss der Arbeiten in Navy Pier, Chicago, ausgestellt werden soll. Die SBD 2173 war auf den Flugzeugträgern Enterprise und Yorktown eingesetzt, bevor
man sie für Ausbildungszwecke abzog. Sie war am 18. Februar 1944 nach einem Triebwerkausfall in den Michigansee abgestürzt. Der Pilot, Lieutenant John Lendo, überlebte, fiel jedoch später im Einsatz in einer Hellcat über den Philippinen. Eric Janssonne ■
I F-84 THUNDERSTREAK P-263
Kaffeekränzchen mit einer geretteten Thunderstreak Die Republic F-84 Thunderstreak P-263 während der Restaurierung in Kessel Foto Roger Soupart
iele Jahre lang wurde die frühere F-84 Thunderstreak P-263 der RNLAF im Freien gelagert und musste jede Witterung und jeden Vandalismus in den Niederlanden über sich ergehen lassen. Die Rettung kam erst im allerletzten Moment, als man dachte, der Jet aus dem Kalten Krieg würde bald verschrottet werden. Man barg die Thunderstreak aus dem Lager in Kessel und brachte sie zur Restaurierung, wo sie zu einem statischen Exponat gemacht werden soll. Dabei verschloss man alle Öffnungen und trug den
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Farbanstrich ab. Bei diesen Arbeiten kam die Nummer P-243 unter mehreren Farbschichten an der Heckflosse zutage, was beweist, dass zumindest diese von einer anderen niederländischen F-84 stammt. Momentan ist jedoch noch offen, ob lediglich das Heck von einem anderen Flugzeug stammt oder ob der gesamte Jet aus Teilen verschiedener Flugzeuge besteht. Die F-84 soll ihre neue Karriere als Blickfang in einem niederländischen Gartenrestaurant beginnen. Roger Soupart ■
I CASA 1.131E »JUNGMANN«
Weimar-Tage ie CASA 1.131E »Jungmann«, Ser.Nr. 2100, eine in Spanien gefertigte Lizenzversion der Bücker Bü 131 »Jungmann«, hat vor Kurzem Markierungen erhalten, die denen deutscher Flugzeuge aus der Weimarer Republik ähneln. Die Bücker fliegt derzeit vom Flugplatz Doncourt les Conflans im Osten Frankreichs aus. Die Jungmann mit der deutschen Zulassung D-EEQP wurde im Jahr 1954 von CASA produziert und war als E 3B-493 bei der spanischen Luftwaffe im Einsatz. Gegen Ende der 1970er-Jahre musterte man die Maschine aus und verkaufte sie auf dem zivilen Markt. Eric Janssonne ■
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Die von CASA gebaute Bü 131 Jungmann D-EEQP in den Farben der Weimarer Foto Eric Janssonne Republik
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PANORAMA
In Australien wirbelt wieder eine Hurricane. Sie trägt die Markierungen der Hurricane der 46 Squadron aus der Zeit des Krieges Foto Pays Aircraft Service
I HURRICANE MK XII
Premiere in Australien: Hurricane fliegt wieder! m 2. Oktober startete die Hurricane Mk. XII, RCAF 5481, VH-JFW, mit Ross Pay am Steuer vom Flughafen Scone in Neusüdwales, Australien. Es war der erste Flug einer Hurricane in Australien seit dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem es sich um eine der ersten Hurricane handelt, die in flugtüchtigen Zustand restauriert worden waren, behielt sie einen großen Teil der Originalzelle, die sich noch
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in ausgezeichnetem Zustand befand. Der ursprünglich 1942 von der Firma Canadian Car & Foundry als Mk.IIB gebaute Jäger wurde während des Krieges zur Mk.XII umgerüstet und für Ausbildungszwecke eingesetzt. Man barg den seit Ende 1944 im Freien eingelagerten Jäger 1984 in heruntergekommenem Zustand auf einer Farm, von wo aus er seinen Weg nach Großbritannien fand, um dort in ei-
nen flugtüchtigen Zustand restauriert zu werden. Er flog erstmals wieder am 8. September 1991. Der derzeitige Besitzer hat eine besondere Beziehung nach Newcastle in Neusüdwales und beschloss, der Hurricane die Farben der Maschine des ehemaligen Newcastler Bürgers, Pilot Officer John Crossman, zu geben, der während der Luftschlacht um England abgeschossen worden war. Dave McDonald ■
Der deutsche Erfolgshubschrauber
Erstflug des Bo 105 in Ottobrunn
Helle Köpfe ersinnen im Oktober 1961 das Grundkonzept für das bis heute wohl erfolgreichste deutsche Luftfahrzeug der Nachkriegszeit: den leichten Mehrzweckhubschrauber Bölkow Bo 105. Sicher, wartungsfreudig und kostengünstig muss er sein, soll er der Firma die ersehnte Marktlücke auf dem zivilen Weltmarkt aufstoßen. Entscheidende Zutaten für das Erfolgsrezept: ein gelenkloser Hauptrotor mit GFK-Blättern für hervorragende Flugeigenschaften, zwei Wellturbinen und ein
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hochliegender Heckrotor für außerordentliche Sicherheit im Flug- und Alltagsbetrieb sowie eine Hecktür und Platz für zwei Krankenbaren. Der innovative Hauptrotor »System Bölkow«, für dessen Entwicklung Emil Weiland hauptverantwortlich zeichnet, hat als Besonderheit einen starren Rotorkopf ohne Schlag- und Schwenkgelenke. Ein rückzahlbares Darlehen vom Bund garantiert die nötigen Mittel für Entwicklung und Bau des Helikopters; die damit verbundenen Risiken teilt sich die Bölkow KG mit einer Entwicklungsgemeinschaft. Am 16. Februar 1967, steigt der erste Prototyp des Bo 105 erfolgreich auf. Sein vielseitiges Konzept und seine Leistungsfähigkeit überzeugen von Anfang an. Als Rettungshubschrauber par excellence kann mit ihm unter anderem im November 1970 dauerhaft der zivile Luftrettungsdienst in Deutschland aufgenommen werden. Dem Militär bleiben seine Qualitäten gleichfalls
nicht verborgen. So will ihn etwa die Bundeswehr unter anderem auch als Panzerabwehrhubschrauber (PAH-1) haben und beschaffte ihn 1978. Mehr als 1640 Bo 105 aller Versionen, technisch ständig modernisiert, verlassen die Werkhallen. In Deutschland läuft die Fertigung bis 2001. Nun hat der Bo 105 einen würdigen Nachfolger gefunden: den EC 135, der ihm zahlreiche technische Wurzeln verdankt. Wolfgang Mühlbauer ■
ADAC Rettungshubschrauber Christoph 1 Fotos (2) Airbus Group Corporate Heritage
Vom Airbus Urahn zum Flugsimulator espekt ist wohl das Mindeste, das der Airbuspilot Nils Alegren erwarten darf. In vierjähriger Arbeit gelang ihm der Umbau eines Caravelle-III-Cockpits in einen Flugsimulator. Unterm Strich bedeutete das 5000 Stunden sorgfältige Handarbeit. Hilfe erhielt er von Piloten, Ingenieuren und Software-Entwicklern. Die SE 210 Caravelle-III »Poitou« mit der Werknummer 58 leistete der Air France von 1960 bis 1980 gute Dienste. Nach der Verschrottung blieb nur das Cockpit übrig. 1994 landete dieses bei den Oldie-Enthusiasten in La Ferté-Alais. Ab 2003 lies man das Objekt auch dort vergammeln … bis Nils Alegren kam. Er erwarb den Rest der »Poitou« und begann Ende 2012 an der Maschine zu arbeiten. Das Innenleben musste komplett neu verkabelt werden. Etwa 15 Prozent der fehlenden oder schadhaften Teile konnten ergänzt werden. Im September 2014 trug Alegren die letzte Farbschicht auf. Im Oktober 2015 zog die frisch glänzende »Poitou« nach Ismaning bei München um, wo man sie zum Simulator vollendete. Drei Projektoren schaffen eine 220-Grad-Flugsicht. Hinterm Cockpit hat man einen Briefing-Raum eingerichtet, um künftige Piloten einzuweisen. Jeder Interessierte darf in der alten »Poitou« Platz nehmen (Infos siehe: www.flycaravelle.com). Stefan Bartmann ■
In beeindruckenden Lichtern zeigt sich das »neue« Caravelle-Cockpit
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I FIESELER STORCH A-97
Schweizer Storch ist wieder flügge! Foto Paweł Zawisza/Aero-Kros
Foto flycaravelle
I SE 210 CARAVELLE-III »POITOU«
Rettete einst Leben und fliegt nun selbst wieder: die Fieseler Storch A-97
m 19. November 2015 wurde der Fieseler Storch A-97 im Verkehrshaus Luzern abgehängt (siehe Flugzeug Classic 2/2016) und zur Renovierung nach Polen gebracht. Nicht einmal ein Jahr später trat der »Storch« zu seinem erneuten Erstflug an. Am 4. November 2016 hob der Pilot Krzystof Galus vom polnischen Luftamt ULC in der vorläufig als SP-YRK registrierten Maschine ab. Der polnische Luftfahrtbetrieb hat in den letzten Monaten mehrere Fieseler Storch für den Schweizer Verein »Freunde des Fieseler Storch« wieder in die Luft gebracht. Deren Grundlage bildeten allerdings die in französischer Lizenz gebauten Morane-Saulnier-Criquet-Zellen. Der jetzt wieder flugtüchtige »A-97« ist einer der beiden originalen Fieseler Storch gewesen, die im November 1946 an der spektakulären Rettungsaktion am Gauligletscher beteiligt waren. Damals konnten alle Insassen einer im Gebirge verunglückten Douglas DC-3 geborgen werden. Das markierte die Geburtsstunde der schweizerischen Rettungsflugwacht. Der historische Hochdecker soll später in der Schweiz unter der neuen Kennung HB-EHJ fliegen. Nach der Abnahme durch das Schweizer Luftamt BAZL wird er in die Schweiz überführt. Es ist bereits der vierte fliegende Storch des Vereins und noch immer nicht das Ende der Produktion. Im Laufe dieses Jahres sollen noch einige weitere folgen! Stefan Schmoll ■
A I DOUGLAS DC 3, XA-RPO
Psychedelic Revival Die psychedelische DC-3 auf dem Huatulco International Airport, Mexiko Foto HWA Collection
uch wenn manche mit den Farben nicht einverstanden sind, sie haben die fast 80 Jahre alte Douglas DC 3, XA-RPO, vor dem sicheren Ende bewahrt. Die derzeit in Mexiko in einer Ecke des Huatulco International Airport ausgestellte XA-RPO begann ihre fliegerische Karriere 1937 bei United Airlines unter dem Namen »State of Ohio«. Später, von 1942 bis 1944, war sie bei der USAAF als C-48B, 4256100, im Einsatz. Nach dem Krieg kehrte sie ins Zivilleben zurück, und zwar bei Haltern wie Tradewinds, Air Mid America, Air New England, Cryerman Air, Century und schließlich bei Aero Libertad in Mexiko. Nach ihrer Außerdienststellung im Jahr 1989 wurde sie einfach abgestellt und vergessen, bis jemand auf die Idee kam, dem Veteranen FLUGZEUG CLASSIC 2/2017 sein derzeitiges »Hippie«-Finish zu verpassen. Roger Soupart ■
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PANORAMA BOEING B 707 Foto Rafael Álvares Cacho
Abschiedsfeier
Feucht-fröhliches »goodbye«: die letzte B 707 der spanischen Luftwaffe wurde in den Ruhestand entlassen Mit der obligatorischen Dusche und einer großen Zeremonie verabschiedete sich die spanische Luftwaffe am 27. September 2016 auf dem Fliegerhorst von Torrejón von ihrer letzten Boeing B 707. Das Flugzeug mit den Kennzeichen 47-03 beziehungsweise T.17-3 (die spanische Luftwaffe bezeichnete die B 707 als T.17) war seit seiner Übernahme im strategischen Lufttransport und als Tanker eingesetzt worden. Dabei hatte es 35 800 Flugstunden absolviert und dabei mehr als 200 000 Personen sowie mehr als 200 Tonnen Fracht befördert. Zudem hatte sich die Maschine bei fast 1000 Luftbetankungen bewährt. Werner Fischbach
Die seltene Curtiss-Wright SNC-1, E-205, Falcon, in uruguayischen Schulflugzeugfarben, ausgestellt im Museo Aeronáutico in Montevideo
I CURTISS-WRIGHT SNC-1, E-205, FALCON
Uruguays erster Falke
JUMO-004-TRIEBWERKE
Foto Peter Schmoll
Sensationsfund
Triebwerk der legendären Me 262 Beim Straßenbau entdeckte eine Bergungsfirma beim Fliegerhorst Neuburg/Donau im Oktober 2016 einen länglichen Körper, den sie stückweise freilegte. Kurz darauf war klar, dass es sich um ein Jumo-004-Triebwerk der Me 262 handelte. Das Turbinenrad, die Zwiebel und der Bereich der Brennkammern waren nach über 70 Jahren noch in einem erstaunlich guten Zustand. Eine Woche später kam eine weitere Jumo 004 ans Tageslicht. Der Fund ist eine Sensation. Junkers fertigte nämlich während des Weltkriegs nur zirka 6000 Exemplare des Triebwerkstyps an und nur wenige überstanden unbeschadet den Krieg. Beide Fundstücke transportierte man zum Fliegerhorst Neuburg. Eine mögliche Restaurierung dürfte nur im Bereich der Brennkammern und dem hinteren Teil machbar sein. Der gesamte Verdichter beider Triebwerke ist derart korrodiert, dass er wohl oder übel als Totalschaden angesehen werden muss. Peter Schmoll
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ach ihrer offiziellen Übergabe am 9. Juli 2016 ist die vollständig restaurierte, seltene Curtiss-Wright SNC-1, E-205, Falcon, jetzt im Museo Aeronáutico in Montevideo, Uruguay, ausgestellt. Zuvor mussten an der Curtiss größere Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden, nachdem sie im Dezember 1997 durch einen Brand schwer beschädigt worden war (siehe Flugzeug Classic 4/16, Seite 9). Die Restaurierungsarbeiten an dem wenig bekannten Schulflugzeug führte die Friends of Aviation Museum Association durch.
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Militärische Luftfahrt begann in Uruguay im Jahr 1913. Die Falcon war das erste Ganzmetallflugzeug, das die Luftwaffe des südamerikanischen Landes einsetzte. Das Militär erhielt 1942 neun Exemplare, die man 1951 endgültig ausmusterte. Diese spezielle Maschine ging am 26. April 1947 »in Rente«. Zuvor fungierte sie noch bei einer militärischen Flugzeugführerschule als Schulflugzeug. Ab jetzt wendet das Restaurierungsteam seine Aufmerksamkeit einer DH. 82 Tiger Moth und einer B-25 Mitchell zu. Dave McDonald ■
I PANAVIA TORNADO GR.1
Tornado im holländischen Baarlo ie 1975 an die Royal Air Force ausgelienach seinem Eintreffen aus Großbritannien D ferte Panavia Tornado GR.1, Bau-Nr. P.03, in Baarlo zu sehen. Diesen dritten Prototyp XX947, befindet sich jetzt in den Niederlandes Tornados, XX947, benutzte man für Truden. Der Schwenkflügler war Ende September
del- und Strömungsabrissversuche sowie für Leistungsprüfungen, bis er für Ausbildungszwecke nach RAF Marham kam. In seinem letzten Einsatz fungierte er vermutlich als Gate Guardian auf dem Zivilflugplatz Shoreham in der Nähe Brightons. Roger Soupart ■ Die Tornado GR.1, XX947, noch immer ohne Tragflächen und Leitwerk, mittlerweile aber in den Niederlanden beheimatet Foto Roger Soupart
Hat sich seinen Traum erfüllt: Eskil Amdal
I LOCKHEED F-104 STARFIGHTER
Wieder in der Luft ach mehr als 30 Jahren ist es wieder soweit: Das dröhnende Fauchen eines Starfighters hallt durch die Fjorde Norwegens. Nachdem die norwegische Luftwaffe die Maschine 1983 ausgemustert hatte, war das das vorzeitige Ende für die F-104 in dem nordi-
schen Land. Doch eine Gruppe von WarbirdIdealisten, die Starfighterens Venner (Freunde des Starfighters), schlossen sich 2003 zusammen, um eines der ausrangierten Flugzeuge wieder flugtüchtig zu machen. Nach 13-jähriger Arbeit gelang ihnen dann der Coup. Am
Fotos (2) Friends of Starfighter
28. September 2016 konnte der Testpilot Eskil Amdal den Jungfernflug mit der F-104 als Doppelsitzer mit der zivilen Kennzeichnung LN-STF absolvieren. Im Anschluss sagte Amdal, dass sich mit dem Flug sein Kindheitstraum erfüllt habe. Alexander Müller ■
Bereits 1940 entdeckten Briten auf der Insel zufällig ein nicht mehr vollständig erhaltenes Skelett. Bei der Untersuchung auf Fidschi hat man damals die Reste als »männlich« identifiziert; sie gingen jedoch verloren. 1998 Earhart und Noonan mit ihrer Electra, bevor sie konnte TIGHAR den im Pazifik verschwanden … damaligen Befund auftreiben und auswerten. Earhart und Noonan waren am 1. Juni 1937 Das Ergebnis bestätigte zumindest, dass das in Miami gestartet, um am Äquator entlang Skelett im Vergleich zu Earhart überdurchden Erdball zu umrunden. Einen Monat spä- schnittlich lange Unterarme aufwies. Die Orter hatten sie das Ziel fast schon in Reichweite, ganisation fand auf der Insel zudem ein Stück als die beiden mit ihrer Lockheed Electra 10E vernietetes Alublech, das man der Lockheed auf Neuguinea zur schwierigen Pazifik-Etap- zuordnete. Der Theorie von TIGHAR zufolge pe nach Howland Island ansetzten: Earhart hätten Earhart und Noonan auf dem Atoll musste 4113 Kilometer präzise fliegen, geleitet ein jämmerliches Ende gefunden und seien von Noonan, der auf antiquierte Weise navi- verdurstet … Kernfrage: Wo ist die Electra gierte. Dabei verfehlten sie ihr winziges Ziel 10E abgeblieben? Eine weitere Expedition im … nach der Theorie von TIGHAR um 600 Ki- Sommer 2017 soll das klären. lometer auf die Pazifikinsel Nikumaroro. Stefan Bartmann ■ picture-alliance/AP Photo
Foto picture-alliance/Glasshouse Images
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Die »Sternenkämpferin« über den Fjorden von Norwegen
I LOCKHEED ELECTRA 10E
Spurensuche ässt sich die tragische Geschichte von Amelia Earhart und Fred Noonan, den beiden gescheiterten Äquatorfliegern des Jahres 1937, doch noch zu Ende erzählen? Die US-Organisation TIGHAR (The International Group for Historic Aircraft Recovery) in Pennsylvania ist dieser Frage womöglich einen Schritt näher gekommen.
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TECHNIK
Messerschmitt Me 262
DIE GROSSE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE
Geburt einer Sie revolutioniert die Militärluftfahrt, steckt voll zukunftsweisender Technik und verhilft der Strahlfliegerei entscheidend zum Durchbruch: die Me 262, der erste einsatzfähige Düsenjäger der Welt. In unserem Auftaktbeitrag einer mehrteiligen Serie schildern wir die ersten Schritte zum späteren »Turbo-Jäger« Von Wolfgang Mühlbauer
Verhilft dem Jagdflugzeugbau zu einem Quantensprung: Messerschmitts Strahljäger Me 262 zieht technisch wie taktisch entscheidende Fortschritte in Militärluftfahrt und Antriebstechnik nach sich. Verständlich, dass vieles in und an der Me 262 bald nach dem Krieg zum Standard moderner Düsenjäger gehört Foto DEHLA
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Legende
Willy Messerschmitt (1898–1978) Foto: Interphoto/picturedesk.com/ÖNB/Weltbild
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bertraubling, 14. Januar 1945. Heinz Lohmann, Einflieger bei der Messerschmitt GmbH Regensburg, fiebert seinem ersten Start mit dem fortschrittlichsten Einsatzflugzeug der Welt entgegen: dem Turbinenjäger Me 262. »Sagenhaftes ging diesem Jäger in der Beschreibung voraus. Die enorme Geschwindigkeit, der Antrieb durch Schubdüsen, ein Dreipunktfahrwerk – dies alles waren umwerfende Neuerungen«, erinnert sich Lohmann Jahrzehnte später. »Für mich ist es So fängt es an: Messerschmitts Vorstellung der Me 262, die anfangs P 1065 heißt Foto Airbus Group Corporate Heritage
bis heute ein unvergessliches Erlebnis, als ich das erste Mal einen Düsenjäger fliegen durfte.« Chefpilot Wendelin Trenkle gibt ihm letzte Anweisungen. »Komm wieder gut herunter«, sagt er noch, bevor er die Kanzel schließt. »Unbeschreibliches Herzklopfen erfasste mich. Ich winkte meinen Kameraden nochmals zu und auf ging’s zur Rollbahn.« Dann ist der schnittige Jäger auf Startposition. »Wie empfohlen, schob ich die Schubhebel langsam nach vorn. Als die Maschine anrollte, gab ich volle Leistung und die Me 262 hob vom Erdboden ab, schwebte ruhig und gewann an Geschwindigkeit und Höhe.« Dann erst folgt das eigentliche Aha-Erlebnis: »Kein Motoren- oder Luftschraubengeräusch war zu vernehmen. Nur ein Säuseln, wie wenn Engel einen schieben, umgab mich. Mit einem Glücksgefühl stieg ich der Sonne entgegen.«
»Ein majestätisches Gefühl« Ein nur kurzer Luxus, denn »leider ließ mir die nüchterne Wirklichkeit nicht viel Zeit, dieses unbekannte, neue Gefühl zu genießen. Flugeigenschaft, Wendigkeit, Steigfähigkeit und Geschwindigkeit, all diese neuen fliegerischen Eindrücke musste ich in mir aufnehmen. (…) Ehe ich mich mit allem vertraut machen konnte, hatte ich schon eine große Strecke zurückgelegt und machte eine Kehrtwendung.« Erneut gerät er ins Schwärmen: »Es war ein majestätisches Gefühl, wie die Me 262 sich in die Kurve legte. Dann sauste ich mit 900 km/h über Dörfer und Wälder hinweg (…), zog wieder steil nach oben und war voller Stolz, dieses schnellste und schönste Flugzeug der Welt fliegen zu dürfen.« FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
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TECHNIK
Messerschmitt Me 262
Robert Lusser, kreativer Chef im Projektbüro Lusser (1899–1969) ist selbst Pilot, entwirft ab 1926 erfolgreich Sportflugzeuge für Klemm und ab 1932 für Heinkel. Ein Jahr später wechselt er nach Augsburg und wird Leiter des Projektbüros. Mit außergewöhnlichem Gespür verleiht er hier unter anderem der Bf 108, Bf 109 und Bf 110 jene unverwechselbare Gestalt, die erst den so durchschlagenden Erfolg möglich macht. Am Entwurf
der Me 262 noch in wesentlichen Grundzügen beteiligt, wechselt Lusser 1939 erneut zu Heinkel. Ab 1942 entwickelt er bei Fieseler die Flugbombe V-1. Nach dem Krieg als Berater für die US Navy tätig, fungiert er zuletzt von 1959 bis 1963 als Technischer Direktor beim Entwicklungsring Süd. I Robert Lusser 1929
Faszinierende Technik: In Fassberg untersuchen britische Spezialisten im Mai 1945 eine intakt erbeutete Me 262 A-2a der 2./KG 51. Heute ist die Maschine im Australian War Memorial in Canberra zu bewundern Foto DEHLA via Stapfer
Foto DEHLA
Woldemar Voigt
Die Me 262 bleibt bis zuletzt ein gefürchteter Gegner. Ihre keineswegs voll ausgereifte Antriebstechnik verlangt jedoch möglichst erfahrene Piloten, von denen es mit fortschreitender Kriegsdauer immer weniger gibt Foto DEHLA
Ohne jeden Zweifel verkörpert der »Turbo«, wie die Me 262 bei der Truppe heißt, zukunftsweisende Hochtechnologie: zum einen ihre Konzeption an sich, zum anderen der neuartige Strahlantrieb, der parallel zum Flugzeug gleichermaßen mit entwickelt und zur Serienreife gebracht wird. Leistung wie Kampfkraft der »262« flößen bis zuletzt Respekt ein. Verständlich, dass sie zu den begehrtesten Trophäen der Sieger zählt. Noch inten-
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siver sind diese freilich hinter all den elementaren oder weiterführenden Forschungs- und Erprobungsresultaten her, die ihre Gesamtentwicklung in Gang gesetzt hat. Beim Einkassieren technisch-wissenschaftlicher Beute sind die Amerikaner besonders gewieft. Sie behalten nicht nur die Sahnestücke für sich, sondern setzen bald auch das fremde Knowhow gewinnbringend für ihre eigene militärische Luftfahrtentwicklung um.
Voigt (1907–1980) arbeitet zunächst bei Klemm und Siebel als Projektingenieur, ehe er 1932 nach Augsburg zum späteren Messerschmitt-Konzern wechselt. Als Lussers Nachfolger leiWoldemar Voigt tet er ab Februar 1943/44 Foto Airbus Group 1939 das ProjektCorporate Heritage büro, wo er unter anderem für den endgültigen Entwurf der Me 262 verantwortlich ist. Bei Kriegsende wird er im Rahmen der »Operation Paperclip« von US-Truppen als Wissenschaftler rekrutiert. Bis zu seinem Tode I verbleibt er in den USA.
Die Kehrseiten der Medaille geraten dabei nur allzu gerne in Vergessenheit. Der hohe Blutzoll zum Beispiel, den die zum Teil keineswegs vollständig ausgereifte Technik in Verbindung mit mangelnder Ausbildung bei der deutschen Luftwaffe gefordert hat. Und in ganz besonderem Maße die wenigstens 15 000 Todesopfer in dem meist rundweg menschenverachtenden Produktionsumfeld der Me 262!
reits vier Jahre früher Professor Adolf Busemann aufmerksam gemacht hat. Seinerzeit hält er auf einem Fachkongress einen Vortrag über den Pfeilflügel als Mittel zur Widerstandsreduzierung. Vom Kernthema schon zukunftsweisend genug, kommt darin klar zum Ausdruck, dass schallnahe oder gar Überschallgeschwindigkeiten mit dem Kolbenmotor unerreichbar sind.
Gut geschätzt
Me 262 V1 mit Kolbenmotor Jumo 210 G. Sie ist der erste Prototyp des Flugzeugs – der zentral im Bug eingebaute Jumo-Motor ist jedoch ein Kompromiss Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus
Davon aber kann im Augsburger Entwicklungsbüro der Messerschmitt AG niemand etwas ahnen, als hier am 1. April 1939 die offiziellen Entwurfsarbeiten am Projekt P 1065 (oft nur als P 65 bezeichnet) beginnen. Vom neuartigen Turbinen-Luftstrahl-Antrieb (TL) hat man dort erstmals zwei Jahre zuvor gehört. Mittlerweile ist die Wirksamkeitsgrenze des Propellerantriebs ohnehin ersichtlich: sie liegt bei 800 km/h. Ein Umstand, auf den beFLUGZEUG CLASSIC 2/2017
AVA-Zeichnung Gesamtmodell P 65
Eine Erkenntnis, die er nicht alleine teilt. So finden zum Beispiel an der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) ab 1936 rechnerische Studien zu Sondertriebwerken statt. Entscheidend daran beteiligt: Helmut Schelp, der im folgenden Jahr dem Technischen Amt des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) beitritt. Dort kann er dann zusammen mit Hans Mauch, dem Referenten für Sondertriebwer-
Foto Airbus Group Corporate Heritage
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TECHNIK
Messerschmitt Me 262
Ein dreieckiger Rumpfquerschnitt – unbeabsichtigt fast eine Blaupause für die heutzutage gefragte bionische Formgebung – erhält schließlich den Vorzug gegenüber der ursprünglich geplanten ovalen Gestaltung Foto Airbus Group Corporate Heritage
Wenngleich nur für ein Windkanalmodell, zeichnet sich hier dennoch deutlich der komplizierte Aufbau des Flügelholms mitsamt den Gondelringen zum Einbau der Triebwerke ab Foto Airbus Group Corporate Heritage
Ende 1938 erteilt das RLM formell einen zugehörigen Entwicklungsauftrag – mit der Empfehlung, sich beim Triebwerk an BMW zu halten und einen »Süddeutschen Entwicklungsschwerpunkt« zu bilden. Am 4. Januar 1939 gibt das Technische Amt die sehr allgemein gehaltenen Vorläufigen technischen Richtlinien für schnelle Jagdflugzeuge mit Strahltriebwerk heraus. Zu den zentralen Forderungen gehören 900 km/h Höchstgeschwindigkeit. Außerdem soll die Maschine von »einfachster und billigster Konstruktion« sein. Einige Wochen danach erhöht das RLM seine Forderung für die Schubleistung des TL-Aggregats auf 600 Kilopond.
Risikolos und gutartig?
Im Windkanal testet man immer wieder die Unterbringung der TL-Aggregate in Gondeln wie hier mit einem frühen Modell der P 1065 mit trapezförmigen Tragflächen Foto Airbus Group Corporate Heritage
ke, bis Anfang Herbst 1938 ein amtliches TLEntwicklungsprogramm einleiten. Nur kurze Zeit später folgt eine geheime Konferenz am Institut für Triebwerkentwicklung der TH Stuttgart, auf der führende Vertreter der Zellenindustrie erstmals offiziell über die TLEntwicklung informiert werden. Mit dabei: Robert Lusser, Leiter des Projektbüros (Probü) in Augsburg. Unmittelbar darauf, im Oktober 1938, startet er in Rücksprache mit Willy Messerschmitt die ersten Machbarkeitsstudien für ein passendes Flugzeug. Jahrzehnte später erinnert er sich unter
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anderem daran, dass für jene Vorstudien nur äußerst vage, rein mündliche Angaben über Leistung und Raumbedarf der Triebwerke verfügbar sind. Es gilt darum erst einmal grundlegend zu prüfen, ob die ein- oder zweistrahlige Auslegung zu bevorzugen ist. Ausgehend von 30 Minuten Flugdauer und einer Höchstgeschwindigkeit von 850 km/h, ermittelt man im Projektbüro einen Schubbedarf von rund 615 Kilopond für das geplante Jagdflugzeug. Es mit je zwei 315-KilopondGasturbinen auszurüsten, erscheint den Verantwortlichen am vernünftigsten.
Lusser will ein »solides« Experimentalflugzeug, wie er sich ausdrückt – möglichst risikolos und sicher beherrschbar mit gutartigen Flugeigenschaften. Entsprechend sieht seine Formgebung aus: geringe Flügelstreckung, mittelstarke NACA-Profile, die Triebwerke in den Flächen eingebaut, wobei der Holm oben und unten um das Antriebsaggregat herumgezogen sowie das Fahrwerk im Außenflügel gelagert ist. Vorschläge aus der Entwurfsgruppe, die Tragfläche dünner, mit Pfeilung und Laminarprofil zu gestalten, lehnt Lusser – wie angeblich auch Willy Messerschmitt – ab. Lussers weiterer Einfluss auf die spätere Me 262 währt indessen nicht mehr lange: Im Februar 1939 kehrt er dem Konzern den Rücken. Seinen Platz, und die Verantwortung für alle weiteren Entwurfsarbeiten, nimmt sein Stellvertreter Woldemar Voigt ein. »Der Leiter des Projekts (…) haftete persönlich für die
Ludwig Bölkow Bölkow (1912– 2003) tritt 1939 als Aerodynamiker ins Projektbüro der Messerschmitt AG ein. Hier fungiert er als Hauptgruppenleiter für HochgeschwindigkeitsAerodynamik; seiLudwig Bölkow ne Beiträge zur 1943 Foto Airbus Group Me 262 umfasCorporate Heritage sen nach eigenen Worten »Flügel- und Rumpfprofile sowie Leitwerklagen und Ähnliches«. Danach bringt er unter anderem die Bf 109K auf den Weg. Nach dem Krieg mit großem Geschick als Unternehmer tätig, gehört er 1969 schließlich zu den Gründern der Messerschmitt-Bölkow-Blohm I GmbH (MBB).
Richtigkeit sowie die rechtzeitige Durchführung der gefassten Beschlüsse und Entscheidungen«, erinnert er sich mehr als 35 Jahre danach. Und er weiß nur zu gut, »dass die Versuche mit diesem grundlegend neuen Flugzeug eigentlich erst dann stattfinden, wenn es mit einem Piloten an Bord abhebt«. Obwohl das RLM den Triebwerkschub jetzt höher angesetzt hat, bleibt es beim zweistrahligen Konzept. Wenngleich, so Vogt, »wir am Ende mit einer Konstruktion rechnen mussten, die in hohem Maße überdimensioniert war und übermäßig viel Leistung entwickel-
Die gepfeilten Außenflügel der P 1065 sind an sich eine Notlösung, um den wachsenden Problemen mit der Schwerpunktlage aus dem Weg zu gehen Foto Airbus Group Corporate Heritage
Antrieb vorerst nur sehr grobe Angaben liefern: 600 Kilopond geplanter Standschub und maximal 60 Zentimeter Durchmesser. Voigt und seine Mannen müssen folglich bloß mit Schätzwerten hantieren, die sich zum Beispiel für Abmessungen oder Gewichte rechnerisch, also rein theoretisch, in Abhängigkeit vom Schub ermitteln lassen. Noch spärlicher sind die vorhandenen Daten zur Hochgeschwindigkeits-Aerodynamik. Damals existiert in Deutschland nur ein spezieller Windkanal, und zwar bei der AVA (Aerodynamische Versuchsanstalt) in Göttingen, der schallnahe Ge-
Mit dem Strahljäger begibt man sich technisch wie aerodynamisch auf Neuland. te. Obwohl wir später herausfinden sollten, dass sich dieser Leistungsüberschuss nutzbringend in größere Einsatzfähigkeit umsetzen ließ« – nicht unwesentlich für das Entwicklungspotenzial der späteren Me 262. Mit dem Strahljäger begibt man sich in Augsburg technisch wie aerodynamisch auf Neuland. BMW kann für den vorgesehenen
schwindigkeiten zulässt. Sein Durchmesser ist jedoch gering; lediglich Tragflächen von etwa einem Zoll Spannweite und einem Drittel Zoll Flügelsehne können dort vermessen werden. Entsprechend skeptisch sieht man die Ergebnisse. Erfreulicherweise kommt unabsichtliche Schützenhilfe aus den USA: im NACA (National Advisory Committee for
Riclef Schomerus, führender Spezialist für Aerodynamik Schomerus (1909–1945) kommt 1933 ins Projektbüro zu Messerschmitt, um dort die Abteilung Aerodynamik zu leiten. Er genießt einen ausgezeichneten Ruf auf seinem Spezialgebiet und nimmt maßgeblichen Einfluss auf den Entwurf des »Turbo«. Anfang 1945 wird er
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zuständig für die Lizenzbetreuung von Me 163 und Me 262. In diesem Zusammenhang kommt er auf der Fahrt nach Japan bei der Versenkung des U-Bootes U 864 I im Februar ums Leben. Riclef Schomerus Anfang 1945 Foto Airbus Group Corporate Heritage
Aeronautics) Report Nr. 492 finden sich umfangreiche Vermessungsergebnisse für bestimmte Tragflügelprofile im Hochgeschwindigkeitsbereich. Amerikanische wie deutsche Daten zeigen hohe Übereinstimmung. So kann die Projektmannschaft anhand jener Grundlagen eine Reihe von Momenten-, Auftriebs- und Widerstandskurven mithilfe purer Schätzwerte ermitteln. Ein spärliches, grundsätzlich aber richtiges theoretisches Fundament für die nachfolgende Entwicklung des Strahljägers P 1065.
Oval oder dreieckig? Zu den maßgeblichen Köpfen in Voigts Entwurfsgruppe zählen unter anderem Hans Hornung, der Leiter der Abteilung Vorentwurf. Ihm zur Seite stehen Wolfgang Degel und dessen rechte Hand Karl Althoff sowie Rudolf Seitz, der später die Hochgeschwindigkeitsentwicklung übernehmen wird. Für Aerodynamik und Flugmechanik zeichnet Riclef Schomerus verantwortlich, ausschlaggebende Mitarbeiter seiner Abteilung sind Walter Eisenmann (Flugstabilität), Hans-Joachim Puffert (Windkanalversuche) sowie Ludwig Bölkow (Hochgeschwindigkeits-Flügelprofile). Kurt Frey (Leistungsrechnung) und Wilhelm Geduldig kümmern sich dagegen um Antriebsfragen. Bewaffnungsangelegenheiten stehen unter der Leitung von Friedrich Schwarz. Willy Messerschmitt, der viel eher im Vorstand zu tun hat, mischt natürlich auch rege mit. Am 7. Juni 1939 liegt dem Reichsluftfahrtministerium das erste Projektangebot für die P 1065 vor. Der zweistrahlige Entwurf hat einen ovalen Rumpfquerschnitt, ein Spornradfahrwerk und einen Trapezflügel. Rechne-
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Messerschmitt Me 262 beim Ein- und Ausfahren um 50 Grad nach vorne beziehungsweise nach hinten schwenken. Degel, Seitz und besonders Althoff plädieren dagegen für einen dreieckigen Rumpfquerschnitt. Er ist aerodynamisch wie statisch günstiger und vereinfacht Einbau und Betätigung der Fahrwerke erheblich. Messerschmitt gibt schließlich nach. Dadurch, dass die Hauptfahrwerkräder fortan im relativ ausladenden Dreiecksrumpf liegen, lässt sich die Tragfläche verhältnismäßig dünn, leicht und somit schnell halten. Um deren Profil endgültig festzulegen, laufen bis ins Jahr 1941 hinein aerodynamische Messungen bei der AVA. Bölkow ermittelt und entwirft in diesem Zusammenhang ein später gängiges Hochgeschwindigkeitsprofil, 009-E4 genannt. Zudem ersinnt er statt üblicher Vorflügel eine sogenannte »Kippnase« oder Nasenklappe, was den Flügel nochmals dünner macht. Zwar kommt nichts von beidem bei der Me 262 zum Tragen, wohl aber nach dem Krieg bei zahlreichen anderen Flugzeugen.
Reiner Zufall Hängende Antriebsgondeln sind am Ende die beste Möglichkeit, die Triebwerke unterzubringen. Das verhilft der Me 262 wesentlich zu ihrer ausgesprochen sauberen aerodynamischen Form Foto DEHLA
risch liegt die höchste Geschwindigkeit bei 950 km/h. Als Maximalschub der Triebwerke, die in die Tragflächen integriert sind, werden 600 Kilopond angenommen. Besonders das Spornrad fällt auf, ist man sich der Vorteile eines Bugfahrwerks doch rundum bewusst – bloß verlangt dessen Einbau zu viel Platz im schmalen Rumpf. Die Suche nach dem besten Rumpfquerschnitt hat
deshalb Vorrang. Messerschmitt selbst favorisiert dafür nach wie vor die möglichst widerstandsarme ovale Form. Größtes Problem dabei: die Räder der Hauptfahrwerke sind breiter als die Flügel; eingefahren ragen sie darum über den oberen Tragflächenrand hinaus und müssen zwangsweise im schmalen ovalen Rumpfbereich untergebracht werden. Das geht nur, wenn die Hauptfahrwerkbeine
Antrieb mit Anlaufschwierigkeiten: BMW P.3302 und P.3304
Beide Fotos BMW
Für die P 1065 sind zueingestellt wird. Die nächst TL-Triebwerke ersten Versuchsläufe axialer Bauart von BMW mit dem P.3302 gelinvorgesehen, die man im gen nicht vor Februar Auftrag des RLM entwi1941; Gewicht und ckelt. Erste UntersuGröße wachsen stänchungen laufen ab dig. Bis Sommer 1942 1938 sowohl hier wie steht fest, dass die bei den Brandenburgibisherigen Versuchsschen Motorenwerken geräte die geforderte Komponenten-Versuchsanlage für (BRAMO). Nach der FuSchubleistung von 600 das BMW P.3302 sion mit BMW im Jahr Kilopond ohne kon1939 wird aus beiden struktive Neuauslegung Projekten das P.3302, nicht erreichen. Zum ein TL-Aggregat mit Jahresende stehen Ringbrennkammer, Axialschließlich passend verdichter und Axialturmodifizierte Nachfolger bine. Parallel dazu arbereit, die bald die zwibeitet BMW zusammen schenzeitlich vom RLM mit dem Erfinder HellFrühes BMW P.3302 Versuchsaggregat verlangten 800 Kilomut Weinrich am P.3304 pond Höchstschub ermit gegenläufiger Verdichterbeschaufelung, bringen und den Weg zum späteren SerienI dessen komplizierte Entwicklung aber 1942 triebwerk BMW 003 ebnen.
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Am 9. November 1939 erhält das RLM das überarbeitete Projektangebot I; zehn Tage später findet in Augsburg die allererste offizielle Besichtigung der Sicht- und Führerraumattrappe statt. Der Auftrag zum Bau dreier Versuchsmuster und einer Bruchzelle folgt am 1. März 1940. Am selben Tag wird die Ausrüstung für die P 1065 V1 festgelegt. Vorgesehen sind Sturzflugbremsen, geschützte Treibstoffbehälter, ein Bremsschirm, eine Druckkabine ohne druckfesten Aufsatz und ein Heinkel-Katapultsitz. Währenddessen ergeben sich bei der Definition der Prototypen markante Änderungen: Gewicht und Ausmaße der BMW-Triebwerke fallen weit höher aus, als zuvor selbst bei den ungünstigsten Annahmen zu befürchten war. Womit sich große Probleme für den geplanten Schwerpunkt der P 1065 ergeben. Da die Entwicklung des Flugzeuges aber schon zu fortgeschritten ist, führt man quasi als Notlösung den gepfeilten Außenflügel ein, um der Schwerpunktlage wieder Herr zu werden. »So war es reiner Zufall, dass die Me 262 der erste einsatzfähige Düsenjäger der Welt mit gepfeilten Flächen wurde«, meint Voigt. Wie er selbst weiter zugesteht, hat zum damaligen Zeitpunkt noch niemand im Probü die eigentlichen Vorzüge des Pfeilflügels für den vorgesehenen Geschwindigkeitsbereich voll erkannt.
Wohin mit den Triebwerken? Den abgeänderten Entwurf reicht man am 15. Mai 1940 als Projektangebot II ein. Womit das Ende der Fahnenstange keineswegs erreicht ist, wie Voigt zu berichten weiß: »Wir waren nie ganz glücklich mit der Anordnung des Triebwerks in der Mitte des Flügels. Von
Anfang an war klar, dass das Triebwerkgerüst recht schwer und teuer wäre. Die ständig wachsenden Schätzungen für Größe und Gewicht des Triebwerks ließen schließlich einen so großen Gondeldurchmesser erwarten, dass das Projekt 1065 aerodynamisch kaum noch so günstig aussah wie gedacht.« Nach eingehenden Windkanalversuchen im Juni/Juli 1940 legen sich Voigt und sein Team letztendlich folgendermaßen fest: »Unten angesetzte Tragflügel mit Pfeilung und hängende Triebwerkgondeln. Bei dieser Konfiguration blieb die Oberseite der Tragflächen völlig ungestört durch die Antriebsgondeln, während die Tragflächenunterseite aerodynamisch völlig klar unter dem Rumpf verlief.« Obendrein sitzt so der Rumpf auf dem Tragflächenmittelstück, ist damit angehoben und sorgt dafür, dass der Abstand zwischen beiden Gondeln groß genug ausfällt, um störende Wechselwirkungen signifikant zu mindern.
Kolbenmotor statt »TL« Das RLM erhält die adäquat ergänzte Projektübergabe III am 1. November 1940, zugleich Grundlage für den Bau der ersten Versuchsflugzeuge. Im Februar 1941 wird aus P 1065 dann das amtliche Baumuster 8-262. Dessen erstes Exemplar, die Me 262 V1, nimmt bis März zügig Gestalt an. Dafür hinkt die parallel laufende Entwicklung der BMW-Strahltriebwerke stark hinterher. Der anvisierte Standschub von 600 Kilopond ist noch in weiter Ferne. Junkers, wo ebenso an einem TL-Aggregat gearbeitet wird, welches mittlerweile als Alternative für die »262« infrage kommt, kämpft gleichfalls mit erheblichen Schwierigkeiten. Mit flugklaren Strahltriebwerken ist auf absehbare Zeit also nicht zu rechnen – ein Graus für die Augsburger, die ihren ersten Prototypen möglichst bald in der Luft sehen wollen. Die Idee, ihm zwei Walter-Flüssigkeitsraketen mit je 750 Kilopond Schub unter die Flächen zu hängen, verwirft man indes wieder. Theoretisch scheint damit eine Höchstgeschwindigkeit von 690 km/h möglich, doch ist die Brenndauer mit sieben Minuten einfach zu kurz. Um wenigstens Vorversuche durchfühFLUGZEUG CLASSIC 2/2017
ren zu können, schlägt Messerschmitt selbst einen anderen Kompromiss vor: den Einbau eines 730-PS-Jumo-210-G-Kolbenmotors im Bug der Maschine. So ließen sich die Flugeigenschaften vorab eingeschränkt testen. Die Düsentriebwerke sind später leicht zusätzlich einzurüsten. Außerdem kann mithilfe des Kolbenmotors der Totalverlust der Maschine verhindert werden, falls die TL-Aggregate ausfallen – gar nicht abwegig beim damaligen Stand der Technik. Die Projektübergabe III wird folglich schrittweise passend erweitert. So hebt die Me 262 V1 am Abend des 18. April 1941 um 19:35 Uhr lediglich an ihrem Propeller hängend in Augsburg-Haunstetten erstmals ab. Im Führersitz: Flugkapitän Fritz
Resultat jahrelanger Entwicklung: die Serienmaschine Me 262 A-1a, die Mitte 1944 im Erprobungskommando 262 fliegt Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus
Wendel, einer der erfahrensten Werkpiloten bei Messerschmitt. Der Flug verläuft störungsfrei. Zu welchem Urteil Wendel nach der Landung gelangt, erfahren Sie in einer kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. I
Quellen (Auswahl): Lohmann, H.: Mein letzter Start mit dem Strahljäger Me 262. Selbstverlag, o. Jg. Voigt, W.: Gestation of the Swallow. In: Air International, März 1976
Projektdaten – Messerschmitt P 1065 (Juni 1939) Länge Höhe Spannweite Tragflügelfläche Antrieb Max. Fluggewicht Höchstgeschwindigkeit Bewaffnung Besatzung
8,30 m 2,80 m 9,40 m 18,00 m² zwei BMW-Turbinen-Luftstrahl-Aggregate mit je 600 kp Nennschub 4321 kg 840 km/h in 3000 m (100 Prozent Leistung) 950 km/h in 3000 m (130 Prozent Luftkampfleistung) zwei 15-mm-MG 151 ein Mann
Fortschritt mit Rückschritt: Um wenigstens grundlegende Flugversuche mit der Zelle durchzuführen, erhält die Me 262 V1 zunächst einen Jumo-210-G-Kolbenmotor. So kann sie am 18. April 1941 zum Erstflug starten Foto DEHLA
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
PATROL BOMBER FÜR DIE US NAVY
Auf Patrouille und U-Boot-Jagd Seeraumüberwachung ist Kernaufgabe der Marineflieger. Fehlt dafür jedoch das richtige Fluggerät, sehen sie ziemlich alt aus. So wie 1942 die US Navy, die sich B-24-Bomber von der Army holen muss Von Wolfgang Mühlbauer
Weckt mit hoher Kampfkraft und großer Reichweite Begehrlichkeiten bei der US Navy: die Consolidated B-24 Liberator. Der strategische Bomber macht sich auch hervorragend als U-Boot-Jäger, den die US-Marineflieger gerne als PB4Y-1Patrouillenbomber nutzen. Im Bild eine Maschine der VB-103, aufgenommen 1943 auf dem Flug Richtung Biskaya. Am 12. November des Jahres versenkt sie dort U-508, kehrt jedoch vom Einsatz nicht zurück
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chon lange vor dem Zweiten Weltkrieg gilt ein Hauptaugenmerk US-amerikanischer Außen- und Militärpolitik dem Pazifik. Entsprechend sehen die Beschaffungsprogramme der US Navy (USN) aus, was sich zwangsweise in ihrem Flugzeugpark widerspiegelt. Ab Anfang der 1930er-Jahre genießt hier das mehrzwecktaugliche Langstreckenflugboot viel Aufmerksamkeit; in erster Linie zur weitläufigen Seeüberwachung wie für die militärische Versorgung über große Distanzen. Der treffende Name für das Kind: Patrol Bomber (PB).
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Als in Europa der Zweite Weltkrieg beginnt, verwendet die USN hauptsächlich das gutmütige, mäßig bewaffnete und recht langsame Flugboot PBY Catalina. Dazu hat man zwar die modernere Martin PBM Mariner auf den Weg gebracht, doch ihre Indienstellung klappt erst allmählich im Sommer 1941. Rätselhaft bleibt, weshalb man die bis dahin gut zweijährige Phase als neutraler Beobachter des Krieges im Atlantik ungenutzt verstreichen lässt. Statt daraus zu lernen und die technische Ausstattung der Marineflieger mehr den tatsächlichen Erfordernissen anzu-
passen – besonders im Hinblick auf die UBoot-Gefahr. Schließlich zeigen doch die Briten mit ihrem Coastal Command, wo es in Zukunft langgeht: weg vom Wasserflugzeug, hin zum landgestützten Bomber. Doch die Navy hält am Langstreckenflugboot fest. 1940 gibt sie Entwicklung und Bau der Boeing PBB-1 Sea Ranger frei, dem seinerzeit größten zweimotorigen Flugzeug der Welt. Dann, am 7. Dezember 1941, stehen die USA mit einem Mal selbst im Krieg. Wenige Tage danach weiten deutsche U-Boote ihre Angriffe auf die Ostküste aus. Die US-Marine
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
Die ersten PB4Y-1 unterscheiden sich nicht von normalen B-24D-Bombern, sie tragen lediglich geänderte Seriennummern am Leitwerk. So wie bei dieser B-24D-7-CO, die als eines der ersten Flugzeuge an die Navy übergeben wird
Mehr als 280 Liberator der Baureihe D übernimmt die USN ab September 1942. Viele behalten ihre ursprüngliche Bugkanzel bei. Der Kugelturm im Unterrumpf weicht dagegen oft einem ausfahrbaren Radom
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hat dort viel zu wenig passendes Fluggerät, um wirksam dagegenzuhalten. Die überwiegende Mehrzahl der PBY-Flugboote liegt im Pazifik, wo zu allem Überfluss mehr als die Hälfte davon gleicht in der ersten Kriegswoche verloren geht. Annähernd flächendeckende Seeraumüberwachung entlang der Ostküste ist so kaum möglich. Bleibt nur, vorerst mit den Erzrivalen von der Army zu kooperieren. Die viel zu wenige PBY fliegen meist nicht weiter als 185 Kilometer auf den Atlantik hinaus – weiter lässt sich ihr Suchradius kaum sinnvoll ausdehnen. Al-
Das Abkommen steht am 7. Juli 1942, der ersehnte Zugriff auf die B-24 als Patrol Bomber ist frei. Zwar übernimmt die US-Marine auch eine Anzahl Lockheed Ventura und North American B-25 für diesen Zweck. Doch bleibt die Liberator mit ihrer eindrucksvollen Reichweite und Kampfkraft uneingeschränkter Favorit. Bereits im folgenden Monat erhalten die Marineflieger ihre ersten B-24D – in NavyDiensten PB4Y-1 genannt. Gefertigt werden alle Maschinen in San Diego, wo man sie nach und nach aus folgenden Baulosen der CO-Rei-
Als Patrol Bomber eignen sich landgestützte viermotorige Kampfflugzeuge am besten. les, was darüber hinaus reicht, übernehmen die Heeresluftstreitkräfte. Bis zum März 1942 steht obendrein fest, dass die ursprünglich nur auf wenige Monate anberaumte Zusammenarbeit deutlich länger dauern wird. Es scheint deshalb angeraten, für die U-Boot-Bekämpfung und Seefernaufklärung ein eigenes Oberkommando einzurichten. Nach monatelangem Hickhack mit der Admiralität kann das Army Air Forces (AAF) Antisubmarine Command im Oktober seine Arbeit aufnehmen. Die US-Marine hat zwischenzeitlich endgültig erkannt, dass sich für die Rolle des Patrol Bomber landgestützte zwei- und viermotorige Kampfflugzeuge am besten eignen. Ergo wünscht sie raschen Zugriff auf passende Typen, die aktuell in Produktion stehen. Am liebsten auf die B-24 Liberator, die sowohl USAAF wie das RAF Coastal Command mit großem Erfolg zur Seeraumüberwachung einsetzen.
he (CO ist das Werkkürzel für San Diego) abzwackt: D-7, D-13, D-15 bis D-45, D-53, D-55 bis D-145, D-165 sowie D-170. Anfangs ändern sich lediglich die Beschaffungsnummern am Leitwerk. Schon bald aber wird die Ausrüstung bei der Navy stärker angepasst; viele der Flugzeuge erhalten Oberflächen-Suchradar eingebaut. All die zuvor angeführten Neubau-
Consolidated PB4Y-1 Liberator, 32032, Herbst 1943. Die »Calvert & Coke« geht im VB-103 vom RAF Dunkeswell aus gegen U-Boote vor Zeichnung Juanita Franzi
ten werden mit der üblichen »Glasnase« ausgeliefert. Ein Teil davon steht später auch so im Fronteinsatz. Mehrheitlich jedoch lässt die Marine nachträglich einen Kugelturm ERCOSH-2/2A, hergestellt bei der Engineering and Research Company, im Bug einrüsten. Jenen offenbar insgesamt 282 B-24D schließen sich 368 Stück der Baureihe J an, ähnlich wie zuvor auf folgende CO-Baulose verteilt: J-5, J-10, J-20, J-40, J-60, J-75, J-90 bis J-100, J-115 bis J-125 sowie J-135 bis J-210. Danach geht das Spiel mit weiteren 186 beziehungsweise 140 Exemplaren aus den CO-Baulosen L-1 bis L-20 sowie M-5 bis M-20 weiter. Das letzte Flugzeug liefert man im Januar 1945 ab. Nicht unerwähnt bleiben soll die einzige B-24G-10 für die US-Marine; sie dient aber nur zur Erprobung. Die Bezeichnung PB4Y-1 bleibt im Übrigen für alle Liberator Patrol Bomber gleich, egal, welcher Baureihe sie entstammen.
Tauschhandel Doch so mir nichts, dir nichts will die Army keinen einzigen dieser schweren Bomber abgeben. Allerdings sucht sie händeringend nach mehr Herstellungskapazität für die Boeing B-29 – und genau da setzt die Marine nun den Hebel an. Bisher hält sie nämlich ihre Hand auf das Boeing-Werk in Renton, eigens eingerichtet zum Serienbau der Sea Ranger, auf die man mittlerweile gut verzichten kann. Folgender Deal bietet sich deshalb an: Man überlässt der Army Renton und erhält im Gegenzug einen Anteil ihrer Bomber-Lieferungen. FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Bei zahlreichen PB4Y-1 nachträglich eingerüstet: ein ERCO-SH-2/2A Ball Turret im Bug. Der markante Kugelturm hilft dabei, die gegnerische Schiffsflak niederzuhalten Foto USAF
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
Gestrichen: Boeing PBB-1 Sea Ranger Die PBB-1 wird 1940 als Patrouillenflugboot zur weitläufigen Seeraumüberwachung, U-Boot-Bekämpfung und Seenotrettung konzipiert. Den Bauauftrag über 57 Stück zieht die USN aber Mitte 1942 im Austausch gegen den Liberator-Patrol-Bomber zurück. Es bleibt bei einem Prototyp, bald »Lone Ranger« genannt, der am 5. Juli 1942 erstmals fliegt. Er dient bis 1947 als Erprobungsträger, ehe er verschrottet wird. Die XPBB-1 ist zugleich die letzte Flugbootkonstruktion von Boeing
Sämtliche J-, L- und M-Maschinen der Navy verlassen das Werk mit den jeweilig aktuellen Verbesserungen, darunter zum Beispiel mit geschlossenen Seitenständen. Ihre Waffentürme entsprechen gleichermaßen dem gerade gängigen Auslieferungsstandard: ein Corsair A-6A/B im Heck, ein Martin A-3 am Rumpfrücken und ein Sperry-Kugelturm im Unterrumpf. Je nach Baulos kommt entweder ein weiterer A-6A/B- oder ein Emerson-A-15Drehturm im Bug hinzu – wobei der nachträgliche Austausch gegen den ERCO SH-2/2A häufig vorkommt. Sofern Radarausrüstung anstelle des Sperry-Kugelturms eingebaut wird, geschieht dies ebenfalls lange Zeit im Nachhinein.
Augen auf!
Die Sea Ranger gilt seinerzeit als größtes zweimotoriges Flugzeug der Welt
Wie schlägt sich die PB4Y-1 nun im Einsatz? Eigentlich ist die B-24 ein hochfliegender Fernbomber, der klar vordefinierte Flächenziele bekämpft. Im engen Formationsflug gibt man sich gegenseitig Deckung. Bei der Navy sind die Maschinen dagegen in vielen Fällen ganz alleine auf Patrouille, oft nicht höher als 2000 Meter. Es gilt hier Ausschau zu halten nach allem, was verdächtig erscheint, und bei Bedarf anzugreifen. Das ist besonders im Südwestpazifik nicht ganz einfach. Denn die Japaner transportieren Nachschub gleichermaßen wie die Einheimischen gern mit kleineren Booten jeglicher Bauart. Da bleibt nur: nahe heranfliegen und ganz genau hinschauen, bevor man zuschlägt. Einzig echter Schwachpunkt der Liberator-Patrol-Bomber sind die für den Tiefflug völlig nutzlosen Turbolader, deren Gewicht sie umsonst mitschleppen; wie gesagt ist Höhenleistung bei der PB4Y-1 nie gefragt. Die ersten Maschinen treffen im September 1942 beim Navy Transitional Training Squadron (Pacific) ein. Sie dienen dort dazu, die ersten Besatzungen umzuschulen. Die ersten Einsatzverbände, denen man die PB4Y-1 praktisch zur gleichen Zeit zuteilt, sind VP-51 (später VB-101) auf Hawaii sowie die Aufklärungsstaffel VMD-254 vom US Marine Corps (USMC). Letztere zieht auch als erste in den Kampf, ab 19. Oktober 1942 zunächst von Espritio Santo, wenig später dann von Guadalcanal aus.
Angreifen, wo immer möglich
Rechnerisch lässt sich die Flugdauer der PBB-1 auf 72 Stunden Fotos (3) Boeing ausdehnen
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Ihre eigentliche Feuertaufe erhält die PB4Y-1 am 13. Februar 1943, als die inzwischen gleichfalls nach Guadalcanal verlegte VB-101 vor Bougainville japanische Transportschiffe erfolgreich bombardiert. Doch neben der Jagd auf Schiffe werden bald auch Hafenanlagen oder küstennahe Flugfelder regelmäßig aufs Korn genommen. Ebenso werden Fotoaufklärung, Suchflüge sowie vereinzelt elektronische Störattacken zur Routine – meist
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TECHNIK
Consolidated B-24 Liberator
»Thunder Mug«, eine PB4Y-1 der VB-109, fliegt unter anderem mit einer zweiten Maschine am 14. Juli 1944 von Saipan aus den ersten Angriff landgestützter Flugzeuge auf Iwo Jima
Länge Höhe Spannweite Tragflügelfläche Antrieb Maximale Startmasse Höchstgeschwindigkeit Reichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung Besatzung
20,50 m 5,46 m 33,53 m 97,36 m² 4 Pratt & Whittney R-1830-43 oder R-1830-65 14-Zylinder-Sternmotoren mit je 1200 PS Startleistung 27 216 kg 449 km/h in 8077 m 4764 km 9693 m acht 12,7-mm-MG bis zu 5806 kg Abwurflast 11 Mann
verbunden mit dem Beharken von Gelegenheitszielen, ganz egal, ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft. Manch Patrol Plane Commander führt dabei fast schon seinen ganz eigenen Krieg. Ein bekanntes Paradebeispiel ist Norman »Bus« Miller von der VB-109, der mit seiner »Thunder Mug« getauften Maschine unter anderem siebenmal im Alleingang den japanischen Flottenstützpunkt in der Truk Lagune angreift. 20 versenkte Schiffe gehen bis Kriegsende auf sein Konto. Insgesamt nehmen 19 Liberator-Ver-
bände der USN und des USMC, sieben davon mit PB4Y-1P-Fotoaufklärern, am Kriegsgeschehen über dem Pazifischen Ozean teil.
Feind Nummer eins: U-Boote Über dem Atlantik heißt die Devise für die Liberator: »Suchen, finden und vernichten.« Im Regelfall deutsche U-Boote, allein auf offener See unterwegs und mit Radar gut zu identifizieren. Ab Dezember 1942 führt das Antisubmarine Command zusätzlich von England sowie wenige Monate später auch von Marokko
aus mehrere B-24-Bomber-Squadrons ins Feld. Bis zu 1600 Kilometer weit führen die Überwachungsflüge aufs Meer hinaus. Die Navy und ihre PB4Y-1 kommen ab Mai 1943 mit ins Spiel: VB-103 beginnt als erster Kampfverband mit der U-Boot-Jagd. Bis zum November wächst die Zahl der PB4Y-1 Staffeln an der Atlantikfront auf acht – stationiert entlang der amerikanischen Ostküste, in der Karibik, in Brasilien, auf den Azoren, in England, auf Island und in Marokko. Zwei weitere Verbände leisten bis ins Frühjahr 1944 hinein befristet Unterstützung. Glücklich ist die Marine nie über das erzwungen Zusammenspiel mit dem Heer – Seeaufklärung und U-Boot-Bekämpfung sind nun einmal ihre ureigenen Kernaufgaben. Als der Navy endlich genug eigene Liberator zur Verfügung stehen, räumt die Army schrittweise das Feld. Im August 1943 wird aus deren Antisubmarine Command das I Bomber Command, fortan betraut mit Ausbildungsaufgaben an der Heimatfront. Seine beiden B-24-Geschwader, die bis dahin neun U-Boote zur Strecke gebracht haben, sind bis Mitte November abgelöst. Sofern diese Flugzeuge Suchradar haben, übernimmt sie die Marine
Auf dem pazifischen Kriegsschauplatz finden sich PB4Y-1 ab Oktober 1942. Dort haben sie ein breites Aufgabenspektrum und sind oft auch auf Foto USAF Atollen stationiert – so wie hier Anfang 1944 auf Abemama, das zu den Gilbert Inseln zählt
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Fotos, soweit nicht anders angegeben, USN
Technische Daten – Consolidated PB4Y-1
Consolidated PB4Y-1 Liberator, 32108, der VB-108 (Eniwetok-Atoll) im April 1944. »Bus« Miller hat großen Erfolg mit der »Thunder Mug« Zeichnung Juanita Franzi
im Austausch gegen fabrikneue Exemplare – insgesamt 77 Stück, die danach wohl alle ERCO-Türme erhalten. Bis Kriegsende versenken PB4Y-1-Verbände im Atlantik 13 deutsche U-Boote. Die US Coast Guard hat ferner von 1944 bis 1946 fünf der Bomber im Bestand.
Fliegende Bombe »Project Anvil«, der Umbau zweier PB4Y-1 in unbemannte »Flugbomben«, die ursprünglich verbunkerte V-2-Stellungen ausschalten sollen, bleibt hingegen Randnotiz. Neben einer Fernlenkanlage samt Fernsehkamera tragen sie gut 11,3 Tonnen hochexplosiven Sprengstoff mit sich. Für den Start sowie zum Scharfmachen der brisanten Ladung braucht es freilich Piloten im Cockpit. Erst im Anschluss kann das Mutterflugzeug die Fernsteuerung übernehmen und beide Männer können die Drohne am Fallschirm verlassen. Der erste scharfe Einsatz am 12. August 1944 geht jedoch schief. Beide Piloten – einer davon Joseph P. Kennedy, der ältere Bruder des späteren US-Präsidenten – sterben an Bord der fliegenden Bombe, als diese 20 Minuten nach dem Start explodiert. Schuld ist wohl ein Kurzschluss beim Entsichern der Sprengladung. Die zweite Drohne trifft dagegen wie geplant am 3. September den Flugplatz von Helgoland. Nach dem Krieg macht die Navy weiter regen Gebrauch von ihren Liberator, von denen sie eine Reihe noch zu PB4Y-1P-Fotoaufklärern (ab 1951 P4Y-1P genannt) modifizieren lässt. Die letzten davon werden 1953 ausgemustert. Wie es zum direkten Ableger PB4Y-2 Privateer kommt, der schon seit Ende 1944 in Dienst steht, erfahren Sie in einer kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. I Bisher zur B-24 Liberator erschienen: FC 05/12 Befreier mit Startschwierigkeiten FC 05/13 In fremden Diensten gereift FC 04/14 Hecktürme im Bug FC 05/15 Mehr als genug FC 04/16 Bomber bis zum Abwinken
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Die PB4Y-1-Patrol-Bomber greifen ab März 1943 in den Kampf über dem Atlantik ein. Bis Kriegsende haben sie 13 deutsche U-Boote versenkt; im Gegenzug gehen 33 Flugzeuge verloren Foto USAF
PB4Y-1P-Fotoaufklärer der VP-61 über Alaska. Die Staffel führt hier unter anderem zwischen 1947 und 1949 umfangreiche Vermessungsflüge und Luftbildkartierungen durch
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OLDTIMER
Bf-109-Wrack
MESSERSCHMITT-FUND IN SPANIEN
Die erste und Als der Bürgerkrieg in Spanien tobte, erhielten Francos Truppen einige der ersten Bf 109 »Emil«. Bis Mitte der 1950er-Jahre rangierte man sie aus. Eine Maschine konnte diesem Schicksal unter sonderbaren Umständen entgehen – geriet aber bald darauf in Vergessenheit. Was passierte mit dem Flugzeug? Von Matthias Dorst
Per Zufall wiederentdeckt – diese Bf 109 wird im spanischen Leòn auf einen Lkw verladen, …
K
aum ein Flugzeug, um welches sich so viele Geschichten und Erzählungen ranken, wie um die Messerschmitt Bf 109. Die »Hundertneun«, der Standardjäger der ehemaligen Luftwaffe, ist bestens bekannt und so wäre es wie »Eulen nach Athen tragen«, hier noch mal den Abriss der Geschichte dieses herausragenden Flugzeuges komplett niederzuschreiben. Dennoch, ein bisschen Hintergrundwissen muss sein, allein schon, um die historische Bedeutsamkeit dieses Restaurierungsprojektes aufzuzeigen. Die Messerschmitt-Werke Augsburg erhielten, nach dem Gewinn des Vergleichsfliegens um den neuen Standardjäger der Luftwaffe im Jahr 1936, die Order, 654
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Jagdflugzeuge des Typs Bf 109 B »Berta« zu produzieren. Um den großen Auftrag zu erfüllen, nahm man rasch Lizenznehmer wie Ago, Arado, Erla, Fieseler und Focke-Wulf ins Boot, zudem errichtete Messerschmitt ein neues Werk in Regensburg. Gegen Ende 1937 konnten bereits 326 Flugzeuge ausgeliefert werden. Die neuen Jagdflugzeuge, bewaffnet mit MG 17, ersetzten die in die Jahre gekommenen Heinkel He 51 und Arado Ar 68 in den Jagdgeschwadern. 45 dieser Bf 109 B wurden indes nach Spanien zur »Legion Condor« gebracht, um General Francos Truppen im Spanischen Bürgerkrieg zu unterstützen. Mit den »Berta« war auch schnell die Luftüberlegenheit über Spanien wieder hergestellt. Der Fronteinsatz
des neuen Jägers in Spanien und die Erkenntnisse die man daraus gewinnen konnte, flossen sofort in die Serienproduktion ein; Kinderkrankheiten konnte man ausmerzen. Und Probleme gab es reichlich; sei es mit dem Spornrad, den Kühlern oder der Vergaserbestückung. Im Zuge der Frontentwicklung sowie durch Johannes Trautloft und die neuen Erfahrungen entwickelte Messerschmitt die Baureihen C und später D, welche man ebenfalls nach Spanien zur Fronterprobung bei der »Legion Condor« verschiffte. Einen Quantensprung erfuhr das Flugzeug durch den Einbau des neuen Mercedes-Benz-DB-601-Triebwerkes in die Messerschmitt Bf 109 V-14. Deren erster offizieller
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Matthias Dorst
Sammlung Robs Lamplough
die letzte Bf 109
… damit 35 Jahre später der Rumpf sowie die ganze restliche Maschine in neuem Glanz erstrahlen kann
Auftritt war 1937 beim Internationalen Flugtag Dübendorf mit Generalmajor Udet am Steuer. Nach anfänglichen Schwierigkeiten erreichte man 1938 einen Entwicklungsstand, welcher eine Serienfertigung und damit auch den Einbau in die Messerschmitt Bf 109 zuließ. Die Baureihe E »Emil« war geboren.
Exportschlager Als Resultat für die herausragenden Leistungen der Messerschmitt-Jäger beim Dübendorf Air Meeting erhielt das deutsche Unternehmen Exportaufträge aus Ländern wie der Schweiz, Bulgarien, Ungarn und Jugoslawien. Auch General Franco hatte das Flugzeug auf seiner Wunschliste und bestellte FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
40 (44) Exemplare der Baureihen E-1 und E-3, Letztere verstärkte Messerschmitt mit zwei MG FF im Flügel. Die ersten beiden »Emil«, die für die »Legion Condor« bestimmt waren, erreichten im Dezember 1938 über den Puerto de Vigo Spanien per Schiff. Die mit den taktischen Codes 6.87 und 6.88 versehenen Messerschmitt Bf 109 E-1 gliederte man in die 1./J 88 ein, wobei nach größter Wahrscheinlichkeit Staffelkapitän Hauptmann Siebelt Reents die 6.88 übernahm. 1939 lieferte Messerschmitt die Bf109 E-3 nach, die nun mit dem 60-schüssigen 20-Millimeter-Maschinenkanonen-MGFF ausgerüstet war. Da man indes die Tragflächen untereinander austauschen konnte,
war es durchaus üblich, die etwas schwach bewaffneten E-1 mittels Flügeltausch auf E-3 umzurüsten. Dies wiederum erschwert natürlich die Recherche anhand von historischem Bildmaterial. Die E-3-Versionen sind recht gut durch die markanten Beulen im Tragwerk erkennbar. Diese Modifikation war notwendig, um das 60-schüssige Trommelmagazin aufzunehmen.
»Emil« in Spanien Durch den Einsatz der überlegenen »Emil« im Spanischen Bürgerkrieg rieben Francos Einheiten die Luftstreitkräfte der Republikaner nahezu auf. Die letzte Operation der Jagdgruppe 88 flogen die »Hundertneun« als
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OLDTIMER
Bf-109-Wrack Ganz schön viel Aufwand! Um das Wrack der C.5 6.88 nach England zu transportieren, musste zunächst ein straßentauglicher Lkw organisiert werden Sammlung Robs Lamplough
Flugbuch von Teniente Muntadas – der Flugzeugtyp wird in der dritten Spalte als »Messer« aufgeführt
Teniente José Vincente Muntadas: 1939 Stammpilot der Bf 109
Sammlung Robs Lamplough
Sammlung Robs Lamplough
Mechaniker aus Leòn inspizieren den Bruch
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Für die Dorfbevölkerung ist der gestrandete Vogel eine Sensation
Sammlung Robs Lamplough (2)
Vinicio Gil de Gomez – Pilot der 6.88 am 16. Mai 1950. Auch er legte aus Spritmangel eine Bauchlandung hin Sammlung Robs Lamplough
So fand Luis Ignazio »Canario« Azaola die Messerschmitt 1965 vor
Jagdschutz für die Kampfgruppe 88 (K/88) am 27. März 1939 bei einem Angriff auf republikanische Stellungen. Am 1. April 1939 war der Spanische Bürgerkrieg beendet, General Franco ging als Sieger hervor. Man zog rund 20 der aktuellen Messerschmitt-Jagdflugzeuge auf dem Flugplatz León im Norden Spaniens zusammen und gliederte sie in die spanischen Luftstreitkräfte (Ejército del Aire) ein, so auch die E-1 mit der taktischen Kennung 6.88. Die spanische Führung benannte die Jäger auf C.5 um und ordnete sie der 25. Gruppe zu, die in Logroño lag. Im Jahr 1940 verlegte die Pyrenäen-Jagdgruppe nach Reus südlich von Barcelona. Die »Emil« blieben daraufhin recht lange im Einsatz; erst im Jahr 1955 schickte man sie auf das Altenteil. Am 24. August 1939 erlitt die 6.88 eine Bauchlandung bei Larraga. Dem Jagdpiloten Teniente José Vincente Muntadas war schlicht der Sprit ausgegangen. Das Flugbuch legt mit
Sammlung Robs Lamplough
der lapidaren Anmerkung »Tomo Larraga, por falta gasolina« davon Zeugnis ab. Von dem Unfall gibt es einige wenige Fotos, aber diese sind umso interessanter, weil gut zu erkennen ist, dass man die ehemalige E-1 auf Kanonenflügel, also zur E-3 umgerüstet hatte.
Er erlitt eine Bauchlandung – dem Jagdpiloten war schlicht der Sprit ausgegangen. Wann das jedoch genau geschah, darüber gibt es keine Aufzeichnungen. Das wertvolle Flugzeug wurde wieder instand gesetzt und höchstwahrscheinlich mit dem Rest der Gruppe nach Reus verlegt. Die 6.88 überstand den Zweiten Weltkrieg und man übernahm sie in die neue Ejército del Aire. Das Glück blieb der »109« aber nicht hold, die nächste Bauchlandung ohne Sprit folgte schon am 16. Mai 1950 bei Valderobres in der Provinz Teruel. Der Pilot Captain Vinicio Gil
Sieht aus wie Schrott, doch die Fracht ist bei Weitem wertvoller: so kostbar, dass … FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
de Gomez kam dabei mit leichten Verletzungen davon. Captain de Gomez war Testpilot auf der Basis Logroño und kam später, am 15. Juli 1952, beim Absturz einer Heinkel He 112 ums Leben. Dieses Mal sollte das Flugzeug nicht wieder instand gesetzt werden. Die Luftwaffe setzte es am 19. September 1950 »außer Betrieb«, im Oktober 1950 gliederte sie es dann vollständig aus. Das Flugzeug wurde erneut nach León gebracht und im dortigen Wartungsbetrieb der spanischen Luftstreitkräfte eingelagert. Dies schien jedoch einem dort ansässigen technischen Offizier nicht sonderlich zu gefallen. Zeitzeugenberichten zufolge war dieser Offizier bereits aktiv mit den »Emil« im Spanischen Bürgerkrieg beschäftigt. Die alte 6.88
wurde wieder in flugfähigen Zustand versetzt und recht häufig über Léon geflogen. Ob irgendwann die Ejército del Aire davon »Wind bekommen« hat oder der Offizier schlicht die Lust an dem alten Jagdflugzeug verlor, ist leider nicht überliefert. 1957/58 war die Maschine wohl das letzte Mal in der Luft, dann geriet der alte Adler in Vergessenheit. Bis zu jenem schicksalhaften 3. Juni 1965. Luis-Ignacio »Canario« Azaola, ein bekannter spanischer Luftfahrt-Journalist, nahm mit sei-
… die Einzelteile sauber aufbewahrt werden
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OLDTIMER
Bf-109-Wrack
Aufgestellt und in Ordnung gebracht – die Wrackteile sind fertig zur Katalogisierung. Die bringt Verblüffendes hervor Hier ist der gute Zustand der Flächenkühler und Flügelanschlüsse zu erkennen
Der Führerraum – schon hier ist zu sehen, dass die Maschine viel Aufwand mit sich bringt
Einsicht in den Radschacht des gut erhaltenen Tragwerks
ner Cessna 172 an einem Etappenrennen, der Tour of Spain Rallye teil. Eine der Teilstrecken führte ihn von Pamplona nach Léon. Beim Einschweben auf die alte Basis entdeckte »Canario« aus der Luft die Überreste einer Messerschmitt Bf 109. Leider blieb nur wenig Zeit, aber die nutzte er, um das Flugzeug abzulichten. Die 6.88 war wiedergefunden! Es sollte allerdings einige Jahre ins Land gehen, bis die »109« geborgen werden konnte – fast zu viele Jahre …
Die Zylinderbänke des DB 601 sind trotz Witterung noch intakt, …
Pilatus P-2 – ein ausgezeichneter Teileträger für das Projekt
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… genauso wie der Motorblock, der sich in einem top Zustand befindet
Mit seinem spanisch sprechenden Kontaktmann und Fliegerkollegen Jan Lutjens machte er sich 1980 auf nach Léon, um die Überreste zu bergen. Die beiden fanden die Messerschmitt bei einer Auktion inmitten von 1,5 Tonnen Aluminiumtöpfen und -pfannen. Lamplough war für dieses Konvolut der Höchstbietende und konnte schließlich die wertvollen Überreste des alten Flugzeugs mitsamt den unbedeutenden Töpfen erwerben.
Eine aufregende Entdeckung
Ordentlich verstaut: die Kurbelwelle nebst Lager des DB-601-Motors
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Robs Lamplough, ein britischer Flugzeugund Automobilsammler sowie begnadeter Warbird-Pilot, bekam den Tipp, dass im spa-
nischen Léon noch eine Messerschmitt Bf 109 »Emil« liegen solle. Zwar in bedauernswertem Zustand, aber immerhin eine »109«. Zu den Lebensträumen von Lamplough gehörte es auf jeden Fall, solch einen Jäger sein Eigen nennen zu können. Er sollte seine Sammlung, zu der neben einer Supermarine Spitfire auch eine P51 gehört, vervollständigen.
Bei der genaueren Betrachtung des Flugzeuges entdeckte man die Kennung C.5 6.88 auf dem Seitenleitwerk, ein klares Indiz dafür, dass es sich hierbei um eine sehr frühe »Emil« handeln musste. Die Beschädigungen am Rumpfwerk lassen darauf schließen, dass die »109« als instructional airframe, also als Übungsstück für die Ausbildung, gedient hatte. Die Flügel waren in einem erstaunlich guten Zustand, selbst die Kühler befanden sich noch in den recht unbeschädigten Gehäusen. Die Freude war natürlich sehr groß, und als man endlich die 1,5 Tonnen Kochtöpfe losgeschlagen hatte, brachte Lamplough das Flugzeug mit einem offenen Lkw nach England. Was mit der Maschine dort passierte und welche weiteren spannenden Erkenntnisse zutage traten, erfahren Sie in der nächsten Ausgabe von Flugzeug Classic. I
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TECHNIK
Typengeschichte
HEINKEL HE 118
Als das RLM einen Sturzkampfbomber ausschrieb, schickte Heinkel 1936 seine He 118 ins Rennen. Gegenüber den Konkurrenten Ju 87 und Ar 81 schien der schnittige, schnelle Von Herbert Ringlstetter Zweisitzer die deutlich besseren Karten in der Hand zu haben
I
m Frühjahr 1934 erteilte das Technische Amt im Reichsluftfahrtministerium (RLM) den Entwicklungsauftrag für einen schweren Sturzkampfbomber (Stuka), der Punktziele gezielt bekämpfen konnte. Der Bedarf für ein derart spezielles Kampfflugzeug war jedoch in der Führung der damals noch geheimen Luftwaffe umstritten. Berühmter und eifriger Befürworter des Sturzbombers war Ernst Udet, der die Angriffsweise aus den USA mitgebracht hatte.
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An der Ausschreibung für den einmotorigen, zweisitzigen Sturzkampfbomber beteiligten sich die Firmen Arado, Heinkel und Junkers, wobei die RLM-Verantwortlichen letztlich drei völlig unterschiedliche Konstruktionsentwürfe erhielten. Während Arado mit seiner Ar 81 auf eine Doppeldeckerkonstruktion mit festem Fahrgestell setzte, baute Junkers auf die robust wirkende Ju 87 mit markanten Knickflügeln und auffälliger Verkleidung des Fahrwerks.
Bei Heinkel begann man Mitte 1934 nach einem Entwurf von Walter Günter mit den Arbeiten am Projekt P 1030, das später die RLM-Typnummer 113 zugewiesen bekam. Ernst Heinkels Unmut bezüglich der nur wenig Glück verheißenden Zahl 13 führte schon bald dazu, dass man die geplante Maschine in He 118 umbenannte. Die erste Attrappe des zukünftigen Sturzkampfbombers konnte dann im November 1934 in Augenschein genommen werden.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Ringlstetter
Der bessere Stuka?
Das Konkurrenzmuster Arado Ar 81. Der Doppeldecker war zwar Mitte der 1930er-Jahre im Grunde veraltet, aber durchaus leistungsfähig Die Junkers Ju 87 avancierte zu dem Stuka schlechthin. Erste Serienmaschinen der robusten Maschine gelangten im Frühjahr 1938 zu den Einheiten der Luftwaffe
Zuhause verschmäht: Die He 118 konnte das RLM nicht überzeugen. In Japan sah man das ganz anders...
Kennzeichnend für den Heinkel-Entwurf waren der aerodynamisch sauber geformte, schlanke Rumpf und die für Günter typischen Tragflächen mit elliptischem Grundriss – Merkmale, die auch beim Schnellverkehrsflugzeug He 70 bereits zu finden waren. Auch verfügte der überwiegend aus Leichtmetall gefertigte, freitragende Mitteldecker über ein komplett verkleidetes, hydraulisch funktionierendes Einziehfahrwerk. Seiten- und Höhenleitwerk waren in zwei Varianten konstruiert: einmal in Holzbauweise und einmal aus Duraluminium.
Aerodynamischer Entwurf Die Flügel entwarf Günter in moderner einholmiger Leichtmetallbauweise, bestehend aus dem Mittelstück und den angrenzenden FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Außenflächen. Auffallend ist dabei die zunächst negative V-Form am Rumpf, die kürzere Fahrwerkbeine ermöglicht. Anschließend setzt sich die Fläche in positiver V-Form fort. Unter den äußeren Flügeln montierte, schwenkbare Sturzflugbremsen dienten dazu, die Geschwindigkeit während des Sturzfluges zu reduzieren. Die Bremsklappen funktionierten in Verbindung mit einer eigens entwickelten Abfangautomatik, die auch eine automatische Propellerverstellung beinhaltete. Als Starrbewaffnung sah man ein MG 17, Kaliber 7,9 Millimeter, mit 500 Schuss vor. Zur Abwehr hinterer Feinde war für den Bordschützen ein schwenkbar auf einer Lafette montiertes 7,9-Millimeter-MG-15 geplant. Der Munitionsvorrat für diese Waffe betrug 1050 Schuss in 14 Trommeln mit je 75 Patronen.
An Bombenlast konnten 250 Kilogramm untergehängt werden. Einsitzig war auch eine 500-Kilogramm-Bombe möglich. Um beim Abwurf eine Kollision mit dem Propeller zu vermeiden, führte eine Abweisergabel die Bombe aus dem Luftschraubenkreis. Pilot und Beobachter/Bordschütze fanden in der He 118 gute Sichtverhältnisse in der teils offenen Kabine vor.
Mit britischem Motor Antriebstechnisch sah man zunächst den Einbau eines noch in der Entwicklung befindlichen BMW 112 vor. Nachdem BMW die Arbeiten an dem Motor eingestellt hatte, setzte Heinkel auf den ebenfalls noch nicht serienreifen DB 600 von Daimler-Benz. Um das erste Versuchsflugzeug in die Luft zu bekom-
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TECHNIK
Typengeschichte Das zweite für die japanische Marine bestimmte Exemplar der He 118 verfügte über klappbare Flügelspitzen
Die He 118 V1 während eines Erprobungs- und Fotofluges. An den Flächen sind die Sturzflugklappen zu erkennen
Die V-Form an der Flügelwurzel der He 118 betrug 15 Grad und ab dem Knick 5,5 Grad
men, erhielt es notgedrungen einen 920 PS starken Rolls-Royce »Bussard« samt verstellbarem Dreiblattpropeller. So konnte HeinkelChefeinflieger Gerhard Nitsche mit der He 118 V1, Werknummer 1293, D-UKYM, am 14. Februar 1936 den Erstflug durchführen. Die Maschine leistete sich keine groben Schnitzer und war erwartungsgemäß schneller als die Konkurrenz, wenngleich noch nicht schnell genug. Maßgeblich sollte jedoch die Eignung des Flugzeugs zum Sturzkampfbomber sein. Nachdem die He 118 auch bei der Erprobungsstelle Rechlin befriedigende Ergebnisse erzielt hatte, gab das RLM grünes Licht für den Bau einer Vorserie von 80 Maschinen ab Oktober 1936. Laut Flugzeugbeschaffungsprogramm vom 26. Juni 1936 war bis September 1937 der Bau von 147 He 118 geplant. Außerdem wies man Heinkel an, die Option des Trägereinsatzes der He 118 zu prüfen. Gleiches galt für das Jagdflugzeug He 112. Das zweite Versuchsflugzeug, die He 118 V2, erhielt den gewünschten Daimler-Benz DB 600 und startete Ende April 1936 zum Erstflug. Es hatte unter anderem ein vergrößertes Höhenruder und veränderte Querruder. Die He 118 V3 folgte im Juli 1936. Von der tatsächlichen Serienreife war die He 118 aber noch weit entfernt, da die Sturzflugbremsen und das Leitwerk der Heinkel-Mannschaft Probleme bereiteten. Auch der DB 600 und die Luftschraube arbeiteten keineswegs fehlerfrei. An eine abschließende Flugerprobung, besonders hinsichtlich des Sturzflugverhaltens, war nicht zu denken. So musste Einflieger Kurt Heinrich die He 118 am 11. Juli 1936 beim Stuka-Vergleichsfliegen in Rechlin ohne einsatzspezifische Sturzflugvorführung präsentieren. Selbstredend hinterließ die sturzflugtaugliche Konkurrenz einen vorteilhafteren Eindruck.
Glimpflicher Testflug Auch Ernst Udet, inzwischen als Generalluftzeugmeister für die Beschaffung von Flugzeugen zuständig, wollte sich ein praktisches Bild von der He 118 machen und kletterte am
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Heinkel He 118
Heinkel He 118 V1 in den RLM 02Farben. Da man weder den geplanten BMW-Motor noch den Antrieb von Daimler Benz in das erste Versuchsflugzeug einbauen konnte, musste man wohl oder übel mit einem Rolls-Royce »Bussard« vorlieb nehmen. Die He 118 war schneller als die Konkurrenz – das reichte jedoch nicht aus…
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com
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TECHNIK
Typengeschichte
Die He 118 V1 in der Version mit für Heinkel typischem ausfahrbaren Bauchkühler
Einbau des für die Serie geplanten DB 600 C. Als erste Maschine erhielt die He 118 V2 den V-12-Zylindermotor
Der automatische Verstellpropeller von VDM hatte einen Durchmesser von 3,50 Metern und gehörte zu den Problemherden der He 118 Der Daimler-Benz-Motor bereitete immer wieder Schwierigkeiten. Doch hätten spätere Serienmaschinen wohl den leistungsstärkeren Einspritzmotor DB 601 erhalten
27. Juli 1936 selbst in die Kabine der He 118 V1. Zwar erklärte ihm Heinkel-Einflieger Friedrich Ritz, dass der Propeller auf Langsamflug gestellt sei und derzeit nur am Boden anders eingestellt werden könne. Doch wollte Udet nicht warten und flog unbekümmert drauf los. Anschließend missachtete Udet Ritz’ Anweisungen und überdrehte das Luftschraubengetriebe, was mit dem Totalverlust der He 118 enden sollte: Zunächst löste sich der Propeller und anschließend der Motor.
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Ernst Udet kam mit viel Glück aus der Maschine frei und beendete den Flug am Fallschirm. Udets Halbschuhe blieben jedoch in der He 118; hätte er Stiefel getragen, wäre er womöglich nicht mehr herausgekommen.
Ständige Schwierigkeiten Nachdem insbesondere die Probleme mit dem DB 600 und der Abfangautomatik in Verbindung mit dem Verstellpropeller hartnäckig an der He 118 nagten, lief Heinkel
langsam die Zeit davon. Junkers Ju 87 hatte zwar mit seinem zu schwachen Jumo 210 zu kämpfen, war aber ansonsten auf einem guten Weg, die Ausschreibung zu gewinnen. Das Bauprogramm zur He 118 reduzierte das Reichsluftfahrtministerium auf nur mehr sieben Vorserienflugzeuge He 118 A-0, die den Serienmotor DB 600 C erhielten. Möglicherweise wurden ein oder zwei He 118 in der folgenden Zeit mit dem leistungsstärkeren neuen DB 601 erprobt.
Die auf Basis der Heinkel He 118 entwickelte Yokosuka D4Y1 der japanischen Marineflieger
Letztlich konnte sich die stabile JunkersKonstruktion gegen die Mitstreiter He 118 und Ar 81 durchsetzen. Die robuste Ju 87 überzeugte insgesamt in fliegerischer Hinsicht und wartete besonders mit ausgezeichneten Sturzeigenschaften samt funktionierender Abfangautomatik auf. Zum Serienbau der He 118 kam es nicht mehr, es blieb bei drei VMustern und sieben (acht?) Vorserienmaschinen A-0, von denen die erste im April 1937 flog. Die He 118 A-03, Werknummer 1963, soll ab Mitte 1937 als V4 zu Versuchszwecken genutzt worden sein. Drei weitere He 118 wurden nach Japan exportiert. Eine He 118 diente später der Flugerprobung von Hans von Ohains revolutionärem Strahltriebwerk, das man unter den Rumpf der He 118 hängte. Die restlichen Maschinen gingen teilweise an Schuleinheiten. Bereits im Jahr 1944 flog keine einzige He 118 mehr in der Luftwaffe.
Die »118« in Japan Reges Interesse an dem deutschen Sturzbomber zeigte die japanische Marine, die bereits 1935 an Heinkel bezüglich eines trägergestützten Sturzkampfbombers herantrat. Als Antrieb wünschten sich die Japaner aber einen luftgekühlten Sternmotor. 1937 gelangten mit Genehmigung des RLM zwei He 118 auf dem Seeweg nach Japan, eine davon mit außen klappbaren Flächen zur Unterbringung auf Flugzeugträgern. Die He 118, Werknummer 1850, stürzte im April 1938 ab, nachdem man das Holzleitwerk amontiert hatte. Das mitgelieferte Metallleitwerk hatten die Japaner bis dahin nicht angebracht. Anschließend bestellten auch die Heeresflieger des Tenno eine He 118 für den landgestützten Einsatz, die wohl auch ihren Weg nach Japan fand. Basierend auf der He 118, entstand im Land der aufgehenden Sonne anschließend die D4Y1 mit V-12-Reihenmotor Aichi AtsuFLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Technische Daten – He 118 A-0 Heinkel Verwendungszweck Besatzung Antrieb
He 118 A-0 Sturzkampfbomber 1–2 Mann Daimler-Benz DB 600 C flüssigkeitsgekühlter, hängender V-12- Zylinder-Motor Erstflug 14.2.1936 Startleistung 850 PS bei 2350 U/min Dauerleistung 910 PS bei 2400 U/min in 4000 m Kraftstoffverbrauch 227 l/h im Marschflug Spannweite 15,10 m Länge 11,80 m Höhe 4,20 m Flügelfläche 37,70 m² Spurweite 3,34 m Leergewicht 2700 kg Rüstgewicht 2980 kg Startgewicht normal 4120 kg Kraftstoff 600 Liter Schmierstoff 40 Liter Flächenbelastung 109,3 kg/m² Höchstgeschwindigkeit 322 km/h in 0 m; 388 km/h in 4000 m; 395 km/h in 6000 m Marschgeschwindigkeit 295 km/h in 0 m; 335 km/h in 4000 m; 268 km/h in 6000 m Landegeschwindigkeit 115 km/h Dienstgipfelhöhe 8800 m Steigleistung 2,8 min auf 1000 m; 6,1 min auf 2000 m; 12,8 min auf 4000 m Reichweite minimal 920 km Reichweite normal 1050 km Reichweite maximal 1250 km Startstrecke 340 m Startstrecke bis 15 m Höhe 570 m Landestrecke 270 m Landestrecke aus 15 m Höhe 500 m Starrbewaffnung 2 x MG 17 – 7,9 mm mit je 500 Schuss Abwehrbewaffnung 1 x MG 15 – 7,9 mm mit 1050 Schuss, schwenkbar auf Lafette Bombenlast normal 250 kg – bis zu 500 kg möglich
ta, einer japanischen Version des DaimlerBenz DB 600 G. Der Sturzkampfbomber war nicht so groß wie die He 118 und sollte die Aichi D3A ersetzen. Nach Schwierigkeiten mit dem für japanische Flugzeuge untypischen V-Motor konnte die D4Y »Suisei«, alliierter Codename »Judy«, ihr hohes Kampf-
potenzial unter Beweis stellen. Bis zu 1500 Kilogramm Abwurflast brachte der schnelle Stuka ins Ziel. Die spätere Ausführung D4Y3 flog mit einem nicht ganz so anfälligen Sternmotor, welcher allerdings Einbußen hinsichtlich Höchstgeschwindigkeit und Reichweite mit sich brachte. I
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TECHNIK
Cockpit
DO L II DELPHIN III
Am Steuer des Delphin
Erster Dornier Delphin III beim Start auf dem Bodensee; kurze Zeit später ging er verloren … Foto Sammlung F. Selinger
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Parallel zum Landverkehrsflugzeug Do »Komet III« wollte Dornier auch ein verbessertes Flugboot anbieten. Sehr erfolgreich wurde das als Do L II Delphin III bezeichnete Flugboot allerdings nicht, denn von nur drei gebauten Exemplaren stürzte eines ab und das dritte kam nie in die Luft Von Peter W. Cohausz
M
it einer Kleinserie von sechs Delphin III sollte eigentlich die Belegschaft im neuen Dornier-Werk im schweizerischen Altenrhein für den Bau des Riesenflugboots Do X im Metallflugzeugbau eingearbeitet werden. Man wollte nämlich zum Landverkehrsflugzeug Do »Komet III« als Parallelentwicklung ein leistungsmäßig verbessertes Flugboot mit zehn Passagierplätzen herstellen. Tatsächlich entstanden am Ende nur drei Delphine. Die Flugboote waren in klassischer Dornier-Bauweise abgestrebte Schulterdecker mit den markanten Stummelflügeln. Der Motor befand sich über dem Besatzungsraum als Vorbau vor dem Flügel. Ausgestattet mit einem 600 PS BMW VI und registriert in der Schweiz als CH-178 machte der erste Delphin im März 1928 seinen Erstflug. Bis September 1928 war er im Rundflugeinsatz und ging dann als D-1620 als »Materialbeihilfe« an das RLM. Auch dort war die Laufbahn des Flugzeugs nur kurz, denn im Juni 1929 ging die Maschine bei einem Landeunfall verloren.
Es sollte nicht sein Der zweite Delphin III wurde im Oktober 1928 auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin gezeigt. Käufer fanden sich leider keine. Ab Juni 1930 war die Maschine dann als D-1857 auf dem Bodensee im Rundflugeinsatz. 1934 registrierte man sie als D-UBIF um und meldete sie schließlich 1937 ab, um sie daraufhin zu verschrotten. Der dritte Delphin III kam überhaupt nicht mehr in die Luft und wurde als »Dornier-Metallbau-Vorrat« gelagert, eine elegante Umschreibung von Dornier für das Abstellen unverkäuflicher Flugzeuge! Auch hier war das Ende schließlich der Schrottplatz. Durch die Bauweise waren Besatzungsraum und Passagierkabine relativ geräumig. Die beiden Piloten hatten große, rechteckige Fenster, die eine gute Sicht nach vorne und zu den Seiten ermöglichten, während die Passagiere kleinere runde Bullaugenfenster hatten. Der Pilotenraum war schlicht und funktionell und ähnelte eher dem einer damaligen
Der zweite Delphin III, D-1857, nimmt in Konstanz Fahrt auf für einen Rundflug
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TECHNIK
Cockpit
Instrumentierung der Dornier Do L II Delphin III
Gute Sicht: Führerraum der Dornier Delphin III Foto Sammlung F. Selinger
Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
Gerät Anzeigebereich Hersteller Pilotensitz mit Gurten Handpumpe? Seitensteuerpedale Steuersäule Längsneigungsanzeiger Smiths Kühlerthermometer Austritt/Eintritt 0–120° C Ölthermometer 0–120° C Steuerrad Öldruckmesser 0–5 kg/cm² Maximall Querneigungsanzeiger Smiths Kraftstoffdruckmesser 0–0,5 kg/cm² Maximall Zündschalter Bosch Anlassmagnet Bosch Hebel für Kühlerklappe Hebel für Zündzeitpunktverstellung elektrischer Drehzahlanzeiger 0–1800 U/min Horn Hebel für Normalgas Führerkompass FK 6 Ludolph Höhenmesser 0–3000 m Goerz Fahrtmesser 50–250 km/h Bruhn Steuerseile Hebel für Höhengas Hebel für ? Borduhr 8 Tage Kienzle Fettpresse für die Wasserpumpe Anzeige für ? Kurbel für ? Hebel für Brandhahn Benzinuhr 0–285 Liter Nivex Luftpumpe für die Benzinuhr (links daneben Umschalter für die Behälter) 31 Manometer für den Feuerlöscher 0–10 kg/cm² Maximall 32 Ventil für den Feuerlöscher Unklar ist der Einbauort der damals üblichen Anlasseinspritzpumpe. Der Delphin III hatte zwei Kraftstoffbehälter in den Flügelstummeln und einen 60-Liter-Ölbehälter am Motor. Die Zusammenstellung wurde auf der Basis einer historischen Fotografie durchgeführt. Nicht alle Geräte waren eindeutig erkennbar
Führerkompass Ludolph FK 6
Straßenbahn. Eine große mehrteilige Instrumententafel vor den beiden großen Steuerrädern enthielt die meisten Instrumente. Die wenigen Flugüberwachungs- und Navigationsgeräte waren in der Mitte angeordnet. Insgesamt bestanden die Instrumente überwiegend aus ungenormten Geräten, die in den 1920er-Jahren entstanden. Zur besseren Einschätzung der Fluglage, vor allem bei Start und Landung, hatte der Pilot links noch je einen Längsneigungs- und
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Erläuterung der Instrumentierung
Querneigungsanzeiger. Ein echter Blindflug war mit dieser spärlichen Instrumentierung jedoch nicht möglich. Die Motorüberwachungsgeräte waren links und rechts verteilt, während die Bedienhebel für Normalgas, Höhengas, Zündverstellung, Kühlerklappe und Brandhahn wiederum in der Mitte angeordnet waren. Die Steuerseile liefen offen an der vorderen Cockpitwand nach oben. Auffallend waren zudem auch zahlreiche Daten- und Hin-
Eine Benzinuhr von Nivex, jedoch nicht von einem Foto Jordan Delphin III
weistafeln an der Decke des Führerraumes. Die Seitenfenster waren als Schiebefenster ausgeführt.
Quellen: Frost, Günter/Kössler, Karl/Koos, Volker: Dornier – von den Anfängen bis 1945. Heel Verlag, Königswinter 2010
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter Cohausz
Ein elektrischer Drehzahlmesser von Horn Foto Fernandez-Sommerau
Maßeinheiten BACKGROUND
PROBLEMZONEN DER FLIEGEREI
Meter, Fuß, Liter und Pounds F
lugschüler lernen, in Knoten und Fuß zu denken und für Nichtflieger umzurechnen – »fast 200 Sachen« klingt schließlich besser als 100 Knoten. Die westlichen Siegermächte hatten die Maßeinheiten 1945 hier eingeführt wie Petticoats und Kaugummi, die westdeutsche Luftfahrt unterstand der jeweiligen Besatzungsmacht, und Englisch und Französisch waren plötzlich Flugsicherungssprachen. »164 feet field elevation« stand auf dem ehrwürdigen Tempelhofer Hangar; der Schriftzug hat die Platzschließung überdauert.
Landung mit eingefahrenem Bugfahrwerk. Nur wenige Passagiere wurden leicht verletzt.
Gleiche Optik, unterschiedliche Angaben und durchaus ein Gefahrenpotenzial: Dieser Höhenmesser zählt in Fuß, …
DIE DDR BLIEB, wie der große Bruder Sowjetunion beim metrischen System; in der Bundesrepublik flogen die Segelflieger weiter nach Metern, als wäre nichts geschehen. Bald nach dem Zerfall der UdSSR wechselten die früheren Mitgliedsstaaten zum westlichen Höhensystem, beließen aber einige Meterangaben auf ihren Karten (zum Beispiel für die vertikale Ausdehnung einer Kontrollzone, in »METER AAL« (above aerodrome level). Windgeschwindigkeiten und Distanzen werden bis heute vielfach in Metern angegeben. China fliegt weiterhin metrisch. Piloten nutzen Umrechnungstabellen und überprüfen ihre Höhe auf einer gesonderten Meter-Digitalanzeige. Hongkong ist weiterhin eine Luftfahrt-Enklave mit westlichen Prozeduren; vor Einbeziehungsweise Ausflug nehmen Flugzeuge die Fußoder Meterhöhe des nächsten Kontrollsektors ein. FEHLER IN DEN HÖHENBERECHNUNGEN sind relativ selten, nicht aber die zwischen Pounds, Litern, Gallonen oder Kilogramm und Tonnen. Am 23. Juli 1983 befand sich die Boeing 767 C-GAUN der Air Canada in einer Höhe von 41 000 Fuß (12 500 Meter) auf dem Weg von Montreal nach Edmonton, als nach kurzer Kraftstoffdruck-Warnung beide Triebwerke nacheinander ausfielen. Die Crew hielt nach einem geeigneten Landeplatz Ausschau und entschied sich für die ehemalige Luftwaffenbasis Gimli, die der Copilot von früher kannte und die nun als Rennstrecke diente. Der Kapitän vollbrachte als erfahrener Segelflieger eine glatte FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
WIE DIE UNTERSUCHUNG ERGAB, war die metrische Kraftstoffanzeige der neuen Boeing bereits vor dem Start defekt gewesen; man wollte daher die georderten 22 300 Kilogramm Kraftstoff in Liter umrechnen, tanken und den Tankinhalt mit Peilstäben überprüfen. Bei der Umrechnung verwendete die Bodencrew irrtümlich den gewohnten Dichte-Faktor für Pounds/Liter (1,77) und nicht den für Kilogramm/Liter (0,8), sodass nicht einmal die Hälfte des bestellten Sprits in die Tanks floss. Da alle Nebenrechnungen Sinn ergaben, fiel dies auch der Cockpit-Crew nicht auf.
CAPTAIN PEARSON UND COPILOT QUINTAL wurden für ihre Landung öffentlich geehrt. Knapp 25 Jahre nach dem Ereignis, im Frühjahr 2008, gingen die beiden noch einmal als Fluggäste an Bord ihres »Seglers«. Er landete, diesmal mit beiden Motoren, für immer auf dem kalifornischen Mojave-Airport. Rolf Stünkel I
»Nicht einmal die Hälfte des bestellten Sprits floss in die Tanks«
… während dieses Messgerät die Höhe in Kilometern wiedergibt
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Dramatisches Geschehen: Frühe Marineflieger in der Schlacht. So stellt der Kriegsmaler W. Malchin die »Abweisung des englischen Fliegerangriffs durch Zeppeline am 4. Juli 1915« dar
28. Juni 1914 Attentat von Sarajewo
1. August 1914 Deutschland erklärt Russland den Krieg
1914 46
Mai 1915 Erster Bombenangriff auf London durch Luftschiff
1915
August 1915 Beginn der »Fokker-Plage«
21. Februar 1916 Erster Abschuss eines Luftschiffes mit Brandmunition
1916
GEBURT DER MARINEFLIEGER
Ein kleiner Technik-Krimi Die Seeflieger der Marine standen im Ersten Weltkrieg eher im Schatten ihrer Kameraden über den Schützengräben. Dabei ist ihre Entwicklung vor und während des Krieges nicht weniger spannend und von mancher glücklichen Fügung geprägt … Von Peter Cronauer
Britischer Marinedoppeldecker auf Patrouillenflug. Bis 1917 besitzt die Entente überlegenes Gerät – doch dann wendet sich das Blatt
D
ie Geschichte der wassergestützten Fliegerei »schwerer als Luft« (Marineluftschiffe sind hier ausgenommen) begann Jahre vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Daran tüftelten zahlreiche kluge Köpfe in mehreren Industrienationen. Manche scheiterten zunächst mit ihren Versuchen, so zum Beispiel der dänische Luftfahrtpionier Jacob Christian Hansen Ellehammer oder auch Roger Ravoud in Monaco 1909. Am 28. März 1910 war es dann so weit: Auf dem Etang de Berre, einem Binnensee nordwestlich von Marseille, gelangen dem Franzosen Henri Fabre mit einem Flugzeug zum ersten Mal Start und Landung auf einer Was-
1917 FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Frühes Albatros-Wasserflugzeug. Mit dem Krieg beschleunigt sich die Entwicklung rasant und lässt solche Maschinen bald »alt« aussehen
seroberfläche. Bei seinem ersten Flug überhaupt legte er mit der von ihm selbst entworfenen und gebauten Canard rund 550 Meter in geringer Höhe zurück. Da man dieses Ereignis amtlich dokumentierte, ging Fabre als erster Wasserflieger in die Luftfahrtgeschichte ein. Andere folgten seinem Beispiel und rasch bildeten sich die grundlegenden und bis heute gültigen Unterscheidungsmerkmale heraus: Am 3. August 1911 führte Gabriel Voisin ein von ihm entwickeltes Amphibienflugzeug vor, das erstmals sowohl auf dem Land als auch auf dem Wasser starten und landen konnte. Und im Januar 1912 bewies der US-Amerikaner Glenn Curtiss die Taug-
1918
lichkeit seines Flugbootes. Hochdotierte Preise für zu erzielende Leistungen wie beispielsweise der 1911 ausgesetzte Coupe d’Aviation Maritime Jacques Schneider – auch Schneider-Pokal genannt – beflügelten die Entwicklung international. Wettbewerbe und erste Flugzeugrennen wurden durchgeführt, Wasserflugzeugtreffen erfreuten sich wachsender Teilnehmer- und Zuschauerzahlen, und das Deutsche Reich blieb da nicht außen vor: In den letzten August- und den ersten Septembertagen 1912 war das an der Ostsee gelegene Heiligendamm Austragungsort des Ersten Deutschen Wasserflugmaschinen-Wettbewerbes.
1919 47
Die in Flandern stationierten deutschen Seeflieger haben schwere Kämpfe über dem Kanal zu bestehen: Ihre Gegner sind numerisch überlegen. Der deutschen Seeflugstation Zeebrügge droht die Niederlage – überlegenere Flugzeuge müssen her
1914 wartete meine fertiggewordene erste Hansa-Brandenburg-Konstruktion, der Doppeldecker ›W‹, in Warnemünde darauf, im Wettstreit mit 26 anderen deutschen Seeflugzeugen um den Sieg im Ostsee-Wasserflugzeug-Wettbewerb zu kämpfen. Aber es kam nicht mehr dazu.« Noch während der Vorprüfungen zum Wettbewerb wurden der Befehl zur deutschen Mobilmachung verkündet und die vorhandenen Flugzeuge für die Marine beschlagnahmt. Zu deren Qualität vermerkte Heinkel süffisant: »Bei einzelnen Konstrukteuren, die an sich wenig Chancen gehabt hatten, gesellte sich zur nationalen Begeisterung das Gefühl, niemals zuvor ihre Flugzeuge so leicht und sicher verkauft zu haben.«
Eigenständige Waffengattung Der mit dem Kriegsbeginn einsetzende rasante Fortschritt der technischen Entwicklungen machte auch die Seefliegerstreitkräfte zu einer ernstzunehmenden und eigenständigen Waffengattung innerhalb der jeweiligen Marinen. Auch Ernst Heinkel, seinerzeit als Konstrukteur für die Hansa- und Brandenburgische Flugzeugwerke AG in Briest tätig, war Teil dieser Entwicklung: »Am nächsten Morgen begann dann die Arbeit, die mich in der Folge vier Jahre lang ununterbrochen gefangen hielt und mehr als 40 Flugzeugtypen entstehen ließ, von denen etwa 30 in Deutschland und
Ernst Heinkels großer Wurf, die Hansa Brandenburg W 12, bringt 1917 über See die Wende für das Kaiserreich
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Österreich serienmäßig gebaut wurden.« Heinkel arbeitete an Jagd-, Aufklärungs-, Torpedo- und mehrmotorigen Großflugzeugen, an Wasserflugzeugen, Flugbooten und auch an »Sonderkonstruktionen« wie zum Beispiel zusammenklappbaren Maschinen, die von U-Booten aus eingesetzt werden sollten.
Bis zum Limit Zwei seiner Entwicklungen erregten in den letzten beiden Kriegsjahren besondere Aufmerksamkeit: die Seejagdeinsitzer Hansa Brandenburg W 12 und W 29. 1916 war ein schweres Jahr für die über der flandrischen Küste und dem Kanal operierenden deutschen Seeflieger. Ihre britischen Gegner waren nicht nur zahlenmäßig überlegen, deren Flugzeuge waren auch schneller, wendiger und besser bewaffnet. Der deutschen Seeflugstation Zeebrügge drohte die Niederlage, sollte sie nicht schnellstmöglich Flugzeuge erhalten, die »den englischen zumindest gleichwertig, besser aber überlegen waren«. Bereits Anfang 1915 hatte Heinkel sein erstes, für Kriegszwecke bestimmtes Flugzeug fertiggestellt. Der seinerzeitige Seeaufklärer »NW« war bereits mit Funkgerät und einer Bombenabwurfanlage ausgerüstet und hatte sich durch seine besondere Steigfähigkeit ausgezeichnet. Trotz seiner schweren Schwimmerausrüstung stieg er schneller auf 100 Meter Höhe als die aero-
Die deutsche Kriegsmarine baut auf viele Flugzeughersteller wie Gotha, Rumpler oder Albatros
Fotos Sammlung Peter Cronauer
Selbstverständlich erregten die Seeflieger frühzeitig auch die Aufmerksamkeit vorausschauender Militärs: Mit dem Service de l'aviation maritime gründete Frankreich im März 1912 die erste Seefliegereinheit der französischen Marine. Mit mehr als einjähriger Verspätung zog das deutsche Kaiserreich nach. Am 3. Mai 1913 verfügte Kaiser Wilhelm II. per »allerhöchster Kabinettsordre« die Bildung zweier selbstständiger Abteilungen aus vorhandenem »Luftfahrpersonal«: eine Marine-Luftschiffabteilung sowie eine Marine-Fliegerabteilung. Am Tag der Mobilmachung im Jahr 1914 verfügten die deutschen Marineflieger gerade einmal über 30 Flugzeuge, darunter Flugboote von Flugzeugbau Friedrichshafen, der Jachtwerft Max Ortz oder der Lohner-Werke. Nicht alle Entwicklungen waren ausgereift, beispielsweise kenterte das Flugboot der AEG (Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft) im September 1914 noch während der Erprobung. Dabei kamen am Tag der Mobilmachung noch weitere Maschinen hinzu. Ein junger, aufstrebender Flugzeugkonstrukteur namens Ernst Heinkel, der sich in der Fachwelt gerade dadurch einen Namen machte, dass seine ersten Konstruktionen in den Rekordlisten der FAI (Fédération Aéronautique Internationale) auftauchten, war Augenzeuge des Geschehens: »In den letzten Julitagen
dynamisch günstigeren Landflugzeuge seiner Zeit. Angesichts der Krise der deutschen Seeflieger schuf Heinkel dann zum Ende des Jahres 1916 einen einsitzigen Schwimmer-Doppeldecker mit tief angesetztem Seitenleitwerk, der die Schwierigkeiten der deutschen Marineflieger lindern sollte. Nach seinen eigenen Angaben dauerte die Entwicklung der Hansa Brandenburg W 12 knapp acht Wochen – von der ersten Skizze auf der Rückseite eines Bierdeckels bis zum fertigen Prototypen. Dabei nutzte er »die damaligen Leichtbaumöglichkeiten bis zur äußersten Grenze des noch Vertretbaren aus, um die gewünschte überlegene Geschwindigkeit, überlegene Steigleistung, möglichst starke Bewaffnung zu erreichen«. Ungewöhnlich genug: Das Flugzeug kam ohne damals übliche Spanndrähte aus.
Bei Nacht und Nebel Im Januar 1917 war der Prototyp fertig, doch da der frostklirrende Winter 1916/17 die Gewässer rund um Brandenburg gefrieren ließ, war dort keine Flugerprobung möglich. »Da aber die Zeit drängte, blieb mir keine andere Wahl, als die Maschine eben ohne jede Flugerprobung einzupacken und per Eisenbahn zum Seeflugzeug-Versuchskommando in Warnemünde zu senden«, begleitet von einigen Monteuren. Was dann geschah, liest sich wie ein kleiner Technik-Krimi: Heinkels Mitarbeiter montierten die Maschine, skeptisch beäugt von den Angehörigen des Versuchskommandos. Der dortige Kontrolloffizier,
Flugzeugmutterschiffe kommen früh zum Einsatz – wie hier ein englisches Flottenflugzeug an Bord eines Kriegsschiffes –, bis zum Flugzeugträger ist es jedoch noch ein langer Weg
Luftstreitkräfte der kaiserlichen Marine Aus bescheidenen Anfängen und bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wuchsen die Luftstreitkräfte der kaiserlichen Marine zu einer Organisation von beachtlicher Größe heran. An Nord- und Ostsee, am Bosporus sowie am östlichen Mittel- und am Schwarzen Meer wurden Seeflugstationen und Marine-Landflugstationen eingerichtet und durch Flugzeug-Mutterschiffe und schwimmende Seeflugstationen ergänzt. Die Stützpunkte
selbst mitgeflogen war, erkannte die Probleme. Ihm – und dann auch Heinkel – gelang es mit viel List und Tücke, die Schwierigkeiten zunächst zu vertuschen und von Dewitz
Das Erfolgsrezept der damaligen Konstrukteure: ›richtiges Über-den-Daumen-Peilen.‹ Oberleutnant von Dewitz, soll angesichts des Ergebnisses gesagt haben: »Wenn ihr noch nie in den Bach gefallen seid, mit diesem Vogel fallt ihr in den Bach.« Tatsächlich erwies sich das Flugzeug bei seinem Erstflug als extrem schwanzlastig und kaum beherrschbar. Vordergründig gelang der Erstflug, doch Heinkels Cheftechniker Josef Köhler, der
davon abzuhalten, die Maschine umgehend selbst auszuprobieren. In der darauffolgenden Nacht baute man sie dann heimlich um. Josef Köhler, so Heinkel später, »verfügte dabei praktisch über kein Material. Aber er hatte es fertiggebracht, die obere Tragfläche herunterzunehmen und über den Daumen gepeilt 35 Zentimeter nach hinten zu verset-
Zu den Aufgaben deutscher Seeflieger gehört es, gegnerische Flugzeuge, Schiffe und Minengürtel aufzuspüren und zu bekämpfen FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
der Marineluftschiffer kamen noch hinzu. Rund 16 000 Mann dienten bei den verschiedenen Flieger- und Luftschiffabteilungen, etwa 2000 davon waren »fliegendes Personal«. Trotz dieser Zahlen waren sie ihren Gegnern numerisch deutlich unterlegen, und von den rund 2500 Marineflugzeugen, die das deutsche Kaiserreich erhielt, ging knapp die Hälfte durch Kampfhandlungen I oder Unfälle verloren.
zen. Dazu mussten die Streben verkürzt und im Dunkeln geschweißt werden; und alles so, dass kein Mensch vom Seeflugzeug-Kommando etwas merkte.« Als Ernst Heinkel am nächsten Vormittag an der Ablaufbahn erschien, stieg von Dewitz gerade »vergnügt wie ein Maikäfer« aus der Maschine und Kapitän Hering, der Kommandant des Versuchskommandos, studierte ungläubig die Diagramme über Steig- und Geschwindigkeitsflug. Dann gratulierte er Heinkel zu seinem großen Wurf. Tatsächlich wurde das Flugzeug Hansa Brandenburg W 12 zum erfolgreichsten deutschen Seeflugzeug der Jahre 1917/18 und Heinkel nannte das »richtige Über-den-Daumen-Peilen« als das Erfolgsrezept der damaligen Konstrukteure. I
Flieger üben sich im Bombenwerfen und verwenden dabei das Holzmodell »Dreadnought«
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TERMINE
TERMINE 2017
EUROPA
FÜR DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND SCHWEIZ APRIL 5.–8. April AERO, Messe für allgemeine Luftfahrt, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.aero-expo.com
30. Juni–2. Juli
17./18. März
MAI
Kavala Airsea Show, Kavala/Griechenland, www.kavala-airshow.com
Yuma Airshow, Marine Corps Air Station Yuma/Arizona/USA, www.yumacalendar.org
14. Mai
JULI
25./26. März
Air & Country Show, Abingdon Airfield/ Großbritannien, www.abingdonairandcountry.co.uk
27. Mai Skylive Airshow, Durham Tees Valley Airport/ Großbritannien, www.skyliveevents.co.uk
27/28. Mai
MAI
Duxford Air Festival, Duxford Airfield/ Großbritannien, www.iwm.org.uk/events/ iwm-duxford/airshows
17.–22. Mai SAR-Meet, Fliegerhorst Nordholz, www.rkflugdienst.com
JUNI
19.–21. Mai Klassikwelt am Bodensee, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.klassikwelt-bodensee.de
20./21. Mai
Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg-Brandensteinsebene, www.aeroclub-coburg.de
10./11. Juni Sola Airshow, Flughafen Stavanger/ Norwegen, https://solaairshow.no
Tag der offenen Tür, NATO-Airbase, Geilenkirchen, www.e3a.nato.int
Flugfest Hagenbuch, Temporäres Flugfeld Hagenbuch/Schweiz, www.flugfest.ch
26./27. August Flugtag, Segelfluggelände Bensheimer Stadtwiesen, www.sfg-bensheim.com/flugtag
Airshow, Roskilde/Dänemark, www.airshow.dk
14.–16. April Classic Fighters Airshow, Omaka/Neuseeland, www.classicfighters.co.nz
MAI 6./7. Mai Wings over Illawarra Airshow, Illawarra Reg. Airport/Australien, www.wingsoverillawarra.com.au
JUNI 3./4. Juni
WELTWEIT
Rockford Airfest, Chicago Rockford Int. Airport/Illinois/USA, www.rockfordairfest.com
JULI
17. Juni
17.–19. Februar Wings over Wairarapa Airshow, Hood Aerodrome, Masterton/Neuseeland, www.wings.org.nz
24.–30. Juli
Kuban Airshow, Krasnodar/Russland, www.kubanairshow.com
10.–13. August
18.–20. August
Sun’n Fun Fly-In, Lakeland/Florida/USA, www.sun-n-fun.org
FEBRUAR
17./18 Juni
AUGUST
Moskau Airshow MAKS, Flughafen Zhukovsky, Moskau/Russland, www.aviasalon.com
4.–9. April
Airshow, Great Yarmouth (Strand)/Großbritannien, www.great-yarmouth.co.uk/air-show Weston Air Festival, Weston-Super-Mare/ Großbritannien, www.westonairfestival.wordpress.com
1./2. Juli
14.–16. Juli
15.–20. August
15.–18. Juni
1./2. Juli
APRIL
Flying Legends Airshow, Duxford Airfield/ Großbritannien, www.flyinglegends.com
4./5. Juni
Airshow, Helsinki/Finnland, http://ilmailumuseo.fi
JULI
8./9. Juli
AUGUST
JUNI
29. März–2. April
Fly-Fest Piotrkow/Polen, www.flyfest.pl
Torbay Airshow, Torbay/Großbritannien, www.torbayairshow.com
5. Juni
LA County Airshow, William J. Fox Airport, Lancaster/Kalifornien/USA/ www.lacountyairshow.com Int. Brazil Air Show, Flughafen Rio de Janeiro/Brasilien, www.internationalbrazilairshow.com
1./2. Juli
3./4. Juni
Airshow, Oostwold Airport, Groningen/ Niederlande, www.oostwold-airshow.nl
Flugplatzkerb, Verkehrslandeplatz Gelnhausen, www.flugplatzkerb-gelnhausen.de
Wales National Airshow, Swansea Bay/ Großbritannien, www.walesnationalairshow.com
Royal International Air Tattoo, RAF Fairford/ Großbritannien, www.airtattoo.com
Flugtage, Verkehrslandeplatz Gera-Leumnitz, www.grossflugtage.de
9.–11. Juni
1./2. Juli
19.–25. Juni
28. Februar–5. März Australian International Airshow, Avalon Airport, Melbourne/Australien, www.airshow.com.au
Paris Airshow, Le Bourget/Frankreich, www.siae.fr
MÄRZ
24./25. Juni
Tico Warbird Airshow, Space Coast Reg. Airport, Titusville/Florida/USA, www.valiantaircommand.com
Airshow Ursel Avia, Ursel/Belgien, www.urselavia.be
10.–12. März
Oshkosh Airventure, Oshkosh/Wisconsin/ USA, www.eaa.org
AUGUST 4.–6. August Int. Airshow, Quesnel Reg. Airport/Kanada/ www.quesnelskyfest.ca Alle Angaben sind ohne Gewähr. Kurzfristige Änderungen treten häufig ein, eventuell beim Veranstalter nachfragen! Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit: Fax: 0951/4 28 23, E-Mail:
[email protected], Alexander Nüßlein, janluftfahrt.de
B Ü C HER LUFTFAHRTARCHIV HAFNER
Flugzeugbau und Luftfahrt
CD mit PDF-Dateien Luftfahrtarchiv Hafner. Salonallee 5. D-71683 Ludwigsburg.
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Udo Hafner hat sich in der Fachwelt mit seinen feinen Reproduktionen von historischen Flugzeughandbüchern längst einen Namen gemacht. Dazu bietet er auch historische Fachbücher an, die ansonsten nur noch selten antiquarisch erhältlich sind. Die zwischen 1927 und 1943 insgesamt 28 herausgegebenen Bände der Reihe Flugzeugbau und Luftfahrt bieten einen guten Einblick in die damalige deutsche Luftfahrttechnik. Auf 2664 Seiten erhält der Leser einen ausgezeichneten Einblick in Themen wie den damaligen Flugzeugbau und die Konstruktion. Eine hervorragende Luftfahrt- und technikhistorische Fundgrube für die Fliegerei der 1930er- und 1940er-Jahre! PWC
KLAUS SCHRIML
Vergessener Flugplatz Klaus Schriml befasst sich in seinem gut recherchierten Werk mit der Geschichte des Flugplatzes Amberg/Schafhof von 1937 bis 1948. Er beginnt mit der Planung des Platzes und beschreibt, wie später verschiedene Flugzeugführerschulen hinzukamen. Später führt er aus, wie die Messerschmitt GmbH 1944 den Platz für sich beansprucht und was nach den alliierten Angriffen mit ihm passiert. Zahlreiche Fotos von Segelflugzeugen, Auszüge aus Flugbüchern und eine Aufstellung der eingesetzten Flugzeugmuster sowie Fotos und ein Werknummernverzeichnis der eingeflogenen Bf 109 ergänzen das Buch. Empfohlen für Leser mit Interesse an der Luftwaffe und deutschen Flugplätzen. PS
Im Fadenkreuz der Alliierten Die Wahrheit über den geheimen Flugplatz AmbergSchafhof 144 Seiten, Hardcover, durchgehend s/w-bebildert. Buch&Kunstverlag Oberpfalz. ISBN 978-3-95587-034-8. Preis: 19,90 € Bezugsquelle: www.gietl.verlag
LESERBRIEFE
Leserbriefe Anmerkung der Redaktion Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums unserer Leser sinnwahrend zu kürzen.
Supermarine Seafire »Im Tiefflug gegen Kamikaze« in Heft 12/2016 Es freut mich, dass Sie neben der Geschichte der Supermarine Spitfire auch jene der Seafire nicht vergessen. Der Bericht über die Seafire Mk. IIC und Mk. III war hochinteressant und lässt auf eine baldige Fortsetzung hoffen. Bei der verunglückten Maschine auf Seite 28 links mit der Kennung 13-2 handelt es sich allerdings nicht um eine Mk. III, sondern um die spätere Version Mk. XV. Diese hatte bereits das Rolls-Royce-Griffon-Triebwerk (gut zu erkennen an den größeren Ausbuchtungen direkt über den Auspuffreihen). Weitere Merkmale sind ein einziehbares Spornrad und das vergrößerte und geteilte Seitenruder, dessen
unterer Bereich als Fanghaken ausgelegt war. Der Report und vor allem die Fotos über das 18. Oldtimertreffen auf der Hahnweide sind ebenfalls phantastisch. Auch hier eine kleine Anmerkung: Die P-51D Mustang »Nooky Booky IV« mag zwar ein neues Triebwerk erhalten haben, aber mit Sicherheit keinen Allison (den hatten nur die frühen P-51A und die A-36), sondern natürlich einen Packard Merlin. Roman Trebing, Kassel
235 Seiten, 269 Fotos und Zeichnungen, 60 Farbfotos. Eigenverlag. ISBN 978-3-00-054109-4. Preis: 39 € Bezugsquelle:
[email protected]. www.ju52.org
Der ehemalige RCAF-Bordschütze Bob Peterson betrachtet seine eigene Weltkriegs-Geschichte in Ausgabe 11/2016 von Flugzeug Classic
Avro Lancaster »Stundenlanger Stress« in Heft 11/2016 Als Bob Peterson die NovemberAusgabe von Flugzeug Classic in den Händen hielt, war sein Tag gerettet: »Ich bin hellauf begeis-
tert, meine Geschichte gedruckt zu sehen.« Der ehemalige RCAFBordschütze eines LancasterBombers ist beeindruckt, dass ganze sechs Seiten seiner Einsatz-
zeit gewidmet sind. Er sieht mit Freude dem 100. Jahrestags des Bestehens der 100 Squadron entgegen, ein Ereignis, an welchem der 90-Jährige im Frühjahr 2017 unbedingt teilnehmen möchte. Welche Rolle Bobs Vergangenheit innerhalb der Familie spielt, beweist einer seiner Söhne: Er hat ein Lied für seinen Vater geschrieben mit dem Titel »The Rear Gunner Man«, das man auf YouTube findet. Anne Gafiuk, per Mail
BERND PIRKL
RICHARD A. FRANKS
Nicht immer sind es die großen Verlage, die interessante Monografien historischer deutscher Flugzeuge herausbringen. Bernd Pirkl hat sich über viele Jahre mit der legendären »Tante Ju« beschäftigt und eine wahre Fleißarbeit zusammengestellt. Neben einem kurzen Abriss zur Geschichte und Technik des Flugzeugtyps beschäftigt er sich vor allem mit den noch erhaltenen Flugzeugen von Junkers und den Lizenzbauten von Amiot und CASA. Beeindruckend ist die Werknummernliste für die Ju 52, Amiot AAC.1 und CASA 352, die fast 100 Seiten umfasst. Viele der abgebildeten Fotos sind bisher unbekannt. Eine interessante Dokumentation und ein hübsches Geschenk! PWC
Die beliebte Heftreihe wird nun um die Dornier Do 335 mit sämtlichen V-Mustern, A- und B-Serienausführungen sowie Projekten bis hin zur Do 435 erweitert. In erster Linie für Plastikmodellbauer gedacht, findet auch der mehr technisch orientierte Leser ein gutes, inhaltlich wie grafisch wirklich ansprechendes Kompendium. Etwa mit Entwicklungsüberblick, üppig illustrierter technischer Beschreibung, vielen Detailfotos, isometrischen Darstellungen zur Identifizierung aller Unterversionen, Maßstabsrissen und einigem mehr. Zudem gibt es exklusive Bauberichte, beispielsweise zum 1:48er-Tamiya-Modell oder dem 1:32er-Flaggschiff von HK Models. Lohnt sich! WM
Die Junkers Ju 52
Die Junkers Ju 52
Sie wollen uns schreiben? Flugzeug Classic GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a 80797 München
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Do 335
The Dornier Do 335 Pfeil A complete Guide to the Luftwaffe’s Fastest Piston-engine Fighter Airframe and Miniature No 9 In englischer Sprache 144 Seiten, über 200 Fotos, 15 Farbprofile. Valiant Wings Publishing. ISBN 978-0-9935-3455-3. Preis: 26 € Bezugsquelle: Fachbuchhandel
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TECHNIK
Fw 189 A-1
DIE METAMORPHOSEN EINES FLUGZEUGS
Zur Partisanenjagd gerüstet So manches Flugzeug durchlief mehrere Modifikationen. Das traf auch auf die Fw 189 A-1, Werknummer 178, zu. Plante man aus dem Aufklärer 1941 zunächst ein Reiseflugzeug zu machen, kam man zwei Jahre später auf eine ganz andere Idee: Er sollte Partisanenjäger werden Von Rene Scheer
W
ährend zu Beginn der Kriegshandlungen Partisanengruppen vor allem auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR kaum in Erscheinung traten, änderte sich die Situation schon ab 1942 grundlegend. Im Mai 1943 wurde von der KPdSU ein zentraler Stab der sowjetischen Partisanenbewegung geschaffen, der auf zirka 250 000 Kämpfer zurückgreifen konnte. Die unter General Ponomarkenko operierenden Truppen beanspruchten für sich ungefähr 300 000 bei Partisanenkämpfen gefallene Wehrmachtsangehö-
rige, die Sprengung von über 3000 Eisenbahnund Straßenbrücken, die Entgleisung von 3000 Zügen, die Zerstörung von über 1000 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen und die Vernichtung von über 4000 Lastkraftwagen und fast 500 Flugzeugen. Diese Zahlen sind neuesten Forschungen nach zu hoch gegriffen und propagandistisch geschönt, zeigen aber, dass die Partisanen im okkupierten Hinterland ab 1943 nicht mehr nur »Nadelstich-Einsätze« tätigten, sondern zu einem ernsten Problem avancierten. Die
Partisanenlager befanden sich in den riesigen Waldflächen der UdSSR und konnten durch die Wehrmacht kaum aufgeklärt werden. Rund um das weißrussische Polozk waren beispielsweise die Wälder reines »Bandengebiet«. Bodentruppen konnten die riesigen Flächen auf der Suche nach den Partisanen unmöglich durchkämmen. Hier kamen bei der Aufklärung und auch bei der sogenannten »Bandenbekämpfung« besonders die den Panzerarmeen zugeordneten Nahaufklärereinheiten (NAG) zum Einsatz.
Die Fw 189 in der UdSSR. Das Flugzeug ist berühmt für seine Beschussfestigkeit – einer von vielen Gründen, warum man aus ihm einen Partisanenjäger machen möchte
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Die umgebaute Kanzel mit dem MG 81 J. Gut zu erkennen: der Schlauch für den Hülsenauswurf
Aufgerüstet: 1000-SchussTrommel mit offenem Sitz
Reiseflugzeug oder doch Jäger? Fw 189 vom NAG 3 im Flug
Die NAG waren zunächst mit Hs 126 ausgerüstet worden. Die vor allem im Wintereinsatz wenig zuverlässige Hs 126 wurde Stück für Stück durch die moderne Fw 189 ersetzt. Mit der großflächigen Verglasung und den doppelten Leitwerkträgern wirkte die Maschine recht filigran, erwies sich im Einsatz aber als sehr robust. Die mit jeweils zwei ETC 50 (Elektrischer Träger für cylindrische Außenlasten) unter den Flächen ausgestattete Fw 189 konnte vier Bomben SC 50 transportieren und so kombinierte Aufklärungs- und Störeinsätze fliegen. Die beinahe schon legendäre Beschussfestigkeit ließ die Idee reifen, die Fw 189 mit stärkerer Offensivbewaffnung auszustatten. Dadurch erhoffte man sich, Partisanen und ihre Lager besser aufklären und angreifen zu können. FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Zur Erprobung eines speziellen Flugzeugs zur Bandenbekämpfung wählte man die Fw 189 A-1, Werknummer 178, aus. Die Maschine hatte mittlerweile einen vielseitigen Lebenslauf hinter sich:
Komfortablere Ausstattung Im Dezember 1941 erteilte der Reichsminister der Luftfahrt der Firma Focke-Wulf nachträglich den Auftrag, zwei Fw 189 A-1 zu Reiseflugzeugen umzurüsten: Die Werknummer 159 für den Generalfeldmarschall Albert Kesselring und die Werknummer 178 für den Chef des Generalstabs und General der Flieger Hans Jeschonnek. Die nötigen Umbauten waren zu dieser Zeit bereits abgeschlossen. Schon im November 1941 baute man die Bildgeräte und das
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Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Rene Scheer
Auftragserteilung des RLM für den Umbau zum Reiseflugzeug
TECHNIK
Fw 189 A-1
Vielseitig: Vier SC-50-Bomben erlaubten kombinierte Aufklärungs- und Störeinsätze
Sitz-Gurttrommel-Kombination löst Probleme
Ein Schütze im C-Stand in der Fw 189 – Tests ergaben ein fehlerfreies Funktionieren der MGs
FuG 17 aus und installierte ein FuG 21 und einen weiteren 200-Liter-Kraftstofftank. Die Panzersitze entfernte man und ersetzte sie durch weit bequemere Sitze. Des Weiteren entstanden in der Kabine Halterungen, um zwei bis drei Handkoffer für den Transport sicher unterzubringen.
Die sich ändernde Kriegslage zwang offensichtlich die gern selbst fliegenden Generäle aus ihren Maschinen in andere, schnellere und mit stärkerer Defensivbewaffnung ausgestattete Flugzeugtypen. So kam die Werknummer 178 wieder zu Panzersitzen. Vermutlich rüstete man sie nicht wieder komplett
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zurück, sondern nutzte sie als Kurierflugzeug bei einer der Kurierstaffeln oder Flugbereitschaften der Luftwaffe. Die Maschine kam im Frühjahr 1943 schließlich nach Vaerlöse, nördlich von Kopenhagen. Der Umbau zum »Partisanenjäger« geschah an der dortigen Schießschule
Focke-Wulf Fw 189 A-1 – das Stammkennzeichen des umgebauten Musters ist nicht bekannt Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus
Tarnewitz fertigte man diese Sitz-Gurttrommel-Kombination an und erprobte sie erfolgreich im Waffenstand. An der Lafette brachten Konstrukteure zusätzlich eine Begrenzung an, da es beim Schwenken der Waffe zu Behinderungen des rechten Seitenruderpedals kam. Nachdem im März 1943 die Schwingungsmessungen an der Lagerung des MG gut verliefen, begann die praktische Lufterprobung.
Unklares Schicksal
Man befand die Fw 189 A-1/A-2 nicht nur brauchbar für den Kampf gegen Partisanen; Konstrukteure optimierten die Maschine auch permanent für den künftigen Einsatz
der Luftwaffe. Nach Abschluss der Arbeiten übergab Focke-Wulf die Fw 189 an die Erprobungsstelle der Luftwaffe in Tarnewitz.
Totale Veränderung Das in der Kanzel der Fw 189 eingebaute MG 81 J sollte Partisanen bekämpfen und auch der Schießausbildung dienen. Zum Einbau der Waffe veränderte und verstärkte man die Kanzelstreben der Fw 189 A-1 so, dass im Bedienungsbereich des Beobachtersitzes ein Lager LG 81 VE im Frontbereich der Kanzelverglasung eingebaut werden konnte. Zunächst führte die Maschine für das MG 81 J einen Munitionsvorrat von 700 Schuss mit sich. Die erste Ausführung, mit der Anordnung der Munition auf dem Patronenboden steFLUGZEUG CLASSIC 2/2017
hend in einem rechteckigen Munitionskasten, führte zu Störungen bei der Patronenzufuhr. Der Gurt verdrehte sich und infolgedessen klemmten die Patronen. In der zweiten Ausführung verbaute man in Tarnewitz eine Gurttrommel vor dem beweglichen Beobachtersitz. Deren Munitionsvorrat betrug aus Gründen des Platzmangels nur 500 Schuss, ergab aber eine einwandfreie Funktion. Am 4. März 1943 stellte man die Maschine bei Focke-Wulf in Bremen vor und legte die Änderung auf eine Gurttrommel mit 1000 Schuss fest. Dazu ersannen Konstrukteure den Sitz des Schützen neu: Die Gurttrommel bildete den Unterteil des (nun nicht mehr verschiebbaren) Beobachtersitzes. Nach Rückkehr der Maschine zur Erprobungsstelle in
Im Normalflug, beim Beschleunigen und im Gleitflug ergaben die Tests eine fehlerfreie Funktion des MG mit der 1000-Schuss-Trommel. Diktiert von den Platzverhältnissen in der Kanzel, betrugen die Schusswinkel nach oben fünf Grad und zum Boden minus 40 Grad, ungezielt konnte auch bis zu minus 50 Grad geschossen werden. Dazu drückte der Schütze die Waffe ganz nach vorn. Hier war es ihm aber unmöglich, das Ziel anzuvisieren. Der Schwenkbereich nach rechts betrug bis zum Begrenzer 20 Grad, nach links war bis 20 Grad gezieltes Feuern möglich, ungezielt konnte nach links bis 25 Grad geschossen werden. Der bei diesem Projekt zusätzlich geforderte 200-Liter-Kraftstofftank war bei der Werknummer 178 nach der Transformation zum Reiseflugzeug bereits verbaut. Die Maschine erhielt weiterhin eine geänderte Funkausrüstung und man stattete sie mit einem FuG 21 und einem PeilG 6 aus. Vier ETC 50 dienten dazu, Abwurfmunition mitzuführen. Am 1. April 1943 übergab man die Maschine Focke-Wulf zur fertigungsgerechten Umsetzung des Einbaus des A-Standes als Muster. Ab da ist das Schicksal dieser Fw 189 A-1 mit der Werknummer 178 unklar. Das RLM erteilte Focke-Wulf im Dezember 1943 den Auftrag zum Umbau von Fw 189 A zu »Partisanenjägern«. Wie viele und ob man überhaupt noch Fw 189 umbaute, war leider nicht mehr abschließend zu ermitteln. Die Kriegs- und Wirtschaftslage ab Ende 1943 lässt jedoch eher darauf schließen, dass Focke-Wulf diesen Umbau nicht oder nur in geringen Stückzahlen verwirklichte und die Luftwaffe weiterhin mit Serienmaschinen gegen die Partisanen vorging. I
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OLDTIMER
Dangerous Skies
NEUER HIT IM OMAKA-MUSEUM
Warbirds in Action
Das Omaka Aviation Heritage Center setzt erneut neue Maßstäbe und zeigt tolle Dioramen des Zweiten Weltkriegs. Die Szenen lassen Piloten wie Warbirds wieder zum Leben erwachen … Von Dave McDonald
A
m 28. Oktober 2016 wurde in Anwesenheit des russischen Botschafters eine neue Perle in der Krone des Omaka Aviation Heritage Center in Blenheim, Neuseeland, eröffnet. Das Museum ist bereits weltberühmt für seine hervorragende Ausstellung Knights of the Sky über den Ersten Weltkrieg, die Besucher im vergangenen Jahrzehnt – wie die königlichen Hoheiten Prinz William und Kate – tief beeindruckt hat. Der neue Hangar und die Ausstellung mit dem Titel Dangerous Skies erweitern den Erfahrungsbereich auf den Zweiten Weltkrieg. Die Ausstellung folgt demselben Muster mit überlebensgroßen Dioramen über spezielle Momente der Geschichte; dabei ist auch eine Steigerung der Atmosphäre durch die zielgerichtete Beleuchtung jeder einzelnen Szene erkennbar. Einige Flugzeuge dienen lediglich dazu, die Zeit zu kennzeichnen, und können bei Bedarf zur Teilnahme an bestimmten fliegerischen Aktionen herausgelöst werden – sei es zu der zweijährlich stattfindenden International Airshow Classic Fighters oder zu den beschaulicheren Flugtagen.
Letzte Rettung: Cocktailparty Das erste Flugzeug, das die Besucher begrüßt, ist auch eines der spektakulärsten. Hoch an der Decke hängt ein maßstabsgetreues Hurricane-Replikat im Todeskampf – auf dem Rücken liegend, das Kabinendach abgeworfen, die Außenhaut durchlöchert, Feuer lodert aus dem Triebwerk und aus dem Cockpit kommt ein goldfarbenes Glühen. Diese Szene stellt den neuseeländischen Piloten Flight Lieutenant James Hayter dar, der gegen eine Messerschmitt Bf 109 während der Luftschlacht um England unterlag. Glücklicherweise gelang es ihm zu entkommen; er landete mit dem Fallschirm auf dem Gelände eines Landsitzes, auf dem man gerade eine Cocktailparty veranstaltete, zu deren Teilnahme ihn die Anwesenden sofort einluden. In diesem Bereich des Hangars ist auch die weltweit einzige flugtüchtige Avro Anson Mk.1 in den Farben der 206 Squadron des Coastal Command zu sehen.
Die sowjetische Pilotin Lydia Litvyak hält zusammen mit einem Yak-Jäger die Stellung in dieser Frostszene im zerstörten Stalingrad
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Das zerstörte Stalingrad Auf dem weiteren Weg stößt der Besucher auf eine abgelegene Waldlichtung und die atemberaubende P-40E Kittyhawk, silbrig schimmernd im »Mondlicht«. Dieser Jäger als einjährige Leihgabe ist noch absolut neuwertig, nachdem er 70 Jahre lang praktisch überhaupt nicht angerührt worden war. Was wird den Platz dieser »Hawk« einnehmen, nach Ende der Leihfrist? Ursprünglich wollte man in dem Diorama der Focke-Wulf Fw 190 A-8/N eine neue Heimat verschaffen. Doch aufgrund des Ringelpiezes des Flugzeugs auf der Classic Fighters Airshow 2015 wird man bis zur Reparatur einen gleichwertigen Jäger ausstellen.
Fotos Dave McDonald
Das maßstabsgetreue Replikat der Ju 87 Stuka mit den Markierungen des Schlachtfliegerasses Hans-Ulrich Rudel
Mit dem ausgezeichneten Rückblick auf das verwüstete Stalingrad um 1942 bildet das Winterdiorama mit dem flugtüchtigen Yak-Jäger Graeme Frews ein absolutes Highlight. Über der Maschine ist die Ju 87 Stuka gerade dabei, ihre Bombe auf das Ziel abzuwerfen, und man fragt sich, ob das Flugzeug überhaupt noch hochziehen kann. Dieses maßstabsgetreue Replikat mit den Markierungen des Schlachtfliegerasses der Luftwaffe, HansUlrich Rudel, hat man, bevor man es aufhängte, umfangreich restauriert. Der Besucher erhält einen guten Eindruck davon, um welch riesiges Flugzeug es sich bei diesem »Terror aus der Luft« gehandelt haben muss. Obwohl das von den Stukas zerstörte Stalingrad in der Szene sichtbar ist, deutet das Diorama auch die glückliche Wende in der Schlacht an, die zweifellos die wichtigste an der Ostfront, wenn nicht im gesamten Krieg war. Versinnbildlicht wird dies durch das Mannequin Lydia Litvyak in voller Ausgehuniform. Diese junge Frau zählte zu jenen erfolgreichen weiblichen Piloten, die während des »großen vaterländischen Krieges« bei der sowjetischen Luftwaffe dienten. Ihre faszinierende Geschichte ist auf einer der vielen Informationstafeln nachzulesen, die neben audiovisuellen Präsentationen und Darstellungen von Memorabilien über den gesamten Hangar verteilt sind.
Abwechslungsreiche Dioramen Insbesondere die persönlichen Gegenstände erinnern in ergreifender Weise daran, dass es hier nicht nur um Maschinen geht, sondern auch um die Männer und Frauen, die sie berühmt machten, unabhängig davon, welche Uniform sie trugen. Nachdem der Besucher das Winterdiorama passiert hat, betritt er die Hölle von Stalingrad selbst – umgeben von zerbombten und kollabierten Gebäuden, Rauch und Feuer, dem Rattern von Maschinengewehren, dem Heulen von KatjuschaRaketen, dem ächzenden Metall der Panzerketten, dem Terror aus der Luft und den kaum wahrnehmbaren Geräuschen der Soldaten, die versuchen, die Kämpfe einen weiteren Tag lang zu überleben. Daraufhin bietet sich dem Zuschauer ein völlig anderes Bild: Man findet sich in wärmeren Gefilden wieder – mit der gewaltigen Spitfire Mk.XIV in einem Dschungeldiorama mit der Angabe, der Jäger wäre im Juli 1945 dem South East Asia Air Command zugeteilt gewesen. Bei Dangerous Skies handelt es sich um eine komplette Darstellung, die den Besucher an einen anderen Ort und in eine andere Zeit versetzt und ihn über einen Krieg nachdenken lässt, der unsere moderne Welt in beispiellosem Ausmaß geformt hat. I
Eine Hurricane, brennend und kurz vor dem Absturz. Sie trägt einen eigenen Farbanstrich aus der Zeit der Kämpfe um England; ein Extra aus dem ikonischen Film Die Luftschlacht um England aus dem Jahr 1968
Noch für kurze Zeit in Omaka zu sehen: Die hochglanzpolierte P-40E Kittyhawk im »Mondlicht«. Die Royal Canadian Air Force setzte den Jäger für den Küstenschutz ein
Die Anson K6183, ZKRRA, ist derzeit die einzige flugtüchtige Mk.1. Sie repräsentiert eine Maschine des Pilot-Officer Laurie Edwards, der die dubiose Ehre hatte, der erste Kriegsgefangene Neuseelands im Zweiten Weltkrieg zu sein. Zudem war er der erste RAF-Offizier, der nach einem Gefecht mit einer He 115 in Gefangenschaft geriet
Als wäre man auf einmal in tropischen Gefilden – die Spitfire Mk.FR XIVe, NH799, mit einer stolzen Version des Staffelemblems der 132 RAF Squadron inmitten eines atemberaubenden Dschungeldioramas
Weitere Informationen: www.omaka.org.nz FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
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TECHNIK
Fouga CM.170 Magister
Das Erlebnis für jeden LuftfahrtEnthusiasten: einmal in einem Bundeswehr-Oldie fliegen
Die Weiten der Landschaft und der Geruch der Sauerstoffmaske – unzählige Eindrücke prasseln auf Johannes Kleine ein
AUFREGENDER FLUG IN EINEM JET-KLASSIKER
Airshow-Star V-Leitwerk und ein hoch pfeifendes Triebwerk: Das sind nur zwei von vielen markanten Merkmalen der Fouga CM.170 Magister. Das bis Mitte der 1960er-Jahre in der Bundesluftwaffe eingesetzte Flugzeug ist mittlerweile ein gern gesehener Gast auf Flugtagen in Deutschland. Unser Autor erfüllte sich seinen lang gehegten Wunsch und hob mit dem Jettrainer ab … Von Johannes Kleine
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ie Bundesluftwaffe erhielt 1957 die ersten von insgesamt 250 Fouga Magister CM.170 Jettrainer. Der schlanke Vogel löste die merklich in die Jahre gekommenen Harvard Mk IV ab und läutete gleichzeitig das Jetzeitalter der Pilotenausbildung ein. Gut ein Jahrzehnt, bevor die Ausbildung der künftigen Luftwaffenpiloten in die USA verlegt wurde, kamen die ersten Jets zur Flugzeugführerschule A in Landsberg. Anfangs stellte man die Jettrainer noch im französischen Fouga-Werk Toulouse-Blagnac her. Die überwiegende Zahl jedoch stammte von der
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Flugzeug Union Süd GmbH, einem Herstellerkonsortium aus der Ernst Heinkel Fahrzeugbau GmbH und der Messerschmitt AG. Sogar über ein eigenes Kunstflugteam verfügte die Luftwaffe damals noch. Ausgestattet war dieses Acroteam auch mit der Fouga Magister CM.170. Offiziell sollte der Verbandsflug dem Training im Formationskunstflug dienen. Der tragische Absturz von vier Starfightern während der Vorbereitung auf einen Flugtag 1962 bedeutete allerdings das umgehende – und bis heute anhaltende – Ende jeglicher Kunstflugaktivitäten der Luftwaffe. Der
Seit dem Sommer 2014 wird die als DeltaIndia-Foxtrott-Charlie-Charlie (D-IFCC) zugelassene Fouga Magister nun von einer Haltergemeinschaft am Flughafen PaderbornLippstadt betrieben. Größere Sorgen um den Klarzustand macht sich die Truppe nicht, sie kann auf einen immensen Fundus an Ersatzteilen zurückgreifen.
Zierlicher Jet
Ein übersichtlicher und vertrauter »Uhrenladen« erwartet den Piloten
Ruhestand im aktiven Dienst kam für die Fouga Magister Mitte der 1960er-Jahre. Zwischenzeitlich trainierten junge Nachwuchspiloten auf dem Muster T-33 »Shooting Star« in den Vereinigten Staaten. Heutzutage fliegt nur noch eine Handvoll dieser klassischen Jets. Lizenzrechtliche Anforderungen und nicht zuletzt die Betriebskosten stehen einer weiten Verbreitung eher
entgegen, als sie zu fördern. In Deutschland gibt es nur ein fliegendes Exemplar, die Werknummer 79, Baujahr 1958. Claus Colling, einst treibende Kraft hinter dem FlugWerk-190Projekt, hat sie in mühevoller Arbeit in den flugfähigen Zustand restauriert und selbst geflogen. Kein leichtes Unterfangen, war sie doch viele Jahre lang als Schnittmodell in einer Bundeswehr-Lehrsammlung ausgestellt.
Eine schmale Silhouette, Tiptanks, V-Leitwerk … Auf den ersten Blick wirkt der Jet für mich vergleichsweise zierlich. Am Boden stellt sich die Fouga dann auch als »handlich« heraus, ein Elektroschlepper zum Rangieren hilft trotzdem ungemein. Die Spannweite von gut zwölf Metern ist beim Aushallen durchaus übersichtlich. Will man den Vogel in die Luft befördern, sind naturgemäß einige Checks abzuarbeiten: Luftdruck der Reifen, Füllstand des Spezialöls für die beiden Turboméca-Marboré-Triebwerke und der klassische WalkAround zur allgemeinen Sichtkontrolle gehören dazu. Das Spezialöl zu beschaffen stellte keine unlösbare Aufgabe dar, zeigt aber die Besonderheit des Fliegers: Das Öl wurde nach den vorgegebenen erforderlichen Spezifikationen eigens von einem Mineralölkonzern in Kleinserie angefertigt. Safety Pins, Rudersperren und Triebwerkabdeckungen sind ebenfalls noch zu entfernen. Auf mich wartet auch eine persönliche Flugvorbereitung. Dazu gehören eine passende (und praktische) Fliegerkombi und ein Jethelm. Allmählich setzt sich die Einsicht durch,
Gewartet, getankt und mit offenem Cockpit – die Fouga Magister lädt förmlich zum Mitflug ein
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
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TECHNIK
Fouga CM.170 Magister
Clevere Vorrichtung – hydraulische Luftbremsen helfen dabei, im Landeanflug die Geschwindigkeit abzubauen
dass ich mir in Kürze einen Militär-Jettrainer »umschnallen« werde. Der Einstieg stellt keine große Herausforderung für mich dar, dank gleichsinnig nach hinten aufklappbarer Hauben ist genügend Platz. Über Schleudersitze verfügte die Fouga Magister übrigens nie. Ihre Nachrüstung wurde aufgrund der sich abzeichnenden Ausmusterung des Flugzeugtyps, wohl aus Kostengründen, nicht mehr vorgenommen. Im Cockpit angekommen, wartet ein aufgeräumter und erfreulich klassischer »Uhrenladen« mit Rundinstrumenten auch auf mich als Backseater. Abgastemperatur, Öltemperatur, Öldruck, G-Messer und die vertrauten Flugüberwachungsinstrumente wie künstlicher Horizont, Höhen-, Fahrt- und Drehzahlmesser, Machmeter sowie Variometer sind vorhanden. Zugeständnisse an moderne Zeiten lassen sich beim Funkgerät und dem GPS erkennen. Speziell vom vorderen Sitz des Piloten ist die Sicht gut. Auf dem hinteren Platz schränken Cockpitrahmen und Vordermann den Ausblick etwas ein.
Wie ein Pfeil, der durch die Luft schießt: Auch vom Boden wirkt die Maschine schlank und elegant
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Insgesamt liegt die Fouga gefühlt sehr dicht über dem Vorfeld. Ein Eindruck, der sich beim Starten und Landen wiederholt. Das tiefe Sitzgefühl wirkt wie bei einem Sportwagen und gänzlich anders, als beispielsweise der hohe Ausblick aus einer AT-6 oder P-51 Mustang. Zum Anlassen der Triebwerke kommt ein ex-
Fotos Johannes Kleine
Sportwagen der Lüfte
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Wie es sich für einen Jet-Trainer gehört: Normalerweise hat von hier hinten aus der Lehrer seinen Schüler im Blick, diesmal nahm Johannes Kleine auf dem Backseat Platz
terner Helfer hinzu, der die Maschine mit dem nötigen Strom versorgt. Der Startvorgang beginnt mit dem linken Triebwerk, welches insbesondere für den erforderlichen Hydraulikdruck sorgt. Läuft das Triebwerk einmal an, macht sich der Jethelm mit speziell für die laute Umgebung abgestimmtem Funk bezahlt. Einem zunächst noch rauen und tiefen Brummen folgt in kurzer Zeit das markante hohe Pfeifen, welches der Fouga Magister auch ihren Spitznamen »Mäusetöter« einhandelte. Gehörschutz außerhalb der Kabine ist spätestens ab jetzt obligatorisch, schon die Leerlaufdrehzahl liegt bei 6500 U/min. Rauschen dann die ersten Liter Jet-Fuel durch beide Brennkammern, wird es Zeit, Kontakt zum
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TECHNIK
Fouga CM.170 Magister
Der »Mäusetöter« ist ein gern gesehener Gast auf Flugtagen
Turm aufzunehmen. Das Flughandbuch empfiehlt, nach 15 Minuten am Boden in der Luft zu sein. Über ein angesteuertes Bugrad verfügt die Fouga nicht. Der Pilot hält sie beim Rollen also mit den Bremsen der Haupträder gefühlvoll auf Kurs. Wenig später erreichen wir den Rollhalt vor dem Anfang der Startbahn 24. Zeit für den letzten Check der Instrumente und Triebwerke. »Delta–India–Foxtrott–Charlie–Charlie, wind two six zero, eight knots, cleared for take-off runway two four« lautet kurz darauf die Startfreigabe vom Tower. Bei 90 Knoten, ungefähr 165 km/h, wird »rotiert«, also das Bugrad von der Piste gehoben. Mit 100 Knoten (185 km/h) klettert der Jet in sein Element, während die Triebwerke mit 22 600 U/min auf Startleistung drehen. Meine Augen behalten dabei konzentriert die steigende Geschwindigkeit, den Öl- und Treibstoffdruck sowie die Abgastemperatur der Triebwerke im Blick, welche nicht über 675 Grad Celsius steigen darf. Der Weg in die dritte Dimension vergeht nicht überwältigend schnell, jeweils 400 Kilopond Schub drücken die Maschine nach gut 600 Meter Startrollstrecke in den Himmel.
Wie auf Schienen Dort angekommen, läuft der Fahrtmesser spürbar zügig in Regionen, die einem Privatpiloten wie mir sonst nicht sehr alltäglich vorkommen. Der Zeiger bleibt aber respektvoll unter den im Luftraum bis 10 000 Fuß vorgeschriebenen 250 Knoten (460 km/h) »kleben«. Die Maximalgeschwindigkeit liegt bei 715 km/h in Bodennähe, Mach 0,82 in 9000 Metern. Über eine Druckkabine verfügt die Fouga Magister nämlich schon.
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Auf Steuereindrücke reagiert der Jet anstandslos, speziell um die Längsachse rollt die Fouga ausgesprochen flott. In engen Kurven werden die Arme durchaus auch mal schwerer, ein Greyout oder Schlimmeres bleibt uns jedoch erspart. Interessantes Merkmal des »Knüppels«: Er schwenkt, wie es beispielsweise auch von einer Hawker Hurricane bekannt ist, nur im oberen Drittel für Richtungsänderungen zur Seite, um auf mechanische Art für Bewegungen der Querruder in den Tragflächen zu sorgen. Hydraulisch werden die Landeklappen, Radbremsen und Luftbremsen betrieben. Besonders auffallend ist die stabile Fluglage, wie auf Schienen geht es über der Landschaft dahin. Das von Propellerflugzeugen bekannte Rollmoment gibt es schlichtweg nicht. Vernachläs-
Piste kommt am Ende vertraut nahe, speziell nachdem sich auch das Bugrad wieder mit dem Boden vereinigt. Nach wenigen Abzweigen über verschiedene Rollwege steht der Flieger in Parkposition vor dem Hangar und die Triebwerke werden abgestellt.
Willkommene Ausnahme Nicht nur für Augen und Ohren ist die Jetfliegerei ein Genuss, auch die Nase bekommt etwas ab. Ein wohlduftender Cocktail aus »altem Flugzeug«, Öl und JET-A1-Treibstoff weht in die Kabine. Leider bedeutete die geöffnete Kabinenhaube aber auch, dass mein außergewöhnlicher Ausflug mit einem herausragenden Flugzeug zu Ende ging. Immerhin gab es während der vergangenen Airshow-Saison 2016 mehrere Gelegenheiten, den klassischen
Der Fahrtmesser läuft zügig in Regionen, die der Privatpilot sonst nicht gewohnt ist. sigt man die natürlichen Windeinflüsse fliegt der Jet einfach in die Richtung, in welche die Flugzeugnase zeigt. Sobald unser Flugweg wieder zurück in die Kontrollzone des Flughafens führt (und damit zur Landung), helfen die Luftbremsen, um überschüssige Geschwindigkeit abzubauen. Die Maximalgeschwindigkeit zum Ausfahren des Fahrwerks liegt bei 140 Knoten (260 km/h), Landeklappen können ab 130 Knoten (240 km/h) eingesetzt werden. Der Anflug führt zunächst parallel der Piste entlang und geht in einem weiten Bogen bei 120 Knoten (220 km/h) im Queranflug bis zum Endanflug mit 105 Knoten (195 km/h). Der Asphalt der
Jet in der Luft zu bestaunen. Bei den Flugtagen in Hamm und Soest sowie auf der Hahnweide schaute die Fouga Magister vorbei. Immer noch ist der Auftritt eines Jets auf deutschen Flugtagen eine beim Publikum äußerst willkommene Ausnahme. Während der Airpower 2016 in Zeltweg nahm das Flugzeug sogar an der Historic Jet Formation teil, einer Formation der österreichischen Luftwaffe aus insgesamt sieben Düsenjets, von der Saab S-29 »Tunnan« über die Saab »Draken« bis hin zum heutigen Eurofighter. Man darf gespannt verfolgen, an welchem Ort und zu welcher Zeit die deutsche Fouga CM.170 Magister in diesem Jahr so auftreten wird. I
WUSSTEN SIE, DASS …
Wussten Sie, dass … … die Boeing B727 der erste Jet mit einer kleinen GasHilfsturbine (APU) war, die ihn unabhängig vom Bodenstrom machte und für Klimatisierung sorgte?
… der berühmte chinesische Flugpionier Feng Ru (1883–1912) in einer winzigen kalifornischen Baracke heimlich Flugzeuge baute, 1911 in die Heimat zurückkehrte und dort als Erster flog? … die Goodyear Reifen- und Gummifabrik nicht nur Luftschiffe, sondern im Zweiten Weltkrieg auch F4U »Corsair«-Kampfflugzeuge für die US Navy baute?
Zahl des Monats
7400
… noch im Zweiten Weltkrieg Doppeldecker mit offenen Cockpits existierten? FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Fotos picture-alliance/dpa; rainoo, Martin-Baker, Goodyear, Archiv Flugzeug Classic
Mehr als
erfolgreiche SchleudersitzAusstiege vermeldet der britische Hersteller MartinBaker derzeit auf seiner Webseite.
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OLDTIMER
Blériot XI-2-Reproduktion
Die neue Blériot-Repro ist eine Augenweide für Oldie-Fans. Der Klassiker steht für ein großes Datum in Norwegens Luftfahrt
NEUES AUS DER CRAFTLAB-WERKSTATT
Der Überflieger D
Oyvind Munch Ellingsen brachte vor einem Jahrzehnt das Blériot-Projekt ins Rollen
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ie Anfänge des Motorflugs in Norwegen – ein selten bearbeitetes Thema … Freilich hatten auch die Norweger ihre großen Momente in der brandneuen Aviatik. Etwa den respektablen Alleinflug Tryggve Grans (1889–1980) vom schottischen Cruden Bay (bei Aberdeen) ins norwegische Jaeren (bei Stavanger) am 30. Juli 1914. Das Abenteuer dauerte vier Stunden und zehn Minuten. Gran hatte rund 470 Kilometer lang nur Wasser unter sich; kaum jemand hätte es bemerkt, wenn er verschwunden wäre. Als sein Blériot-Eindecker an Norwegens Küste aufsetzte, war er der Erste, der die Nordsee im Flug bezwungen hatte. An ihn und seine fliegerische Großtat erinnern sich seine Landsleute noch heute, und auch sein Fluggerät ist erhalten geblieben.
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Warbirds of Norway Association
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg gelang dem Norweger Tryggve Gran die Sensation: Er überquerte als Erster die Nordsee im Flug. Eine bildschöne Reproduktion seiner Blériot XI-2 fliegt seit Kurzem im norwegischen Jarlsberg und hält die Erinnerung an ihn und seinen Rekord lebendig Von Stefan Bartmann
Simpel und ausreichend: Fahrwerkfederung mit Gummiseilen, Gussteilen und Stahldraht Foto CraftLab
Rohbau in Wien. Die filigrane Struktur – viel Holz, kaum Metall – ist fast zu schade zum Bespannen Foto CraftLab
Flugzeugbau 1914: Im offenen Rumpf wird nichts verleimt. Stahlbügel und Draht halten alles zusammen Foto CraftLab
Die berühmte Maschine mit der Werknummer 794 wird im Technikmuseum Oslo präsentiert. Sie diente den Fachleuten von CraftLab in Österreich als Vorlage für eine bestechend detaillierte und zudem flugfähige Reproduktion – siehe auch die Reportage FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Karge Kabine für genügsame Piloten. Nach Originalplänen gefertigt, besticht jedes Detail Foto CraftLab
Heinkels Frühwerk in Flugzeug Classic 1/2016 über die CraftLab-Neuauflage des HansaBrandenburg C.I. Dieser »Brandenburger«, wie ihn die österreichischen k. u. k. Flieger einst nannten, hat mittlerweile sieben störungsfreie Flugstunden hinter sich.
Auch die Blériot ist eine Auftragsarbeit. Der Norweger Oyvind Munch Ellingsen, Berufspilot, war vor rund zehn Jahren der erste CraftLab-Kunde, der ein von Grund auf komplettes Fluggerät bestellte. Man begann mit dem Bau im Jahr 2006. Die norwegische
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OLDTIMER
Blériot XI-2-Reproduktion
Fordert jeden Flieger: das mächtige Drehmoment eines Rotationsmotors. Berufspilot Ellingsen musste dazulernen
Tanks für Benzin und Schmieröl sind gleich groß Kraftpaket Le Rhône: Der Neunzylinder ist eine authentische Kopie
Luftfahrtbehörde CAA begleitete die sorgfältige Entstehung dieses Aviatik-Klassikers.
Schwierige Motorensuche CraftLab-Chef Koloman Mayrhofer und seine Mitarbeiter hatten am Original Maße nehmen dürfen. Zudem verfügten sie über originale Werkszeichnungen aus dem schier unerschöpflichen Datenfundus des OldieSpezialisten Eberhard Fritsch. Die Luftfahrtbehörde CAA betrachtete das Ergebnis dennoch ganz pragmatisch als Eigenbau und ließ es als solches dann auch zum Luftverkehr zu. Der famose Oldtimer trägt das nüchterne Kennzeichen LN-WNN. Die Neuauflage der Blériot XI-2 Militaire, deren Konstruktion immer noch offensicht-
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lich auf die einsitzige Ur-Type »La Manche« von 1909 zurückgeht, war eigentlich schon 2009 fertig. Was ihr noch zur Flugtüchtigkeit fehlte, war ein passender Umlaufmotor. Der fand sich erst vier Jahre später: ein neunzylindriger Le Rhône mit 110 PS, womit der leichte Apparat über stattliche Leistungsreserven verfügt. Üblicherweise verbaute man Gnôme-Motoren von 70 bis 80 PS in der zweisitzigen Militärversion. Das Aggregat ist ein vollständiger Nachbau des selten gewordenen Originals; dieser Markt scheint seit Jahren wie leergefegt. Am 19. September brachte Ellingsen die Reproduktion in Jarlsberg, südlich von Oslo, erstmals in die Luft. Nach drei Minuten Tiefflug war die Sache erfolgreich erledigt. Elling-
sen musste lediglich gegen die ausgeprägte Kopflastigkeit arbeiten; das tragende Höhenleitwerk wurde danach neu justiert. Eine ganz neue Erfahrung für Ellingsen, der 27 Jahre beruflich mit der Boeing 737 unterwegs war. Eine Zeit lang besaß er auch eine Hawker Hunter. Der Jet schaffte 1100 km/h, wogegen die Blériot auf magere 90 km/h kommt.
Oldie für WoN Die originale Blériot XI-2 war eines der ersten Militärflugzeuge in Norwegen. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte es die norwegische Regierung angekauft und zur Küstensicherung eingesetzt. Der Betreiber der Repro ist die Warbirds of Norway Association (WoN), deren Präsident Ellingsen ist.
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V D M e d i e n 24.de Messerschmitt Bf 109
Einsatzmaschinen - Das Nachschlagewerk - Harald Helmut Vogt DAS Standardwerk zur Bf 109: die tatsächlich im Einsatz geflogenen Typen chronologisch aufgebaut, beginnend mit der Bf 109 B-1 bis zur K-4, die Schlechtwetter- und Nachtjäger, Aufklärer wie auch die Schulmaschine G-12.• 384 S. • Großf. • HC • 212 Farbfotos • 280 S/WFotos • 370 Zeichnungen 68,00 EURO
30. Juli 1914 – Mit Rückenwind nach Norwegen
Mit FW 190 D-9 im Einsatz Axel Urbanke Die Geschichte des III./JG 54 1944/45 bis Kriegsende beim JG 26. 480 S., 280 Abb., 210 x 297 mm HC.50,00 EURO
Fieseler Fi 156 “Storch” Cruden Bay, Schottland, 30. Juli 1914. Nur ein kleines Publikum wird Augenzeuge vom BeFoto Norsk Teknisk Museum ginn des Nordsee-Fluges. Der Rekord hält sich bis 1919 Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs sind es nur noch wenige Tage, als sich an Schottlands Ostküste ein 25-jähriger norwegischer Flieger für einen einsamen Flug bereitmacht – nur ein paar Kinder und Fischer leisten ihm Gesellschaft. Jens Tryggve Herman Gran will mit seiner doppelsitzigen Blériot XI-2 Militaire quer über die Nordsee in seine Heimat fliegen. Solche Abenteuer passen zu ihm: 1911 war er auf der Terra Nova mit Robert F. Scott zur tragisch gescheiterten Eroberung des Südpols aufgebrochen. Und er war Teilnehmer der Suchmannschaft, welche die Leichen von Scott und seinen treuen Begleitern
fand. Jetzt, im Juli 1914, heißt es, die Briten wollen bald ihren zivilen Luftraum schließen. Doch Gran wartet auf Rückenwind. Denn der Inhalt der größeren Tanks allein wird für den durstigen 70 PS Gnôme-Le Rhône kaum reichen … Am 30. Juli 1914 reicht es dann doch – trotz des Nebels, dem Tryggve Gran nicht ausweichen kann. Sein einziges Navigationsgerät: ein Magnetkompass. Nach etwas mehr als vier Flugstunden ist es endlich vollbracht. Doch die Welt hat gerade ganz andere Sorgen, und Grans Pioniertat findet im Vorfeld des Ersten Weltkriegs kaum I mehr Beachtung.
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Shakehands mit Hermann Gran (rechts). Der Sohn des Pioniers war beim Erstflug zugegen
FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Jürgen Zapf
Band 10: Baden-Württemberg
Havilland Vampire. Standort der Vereinigung ist und bleibt Jarlsberg, so Ellingsen. Den internationalen Airshow-Zirkus will man dem umtriebigen Blériot-Reisenden Mikael Carlson aus dem benachbarten Schweden überlassen … I
Insgesamt 77 Plätze von Bad Dürrheim bis Zarten: Dazu zählt auch wieder ein Platz, der mit einem „Waldwerk“ zur Fertigung des damals modernsten Turbinenstrahlflugzeugs Messerschmitt Me 262 in Verbindung stand. Zusätzlich werden auch die Geschichte der Fertigungsstätte der Tragflächen dieses Flugzeugs im Engelbergtunnel bei Leonberg, eine Anlage der Luftnachrichtentruppe und eine Luftmunitionsanstalt knapp beschrieben. 472 S., 597 Fotos meist in Farbe, Karten, Skizzen, Großf., HC, 59,00 EURO
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Im Jahr 1985 gegründet, verfügt die Organisation heute über 200 Mitglieder. Die Blériot ist nun das jüngste und historisch älteste Exponat in der WoN-Flotte, die ein paar Jetund Prop-Klassiker vorweisen kann – von der CASA-Bücker 131 Jungmann bis zur De-
und was davon übrig blieb
E-Mail:
[email protected]
www.VDMedien24.de
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FILM
Die Reise im Ballon
Filme über Flugzeuge und mit Flugzeugen gibt’s zuhauf, Filme über das Fliegen oder die Vogelperspektive an sich schon deutlich weniger. Der vielleicht schönste von ihnen zeigt die Frankreich-Tour zweier Exzentriker Von Stefan Bartmann 70
E
ine lange fliegende Kamerafahrt über Paris, an Notre-Dame vorbei, mitten ins Atelier eines honorigen Professors … Damit macht der französische Regisseur Albert Lamorisse seine filmtechnischen Möglichkeiten schon in der ersten Minute beeindruckend klar. Mit dieser Sequenz beginnt seine Reise im Ballon, entstanden 1960. Als Zuschauer verfolgen wir den Vortrag des schrulligen Wissenschaftlers, der seinen akademischen Freunden erläutert, wie er sich die Lenkbarmachung des Freiballons vorstellt und wie er dies unter Beweis zu stellen ge-
denkt: durch eine zielgerichtete Fahrt zickzack über Frankreich hinweg. Die Zukunft des Reisens liege im Ballon – so seine Überzeugung. Bislang ungelöst: das »Problem der Schwerkraft«, wie er meint. Und überhaupt seien die Menschen heute, also 1960, viel zu schnell unterwegs … Da existiert die Concorde noch nicht mal auf dem Papier. Seit es Flugzeuge gibt, hat man vom Cockpit aus gefilmt. Schon 1908 hat ein Cinématograph seine sperrige Kamera in den WrightDoppeldecker gehievt und die ersten zappeligen Luftaufnahmen produziert. Ein halbes
Fotos Sammlung Stefan Bartmann
Die Entdeckung der Langsamkeit
Jahrhundert später entdeckt Albert Lamorisse den Hubschrauber als ideale Plattform zur Umsetzung seiner luftigen Visionen: die Welt von oben, betrachtet mit geradem Kinderblick, eingebettet in eine schlichte Story. Darin hatte Lamorisse, ein Poet mit Kamera, sein Thema gefunden. Die Geschichte von Le Voyage en Ballon, so der Originaltitel, ist erfreulich simpel, sodass sie in nur wenigen Sätzen erzählt ist. Der Professor wird seine abenteuerliche Ballonfahrt antreten, sein kleiner Enkel Pascal wird als »Blinder Passagier« den alten Herrn begleiten. Sie scheinen irgendwie aus der Zeit gefallen, die beiden infantilen »Luftsegler des Jahres 1960«. Sie tragen altertümliche Klamotten und fotografieren mit einer antiquierten Plattenkamera, wie es sich für Exzentriker gehört. Die gemeinsame Reise gerät zum Rahmen eines französischen Bilderbogens.
Im Ballon über Frankreich Sie beginnt im Norden bei Lille, bei den grauen Kohlerevieren, und quert das Land bis über die dramatischen Alpen hinweg. Sie führt den Zuschauer zu den berühmtesten Orten und folgt den schönsten Landschaften Frankreichs, von der Bretagne in die Provence. Bekannte Postkartenmotive aus reizvollen Blickwinkeln: Notre-Dame de Paris, der Eiffelturm, das Straßburger Münster, Châteaux de Chenonceaux – das weltberühmte Wasserschloss an der Loire. Städte, Dörfer, Felder, eine Hirschjagd, ein Waldbrand, der Mont Blanc, die Camargue mit ihren wilden Stieren und Pferden. Und sie endet, natürlich, im Süden am Meer … Ein namenloser Assistent, eine Art Running-Gag, verfolgt die Reisenden im Cabrio und sorgt mit Slapstick-Einlagen für terrestrische Ablenkung. Durch eine Unachtsamkeit entführt der Ballon den kleinen Pascal. Am Schluss entschwebt ihm selbst das Gefährt und lässt den Jungen zurück. ENDE. Möglich war all das nur durch den Hubschrauber, der andere und geruhsamere Bilder hervorbringt als das viel zu schnelle Flugzeug. Die nötige Ausrüstung, um überhaupt brauchbare Bilder vom Hubschrauber aus zu drehen, hat Lamorisse selbst entwickelt; eine Pionierleistung auf diesem Gebiet.
Ein Helikopter als Stativ »Helivision« nannte er dieses Verfahren. In den 1960er-Jahren, bei den frühen und besten Filmen der James-Bond-Reihe, profitierte man noch sehr von seiner Technik und Erfahrung. Auch beim Dreh von Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten sind 1964 einige der lebhaften, unmittelbaren Luftaufnahmen so entstanden – etwa vom Demoiselle-Eindecker, dem man die Tragflächen abmontiert hatte, damit die Kamera ihren Platz fand, was man im Film kurzzeitig sehen kann. FLUGZEUG CLASSIC 2/2017
Keine Tricks. Lamorisse lässt seine Ballonfahrt wirklich im Stadtzentrum von Béthune beginnen
Le Voyage en Ballon ist ein Open-Air-Film im wahrsten und besten Sinne: kein Studio, keine Tricks, keine Modelle, keine Rückprojektion. Lamorisse filmte an der frischen Luft und setzte seine Schauspieler (auch seinen Sohn Pascal) den Zumutungen und Gefahren dieser Art des Filmemachens aus. Der Ballonkorb samt Kamera wurde unter dem Hubschrauber befestigt; aus diesem Grund gibt es gar keine hektischen Kameraschwenks. Der tosende
Albert Lamorisse (1922–1970) – Der Poet mit der Kamera Der gelernte Fotograf kam Ende der 1940er-Jahre zum Film. Fast immer stellte er Kinder und ihre fantastische, imaginative Weltschau in den Mittelpunkt der Erzählung. Sein Kurzfilm Der Rote Ballon (1956) wurde zum Triumph für Lamorisse, der dafür in Hollywood den Oscar für das beste Originaldrehbuch einheimste. Lamorisse fand Bilder für schwierige Themen wie Freiheit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit. Er wurde allseits gelobt für seinen visuell reizvollen, allegorischen Stil in Verbindung mit einfachen Geschichten, die mit wenig Dialog auskamen. Die Reise im Ballon wurde sein ers-
ter langer Spielfilm von gerade mal 85 Minuten – ein Achtungserfolg. Lamorisse verlegte sich schließlich auf Dokumentarfilme – über das alte Paris und Versailles. Im Juni 1970 kam er während Dreharbeiten im Iran bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. Etliche Jahre später haben französiche Dokumentarfilmer diesen gerissenen Faden wieder aufgenommen. In dem vielbeachteten Film Nomaden der Lüfte (2001, über die Reise der Zugvögel) finden sich die ästhetischen Ansätze von Albert Lamorisse ganz I eindeutig wieder.
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FILM
Die Reise im Ballon
Lamorisse drehte mit dieser agilen Bell 47 sein geruhsames Ballon-Abenteuer am Himmel über Frankreich. Mit »Helivison«, wie er es nannte, leistete er Pionierarbeit
Downwash des Rotors zaust die Akteure wie Fahrtwind. Es ist vielleicht der einzig sichtbare und kaum vermeidbare Fehler einer ansonsten windstillen und lautlosen Ballonfahrt. Die Tonspur wurde etwas holprig darübergelegt. Die Dialoge sind spärlich, belanglos und ohnehin kaum nötig. Anders als die allzu redselige Verfilmung des US-Kultbuches Die Möwe Jonathan (1973), in dem das Fliegen metaphysisch überhöht wird, verlässt sich Lamorisse auf seine Bilder. Die erhabene Filmmusik von Jean Prodromides tut ein Übriges; ein ganz eigenes Kunstwerk, das auch ohne den Film Bestand hat. Ballone, die ersten brauchbaren Luftfahrzeuge, boten trotz ihrer Gemächlichkeit Stoff für spannenende Unterhaltung in Buch und Film. Die Adaptionen der Jules-Verne-Romane In 80 Tagen um die Welt und Fünf Wochen im Ballon sind buntes, quietschfideles Abenteuergarn, in dem der Ballon höchstens als originelles Vehikel dient, um die Geschichte voranzutragen. Nicht so in Le Voyage en Ballon. Dort ist der Ballon fast schon die Botschaft. Seine Lautlosigkeit erweist sich als unschätzbarer Vorteil. Und er erscheint nicht als
Kurzkritik Ein geruhsam fließender Film ohne überanstrengte Botschaft. Es geht um das Schauen an sich, um den Blick auf die Welt und das Staunen darüber. Wer die Einstiegsluke in diesen zivilen, fast naiven und charmanten Film findet, hat schon gewonnen. Bislang nur als VHS antiquarisch zu haben – oder in einem bekannten Internet-Portal in miserabler Qualität live zu betrachten. Ansonsten bleibt als Trost die klassische Filmmusik von Jean Prodromides, in der Originalfassung erhältlich.
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Fremdkörper inmitten der Landschaft, wie es Motorflugzeuge im Regelfall tun. Bei Lamorisse schrumpfen die Menschen oft auf Wichtelgröße im Lande Lilliput. Er verliert dabei nie seine kleine, dünne Geschichte aus den Augen, aber wichtig ist sie nicht. Die Verwechslung mit einem »Kinderfilm« war zwangsläufig und vielleicht sogar beabsichtigt. In seinem schmalen Werk hat Lamorisse gern diesen unverfänglichen Um-
Die »Zukunft des Reisens« im Ballon … es blieb nur eine Filmvision
Filme werden von Fans und Filmschaffenden gleichermaßen bewundert und hochverehrt. Und wie oft bei (fast) schon vergessenen Filmen plädiert diese kleine Gemeinde umso nachdrücklicher für die längst fällige digitale Überarbeitung und Verbreitung auf DVD und BlueRay. Ganz nebenbei besitzt Le Voyage en Ballon inzwischen historisch-dokumentarische Patina und Bedeutung. Der Film zeigt ein behag-
Ein Open-Air-Film im besten Sinne: kein Studio, keine Tricks und keine Modelle. weg zu seinem Publikum genommen und meistens auch gefunden. Dennoch zählt Le Voyage en Ballon nicht zu seinen populärsten Filmen. Der Erfolg beim Publikum blieb damals überschaubar. Für den Vertrieb in den USA erwarb der Schauspieler Jack Lemmon die Rechte an diesem sehr europäischen Film und brachte ihn unter dem Titel Stowaway in the Sky heraus. Lemmon hatte den poetischen Ansatz offenbar überhaupt nicht verstanden und ließ den Film mit einem anzüglichen und albernen Erzähltext verunstalten, den er selbst einlas.
Unterschätzter Sonderling Ein Film über das Staunen und die Schönheit der Erde – heißt es im Untertitel. Trotz dieses Hinweises konnte die deutsche Filmkritik mit Die Reise im Ballon nicht viel anfangen und tat ihn als Banalität ab. So verschwand der Film in den TV-Kellern und geriet zum selten gezeigten, unterschätzten Sonderling zwischen Dokumentar- und Spielfilm. Doch mit den Jahren hat sich der Blick auf den Regisseur Albert Lamorisse und sein Schaffen sachte gewandelt. Seine wenigen
liches Frankreich, das es so nicht mehr oder immer seltener gibt. Heute, gut ein halbes Jahrhundert nach dieser anrührenden Ballonfahrt, wird flaches und unbebautes Land in Frankreich rar und teuer. Das Gesicht der Landschaft verändert sich. So etwa in der Normandie, wie es der französische Dokumentarfilm Zerteilte Erde (2015) ganz nüchtern zeigt. Frankreichs raue Provinz im Norden verstädtert zusehends und wird Deutschland unheimlich ähnlich – mit seinen tristen Gewerbegebieten, den klotzigen Einkaufszentren und gleichförmigen Neubauparzellen. Albert Lamorisse filmte im Jahr 1960 ein vom Zweiten Weltkrieg so gut wie unbeschädigtes Frankreich an der Schwelle zur Moderne, das noch ganz in der Vorkriegszeit zu stecken scheint. In seinen besten Filmen hat sich auch der große Filmregisseur Jacques Tati nur wenig später eines vergleichbaren Themas angenommen: des Wandels. Aber Tati resigniert nicht, er registriert nur, wogegen Le Voyage en Ballon bereits die Ahnung eines Nachrufs anhaftet, als wüsste Lamorisse schon, was kommt. I
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LESERALBUM
FOTOGRAF UND »FLUGZEUGRETTER«
Johannes Martin als junger Unteroffizier bei der Luftwaffe
Der Traum vom Fliegen
Schöne Nahaufnahme des »Glücksschweinchens« der 1./KGrzbV 172
Fotos Olaf Martin
Die Junkers Ju 52 als Arbeitsplatz von Unteroffizier Martin. Das gelbe Abzeichen mit dem rosa Glücksschweinchen gehörte von 1941 bis 1943 zur 3. Staffel der KGrzbV 172
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In einem dicken Fotoalbum hat uns Leser Olaf Martin blättern lassen und erzählte nebenbei von seinen Erinnerungen an Großvater Johannes Martin, der Bordmechaniker bei der Luftwaffe war. Dabei hielt dieser nicht nur Motoren in Schuss, sondern barg auch Flugzeuge und fotografierte seltene Wracks … Von Peter W. Cohausz
XAquae
Martin (rechts) bei der Wartung eines BMW 132 einer Ju 52
Bei dieser Ju 52 gibt es nichts mehr zu reparieren, die Devise lautet: nur noch abwracken
Funktional gekleidet: Formalausbildung im Drillich
D
ie Kindheit war zunächst nicht einfach für den am 21. Oktober 1919 in Radeberg geborenen Johannes Zugschwert. Er kam als kleiner Junge in ein Kinderheim, woraufhin ihn das Ehepaar Kurt und Anna Martin adoptierte. Das Interesse für die Fliegerei holte sich Johannes Martin bei einem Flugplatzfest in Schneeberg im Erzgebirge, als er Ernst Udet bei seinem legendären Kunststück beobachtete, bei dem er im Tiefstflug mit einem Dorn an der Tragfläche ein Taschentuch aus dem hohen Gras fischte. Danach wollte er auch Flieger werden. Zunächst machte Martin jedoch eine Lehre als Automechaniker und war daraufhin als Kfz-Meister tätig. Zum Flugzeugführer reichte es dann später nicht, denn 1938, im Alter von 19 Jahren stellten die Ärzte bei der Tauglichkeitsprü-
»Fliegerdenkmal« der Junkers W 34 hi, TB+BT
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LESERALBUM
Soldatenlieder zur Entspannung War tungsarbeiten an einer Dornier Do 17 M. Das reichlich frivole Abzeichen zeigt einen Herrn in Frack und Zylinder, der seinen nackten Hintern präsentiert Johannes Martin (rechts) am BMW 132 einer Ju 52
Gruppenfoto der »schwarzen Männer« an einer Ju 52. In der Mitte Johannes Martin
fung für die Aufnahme in die Luftwaffe fest, dass Johannes Martins Augen nach einem gezielten Blenden zu lange brauchten, um wieder korrekt sehen zu können. Er war damit
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zwar nicht nachtflugtauglich, aber er eignete sich wegen seiner Berufsausbildung gut als Bordmechaniker und später erhielt er doch noch die Lizenz für Flüge am Tage.
Schwerpunkt seiner Tätigkeit war es, Flugzeuge zu warten und instand zu halten, insbesondere die Junkers Ju 52. Der Dienst bei der Luftwaffe begann zwischen Oppeln und
Eine Do 17 M wird für den nächsten Flug vorbereitet
Flak-Schäden an einer Ju 52
XAquae
Breslau. Zur Freude an der Flugtechnik gesellte sich auch noch das persönliche Glück, denn auf dem Fliegerhorst lernte Johannes Martin dann seine spätere Ehefrau Marie Promma kennen. Lehrgänge gab es auch in anderen Gegenden Deutschlands, wie eine Anzahl Fotos aus Hameln belegt.
Einsatz in ganz Europa Der Kriegseinsatz führte ihn dann durch ganz Europa. Von Polen, Griechenland und Ungarn erzählte er später seinem Enkel. Einmal war eine komplette Staffel gezwungen, wegen Vereisung bei einer Gebirgsüberquerung notzulanden. Die Fotos zeigen aber auch einige Motive aus Russland – erbeutete Waffen, Gefangene und Gräber. Gewartet und fotografiert hatte er nicht nur die Ju 52, sondern auch andere Typen, wie die Fotos zeigen: Dornier Do 17 M und Z, Junkers W 34 hi oder DFS 230, dazu erbeutete oder zerstörte Maschinen der Gegner wie Tupolew SB-2 und sogar eine der seltenen griechischen Henschel Hs 126 K, wenn auch nur als Wrack. Eine interessante Flugzeugbergung gab es im Sommer 1944 am Balaton (Plattensee) in Ungarn. Dort war eine Arado Ar 96 B-2 einer
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Eine gute Verpflegung ist wichtig. Anstehen an der Gulasch-Kanone
Fliegerschule im Wasser gelandet. Mit Booten und einfachem Hebezeug wie Balken, Seilen und leeren Fässern ging es unter der Aufsicht der ungarischen Polizei zu der im flachen Wasser liegenden Maschine. Mit einfachen Mitteln und im Dienstanzug »Badehose« wurde die Maschine zum Schwimmen gebracht und dann zu einem Ort abgeschleppt, an dem sie ans Ufer gezogen werden konnte. Vorausgegangen war ein fliegerischer Leichtsinn des Piloten. Einige der Flugschüler der nahe gelegenen Fliegerschule spielten
Auch bei Marschpausen musste alles schön aufgeräumt sein
gerne mit den Segelbooten auf dem See. Dabei wurde im Sinkflug mit gedrosseltem Motor das Boot quer zu dessen Fahrtrichtung angeflogen. In geringer Höhe über dem Boot beschleunigte man mit Volllast wieder und zog den Steuerknüppel hoch. Das erschreckte die Segler und führte durch den Fahrtwind auch in manchen Fällen zum Kentern des Bootes. Bei diesem Fall verschätzte sich der Pilot jedoch wohl in der Höhe, berührte mit dem Propeller die Wasseroberfläche und landete danach unfreiwil-
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LESERALBUM
Der Einsatz gegen Kreta steht bevor. Fallschirmjäger steigen in eine Ju 52. Das Kennzeichen 4V wurde von mehreren Transporteinheiten verwendet: KGrzbV 9, KGrzbV 106 und I./KGrzbV 172 Ein Lastensegler DFS 230 wird beladen. Am Bug trägt er die Nummer 156
zeichen Rarität! Dieses Wrack mit dem Kenn 0 nach 194 Jahr im »Sigma 32« war eine der 16 K 126 Hs chel Hens ten rtier expo Griechenland
Der Start der vielen Ju 52 führte auf den ausgetrockneten Feldflugplätzen zu gewaltigen Staubwolken
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Es wird geschleppt. Die Arado macht leichte Fahrt. Einer der Mechaniker sitzt im Cockpit. Eine Herausforderung für ein Modellbau-Diorama! XA-
Die Arado Ar 96 B-2 aus der Nähe. Über der Motorhaube ist der Lauf des MG 17 zu erkennen. Ein Abzeichen einer Fliegerschule fehlt, aber vorne ist die Nummer »12« aufgemalt
Bootsfahrt zur Bergung der Arado Ar 96 im Plattensee unter Aufsicht der ungarischen Polizei. Links Johannes Martin
lig im See. Dabei hatte er jedenfalls noch großes Glück gehabt. Die Maschine hätte sich nämlich auch überschlagen können. Das genaue Datum der Bergung ist ebenso wenig bekannt wie der Name der Fliegerschule. Anhand der auf einem Foto sichtbaren Werk-
Die Kabinenhaube liegt bereits im Boot. Mit den Fässern rechts erhält die Maschine Auftrieb
nummer 425726 lässt sich der Arado AR 96 B-2 aber mit großer Sicherheit das Stammkennzeichen KW+ZD zuordnen. Johannes Martin hatte Glück und kehrte aus dem Krieg zurück. Sein weiteres Berufsleben verbrachte er als Kfz-Meister in einem
Betrieb für Bergsicherung im Bergbau. Zur Fliegerei hatte er allerdings keine Verbindung mehr. Als gläubiger Christ war er dafür in der DDR nicht linientreu genug. Im September 1993 verstarb er im Alter von 73 Jahren in Aue in Sachsen. I
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UNTERHALTUNG
Das Bilderrätsel Hundert Jahre Luftfahrtgeschichte – erkennen Sie die hier abgebildeten Typen? Lösung: 1 2 3 4 5
Fokker F.II IAR 80 Boeing XPBB-1 Sea Ranger Yokosuka P1Y Ginga (Frances) Bölkow Bo 105
Er galt als regelrechter Rabauke und brillanter Flieger, ein intuitiver Pilot, der aus den großen Luftrennen der Jahre 1911 bis 1913 nicht wegzudenken ist. Jules Vérdrines, das zähe Arbeiterkind, hat es vom einfachen Mechaniker zum Erfolgspiloten bei Morane gebracht. Es heißt, keiner könne mehr aus dem Gnôme-Motor herausholen als dieser ruppige Draufgänger. Und dessen Manieren sind berüchtigt! Einmal gelingt es ihm sogar, bei einem Empfang die spanische Königin zu beleidigen. Als er beim »Englischen Rundflug«, 1600 Kilometer, von seinem Landsmann Jean Beaumont überholt und geschlagen wird, weint er. Nach dem Krieg landet er eine alte Caudron G3 auf dem Dach des Pariser Kaufhauses Lafayette – für Geld, versteht sich. Drei Monate später kommt Jules Védrines beim Absturz einer zweimotorigen Caudron C.23 bei Lyon ums Leben. Stefan Bartmann
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Foto Sammlung Stefan Bartmann
Rüpel und Erfolgspilot
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Die Rede ist von einer der ersten großen Patentstreitigkeiten in der Luftfahrt – der erbitterte Zwist zwischen dem Flugzeugfabrikanten Edmund Rumpler und dem Flugpionier Igo Etrich. Die beiden Österreicher zanken sich in den Jahren 1912/13 um Entstehung und Verwertung des flugstabilen Eindeckers »Taube«. Noch im hohen Alter soll Etrich bei der bloßen Erwähnung des Namens seines einstigen Kontrahenten heftigst reagiert haben.
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… lautete Oswald Boelckes leicht naiver Kommentar zum gänzlich unromantischen Stellungskrieg mit Trommelfeuer und Schrapnellgranaten – tief unter ihm. In der idealisierten Welt der Flieger bildete Boelcke ohnehin eine Ausnahme, als er sich dem Grauen im Schlamm durch persönliche Anschauung näherte. Sein Entsetzen war groß.
… kommentiert »Captain Edmund Blackadder« (Rowan Atkinson) den Kriegsverlauf in einem Schützengraben an der Westfront des Jahres 1917. Zitat aus Blackadder Goes Forth, 1988. In der 4. Staffel der hochgelobten BBC-Serie spielt auch ein Manfred von Richthofen mit.
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Selbst die RAF bescheinigte ihr, ein probates Mittel gegen ihre Bomber gewesen zu sein – welches das Luftkriegsgeschehen maßgeblich hätte beeinflussen können: die Fernnachtjagd. Wie erfolgreich sie war und warum die Luftwaffe ihr schärfstes Schwert gegen Bomber aus der Hand gab, lesen Sie im nächsten Heft.
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Kanadas Regierung beschließt 1948, ihre Luftstreitkräfte mit der F-86 Sabre auszurüsten. Canadair produziert den Tagjäger als CL-13 in Lizenz. Bald rollen dort eigene Varianten mit einheimischen Triebwerken aus den Hallen, die sich als ausgesprochene Exportschlager entpuppen.
FLUGZEUG CLASSIC Internet: www.flugzeugclassic.de vereinigt mit Redaktionsanschrift Flugzeug Classic Infanteriestr. 11a, 80797 München Tel. +49 (0 ) 89.13 06 99.720 Fax +49 (0) 89.13 06 99.700
[email protected] Redaktion Markus Wunderlich (Chefredakteur Luftfahrt, Geschichte, Schifffahrt und Modellbau), Jens Müller-Bauseneik (Stellv. Chefredakteur), Richard Chapman (Chefreporter), Alexander Müller (Volontär) Produktion/Chef vom Dienst Christian Ullrich Ständige Mitarbeiter Stefan Bartmann, Peter W. Cohausz, Peter Cronauer, Juanita Franzi, Dietmar Hermann, Othmar Hellinger, Lino von Gartzen, Helmuth Lage, Wolfgang Mühlbauer, Alexander Nüßlein, Herbert Ringlstetter, Rolf Stünkel Layout Rico Kummerlöwe, Ralph Hellberg, Caroline Magg-Kraus Gesamtanzeigenleitung Thomas Perskowitz, Tel. +49 (0) 89.13 06 99.527
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GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München www.geramond.de Geschäftsführung Clemens Hahn Leitung Marketing und Sales Zeitschriften Andreas Thorey Vertriebsleitung Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem: AUTO CLASSIC TRAKTOR CLASSIC TRAKTOR XL FLUGMODELL STRASSENBAHN MAGAZIN LOK MAGAZIN BAHN EXTRA MILITÄR & GESCHICHTE
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