SCHWEIZ-REISE 20 Bahn-Ziele, die Sie sehen müssen
GOTTHARD-BAHN Legendäre Bergstrecke vor dem Niedergang
STRECKENKARTE Das Eisenbahn-Netz in der Schweiz heute
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Bahnland
Schweiz GLACIER-EXPRESS So entstand der RHÄTISCHE BAHN Im Führerstand langsamste Schnellzug der Welt von Scuol-Tarasp bis Landquart
Buchli-Lokomotiven, Roter Pfeil, TEE II und mehr
FAHRZEUGE
Feuer und Flamme für die Dampf-Romantik
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ch t er im hä Ha ltli nd ch e l
Deutsche Eisenbahn-Legenden in einer Sammlung Wenn Feuer, Wasser und Kohle die Dampfrösser zum Leben erwecken, dann entsteht Dampf-Romantik pur. Die Zippo®-FeuerzeugSammlung „Dampf-Romantik“ ist für alle, die Feuer und Flamme für die schnaubenden Kolosse sind. Von der Brockenbahn über die Preußische P8 bis zum Rheingold-Express: 6 Legenden der Dampflokzeit versammeln sich für Sie auf dem legendärsten aller Feuerzeuge – dem Zippo®-Sturmfeuerzeug! Verträumte Schmalspurstrecken, atemberaubende Viadukte und kraftvolle Maschinen unter Volldampf kommen auf dem unverwüstlichen Metallfeuerzeug Made in USA zur Geltung wie nie zuvor.
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,“ZIPPO”, , und sind eingetragene Warenzeichen in den Vereinigten Staaten und in vielen anderen Ländern. Die genannten Warenzeichen werden in den Vereinigten Staaten unter Lizenz von ZippMark, Inc. genutzt. Alle Dekore auf Zippo Feuerzeugen sind durch das Copyright der Zippo Manufacturing Company geschützt. Alle Rechte vorbehalten. 2015
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Fotos: Armin Schmutz (gr. Bild), Slg. Oliver Strüber, Jörg Buschmann, Ludwig Rotthowe (u., v. l.)
Eindrücke vom Schweizer Bahnwesen: Oben ein neuer „Adler“-Triebwagen der Zentralbahn auf Testfahrt (2012); unten links eine Aufnahme der Bietschtal-Brücke der Lötschberg-Bergstrecke; in der Mitte der Kantonsschmuck an einer Ae 6/6, heute Museumslok von SBB Historic im Depot Erstfeld; rechts der „Große Töff“, ein Dieseltriebzug RAm, 1973 in Zürich HB. Als TEE „Edelweiß“ wird er nach Amsterdam fahren
Das Bahnparadies in Europa In Sachen Eisenbahn ist die Schweiz eine Klasse für sich: Das dichte Streckennetz, faszinierende Landschaft und wegweisende Fahrzeuge machten sie weltberühmt. BAHN EXTRA zeigt Ihnen die ganze Faszination dieses Bahnparadieses – kommen Sie mit an den Gotthard (wo sich bald vieles ändert), zu berühmten Schmalspurbahnen und zu legendären Entwicklungen wie den Buchli-Lokomotiven. Seien Sie außerdem dabei, wenn wir auf einer Lokomotive der Rhätischen Bahn mitfahren; einmal in bewegten Bildern auf der DVD, das andere Mal im Heft!
BAHN EXTRA 3/2015
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Inhalt
| BAHNLAND SCHWEIZ
Liebe Leserinnen, liebe Leser, was haben Sie in diesem Sommer vor? Noch nichts? Dann haben wir ein paar Empfehlungen für Sie – Empfehlungen für einen Urlaub in der Schweiz. Thomas Hanna-Daoud Verantwortlicher Redakteur
Im Jahr 1911 gaben die SBB dieses Heftlein zur Gotthardbahn heraus. Zu der Zeit hatten noch Dampflokomotiven am Berg das Sagen
Titelfotos Titel: Georg Wagner (gr. Bild: SBB-Ellok Re 4/4 Nr. 11128 mit EC in Bellinzona, Juni 2007); o., v.l.: Jürgen Hörstel, Anneli Nau/GM (Karte), Armin Schmutz (Re 6/6 am Gotthard); u., v.l.: Friedhelm Ernst, Dr. Hans-Bernhard Schönborn, Dr. Dietmar Beckmann (Einsatz der Ae 4/7) S. 4: Uwe Miethe, Slg. Toni Burger, M. Rütschi/picture-alliance/ Keystone (v.o.) S. 5: Florian Martinoff, Armin Schmutz, Dr. Dietmar Beckmann (v.o.) Rücktitel: Georg Wagner (2, o.: Re 4/4II Nr. 11326 mit IC zwischen Sion und Sierre, aufgenommen im Oktober 1984)
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Dort ist die Gotthardbahn nach wie vor eine bedeutende Alpentransversale. Sie erleben polternde Güterzüge und dahinsurrende Reisezüge, oftmals dicht hintereinander. Aber das wird bald anders werden: Wenn im Dezember 2016 der Gotthard-Basistunnel in Betrieb geht, rollen viele Züge nicht mehr über die spektakuläre Bergstrecke, sondern durch die spektakulär langen, nur nicht so sehenswerten Röhren im Tal. Welche Züge Sie bis dahin noch am Gotthard antreffen und wie es am Berg nach Eröffnung des Basistunnels weitergeht, erfahren Sie in unserer SchwerpunktRubrik, die auf Seite 24 beginnt. Ebenso reizvoll ist ein Ausflug zu den Meterspurstrecken der Rhätischen Bahn. Die Klassiker Albula- und Berninabahn bieten atemberaubende Kunstbauten, aber es gibt noch andere attraktive Ziele. Wie wäre es mit der Strecke Landquart – ScuolTarasp? Kühne Alpenbahn und „kühle Moderne“ finden dort auf spannende Weise zusammen. Überzeugen Sie sich selbst: Anhand unserer DVD und anhand des Berichts ab Seite 58, der die Strecke aus heutiger Sicht schildert. Mit diesem Heft wollen wir Sie einstimmen – auf die Schweiz, auf die Schweizer Eisenbahnen und vielleicht auch auf Ihren nächsten Urlaub. Wir wünschen schon mal viel Vergnügen.
Die Gotthard-Bergstrecke steht vor dem Umbruch. Wir zeigen, was aktuell dort fährt – und was sich durch die Eröffnung des Basistunnels ändert
Inhalt Galerie 6 Das Bahnland in Europa Die Schweizer Eisenbahnen
48 Auf nach Helvetien Werbeprospekte der Eisenbahnen
80 Alpen, Jura, Mittelland Ein Streifzug durch Schweizer Bahn-Landschaften älteste Strecke und die jüngste Strecke der 58 Die Rhätischen Bahn – beide durfte BAHN EXTRA zusammen mit dem Lokführer erleben. Eine Mitfahrt von Landquart nach Scuol-Tarasp
Gestern und heute 14 Von A bis Z Ein kleines Eisenbahn-Lexikon zum Start
18 Das Bahnkreuz der Schweiz „Pfeil“-Triebwagen wurden berühmt 20 Die im Ausflugsverkehr. Wir stellen die Fahrzeugfamilie vor
Der Bahnhof Olten
20 Schweizer Pfeile Die Geschichte einer besonderen Triebwagen-Spezies
50 Anstelle einer Lokomotive ... Triebwagen vor Güterzügen
56 Laufsteg am Thuner See Die Strecke Thun – Interlaken
58 Im Führerstand dabei Auf der Lok von Landquart nach Scuol-Tarasp
64 Schmalspurknoten im Waadt Drei Meterspurstrecken gehen von Aigle aus
66 Der langsamste Schnellzug der Welt Der Werdegang des Glacier-Express
75 Buchli-Loks – die Unsymmetrischen Die Erfolgsstory einer Lokomotivbauart
78 Die steilste Zahnradbahn der Welt Die Pilatusbahn bei Luzern
96 Das Team vom TEE Wer bei SBB Historic den RAe 1053 pflegt
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GOTTHARD Die aufregendsten Strecken, die spannendsten Bahnknoten, die großen Tipps für Sommer und Winter – alles im Reiseführer zur Schweizer Bahn
Schwerpunkt Gotthard 24 Alpenbahn: Gotthardbahn Ein Deutscher stellt die berühmte Bergstrecke vor
34 Mathematik in den Bergen Betriebliche Besonderheiten am Gotthard
40 Flachbahn in Arbeit Der Gotthard-Basistunnel kurz vor der Fertigstellung
42 Die Bergstrecke heute und morgen Wie der aktuelle Betrieb aussieht und was sich ändert
Service 16 Aktuelle Streckenkarte Das Bahnnetz vom Bodensee bis zum Tessin
88 Von Zürich bis Zermatt Ihr Reiseführer mit den Bahn-Highlights
Ständige Rubriken 98 Vorschau, Leserservice, Impressum Ihre DVD Ein passendes Cover für Sie den fin en eid zum Ausschn 74 in diesem Heft auf Seite
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Galerie
| DIE SCHWEIZER EISENBAHNEN
Das Bahnland in Wegweisende Fahrzeuge, dichte Zugfolge, faszinierende Strecken: Es gibt vieles, das den Spitzenplatz der Schweiz in Sachen Eisenbahn begründet. Schauen Sie mal ...
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Europa
Es müssen nicht immer Berge sein: Auch der „Flachlandpart“ der Schweiz hat seinen verkehrlichen Reiz. Im Juli 1985 ist ein Regionalzug der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf dem Weg von Schaffhausen nach Rorschach, im Bild in Feuerthalen. Die Garnitur aus Leichtstahlwagen, einem Mitteleinstiegswagen und der Re 4/4I an der Spitze gibt es so schon seit Jahrzehnten im „Zugsverkehr“ Georg Wagner BAHN EXTRA 3/2015
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Galerie
| DIE SCHWEIZER EISENBAHNEN
Zwei große, viele kleine Rund 50 Bahngesellschaften teilen sich den Betrieb in dem Alpenland. Mit unterschiedlicher Gewichtung: Es gibt die „Platzhirsche“ SBB und BLS, und daneben viele Kleinere und Kleine
Die Zahl der Gepäckkarren und die Fracht auf dem Bahnsteig rechts zeigen es an: Basel SBB ist einer der Verkehrsknoten der Schweizerischen Bundesbahnen. Im Mai 1967 wartet dort Ellok Ae 3/6I Nr. 10411 mit einem Reisezug auf die Abfahrt nach Zofingen
Bild Mitte: Im September 1969 steht ein Doppeltriebwagen der meterspurigen Ferrovia Lugano – Ponte Tresa (FLP) in Lugano. Einst gab es dort vier Schmalspurbahnen, nur die FLP blieb übrig. Insgesamt hielten sich in der Schweiz aber erstaunlich viele Bahnen … mehr als in den Nachbarländern Theodor Horn, Ludwig Rotthowe (o.)
Frühling am Vierwaldstätter See: Als das Bild in den 1980er-Jahren entstand, war die auf Meterspur und mit Zahnrad fahrende LuzernStans-Engelberg-Bahn noch eigenständig. Heute gehört sie zur Zentralbahn M. Weltner
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Für die SBB ist sie die kleine, freche Konkurrentin – doch als Nummer zwei hat sich die BernLötschberg-Simplon-Bahn (BLS) etabliert. Anfang der 1980erJahre fahren drei Elloks Re 4/4 mit einem Schnellzug auf der Lötschberg-Südrampe Richtung Brig Dr. Dietmar Beckmann
Zu den Schweizer Bahngesellschaften zählen etliche Bergbahnen, die meisten von ihnen haben ihre eigene Technik. Die Bahn auf die Schynige Platte arbeitet unter anderem mit den urigen Elloks He 2/2. In der Talstation Wilderswil entstand dieses Bild vom Führerstand der He 2/2 16 – durch die Scheibe sieht man noch einen der Steuerwagen Sven Klein
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| DIE SCHWEIZER EISENBAHNEN
Bild Mitte: Hoch oben im Norden der Schweiz ist der Rhein schon ein kräftiger Fluss, aber kein Problem für die Bahn. Sie quert ihn auf einer massiven Steinbrücke – unter anderem mit modernen S-BahnTriebzügen der SBB Jürgen Hörstel Die Bahn-Landschaft der Schweiz ist so vielfältig wie der Charakter ihrer 26 Kantone. Das mediterrane Ambiente des Tessin umgibt Lugano, wo internationaler Reiseund Güterverkehr durchrollt. Das Bild entstand zur Frühzeit der Elektrifizierung – nach 1920 Slg. Peter Schricker
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Schienen für das Land 4.876 Kilometer Strecke hatte die Schweiz im Jahr 2010 – eines der dichtesten Eisenbahnnetze der Welt. Wobei die schlichten Zahlen noch wenig über den eindrucksvollen Betrieb mit seinen vielen Kunstbauten aussagen
Die blau-weißen Züge waren lange Zeit ein Kennzeichen der Montreux-OberlandBernois-Bahn (MOB). Heute hat die zwischen Montreux und Lenk im Zweisimmental aktive Gesellschaft modernere Fahrzeuge, aber mit etwas Glück erwischt man auch noch die Bahn-Nostalgie ... Ralph Lüderitz
Zahllose Brücken und Tunnel machen die meterspurige Albulabahn zu einer der faszinierendsten Strecken der Schweiz; nicht von ungefähr darf sie sich mit dem Titel eines UNESCO-Welterbes schmücken. Den Betrieb führt die Rhätische Bahn, mittlerweile mit modernem Fahrzeugmaterial wie hier im Oktober 2014 Tibert Keller
Der Tourismus war eine wesentliche Triebfeder für die Wirtschaft der Schweiz – und für den Aufschwung der Eisenbahn, die manchmal auch ihrerseits zur Attraktion wurde. Siehe den Postkartentext bei der Bergbahn Territet – Glion in Montreux Slg. Peter Schricker
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Galerie
| DIE SCHWEIZER EISENBAHNEN
Der Schweizer Weg Erfindungen und eigene Ideen begleiten den Werdegang des Schweizer Eisenbahnwesens. Das macht es unverwechselbar – und vielfach ausgesprochen fortschrittlich
Die kastenförmige Ellok mit Schweizerkreuz auf der Front und die gedrungenen Wagen im klassischen Grün: Der Interregio, der im August 2004 durch Airolo auf der Gotthard-Südseite eilt, bietet klassisches SBB-Fahrzeugmaterial. Eine „Zugskomposition“, wie sie Generationen von Reisenden in der Schweiz kennen lernten Armin Schmutz
Bild Mitte: Wegen der schwierigen Kohleversorgung stiegen die Schweizer Bahnen schon früh von Dampfauf Elektrotraktion um. Im September 1972 fährt Dampflok A 3/5 der SBB nur noch im Museumsdienst; die alten Läutewerke im Bahnhof Aarberg nutzt man dagegen täglich Ludwig Rotthowe 384 Kilometer Strecke umfasst das Netz der Rhätischen Bahn – da gibt es viel zu entdecken. Das „Büsi“ (schweizerdeutsch: die Miezekatze) fängt schon mal in Langwies an (Oktober 2013) Tibert Keller
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Um die Entwicklung der Zahnstange haben sich die Schweizer verdient gemacht. Auch in jüngster Zeit überwanden sie damit bemerkenswerte Steigungen, etwa beim Zufahrtsgleis zum Zwischenangriffsschacht Sedrun des Gotthard-Basistunnels. Am 15. Mai 2014 hat diese Strecke jedoch ihren Dienst getan; „Fronarbeiter“ (schweizerdeutsch: Freiwillige) des Museumsvereins Furka Bergstrecke dürfen das Material demontieren und für Vereinszwecke nutzen Tibert Keller
Man nehme zwei längere Vorbauten für die Motoren, einen mittig angeordneten Lokkasten mit zwei Führerständen und zwei Fahrwerksgruppen mit Stangenübertragung – fertig ist das „Krokodil“, die gelenkige Ellok für Gebirgsstrecken. In der Schweiz erfunden, durfte sich die liebevoll „Kroki“ genannte Bauform bei verschiedenen Bahnen beweisen. Im Bild: das rhätische „Kroki“ Nr. 403 in Thusis, 1982 Rudolf Schulz/Slg. B. Schulz
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Gestern und heute
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| LEXIKON
Titel eines Jubiläumsbuchs von 1947 mit einem Zug der Spanisch-BrötliBahn Slg. Toni Burger 2 Liegt es an der urigen Form, an der technischen Originalität oder an der tatkräftigen Unterstützung von Modellbahnherstellern? Jedenfalls ist das „Krokodil“ eine der populärsten Schweizer Lokomotiven. Im September 1977 begegnen sich das große Reptil Be 6/8III 13305 und das kleine Reptil De 6/6 15302 der Seetalbahn in Lenzburg Ludwig Rotthowe
Eisenbahn in der Schweiz von A bis Z Albulabahn
Buchli-Antrieb
meterspurige Gebirgsbahn Thusis – St. Moritz, viele Kunstbauten, UNESCO-Weltkulturerbe; betrieben von ‘ RhB
Kraftübertragung bei Elloks, benannt nach dem BBC-Ingenieur Jakob Buchli; ein Motor wirkt auf ein vor dem Antriebsrad montiertes Großrad.Verwendet unter anderem in der Ellok Ae 4/7
Bern-LötschbergSimplon-Bahn (BLS) Berner Alpenbahngesellschaft; gegründet 1906 als kantonale Privatbahn für den Bau der ‘ Lötschberg-Bergstrecke; 1997 Fusion mit den „mitbetriebenen Bahnen“ zur BLS Lötschbergbahn AG; 2006 Gründung der BLS AG aus BLS Lötschbergbahn AG und Regionalverkehr Mittelland AG. Mit 440 Kilometern Streckenlänge größte Privatbahn der Schweiz. BLS Cargo als rechtlich selbstständige Tochter
Berninabahn meterspurige Gebirgsbahn St. Moritz – Tirano, viele Kunstbauten; betrieben von ‘ RhB ‘ 3
Elefant Spitzname für die schwere Gotthard-Dampflok C 5/6
bauten und Lokkasten in der Mitte. Entwickelt in den 1920erJahren ‘ 2
Lötschberg-Bergstrecke Strecke Spiez – Brig, Gebirgsbahn, 1913 eröffnet; neben ‘ Gotthardbahn wichtigste Alpentransversale der Schweiz; seit 2007 Basistunnel in Betrieb
MFO Glacier-Express Touristik-Schnellzug St. Moritz – Zermatt; 1930 eingeführt, heute betrieben von ‘ RhB und Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB)
Kürzel für Maschinenfabrik Oerlikon; Maschinenbauunternehmen, Sitz in Oerlikon bei Zürich, gegründet 1876; u.a. Hersteller bedeutender Eisenbahn-Fahrzeuge (‘ „Krokodil“)
Gotthardbahn Strecke Immensee – Chiasso, Gebirgsbahn, 1882 eröffnet; neben ‘ Lötschberg-Bergstrecke bzw. -Basistunnel wichtigste Alpentransversale der Schweiz; Basistunnel im Bau
Jurasüdfuß-Linie
Rhätische Bahn (RhB) Bahngesellschaft mit Betrieb auf Meterspur. 1897 aus der Landquart-Davos-Bahn entstanden, 1942/43 durch Fusion erweitert. Mit 384 Kilometern Streckenlänge die größte Schmalspurbahn der Schweiz (‘ Glacier Express)
Strecke Olten – Biel – Lausanne – Genf, etappenweise bis 1876 SAAS Kürzel für Brown, Boverie & Cie.; eröffnet; wichtige Verbindung von Kürzel für Société Anonyme des der Nord- in die Südwestschweiz Ateliers de Sécheron; Hersteller Elektrotechnikfirma, gegründet 1891, Sitz in Baden; 1988 Fusion von Elloks und elektrotechnimit Asea (Schweden) zu ABB schen Anlagen; 1918 durch Fusion Krokodil wichtige Entwicklungen u.a. für Spitzname für die Bauform einer älterer Firmen entstanden, Sitz in Elloks (‘ Buchli-Antrieb) Sécheron; ab 1988 bei ABB Gelenk-Ellok mit langen Vor-
Schindler Waggon Fahrzeughersteller, gegr.1929; zunächst in Pratteln, ab 1993 Schindler Waggon Altenrhein; 1996 an Adtranz verkauft
Schweizerische Bundesbahnen (SBB – CFF – FFS) Größte Bahngesellschaft der Schweiz. Entstand am 1. Januar 1902 durch Verstaatlichung der fünf größten Privatbahnen. Seit 1. Januar 1999 Aktiengesellschaft im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft; aufgeteilt in die Divisionen Personenverkehr, Güterverkehr (SBB Cargo), Infrastruktur und Immobilien. Streckennetz 3.033 Kilometer (Normalspur), 98 Kilometer Schmalspur (Zentralbahn, Meterspur)
SIG Kürzel für Schweizerische Industriegesellschaft. Fahrzeughersteller, gegr. 1853 als Waggonfabrik. Sitz in Neuhausen am Rheinfall; Schienensparte 1995 verkauft.
BBC
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SLM Kürzel für Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik; Fahrzeughersteller, Entwicklung eigener Technologien (‘ Winterthur-Schrägstangenantrieb); gegr.
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Bernina-Passage im September 1969: Am Lago Bianco führen die RhB-Triebwagen ABe 4/4II (vorn) und ABe 4/4I den Zug T. Horn
Das ist der höchste Bahnhof Europas: die Tunnelstation der Jungfraubahn auf 3.454 Metern Höhe Slg. Peter Schricker
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4 „Tigerli“-Tenderlok im Museums- Zahnradbetrieb bei der Wengernalpbahn dienst, aufgenommen in den im September 1969 mit Lok He 2/2 Nr. 53 1980er-Jahren Martin Weltner Theodor Horn
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In Kürze
Schweizer Superlative International
1871, Sitz Winterthur, 2005 z.T. von ‘ Stadler übernommen
SWS Kürzel für Schweizerische Waggons- und Aufzügefabrik Schlieren; Wagenhersteller, gegr. 1895, Sitz Schlieren; geschlossen 1985
Serienbezeichnung
Stadler Rail Fahrzeughersteller in Bussnang, v.a. Schmalspurzüge; Gründung 1974 als Stadler Fahrzeuge AG
Tigerli Spitzname für die Tenderdampflok C 3/3 ‘ 4
Verkehrshaus der Schweiz
Buchstaben-Zahlenkombination Museum der Verkehrs-, speziell zur Bezeichnung von TriebfahrEisenbahngeschichte, in Luzern zeugen. Bei Lokomotiven benennt der erste Buchstabe die Winterthur-SchrägGeschwindigkeit, der zweite die stangenantrieb Antriebsart; die erste Ziffer steht Kraftübertragung für Elloks von für die angetriebenen Achsen, ‘ SLM; eine Vorgelegewelle wirkt die zweite für die Gesamtzahl auf eine Treibstange, die mit einer der Achsen. Bsp.: Ae 4/7 ist eine Kuppelstange gekoppelt ist; u.a. 100 km/h (A) schnelle Ellok (e) im ‘ „Krokodil“ Ce 6/8 der SBB mit vier angetriebenen Achsen, sieben Achsen insgesamt. ÄhnZahnradbahn lich bei Schmalspurfahrzeugen In der Schweiz maßgeblich entwickelte Betriebsform; ein Zahnrad greift in eine Zahnstange, Simplon-Strecke womit das Fahrzeug größere SteiStrecke Vallorbe – Brig – Domogungen bewältigt. Es gibt: System dossola; etappenweise bis 1906 eröffnet; wichtige Verbindung u.a. Riggenbach (Leiterzahnstange), System Strub (einlamellige im Verkehr Frankreich – Italien Breitfußschiene mit Evolventenverzahnung), System Abt (ZweiSpanisch-Brötli-Bahn Spottname für die erste, vollstän- lamellenzahnstange mit versetzdig auf Schweizer Gebiet liegende ten Zähnen), System Locher(querStrecke Zürich – Baden (eröffnet liegende Fischgrätenzahnstange) ‘ 5 HBS/T. Burger am 7. August 1847) ‘ 1 BAHN EXTRA 3/2015
‘ längster Normalspurtunnel der Welt: Gotthard-Basistunnel, Länge 57 km (im Bau) ‘ längster Meterspurtunnel der Welt: Vereina-Tunnel, Länge 19,1 km ‘ steilste Adhäsionsbahn der Welt: Bernina-Strecke; 70 Promille ‘ höchster Bahnhof in Europa: Tunnelstation Jungfrau; 3.454 m ü. M. ‘ 6 ‘ steilste Zahnradbahn der Welt: Pilatusbahn; max. 480 Promille; Länge 4,6 km, Spurweite 800 mm, Höhendifferenz 1.635 m ‘ längste reine Zahnradbahn der Welt: Wengeralpbahn Lauterbrunnen – Kleine Scheidegg – Grindelwald (19,2 km), Spurweite 800 mm ‘ älteste Zahnradbahn Europas: Rigibahn ab Vitznau, Eröffnung 1871, Normalspur ‘ höchster Eisenbahntunnel der Alpen: Albula-Tunnel (mit Planbetrieb), Kulminationspunkt 1.820 m ü. M.; Länge: 5.865 m, kommerzieller Betrieb ab 1. Juli 1903 ‘ höchste alpenquerende Eisenbahnstrecke ohne Scheiteltunnel: Bernina-Strecke; in Ospizio Bernina 2.253 m ü.M.
National ‘ meistfrequentierter Bahnhof der Schweiz: Zürich HB, rund 3.000 Zugfahrten/Tag ‘ tiefster Bahnhof der Schweiz: Riazzino (Strecke Bellinzona – Locarno), 197 m ü. M. ‘ höchste Eisenbrücke der Schweiz: Sitterviadukt bei St. Gallen (SOB), 99 m hoch ‘ schnellste Fahrzeuge der Schweiz, Normalspur: Ellok Re 460 (SBB), Re 465 (BLS): 230 km/h Triebzug ETR 610 (SBB): 250 km/h ‘ schnellste Fahrzeuge der Schweiz, Schmalspur: Ge 4/4 8001–8004 (MOB): 120 km/h Triebzug Allegra (RhB): 100 km/h ‘ älteste Lokomotiven der Schweiz: zwei Dampfloks D1/3 (Norris-Typ) der „Nordbahngesellschaft“ (Spanisch-Brötli-Bahn)
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Service
| AKTUELLE STRECKENKARTE
Bahnland Schweiz Legende
Ein Rasterquadrat = 50 x 50 Kilometer Karte: Anneli Nau / GeraMond
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Gestern und heute
| VERKEHRSDREHSCHEIBE OLTEN
Blick über die Stadt Olten mit den ausgedehnten Bahnanlagen im November 2010. Die Gemeinde stellte einst der Schweizer Centralbahn großzügig Gelände für den Bahnhofsbau zur Verfügung. Heute hat Olten den Bahnhof längst ins Stadtbild eingebunden Alessandro della Bella/picture-alliance/Keystone
Das
Bahnkreuz ie Zahlen sprechen für sich. Ende 2013 hatte die Stadt im Kanton Solothurn 17.280 Einwohner – und im gleichen Jahr stiegen täglich rund 75.900 Fahrgäste in Olten ein oder aus. 1.100 durchfahrende Züge amTag machen den Bahnhof zur Nummer zwei in der Schweiz, nur übertroffen von Zürich. Welch ein Aufkommen für den verhältnismäßig kleinen Ort!
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Der geplante Aufstieg Die enorme Bedeutung im Schweizer Streckennetz war für Olten von Anfang an vorgesehen. Am 9. Juni 1856 nahm die private Schweizerische Centralbahn (SCB), die 1902 durch Verstaatlichung in die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) integriert wurde, den Betrieb auf der Strecke Aarau – Olten – Aarburg – Emmenbrücke auf. Dies war auch der Betriebsbeginn für den Bahnhof Olten. Schon wenige Monate später, am 16. März 1857, machte die Eröffnung der SCB-Strecke Aarburg – Oftringen – Herzogenbuchsee – Olten indirekt zum Bahnknoten. Die Züge
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der Schweiz
Seit mehr als 150 Jahren ist Olten derVerkehrsknoten im Schweizer Schienennetz: Hier treffen sich die NordSüd-Route Basel – Bellinzona – Mailand und die Ost-West-Achsen Genf – Bern/Biel – Zürich
wurden bis dorthin durchgebunden, um das Depot zu nutzen. Die Vernetzung ging rasch weiter: Am 1. Mai 1858 wurde die Hauensteinlinie Olten – Trimbach – Läufelfingen – Sissach eröffnet, die erste Gebirgsstrecke der Schweiz. Am 4. Dezember 1876 folgte die „Gäubahn“ Olten – Oensingen – Solothurn, der Anfang der Jurasüdfußlinie. Nun war Olten endgültig der wichtige Bahnknoten. Die Einführung der „Gäubahn“ von Süden her brachte auch die „Insellage“ des Empfangsgebäudes; die Gleise für die Erweiterung wurden auf der Westseite verlegt. Die rasante Entwicklung des Bahnhofs ging auch auf die Gemeinde Olten zurück. Sie stellte der SCB Hunderte Hektar Land unentgeltlich zur Verfügung , um die Bahnanlagen am rechten Ufer der Aare gegenüber der Altstadt zu bauen. So entwickelte sich Olten zu einer der typischen Schweizer „Eisenbahnerstädte“. Weitere Neuerungen ergaben sich am 8. Januar 1916 mit der Eröffnung des 8,1 Kilometer langen Hauenstein-Basistunnels mit
Die Insellage und die Bogendächer sind charakteristisch für den Bahnhof von Olten. Im März 2010 kommen dort zwei Pendelzüge RBDe 4/4 NPZ – noch vor ihrer Renovierung – im Regionalverkehr zum Einsatz. Der Zug rechts fährt als S 8 nach Sursee Armin Schmutz
Stichwort
Werkstatt und Depot Mit dem Bahnhof entstanden in Olten ein Güterbahnhof, die Werkstätte und ein Depot. Die Werkstätte, 1885 eröffnet, lag nördlich des Personenbahnhofs und westlich der Streckengleise. Nördlich der Werkstätte wurde das Lokomotivdepot angesiedelt. Die Werkstätte entwickelte sich unter ihrem ersten „Maschinenmeister“, Niklaus Riggenbach (1817–1899), zu einem namhaften Industriebetrieb. Dort wurden die nach Riggenbach benannte Zahnstange in „Leiterform“ und die Gegendruckbremse erfunden sowie Fahrzeuge gebaut. Bei der SBB spezialisierte sich die Hauptwerkstätte Olten auf den Unterhalt von Personenwagen. In den 1970er-Jahren entstand dafür eine neue moderne Werkstätte. Das Lokdepot verlor mit der Elektrifizierung schnell an Bedeutung. Heute steht dort Rollmaterial von SBB Historic. BAHN EXTRA 3/2015
gesamte westliche Bahnhofsteil umgebaut wurde. Die Zahl der dortigen Gleise wurde von fünf auf vier reduziert, dafür ein Mittelbahnsteig mit Unterführung angelegt, um die gefährlichen, schienengleichen Zugänge zu den Bahnsteigen zu ersetzen. Gleis 1 erDie Streckensituation rund um Olten; hielt einen Außenbahnsteig. Alle Gleise beinsgesamt sechs Hauptstrecken führen heute durch den Ort Anneli Nau/GM kamen die heute gültigen Nummern: Außenbahnsteig, Gleis 1 + 2, Mittelbahnsteig, Gleis der direkteren Streckenführung über Gelter- 3 + 4, Inselbahnsteig mit Gebäuden und kinden. Damit erhielt der Fernverkehr die „Bahnhofsbuffet“, Gleis 7 + 8, Mittelbahnwichtige Zufahrt zu den Routen über den steig unter dem Hallendach, Gleis 9 + 10, Gotthard und den Lötschberg. Rund zehn Mittelbahnsteig unter dem Hallendach, Gleis Jahre später wurde die elektrifizierte „Ver- 11 + 12, Außenbahnsteig. Inzwischen hat man das Stellwerk in bindungslinie Olten“ gebaut, welche direkte Züge Basel – Aarau – Zürich ermöglichte, die Olten zu einem „Operativen Betriebszentrum“ (OBZ) ausgebaut. Von dort wurden aber nicht mehr in Olten hielten. 2013 insgesamt 60 Bahnhöfe vollständig und Wiederholte Umbauten zwei teilweise ferngesteuert. Ab 2015 steuert Immer wieder musste der Bahnhof modifi- die „Betriebszentrale Mitte“ in Olten den geziert werden. Im Jahr 1980 gab es schon die samtenVerkehr auf den nördlichen Gotthard37. Änderung, diesmal mit ziemlich vielen und Simplon-Zubringern sowie der WestUmwälzungen. Als Vorarbeit für den Taktfahrplan von 1982 wurde im Nordkopf des Bahnhofs eine doppelspurige Unterführung, der „Tannwaldtunnel“, erstellt, durch den die Züge von/nach Basel die Gleise nach Aarau kreuzungsfrei unterfahren. Durch das neue Ost-Achse. Die zentrale Bedeutung im SchieGleis 12 konnten die Züge nach Luzern ge- nennetz der Schweiz bleibt also bestehen. Unterdessen zeugt ein Relikt im Bahnhof trennt von denjenigen in Richtung Bern/Biel abgefertigt werden. Ein neues Zentralstell- von einem bedeutenden früheren Abschnitt werk ersetzte fünf mechanische Stellwerke in der Eisenbahn-Geschichte Oltens. An der Wand, die den Bahnsteig zu Gleis 12 von der aus den Jahren 1905–1926. Am 2. April 1981 kam als vorläufig letzte Straße abgrenzt, befindet sich gleisseitig ein Strecke die „Bornlinie“ hinzu, die direkte Li- Gedenkstein aus dem 19. Jahrhundert mit einie Olten – Rothrist, an die sich die Neubau- ner Null und einem Kreuz als Symbol für strecke Mattstetten – Rothrist anschließt. den Schweizer Bundesstaat. Er erinnert an Zurzeit verlassen also auf beiden Seiten je- die vom Bund festgelegte Distanzmessung der Bahnlinien, die zunächst in „Wegweils drei Hauptstrecken den Bahnhof. Das Projekt „Bahn 2000“ mit einer erheb- stunden“, ab 1877 in Kilometern geschah. Bei lichen Ausweitung des Zugangebotes erfor- der SCB war Olten bis zur Eröffnung der derte in den Jahren 1996–2000 einen wei- Hauensteinlinie ein provisorischer „Nullteren größeren Umbau, bei dem nicht nur punkt“. Danach wurde der „Nullpunkt“ an die Einführung der „Gäubahn“ in den Bahn- den Ort des Verwaltungssitzes verlegt, also Dr. H.-B. Schönborn/MHZ hof doppelspurig ausgebaut, sondern der nach Basel.
Das Operative Betriebszentrum in Olten steuert heute über 60 Bahnhöfe
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Gestern und heute
| DIE FAMILIE DER „PFEIL“-TRIEBWAGEN
Schweizer Pfeile legant, schnell, innovativ, beliebt – aber für den Planeinsatz ungeeignet. So lassen sich die „Pfeil“-Triebwagen umschreiben, welche die SBB (und ähnlich die BLS) ab den 1930er-Jahren beschafften. Die Fahrzeuge waren als Antwort auf den wachsenden Straßenverkehr gedacht. Dazu stellte die Abteilung „Zugförderung und Werkstätten“ der SBB 1932 mehrere Projekte vor: für ein zweiachsiges Fahrzeug mit einer angetriebenen Achse, für einen vierachsigen Triebwagen mit einem angetriebenen Drehgestell und für einen elektrischen Doppeltriebwagen mit einem angetriebenen, einem Lauf- und einem Jakobs-Drehgestell in der Mitte. Das war die Basis für die „Pfeile“.
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Die einteiligen Pfeile 1933 ließen die SBB die einteilenTriebwagen CLe 2/4 201–202 – „C“ für „3. Wagenklasse“,
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In den 1930er-Jahren setzten die SBB auf windschnittige Triebwagen, die bald als „Pfeile“ berühmt wurden. Insgesamt beschafften die Bundesbahnen 14 Stück, ähnliche Fahrzeuge gingen an die BLS. Ein Überblick
Auf dem Weg vom Tessin nach Zürich bietet der Churchill-Pfeil im Juli 2003 bei Arth am Zugersee seinen Gästen noch ein Bergpanorama D. Beckmann
„L“ für Leichttriebwagen – bauen. Den mechanischen Teil lieferte SLM, für den elektrischen Teil zeichnete eine Arbeitsgemeinschaft aus BBC, MFO und SAAS verantwortlich. Wie gefordert erhielten die Fahrzeuge einen stromlinienförmigen Wagenkasten und boten überdurchschnittliche Beschleunigung und Verzögerung. Entsprechend den Wünschen des Auftraggebers trugen sie außerdem nur einen Stromabnehmer und besaßen eine Glaswand zwischen Führerstand und Einstiegsplattform, so dass man dem Lokführer bei der Arbeit zusehen konnte. Auf Kupplungen und Puffer wurde verzichtet. Um ein defektes Fahrzeug abzuschleppen, gab es unter den Hauben derVorbauten leichte Zughaken und unter den Lampen kleine, rechteckige Federelemente als Hilfspuffer. Die rote Außenlackierung hob sich deutlich von den damals üblichen Farben
Der an die Oensingen-Balsthal-Bahn verkaufte Pfeil wurde zunächst in Blau lackiert und fährt so Anfang der 1980er-Jahre mit dem roten Kollegen von den SBB aus. Die abweichende Farbe fand beim Publikum kein Gefallen, so dass der OeBB-Zug bald wieder „errötete“ Martin Weltner
Mit Puffern ausgestattet, fährt ein einteiliger Pfeil im Ausflugsverkehr. Diese Betriebsform war und ist seine Stärke Slg. Dr. Daniel Hörnemann
So reist man heute – wenn man eine Tour im einteiligen RAe 2/4 1001 von SBB Historic gebucht hat Armin Schmutz
mietet. Vermutlich hat man den Anhänger 1956 abgebrochen.
Umbauten und Dienstende
Am 8. Mai 2010, zum Depotfest in Olten, erhält der Rote Pfeil RAe 2/4 1001 ein Geschenk. Zum 75. „Geburtstag“ gibt es einen Kuchen im „Pfeildesign“ für seine Gäste. Überbringer sind zwei leitende Mitarbeiterinnen von SBB Historic: Barbara Imboden (l.) und Stefanie Gerlach A. Schmutz
Dunkelgrün, Braun und Grau ab – zusammen mit der Form brachte das den Triebwagen den Namen „rote Pfeile“ ein; er sollte auch bei den nachfolgenden Versionen zur Geltung kommen. Die einteiligen Triebwagen waren 21,5 Meter lang, wogen leer 32,5 Tonnen und verfügten über 70 Sitzsowie 30 Stehplätze.
Die ersten Pfeile im Einsatz
dann wich der „Rote Pfeil“ einem lokbespannten Zug. Die Triebwagen konnten das große Fahrgastaufkommen, das sie ausgelöst hatten, nicht mehr bewältigen. Sie fuhren fortan im Ausflugsverkehr. Ab 1937 wurde die Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 125 km/h angehoben und eine Fahrt mit erhöhter Kurvengeschwindigkeit erlaubt. Aus den „Leicht-“ wurden
Zu viel Erfolg in Zürich: Nach zehn Tagen kam ein Lok-Wagen-Zug als Ersatz
Die beiden Triebwagen wurden ab Mai 1935 dem Depot Bern zugeteilt. Einer fuhr planmäßig zwischen Bern, Biel, Brugg, Olten, Luzern und Langenthal (Laufleistung: 665 Kilometer), der andere bildete die Reserve oder „Schnelltriebwagen“. Im gleichen Jahr erhielwurde für Gesellschaftsfahrten eingesetzt. ten sie zur Ergänzung einen einachsigen 1936 folgten vier baugleiche Fahrzeuge als Skianhänger. Er wurde in Zürich stationiert, „Re“ („R“ für „rapide“), je zwei kamen zum aber schon 1943 zusammen mit einem der Depot Zürich bzw. Depot Lausanne. In einteiligen Triebwagen, dem Re 2/4 205, an Zürich dauerte der Plandienst nur zehnTage, die Oensingen-Balsthal-Bahn (OeBB) verBAHN EXTRA 3/2015
Der 1939 ausgebrochene Zweite Weltkrieg wirkte sich auch auf die neutral gebliebene Schweiz aus. Die Urlauberzahl sank, so dass die Pfeile seltener zum Einsatz kamen. In jenen Jahren begannen die SBB außerdem mit Umbauten.Versuchsweise statteten sie 1944 die Re 2/4 201–202 mit herkömmlichen Puffern, Kupplungen, Bremsschläuchen und Heizkupplungsdosen aus. Das störte zwar das elegante Aussehen, ermöglichte es aber, auf Steigungen bis zwölf Promille ein oder zwei leichte Anhängewagen mitzunehmen. Aufgrund der guten Erfahrungen wurden bis 1949 alle „Roten Pfeile“ umgebaut, seit 1947 waren fünf leichte Wagen BCF4 in Betrieb. So fuhren die Gespanne planmäßig in Randlagen oder auf Nebenstrecken. Zwischen 1951 und 1953 wurde Triebwagen 206 (jetzt RCe 2/4 606) modernisiert und um 2,60 Meter verlängert. Er erhielt neu 60 Sitzplätze der 1. Klasse. Das Gewicht stieg auf 41 Tonnen, neue Drehgestelle verbesserten die Laufeigenschaften. Den bei einem Unfall beschädigten 601 baute man ähnlich um; der 606 tauschte 1955 mit dem nicht umgebauten 602 die Betriebsnummer. Bereits seit 1954, nach Abschaffung der 3. Klasse, lautete dieTypenbezeichnung „RBe 2/4“ bzw. – bei den 1.-Klasse-Umbauten – „RAe 2/4“. Die Umbau- Pfeile trugen zeitweise seitlich
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Gestern und heute
| DIE FAMILIE DER „PFEIL“-TRIEBWAGEN
Führerstände der Pfeil-Triebwagen im Vergleich: oben ein Blick in den einteiligen Triebwagen RAe 2/4 1001, rechts eine Fahrt mit dem „Churchill-Pfeil“ RAe 4/8 1021 Armin Schmutz (2)
Zierlinien als Hinweis auf das gediegene Interieur. Nach der Landesausstellung „Expo 1964“ wurden die „Roten Pfeile“ aus dem Ausflugsverkehr zurückgezogen. Einige Zeit lang dienten sie als Zusatzzüge, als Repräsentationsfahrzeuge der SBB-Generaldirektion oder für Sonderaufgaben; sie fuhren als Schülerzüge in der Region Basel, als Arbeiterzüge der Firmen Coop und Lindt & Sprüngli, als Swissair-Extrazüge Zürich – Basel oder als Badezüge Zürich – Zurzach. Selbst alsTEE-Ersatz Basel – Zürich sah man sie. Doch 1966/67 folgten erste Ausmusterungen undVerschrottungen. Übrig blieben letztlich drei Fahrzeuge: Nr. 1001 der SBB wird heute von SBB Historic eingesetzt, Nr. 1003 der SBB steht im Verkehrshaus Luzern; Nr. 1007 wurde 1974 an die OeBB verkauft und ist dort einsatzfähig.
„Rote Diesel-Pfeile“ 1934 bestellten die SBB die Leichttriebwagen CLm 2/4 101–102, wobei das Öldruckgetriebe von SLM, die Dieselmotoren von Sulzer geliefert wurden. Optisch lehnten sich die Fahrzeuge an die elektrischen „Roten Pfeile“ an. Länger waren der Vorbau I und das dortige Drehgestell, wo sich der Dieselmotor, das Ölschaltgetriebe, das elektropneumatische Wendegetriebe und zwei Kardanwellen befanden, die über Kegelradgetriebe mit den Antriebsachsen verbunden waren. Die CLm 2/4 ersetzten ab Januar 1936 auf Westschwei-
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zer Nebenstrecken die Dampfzüge. Zugeteilt waren sie dem Depot Lausanne, stationiert in Payerne. Auch diese Fahrzeuge erfreuten sich großer Beliebtheit. Von 1939 bis 1945 mussten die CLm wegen Treibstoffmangels pausieren, danach war das tägliche Pensum viel geringer als vorher. Da inzwischen viele Strecken elektrifiziert waren, ließen die SBB die Diesel-Pfeile 1951 und 1953 auf elektrischen Antrieb umbauen. Aus Kostengründen verwendete man Bau-
Das Netz war großteils elektrisch – also baute man die Diesel-Pfeile um teile von anderen Fahrzeugen; der Stromabnehmer kam über den Führerstand II. Stationiert wurden die Umbau-Pfeile in verschiedenen Depots, aber fast nie zusammen. Zum Einsatz kamen sie im Ausflugsverkehr, größere, planmäßige Dienste versahen sie nur im Expo-Jahr 1964. Ausrangiert und abgebrochen wurden sie Ende 1964.
1940 übernommen; es ging im Mai 1941 in Betrieb. Berühmt wurde der Rote Doppelpfeil im September 1946, als er den britischen Premierminister Winston S. Churchill beförderte; von da an sprach man vom „ChurchillPfeil“. Der Zug profitierte vom aufblühenden Ausflugsverkehr und fuhr während der „Expo 1964“ eine Zeitlang im Plandienst in der Ostschweiz. Nach einer Revision erlitt das Fahrzeug bei einer Probefahrt einen Schaden, wurde Ende 1979 ausrangiert und im DepotVallorbe abgestellt. Es kam zu einer Privatperson nach Deutschland, wurde 1994 vom Reisebüro Mittelthurgau zurückgeholt und als RAe 4/8 506 605-5 in Betrieb genommen. Nach dem Konkurs der Besitzerin kauften die SBB das Fahrzeug, ließen es 2004 aufarbeiten und nutzen es für Charterfahrten.
Der „Jura-Pfeil“ Der „Rote Doppelpfeil“ Bei der Landesausstellung 1939 („Landi 39“) stellte die Schweizer Industrie ihre Leistungsstärke zur Schau – unter anderem mit dem „Blauen Doppelpfeil“ BCFZe 4/6 731 der BLS (siehe Kasten) und dem „Roten Doppelpfeil“ Re 4/8 301 der SBB. Nach Probefahrten mit bis zu 150 km/h wurde das nur für Ausflüge einsetzbare SBB-Fahrzeug im Oktober
Seit 1931 bzw. 1934 waren die SBB-Strecken Neuchâtel – La Chaux-de-Fonds – Le Locle und Biel – La Chaux-de-Fonds elektrifiziert, aber das Zugangebot kaum verbessert. Deshalb plante die Fondation „Flèche du Jura“, zusammen mit den SBB einen Leichttriebwagen zu kaufen, um mehr Anschlüsse an das Schnellzugnetz herzustellen. Beide Seiten schlossen am 15. März 1937 einenVertrag,
„BLS-Pfeile“ Neben den SBB nahmen auch die BLS „Pfeil-Triebwagen“ in Betrieb. 1935 beschafften sie und die mitbetriebene Bern-Neuenburg-Bahn (BN) die einteiligen, im elektrischen Teil unterschiedlichen „Blauen Pfeile“ Ce 2/4 787 (später Be 2/4 721) bzw. Ce 2/4 727 (später Be 2/4 722). Die für den Kurzstreckenverkehr gedachten Fahrzeuge mit herkömmlichen Zugund Stoßvorrichtungen waren „komfortable Schienenbusse“, in denen der Lokführer auch die Fahrkarten verkaufte. Den Ce 2/4 727 kann man heute im Verkehrshaus Luzern bewundern.
Zu Beginn der 1980er-Jahre fuhren die BLSDoppelpfeile Regionalzüge zwischen Thun und Kandersteg und nahmen sogar Güterwagen mit (bei Kumm, Aug. 1983) Dr. D. Beckmann
1938 folgten die Doppeltriebwagen BCFZe 4/6 731 bzw. 736–737, unverwechselbar durch die blau-beige Farbe, das graue Dach und die eckigen Fenster. Die 110 km/h schnellen Fahrzeuge wiesen neben 155 Sitzplätzen in der 2. und 3. Klasse einen Post-, Gepäck- und einen Gefangenenraum auf. Sie fuhren bis 1985 vor allem auf der Strecke Bern – Neuchâtel, danach bis 1999 auf der Sensetalbahn Flamatt – Laupen – Gümmenen. Triebwagen 736 gehört heute der BLS-Stiftung und ist wieder betriebsfähig.
der die Beschaffung regelte; unter anderem legte er den finanziellen Beitrag der Stiftung und den Namen „Flèche du Jura“ – Jurapfeil – für den einteiligen Triebwagen fest. Der Einsatz des „apfelgrün“ lackierten, mit seinem Namen beschrifteten Ce 2/4 701 begann Ende November 1938 mit 500 KilometernTagesleistung. Da dieTransportkapazität des 100 km/h schnellen Fahrzeugs zu gering war, wurde die Alleinfahrvorschrift missachtet – die angehängten Wagen verursachten jedoch Schäden. Nach 1945 legte man den Einsatz neu fest und gab dem Fahrzeug einen Leichtmetall-Anhängewagen mit. Ab 1954 verkehrte der „Jura-Pfeil“ – in der SBB-Standardfarbe „Tannengrün“ lackiert BAHN EXTRA 3/2015
Dreiteilige Pfeile Zu den „Roten Pfeilen“ werden auch die „leichten Triebwagenzüge“ BCLe 8/12 501– 502 aus dem Jahr 1936 gezählt, die neben einem Gepäckabteil 222 Sitzplätze in der 2. und 3. Klasse aufwiesen. Für den eintägigen Schnellzugumlauf zwischen Bern und Rorschach, Biel bzw. Basel waren die Züge aber zu klein. Am 14. August 1939 geriet der Triebzug 501 im Depot Rorschach in Brand und kehrte nach der Reparatur als zweiteiliger Re 4/8 311, später RABFe 4/8 1031 zurück. Stationiert wurde er in Lausanne, eingesetzt in der Westschweiz und im September 1962 ausrangiert. DerTriebzug 502 war ein Jahr als planmäßiger Schnellzug unterwegs und fuhr danach im Ausflugsverkehr. Ab 1946 war er in Lausanne stationiert und verkehrte in BLSDiensten als „Red Arrow“ mit englischenTouristen an Bord. Am 13. August 1961 beschädigte ein Kabelbrand den Triebkopf I des RABFe 8/12 1041 stark, wegen der „Expo 64“ machten die SBB aus dem zweiteiligen 1031 und dem dreiteiligen 1041 den neuen vierteiligen „Tatzelwurm“ RABDe 8/16 1041. 1968 wurde der 150 km/h schnelle Zug wegen „Altersbeschwerden“ verschrottet.
Die Nachkriegs-Pfeile Für den steigenden Ausflugsverkehr bestellten die SBB 1951 noch die „Ausflugs-Tanztriebwagen“ RBe 4/8 661–662; es waren die letzten „Roten Pfeile“. Die 46,9 Meter langen Doppeltriebwagen besaßen als einzige der „Pfeil-Familie“ von Anfang an herkömmliche Kupplungen und Puffer. Sie erreichten 125 km/h und konnten auf bis zu 27 Promille Steigung einen Leichtstahlwagen mitnehmen. Während der „Expo 1964“ leisteten die Fahrzeuge planmäßige Dienste im Tessin und in der Westschweiz, auf den Ausflugsfahrten kamen sie gelegentlich ins benachbarte Ausland. Der bei einem Unfall stark beschädigte RAe 4/8 1022 wurde Ende 1979 abgebrochen, der 1023 geriet im November 1985 kurz vor dem Verkauf an die OeBB in Brand und wurde ebenfalls verschrottet. Als Antwort auf den Straßenverkehr hatten die Pfeile nur bedingt Erfolg; ihre Stärke war und ist der Ausflugsverkehr. Davon kann man sich noch heute überzeugen. Von den 14 SBB-Triebwagen blieben vier Fahrzeuge erhalten, drei sind betriebsfähig. Und auch ein BLS-Pfeil steht noch für Ausflugsfahrten zur Verfügung. Dr. Hans-Bernhard Schönborn/GM
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und mit Standardanschrift – auf der Strecke St-Maurice – St-Gingolph. Nach diversen Einsätzen in der Ostschweiz wurde er 1971 nachTriebmotorschäden nochmals repariert, aber im Sommer 1978 als RBe 2/4 1010 abgebrochen.
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Schwerpunkt Gotthard
| BESUCHE AM GOTTHARD 1957–1973
GOTTHARD
Alpenbahn:
Gotthardbahn Ein Bild in einem Lexikon machte Harald Schönfeld als Kind mit der Bahnverbindung über den Gotthard bekannt. Als Jugendlicher besuchte er die Strecke in den Ferien – und war davon erst recht fasziniert. Trassierung, Lokomotiven, Betrieb, alles hatte seinen Wert
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Bereits 1929 hatte man erkannt, dass das „Krokodil“ den steigenden Zuglasten nicht mehr gewachsen war. Auf Basis der bewährten Universallok Ae 4/7 entstanden drei unterschiedliche Doppelloks mit acht Treib- und sechs Laufachsen. Die zweitälteste dieser Elloks des Typs Ae 8/14, Nr. 11851, wurde 1932 gebaut. 1961 bekam sie die Fronten einer Ae 6/6, am 13. Juni 1967 hat sie mit ihrem Güterzug das Südportal des Gotthardtunnels verlassen und rollt durch Airolo
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Schwerpunkt Gotthard
| BESUCHE AM GOTTHARD 1957–1973
Ein aus dem Märklinkatalog bekanntes „Krokodil“, die Be 6/8III Nr. 13311, steht am 26. Juli 1957 in Göschenen in bester Position bereit. Es ist meine erstfotografierte SBB-Lok – sie war von 1927 bis 1968 in Dienst. Das quadratische Bildformat machte das Foto nicht unbedingt einfach
Durch das Bild im „Volksbrockhaus“ lernte Harald Schönfeld die Alpenbahnen und speziell die Gotthardbahn kennen Aufnahmen des Beitrags: Harald Schönfeld bzw. Slg. Harald Schönfeld
lles begann mit dem „Volksbrockhaus“ mit dem Kanton Tessin und genießt noch von 1934. Als Kind fand ich in meinem heute Kultstatus. Die Direktverbindung zur Chemnitzer Elternhaus das Lexikon. italienischen Wirtschaftsmetropole Mailand Mein Interesse war schon durch die Modell- und die frühzeitige Elektrifizierung mit dem bahn geweckt, als ich auf der Bildtafel „Al- Einsatz leistungsfähigerTriebfahrzeuge verpenländer“ ein beeindruckendes kleines lieh ihr gesamteuropäische Bedeutung. Ebenfalls Ende der 1950er-Jahre begann Landschaftsfoto mit Zug entdeckte. DerTitel: „Alpenbahn: Gotthardbahn“. Drei Strecken- meine Zeit der Urlaube in der Schweiz. Zwiabschnitte waren darauf zu sehen, dazu ein schen 1957 und 1973 war ich sechs Mal dort bergwärts fahrender Personenzug mit zwei und verfolgte die spannende Entwicklung verschiedenen kantigen Elloks. Zwei Spiral- desTraktionswesens. Auch das Foto aus dem tunnel konnte man erahnen. Die Gotthard- „Volksbrockhaus“ konnte ich mit den Jahren bahn als Repräsentant aller Alpenbahnen – zuordnen. Es zeigt die Steilstufe oberhalb das musste schon etwas Großartiges sein! von Giornico. Bei den zwei kantigen Elloks handelt es sich um Klassiker mit StangenanRecherchen zum Gotthard trieb: vorne eine 2’C1’-Lok Ae 3/6 II, hinten Später, Ende der 1950er-Jahre, lebte ich in eine (1’B) (B 1’)-Lok Be 4/6. Solche und viele Westdeutschland und beschäftigte mich in- weitere berühmte Loks erlebte ich in natura; tensiver mit dem Thema. Sechs Eisenbahn- binnen 16 Jahren bekam ich rund 50 Jahre strecken von internationaler Bedeutung Fahrzeug-Entwicklung für den Gotthard zu überqueren die Alpen. DieVerkehrsreichsten Gesicht. Davon soll hier die Rede sein. liegen zentral: Brennerbahn und Gotthardbahn. Die Brennerbahn steigt ohne spektakuläre Kunstbauten bis auf 1.371 Meter Höhe und überquert ihren Scheitelpunkt unter freiem Himmel. Ihr Handicap ist seit 1919 die Trennung durch eine Staatsgrenze und als Folge davon der wenige Jahre später entstandene Systemwechsel im elektrischen Betrieb. Die Gotthardbahn fährt sogar zwischen höheren Bergen; ihr „niedrigerer“ Scheitelpunkt (1.151 Meter Höhe) ist nur einem 15 Kilometer langen Tunnel zu verdanken, der bei Der Autor der Fertigstellung im Jahre 1882 der längste der Welt war. Sie weist eine interessante Harald Schönfeld Linienführung mit zwei Kehrschleifen und Harald Schönfeld wurde 1939 in fünf Spiraltunneln auf; insgesamt gibt es Chemnitz geboren, siedelte 1955 in die zirka 80 Tunnel und ebenso viele Brücken. Bundesrepublik über und lebt seit 1968 in Darmstadt. In seinen 42 Berufsjahren Ihr betrieblicher Vorteil ist, dass am Scheitel war er als Ingenieur in der Automatisiezwar eine Sprachgrenze, aber keine Staatsrungstechnik und in der Entwicklung grenze zu passieren ist. Die rund 200 Kilovon Sondermaschinen tätig. Seit der meter lange Strecke vomVierwaldstätter See Kindheit interessiert er sich für die bis zur italienischen Grenze in Chiasso war Eisenbahn; er hat sie fotografiert und fast 100 Jahre lang die einzige ganzjährig bein etlichen Bildberichten dargestellt. fahrbareVerbindung der Eidgenossenschaft
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GOTTHARD Aufenthalt 1
Göschenen, Juli 1957 und Juli 1958 Als 18-Jähriger war ich zum letzten Mal mit den Eltern verreist; von Erlangen aus ging es im Juli 1957 erstmals in die vielgepriesene Schweiz, nach Zermatt zum Wandern. Mein Vater hatte vorher eine „Rolleicord“ gekauft, einen 6x6-Kasten für zwölf Bilder pro Rollfilm. Ich durfte sie manchmal ausleihen. Die Heimfahrt führte über den Furkapass zum Zwischenstopp in Göschenen am Nordportal des Gotthardtunnels; der war damals schon 75 Jahre in Betrieb. Bei der Weiterfahrt hinab zum Vierwaldstätter See blieb die Bahn prä-
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sent. Mit faszinierender Geschwindigkeit überwanden lange Züge die deutlich sichtbare Steigung. Highlight war in der Ferne eine Doppellok mit abgerundeter Front: eine Ae 8/14, und zwar die Superlok Nr. 11851! Nachdem mein Interesse geweckt war, kam ich ein Jahr später bei einer dreiwöchigen Radtour wieder in die Schweiz und zur Gotthardbahn. Die „Königsetappe“ führte von Sedrun im Vorderrheintal über den 2.045 Meter hohen Oberalppass hinab nach Andermatt und durch die Schöllenenschlucht zum Tagesziel Göschenen.
In Göschenen, oberhalb des Tunnelmundes, holte ich eine alte 6x9Balda-Kamera aus dem Rucksack und nahm ein Übersichtsbild auf. Eigentlich nur ein Schnappschuss, aber was konnte man darauf entdecken! Links unten steht einer der „Roter Pfeil“ genannten Triebwagen für Ausflugsfahrten. Darüber sieht man die Zahnstangenstrecke der Schöllenenbahn nach Andermatt; sie kommt vom Bahnhofsvorplatz. Rechts unten steht die neue Stützmauer für den zukünftigen Autoverlad. Zum Zeitpunkt der Aufnahme am 18. Juli 1958 fuhren bereits etwa stündlich Autotransportzüge – vom Terminal neben der Hauptstraße
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GOTTHARD
Seit 1917 verbindet die Schöllenenbahn Göschenen mit dem 330 Meter höher gelegenen Andermatt an der Furka-Oberalp-Bahn (FO). Die Strecke ist meterspurig, und die zweiachsige Lok schiebt den Zug in gemischtem Adhäsions- und Zahnradantrieb bergauf über maximal 179 Promille Steigung. Das Bild entstand im Juli 1958; 1961 verlor die Schöllenenbahn ihre Selbstständigkeit und wurde der FO angegliedert, deren Stromsystem sie bereits 1941 übernommen hatte
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Flüelen, Juni 1967 Bei meinem Urlaub neun Jahre später war alles anders. 1967 ging es mit Familie und Auto an die Gotthardbahn, an den Vierwaldstätter See. Die Ferienwohnung lag nahe dem See, aber noch näher der Bahn. Nachts lärmten die Güterzüge besonders laut und die erleuchteten Reisezüge warfen Irrlichter ins Zimmer.
Die Kirche von Wassen ist wohl der beliebteste Foto-Standpunkt an der Gotthardbahn. Hier überblickt man die Doppelschleife und befindet sich direkt gegenüber der mittleren von drei Brücken über die MeienreussSchlucht. Und hier begegnete ich am 13. Juni 1967 einer Doppeltraktion mit Elloks Ae 6/6. Sie ist eigentlich überdimensioniert, denn die maximale Zugkraft zweier Lokomotiven überschreitet die zulässige Belastung der Zughaken
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Ich fotografierte jetzt zweigleisig im Kleinbild-Format: SchwarzWeiß mit Kodak Retina Reflex, farbig mit Kodak Retinette. Ein nahe liegendes Eisenbahn-Ziel war Erstfeld, wo die 26-PromilleNordrampe beginnt. Hier gab es ein Depot der Gotthardloks, hier hielten alle Güterzüge zwecks Bespannungswechsel.
So sieht im Juli 1957 die Neuzeit aus: Wie aus dem Ei gepellt steht die Ae 6/6 Nr. 11411, eine sechsachsige Hochleistungslok, vor ihrem Schnellzug. Fast ebenso beeindruckte uns der Lokführer mit Hut … Die chromglänzende Lok gehört zur ersten Bauserie und ist ein Jahr in Betrieb. Sie trägt das Wappen des Kantons Zug an der Seite und blieb museal erhalten
Am 22. Juni 1967 überquert eine Leichtschnellzuglok Re 4/4 mit ihrem Personenzug die stählerne Rohrbachbrücke zwischen Wassen und Göschenen. Häufige Lawinenschäden zwangen 1982 bis 1984 zu einem spektakulären Umbau: Die Brücke wurde durch eine geschlossene Betonröhre ersetzt
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Aufenthalt 3
Melide, August 1969 Diesmal ging es von meinem neuen Wohnort Darmstadt aus ins Tessin, ans südliche Ende der Gotthardbahn. Zwischen Melide und Bissone überquert sie auf einem Damm den Luganer See. Für die Kinder gab es „Swissminiatur“, nebenan fuhren die SBB in 1:1.
Am 19. August 1969 kommt auf dem Seedamm in Melide TEE 79 „Roland“ aus Mailand entgegen. Der Zug ist aus DB-Wagenmaterial gebildet, die 1.184 Kilometer lange Verbindung nach Bremen existiert erst seit wenigen Wochen. Auch die Lok stammt aus dem Jahr 1969; die Re 4/4II Nr. 11159 gehört zur dritten Bauserie und trägt einen Sonderanstrich in TEE-Farben. In Basel SBB wird eine DB-112 übernehmen. Die TEE-Verbindung Bremen – Mailand hatte nur zehn Jahre Bestand
Was Erstfeld im Norden, ist Chiasso im Süden. Wegen der Staats- und Systemgrenze ist 1969 noch ein Lokwechsel obligatorisch; nur die TEE-Triebzüge fahren durch. Im Depot Chiasso drücken sich die Dieselloks am 17. August des Jahres bescheiden auf die Seite; die Elloks Ae 6/6 Nr. 11485, 11433 und 11469 beherrschen das Feld
Wenig bekannt ist diese mit zwölf Stück ab 1941 gebaute Gotthard-Schnellzugslok, Achsfolge (1A) Bo (A1). Technisches Vorbild für die Ae 4/6 waren die Sektionen der Doppellok Ae 8/14 11852. In der Motorleistung war sie der deutschen E 19 gleich, Materialmängel machten sie aber störanfällig. Am 14. August 1969 entstand dieses Bild mit Ae 4/6 Nr. 10804 in Lugano. Da erfüllte die Lok bereits sekundäre Dienste, in die man sie mit Aufkommen der Ae 6/6 versetzt hatte. Es blieb keine Ae 4/6 erhalten
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Am 17. August 1969 steht im Depot Chiasso die Jüngste der erwähnten Doppelloks, Ae 8/14 Nr. 11852, Baujahr 1939. Als „stärkste Lok der Welt“ war sie der Star der Schweizerischen Landesausstellung. Die Achsfolge aller drei Doppelloks füllt eine halbe Zeile: (1A) A1A(A1) + (1A) A1A(A1). Die Dienstzeit der 11852 war jedoch sehr kurz. Schon 1972 musste sie wegen schwerer Brandschäden ausgemustert werden. Sie steht heute in Luzern im Verkehrshaus Begegnung in Bissone am 19. August 1969: Ein SBB-Viersystemtriebzug RAe TEE II fährt als TEE 89 von Basel nach Mailand. Der Triebzug zeigt sich bereits in der „verlängerten Version“ als Sechsteiler; der Maschinenwagen läuft an vierter Stelle
Aufenthalt 4
Flüelen, Juli 1972 Diesmal ging es wieder an die Nordrampe, wo ich einige Bilder machen konnte, wie sie 1969 noch nicht möglich waren. Die Re 4/4III war erschienen und der Bau der GotthardAutobahn schlug Wunden in die Landschaft.
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Am 12. Juli 1972 hilft die älteste der drei Doppelloks als Zwischenlok bei Intschi einem schweren Güterzug bergauf; die Ae 8/14 Nr. 11801 wurde 1931 gebaut. Darunter sieht man neue Tunnel der Gotthard-Autobahn. Die eiserne IntschiReussbrücke ist heute ein Betonbalken
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Schwerpunkt Gotthard
| BESUCHE AM GOTTHARD 1957–1973
GOTTHARD
Ein neues Kraftpaket für Güterzüge ist da. 20 Loks der vierten Bauserie der Re 4/4II (die Betriebsnummern 11351 bis 11370) erhielten ab 1971 eine größere Zahnradübersetzung zugunsten höherer Zugkraft bei reduzierter Geschwindigkeit. Sie konnten einzeln 580 Tonnen mit 80 km/h über die Steigungen führen und in Doppeltraktion die seinerzeit größtzulässigen Güterzüge. Ihre Typbezeichnung wurde Re 4/4III; am 12. Juli 1972 stehen zwei dieser Maschinen in Erstfeld
Die Ae 6/6 erweist sich am 13. Juli 1972 einmal mehr als universell einsetzbare Lok. Bei Gurtnellen führt sie einen Güterzug zu Tal, dessen Wagendächer die italienische Herkunft nicht verleugnen können. Den Gegenhang hat die Autobahn gravierend verändert
Aufenthalt 5
Locarno, Juli 1973 Abermals fuhren wir ins Tessin, aber diesmal an den Lago Maggiore. Die Gotthardbahn durchquert in einigem Abstand eine Ebene zwischen Gotthardpass und Monte Ceneri. Hier liegt die Stadt Bellinzona, und diese ist Standort der Hauptwerkstätte der Gotthardbahn.
Blick in die SBB-Hauptwerkstätte von Bellinzona am 20. Juli 1973: Bei der Schiebebühne, nahe den Toren der dreigleisigen Werkhalle, steht Lok 12314 vom Typ Be 4/6. Sie gehört zum Urgestein der elektrifizierten Gotthardbahn und fuhr Reisezüge. Man sieht sie auch als zweite Lokomotive auf dem zu Anfang erwähnten Brockhaus-Bild
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Am 20. Juli 1973 stehen in der Hauptwerkstätte Bellinzona neben 50-jährigen Krokodilen zwei fast ebenso alte Triebwagen vor der Ausmusterung. Diese tragen die Bezeichnung Be 4/6, die es auch bei Elloks gibt. Die Triebwagen führten unter anderem von 1955 bis 1964 die Autotransportzüge durch den Gotthardtunnel. Der linke Triebwagen (Nr. 1601) befindet sich sogar noch im Ursprungszustand
Am 13. Juli 1973 hat mit Nr. 11602 ein Prototyp der neuesten Loktype am Luganer See den Damm von Melide überquert und strebt Richtung Chiasso. Wie viele italienische Loks besitzt die als Re 6/6 bezeichnete Baureihe nicht zwei dreiachsige, sondern drei zweiachsige Drehgestelle. Der Lokkasten ist geteilt, er kann Nickbewegungen ausführen und sich Neigungsänderungen der Gleislage anpassen. Bei den ab 1975 folgenden Serienloks ermöglicht eine veränderte Federung die Verwendung ungeteilter Lokkästen. Es sind dies die letzten Loks, die speziell für die Gotthardbahn entwickelt werden
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Schwerpunkt Gotthard
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| BETRIEBLICHE SPEZIALITÄTEN
GOTTHARD
Mathematik
in den Bergen
Die Steigungen an der Gotthard- und Ceneri-Rampe stellen die Bahngesellschaften vor knifflige Aufgaben. Spezielle Betriebsformen, verbunden mit eingehenden Berechnungen, bilden bis heute die Grundlage für die Transporte auf der Gotthardbahn ie größten betrieblichen Herausforderungen an die Zugförderung auf der Gotthard-Bergstrecke stellen die beiden Steilrampen zum Scheiteltunnel dar. Der Anstieg zum Nordportal auf 1.106 Meter über Normalnull beginnt im 634 Meter tiefer gelegenen Bahnhof Erstfeld und weist über seine gesamte Länge von 28,8 Kilometern eine kontinuierliche Steigung von 25 bis 26 Promille auf. Im Süden ist sogar eine noch größere Höhendifferenz von 850 Metern zwischen Giornico und dem Südportal in Airolo (auf 1.142 Metern über Normalnull) zu überwinden. Fünf Spiral- und zwei Kehrtunnel im Streckenverlauf werden durch extreme Kurven angeschlossen, die eine maximale Länge von fast zwei Kilometern und Radien bis unter 300 Metern erreichen. Das erschwert die betriebliche Abwicklung des Zugverkehrs erheblich. Im weiteren Verlauf in Richtung Italien überquert die Gotthardbahn einen weiteren Gebirgszug, den Monte Ceneri. Die Rampen zum Ceneri-Tunnel sind mit neun bzw. elf Ki-
D Im kleinen Tessiner Örtchen Lavorgo halten die Einwohner im Juni 2007 einen gemütlichen Plausch, während über ihnen ein Güterzug die Gotthard-Südrampe erklimmt. Die Lokkombination aus Re 6/6 und Re 4/4, auch Re 10/10 genannt, ist mit ihrer Zuglast optimal auf die Gegebenheiten der hiesigen Strecke ausgerichtet Georg Wagner
Als um 1918 die Zeit der Dampfloks am Gotthard langsam endete, schöpfte die Kombination aus C 4/5 (Vorspann) und A 3/5 (folgend) die auf der Strecke zulässige Zughakenlast komplett aus: Beide Maschinen durften zusammen 320 Tonnen ziehen Slg. M. Olten BAHN EXTRA 3/2015
lometern Länge zwar kürzer als diejenigen zum Gotthardtunnel, aber zumindest auf der Nordseite mit ähnlicher Längsneigung zwischen 21 und 26 Promille trassiert.
Anforderungen bei der Bergfahrt Da die Zulaufstrecken zum Gotthard als Flachbahn gelten und maximale Steigungen von zwölf Promille aufweisen, mussten und müssen bei zahlreichen Zügen zusätzliche Lokomotiven über den Berg helfen; deshalb besteht in Erstfeld ein großes Betriebswerk. Jeder einzelnen Lokomotivtype ist seit jeher eine so genannte Grenzlast zugeordnet, welche angibt, wie viele Tonnen Zugmasse die Maschine bei Bergfahrt übernehmen darf. Bei Mehrfachtraktion können die Grenzlasten der beteiligten Lokomotiven einfach zusammengezählt werden. Übersteigt die vorhandene Zugmasse die Grenzlast aller am Zug befindlichen Lokomotiven, muss eine zusätzliche Lok über den Berg helfen, in Ausnahmefällen braucht es sogar zwei Helfer.
Zwei Dampfloks befahren mit ihrem Zug den Viadukt von Göschenen. Die Elektrotraktion ermöglichte später die Beförderung erheblich höherer Zuglasten Slg. M. Olten
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Schwerpunkt Gotthard
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GOTTHARD Zwei der frühen Ellok-Baureihen der SBB am Gotthard: Die Vorauslok Fc 2x3-4 12251 (l.) verfügte noch nicht über eine elektrische Bremse, jene wurde dann später bei den „Serien-Krokodilen“ Ce 6/8II eingebaut. Die Be 4/6 (r., am Südportal des Gotthard-Scheiteltunnels in Airolo) hatte die technische Einrichtung von Beginn an. Die elektrische Bremse reichte jedoch jeweils nur, um die Lok selbst zu bremsen Slg. Oliver Strüber (2)
Die betrieblich einfachste Methode, um dieTraktionsleistung zu erhöhen, besteht darin, am Zugende eine Drucklokomotive beizustellen. Auf der Gotthardbahn allerdings war das Schieben und Nachschieben von Güterzügen wegen der problematischen Gleisgeometrie bis 1992 strikt verboten. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) befürchteten insbesondere eine Überpufferung, bei der sich die auf Druck belasteten Puffer zwischen zwei Wagen gegenseitig so weit
Bis 1992 war das Schieben von Güterzügen am Gotthard strikt untersagt verschieben, dass sie aneinander vorbeirutschen könnten. Eine Entgleisung wäre dann die unvermeidbare Folge. Erst umfangreiche Messfahrten zeigten, dass die Übertragung der Druckkraft über die exzentrischen Puffer auch auf den Rampen der Bergstrecke mit ihren engen Radien und den Spurwechseln ohne Übergangsbogen gefahrlos möglich ist. So dürfen seit dem 23. März 1992 Güterzüge ohne Flachwagen mit einer Drucklok verstärkt werden, wobei aber maximal ein Anteil von 300 Tonnen der Zugmasse geschoben werden darf. In der Praxis wird die Druckkraft der Schiebelok auf 150 Kilonewton (kN) begrenzt, indem für Fahrmotorströme der einzelnen Baureihen entsprechende Maximalwerte gelten (zum Beispiel Re 6/6 (Re 620): 1.800 Ampère). Eine zweite Methode, die Zugkraft zu steigern, ist jene, eine zusätzliche Lok vorne an der Zugspitze anzukuppeln. Aber auch das Fahren mit einer Vorspannlok hat seine Grenzen.
Überlegungen zur Zuglast Im Laufe der vergangenen 133 Jahre nahm die Grenzlast der Lokomotiven infolge stark
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Wenn das Zuggewicht zwischen der Grenzlast der Zuglok (hier Ae 6/6: Grenzlast 650 Tonnen) und der zulässigen Zughakenlast (im Jahr 1981: 1.000 Tonnen) lag, fuhr man mit Vorspann. Am 26. August 1981 hilft eine Re 6/6 als Vorspannlok aus (Bild bei Erstfeld) Dr. Dietmar Beckmann
steigender Leistungsfähigkeit auf der Gotthardstrecke erheblich zu. Auch die zulässige Zughakenlast konnte sukzessive erhöht werden, von 270 Tonnen im Jahre 1882 auf die heute erlaubten 1.400 Tonnen. Bereits zu Dampfzeiten war man bemüht, dieTraktionsleistung an der Zugspitze mit der zulässigen Zughakenlast zu synchronisieren. Zum Ende der Dampflokzeit im Jahre 1918 erreichte zum Beispiel eine Doppeltraktion aus einer A 3/5 (Grenzlast 140 Tonnen) und einer vorgespannten C 4/5 (Grenzlast 180 Tonnen) genau die zu diesem Zeitpunkt zulässige Zughakenlast von 320 Tonnen. Ende der 1950er-Jahre lag die zulässige Zughakenlast bei 1.000 Tonnen und die Grenzlast der damals nagelneuen Universal-
lok am Gotthard, der Ae 6/6, bei 650 Tonnen. Da man aus Rücksicht auf die Kupplung eine Doppeltraktion der Ae 6/6 mit einer möglichen Zugkraft von 1.300 Tonnen ohnehin nicht ausnutzen durfte, verzichtete man bei dieser Baureihe auf eine Vielfachsteuerung. Vorspann am Berg vor der Ae 6/6 leisteten deshalb meist die älteren Loks der Serie Ae 4/6; in der Summe entsprachen die Grenzlasten der beiden Loks wiederum ziemlich genau der damals zulässigen Zughakenlast (385 Tonnen + 650 Tonnen = 1.035 Tonnen). In ähnlicher Weise ergibt sich auch heute eine optimale Konstellation bei der StandardGüterzugbespannung, allerdings auf deutlich höherem Niveau. Die 35 bis 50 Jahre alten SBB-Elloks der Serien Re 4/4 II (Re 420)
Am 21. August 1981 hätte die Grenzlast der beiden führenden Re 4/4III (2 x 580 = 1.160 Tonnen) ausgereicht, um den 1.120 Tonnen schweren Schrottzug über die Gotthardbahn zu ziehen. Dennoch musste mit Rücksicht auf die zulässige Zughakenlast eine Zwischenlok Re 6/6 mitfahren. Da der Zug auch noch die Nordrampe zum Ceneri nahm, blieb die Zwischenlok von Erstfeld bis Chiasso dabei (Bild in Bellinzona) Dr. D. Beckmann
und Re 6/6 (Re 620) besitzen einzeln Grenzlasten von 500 Tonnen bzw. 800 Tonnen. Zusammengekuppelt als so genannte Re 10/10 dürfen sie nicht nur 500 + 800 = 1.300Tonnen, sondern sogar 1.400 Tonnen ziehen. Damit darf ihnen exakt dasselbe Zuggewicht angehängt werden wie zwei vierachsigen „Drehstromern“ in Doppeltraktion, beispielsweise Lokomotivpärchen der Serien SBB-484, BLS-485 oder der DB-Baureihe 185. Bei Nutzung einer Drucklok dürfen sogar bis zu 1.700 Tonnen schwere Güterzüge über den Gotthard befördert werden.
Die Idee der Zwischenlok Schon vor der Zulassung des Schiebedienstes im Jahre 1992 konnten derartig große Zugmassen über die Bergstrecke befördert werden, aber mit erheblich größerem Rangieraufwand. In diesen Fällen musste eine Zwischenlokomotive in den Zugverband eingereiht werden. Dazu war der Güterzug vor der Bergfahrt in Erstfeld bzw. Bellinzona zu trennen. Die vorgesehene Zwischenlok setzte sich vor den hinteren Zugteil, anschließend wurde der vordere Teil des Zuges BAHN EXTRA 3/2015
wieder angekuppelt. Dabei musste man darauf achten, dass das hinter der Zwischenlok verbleibende Zuggewicht möglichst genau ihrer Grenzlast entsprach. So wurde sichergestellt, dass im gesamten Zugverband nur Zugkräfte und keine unzulässigen Druckkräfte auftraten. Es konnte sogar vorkom-
Einreihen, ausreihen: Die Fahrt mit der Zwischenlok ist sehr aufwendig men, dass zwischen der Spitzen- und der Zwischenlok nur wenige Wagen verblieben. Nach der Bergfahrt – und noch vor dem Scheiteltunnel – wurde die Zwischenlok in Göschenen bzw. Airolo wieder ausgereiht und kehrte als Leerfahrt zum Fußpunkt der Rampe zurück. Bei Zügen nach Süden verblieben die Zwischenloks zumTeil aber auch bei derTalfahrt nach dem Gotthard-Scheiteltunnel im Zug; sie fuhren zunächst nutzlos mit und wurden dann auf der Nordrampe zum Ceneri-Tunnel nochmals aktiviert. Nachdem ab 1992 das Nachschieben von Güterzügen zulässig geworden war, entwi-
ckelten die SBB für den Güterverkehr ein vollkommen neues Betriebskonzept. Sie entschieden, ab Sommerfahrplan 1993 alle Güterzüge zwischen Basel und Chiasso bzw. Luino durchgehend mit je einer Re 4/4II oder Re 4/4III und einer Re 6/6 zu bespannen, wobei der ab 1994 installierte Huckepack-Korridor („Rollende Autobahn“) bereits integriert war. Das Konzept mit den Pärchen Re 10/10 gilt bis heute, wenn auch die Leistungen sukzessive von modernen Drehstromloks übernommen werden. Damit kann man auf der gesamten Gotthard-Strecke Güterzüge von 1.400 Tonnen Gewicht befördern. Bei einem Zuggewicht bis 1.700 Tonnen ist, wie erwähnt, auf den Rampen lediglich eine Schublok erforderlich. Erst bei den seltenen Güterzügen mit einem Gewicht von über 1.700 Tonnen braucht es die aufwendige Einreihung einer Zwischenlok, was in der Praxis jedoch kaum vorkommt.
Anforderungen bei der Talfahrt Auch die Talfahrt auf den Gotthardrampen unterliegt strengen betrieblichen Regelungen. Die eleganteste Methode, den Zug mög-
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Drei 185er – zwei vorne, eine hinten – haben sich am 3. Juli 2014 eines schweren Zuges des Kombinierten Ladungsverkehrs angenommen. Auf der Talfahrt bei Giornico leiten die beiden vorderen Lokomotiven mit ihrer elektrischen Bremse 240 kN in den Zug ein (o.), ebenso viel wie die einzelne Lok hinten (r.). Mit zusammen 480 kN können sie ihre Fuhre auf der geforderten Geschwindigkeit von 80 km/h halten und Energie für andere Zugfahrten ins Netz einspeisen Dr. Dietmar Beckmann (2)
lichst kontinuierlich auf der zulässigen Streckenhöchstgeschwindigkeit von 80 km/h, das heißt, „in Beharrung“ zu halten, ist der Einsatz der elektrischen Bremse der Lokomotive. Dabei arbeiten die Fahrmotoren im Bremsmodus als Generatoren und erzeugen elektrische Energie, die über Widerstände in Wärme umgewandelt und an die Umgebungsluft abgeführt oder als Nutzstrom in die Oberleitung zurückgespeist wird. Bereits in den 1920er-Jahren verfügten die auf der Gotthardbahn eingesetzten Elloks (Be 4/6, Be 4/7, Ce 6/8II) über eine elektrische Bremse, die aber so schwach war, dass sie lediglich die Lokomotive selbst in Beharrung halten konnte. Seit der Einführung der Leistungselektronik haben moderne Lokomotiven eine so wirksame Nutzbremse, dass deren Bremskräfte begrenzt werden müssen, um unzulässig hohe Druckkräfte im Zug zu vermeiden.
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ren rechten Puffer; damit waren die Spurführungskräfte an den Rädern zu groß, der Wagen wurde aus den Schienen gehebelt. Nach dem Unfall wurde die Wirkung der elektrischen Bremse bei führenden Lokomotiven auf 70 Prozent (168 kN) und später auf 150 kN begrenzt. Umfangreiche Versuche im Jahre 2003, welche die SBB zusammen mit der Deutschen Bahn AG durchführten, lieferten den Nachweis, dass selbst unter „Worst-Case-Bedingungen“ eine Bremskraft von 240 kN nicht zur Entgleisung führen als ein zehn Tonnen leichter und mit seinem kann. Die Deutsche Bahn blieb im Prinzip Achsstand von fünf Metern auch sehr kurzer bei dem Grenzwert von 150 kN, der in die Güterzugbegleitwagen („Sputnik“) an Software ihrer in der Schweiz fahrenden Lovierter Stelle hinter zwei stark bremsenden komotiven der Baureihe 185 implementiert Loks der Serie Re 460 in einen 1.174 Tonnen wurde. Werden diese Loks jedoch in den schweren Zug eingereiht war. In der S-Kurve Schweiz-Modus umgeschaltet, springt der der Gleisverbindung (ohne Übergangs- Grenzwert auf 240 kN. So kommt es dazu, bogen) wirkte die gesamte Bremskraft kurz- dass die 185er der DB in der Schweiz ihre zeitig auf den vorderen linken und den hinte- starke Nutzbremse voll anwenden dürfen, Dieses Phänomen haben die SBB lange unterschätzt, als sie in den 1990er-Jahren noch Drehstromloks der Serie Re 460 mit starker elektrischer Bremse in Doppeltraktion vor Güterzügen am Gotthard einsetzten. Am 11. April 1996 kam es beim Spurwechsel nahe des Bahnhofs Wassen zur Entgleisung,
Bei modernen Loks muss die Kraft der elektrischen Bremse begrenzt werden
GOTTHARD des Hangabtriebs wieder auf maximal 75 km/h beschleunigt hat, folgt die nächste Abbremsung des Zuges mit der Druckluftbremse auf 45 km/h. Dieses Wechselspiel zwischen Anlegen und Lösen der Druckluftbremse wird über die gesamte Gefällestrecke fortgesetzt. In der Praxis erreichen mit diesem Verfahren gebremste Güterzüge bei derTalfahrt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von allenfalls 55 km/h, während bei der Bergfahrt fast 80 km/h möglich sind.
Heute fahren 80 Prozent aller Güterzüge im Takt über den Gotthard
Eine Re 460 schiebt im Juli 2003 einen Güterzug die Gotthard-Nordrampe hinauf. Obwohl sie viel mehr könnte, ist ihre Druckkraft aus Sicherheitsgründen auf 150 kN beschränkt Dr. D. Beckmann
Die schematische Darstellung führt die Problematik bei dem Unfall vom April 1996 vor: Die Bremskräfte der Lokomotiven, die über die Puffer auf den „Sputnik“-Wagen wirkten (D), brachten ihn zusammen mit den Gleisführungskräften in einer S-Kurve ohne Übergangsbogen (F) zum Entgleisen Dr. Dietmar Beckmann
während es ihnen zu Hause in Deutschland strikt verboten ist. Wie das am Gotthard aussieht, zeigt das Rechenbeispiel mit einem schweren Zug des Kombinierten Ladungsverkehrs. Beladen mit Sattelaufliegern, wurde er im Juli 2014 von drei 185ern – zwei vorne, einer hinten – Richtung Süden gebracht. Dabei durften die beiden führenden Loks eine Bremskraft von 240 kN in den Zug einleiten, da er einheitlich aus Tragwagen gebildet ist und nicht der Begrenzung auf 150 kN unterliegt. Eine am Zugende angekuppelte weitere 185 konnte ihre elektrische Bremse vollständig nutzen und den Zug mit weiteren 240 kN bremsen. Die Summe der zulässigen Bremskräfte aller drei Maschinen in Höhe von 480 kN genügt theoretisch, um 1.882 Tonnen Zugmasse (inklusive Lokomotiven) bei einem Gefälle von 26 Promille in Beharrung bei 80 km/h halten. In der Praxis ist die Nutzung der Druckluftbremse dabei überhaupt nicht erforderlich und ein großer Teil der Bremsenergie kann, in elektrische Energie umgewandelt und in das Netz eingespeist, von Gegenzügen für die Bergfahrt genutzt werden.
„Sägezahn“ und Taktfahrplan Wenn die elektrische Bremskraft nicht ausreicht, um den Zug im Gefälle in Beharrung BAHN EXTRA 3/2015
zu halten, muss man zusätzlich die automatische Druckluftbremse verwenden, die sich über den ganzen Zug verteilt und jedes Rad einzeln bremst. Um dabei eine Überhitzung der Bremsklötze zu vermeiden, muss auf den Gotthard-Rampen die Sägezahnmethode angewendet werden. Dies bedeutet, dass der Zug im Gefälle auf etwa 45 km/h abgebremst wird. Danach löst man die pneumatische Bremse wieder vollständig. Wenn der Zug unter ständiger, aber nicht ausreichender Wirkung der elektrischen Bremse infolge
Da die meisten Güterzüge heute mit ihrer Flachlandbespannung ohne Drucklok den Gotthard überqueren, sind die Fahrpläne für SBB-Güterzüge für die Sägezahntechnik ausgelegt. Ein Grund dafür liegt in dem von SBB Cargo im Jahre 2004 zur Optimierung der Betriebsabläufe eingeführten Taktfahrplan für Güterzüge. Da die Übergabe der Züge aus dem Ausland meist nicht mit der schweizerischen Pünktlichkeit geschieht, werden die Güterzugfahrpläne nicht mehr auf einen bestimmten Zug ausgelegt, sondern es werden mögliche Güterzugtrassen in regelmäßigen Abständen definiert. Diese belegt man flexibel mit bereitstehenden Zügen oder Güterlasten, vollkommen unabhängig von Verspätungen oder speziellen Verkehrstagen. Diesem System stehen tagsüber je zwei Trassen von Basel nach Luino und nach Chiasso sowie alle zwei Stunden eine Trasse von Schaffhausen nach Chiasso zur Verfügung. Damit fahren 80 Prozent aller Güterzüge im Takt über den Gotthard, der Rest ist für maßgeschneiderte Kundenlösungen reserviert. Darunter fallen insbesondere Züge anderer Verkehrsunternehmen, deren Lokomotiven inzwischen recht häufig auf der Gotthardbahn anzutreffen sind. Natürlich werden jeden Tag nicht alle Fahrplantrassen tatsächlich mit einem Zug belegt, aber in mancher Stunde fahren durchaus fünf Güterzüge hintereinander die Rampen hinauf.
Definition
Ausblick
Grenzlast der Lok
Das Ende dieser einzigartigen Betriebsabwicklung auf einer der interessantesten Gebirgsbahnen Europas rückt jedoch in greifbare Nähe. Ab dem 11. Dezember 2016 sollen alle Ferngüterzüge durch den neuen Gotthard-Basistunnel fahren. Vorspann-, Schuboder Zwischenlokomotiven werden danach allenfalls noch drei Jahre lang auf den Rampen zum Ceneri-Scheiteltunnel erforderlich sein, bis auch dort der Basistunnel in Betrieb genommen wird. Allenfalls im Umleiterverkehr bei Störungen in den Basistunneln könnte es die Betriebsform am Berg vielleicht noch geben. Dr. Dietmar Beckmann
Als Grenzlast bezeichnet man die maximale Last, die einer Lokomotive angehängt werden darf. Sie geht einher mit der Zughakenlast, der maximalen Last, die am Zughaken einer Lokomotive hängen darf – übersteigt das Zuggewicht diesen Wert, kann der Zughaken der Kupplung reißen. Er ist also nicht unbeschränkt belastbar. Die Berechnung der Grenzlast bzw. Zughakenlast ergibt sich aus dem jeweiligen Leistungsvermögen einer Lokomotive.
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Schwerpunkt Gotthard
| DAS BETRIEBSKONZEPT DES BASISTUNNELS
Am 23. Mai 2013 wurde an der Multifunktionsstelle Sedrun eine Weiche zum Spurwechsel eingebaut. Es handelt sich um eine der wenigen Weichen in der 57 Kilometer langen Doppelröhre AlpTransit Gotthard
Flachbahn
in Arbeit
Wenn am 11. Dezember 2016 der Gotthard-Basistunnel in Betrieb geht, wird sich im Zugverkehr zwischen Erstfeld und Biasca eine Menge ändern. Statt über die Berge nehmen die meisten Züge den Weg durch den längsten Tunnel der Welt. Und sie werden nach einem bereits ausgearbeiteten Betriebskonzept fahren m 31. Oktober 2014 kam in der Nähe des Südportals der Abschluss: Die letzte von 380.000 Einzelblockschwellen im Gotthard-Basistunnel (GBT) wurde verlegt. Seitdem sind beide ca. 57 Kilometer langenTunnelröhren zwischen Erstfeld und Biasca durchgehend befahrbar – mit Dieselloks. Im Herbst 2015 sollen im längsten Tunnel der Welt auch die Fahrleitung, die Stromversorgung und die Sicherungsanlagen montiert sein. Dann kann die Probephase mit ersten elektrischen Zügen beginnen, und derzeit spricht nichts mehr dagegen, dass pünktlich am 11. Dezember 2016 der planmäßige Betrieb aufgenommen wird.
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Züge durch den Tunnel Gemäß dem derzeitigen Planungsstand wird sich zumindest im ersten Betriebsjahr die Anzahl der schnellen Verbindungen ins Tessin imVergleich zu heute nicht verändern.
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Die EuroCitys sollen weiterhin alle zwei Stunden Zürich mit Mailand verbinden und in den Tagesrandzeiten von Luzern in die Lombardei fahren. Auch die innerschweizerischen Intercitys werden nach wie vor im Stundentakt nach Lugano verkehren. Dazwischen bleiben (im stündlichen Wechsel) fünf oder sechs Fahrplantrassen pro Stunde und Richtung für Güterzüge. Nachts soll der Tunnel gänzlich den Güterzügen gehören. Allerdings wird jede Woche in den drei Nächten zwischen Samstag und Dienstag jeweils eine Fahrröhre für sechs bis acht Stunden gesperrt – wegen Wartungsarbeiten. Die gesamten 57 Kilometer können dann nur eingleisig betrieben werden. Dennoch soll die bis 2020 festgeschriebene Güterzugkapazität in Höhe von 65.000 Trassen pro Jahr gewährleistet sein. Gegenüber der Bergstrecke, bei der das Zuggewicht auf 1.400Tonnen (mit Drucklok 1.700Tonnen) begrenzt ist, können
durch den Basistunnel deutlich schwerere Züge mit einer Masse von bis zu 4.000 Tonnen geleitet werden. Dies wird aber in den ersten Betriebsjahren mangels Eignung der Zulaufstrecken wohl nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Sollte allerdings das Referendum des Vereins „Nein zur 2. Gotthardröhre“ bei der bevorstehendenVolksabstimmung die Mehrheit finden, könnte sich einiges im Betrieb ändern. Denn dann wird die zweite Röhre des Straßentunnels nicht gebaut, und da man die bestehende Röhre zwecks Sanierung über viele Monate sperren muss, braucht es eine Rollende Autobahn durch den Basistunnel. In dem Fall dürften sich vermutlich die ersten Kapazitätsprobleme einstellen. Der gesamte Basistunnel ist für 250 km/h ausgelegt. Mit Rücksicht auf die Kapazität für den Güterverkehr werden die Fahrpläne aber „nur“ für 200 km/h berechnet, was im-
GOTTHARD Links: Das Nordportal des Basistunnels bei Erstfeld mit doppeltem Spurwechsel, aufgenommen im Juli 2014. Die heutige Bergstrecke verläuft rechts oben im Bild; auf der Trasse der zukünftigen Ausfädelung der Bergstrecke liegen noch keine Gleise. Rechts: Einer der für den Tunnel beschafften neuen Rettungszüge der SBB ist im Herbst 2014 auf der Bergstrecke unterwegs AlpTransitGotthard (l.), T. Wunschel (r.)
Obwohl mit diesen Neigezügen eigentlich nahezu das gesamte Reisezugangebot abgedeckt ist, werden 13 Elloks der SBB-Serie 460 und 114 einstöckige Reisezugwagen (Typ EW IV und EC) für den Einsatz im Basistunnel ertüchtigt, darunter 14 Steuerwagen und fünf Speisewagen. Daraus bildet man elf Wendezüge unterschiedlicher Länge, von denen zwei stets als Dispozüge bereit stehen sollen, um für stark verspätete oder ausgefallene Triebwagen einzuspringen. Aus den restlichen Wagen werden zweiVerstärkungsmodule mit Steuerwagen gebildet. Als Ersatz für die ETR 610 ab 2019 haben die SBB bereits 29 BeNe-Züge vom Typ EC 250 bei Stadler bestellt. Die Firma baut damit erstmals Fernverkehrszüge. Schematischer Aufbau des Gotthard-Basistunnels inklusive der Nothalte: In zwei 57 Kilometer langen Röhren werden die Züge unter den Bergen hindurch geleitet AlpTransit Gotthard
merhin noch einen Fahrzeitgewinn von 40 Minuten gegenüber der Fahrt über die Bergstrecke bringt. Dennoch wird sich bis Mitte 2018 die Reisezeit von Zürich insTessin und weiter nach Mailand nur um 25 Minuten verkürzen, da die eingleisige Zulaufstrecke entlang des Zugersees zwischen Zug und Arth-Goldau baustellenbedingt gesperrt werden soll und alle Züge über Rotkreuz (mit Fahrtrichtungswechsel) umgeleitet werden müssen.
Die Fahrzeuge und Zugangebote Sämtliche Lokomotiven, Triebwagen und Reisezugwagen, die durch denTunnel fahren, müssen strengen Sicherheitsvorschriften genügen. Die so genannte GBT-Tauglichkeit der Fahrzeuge beschränkt sich nicht nur auf das obligatorische Zugsicherungssystem ETCS im Level 2 für das führende Triebfahrzeug, sie beinhaltet für den Reisezugverkehr auch Anforderungen an die Druckdichtheit und vor allem an den Brandschutz. Im internationalen Verkehr sollen in den ersten Betriebsjahren nur noch siebenteilige Neigetriebwagen der Serie ETR 610 zum Einsatz kommen. Die SBB hatten Ende 2009 sieben dieser als RABe 503 eingereihten Triebwagen von der aufgelösten Cisalpino BAHN EXTRA 3/2015
AG übernommen und weitere acht GBT-taugliche Einheiten im Sommer 2012 nachbestellt. Die letzten Fahrzeuge der zweiten Serie werden bis zum Sommer 2015 in Betrieb gesetzt. Überraschend haben die SBB am 30. Januar 2015 nochmals vier Triebwagen für rund 120 Millionen Franken nachbestellt, die noch rechtzeitig zur Eröffnung des Basistunnels
Im Reiseverkehr sollen zunächst ETR 610 und RABDe 500 fahren eintreffen sollen. Zusammen mit den sieben Einheiten von Trenitalia (TI) stehen dann 26 Triebwagen zur Verfügung, die aber auch die Simplon-Lötschberg-Verbindungen von Mailand nach Genf und Basel abdecken müssen. Darüber hinaus ist geplant, in Spitzenzeiten mit zwei Triebwagen in Doppeltraktion zu fahren und eine EuroCity-Verbindung von Zürich über Mailand hinaus bis nach Venedig zu verlängern. Auch die stündliche innerschweizerische Verbindung Basel –/Zürich – Lugano soll weiterhin mit Neigezügen als Zuggattung ICN gefahren werden. Dazu wollen die SBB 18 der 44 Triebwagen der Serie RABDe 500 GBT-tauglich herrichten.
Neues bei der Infrastruktur Auch an die Infrastruktur werden für den Tunnelbetrieb veränderte Anforderungen gestellt. Das traditionelle Depot in Erstfeld gibt man auf, da sämtliche Güterzüge mit ihrer „Flachlandbespannung“ durch denTunnel fahren können. Die maximale Steigung von 13 Promille bis zum höchsten Punkt im Tunnelinneren auf 550 Meter über Normalnull (Scheiteltunnel: 1.151 Meter) macht das Ansetzen von Vorspann-, Druck- oder Zwischenloks überflüssig. An den beidenTunnelportalen in Erstfeld und in Biasca errichten die SBB zwei Erhaltungs- und Interventionszentren (EIZ). Jeweils etwa 125 Beschäftigte werden von dort aus die Unterhaltungsarbeiten im Tunnel steuern und mit 31 neuen Unterhaltsfahrzeugen durchführen. In den EIZ stehen außerdem die neuen Lösch- und Rettungszüge mit je 25 Rettungskräften bereit. Die beiden vierteiligen Kompositionen wurden von Windhoff in Deutschland gebaut und sind schon einsetzbar. Was dann noch folgt, ist die Inbetriebnahme des 15,4 Kilometer langen Ceneri-Basistunnels (CBT) zwischen Bellinzona und Lugano – voraussichtlich im Dezember 2019. Damit wird die gesamte Gotthardbahn an keiner Stelle mehr größere Steigungen als 13 Promille aufweisen. Sie geht dann als erste Flachbahn durch die Alpen in die Eisenbahngeschichte ein. Dr. Dietmar Beckmann
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Schwerpunkt Gotthard
| DIE BERGSTRECKE HEUTE UND MORGEN
GOTTHARD
Die Bergstrecke
heute und morgen
Ende 2016 ist Schluss mit dem Betrieb auf der Gotthard-Bergstrecke in der jetzigen Form. Was ändert sich durch die Eröffnung das Basistunnels? Und wie kann man bis dahin noch die Bergstrecke intensiv erleben? Eine Einführung mit Insider-Tipps uch heute gilt die Gotthardbahn noch als eine der wichtigsten Eisenbahnmagistralen zwischen Nord- und Südeuropa.Trotz des Einsatzes moderner Lokomotiven undTriebwagen hat sie nur wenig von ihrer Faszination eingebüßt. Die inzwischen 133 Jahre alte Bergstrecke mit ihrem 15 Kilometer langen Scheiteltunnel sowie den Schleifen und Spiraltunneln auf den beiden Rampen ist so etwas wie ein lebendiges Denkmal der Kulturgeschichte. Jeder Schweizer Bürger kennt die markanten Punkte, wie
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die Kirche von Wassen, an der man drei Mal in unterschiedlicher Höhe vorbeifährt, oder die beiden doppelten Spiralen in der Leventina auf der Südrampe. Bis Ende 2016 besteht dieses Zeugnis der Ingenieurkunst des 19. Jahrhunderts noch in seiner ursprünglichen Funktion, nämlich als zuverlässiger Schienenweg für lange Reise- und schwere Güterzüge über die Alpen. Nach der für den 11. Dezember 2016 geplanten Aufnahme des planmäßigen Betriebs durch den neuen Gotthard-Basis-
tunnel wird die Bergstrecke zwar nicht stillgelegt, aber es wird sich einiges ändern. Der stündliche Regionalverkehr spiegelt den betrieblichen Charakter kaum wieder. Bis dahin verbleiben noch einige Monate, um den eindrucksvollen schweren Zugdienst auf dieser einzigartigen Gebirgsbahn zu erleben, sei es als Reisender im Zug, als Wanderer auf den Gebirgspfaden (siehe auch Kasten) oder an einem der vielen Fotostandpunkte. Lange Wartezeiten auf den nächsten Zug gibt es kaum. Über das gesamte Jahr gibt
Nach wie vor wickeln die Neigetechnik-Triebzüge ETR 470 einen Teil des internationalen Verkehrs über den Gotthard ab. Im Mai 2012 passiert ein ETR 470 von Trenitalia Silenen-Amsteg
Noch gibt es diesen Anblick: Große Güterzüge ziehen an der Kirche von Wassen vorbei. Wenn ab Dezember 2016 der meiste Verkehr durch den Basistunnel rollt, wird es auf der Bergstrecke schlagartig ruhig Martin Rütschi/picture-alliance/Keystone
In Interregio-Zügen kann man die Schönheit der Gotthard-Bergstrecke besonders genießen. Meist führen sie im Bereich der 1. Klasse einen Panoramawagen mit. Beim Interregio, der im Juli 2010 oberhalb von Gurtnellen talwärts fährt, läuft dieser an dritter Stelle Armin Schmutz (2)
es eine hohe Zugdichte, selbst an Wochenenden. Lediglich in der unmittelbaren Weihnachtszeit und im August, wenn in Italien Betriebsferien herrschen, ist der Güterverkehr ausgedünnt. Die Personenzüge fahren mit vereinzelten Ausnahmen an jedem Tag nach demselben Fahrplan.
Neue Züge nach Italien Eigentlich verbindet man den Fernreiseverkehr über den Gotthard mit Schnellzügen, die aus Deutschland, Frankreich, den BeNeLuxStaaten oder gar Skandinavien nach Italien rollen. Bunte Garnituren mit Sitzwagen, Schlaf- und Liegewagen, Post-, Gepäck- und Speisewagen gibt es aber schon lange nicht mehr. Heute beschränkt sich der internationale Reiseverkehr über den Gotthard BAHN EXTRA 3/2015
auf die im Zweistundentakt bedienteVerbindung Zürich – Mailand. Die als EuroCity eingestuften Züge wurden bis Ende 2014 fast ausschließlich von elektrischen Triebwagen der italienischen Serie ETR 470 gefahren (ETR = italienisch: ElettroTreno Rapido). Die zwischen 1994 und 1997 im Hause Alstom gebauten Zweistrom-Neigezüge mit 481 Sitzplätzen gehörten zunächst der Cisalpino AG. Nach deren Rückzug aus dem operativen Geschäft im Jahre 2009 übernahmen Trenitalia neun und die SBB fünf Einheiten. Die inzwischen rund 20 Jahre alten Triebwagen schrieben jedoch ein eher unrühmliches Kapitel in der Gotthard-Geschichte; bei den Fahrgästen sind sie sehr unbeliebt. Infolge des schlechten Fahrkomforts, der ständigen Wankbewegungen durch die Neigetech-
nik und sicherlich auch aufgrund defekterToiletten wird empfindlichen Fahrgästen schnell übel, so dass sogar Tüten verteilt werden, um eineVerschmutzung der Polster zu vermeiden und die Belästigung robusterer Fahrgäste zu minimieren. Die Zuverlässigkeit der ETR 470 war zeitweise katastrophal, zumindest für schweizerische Ansprüche. An manchen Tagen erreichte gerade einmal die Hälfte der Züge ihren Zielbahnhof mit einerVerspätung von weniger als einer Stunde. Manche kamen gar nicht an. Seit dem 15. Juni 2014 dürfen die ETR 470 auch nicht mehr bogenschnell fahren, das heißt, sie müssen trotz Neigetechnik in den Kurven das niedrigere Tempo konventioneller Züge einhalten, so dass die Fahrzeit zwischen Zürich und Mailand um 22 Minuten verlängert werden musste.
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Schwerpunkt Gotthard
| DIE BERGSTRECKE HEUTE UND MORGEN
GOTTHARD Inzwischen ist am Gotthard aber das Ende der ungeliebten ETR 470 in Sicht. Seit Dezember 2014 sind die ersten von Alstom Savigliano gebautenTriebzüge der zweiten Serie ETR 610 als SBB-Serie RABe 503 betriebsbereit; sie werden im Laufe des Jahres 2015 (geplant bis zum Juni) die vier noch einsatzfähigen ETR 470 der SBB von der Gotthardachse verdrängen. Wenn dann ab Dezember 2015 auch Trenitalia Triebzüge des Typs ETR 610 über den Gotthard schickt, gehört der Einsatz der ETR 470 der Vergangenheit an. Neben diesen zwischen Zürich und Mailand pendelnden Triebwagen verkehrt noch ein weiteres EuroCity-Zugpaar, das am Morgen Luzern in Richtung Mailand verlässt und am Abend zurückkehrt. Diese Garnitur besteht aus vier konventionellen Wagen (EW IV und EC), die von einer Ellok der Serie Re 420 (Re 4/4II) gezogen werden.
Im Juni 2014 erklimmt ein RABDe 500 der SBB die Gotthard-Nordrampe, im Bild auf der Chärstelenbachbrücke bei Silenen. Die Züge verbinden als ICN Zürich/Basel mit Lugano/Chiasso Tibert Keller
Nationaler Fernverkehr Neben den internationalen EuroCity-Zügen setzen die SBB Neigetechnik-Triebzüge der Serie RABDe 500 als ICN ein; sie kommen im Stundentakt wechselweise von Zürich oder Basel und verkehren bis Lugano (zu Tagesrandzeiten auch bis Chiasso). Im Gegensatz zu den EuroCitys (EC) dürfen sie mit ihrer Neigetechnik in den Kurven schneller fahren als konventionelle Züge und sparen bei denselben Zwischenhalten allein zwischen Arth-Goldau und Bellinzona gegenüber den EC rund neun Minuten Fahrzeit. Aber ob EuroCity oder ICN, für eine Erlebnisfahrt über die Gotthard-Bergstrecke sind alle eingesetzten Neigezüge vollkommen ungeeignet, schon allein wegen der kleinen Fenster. Der Blick hinauf zu den Gipfeln ist dadurch ganz erheblich eingeschränkt, außerdem bleibt bei der schnellen Fahrt ohne Zwischenhalte kaum Zeit, einen Ausblick wirklich zu genießen. Viel entspannter ist da die Reise in den ebenfalls stündlich verkehrenden InterregioZügen, die im Wechsel mit den ICN aus Basel oder Zürich kommen und im Tessin nach Locarno fahren. Sie sind noch aus konventionellen einstöckigen Wagen (Bauarten EW IV und EC) mit großen Fenstern gebildet und werden von Elloks der Serie Re 420 (ex Re 4/4II, Baujahr 1967–1985) oder der moderneren Re 460 (Baujahr 1991–1996) gezogen. Die Garnituren sind „unverpendelt“ unterwegs, das heißt, sie haben keine Steuerwagen und deshalb in beiden Fahrtrichtungen die Lok an der Spitze. Einige von ihnen führen sogar noch einen Gepäckwagen mit. Bei hohem Verkehrsaufkommen werden zusätzliche Wagen verschiedenster Bauarten angehängt. Bei manchen älteren Typen kann man sogar noch die Fenster weit öffnen, was die Mitfahrt erst recht zum Erlebnis macht!
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Seit kurzem fährt der moderne SBB-Neigetechnik-Triebzug ETR 610 neben dem ETR 470 als EuroCity über den Gotthard. Er soll ab Ende 2016 den Weg durch den Basistunnel nehmen SBB
Und das ist beileibe nicht alles. Mit einer Fahrkarte 1. Klasse kann der Reisende nämlich im gediegenen Panoramawagen des Interregio Platz nehmen und die Bergwelt vom faszinierenden Großfensterraum aus betrachten. Die SBB hatten zwölf Exemplare dieser sehr komfortablen Wagen im Jahre 1991 beschafft, um sie in EuroCity-Züge einzustellen. Von dort sind sie inzwischen abgezogen und bereichern den Reiseverkehr am Gotthard – zuschlagfrei in der 1. Klasse. Auch deshalb stellt der täglich verkehrende Interregio in punkto Komfort die (eigentlich höherwertigen) Angebote EuroCity und ICN klar in den Schatten. Es gibt nur eine Ausnahme: den zusätzlichen IR, der bis Ende Oktober 2015 samstags von Zürich nach Chiasso fährt und am Sonntagabend zurückkehrt. Er hat keinen Panoramawagen, doch wenigstens etwas anderes zu bieten. Dem Fahrgast stehen sieben Wagen zur Verfügung, bei denen man in zweien die Fenster öffnen kann. Am nörd-
lichen Zugende wird sogar ein ehemals französischer Gepäckwagen mitgeführt.
Regionalverkehr und Güterverkehr Auf der Bergstrecke zwischen Erstfeld und Biasca haben die SBB den Regional- und Nahverkehr auf der Schiene aus Kapazitätsgründen praktisch aufgegeben. Sämtliche Stationen an der Nordrampe wie AmstegSilenen, Intschi, Gurtnellen und sogar Wassen werden nur noch mit dem Postauto (Autobus) bedient. Auf der Südrampe sieht es nicht viel besser aus. Dort wird lediglich je eine S-Bahn (S10) im nachmittäglichen Berufsverkehr und am späten Abend über Biasca hinaus bis Airolo verlängert. Morgens fahren diese beiden TILO-FLIRT-Triebzüge die Südrampe wieder hinab, einer als RegioExpress nach Mailand, der andere als S10 mit Zugteilen nach Chiasso und über Luino bis zum Flughafen Malpensa. Die Triebwagen halten an den Stationen des Inter-
Ein großes Gebäck in Schlüsselform symbolisiert am 16. Dezember 2014 die Übergabe; in Betrieb geht an dem Tag das neue Lokführerdepot des SBB-Personenverkehrs in Erstfeld. Mit der Inbetriebnahme des Basistunnels wird der Standort Erstfeld aber an Bedeutung verlieren SBB
regio und zusätzlich in Ambri-Piotta und Lavorgo sowie nur bei der Talfahrt in Bodio. Für den Güterverkehr stellt die Gotthardbahn nach wie vor die wichtigste Transitachse zwischen Nordfrankreich und Westdeutschland im Norden und Italien im Süden dar. Heute sind es Züge des Kombinierten Verkehrs (KV) mit Containern aller Art und
Zwischen null und fünf Güterzügen pro Stunde ist alles möglich Ganzzüge mit unterschiedlichsten Frachten, welche die Schweiz von Grenze zu Grenze durchqueren – ohne Rangieraufenthalt und meist auch ohne Lokwechsel. Die Rollende Landstraße (RoLa) beschränkt sich am Gotthard seit 2011 auf nur noch eine nächtliche Verbindung zwischen Basel Kleinhüningen Hafen und Lugano. Wie im Güterverkehr üblich, unterliegt die Zugdichte unvorhersehbaren Schwankungen. Zwischen null und fünf Zügen die Stunde ist alles möglich. Die Bespannung der Güterzüge ist seit Einführung des freien Netzzugangs im Jahre 1999 sehr bunt und vielfältig geworden. Etliche Privatbahnen nutzen die Magistrale und spannen ihren Wagenreihen zwei, manchmal auch drei oder sogar vier Maschinen vor. Den größten Anteil an der Traktion haben aber weiterhin die SBB, die neben den modernen Re 484 noch vorwiegend so genannte Re 10/10 einsetzen, Pärchen aus einer Re 420 (Re 4/4II) und einer Re 620 (Re 6/6). Daneben ist unter anderem die Deutsche Bahn präsent. Nachdem sie ihre Kooperation mit der BLS AG aufgekündigt hat, schickt sie vermehrt deutsche Elloks der BAHN EXTRA 3/2015
Baureihe 185 an den Gotthard. Für weitere Abwechslung sorgen die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Lokomotiven der Taurus- und TRAXX-Familien; ständige Gäste sind insbesondere Crossrail und die BLS AG. Letztere ist außer mit modernen Elloks der Baureihen 485 und 486 auch noch fast täglich mit den bis zu 50 Jahre alten Re 425 (BLS Re 4/4) vertreten; die BLS-Klassiker kommen – in der ursprünglichen braunen Farbgebung! – vor Stahlzügen zum Einsatz.
Bald schon Änderungen im Betrieb Betrieblich wirft der Gotthard-Basistunnel bereits im kommenden Spätsommer seine
In Kürze
Gotthard-Wanderweg Im Jahr 2007 wurde ein Wanderweg eröffnet, der entlang der Gotthard-Strecke führt und von Erstfeld bis Biasca reicht. Er bietet schöne Ausblicke auf die Bahn, 50 Tafeln informieren über Strecke und Region. Der Wanderweg Nord (23,4 Kilometer lang) führt von Göschenen talwärts; dort gibt es auch eine Aussichtsplattform in Wassen. Der Wanderweg Süd besteht aus drei Postautofahrten, Airolo – Dazio Grande, Faido – GiornicoParondion und Giornico Dorf – Biasca, sowie zwei rund fünf Kilometer langen Fußwegen Dazio Grande – Faido und Giornico-Parondino – Giornico Dorf. Statt im Zug durch den Scheiteltunnel zu fahren, kann man auch über den Gotthard-Pass wandern – was es in sich hat. Info: www.gottardo-wanderweg.ch HBS
Schatten voraus. Ab dem 16. August 2015 wird seine nördliche Zulaufstrecke zwischen Brunnen und Erstfeld (jeweils exklusive) auf das Zugsicherungssystem ETCS Level 2 mit Führerstandsignalisierung (FSS) umgestellt. Am 1. November folgt im Süden der Abschnitt zwischen Castione-Arbedo und Pollegio Nord, so dass die Bergstrecke zu einer signaltechnischen Insel wird. Sie ist danach nur noch für Züge erreichbar, an deren Spitze sich eine Lokomotive mit der entsprechenden Europäischen Sicherungstechnik befindet. Es ist zu befürchten, dass die Triebfahrzeugvielfalt in den letzten 15 Betriebsmonaten darunter leidet. Nach der Aufnahme des planmäßigen Betriebs durch den Gotthard-Basistunnel (GBT), vorgesehen für den 11. Dezember 2016, dürfte es auf der Bergstrecke schlagartig sehr viel ruhiger werden. Im Gegensatz zur Lötschbergachse sollen nicht nur alle internationalen Fernreisezüge durch den Basistunnel fahren, sondern auch sämtliche überregionalen Güterzüge. Stillgelegt wird die Bergstrecke aber definitiv nicht. Dies hat der Bundesrat mit seinem am 8. Oktober 2014 verabschiedeten „Bericht zur künftigen Nutzung der GotthardBergstrecke“ nochmals bekräftigt. Darin heißt es: „Die Gotthard-Bergstrecke soll im schweizerischen Eisenbahnnetz integriert bleiben und für den Erschliessungsverkehr sowie den touristischen Verkehr weiter betrieben werden.“ Es wird aber eingeräumt, dass kostensenkende Maßnahmen wie die Streckung von Wartungsintervallen oder der Rückbau nicht mehr benötigter Anlagenteile „denkbar“ sind. Über die konkrete Gestaltung des Angebotes bzw. des Betriebskonzeptes für die
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Schwerpunkt Gotthard
| DIE BERGSTRECKE HEUTE UND MORGEN
Wird er ab 2016 das Standardfahrzeug am Gotthard? Die SBB planen, die FLIRT-Triebzüge von TILO als stündliche RegioExpress-Züge über den Berg zu schicken. Im Südabschnitt bis Airolo sieht man sie im Tagesrandverkehr schon heute, wie hier im Sommer 2014 bei Giornico Dr. Dietmar Beckmann
Gotthard-Bergstrecke ab Dezember 2016 herrscht derzeit noch immer Unklarheit, zumal sich die Problematik recht kompliziert darstellt. Nachdem das Bundesamt für Verkehr (BAV) dem von der Südostbahn (SOB) vorgestellten Betriebskonzept für die Bergstrecke eine Absage erteilt hatte, gingen die
FLIRT oder Wagen-Züge – noch ist unklar, was nach 2016 über den Berg fährt SBB davon aus, dass ihre eigenen Planungen vollständig umgesetzt werden. Danach sollten die Interregio-Züge aus Richtung Zürich und Luzern in der Regel in Erstfeld enden. Lediglich während der Wander- und Skisaison wollte man an Wochenenden morgens drei Züge über die Nordrampe bis Göschenen verlängern und am Nachmittag wieder zurückfahren lassen. Davon abgesehen sollte ab Erstfeld nur noch ein RegioExpress pro Stunde durch den Scheiteltunnel ins Tessin fahren und die Stationen der heutigen Interregio Basel/Zürich – Locarno sowie zusätzlich Ambri-Piotta, Lavorgo und gegebenenfalls Bodio bedienen. Da Schätzungen besagen, dass statt heute 15.000 dann nur noch 500 Reisende pro Tag
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Auf der Bergstrecke muss sich der Bahnbetrieb mit den gewaltigen Kräften der Natur auseinander setzen: Im Februar 2012 kämpft die SBB-Schneeschleuder Xrotm96 in Göschenen gegen den Schneefall an. Für die meisten Züge dürfte sich die Lage ab Ende 2016 entspannen; sie tauchen dann im Basistunnel unter den Bergen durch Heiko Günther
über die Bergstrecke fahren werden, planten die SBB, den Gesamtverkehr über den Berg mit FLIRT-Elektrotriebzügen vonTILO durchzuführen. Diese eigentlich für die S-Bahn im Tessin und in der Lombardei von Stadler gebauten Fahrzeuge der SBB-Serie RABe 524 gehören der TILO SA (Treni Regionali Ticino Lombardia), einem 2004 gegründeten Tochterunternehmen der SBB und der Trenitalia. Über die Gotthard-Bergstrecke würden diese
für den Regionalverkehr konzipierten Fahrzeuge erstmals planmäßig in der Deutschschweiz zum Einsatz kommen. In einer groß angelegten PR-Aktion präsentierte die Leiterin des SBB-Regionalverkehrs das Konzept am 4. Juli 2014 der Öffentlichkeit. Allerdings hatte das Bundesamt für Verkehr (BAV) nur vier Tage vorher diesen Ansatz infrage gestellt, wenn nicht gar verworfen. Am 30. Juni 2014 teilte es mit, dass die
GOTTHARD Auch die Re 460 bespannt Interregio-Züge am Gotthard (bei Sisikon, Juli 2003). Ob die Züge bis 2016 oder bis 2017 über die Bergstrecke fahren, ist noch offen D. Beckmann (2, auch M. l.)
Recht schlicht gehalten ist der Aufenthaltsraum, den es für die Eisenbahner im Gotthard-Scheiteltunnel gibt. SBB Historic bietet spezielle Exkursionen in den Tunnel an Jörg Buschmann
des SBB-Konzepts ermöglichen. Fest steht bisher lediglich, dass ein Zug pro Stunde und Richtung über den Berg fahren wird. Darüber hinaus hält man die Bergstrecke als Rückfallebene vor, falls der Betrieb durch den Basistunnel kurzfristig gestört sein sollte. Als Umleitungsstrecke für längere Beriebsstörungen im GBT gilt allerdings die Lötschberg-Simplon-Achse.
Raum für zusätzliche Züge
Im Juli 2003 ist eine Re 10/10 auf der Nordrampe auf Talfahrt, hier am unteren Wattinger Kehrtunnel
SBB eine bis Ende 2017 gültige Konzession für den Fernverkehr besitzen, die sie verpflichtet, die an der Bergstrecke gelegenen Stationen Göschenen, Airolo, Faido und Biasca mit Zügen des Fernverkehrs zu bedienen. Deshalb ist es nach Auffassung des BAV unzulässig, auf der Bergstrecke S-Bahn-Züge (als RegioExpress) einzusetzen und dafür Regionalverkehrs-Subventionen einzustreichen. Welche Züge 2017 durch den Scheiteltunnel fahren werden und wie das Bedienungskonzept dann 2018 nach Auslaufen der Fernverkehrskonzession aussieht, ist derzeit nicht entschieden. Es ist durchaus möglich, dass die Interregio-Züge nach der Eröffnung des Basistunnels noch ein Jahr lang über den Berg fahren müssen. Wahrscheinlicher ist aber, dass die S-Bahn-Triebzüge trotz ihrer spartanischen Ausstattung kurzerhand zu Fernverkehrsfahrzeugen ernannt werden und als „Interregio-FLIRT“ die Umsetzung BAHN EXTRA 3/2015
Die Gotthardstrecke Erstfeld – Bellinzona und der Basistunnel, der Ende 2016 eröffnet wird, in der Übersicht. Über die Bergstrecke soll dann noch Regionalverkehr rollen Anneli Nau/GM
Auch wenn die spannende Abfolge vieler Züge und die angestrengten Bergfahrten am Gotthard mit der Eröffnung des Basistunnels passé sind – die neue Situation ab Ende 2016 hat einige Vorteile. Der geringe planmäßige Zugverkehr mit einstündigen Zugpausen ermöglicht den vermehrten Einsatz von Sonderzügen. Dann muss man die zulässige Streckengeschwindigkeit nicht mehr unbedingt ausfahren. Gute Chancen also für langsame Züge mit Touisten, die sich in Ruhe die Bergwelt ansehen wollen, oder für Dampfloks, denen mehr Zeit für die Bergfahrt bleibt. Gleichzeitig könnten einige wenige lokale Güterzüge den Weg über den Berg nehmen. Von einer Bewerbung für das Welterbe der UNESCO verspricht sich der Bundesrat dagegen derzeit wenig Erfolg. Ungeachtet dessen hat er eine Studie in Auftrag gegeben, welche Kosten und Nutzen für eine Kandidatur ausloten soll. Wer weiß: Vielleicht bringt das weitere Impulse. In jedem Fall aber scheint der Weiterbetrieb der Gotthard-Bergstrecke für die nächsten Jahre gesichert zu sein. Das ist vielleicht die wichtigste Nachricht beim Blick in die nähere Zukunft. Dr. Dietmar Beckmann/GM
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Galerie
| WERBEPROSPEKTE SCHWEIZER BAHNEN
Auf nach
Helvetien!
Die Schweiz, Ihr Reise- und Urlaubsland – so sehen es die Tourismusbüros und auch die Werbeabteilungen vieler Bahngesellschaften. Mit farbenfrohen Prospekten preisen sie die Sehenswürdigkeiten und/oderVorzüge der Bahnfahrt. Eine Auswahl von anno dazumal
Feierstunde bei der OeBB; 1899 konnte man erstmals aus ihren Zügen auf das schöne Balsthal schauen, 1949 gibt es das seit 50 Jahren Prospekte/Broschüren: Slg. Oliver Strüber
Zeitgenössische Züge empfangen den Reisenden auf der MOB – wer möchte da nicht auf Tour durch die Schweizer Bergwelt gehen?
Welch eine Aussicht! Und Sie sind mit der Pilatus-Bahn unmittelbar dabei! So verspricht es das Titelmotiv dieses undatierten Werbeprospekts
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Abenteuer Eisenbahn! Mit dem Landwasserviadukt wirbt die Rhätische Bahn um 1945 für Reisen durch Graubünden
Mal nicht um Reiseziele, sondern um Daten und Fakten geht es in diesem Heft der SBB von 1950. Den Titel ziert eine der damals modernen Elloks
Gerade noch am See, jetzt schon in der Höh’: kein Problem dank der Zahnradbahn auf den Monte Generoso. Der Prospekt stammt aus den späten 1960ern
Die atemberaubende Streckenführung der LötschbergSüdrampe ist ein gern gewähltes Motiv der BLS. Hier auf einem Prospekt der 1920er-/1930er-Jahre
BAHN EXTRA 3/2015
Den Reiz der Bergwelt fängt die Jungfraubahn für ihre Kunden ein. Der Zug selbst hält sich dabei dezent zurück – siehe den Titel des undatierten Prospekts ...
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Gestern und heute
| TRIEBWAGEN VOR GÜTERZÜGEN
Die Kehrichttransporte der Chemins de fer du Jura werden regelmäßig mit Triebwagen abgewickelt. Zum Einsatz kommt unter anderem der Gepäcktriebwagen BDe 4/4 621, den die CJ aus verschiedenen Komponenten aufgebaut haben Aufnahmen des Beitrags: Dr. Dietmar Beckmann
Anstelle einer
Lokomotive ...
Der Schweizer Bahnbetrieb hat einige Spezialitäten hervorgebracht. Eine davon ist der universelle Einsatz von Triebwagen. Nicht wenige Fahrzeuge hat man als Schlepptriebwagen konzipiert; sie beförderten (und befördern) auch Güterzüge 50
Noch Anfang der 1980er-Jahre setzten die SBB betagte Gepäcktriebwagen der Serie De 4/4 (Baujahr 1927/28) im Güterverkehr ein. In Doppeltraktion fuhren sie vor den Güterzügen zwischen Sulgen und St. Gallen, um die Belastung der Sitterbrücke in Sitterdorf durch schwere Lokomotiven zu vermeiden. Im Bild De 4/4 1675 und De 4/4 1679 während eines Kreuzungsaufenthalts in Arnegg
ie schweizerischen Bahnen gelten als die Pioniere der elektrischen Zugförderung. Auch die größeren Privatbahnen der Schweiz elektrifizierten ihre Strecken sehr frühzeitig mit dem Einphasen-Wechselstrom (15 kV, 16 2/3 Hz). Auf den zahlreichen Haupt- und Nebenbahnen abseits der großen Magistralen waren insbesondere für den Personenverkehr keine schweren Lokomotiven erforderlich. Es reichten leichtereTriebwagen, die neben den technischen Einrichtungen für den Antrieb (Transformator, Steuerung, Motoren etc.) Platz für Personen, Gepäck und/oder Post boten. Eine Schweizer Spezialität waren die leistungsfähigen Schlepptriebwagen, die nicht nur als „Alleinfahrer“ konzipiert waren, sondern auch eine beachtliche Last aus Personen- und Güterwagen ziehen konnten. Bis in die 1990er-Jahre gab es vielerorts noch
D
Im Jahr 2002 lief der gesamte Wagenladungsverkehr auf der Normalspurstrecke der Transports Publics Fribourgeois SA (TPF) mit Triebwagen. Jeden Abend hängte man die zuvor in Bulle gesammelten Wagen an BAHN EXTRA 3/2015
gemischte Züge (Güterzüge mit Personenbeförderung und Personenzüge mit Güterbeförderung), bei denen Triebwagen Personenund/oder Güterwagen zogen.
Neue Aufgaben für alte Fahrzeuge Nachdem die Triebwagen gegen Ende des 20. Jahrhunderts in die Jahre gekommen waren und den Reisenden keinen zeitgemäßen Komfort mehr boten, erhielten sie auf zahlreichen Strecken ein neues Betätigungsfeld: als „Zuglok“ für Güterzüge. Mit ihrer installierten Leistung waren sie problemlos in der Lage, Übergabe- oder Nahgüterzüge mit einer Handvoll Güterwagen selbst über steigungsreiche Strecken zu ziehen. Dadurch machten sie nicht nur die Lokomotive überflüssig, sondern ersetzten auch den in der Schweiz obligatorischen Personenwagen für die Zugbegleiter. Auf manchen Privatbahnen
In den 1980er-Jahren brachte die Rhätische Bahn große Mengen Holz aus dem Engadin nach Italien und nutzte dafür nicht ausgelastete Triebwagenzüge; hier zwischen Samedan und Pontresina
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Gestern und heute
| TRIEBWAGEN VOR GÜTERZÜGEN
Im Sommer 1992 übernahm der fast 40 Jahre alte Be 4/4 761 der BLS allabendlich den Nahgüterzug Spiez – Thun. Heute zählt das Fahrzeug als „Wellensittich“ zum historischen BLS-Bestand
übernahmen sie eine Doppelfunktion, indem sie einmal amTag die angefallenen Güterwagen zu den SBB brachten bzw. dort abholten und in der restlichen Zeit als eiserne Reserve für den Personenverkehr dienten.
Beispiele CJ und Makies AG Obwohl die Privatbahnen inzwischen ihren Wagenladungsverkehr an die SBB abgetreten haben und gegenwärtig auch auf den eigenen Strecken keine Nahgüterzüge mehr bespannen, haben sich bis in die heutige Zeit einige Triebwagen im Güterzugdienst gehalten. So sind auf dem 74 Kilometer umfassenden Schmalspurnetz der Chemins de fer du Jura (CJ) im Schweizer Jura seit 2001 wochentags mehrere Züge unterwegs, die Kehricht (Hausmüll) von Tavannes und Glo-
Im Jura fährt man mit Triebwagen Heizöl, Holz, Schotter und Hausmüll velier in die Verbrennungsanlage La Chauxde-Fonds transportieren. Darüber hinaus werden Normalspurwagen mit Langholz, Heizöl und Schotter auf Rollschemeln befördert. Für die Traktion stehen ausschließlich Triebwagen zurVerfügung; zum Beispiel der Gepäcktriebwagen BDe 4/4 621, den die CJ in eigener Werkstatt aus überzähligen Komponenten unterschiedlicher Herkunft zusammengebaut haben. Ab 2000 bzw. 2001 wurde er von zwei ABe 4/4 unterstützt, die ursprünglich von der Chur-Arosa-Linie der Rhäti-
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Bis 1994 besaßen die schmalspurigen Appenzeller Bahnen keine eigene Ellok; den umfangreichen Rollbockverkehr bewältigten sie ausschließlich mit Triebwagen. Am 30. Juli 1992 ist die „regelmäßige Zuglok“, der schon 60 Jahre alte ABDeh 4/4 1, bei Jakobsbad mit einem DB-Güterwagen auf dem Weg nach Herisau
Der „Makies-Pendel“ ist am 12. Juli 2010 in Briseck mit 500 Tonnen Kies beladen worden und fährt nun nach Gettnau. Hinter dem Triebwagen läuft die Henschel-Diesellok M2, die bis 2012 den Verschub im fahrdrahtlosen Beladegleis übernahm
schen Bahn stammen und dort nach der Änderung des Stromsystems überflüssig geworden waren. Einer dieser Triebwagen ist noch heute als Bef 4/4 641 im Einsatz, der andere wurde inzwischen verschrottet. Im Jahr 2014 hat die CJ von der Frauenfeld-Wil-Bahn (FW) vier Triebwagen der Serie Be 4/4 (Baujahr 1985) gekauft. Nach ihrer technischen Anpassung an die Anforderungen der CJ sollen sie im Personen- und Güterverkehr fahren, so dass weiterhin Triebwagen die Kehrichtzüge ziehen. Auch auf Normalspurgleisen haben sich bis heute einige planmäßig mit Triebwagen bespannte Güterzüge gehalten. Hierzu gehören die Kiestransporte zur Aufbereitungsanlage in Willisau im Luzerner Hinterland. Statt auf der Straße mit 50 Lkw-Fahrten täglich wird das Gestein vom Bahnverlad Briseck bei Zell auf der Schiene transportiert. Dazu hat die Makies AG einen Zug aus neun BAHN EXTRA 3/2015
Um das Triebfahrzeug an den EndstatioSelbstentladewagen (Wagentyp Falls-t) gebildet, der 500 Tonnen laden kann. Für die nen nicht umsetzen zu müssen, ist die Traktion stehen drei Triebwagen vom Typ Stammkomposition seit 2014 mit einem BDe 4/4 („Mirage“) mit Baujahren zwischen „Steuerwagen“ ausgestattet, der aus einem 1959 und 1979 zurVerfügung, welche die Ma- Baudienstfahrzeug der Bern-Lötschbergkies AG im April 2008 von der Südostbahn Simplon-Bahn (Tem 55) entstanden und mit einer Vielfachsteuerung für die Triebwagen (SOB) gekauft hat. sowie mit einer zeitgemäßen Zugsicherungseinrichtung ausgestattet ist. Seit 2012 besitzt ein Triebwagen (BDe 576 057) ein Dieselaggregat im ehemaligen Fahrgastraum, mit Stichwort dessen Hilfe der Zug auf dem fahrdrahtlosen Beladegleis verschoben werden kann. Auch die beiden übrigen Triebwagen der Die Idee, eine Lokomotive mit FahrgastMakies AG findenVerwendung. Für spezielle oder Gepäckraum zu kombinieren, kam in der Schweiz zunächst bei Trambahnen Einsätze wird ein weiterer Zug mit je einem auf. 1894 setzte die Orbe-Chavornay-Bahn BDe 4/4 an den Enden bespannt. Auf seinem als erste Vollbahn Triebwagen ein. Das Weg zu den verschiedensten Baustellen ist Beispiel machte rasch Schule, bei Privater – beladen mit 500Tonnen Kies – in der ganbahnen wie bei den SBB. Bis heute sind zen Schweiz zu sehen. Eben eine Schweizer Triebwagen fester Betriebs-Bestandteil. Spezialität. Dr. Dietmar Beckmann
Triebwagen
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Gestern und heute
| AM THUNERSEE ENTLANG
Je einmal in der Stunde gibt es in Därligen das Treffen von SBB und BLS – immer dann, wenn ein IC und ein RE in dem Bahnhof kreuzen Dr. Dietmar Beckmann
Laufsteg am Thunersee Wer dichten Zugbetrieb in schöner Landschaft sucht, ist zwischen Thun und Interlaken genau richtig. Dort gibt es Züge vom RegionalExpress bis zum EC/ICE – und Motive en masse er Thunersee im Berner Oberland ist das Herzstück eines der schönsten Feriengebiete der Schweiz. Er ist umsäumt von zahlreichen Urlaubsorten; die beiden bekanntesten Städte Thun und Interlaken liegen an den Endpunkten des 17,5 Kilometer langen und 3,5 Kilometer breiten Sees. Sie sind durch drei unterschiedliche Verkehrsmittel miteinander verbunden, die jeweils ihren eigenen Reiz ausüben.
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Bus, Schiff, Bahn Der Bus der Verkehrsbetriebe STI AG (Linie 21) fährt am nordöstlichen (rechten) Ufer entlang; auf dem Weg vom Bahnhofsvorplatz Thun zum Bahnhofsvorplatz Interlaken West benötigt er zirka 50 Minuten. Dabei nutzt er die schöne Uferstraße und am Steilufer im Bereich der Beatushöhlen eine recht abenteuerlich trassierte schmale Straße. Noch beliebter ist bei den Touristen die über zwei Stunden dauernde Reise über den See mit dem Schiff. Im Sommer hat man fast stündlich die Gelegenheit dazu. Traditionell
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wird die Schifffahrt von einer Eisenbahngesellschaft, der Bern-Lötschberg-SimplonBahn, betrieben, die heute in die BLS AG integriert ist. Schmuckstück ist der 60 Meter lange Schaufelraddampfer „Blümlisalp“ aus dem Jahre 1906. In Thun legen die Schiffe schräg gegenüber dem Bahnhofsvorplatz und somit nur ca. 100 Meter vom Bahnsteig entfernt an, von dem aus alle 30 bis 60 Minuten ein Intercity mit einer Fahrzeit von einer knappen halben Stunde am Südwest-Ufer des Sees entlang nach Interlaken fährt. Die landschaftlich reizvolle Strecke gehört zum Streckennetz der BLS AG und ist die dritte Option, von Thun nach Interlaken zu kommen.
Der Abschnitt Thun – Spiez Die aus Richtung Bern kommenden Züge nutzen von Thun bis Spiez die Gleise der Lötschbergbahn. Kurz hinterThun (in Gwatt) beginnt bereits mit einer Steigung von 15 Promille der Aufstieg ins Hochgebirge, so dass die Reisenden am linken Zugfenster aus bis zu 70 Metern Höhe einen exklusiven Aus-
Von Thun bis Interlaken West verläuft die BLS-Strecke am Thunersee; die Normalspurgleise enden in Interlaken Ost Anneli Nau/GM
blick auf den einmalig schön gelegenen See und die dahinter aufsteigende Bergwelt haben. Bei klarem Wetter sieht man das berühmte Dreigestirn der 4.000er-Gipfel: Eiger, Mönch und Jungfrau. Da die Strecke auch zum Basistunnel der Lötschbergbahn führt, fahren hier internationale Züge. Allerdings beschränkt sich der Reisezugverkehr nach Italien (über den Grenzbahnhof Domodossola hinaus) auf ganze drei EuroCity-Züge am Tag: Neigetriebwagen der SBB-Serie RABe 503 verkehren zwischen Basel und Mailand. Wegen der Expo in Mailand werden im Sommer 2015 bis zum 31. Oktober zwei zusätzliche EC-Züge eingesetzt, und zwar neben einem weiteren Triebwagen RABe 503 von bzw. nach Basel auch ein lokbespannter Zug von bzw. nach Zürich, der aus zehn EC-Wagen gebildet und von einer Ellok der Serie Re 460 gezogen werden soll.
den See bietet, ist die Strecke bis zum 16 Kilometer entfernt gelegenen Bahnhof Interlaken Ost eingleisig. Ab der Kreuzungsstation Krattighalde verläuft die Strecke stets nur wenige Meter über dem Wasserspiegel unmittelbar am Ufer entlang, wobei enge Radien von bis zu 220 Metern nur gemäßigte Geschwindigkeiten ermöglichen. Zwischen Faulensee und Interlaken Ost gibt es auch schöne Fotostandpunkte. Der Reisezugverkehr ist für eine eingleisige Strecke mit drei Zügen pro Stunde und Richtung recht dicht. Innerhalb von zwei Stunden verkehren regelmäßig drei IC-Züge nach Basel, von denen im Kursbuch acht Zugpaare als ICE gekennzeichnet sind. Zum Einsatz kommen dabei DB-AG-Triebzüge der Baureihe 401, die zum Teil auch im innerschweizerischen Verkehr fahren. Am späten
Der Reisezugverkehr ist für eine eingleisige Strecke recht dicht
Ein Zug der „Rollenden Landstraße“ von Freiburg in Deutschland nach Novara in Italien passiert den Thunersee. Im Juli 2008 sind dafür zwei Elloks der BLS-Serie Re 465 eingeteilt; die Reihe ist eine technisch aufwendigere Version der Re 460 der SBB Dr. Dietmar Beckmann
Im Binnenverkehr nach Brig und Interlaken fahren bis zu drei Intercity-Züge pro Stunde, die aus ein- und doppelstöckigen Wendezügen und einer Lok der Serie 460 zusammengestellt sind. Der dichte Fernverkehr wird durch stündliche RegioExpressZüge ergänzt, die aus bis zu vier zusammengekuppeltenTriebwagen der Serie RABe 536 („Lötschberger“) bestehen, wobei sich gelegentlich auch ein RABe 525 („Nina“) untermischt. Die bis zu 16-teiligen Triebzüge werden in Spiez geflügelt. Der vordere Zugteil fährt über die alte Bergstrecke durch den Scheiteltunnel nach Brig, der hintere Zugteil durchs Simmental nach Zweisimmen. Obwohl die Zugdichte beim Güterverkehr mit derjenigen der Gotthardbahn nicht vergleichbar ist, kann man dennoch mit ein bis zwei Güterzügen pro Stunde und Richtung rechnen. Die Bespannung teilen sich insbesondere die Bahngesellschaften SBB, Crossrail, DB und BLS. Letztere setzt hier sogar noch ihre bis zu 50 Jahre alten Re 4/4 in der BAHN EXTRA 3/2015
ursprünglichen braunen Farbgebung ein; meist bespannen sie in Doppeltraktion die hochwertigen Schnellgüterzüge im Durchlauf von Basel nach Domodossola. Recht verlässlich und pünktlich sind die Züge der „Rollenden Landstraße“ der Ralpin AG, die bis zu elf Mal am Tag schwere Lkw samt Fahrer zwischen Freiburg (D) und Novara (I) befördern. Hier kommen moderne BLS-Loks der Serien 465 und 485 zum Einsatz.
Der Abschnitt Spiez – Interlaken In Spiez verlässt die Hauptstrecke den Thunersee und taucht nach einer langen Rechtskurve am Depot vorbei in den Hondrichtunnel ein. Weiter am Thunersee entlang verläuft ab hier die Zweigstrecke nach Interlaken, die eher den Charakter einer Nebenbahn hat und mit wiederum 15 Promille Gefälle zum 70 Meter tiefer gelegenen See hinunter führt. Die ersten zwei Kilometer südlich von Spiez sind noch zweigleisig ausgebaut; ab dem Haltepunkt Faulensee, der einen weiten Blick über
Abend erreicht sogar ein TGV aus Paris Interlaken, fährt aber noch in der Nacht leer nach Bern zurück. Die übrigen IC-Züge nach Interlaken bestehen aus ein- oder zweistöckigen Wendezügen, die mit einer Lok der SBB-Serie 460 bespannt sind. Obwohl die Strecke zum Netz der BLS AG gehört, fahren im Personenfernverkehr keine BLS-Fahrzeuge. Anders verhält es sich im Regionalverkehr. Die tagsüber alle zwei Stunden zwischen Interlaken und Zweisimmen verkehrenden RegioExpresszüge sind Bestandteil der touristischen Golden-Pass-Route und bestehen aus einem dreiteiligen BLS-Triebwagen der Serie RBDe 565, der zwischen Steuer- und Zwischenwagen mit zwei alten Einheitswagen I in abweichender Farbgebung verstärkt wird. Die stündlichen Regionalzüge werden ebenfalls planmäßig mit Triebwagen gefahren. ZumTeil sieht man aber auch Ersatzzüge, zeitweise mit lokbespannten Garnituren. Wegen des dichten Verkehrs müssen auf der eingleisigen Strecke pro Stunde fünf Kreuzungen abgewickelt werden: je eine in den Bahnhöfen von Därligen (IC/RE) und Krattighalde (IC/R) sowie drei im Bahnhof Leissigen (IC/IC, IC/R und RE/R). Da die Normalspurgleise in Interlaken Ost enden, ist der Güterverkehr auf dieser Stichbahn recht bescheiden. Der werktägliche Nahgüterzug verlässt Spiez in den frühen Morgenstunden und kommt mit den Wagen aus Interlaken planmäßig um 8:35 Uhr zurück. Darüber hinaus wird meist am Nachmittag die Kalkverladeanlage in Leissigerbad von Spiez aus bedient. Damit gibt es einen vielfältigen Betrieb auf der Strecke amThunersee – sie ist quasi ein Laufsteg für die Eisenbahn, attraktiv für Reisende wie für Fotofreunde. Dr. Dietmar Beckmann
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Gestern und heute
| MITFAHRT LANDQUART – SCUOL-TARASP IN O-
Im Führerstand dabei
f ... mehr au Im Führerstand
der DVD
sp nach von Scuol Tara
Tonf ca 90 Minuten
Landquart
lm in Farbe
m g ng e v el ch f i he eneh ch erf gt us r c l he r c t e en i m o ne z v l und s a ha en We d ch u zt w d t r c te orb s w e g we b Le t ng s h r i t t o e so l e r eb r un et e l ht v h v r ü rt en XTRA 3/2015 ä i t öf nl lag DVD u BAHN
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Auf der DVD erleben Sie eine Fahrt mit der Rhätischen Bahn von Scuol-Tarasp nach Landquart, gefilmt kurz nach der Eröffnung desVereina-Tunnels. Ende 2014 fuhr Dr. Hans-Bernhard Schönborn auf der Strecke mit, nur in der Gegenrichtung. Seit der Tunneleröffnung – und dem Film – hat sich manches geändert ancher Junge oder jung Gebliebene träumt vom Beruf des Lokführers. Besonders nach der Sonderfahrt mit einer kraftvoll schnaubenden Dampflok, einer alten Ellok mit laut knackendem Stufenschalter oder einem Triebwagen, bei dem man dem Lokführer bei seiner Arbeit zuschauen kann. Und wie sieht der Alltag aus? Das darf ich am 27. November 2014 zusammen mit Stephan Wyss erfahren – buchstäblich. Der Lokführer der Rhätischen Bahn hat an jenem Tag den Dienst 1009, eine „Rundfahrt“ auf dem Meterspurnetz der „kleinen Roten“.Von Landquart geht es nach Scuol-Tarasp, anschließend über Pontresina, Samedan und Chur zurück an den Ausgangsort. Bis zu 50.000 Kilometer legt ein Lokführer bei der Rhätischen Bahn im Jahr zurück. Aber beim bloßen Fahren bleibt es nicht, das bekomme ich gleich als Erstes mit. Auf seinen Dienst hat sich Wyss schon zu Hause mit seinem dienstlichen iPad vorbereitet: Der Tablet-Rechner meldet ihm etwaige Verspätungen, Sonderbetriebsformen, die an dem Tag zu beachten sind, und natürlich die Lok, mit der er es zu tun hat. Offiziell beginnt der Dienst an diesem herbstlich-grauen Donnerstag um 11:38 Uhr im Depot Landquart. Am „Meeting-Point“ in der Rotonde erhalten die Lokführer die letz-
M
Der Lokführerdienst beginnt um 11:38 Uhr in der Rotonde Landquart
Davos Platz; dazu kommen eine RE-Linie im Zweistundentakt, Landquart –Vereinatunnel – St. Moritz, und eine S-Bahn-Linie bis Schiers.Viel Betrieb. Da es sich um eine eingleisige, verspätungsanfällige Strecke handelt, wurden in den letzten Jahren große Investitionen vorgenommen, um Kreuzungsstellen zu modernisieren und zu verlängern, Doppelspurinseln anzulegen und Bahnhöfe kundenfreundlicher zu gestalten. Wir nehmen eine 90-Grad-Kurve, in die im August 2014 eine neue Eisenbahnbrücke über die Kantonsstraße Landquart – Maienfeld eingeschoben wurde. Sie ist bereits für den doppelgleisigen Ausbau vorbereitet, den die RhB hier angehen will. Anschließend verläuft die Strecke gen Osten gerade durch das Rheintal und wendet sich kurz vor dem Weindorf Malans nach Süden. Der Bahnhof von Malans hat in den letzten beiden Jahren sein Das ist die erste Leistung für Stephan Wyss Gesicht gewandelt: Er präsentiert sich nun am 27. November: 145 Kilometer Fahrt mit als moderne, zweigleisige S-Bahn-Halteeinem RegionalExpress von Landquart nach stelle mit Außenbahnsteigen, hohen PerronScuol-Tarasp Dr. Hans-Bernhard Schönborn kanten und schienenfreien Zugängen. Stephan Wyss und „seine“ Ge 4/4II erleben liches Schild mit schwarzem „V“ und schwar- bisher einen Routinetag. Die Lok fährt gut, Wetter und Zuglast stellen keine Schwierigzen Keilen an den Enden). Besonderes muss Stephan Wyss bei seiner keit dar. Alles ganz normal. Das ist nicht Fahrt nicht beachten. Der Kollege meldet, immer so: Ende November kann schon mal alles laufe einwandfrei. Keine Bremsstörun- ein Wintereinbruch die Region mit einem halgen, keineTürstörungen.Wyss stellt sich den ben bis einem Meter Schnee bedecken, sogar Lokführersitz ein und wartet auf das Abfahrsignal, das bald darauf aufleuchtet. Ein weißes Licht links unten und ein grünes rechts oben. Nach der vorgeschriebenen Probe „Bremse auf Wirkung“ setzt der Zug an und rollt am „Rail Control Center“ (RCC) der RhB im Stationsgebäude vorbei; ein großer Teil der Züge wird von hier überwacht, zahlreiche Bahnhöfe steuert man fern. Es geht über einen beschrankten Bahnübergang und die zentrale Ein- bzw. Ausfahrweiche auf der Betonbrücke, die den Fluss Landquart überspannt.
ten Informationen, jene, die man nicht mehr in das Computernetzwerk stellen konnte. Um 11:44 Uhr löst der Lokführer auf dem Bahnsteig zwischen Gleis 5 und 6 den Kollegen ab; der hat den RegioExpress (RE) 1237 von Disentis/Mustér nach Landquart gebracht. Der Zug besteht aus der Ge 4/4II 611, einer 1972 gebauten Ellok mitThyristorsteuerung, einem 1.-Klasse-Wagen, drei 2.-KlasseWagen, einem Gepäckwagen sowie einem Landquart – Klosters Platz Verstärkungswagen am Zugschluss. Das er- Die Strecke bis Klosters Platz (bis 2011 nur gibt 24 Achsen und ein Gewicht von 137 Ton- „Klosters“) ist nicht nur die älteste der RhB – nen. Damit darf die Ge 4/4II maximal 90 km/h eröffnet am 9. Oktober 1889 –, sondern auch fahren; die vom Vorsignal angezeigte Ge- eine stark befahrene. Zwei RE-Linien beschwindigkeit wird bei den Magneten der dienen sie im Stundentakt, Landquart – VerZugsicherung kontrolliert (weißes, läng- einatunnel – Scuol-Tarasp und Landquart –
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Auf der Strecke Grüsch – Schiers begegnet RE 1237 einem RE aus Scuol-Tarasp; das Vorsignal (Anzeige „V6“) erlaubt 60 km/h
ganz schnell über Nacht. Dann heißt es, die Gleise rasch mit Schneepflügen frei zu bekommen; Mensch und Maschine kämpfen mit den erschwerten Bedingungen. In den Fällen ist der Lokführer nicht mehr unbedingt ein Traumberuf. Die Strecke nähert sich der Flanke des Rheintals und der „Chlus“, dem engen
Durchbruch zwischen Rheintal und Prättigau. Seit 1963 umgeht die Bahn im rund einen Kilometer langen „Chlus-Tunnel“, der parallel zum Straßentunnel verläuft, die Schlucht, die sich kurz vor dem Bahnhof Seewis-Valzeina zu einem Tal öffnet. Nach dem Bahnhof Grüsch fahren wir zunächst noch auf eingleisiger Strecke. Aber
Vor der Großbaustelle für einen weiteren Doppelspurabschnitt vor Küblis sollen die Besen verhindern, dass sich „Vorwitznasen“ aus dem Fenster lehnen und durch eine Baumaschine verletzt werden BAHN EXTRA 3/2015
Lokführer Stephan Wyss an seinem Arbeitsplatz in der Ellok Ge 4/4II 611; mit ihr bringt er am 27. November 2014 RE 1237 von Landquart nach Scuol-Tarasp, hier auf dem ersten Abschnitt zwischen Landquart und Malans Dr. Hans-Bernhard Schönborn (4)
Unmittelbar nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Küblis beginnt die 40-Promille-Steigung nach Klosters, die den Triebfahrzeugen einiges an Leistung abverlangt
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Gestern und heute
| MITFAHRT LANDQUART – SCUOL-TARASP
nach der Brücke über die Nationalstraße Landquart – Klosters beginnt der rund zwei Kilometer lange zweigleisige Abschnitt Grüsch – Schiers. Diesen hat die RhB von 2002 bis 2004 errichtet; er ist sogar für einen Gleiswechselbetrieb angelegt und besitzt Signale für beide Richtungen. Zusammen mit dieser Doppelspur erhielt der dreigleisige Bahnhof Schiers neue Gleis- und Bahnsteiganlagen mit einer Unterführung. Wir halten am Bahnsteig mit den Gleisen 2 und 3; auf dem (Kopf-)Gleis 1 neben dem Stationsgebäude beginnt bzw. endet die S-BahnLinie Schiers – Chur – Rhäzüns. Nach Schiers geht es zweigleisig weiter: Von 2007 bis 2009 hat die RhB den wieder zwei Kilometer langen Doppelspurabschnitt bis fast zum Fuchsenwinkeltunnel realisiert. Hier kann Stephan Wyss mit seiner Lok richtig loslegen: Auf den Doppelspurabschnitten vor und nach Schiers ist die Höchstgeschwindigkeit möglich, was die Fahrplanstabilität erheblich verbesserte. Auf das östliche Tunnelportal des knapp 800 Meter langen Fuchsenwinkeltunnels folgt die 700 Meter lange Kreuzungsstation Fuchsenwinkel, die seit 11. November 1999 besteht.Vorher gab es zwischen Schiers und
Mal eingleisig, mal zweigleisig: Die Strecke wird nach und nach ausgebaut Jenaz keine Kreuzungsmöglichkeit. In dem relativ engen Tal folgen nun die Stationen Furna, Jenaz und Fideris, vor dem ein hölzerner Bahnsteig auf freier Strecke darauf hinweist, dass dort immer wieder Demonstranten kontrolliert werden, die zum jeweils im Januar stattfindenden Weltwirtschaftsforum in Davos anreisen. Mit vielen Kurven passieren wir eine Talenge und überqueren erneut die Landquart.
Hintergrund
Arbeit bei der RhB Die Lokführer und Lokführerinnen (zurzeit etwa ein Dutzend) sind bei der Rhätischen Bahn in drei Gruppen und eine Reservegruppe eingeteilt. Die Gruppen 1 und 2 haben feste Dienste, die sie jeweils einen Monat im voraus kennen; die Gruppe 3 hat ihre Einsätze, wo „Not am Mann“ ist. Die Dienste wechseln täglich, deren Länge (sieben, sechs und vier Tage) sowie die Zahl der freien Tage (vier und zwei) ebenfalls.
Vor Küblis beginnt eine größere Baustelle. Bis 2017 erhält der Bahnhof eine dreigleisige, behindertengerechte und teilweise überdachte Bahnsteiganlage. In Richtung Fideris wird die Strecke zweigleisig ausgebaut und auch ein neues Stationsgebäude entsteht.Wegen der Baustelle ist das Tempo für die Züge reduziert; für RE 1237 zeigt das Einfahrsignal zunächst „Halt“. Bei der RhB dürfen kreuzende Züge nicht aus beiden Richtungen gleichzeitig in einen Bahnhof einfahren, und da der Gegenzug, RE 1304 St. Moritz – Vereinatunnel – Landquart, schon auf dem Weg in den Bahnhof ist, müssen wir warten. Mit 20 km/h darf dann unser Zug RE 1237 auf das Ausweichgleis fahren. Nach Küblis schlängelt sich das Gleis auf Steigungen bis 44 Promille an der Talflanke empor. Die Baumaßnahmen an der Strecke begleiten uns auch hier. Im Oktober 2014 ging die 570 Meter lange Kreuzungsstelle Capäls in Betrieb, mit der sechs Bahnübergänge aufgehoben wurden. Kurz vor Saas passieren wir den im September 2006 eröffneten neuen Saastunnel, in dem man etwas schneller fahren darf als im vorherigen, aus
Vor dem Vereina-Tunnel steht ein Zug des Autoverlad bereit. Der 19 Kilometer lange Tunnel wurde 1999 eröffnet und gehört zu dem modernsten Streckenabschnitt der RhB Dr. Hans-Bernhard Schönborn (2)
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der Gründerzeit stammenden Bauwerk: 50 statt 45 km/h. Zeit sparen wir außerdem in Serneus; die Station wurde 2009/2010 durch eine Streckung der Kurve in eine zweigleisige, schneller befahrbare Dienststation umgebaut. Nach Serneus wird auf der anderen Talseite eine andere Strecke sichtbar, jene nach Davos. Viel imposanter ist jedoch die Sunniberg-Brücke, die das Tal als Teil der Ortsumfahrung von Klosters überspannt. Bei der Straßenunterführung Büel entstand, teils mit Ausbruchmaterial aus dem Vereinatunnel, eine Erdplattform mit mehreren Anschlussgleisen, um Baumaterial für die Brücke und den Gotschna-Tunnel umzuladen. Hinter dem Bahnhof Klosters Dorf wird im November 2014 noch am zweiten, 1.050 Meter langen Gleis nach Klosters Platz gearbeitet. Einen Monat später geht es in Betrieb. In Klosters gibt es auch für den Lokführer eine Nachricht. Stephan Wyss erhält die schriftliche Anweisung, auf der Unterengadiner Strecke ab Kilometer 138,7 beim TarsTunnel wegen einer Senkung derTrasse „auf Sicht“ zu fahren. Die persönliche Übergabe des Zettels wie hier findet man nicht überall. Viele Bahnhöfe der RhB sind nicht mehr besetzt, so dass solche Anweisungen auch per Funk mitgeteilt werden. Dann muss der Lokführer das entsprechende Formular selbst ausfüllen.
Klosters – Sagliains Die Ausfahrt aus Gleis 2 im Bahnhof Klosters liegt bereits in einer Kurve zur – nächsten – Landquart-Brücke, die wir befahren. Deshalb zeigt ein „Fahrtstellungsmelder“, ein leuchtender Pfeil in Orange, dem Lokführer an, dass das Ausfahrsignal auf „Fahrt“ steht; Details, wie die erlaubte Geschwindigkeit, muss er der Anzeige am Ausfahrsignal entnehmen. Bisher hat RE 1237 die älteste Stre-
Einfahrt nach Klosters Platz: Links ist das zweite Gleis nach Klosters Dorf noch nicht ganz fertig; am Perron auf Gleis 3 wartet ein „Allegra“ mit einem RE aus Davos Platz auf die Abfahrt nach Landquart
Am 4. Oktober 2014 ist die Ge 4/4II 632 mit einem Regionalzug von Pontresina nach Scuol-Tarasp unterwegs und kommt gerade durch das malerische Örtchen Ardez. Dieser liegt zwischen Sagliains und Scuol im Engadin Florian Martinoff
cke der RhB befahren – nun folgt die jüngste, die am 19. November 1999 nach achteinhalb Jahren Bauzeit eröffnete Vereinalinie. Die Moderne zeigt sich bereits an der in einer 45-Grad-Kurve liegenden, futuristisch wirkenden Stahlbetonbrücke. Die Balkenbrücke mit Fachwerksöffnungen hat ein Gewicht von rund 6.200Tonnen, um dem Druck des langsam rutschenden Gotschna-Hanges standzuhalten. Sie wurde am 25. April 1993 eröffnet. Auf ihr befinden sich zwei Streckengleise mit Weichenverbindungen und einer Kreuzung, und es schließen sich unmittelbar links der rund 2,2 Kilometer lange Zugwaldtunnel der Vereinalinie und rechts der etwa 400 Meter lange Klosters-Kehrtunnel für die Davoser Strecke an. Ab Klosters gilt ein anderer Funkkanal, und nach dem Zugwaldtunnel mit einer Neigung von 40 Promille kommt der Zug in Selfranga noch einmal kurz an das Tageslicht. Die Station verfügt über zwei – gerade mit einem Zug belegte – Rampengleise für den Autoverlad; dazu kommen einige Abstellgleise, auf denen noch ein dritter Autozug samt Steuerwagen und Lok (Ge 4/4III 641–652) steht, sowie das Streckengleis. Hier beginnt nun auch die große Fahrt „unter Tage“ – durch den 19.042 Meter langen Vereinatunnel. Die Einfahrt ist dreigleisig, verringert sich nach 300 Metern auf zwei und nach etwa zwei Kilometern auf ein Gleis. In BAHN EXTRA 3/2015
der Tunnelmitte gibt es eine rund 2,3 Kilometer lange Kreuzungsstelle für „fliegende Kreuzungen“. Etwa bei Kilometer 11 (von Selfranga aus) sieht man deutlich den Wechsel von den glatten Wänden des Maschinen- auf die eher rauen Wände des Sprengausbruchs. Auf der Südseite zweigt in der bereits zweigleisigen Dienststation „Sasslatsch Nord“ ein kurzer Verbindungstunnel nach Susch ab. Auch beim Südportal sind die letzten 300 Tunnelmeter dreigleisig angelegt, wobei das dritte Gleis zum Personenbahnhof Anzeige
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Sagliains führt. DerTunnel kann von den „Allegra“-Triebzügen ohne Anhängewagen mit 100 km/h, mit Wagen mit 90 km/h befahren werden. Die Personenzüge und Autozüge sind mit 80 bis 90 km/h unterwegs.
Sagliains – Scuol-Tarasp Als reiner Umsteigebahnhof, den die Reisenden nicht verlassen können, bietet Sagliains schlanke Anschlüsse zwischen den RE von/ nach Scuol-Tarasp und den Regionalzügen (R) von/nach Pontresina. Die Fahrt verläuft nun an der linken Talflanke des Inntals auf der Engadinerlinie, die von Anfang an mit Wechselstrom von 11 kV / 16 2/3 Hz betrieben wurde und wieder eine andere Funkfrequenz besitzt. In Lavin, das wie Sagliains durch die neue Station Lavin-Crusch ersetzt werden soll, kreuzen planmäßig die RE von und nach Scuol-Tarasp. Es folgen Bedarfshaltestellen und Kunstbauten, aneinander gereiht wie die Perlen einer Kette. Von Lavin arbeitet sich RE 1237 teils durch Tunnel, teils über Viadukte vor: über Guarda, Ardez, Ftan Baraigla nach Scuol-Tarasp. Das gesamte Gebiet ist als riesige, in Bewegung befindliche Sackungsmasse bekannt, das bekommen wir auch zu spüren. Bei Kilometer 138,7 hat sich die Trasse gesenkt, so dass die nicht mehr richtig gespannte Fahrleitung fast bis an das Ende des Stromabnehmers rutscht.
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Gestern und heute
| MITFAHRT LANDQUART – SCUOL-TARASP
Im Oktober 2014 legt sich ein Zug Scuol-Tarasp – Disentis bei der Ausfahrt aus Ardez in die Kurve; Zuglok ist Ge 4/4II 613 Florian Martinoff
Zwischen Ardez und Ftan Baraigla durchfahren wir unter anderem den 2.350 Meter langenTasnatunnel, den drittlängstenTunnel der RhB. Er hatte sich im Laufe der Zeit so stark verengt, dass 2009 der Abbruch und Neubau von rund 330 Metern Gewölbe beim westlichenTunnelportal erforderlich wurden. Acht Monate musste damals der Betrieb zwischen Ardez und Scuol-Tarasp ruhen. Bei der Gelegenheit hat man den Bahnhof von ScuolTarasp auch renoviert. Das schlossartige Empfangsgebäude erhielt neuen Glanz und einen ebenerdigen Durchgang zum Mittelbahnsteig, an dem auf dem Stichgleis 1 die Züge von/nach Pontresina und auf Gleis 2 die Züge von/nach Disentis/Mustér halten. RE 1237 kommt pünktlich um 13:15 Uhr in Scuol-Tarasp an. Zwei Rangierer markieren schon den Haltepunkt für die Lok. Stephan Wyss erhält ein Handfunkgerät, denn es stehen Rangiermanöver an. Der Zug wird um die drei Güterwagen verlängert, außerdem muss die Ge 4/4II die gesamte Wagengarnitur umfahren. Dabei erfordert es auch Rückwärtsfahrten, die bei der RhB nur auf ausdrückliche Anweisung sowie mit Funkkontakt zum Rangierer erlaubt sind, der auf der vom Lokführer nicht einzusehenden Seite mitfährt. Der Lokführer muss die zu benutzenden Gleise und beim Heranfahren an den Zug das Kommando „wagelang“ wiederholen. Stephan Wyss nutzt den Gang durch die Lok zum jetzt vorderen Führerstand noch zur Kontrolle, dann ist die erste
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Schlussetappe in Landquart: Der Schaltwärter der Drehscheibe öffnet die Tore des Rundschuppens, damit Stephan Wyss „seine“ Lokomotive auf dem Standplatz abstellen kann. Dann hat der Arbeitstag für ihn ein Ende Dr. Hans-Bernhard Schönborn
Leistung seines Arbeitstags beendet. Ein Kol- ist auch das Fahren etwas anders: Man hört deutlich den Fahrtwind und muss die Zuglege übernimmt die Rückleistung. Viel Zeit zum Verweilen bleibt ihm aber kraft vorsichtig anziehen oder reduzieren, nicht, denn es handelt sich nur um den Über- um den für die Fahrgäste unangenehmen gang auf einen anderen Zug. Um 13:34 Uhr „Ziehharmonika-Effekt“ zu vermeiden. Über wird Wyss mit R 1941 Scuol-Tarasp in Rich- Sagliains hinaus ist außerdem kein Zugbetung Pontresina verlassen. Bis Sagliains gleiter in den Wagen, so dass der Lokführer nimmt der Lokführer nochmals den bisheri- anhand von Uhr, Fahrplan und Wagensituagen Weg, nun in einem Steuerwagen BDt. Da tion (keine Ein-/Aussteiger) selbst entscheiden muss, wann er abfährt. Von Pontresina kehrt Stephan Wyss nach Samedan zurück, und nach einer Pause wird er dort am Nachmittag einen Güterzug nach Landquart überZur Person nehmen. Dort endet sein Dienst schließlich um 21:28 Uhr. Noch die Lok im Depot abstellen, am „Meeting-Point“ die Unterlagen Stephan Wyss begann die Eisenbahnerhinterlegen und eine Meldung über einen Laufbahn mit einer Lehre als Maschinenschlosser bei der Bern-Lötschberg-SimDefekt faxen, dann hat Wyss Feierabend. plon-Bahn (BLS). Nach der Ausbildung So sieht er aus, der Alltag der Lokführer. zum Lokführer arbeitete er zunächst bei Heute war er am Traumberuf verhältnisder Montreux-Oberland Bernois (MOB), mäßig nahe dran. seit 1990 ist er bei der RhB tätig. Dr. Hans-Bernhard Schönborn/GM
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Gestern und heute
| METERSPUR-TREFFPUNKT AIGLE
Züge aller drei Schmalspurbahnen stehen am 5. Juni 2012 in Aigle. Links, am Bahnsteig neben dem SBB-Gleis, hält ein Doppeltriebwagen Bhe 4/8 der AOMC. In der Mitte wartet ein Triebwagen der ASD (im modernen TPF-Grün) mitsamt Steuerwagen auf die Ausfahrt Richtung Les Diablerets. Rechts ist ein Zug der AL mit Ziel Leysin Grand Hotel zu sehen
Schmalspurknoten im Waadt
leich neben den Normalspurzügen der SBB (bzw. in der Westschweiz CFF) stehen sie bereit: die Schmalspurzüge von insgesamt drei Meterspurbahnen. Die „Chemins de fer Aigle – Leysin“ (AL) fährt nach Leysin Grand Hôtel, die „Chemin de fer Aigle – Sépey – Diablerets“ (ASD) nach Les Diablerets und die „Chemin de fer Aigle – Ollon – Monthey – Champéry“ (AOMC) nach Champéry. Jede Bahn hat für sich etwas zu bieten.
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Die Bahnen im Kurzporträt Zum Beispiel die AL: Am 5. Mai 1900 als Straßenbahn eröffnet, stellte sie zuerst die Verbindung über „Aigle-Dépôt“ zum GrandHôtel her. Ein halbes Jahr später folgte die Zahnstangenstrecke (System Abt) bis Leysin Feydey, 1915 dieVerlängerung bis zum heutigen Endpunkt Leysin Grand Hôtel. Zunächst befördertenTriebwagen der Straßenbahn die Anhängewagen der Zahnradbahn bis zum Depot, von dort ging es mit Zahnradloks unter 600-Volt-Gleichstrom bergwärts. Seit 1946 werden Zahnrad-/Adhäsionstriebwagen unter 1.500-Volt-Gleichstrom eingesetzt, heute mit Steuerwagen Bt. Alle Züge machen im Depot Kopf; die Maximalsteigung auf dem 5,3 Kilometer langen Zahnstangenabschnitt mit einer längeren Doppelspurinsel beträgt stattliche 230 Promille.
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Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der 1913 in Betrieb gegangenen ASD um eine reine Adhäsionsbahn – aber immerhin noch mit bis zu 60 Promille Steigung. Zwischen Les Planches und Le Sépey weist sie die mit einem Kilometer längste Spitzkehre in der Schweiz auf; alle Züge zwischen Aigle und Les Diablerets sind dort unterwegs. Die Fahrspannung hat man von ursprünglich 1.350Volt- auf 1.500-Volt-Gleichstrom angehoben. Weil die bereits konzessionierte Verlängerung über den Pillon-Pass nach Gstaad mit Anschluss an die „Montreux – Oberland Bernois“ (MOB) nicht entstand, litt die Rentabi-
Zwei Mal fährt man mit Zahnstange, ein Mal nur im Adhäsionsbetrieb lität der Bahn so sehr, dass jahrzehntelang die Einstellung drohte. Diese Krise hat sie heute überwunden. Die Jüngste des Meterspur-Trios um Aigle ist auf den ersten Blick die AOMC – sie firmiert erst seit 1946 unter diesem Namen. Allerdings geht sie auf zwei ältere Bahnen zurück: die 1907 eröffnete Aigle-OllonMonthey-Bahn (AOM) und die 1908 eröffnete Monthey-Champéry-Morgins-Bahn (MCM), die nie den geplanten Endbahnhof erreichte. Wie die anderen Bahnen führt
Steckbrief
Bahnen um Aigle „Chemins de fer Aigle – Leysin“ (AL) Erste Streckeneröffnung: 5. Mai 1900 Strecke: Aigle CFF – Leysin Grand Hôtel (6,2 km) Spurweite: 1.000 mm; Zahnstange: Abt Stromsystem: 1.500 V Gleichstrom „Chemin de fer Aigle – Sépey – Diablerets“ (ASD) Erste Streckeneröffnung: 1913 Strecke: Aigle – Les Diablerets (23,3 km) Spurweite: 1.000 mm Stromsystem: 1.500 V Gleichstrom „Chemin de fer Aigle – Ollon – Monthey – Champéry“ (AOMC) 1946 als Fusion entstanden Strecke: Aigle – Monthey – Champéry (22,7 km) Spurw.: 1.000 mm; Zahnstange: Strub Stromsystem: 950 V Gleichstrom
Karte: Anneli Nau/GM
Aller guten Dinge sind drei im Bahnhof Aigle. Gleich neben der normalspurigen SBB-Strecke Montreux – Martigny besteht Anschluss zu drei Meterspurbahnen ins Gebirge. Jede hat einen aufregenden Streckenverlauf
Gemächlich kurvt ein Triebwagen der ASD durch die Weinberge von Aigle und am dortigen Schloss vorbei. Den Weg nach Les Diablerets nimmt er allein im Adhäsionsbetrieb Ralph Lüderitz
Zwei Kandidaten, die man nicht mehr lange im Einsatz sieht: Triebwagen Be 4/4 102 und Steuerwagen Bt 134 der AOMC haben 2016 mit der Umstellung der Stromspannung ausgedient
Im Depot der AL machen alle Züge der Strecke Aigle – Leysin Kopf. Ganz links Triebwagen BDeh 4/4 311 von 1987, daneben Triebwagen BDeh 4/4 301 von 1966 (Bild vom Sept. 2011) Dr. Hans-Bernhard Schönborn (4, auch linke Seite o.)
auch sie steil hinauf in die Berge Zwischen dem Kopfbahnhof Monthey und Champéry gibt es drei Zahnstangenabschnitte nach dem System Strub, insgesamt 3,5 Kilometer lang und mit maximal 135 Promille Steigung. 1990 wurde die Strecke in Champéry um 840 Meter verlängert und der frühere Endpunkt in „Champéry-Village“ umbenannt.
Der aktuelle Stand Heute sind alle drei Bahnen Teil der „Transports Publics du Chablais“ (TPC); zu dieser BAHN EXTRA 3/2015
Das ist der Arbeitsplatz in einem der ASDSteuerwagen aus dem Jahr 1966. Recht entspannt steuert der Fahrer im Juni 2012 den Bt 434 von Le Sepey nach Aigle
gehören außerdem Autobuslinien und die Bex –Villars – Bretaye-Bahn (BVB), die keine Schienenverbindung zu den Bahnen von Aigle hat. In der 2001 eröffneten, eigentlich für die AOMC konzipierten Werkstätte „En Châles“ in St-Triphon werden auch AL- und ASD-Fahrzeuge unterhalten.
Speziell bei der AOMC sollte man einen Besuch für das Jahr 2015 planen; danach stehen grundlegende Änderungen an. Die Zahnstange wird 2016 auf das System Abt umgebaut, die Stromspannung auf 1.500Volt-Gleichstrom erhöht. Dafür werden nur zweiTriebwagen und zwei Steuerwagen umgebaut: die Beh 4/8 591–592 (von 2001) sowie die Bt 531–532 (von 1987). Ausgedient haben dagegen die älteren Triebwagen: Be 4/4 101– 105 (1966) , BDeh 4/4 501–503 (1987/92) und 511–514 (1954). Sie werden durch moderne Fahrzeuge ersetzt. HBS/MHZ
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Gestern und heute
| GLACIER-EXPRESS
In der Frühzeit des GlacierExpress müht sich die Dampflok unterhalb von Gletsch auf 110-Promille-Steigung durchs Gebirge. Schon damals zählt nicht die Fahrzeit, sondern das Reiseerlebnis. Der Zug hat es nicht eilig Jeck/Slg. Friedhelm Ernst
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Der langsamste
Schnellzug der Welt Er ist einer der berühmtesten Reisezüge der Schweiz, er fährt seit mittlerweile 85 Jahren und er blickt inzwischen auf eine interessante Betriebsgeschichte zurück. Und nach wie vor bietet der Glacier-Express eine faszinierende Fahrt durch die Alpen in Blick zurück in die Sommermonate des Jahres 1926; damals, am 3. Juli, nahm die neu geschaffene FurkaOberalp-Bahn (FO) die bis dahin nur in Teilabschnitten vorhandene meterspurige Schienenverbindung Brig – Furka – Disentis in Betrieb.Tags darauf wurde die Strecke für den allgemeinen Verkehr zwischen den Kantonen Graubünden, Uri und dem Wallis freigegeben. Wenngleich dies nur während der Sommermonate möglich war, gestattete es doch die Führung durchgehender Züge Brig – St. Moritz und zurück. Nachdem ein Verbindungsgleis zwischen den im Rhônetal gelegenen Städten Visp und Brig eröffnet worden war, folgte ein solcher Zug auch: Ab Ende Juni 1930 fuhr der Glacier-Express.
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Faszinierende Reise-Eindrücke Seit nunmehr 85 Jahren verbindet dieser außergewöhnliche Zug, dem Alpenkamm folgend, die bedeutenden Fremdenverkehrszentren St. Moritz und Zermatt. Von der 1.778 Meter über dem Meer gelegenen „Wiege des Wintertourismus “ im Oberengadin brauchte er anfangs knapp elf Stunden zum Ziel, dank technischen Fortschritts sind es heute „nur mehr“ siebeneinhalb. Die Fahrt geht durch Hochtäler und über stark geneigte Streckenabschnitte, durch 97 Tun-
Die grandiose Landschaft macht seit jeher das Faszinosum des Zuges aus. In den 1930erJahren fährt der Glacier-Express bei Realp auf einer Brücke über die junge Reuss Jeck/Slg. Friedhelm Ernst
beträgt mehrfach 110 Promille. Reich an landschaftlichen Höhepunkten, Bauwerken und Kulturstätten, gibt die Fahrt dem Zugreisenden Eindrücke von bleibendem Wert.
Der Zug passiert während der Fahrt 97 Tunnel und überquert 291 Brücken nels und über 291 Brücken bis wieder hinauf in den 1.604 Meter hohen eleganten Kurort Zermatt, einst eine walserische Bauernsiedlung am Fuß derViertausender, mit dem Matterhorn als weltbekanntem Wahrzeichen. Auf dieser Strecke werden in mehreren Abschnitten, unter Zuhilfenahme der zweilamelligen Abt’schen Zahnstange, Niveauunterschiede bis zu 1.578 Meter bewältigt. Die „tiefste“ Station ist Chur, der KantonsHauptort von Graubünden auf 585 Metern, während der höchste Punkt mit 2.163 Metern im Tunnel östlich des Bahnhofs Oberalpsee liegt. Die Maximalsteigung der Gleise BAHN EXTRA 3/2015
Highlights unterwegs
Seit Juni 1930 stand der Glacier-Express als Reisegelegenheit Zermatt – St. Moritz zur Verfügung. Hier ein Bild aus der Anfangszeit – man beachte das stattliche Zuglaufschild Jeck/Slg. Friedhelm Ernst
Es gibt eine Vielzahl sehenswerter Abschnitte. Aus St. Moritz und Samedan, via Bever und das gleichnamige kalte Hochtal sowie den 5.865 Meter langen Albulatunnel kommend, überwindet der Glacier-Express über Schleifen, Kehrtunnels und vier Bruchstein-Viadukte auf 12,6 Kilometern einen Höhenunterschied von 416 Metern – bei 35 ‰ Neigung. Das nächste Highlight bietet sich mit dem wohl bekanntesten Bauwerk der Strecke: dem mit einem Radius von 100 Metern halbkreisartig ausgeführten, 130 Meter langen und 65 Meter hohen Landwasserviadukt bei Filisur. Ihm folgt der 164 Meter lange, 89 Meter hoch über den Hinterrhein führende SoliserViadukt, der höchste bei der Rhätischen Bahn (RhB). Es geht weiter bis Thusis
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Gestern und heute
| GLACIER-EXPRESS
Vor dem Rhône-Gletscher unterhalb von Gletsch rollt im Juli 1975 der Glacier-Express heran. An der Spitze eine Ellok der FO Friedhelm Ernst
und an Burgen vorbei abwärts an den Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein bei Reichenau/Tamins. Zur Wahl steht nun der Glacier-Express bis Chur oder rheinaufwärts durch die als UNESCO-Welterbe anerkannte Ruinaulta-Schlucht und Ilanz nach Disentis, dem Lokwechselbahnhof zur FO. Der Ort ist geprägt von der als Wiege Graubündens geltenden eindrucksvollen Benediktiner-Abtei.
Von Graubünden durch Uri ins Wallis Nach dem Lokwechsel geht die Erlebnisreise weiter mit einem Triebfahrzeug der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB), zu der sich 2003 Furka-Oberalp- und Brig-Visp-ZermattBahn zusammengeschlossen haben. Über Sedrun, nahe dem Zwischenangriff zu dem im Bau befindlichen Gotthard-Basistunnel, steigt die Trasse weiter an bis an den Oberalpsee. Der nun folgende Teil beginnt unter einer 731 Meter langen, auch die Straße überdeckenden Lawinenschutzgalerie aus den frühen 1940er-Jahren. Sie wurden gemeinsam mit der Elektrifizierung errichtet, primär aus strategischen Gründen und zur Sicherung des Winterbetriebs. Danach geht es, überwiegend im Zahnrad-gesicherten Gleis, mit 30 km/h Höchst-
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geschwindigkeit hinab nach Andermatt auf immerhin noch 1.452 Meter über dem Meer, wo Anschluss nach Göschenen am Nordportal des Gotthardtunnels besteht. Seit den 1940er-Jahren gilt für den Reibungsbetrieb auf der FO-Strecke die Höchstgeschwindigkeit von 55 km/h, und mit demTempo erreicht der Express im Urseren-Hochtal den Ort Realp. Für den Glacier-Express steht dort heute die planmäßige Fahrt durch den am 26. Juni 1982 in Betrieb genommenen, 15.442 Meter langen Furka-Basistunnel ins Walliser Oberwald an. Alternativ kann man aber auch den Spuren des früheren Bahnbetriebs folgen. In Realp bietet sich während der Sommermonate eine Fahrt mit der „Dampfbahn Furka-Bergstrecke“ an, auf der bis 1982 auch der Glacier-Express fuhr. Sie führt über 17,8 Kilometer Entfernung bis auf 2.163 Meter über dem Meer, gleichermaßen nach Oberwald und dabei über die bekannte, alljährlich zur Winterzeit wegen Lawinengefahr abgebaute Steffenbach-Brücke. Als Höhepunkt gestattet sie einen Blick auf den gewaltigen, leider permanent abschmelzenden Rhône-Gletscher. Im weiter westwärts gelegenen Fiesch empfiehlt sich eine nochmalige Fahrtunterbrechung, um dort mit den Gondeln der in
Zermatt, das „Dorf ohne Autos“, ist der eine Endpunkt des Glacier-Express. Dort bietet sich ein herrlicher Blick auf das Matterhorn F. Ernst
zwei Segmenten betriebenen Seilbahn auf das Eggishorn mit der atemberaubenden Aussicht auf den Aletschgletscher zu gelangen, den größten seiner Art in der Schweiz. Rhône-abwärts, über Lax und durch den 592 Meter langen Spiraltunnel von Grengiols, erreicht man bald darauf das lebendige Brig mit dem alles überragenden Stockalperpalast. Im repräsentativen Bahnhof besteht
Wagen aller beteiligten Bahnen bilden den Glacier-Express, der im Juli 1975 bei Andermatt bergwärts fährt Friedhelm Ernst
Anschluss an die regelspurigen Dienste der SBB zum Genfer See, bis Basel und durch den Simplontunnel nach Italien sowie mit der ebenso traditionsreichen wie fortschrittlichen BLS via Lötschberg Richtung Mittelland. Die beiden Schmalspurgleise vor dem stattlichen Stationsgebäude der „großen“ Züge wurden vor einigen Jahren vom Kopf-
Von Visp aus setzt der Zug seine Reise meist auf Zahnradstrecken fort in einen Durchgangsbahnhof umgestaltet, was zu einer fühlbaren Erleichterung und Beschleunigung des Betriebsablaufs führte. Die Matterhorn-Gotthard-Bahn bringt ihre Fahrgäste nun in wenigen Minuten weiter, zunächst bis zum zweiten Knotenpunkt im Rhônetal:Visp, wo die „kleinen“, gut frequentierten Züge in das Mattertal abzweigen. Auf mehreren steilen Teilstrecken fährt der Zug fortan meist entlang der Visp als Zahnradbahn über Stalden-Saas, St. Niklaus und Herbriggen, vorbei an einem jüngst durch Bergsturz entstandenen gewaltigen Geröllhang. Um diesen herum musste eine neue Gleistrasse angelegt werden. Nach Randa folgt das kleine BergdorfTäsch. Autos sind in Zermatt selbst nicht zugelassen; desBAHN EXTRA 3/2015
halb entstand auf einstigen, diesem Dorf vorgelagerten Almwiesen eine stets überdimensionale Ansammlung von Personen-Kraftfahrzeugen. Spezielle Pendelzüge für die Autobesitzer erreichen, ebenso wie der Glacier-Express, nach wenigen Minuten bergan den lawinengeschützt umbauten Endbahnhof des bekannten und vielbesuchten Fremdenverkehrszentrums am Fuß des Matterhorns.
Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise, musste die Visp-Zermatt-Bahn schon in den 1930er-Jahren die Wagen des GlacierExpress auf ihren Gleisen planmäßigen Personenzügen beigeben, wie es außerhalb der Sommersaison schon üblich war. Weil internationale Kundschaft fehlte, musste der Komfortzug dann 1943 auf ganzer Länge eingestellt werden; er ging erst im Sommer 1947 wieder in Betrieb.
Vom Dampf- zum Elektrobetrieb
Die Triebfahrzeuge
Als letzter der am Glacier-Express beteiligten Bahnen förderten auf der Furka-Oberalp-Strecke bis in die frühen 1940er-Jahre Dampflokomotiven alle Züge, während die RhB bereits vor dem Ersten Weltkrieg begonnen hatte, ihren Betrieb auf 11-kV-Wechselstrom von 16 2/3 Hz umzustellen. Die Fahrleitung reichte schon 1922 bis Disentis. Die damalige Visp-Zermatt-Bahn (VZ) führte sieben Jahre später dasselbe System ein. Auf staatliches Geheiß hin, unterstützt durch eine Volksabstimmung, folgte angesichts empfindlicher Kohlenknappheit und zur Sicherstellung des vor allem militärstrategisch gewünschten Winterbetriebs am Oberalppass 1940/41 die Wechselstrom-Elektrifizierung der FO und der in Andermatt angebundenen Schöllenen-Strecke.
Die Gestellung derTriebfahrzeuge oblag von Anfang an den am Zuglauf beteiligten Bahnen gemäß ihrem Streckenanteil. Dabei hielt sich die Dampftraktion bei der Furka-Oberalp-Bahn mit Tenderlok HG 3/4, Baujahr 1913/14, bis 1941 am längsten. Die Rhätische Bahn hatte alle Dampflokomotiven schon zum Sommer 1922 planmäßig abgelöst. Auf der Visp-Zermatt-Bahn fand der Wechsel unmittelbar vor Einführung des Glacier-Express statt. Zwischen Brig und Zermatt traf man bis in das Jahr 1960 auf die etwas bulligen, krokodilartigen Elloks HGe 4/4I 11 – 15 oder die modifizierte Nr. 16, die äußerlich bereits den zwischen 1941 und 1956 beschafften Elloks HGe 4/4I 31 – 37 der FO mit 912 kW Stunden-Leistung entsprach. Zu Beginn der 1960er-Jahre ging die Traktion bei dem mitt-
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Gestern und heute
| GLACIER-EXPRESS
So sieht der Glacier-Express der Gegenwart aus; im Bild bei der Fahrt auf dem RiechlerenViadukt über die junge Reuss Friedhelm Ernst
lerweile als Brig-Visp-Zermatt-Bahn (BVZ) tätigen Unternehmen auf leistungsstarke Doppel-Triebwagen ABDeh 6/6 und 1965 auf ABDeh 8/8 über, die zusätzliche Sitzplätze anboten.Vor der Fusion von FO und BVZ entschlossen sich beide Bahnen zur Übernahme eines auf die 1970er-Jahre zurückreichenden viermotorigen Lokomotivtyps HGe 4/4II; sie setzten diese Lok mit 1.932 kW StundenLeistung auch vor dem Spitzenzug ein, was die Matterhorn-Gotthard-Bahn fortführte. Einen eigenen Weg ging die Rhätische Bahn. Sie beförderte den Glacier-Express zu Beginn noch mit ihren 794 kW leistenden „Krokodilen“ Ge 6/6I, in den 1940er-Jahren folgten dann die äußerlich an SBB-Einheitstypen angelehnten Ge 4/4I (Betriebsnummern 601 ff) bzw. gelegentlich auch die Gelenklok Ge 6/6II (Betriebsnummern 701 ff). Etwa ab 1993 besorgen primär bis zu 100 km/h schnelle Einheitslokomotiven Ge 4/4III mit einer Leistung von 2.400 kW bei 80 km/h dieTraktion des Glacier-Express auf dem RhB-Netz.
Vielfältiger Wagen-Einsatz Im Glacier-Express begegnete man stets dem besten Wagen-Material der beteiligten Gesellschaften, das speziell für die Zahnstangenabschnitte auf VZ und FO mit Bremszahnrad ausgestattet war. Die Rhätische Bahn gab dem außergewöhnlichen Zug anfänglich ihren 1929 gebauten, damals zweiklassigen Salonwagen Nr. 61 mit 24 frei beweglichen Sitzgelegenheiten bei (er kommt heute als A 1161 mit der Garnitur des „Alpine Classic Pullman Ex-
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Das traditionsreiche „Krokodil“ GE 6/6I Nummer 415 der Rhätischen Bahn führt heute den Nostalgie-Glacier-Express, hier auf der Albula-Strecke Friedhelm Ernst
press“ zum Einsatz). Die „Compagnie de Chemin de Fer Viège-Zermatt“ stellte ihrerseits einen noch mit offenen Plattformen ausgestatteten, gleichfalls vierachsigen Salonwagen. Ein solcher steht aufgearbeitet unter der Betriebsnummer AB 2121 der Matterhorn-Gotthard-Bahn gegenwärtig für Sondereinsätze wieder zur Verfügung. Die FO hingegen leistete ihren Beitrag in Form der beiden 1914 als AB 61 und 62 gebauten, 1931 und 1953 für den Dienst im Glacier-Express mit geschlossenen Endeinstiegen und Faltenbalg-geschützten StirnÜbergängen umgestalteten vormaligen Plattformwagen. Sie gehörten bis Mitte der 1970er-Jahre mit den Betriebsnummern
A 4061 und 4062 noch zu den Stammgarnituren des Zuges. Alle drei Bahnen sorgten für ein ausreichendes Platzangebot auch in der damaligen 3. Klasse. Dazu zählte der nach 1988 in planmäßigen Personenzügen auf der Albulabahn noch anzutreffende B 4 ü 1620, ein ursprünglich gemischtklassiger Stahlwagen aus dem Jahr 1930, bei 16.440 Millimetern Länge der seinerzeit schwerste Personenwagen der Rhätischen Bahn. Nach einem in den frühen 1930er-Jahren gebauten neuen Mitropa-Speisewagen in Stahlbauweise stellte die RhB dauerhaft bis in die 1980er-Jahre einen der beiden von der Berninabahn stammenden Zweite-Klasse-
Beispielwagen des Glacier-Express
Nicht auf der gesamten Strecke führte der Zug einen Speisewagen. Im Juli 1975 wird dieser, vom Gegenzug kommend, in Andermatt beigestellt; im Bild WR 3813 Friedhelm Ernst (7)
Saalwagen B 161 und 162 bei; unter der späteren Einordnung als roter Speisewagen WR 3813 und 3814 lief er auf der Glacier-Teilstrecke ab Chur Richtung Oberalpsee und letztlich bis Andermatt. Ebenso wie die SBB-Brünigbahn 1945 bis 1954 beschaffte dieVZ (nachmals BVZ) in jenen Jahren Reisezugwagen leichter Bauart mit Mitteleinstieg, die sie neben eigenen
Alle drei Bahnen stellten Wagenmaterial für den Glacier-Express Zügen auch dem Glacier-Express beistellte. Die Rhätische Bahn beteiligte sich zunächst mit Altbauten der späten 1920er-Jahre und Aufbaufahrzeugen auf vorhandenen Untergestellen, ehe sie sich ebenfalls den Einheitswagen zuwandte. Nach 1968 waren dies die nur 17.000 Millimeter langen, im Winter auf der Arosa-Linie verkehrenden Wagen A 1253 – 1256 mit 36 Sitzen wie auch Serienlieferungen mit Plätzen der 2. Klasse. Die Furka-Oberalp-Bahn stellte für den GlacierExpress (GEX) nun vermehrt die 1980 von der SIG gelieferten Einheitstypen beider BAHN EXTRA 3/2015
Bereits zu Beginn stellte die Rhätische Bahn dem Glacier-Express den so genannten Bener-Salonwagen 61 bei
Von der „Compagnie du Chemin de Fer Viège-Zermatt“ stammt dieser Wagen AB 2121 mit offenen Plattformen
In den 1930er-Jahren verkehrte auch dieser „Stahlwagen“ auf Gleisen der Rhätischen Bahn im Glacier-Express
Im August 1967 war der 1914 gebaute, 1953 mit SWS-Drehgestellen und geschlossenen Einstiegen versehene A 4061 der FO im GEX-Park
Betrieb im Jahr 1993: Im Bahnhof Oberwald wird ein blauer Gourmino-Speisewagen (WR) dem Zug beigestellt
Den ersten Panoramawagen AS 4011 mit gepolsterten Sitzen in Omnibusart erhielt die FO im Jahre 1987 von der Firma Breda
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Gestern und heute
| GLACIER-EXPRESS
Panoramawagen und komfortable Sitze: Mit modernem Rollmaterial trägt der Glacier-Express die Reisenden heute durch die Berge Friedhelm Ernst
Klassen mit 17.915 Millimetern Länge und im 2. Klasse-Großraum 64 Sitzen bei 15 Tonnen Eigengewicht. Alle Wagen trugen nun eine rote Außenlackierung.
Der neue Wagenpark Eine neue Zeit begann für den GlacierExpress 1987 mit dem Einsatz von vier klimatisierten 1.-Klasse-Panoramawagen – anfänglich mit Sitzbänken in Omnibusmanier. Sie stammten aus den Werkhallen Breda, entstanden zum Teil auf gebrauchten Drehgestellen (Wagen As 4011 – 4014) und wurden zunächst von der FO eingesetzt. Die positiven Erfahrungen lösten innerhalb weniger Jahre eine Welle von Folgeaufträgen aus: FO und BVZ setzten 1993 vom Designer Pininfarina gestaltete, neue „Premium“-Panoramawagen ein. Bei gleichen Grundprinzipien unterschieden sich diese äußerlich dadurch, dass die mit 48 Sitzplätzen in Vierergruppen ausgestatteten, 18.500 Millimeter über Kupplung messenden Einheiten AS 2011 – 2014 des nunmehr als „ZermattBahn“ firmierenden Unternehmens unterhalb der großzügigen Panoramascheiben silbergrau lackiert waren. Die im Eigentum der FO befindlichen Exemplare trugen dort fortan (wie mittlerweile deren übriger Personenwagenpark) ein weißes Farbkleid. Der Glacier-Express fuhr während des Winters 1982/83 nur zwischen Zermatt und Chur, was ein Umsteigen von und nach St. Moritz erforderte. Im Sommer 1985 verkehr-
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ten wegen der starken Nachfrage dann je drei Garnituren pro Tag und Richtung über die Gesamtstrecke. Bereits 2006 erwies es sich als erforderlich, den Wagenpark nochmals zu erweitern und zu modernisieren. So beschaffte man technisch verbesserte, so genannte Premium-Fahrzeuge und Service-Wagen WRp sowie Panoramawagen 2. Klasse von der Firma Stadler in Altenrhein.
Die Einstellung des nicht hinreichend frequentierten Davoser Zugs am 22. September 2013 und der alternative Einsatz eines Glacier-Express-Postautos zwischen Davos und Chur erwiesen sich nicht als erfolgreich. Gleichzeitig entfiel die Einreihung eines separaten Zugrestaurants in Glacier-ExpressGarnituren. Fortan verblieb es in den Regelzügen des Glacier-Express beim Service
Jüngere Entwicklungen
Ein Zugrestaurant fährt heute nicht mehr mit; es gibt Service am Platz
Zwischen Davos und Zermatt wurde ein eigener Glacier-Express eingerichtet, der seinen Weg über Landquart und letztlich via Filisur nahm. Ab Sommer 2009 war es dank am Platz, was jedoch die Vorbestellung vor Beschaffung weiterer „Premium“-Panorama- Antritt der Reise erforderlich macht. Auch wagen möglich, täglich vier Zugpaare von die auf Graubünden beschränkte Beigabe und bis Zermatt einzusetzen. Mittlerweile von Glacier-Express-Kurswagen in RhB-Rewaren nahezu 50 derartige Komfort-Fahr- gio-Express-Züge aus Anlass des Jubiläums „125 Jahre Rhätische Bahn“ war nicht von zeuge vorhanden. Dauer. Etwas ganz Besonderes stellt indes der Nostalgie-Glacier-Express dar, der allerdings nur an wenigenTagen im Jahr zum EinZugangebot satz kommt: Hinter den ältesten Triebfahrzeugen (RhB Ge 6/6I, MGB HGe 4/4I) stellen die Bahnen Original-Wagen der 1930erÜber den Sommer fahren bis zu drei Züge: Jahre – samt bewirtschafteter Speise- und – St. Moritz ab 08:02/09:02/10:02 Uhr, Zermatt an 16:10/17:10/18:10 Uhr Salonwagen – bei. Die Reise zwischen St. Mo– Zermatt ab 07:52/08:52/09:52 Uhr, St. ritz und Zermatt dauert zwei Tage, mit ÜberMoritz an 15:55/16:55/17:55 Uhr; nachtung auf halbem Weg in Andermatt, Der Lokwechsel/die Übergabe RhB/MGB während daneben pro Tag bis zu drei Regelfinden jeweils in Disentis statt. züge in jeder Richtung rund siebeneinhalb Mehr bei: www.glacier-express.ch HBS Stunden unterwegs sind. Friedhelm Ernst
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Buchli-Loks
– die Unsymmetrischen
Räder auf einer Seite verdeckt, auf der anderen offen: Das war typisch für die BuchliLoks. Ab 1920 gebaut, erreichten viele Exemplare ein Alter von über 60 Jahren. Erst Mitte der 1990er-Jahre verschwanden die letzten Maschinen aus dem Regelbetrieb is zu Beginn der 1920er-Jahre verfügten die elektrischen Streckenlokomotiven auch in der Schweiz meist noch über ein oder zwei leistungsfähige Großmotoren, die im Lokkasten untergebracht waren und ihr Drehmoment über Kurbelwellen und Kuppelstangen auf die Antriebsräder verteilten. Die großen exzentrischen Massen der „wirbelnden“ Stangen setzten der Höchstgeschwindigkeit dieser Stangenelloks allerdings enge Grenzen; die Vorteile der elektrischen Zugförderung gegenüber dem Dampfbetrieb ließen sich bei Reisezügen nicht ausreichend nutzen. Um bei Schnellzügen zumindest 100 km/h zu erreichen, wurden nach dem Ersten Weltkrieg verschiedene Einzelachsantriebe entwickelt. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die ungefederte Masse des Antriebs möglichst klein zu halten; Konstruktionen mit fest auf der Achse montierten Motoren schieden deshalb von vorneherein aus. Im Jahre 1918 entwickelte Jakob Buchli im Hause Brown Boverie & Cie (BBC) einen neuartigen Antrieb, bei dem die Motoren mit ihrem Großrad seitlich am gefederten Lokkasten befestigt waren und das Drehmoment über kurze Kuppelstangen und Zahnräder
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gelenkig auf jeweils ein Rad übertrugen. Dadurch waren die Achsen der Lok gegenüber dem Lokkasten und auch gegenüber dem Motor vertikal verschiebbar aufgehängt, während die schweren Motoren fest am gefederten Lokkasten hingen. Um Zwängungen zu vermeiden, war beim Buchli-Antrieb meist jede Achse nur einseitig angetrieben, so dass die Motoren auf der einen Lokseite die Räder vollständig verdeckten, während auf der anderen Seite die Räder vollkommen frei sichtbar waren. Die Buchli-Loks erhielten so ihr unverwechsel-
Mit der Antriebsseite in der Sonne wartet eine Ae 3/6 im Oktober 1983 in Wolhusen auf die nächste Leistung; sie führt nach Luzern
bares äußeres Erscheinungsbild, egal von welcher Seite man sie betrachtete.
Die Ae 3/6I und die Ae 4/7 Nach sehr erfolgreichenVersuchen mit zwei Probelokomotiven beschafften die SBB zwischen 1920 und 1929 insgesamt 114 Exemplare der Baureihe Ae 3/6I. Die Maschinen hatten drei mit dem Buchli-System einzeln angetriebene Achsen. Da der schwereTransformator hinter dem Führerstand I angeordnet wurde, erhielten die Maschinen vorne ein Drehgestell mit zwei Laufachsen, während hinten eine einzelne Bisselachse genügte (Achsfolge: 2’Co1’). Somit war die Ae 3/6 in jeder Beziehung unsymmetrisch; sie sah sowohl rechts und links als auch vorn und hinten unterschiedlich aus. Obwohl die Laufeigenschaften bei Vorwärtsfahrt deutlich besser waren als mit dem Führerstand II voran, konnte die anfängliche Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h bereits nach den ersten Betriebserfahrungen auf 100 km/h in beide Fahrtrichtungen angehoben werden. In den 1920er-Jahren entwickelte sich die Ae 3/6I zur Standardlok für bis zu 500 Tonnen schwere Reisezüge auf dem wachsenden elektrischen Netz im Mit-
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Gestern und heute
| BUCHLI-LOKS IM PLANDIENST
Erst in ihren letzten Betriebsjahren gelangten die Ae 3/6 auf die straßenbahnähnlich trassierte Seetalbahn. Im Juni 1989 kommt eine Lok mit dem abendlichen Berufsverkehrs-Zusatzzug aus Luzern durch Eschenbach Dr. Dietmar Beckmann
Die schematische Zeichnung der Ae 4/7 zeigt die wichtigsten Abmessungen und die Anordnung der Motoren über den Treibachsen. Das Foto dokumentiert das Prinzip der Kraftübertragung vom Motor über ein an die Treibachse angesetztes Großrad Slg. Oliver Strüber (2)
telland. Ab 1936 vertrauten ihr die SBB sogar ihre neuen Leichtschnellzüge an, die mit extrem kurzen Fahrzeiten zwischen Zürich und Genf verkehrten. In diesen Diensten fuhren die 78 neuesten und etwas stärkeren Maschinen (ab Nr. 10637) mit 110 km/h. Für schwere Schnellzüge im Flachland und auf Gebirgsstrecken wie die Gotthardbahn waren die Ae 3/6 mit ihren 1.600 kW allerdings zu schwach. Deshalb beschafften die SBB nach zwei Prototypen von 1925 zwischen 1927 und 1934 eine wiederum sehr große Serie äußerlich sehr ähnlicher BuchliLoks, die aber zwei Meter länger waren und eine zusätzliche Antriebsachse besaßen (Achsfolge: 2’Do1’). Die als Ae 4/7 bezeichnete stärkere Variante brachte 2.300 kW auf die Schiene und erreichte eine Stückzahl von
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Technische Daten
Die Buchli-Loks der SBB Betriebsnummern Stückzahl Indienststellung Ende des Planeinsatzes Achsfolge Dauerleistung bei 65 km/h Höchstgeschwindigkeit Dienstgewicht Antriebsraddurchmesser Länge über Puffer Anzahl erhaltene Exemplare *ab Nr. 10637
Ae 3/6I 10601–10714 114 1920–1929 1994 2’Co1’ 1.214 / 1.368* kW 100 / 110* km/h 93 t 1.610 mm 14.760 mm 6
Ae 4/7 10901–11027 127 1927–1934 1996 2’Do1’ 2.252 kW 100 km/h 118–123 t 1.610 mm 16.760 mm 23
Ae 8/14 11801 1 1931 1977 1’Bo’1’Bo’1’+1’Bo’1’Bo’1’ 4.784 kW 100 km/h 240 t 1.610 mm 34.000 mm 1
Im Juli 1991 nutzen zwei Ae 4/7 die bergige Mittellandlinie über Fribourg, um ihren Schnellgüterzug von Zürich nach Lausanne zu bringen; Bild bei Wyningen Dr. Dietmar Beckmann (2)
1960er-Jahre mit der Indienststellung der großen Serien der Baureihe Re 4/4II. Danach bekamen die inzwischen fast 50 Jahre alten Buchli-Loks neue Betätigungsfelder. Sie verteilten sich mit Ausnahme des Tessins und der Gotthardbahn über das gesamte Streckennetz der SBB und spezialisierten sich auf die Beförderung von Postund leichten Güterzügen. Insbesondere auf Nebenbahnen zogen Ae 4/7 darüber hinaus eine stattliche Anzahl von Regionalzügen. Auch nach Start des schweizweitenTaktfahrplans 1982 waren diese allgegenwärtigen Maschinen unverzichtbar. Bei Reisezügen beschränkten sie sich nun aber vorwiegend auf die taktlosen Zusatzzüge im morgendlichen und abendlichen Berufsverkehr. Ein markantes Einsatzgebiet ab den 1970erJahren war die Beförderung der oft recht langen Schnellgüterzüge, die quer durchs Land verkehrten und die großen Güterbahnhöfe der Deutsch- und Westschweiz miteinander verbanden. Dazu wurden je zwei Maschinen
Vor Schnellgüterzügen fuhren zwei Ae 4/7 – in versetzter Anordnung
Unterhalb von Wassen begeistert sie die Massen: 1981, ein Jahr vor dem Jubiläum der Gotthardbahn, gibt es dort viel beachtete Sonderfahrten mit Ae 8/14 11801 und historischen Wagen
127 Exemplaren. Mit ihnen konnte man auch den schweren Schnellzugverkehr im Mittelland auf Buchli-Loks umstellen. Ab 1930 übernahmen sie sogar auf der Gotthardbahn Reisezüge von den Stangenelloks Be 4/6.
Die Ae 8/14 Auf den 27-Promille-Rampen des Gotthard brauchte es bei schweren Schnellzügen allerdings zwei Ae 4/7, die man mangels Vielfachsteuerung jeweils mit einem Lokführer besetzen musste. Daher entstand 1931 die größte jemals gebaute Buchli-Lok: die 14achsige Doppellok Ae 8/14 11801 mit acht einzeln angetriebenen Achsen. Der 240 Tonnen schwere Koloss mit einer Dauerleistung von 5.100 kW erweckte auf den ersten Blick den Eindruck, als hätten die Konstrukteure bloß die hinteren Führerstände zweier Ae 4/7 entfernt und sie dort miteinander fest gekuppelt. Tatsächlich waren auch Motoren und Antriebe nahezu identisch, aber es gab Unterschiede in vielen konstruktiven Details, und die Doppellokomotive besaß die Achsfolge BAHN EXTRA 3/2015
1’Bo’1’Bo’1’+1’Bo’1’Bo’1’ – es war also jeweils noch eine Laufachse „zwischengeschaltet“. Die gewaltige Maschine blieb ein Einzelstück, wenn auch eines der Superlative. Sie zog allein schwere Schnellzüge über die Gotthardbahn, bei Nachtzügen sogar im Durchlauf Basel – Chiasso. Meist war sie aber auf den 27-Promille-Rampen als Zwischenlok für Güterzüge eingeteilt, weil sie dort ihre Leistungsfähigkeit voll entfalten konnte. Die letzten Planleistungen erbrachte die Ae 8/14 in den Jahren 1976 und 1977, da aber nur noch mit kurzen Nahgüterzügen.
Neue Aufgaben für Ae 3/6I und Ae 4/7 Die beiden großen Buchli-Serien in der Schweiz behaupteten sich im hochwertigen Reisezugdienst bis in die späten 1950erJahre. Als erstes verloren die Ae 4/7 ihre Schnellzugleistungen am Gotthard; ab 1955 mussten sie diese nach und nach an die neu ausgelieferten Universalloks Ae 6/6 abtreten. Im Mittelland kam die Ablösung aus dem hochwertigen Reisezugverkehr Ende der
der Serie Ae 4/7 mit ihrem Führerstand 2 gegeneinander fest gekuppelt und mit Hilfe der nachgerüstetenVielfachsteuerung in Doppeltraktion eingesetzt. So fuhr die führende Maschine stets mit dem Drehgestell voraus und präsentierte bei derVorbeifahrt in Fahrtrichtung links ihre vier großen Motoren und rechts ihre frei sichtbaren, 1.610 Millimeter großen Speichenräder. Die zweite Maschine zeigte die jeweils andere Seite. Mit einem Adhäsionsgewicht von 156Tonnen und einer Dauerleistung von 4.500 kW konnten die Loks mit den Schnellgüterzügen den direkten Weg über die bergige Mittellandstrecke (über Fribourg) nehmen. Die erste große Ausmusterungswelle erfasste die Serie Ae 3/6 zu Beginn der 1980erJahre. Einige Exemplare blieben aber noch bei den Betriebswerken Bern und Olten im Einsatz, bis sie im Mai 1994 nach zum Teil 69 Jahren ihren Dienst bei den SBB quittierten. Zu diesem Zeitpunkt war der Bestand der betriebsfähigen Ae 4/7 auf 83 Exemplare geschrumpft. Eigentlich sollte diese Baureihe noch bis über die Jahrtausendwende hinaus im Einsatz bleiben, aber die unerwartet schnelle Inbetriebnahme der neuen Loks der Serie Re 460 machte sie bereits 1996 überflüssig. Auch da hatten sie weit über 60 Jahre Dienst geleistet. 30 Buchli-Loks der SBB sind nicht verschrottet worden. Zwei Ae 3/6, sieben Ae 4/7 und die Ae 8/14 sind sogar betriebsfähig erhalten und können gelegentlich noch heute vor Sonderzügen im Einsatz beobachtet werden. Dr. Dietmar Beckmann
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Gestern und heute
| PILATUSBAHN
Kurz unter der Bergstation ist das prächtige Panorama des Berner Oberlandes zu sehen. Im Oktober 2006 fährt der Elektrotriebwagen Bhe 1/2 24 nach oben Sven Klein
Die steilste Zahnradbahn der Welt Seit 1889 fährt die Pilatusbahn auf den Hausberg von Luzern. Sie beeindruckt mit einer Neigung bis zu 480 Promille und nutzt dazu bereits seit den späten 1930er-Jahren elektrische Energie as wäre wohl aus der Eisenbahn ohne Ingenieure mit Visionen geworden? Wahrscheinlich gäbe es dann die Zahnradbahn der Welt auf den Pilatus, den Hausberg von Luzern, in der heutigen Form nicht. Der Zürcher Industrielle Eduard Locher (1840–1910) hatte dafür eine relativ einfache, aber geniale Idee: eine „Fischgrätenzahnstange“ in liegender Anordnung. Für die wurde er zunächst von manchem belächelt – entstanden ist aber eine Bahn mit 480 Promille Maximalneigung, die steilste Zahnradbahn der Welt. Das Projekt hatte man ins Auge gefasst, nachdem 1871 die normalspurige VitznauRigi-Bahn (VRB) eröffnet worden war, die erste mit einer Zahnstange nach dem System Riggenbach ausgerüstete Bergbahn Europas. Wegen des großen Erfolgs konnte diese Bahn anfangs eine Dividende von 15 Prozent
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ausschütten. Da lag es nahe, nach der eher sanften Rigi auch den schroffen Pilatus mit einer Zahnradbahn zu erschließen und buchstäblich Gewinn einzufahren.
Bau und Inbetriebnahme Im Jahr 1873 reichte die Kreditanstalt Luzern ein erstes Konzessionsgesuch ein und schlug darin eine Trasse von Alpnachstad zum Gipfel vor. Allerdings reichte dafür eine Zahnstange nach dem System Riggenbach nicht aus; sie erlaubte nur eine Steigung bis 250 Promille, da sonst die Gefahr bestand, dass die Zahnräder auf die Zahnstange aufkletterten. Nachdem Lochers Idee einer Einschienenbahn den Behörden zu kühn war, unterbreitete er 1885 einenVorschlag für eine 4,6 Kilometer lange Strecke mit sieben Tunneln, einem Gleis mit 800 Millimetern Spurweite und einer durchgehenden „festen Fahr-
Die Ansichtskarte mit dem Motiv der Eselswand veranschaulicht die steile Passage hinauf auf den schroffen Hausberg von Luzern Slg. Oliver Strüber
bahn“ aus einem gemauerten Untergrund. Das Genialste an Lochers Vorschlag war jedoch die liegende Zahnstange, in welche die gegenüberliegenden Zahnräder eingriffen, was durch zusätzlich unter den Zahnrädern angebrachte Sicherungsscheiben das „Aufklettern“ verhinderte. Wegen dieser Zahnstange konnten keine herkömmlichen Weichen verwendet werden; man musste auf Schiebebühnen ausweichen, wie in der Kreuzungsstation Ämsigen, oder auf Gleiswender, wie in der Bergstation. Eine weitere Besonderheit stellen die Spurkränze der Fahrzeuge dar, die, um die Stabilität zu erhöhen, an den Schienenaußenseiten entlangrollen. Die Bauarbeiten begannen im April 1886 in der Talstation Alpnachstad und wurden abschnittsweise weitergeführt. Dabei kamen die ersten drei der bestellten Dampftriebwagen zum Einsatz, die (statt der Personen-
Dampftriebwagen Nr. 9, Teil der „Erstausstattung“, war von 1889 bis 1937 bei der Pilatusbahn im Einsatz. Bis 1981 diente er noch als Reserve, heute steht er im Verkehrshaus Luzern
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Dr. Hans-Bernhard Schönborn
Die ersten Fahrzeuge Man ging zunächst von einer Transport-Kapazität von 288 Personen pro Fahrt aus, was 34.400 Reisenden im Jahr entsprach. Dafür wurden neun Dampftriebwagen Bhd 1/2 1–9 bei der Schweizerischen Lokomotiv- und
Die Dampftriebwagen erhielten Kessel, die quer zur Fahrtrichtung liegen Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur bestellt. 1900 kam Wagen Nr. 10 hinzu, 1909 die etwas schnellere Nr. 11. Der Antrieb der 10,3 Meter langen Wagen lag talseitig. Damit der Kessel die erforderliche horizontale Lage hatte, platzierte man ihn quer zur Fahrtrichtung. Darunter befanden sich die Zweizylindermaschinen, die ihre Kraft über Vorgelege, Stirn- und Kegelräder sowie senkrechte Antriebsachsen auf die Triebzahnräder übertrugen. Später wurden die Triebwagen für den Heißdampfbetrieb umgerüstet und gegen die Erschütterungen der Dampfmaschine abgefedert. Bei einer Leermasse von 9,5 Tonnen erreichten die Fahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von 3,6 (bzw. 4,4) km/h bergwärts und 3 km/h talwärts. Sie boten 32 Sitzplätze. Da der Betrieb der Dampftriebwagen sehr personalintensiv war und der Unterhalt sehr aufwendig, dachten die Betreiber bereits 1905 über eine Elektrifizierung nach. Aus Kostengründen folgte die Realisierung erst 1937. Noch im gleichen Jahr wurden neun BAHN EXTRA 3/2015
der elf Fahrzeuge verschrottet. Erhalten blieben Wagen 9, der bis 1981 die Reserve bei der Bahn bildete und dann insVerkehrshaus der Schweiz (VHS) in Luzern kam, sowie Wagen 10, der als Dauerleihgabe des VHS im Deutschen Museum in München steht.
Elektrische Triebwagen Ersatz für die Dampftriebwagen kam mit den elektrischen Triebwagen Bhe 1/2 21–28, welche die Pilatusbahn 1937 in Dienst stellte. Die Fahrzeuge von SLM und der Maschinenfabrik Oerlikon waren 11,5 Meter lang und 9,6 Tonnen schwer. 1954 und 1967 folgten die Triebwagen 29 und 30, 10,5 Tonnen schwer und etwas stärker (175 kW statt 155 kW). Da es sich um reine Zahnrad-Triebwagen handelt, überträgt der talseitig angeordnete Motor seine Kraft ausschließlich auf die in die Zahnstange eingreifenden Zahnräder und nicht über die Tragräder auf die Schienen. Aus Sicherheitsgründen existieren neben der Widerstandsbremse, die als Beharrungsbremse ausgelegt ist und für dieTalfahrt benötigt wird, zwei unabhängig voneinander wirkende, automatische Bremsen auf die beiden Zahnradpaare. Jede dieser Bremsen kann ein Fahrzeug alleine zum Stillstand bringen. Die bei derTalfahrt entstehende Energie wird nicht ins Netz zurückgespeist, deshalb bleiben die Stromabnehmer gesenkt. Die Fahrzeuge mit 40 Sitzplätzen verkehren mit 9 – 12 km/h bergwärts und maximal 9 km/h talwärts. Genau genommen gibt es denTriebwagen 29 nicht, denn es wurde nur ein Wagenkasten mit dieser Nummer angeschafft, der auf den Gütertriebwagen Ohe 1/2 31 aufgesetzt werden kann.1981 wurde der Dienst-Triebwagen Xhe 1/2 32 in Betrieb genommen, so dass der Gütertriebwagen praktisch immer mit dem Wagenkasten 29 verkehrt. Mit den Elektrotriebwagen stellt die PB auch heute noch die Verbindung zum Luzerner Hausberg her. 2013 wurden 357.162 Fahrgäste befördert; die Betriebskosten lagen bei 1,9 Millionen Franken. Eduard Lochers Vision lebt weiter. Dr. H.-B. Schönborn
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abteile) eine Ladepritsche für den Materialtransport besaßen. So wurden etwa Granitsteine zum nächsten Bauabschnitt transportiert, aber auch der Unter- wie der Oberbau und die Fahrzeuge unter Last getestet. Nach Fertigstellung der Strecke und Aufsetzen der gestuften Wagenkästen für den Personenverkehr konnte der erste Triebwagen als Extrazug für den Verwaltungsrat der Pilatusbahn AG (PB) am 17. August 1888 auf den Berg dampfen. Der planmäßige Personenverkehr begann am 4. Juni 1889.
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| SCHWEIZER BAHN-LANDSCHAFTEN
Die Aargauische Südbahn von Aarau über Lenzburg und Rotkreuz ist heute die Zulaufbzw. Ablaufstrecke für die Gotthard-Güterzüge. Im Juli 2011 hat ein Gespann Re 10/10 die gewittrigen Alpen hinter sich gelassen und fährt bei Mühlau Richtung Norden Dr. Dietmar Beckmann
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Alpen, Jura, Mittelland 26 Kantone, drei Großlandschaften und ziemlich viel Eisenbahn: Die Schweiz ist berühmt für ihre Topographie, ihre Städte und ihre Strecken. Ein Streifzug durch Vergangenheit und Gegenwart BAHN EXTRA 3/2015
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| SCHWEIZER BAHN-LANDSCHAFTEN
Magistralen und Metropolen Sei es Transitverkehr, seien es Inlandsfahrten, die Schienenwege der Schweiz haben enorme Bedeutung. Die „großen Routen“ und wichtigen Drehkreuze kennt jedes Kind. Ob sie nun Gotthard und Lötschberg heißen oder Basel, Bern, Olten, Zürich ...
Im Mai 1950 sind die Fahrkartenschalter im Bahnhof Basel SBB gut nachgefragt. Der Reiseverkehr zu den Pfingstfeiertagen bahnt sich buchstäblich an picture-alliance/dpa
Die Passage am Genfer See ist Reisenden von Genf über Montreux nach Brig gut bekannt. Nicht so geläufig dürfte ihnen diese Zuggarnitur sein: Die SBB präsentierten hier den neu gebildeten Doppelstockzug für Verstärkungszüge im Züricher S-Bahnnetz. So konnte man ihn ausnahmsweise auch einmal mit dem berühmten Schloss Chillon ablichten SBB
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Die Bundeshauptstadt Bern liegt im Mittelland, neben Alpen und Jura eine der drei Großlandschaften der Schweiz. Das Mittelland ist dicht besiedelt – siehe den Großraum Bern, den unter anderem eine S-Bahn erschließt. In ihren Diensten fährt ein „Mutz“, ein Triebzug RABe 515 der BLS, über die Berner Aarebrücke BLS AG
Bild Mitte: Der Abschnitt von Melide ist einer der sehenswertesten bei der Fahrt zwischen Lugano und Chiasso. In der Frühzeit der Elektrifizierung hat eine Be 4/6 mit ihrem Zug den Seedamm passiert und fährt in den Bahnhof Melide ein Slg. Oliver Strüber Zürich HB ist der größte und wichtigste Bahnhof der Schweiz. Internationale Züge machen hier ebenso Station wie solche des Regionalverkehrs. Zu letzteren gehört die Fuhre, mit der eine Ae 4/7 im August 1988 dort steht Thomas Wunschel
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| SCHWEIZER BAHN-LANDSCHAFTEN
Recht viel Watt in Andermatt: Fünf Züge der Matterhorn-GotthardBahn – teils im Bahnhof, teils unterwegs – machen im Februar 2013 das Wintermärchen in dem Höhenort komplett. Von Andermatt aus gibt es Verbindungen nach Disentis, Göschenen und Zermatt Lange Jahre hatten die SBB eine Schmalspurbahn im Bestand: die meterspurige Brünigbahn Luzern – Meiringen – Interlaken. Im Jahr 1989 befindet sich ein Zug auf Talfahrt vom Brünig-Pass. Später übernahm die Zentralbahn die Strecke M. Weltner, H. Günther (o.)
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Die Kleinen und Feinen In der Schweiz gibt es Schmalspurparadiese zuhauf. Das große touristische Interesse und die mancherorts schwierige Topographie machten es möglich. Wenn man den daraus entstandenen Bahnbetrieb betrachtet, war das keine schlechte Verknüpfung Die Centovallibahn Locarno – Domodossola hat den kürzesten Weg vom Gotthard zum Simplon; den Betrieb führen die FART (Schweiz) und die SSIF (Italien). Noch im Tessin liegt die Brücke von Camedo, über die im Juli 1984 Triebwagen Be 4/8 41 rollt Georg Wagner
Bild Mitte: Bergidylle à la Rhätische Bahn? Gewiss – aber auch „Vorortsverkehr“ von Chur: Im Oktober 2014 grüßt der AllegraTriebzug erst glückliche Kühe, gleich darauf erreicht er die Kantonshauptstadt ... Tibert Keller Die Züge der Chemins de Fer du Jura (CJ) in der Westschweiz sind vielleicht nicht ganz so prominent, aber auch interessant. Im Mai 1982 hält Triebwagen BDe 4/4 604 mit Beiwagen B 701 in Glovelier Theodor Horn
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| SCHWEIZER BAHN-LANDSCHAFTEN
Reiseimpressionen Der Schweizer Bahnbetrieb bedeutet Vielfalt pur. Nicht allein wegen der Strecken und Fahrzeuge, auch wegen der Jahreszeiten und manchem kleinen Extra. Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, eigene Erinnerungen von der Eisenbahn mitzunehmen
Der Bernina-See ist zugefroren, auf der Bernina-Bahn kämpft sich der Zug durch den Schnee: Im Dezember 1984 fordert die Natur die Rhätische Bahn auf 2.000 Metern Höhe heraus. Bild mit Triebwagen ABe 4/4 zwischen Ospizio Bernina und Bernina Lagalb G. Wagner
Vom Genfer See zum Zweisimmental fährt man noch in den 1980er-Jahren mit blau-weißen Zügen der MontreuxOberland-Bernois-Bahn. Bei Rougemont kurvt eine der Garnituren im Juli 1984 durch das hoch gelegene Tal Georg Wagner
Das einzige NormalspurSchienenkreuz der Schweiz liegt im Westen des Landes. Im Bahnhof Kerzers begegnen sich die Strecken Lyss – Payerne und Bern – Neuchâtel. Im September 1972 sichert dort noch ein Formsignal den Schienenweg L. Rotthowe
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Bild Mitte: Der Zwischenhalt auf der Limmatbrücke beim Rangierbahnhof Limmattal ist am 5. Mai 2014 ein Programmpunkt bei der Sonderfahrt mit dem „Churchill-Pfeil“. Von dort aus hat man einen prächtigen Blick auf die Bauarbeiten an der Zufahrt zum Heitersbergtunnel Tibert Keller Im Juni 1998 steht ein Zug der Rigi Bahnen AG abfahrbereit für die Bergtour. Auf den Gipfel der Rigi nimmt er neben Reisenden auch Blumen und Milchkannen mit ... Thomas Wunschel
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Service
| REISEFÜHRER
Das müssen Sie
s e he n !
Von Zürich
bis Zermatt Die schönsten Panoramastrecken, der eindrucksvollste Betrieb – aber wo soll man anfangen und wie lässt sich das unter einen Hut bringen? Unser Tipp: Besuchen Sie die hier aufgelisteten BahnHighlights, und Sie erleben den Reiz der Schweiz! anoramareisen lautet das Stichwort. So kann man mit der Bahn die Schweiz und in der Schweiz die Bahn entdecken. Pausen zum Verschnaufen und Schauen sind inklusive; es muss ja nicht die Nonstop-Tour Schweiz sein. Die Auswahl der Fahrtmöglichkeiten verteilt sich über das ganze Land, wie die Beispiele samt Kursbuchstreckennummern (KBS) zeigen.
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Panoramareisen Glacier-Express (GEX) (KBS 144)
Moritz – Tirano. Die Bahn-Sensationen reihen sich hier nur so aneinander. In vier Stunden geht es von Chur, der ältesten Stadt der Schweiz, nach oben in die Berge.Vier Spiraltunnel liegen auf dem Weg, der hoch gelegene Albulatunnel und der einzige Alpenübergang ohne Scheiteltunnel mit dem höchstgelegenen Bahnhof der Rhätischen Bahn, Ospizio Bernina. Genauso faszinierend ist der „Abstieg“ über zahlreiche Schleifen hinunter in das Val Poschiavo und über den Kreisviadukt von Brusio zum Endpunkt, das nur noch 429 Meter hoch gelegeneTirano. Zum Einsatz kommen Fahrzeuge mit 1.000Volt-Gleichstrom und Zweisystemtreibzüge Gleich-/Wechselstrom. TIPP: Im Sommer lässt sich die Fahrt mit dem „Bernina Express Bus“ um die Strecke Tirano – Comersee – Lugano verlängern.
Die klassische Panoramaroute ist der Glacier-Express zwischen dem extravaganten St. Moritz und dem nicht weniger mondänen Zermatt. Siebeneinhalb Stunden dauert die reizvolle Fahrt in den modernen, rot-weißen Aussichtswagen mit Fenstern bis in das Dach, die einem neben der in die Natur eingebetteten „Achterbahn“ auch Kulturen und GoldenPass Line (KBS 471) Landschaften der Schweiz nahe bringt. Zum „Vielfältige Schweiz“ ist das Motto der Fahrt, Beispiel die Sgraffito-Häuser im Engadin, die in der Zentralschweiz, nämlich in Luzern das burgenreiche Domleschg, Reichenau- amVierwaldstättersee beginnt und verschieTamins mit dem Zusammenfluss vonVorder- dene Bahngesellschaften einbezieht. Am Anund Hinterrhein, die bis zu 400 Meter tiefe fang steht die Reise auf der meterspurigen Rheinschlucht, das Benediktinerkloster Brünigbahn in Zügen der Zentralbahn (ZB, Disentis, den 2.033 Meter hohen Oberalp- heute eine SBB-Tochter). Am Alpnacher-, pass, das Urserental, das Goms und das Sarner- und Lungernsee vorbei geht es über Matterhorn. Für das leibliche Wohl wird mit den Brünigpass nach Meiringen und dann einem Mittagessen am Platz gesorgt. am Brienzersee entlang nach Interlaken Ost. Dort muss man in einen Normalspurzug der TIPP: In St. Moritz ist ein Ausflug mit dem BLS umsteigen, der am Thunersee entlang „verkürzten“ Bernina-Express St. Moritz – und durch das Simmental mit hübschen BauTirano möglich. In Zermatt vermittelt die ernhäusern nach Zweisimmen fährt. Daran Gornergratbahn auf ihrer Zahnradstrecke schließt sich eine Fahrt auf Meterspur an, einzigartige Ausblicke auf ViertausenderGipfel; die zweithöchste Bergbahn Europas und zwar mit dem GoldenPass Panoramic der Montreux Oberland Bernois (MOB). Er (nach der Jungfraubahn) setzt DrehstromTriebwagen ein, mit zwei Stromabnehmern bringt die Reisenden über das glamouröse Gstaad, Rossinière mit dem „Grand Chalet“, unter zweifacher Fahrleitung. dem größten Holzhaus der Schweiz, und durch Weinberge nach Montreux am Genfer Bernina-Express (KBS 940/950) Den Bernina-Express Chur – Tirano könnte See. Besonders eindrucksvoll auf der MOBman auch als „Welterbe-Zug“ bezeichnen, Strecke ist der „Abstieg“ vor Montreux, bei denn er befährt mit seinen roten Panorama- dem der Zug serpentinenartig talwärts rollt. wagen fast vollständig die beiden zum TIPP: Von Interlaken aus erreicht man die UNESCO-Welterbe zählenden Strecken der Brienzer Rothornbahn, eine Zahnradbahn, Rhätischen Bahn, Thusis – St. Moritz und St. die Ausflügler mit Dampfloks auf das
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Frühling in Disentis/Muster: Bei einer Überführungsfahrt entstand im Mai 2013 das Bild der beiden „Allegra“-Triebzüge der Rhätischen Bahn. Planmäßig kommen sie zurzeit nicht hierher – der Glacier-Express aber schon Tibert Keller
Mit den „Lötschberger“-Triebzügen der BLS kommt man im Stundentakt über die spektakuläre Bergstrecke. Im Juni 2012 passiert ein Zug als RE Brig – Spiez – Bern das Viadukt von Hohtenn Armin Schmutz
Reisetipp im Bild: Noch klettern die Meterspurzüge der Appenzeller Bahnen über die mit Zahnstange bestückte Ruckhalde von St. Gallen Richtung Gais und Appenzell. An Sommersonntagen führen einzelne Züge einen Aussichtswagen mit. In wenigen Jahren wird ein Tunnel den Zahnradbetrieb ersetzen T. Keller
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Service
| REISEFÜHRER
Sanfte Hügel begleiten den Zug bei der Fahrt auf der Verbindung Zürich – Luzern. Die Magistrale wird unter anderem mit Doppelstock-IC-Zügen bedient (April 2009) Armin Schmutz
Der Voralpenexpress fährt seit Dezember 2013 stündlich zwischen St. Gallen und Luzern. Im Prinzip läuft an beiden Zugenden eine Lok oder ein Triebwagenkopf der Südostbahn (SOB), am 6. Juli 2014 half aber eine Re 4/4II der SBB aus. Soeben nimmt der Zug die 50-PromilleRampe Freienbach – Wollerau; hinten der Zürichsee Dr. Dietmar Beckmann
Brienzer Rothorn bringt. Nahe bei Montreux gibt es die Museumsbahn Blonay – Chamby (BC) und die Zahnradbahn zum Murmeltierparadies Rochers-de-Naye.
Wilhelm-Tell-Express (KBS 3600)/ Gotthardbahn (KBS 600) Diese beschauliche Reise beginnt ebenfalls in Luzern, aber mit einer Schifffahrt – eventuell mit einem der Raddampfer – über den Vierwaldstättersee, an dessen Ufern der Sage nach die Schweiz ihren Anfang nahm. In Flüelen wechselt man dann auf die Schiene, genauer, zur Gotthardbahn und den SBB. Der Zug schlängelt sich zum 15 Kilometer langen Gotthard-Scheiteltunnel empor, der 1.100 Meter über dem Meer liegt und den italienischsprachigen Süden der Schweiz erschließt. Die Fahrt Flüelen – Locarno durch das mächtige Urner Reusstal und das nicht weniger faszinierende Ticinotal kann man am besten im Interregio mit seinem Panora-
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Unverkennbar ein Knotenpunkt im Schweizer Bahnnetz – genau genommen sogar der Knotenpunkt schlechthin, nämlich Zürich. Verschiedene Zuggarnituren warten im Mai 2014 in der Abstellanlage Herdern des Züricher Hauptbahnhofs auf die nächsten Einsätze. Zu ihnen hat sich ein pannenanfälliger Pendolino ETR 470 gesellt Tibert Keller
mawagen 1. Klasse der SBB genießen. Das ist zwar nicht unbedingt günstig, aber die Eindrücke entschädigen für alles. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, sollte auch am Gotthard selbst verweilen bzw. mit dem Autobus die Unterwegshalte aufsuchen. Zugegeben, wir haben die Strecke schon weiter vorn im Heft vorgestellt. Aber zu den Schweizer Bahn-Highlights gehört die Gotthardbahn einfach dazu. Deshalb hier nochmals kurz die wesentlichen Aspekte: Neben der begeisternden Streckenführung mit Schleifen, Rampen und Tunneln lohnen Aufenthalte in Erstfeld (SBB-Depot), Göschenen (Zugang zum Nordportal des Gotthard-Tunnels, Anschluss zur Schöllenenbahn), Airolo (Zugang zum Südportal des Gotthard-Tunnels) und Bellinzona (Bahnknoten und SBBWerkstatt). Reizvoll ist auch die Seepassage bei Lugano bzw. Melide. TIPP: In Locarno bietet sich eine Reise mit der meterspurigen Centovalli-Bahn nach
Domodossola in Italien an. Der Ausflug ins Gebirge mit kühnen Brücken und tiefen Schluchten ist ein zusätzliches Bonbon.
Voralpen-Express (VAE) (KBS 870) Die gemütliche Fahrt in Ost-West-Richtung beginnt in St. Gallen. Der Zug rollt über den Sitterviadukt, die höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz, und durchquert beeindruckende Landschaften, wie das Alpsteinmassiv als nördlichsten „Vorposten“ der Alpen. Er windet sich durch das idyllischeToggenburg mit sanften Hügeln, hinter denen die markante Gebirgskette der Churfirsten in den Himmel ragt, und erreicht die „Rosenstadt“ Rapperswil am Zürichsee. Hat man den Seedamm überquert, folgt der Bahnhof Pfäffikon mit direkten Anschlüssen nach Chur und Zürich. Über das Rothenthurmer Hochmoor und an den Mythen vorbei führt die Reise hinunter nach Arth-Goldau am Zugersee und schließlich nach Luzern.
Reisetipp im Bild: Die Hauptbahn Zürich – Chur wartet mit einigen landschaftlichen Sehenswürdigkeiten auf; am Walensee verläuft sie auf einer tunnelreichen Strecke direkt am See entlang. Aufnahme vom Juli 2013 bei Murg Dr. Dietmar Beckmann, SBB (o.r.), Ralph Lüderitz (u.r.)
In St. Gallen beginnen die meterspurige Trogenerbahn und die Appenzeller Bahnen. In Luzern lässt sich die GoldenPass Line anschließen.
TIPP:
RE Luzern – Bern (KBS 460) und Lötschberger (KBS 300/330) Die Ausflugslinien der Bern-LötschbergSimplon-Bahn (BLS) nehmen selten den kürzesten Weg. Da macht der RegioExpress Luzern – Bern keine Ausnahme. Er punktet mit touristischen Sehenswürdigkeiten, wie dem Kloster Werthenstein und dem UNESCOBiosphärenreservat Entlebuch. Es folgt der geschäftige Bahnhof Bern, in dem man in einen der „Lötschberger“-Triebzüge umsteigt. Und nun folgt die Zeit der Eisenbahn: Auch wenn das meiste heute durch den Basistunnel rollt, die alte Bergstrecke ist noch immer ein Erlebnis. Die Reise führt über den imposanten Kanderviadukt, durch den Scheiteltunnel (mit Autoverlad) und eröffnet ab Hohtenn eine atemberaubende Aussicht auf das Rhônetal. Der turbulente Verkehrsknotenpunkt Brig rundet das Programm ab. Da fahren die Züge auch vor dem Bahnhof ab – betrieben von der Matterhorn-Gotthard-Bahn. TIPP: Von Brig aus kann man durch den Simplontunnel nach Domodossola fahren, wo die Centovallibahn Anschluss nach Locarno bietet. Nicht minder reizvoll sind die Bahnreisen durch das Rhônetal und am Genfersee entlang nach Genf oder – vom „Bahnhofsvorplatz“ – mit der MatterhornGotthard-Bahn nach Zermatt bzw. Andermatt – Disentis. BAHN EXTRA 3/2015
Zwei Mal Historie: Empfangsgebäude von Basel SBB (o.) und Bahnhofsschild an der Meterspurstrecke Montbovon – Bulle der TPF bei Fribourg
Jungfraubahn (KBS 311/312)
der Alpen. Für die Rückfahrt sollte man ab Eine kürzere, aber ebenfalls atemberauben- „Kleine Scheidegg“ die WAB in Richtung de Panoramafahrt beginnt im meterspurigen Grindelwald nehmen, die einen weiteren fasTeil des Bahnhofs Interlaken Ost und führt zinierenden Weg fährt. Mit der meterspuzunächst nach Lauterbrunnen. Dort heißt es rigen Berner Oberland-Bahn (BOB) geht es umsteigen in die Wengernalpbahn (WAB), dann wieder nach Interlaken Ost. bei der auch Panoramazüge verkehren. Auf TIPP: Im BOB-Bahnhof Wilderswil beginnt den autofreien Kurort Wengern folgt die Sta- die Schynige Platte-Bahn, die mit nostalgition „Kleine Scheidegg“, in der die meterspu- schem Rollmaterial ins Hochgebirge fährt. rige Jungfraubahn (JB) beginnt, auch eine Zahnradbahn. Sie verschwindet zwar nach Jurasüdfuß-Linie zwei Kilometern in einem rund sieben Kilo- (KBS 230/210/150) meter langen Tunnel, die verglasten Fenster Basel und Genf sind zwei der größten Städte der Tunnelstationen „Eigerwand“ und „Eis- der Schweiz; die Strecke, die sie verbindet, meer“ gewähren aber einen unvergesslichen gilt als Geheimtipp. Bald nach der Abfahrt in Ausblick. Die Fahrt endet in der Tunnel- Basel SBB durchquert der Zug das Laufental station „Jungfraujoch“, dem höchsten Bahn- mit Kalkfelsen und Schluchten. Zwischen hof Europas. Wenn man dort ins Freie tritt, Biel und Genf streift man den Südrand des steht man beim Aletschgletscher, dem flä- Juragebirges mit hübschen Städtchen wie chenmäßig größten und längsten Gletscher Neuchâtel, Yverdon-les-Bains und Morges, das „Drei-Seen-Land“ mit Bieler-, Murtenund Neuenburgersee sowie Weinbaugebiete. Überwältigend ist der Anblick, wenn sich der Zug aus den Höhen der Weinberge hinab Stichwort Richtung Genfer See arbeitet. Anschließend geht es mal mehr, mal weniger nah am Ufer entlang. Palmen, Berge, Schlösser, WeinEs gibt in der Schweiz noch ein gedruckhänge, alles ist auf diesem Abschnitt dabei. tes Kursbuch, das drei Bände umfasst: eines für Eisenbahn, Seilbahnen, SchiffTIPP: Wer eher unbekannte Regionen der fahrt, zwei für Buslinien. Schweiz sucht, nimmt in Neuchâtel den Es gibt auch ein elektronisches KursZug nach La Chaux-de-Fonds und steigt in buch, bei dem man sich Verbindungen die meterspurigen Chemins de fer du Jura heraussuchen kann. Daneben lässt (CJ) um. So kommt man in die Freiberge, sich unter anderem ein „Live-Abbild“ eine touristisch wenig erschlossene Region. der Zugbewegungen aufrufen. In Glovelier besteht Anschluss nach http://www.sbb.ch/fahrplan.html Delémont an der Jurasüdfuß-Linie.
Kursbuch Schweiz
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Einer der zahlreichen Güterzüge überquert an einem Juliabend 2014 kurz nach 21 Uhr die imposante Rheinbrücke bei Eglisau. Das Foto ist von der Straßenbrücke über den Rhein aufgenommen, die vom Bahnhof Eglisau in zirka 15 Minuten erreichbar ist Aufnahmen/Text: Dr. Dietmar Beckmann/GM
Fototipps Schweiz
Die kleinen Unbekannten Es gibt viele klassische Fotostellen in der Schweiz. Und es gibt manche, die noch nicht so geläufig sind, aber auch einen Besuch lohnen. Eine Auswahl der kleinen Unbekannten
Auch nach dem Ausbau der Jurafußlinie Biel – Neuchâtel – Yverdon gibt es am Bielersee einen eingleisigen Abschnitt, der die ursprüngliche Trassierung zeigt. Im Örtchen Ligerz hat man alles eng beisammen: Schiene, See und eine urige Schweizer Dorfstraße. Das Beste dabei: Es gibt dichten Zugverkehr, den man verschont von Lärmschutzmaßnahmen betrachten oder fotografieren kann. Der Haltepunkt Ligerz mit Schiffsanleger liegt direkt an den schönsten Fotostellen
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In der Hauptverkehrszeit fahren zusätzliche S-Bahnen Winterthur – Schaffhausen als Lok-Wagen-Züge; im Juli 2014 rollt ein solcher Zug über die Rheinfallbrücke bei Neuhausen. Die Stelle erreicht man vom Haltepunkt Schloss Laufen aus über Spazierwege. Fotos sind aber nicht ganz leicht, weil man die Züge im Wassertosen nicht hört
Die FLIRT-Triebzüge der Südostbahn (SOB) bieten ihren Fahrgästen auf der Fahrt von Wädenswil nach Einsiedeln bei Burghalten einen weiten Blick auf den Zürichsee (Juli 2014). Diese Fotostelle liegt am nördlichsten Bogen der verzweigten Reidholzstraße und ist vom Bahnhof Burghalten in rund 20 Minuten zu Fuß erreichbar
Jährlich von Anfang Mai bis Oktober schnaufen sie bergan und bergab: die Dampfloks der Brienzer Rothornbahn. 7,6 Kilometer Strecke legen sie bei der Fahrt von Brienz auf das Brienzer Rothorn zurück, auf 800-Millimeter-Spur und – im Zahnstangenabschnitt – mit bis zu 250 Promille Steigung. Bild bei Oberstaffel Sven Klein
Die Verkehrsknoten Eisenbahn in faszinierender Landschaft ist das Eine, womit die Schweiz begeistert. Betriebsame Bahnknoten sind das andere. Einige von ihnen klangen bereits bei den Reiseempfehlungen an. Hier nun eine ausführlichere Übersicht, als Teil zwei der Bahn-Highlights: Basel SBB: das Tor zum Norden, mit Zügen aus dem innerschweizerischen Verkehr, aus Deutschland sowie Frankreich immer sehenswert. Bemerkenswert ist auch das historische Empfangsgebäude. Zürich HB: Er ist die Nummer eins unter den Schweizer Bahnhöfen, national und international vernetzt; der Bahnhof mit seiner dichten Zugfolge macht der größten Stadt des Landes alle Ehre. Zu der Anlage gehören übrigens auch drei (!) unterirdische Stationen. Olten: Die Nummer zwei ist an anderer Stelle des Heftes schon Thema; daher hier nur kurz der Hinweis auf den unentwegt rollenden Betrieb um das Empfangsgebäude in Insellage. Brig: Als Schaltstelle zwischen Lötschberg und Simplon, mit Anschluss zum Genfer See und – auf Schmalspur – Richtung Andermatt und Zermatt ist der Bahnhof eine der großen Adressen des Landes. Spiez: Auch hier gibt es jede Menge Zugbetrieb: Züge durch den Lötschberg-BasisBAHN EXTRA 3/2015
tunnel, Züge über die Lötschberg-Bergstrecke, Züge nach Zweisimmen, Bern und Interlaken Ost. Luzern: Nicht weit weg vomVierwaldstätter See liegt der Bahnhof, der mit einer Besonderheit aufwartet: Es fahren Züge in Normalspur (SBB) und Meterspur (Zentralbahn). Chur: Wieder liegen Normalspur und Schmalspur nebeneinander, mit dem feinen Unterschied, dass es zwei Betreiber gibt: hier die SBB, da die Rhätische Bahn. Vor dem Bahnhof wartet eine Fortsetzung. Durch die Straßen der Stadt schlängelt sich die Rhätische Bahn mit ihren Meterspur-Zügen nach Davos. Interlaken Ost: Nochmals finden sich Normalspur und Schmalspur in einem Bahnhof. Es fahren die BLS-Züge nach Zweisimmen, die SBB-Züge in Richtung Bern – Basel bzw. Bern – Zürich, die Schmalspurzüge der Zentralbahn nach Meiringen – Luzern und die Schmalspurzüge der Berner OberlandBahn nach Lauterbrunnen/Grindelwald. Lausanne: Neben den SBB/CFF fahren in diesem Bahnhof die Schmalspurzüge (über Echallens nach Bercher, Betreiber LEB) und eine Metro. St. Gallen: Im Bahnhof hat man Anschluss nach Chur, Zürich, St. Margrethen (um nur die näher liegenden Ziele zu nennen). Ebenso interessant ist das Geschehen auf dem Vorplatz. Dort fahren Züge der Appenzeller Bahnen in zwei Richtungen: nach
Trogen (Meterspur) und nach Gais – Appenzell (Meterspur). Aigle: Der Ort an der SBB-Hauptstrecke Montreux – Monthey ist Ausgangspunkt von drei Meterspurbahnen in die Berge (siehe eigenen Beitrag). Andermatt: Bahnknoten der MatterhornGotthard-Bahn mit Meterspur-Verbindungen nach Disentis, Göschenen und Zermatt
Bahnmuseen und Museumsbahnen Freunde der Eisenbahn-Nostalgie werden in der Schweiz gut bedient. Über das Land verteilt gibt es – ganz verschiedene – Highlights. Verkehrshaus der Schweiz: Das Museum in Luzern ist das Größte seiner Art im Land der Eidgenossen. Bahngeschichte kann man dort buchstäblich anschauen, ob mit den frühesten Fahrzeugen oder mit technischen Meilensteinen. www.verkehrshaus.ch Dampfbahn Furka-Bergstrecke: Mit viel Liebe haben Freiwillige die alte MeterspurBergstrecke ab Realp betriebsfähig hergerichtet. Im Sommer bietet die Trägergesellschaft Dampfbahn Furka Bergstrecke Dampfzug-Fahrten an, die von Realp aus auf Adhäsions- und Zahnradstrecke ins Gebirge hinein nach Oberwald führen. www.dfb.ch Museumsbahn Blonay – Chamby: Das Museum in Blonay zeigt eine sehenswerte Sammlung von Triebwagen und Dampfloks
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Glas, Stahl und eine große Schweizer Uhr schmücken den Bahnhof von Aarau. Die Uhr kann man auch als Symbol für den Bahnbetrieb nehmen: Fast alles fährt im Stundentakt SBB
Im Sommer hat die Furka-Dampfbahn Fahrsaison; im Juli 2012 klettert Lok 4 mit ihrem Zug von Realp nach oben; dabei nutzt sie die Steffenbach-Klappbrücke, die jeden Herbst ab- und im Frühjahr wieder aufgebaut wird Heiko Günther
„Kleine Rote“ nannte sich die Rhätische Bahn früher in Anspielung auf die schmale Spur und die damalige Fahrzeugfarbe. Zur Lokomotive Ge 6/6III 703 und dem Wagen im Bahnhof Samedan passt das noch immer – findet auch der rhätische Tiger vorn im Bild ... Heiko Günther
auf Meterspur. Auf der Vereinsstrecke nach Chamby fahren im Sommer Pendelzüge. www.blonay-chamby.ch Bahnmuseum Albula, Bergün: Gleich gegenüber vom Bahnhof informiert ein Museum über die Geschichte der Albulabahn. www.bahnmuseum-albula.ch Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland: Er veranstaltet Dampf- und Ellok-Sonderfahrten Bauma – Hinwil. www.dvzo.ch Verein Depot und Schienenfahrzeuge Koblenz: Sammlung mit Draisinen undTriebwagen/Beiwagen. www.dsf.koblenz.ch Eisen- und Eisenbahnmuseum Vallorbe: Es informiert u.a. mit einer Ausstellung über den Bahnhof Vallorbe. www.museedufer.ch Verein Rheinschauen: Der Verein aus Österreich unternimmt Sonderfahrten auf der Rheinregulierungsbahn im Grenzgebiet Schweiz/Österreich. www.rheinschauen.at Schinznacher Baumschulbahn: Auf dem Gelände einer Baumschule in SchinznachDorf bei Basel existiert die einzige 600-Millimeter-Strecke der Schweiz mit Dampfbetrieb. Museumsloks fahren dort im Frühjahr und Sommer wochenends. www.schbb.ch SBB Historic: Die SBB-Stiftung hat den Zweck, Eisenbahn-Exponate zu sammeln
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Sommerlicher Ausflug mit „Krokodil“ und Be 4/6 von SBB Historic am Gotthard; die Stiftung der SBB veranstaltet Sonderfahrten und bietet Fahrzeuge auch mietweise an F. Martinoff, VÖV UTP (S. 94 o.)
und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie verfügt über ca. 150 Fahrzeuge, die sie für Ausflugsfahrten verwendet und vermietet.Weiterhin gibt es Veranstaltungen an den Fahrzeug-Standorten (z.B. „Fitnessfahrten“ in Erstfeld und Olten) sowie am Standort Windisch eine Infothek (Bibliothek und Ausstellungen). www.sbbhistoric.ch
Saison-Tipps und Links Wanderwege: Wer Eisenbahnstrecken in aller Ruhe betrachten möchte, hat dazu auf verschiedenen Wanderwegen entlang berühmter Streckenabschnitte Gelegenheit. An der Albulabahn, an der Gotthardbahn und an der Lötschberg-Bergstrecke gibt es Wanderwege, die zu den bemerkenswerten Bauten führen. Am besten empfehlen sich für Wandertouren die Monate Mai bis September; dann ist es verhältnismäßig lange
hell und man kann sich nebenbei die laue Luft um die Nase wehen lassen. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Schlittelfahrten: Mit dem Zug hinauf, mit dem Schlitten hinab – das ist das Prinzip der Schlittelfahrten, mit denen etwa die Rhätische Bahn ein Winter-Highlight bietet. Im Stundentakt fährt man mit planmäßigen Zügen von Bergün nach Preda, auf dem Schlitten geht die Sause die Albula-Passstraße hinab; die RhB legt außerdem Extrazüge ein, mit denen man schon von Chur nach Bergün anreisen kann. www.rhb.ch Abschließend noch zwei interessante Links: www.reisezuege.ch informiert über die Zugbildung aller Reisezüge im Fernverkehr; www.fahrplanfelder.ch zeigt etwas versteckt unter dem Reiter „Archiv“ die aktuellen grafischen Fahrpläne der Schweiz mit allen Reise- und Güterzügen. H.-B. Schönborn/D. Beckmann/T. Burger
Reiseerlebnis der 1. Klasse.
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Die Schweiz verfügt im öffentlichen Verkehr über ein Netz von 26.000 Kilometern, das von Bahnen, Bussen, Schiffen, Bergbahnen und städtischen Verkehrsmitteln erschlossen wird. Dank des Stundentaktes mit „schlanken Anschlüssen“ kommt man bequem auch in die entlegensten Regionen des Landes. Doch ein solches Transport-System kostet viel Geld, und so sind die Fahrpreise nicht gerade niedrig. Alternativ gibt es für Gäste aus dem Ausland die „Swiss Travel System-Tickets“.
Swiss Travel Pass Youth Leistung wie Swiss Travel Pass Gültigkeit wie Swiss Travel Pass Bonus wie Swiss Travel Pass Preis Reisende unter 26 Jahren erhalten 15 % Ermäßigung auf den Swiss Travel Pass Swiss Travel Pass Flex Leistung wie Swiss Travel Pass Gültigkeit 3, 4, 8 oder 15 frei wählbare Tage innerhalb eines Monats Bonus wie Swiss Travel; kostenloser Eintritt bei Museen an den Reisetagen Preis ab 239 CHF Swiss Travel Pass Flex Youth Leistung wie Swiss Travel Pass Gültigkeit wie Swiss Travel Pass Flex Bonus wie Swiss Travel Pass Preis Reisende unter 26 Jahren erhalten 15 % Ermäßigung auf den Swiss Travel Pass Flex
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Gestern und heute
| DIE BETREUER DES TEE „GOTTARDO“
Im April 2014 ist der RAe 1053 zu einer Sonderfahrt von Olten nach Genf „ausgerückt“. Beim Zwischenstopp in Morges haben sich TEE-Betreuer und Lokführer für ein Erinnerungsfoto vor dem Museumszug aufgestellt; ganz rechts Jakob Marti von SBB Historic Aufnahmen d. Beitrags: Armin Schmutz
ange, bevor es losgeht, findet man Jakob Marti schon im Depot Olten. In einer weitgestreckten Halle, vollauf beschäftigt mit dem rot-beige lackierten Elektrotriebzug. Für eine Ausfahrt des RAe 1053 braucht es eine Menge Vorbereitung, mehr als bei manch anderem Museumsfahrzeug von SBB Historic. „Das ist im Prinzip ein lokbespannter Zug“, sagt Marti, „man hat den Maschinenwagen, den Speisewagen, vier Zwischenwagen und zwei Führerstände.“ Da kommt einiges zusammen: nicht nur Batterien, Sicherungssysteme oder Kompressor prüfen, sondern auch nach Klimaanlage und Hilfsbetrieben schauen. Küche und Toiletten brauchen frisches Wasser – und damit ist erst ein Teil der Arbeiten genannt. Wenn der Lokführer den Triebzug übernimmt, haben die Männer der SBB-Stiftung bereits ein paar Stunden in das rollende Schmuckstück investiert.
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Betreuer für rund 150 Fahrzeuge Jakob Marti kennt das Prozedere aus dem Eff-Eff. Der 35-Jährige ist der stellvertreten-
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Im Mai 2012 ist der RAe 1053 ein weiteres Mal zwischen Olten und Genf unterwegs. Soeben braust er bei Schafis am Bielersee dahin
Das Team vom TEE Einst war der Elektrotriebzug RAe eines der renommiertesten Fahrzeuge der SBB. Heute ist die letzte Garnitur das Flaggschiff bei SBB Historic – betreut von einem festen Mitarbeiterstamm
de „Leiter Rollmaterial“ bei SBB Historic; dabei hat er auch eine leitende Funktion in der Instandhaltung. Zweieinhalb Vollzeitstellen gibt es bei der Stiftung für diesen Bereich, die Mitarbeiter betreuen an die 150 Fahrzeuge – Loks, Triebwagen und Wagen. Mit dem RAe 1053 haben sie verhältnismäßig oft zu tun. Aus einem einfachen Grund: „Der Zug macht relativ viele Fahrten“, erklärt Marti, „deshalb braucht er auch viel Pflege.“
Der RAe macht relativ viele Fahrten; er braucht daher auch viel Pflege Für SBB Historic ist das Fahrzeug das Flaggschiff. Die Vermarktung läuft unter dem Namen „TEE Gottardo“; das weckt Erinnerungen an glorreiche Zeiten.Von den frühen 1960ern an war der RAe als TransEurop-Express unterwegs. Er gehörte zu den komfortabelsten Zügen der SBB und zum Besten, was es auf Europas Schienen gab. Die Laufruhe war beeindruckend, die Gäste nahmen Platz in einer „Super-1.-Klasse“, wie
Klimatisierte Räume, behagliche Sitze in 2+1-Ordnung, Doppelglasfenster und motorbediente Jalousien – das bietet der Museumszug. Die Bestuhlung wurde im EuroCity-Look belassen
es ein Schweizer Eisenbahner einmal nannte. Weiteres Renommee errang der Zug durch eine technische Pioniertat: Als erstes elektrischesTriebfahrzeug in Europa konnte er mit vier Stromsystemen fahren. Eine der berühmtesten Leistungen wurde eben jener TEE „Gottardo“. Auf dem Weg von Zürich nach Mailand zogen die RAe majestätisch über die Rampen der Gotthardbahn und an allen anderen Zügen vorbei. Ein TransEurop-Express hatte schließlich Vorrang.
Erinnerung an berühmte Zeiten: Der RAe 1053 fährt heute als „TEE Gottardo“ Als Ende der 1980er-Jahre der Abschied vom TEE-Verkehr eingeläutet wurde, suchten die SBB eine neue Verwendung für ihre stolzen Züge. Die Lösung hieß: abspecken. Für den EuroCity-Verkehr wurden die RAeGarnituren zu Zügen mit 1. und 2. Klasse umgebaut. Grau lackiert und als RABe bezeichnet, nahmen sie den Plandienst wieder auf – für einige Zeit sogar auf der angestammten Relation des „Gottardo“. Den früheren Glanz erreichten sie nicht mehr, doch eine gewisse Eleganz verbreiteten sie noch immer. Im Herbst 1999 nahmen die SBB den RABe aus dem Planbetrieb. Während die anderen Garnituren nach und nach zerlegt wurden, kam Zug Nr. 1053 zu SBB Historic. Nach der Aufarbeitung präsentiert er sich heute in einer Mischform. Äußerlich bekam er die Farbgebung des Trans-Europ-Express zurück; innen gab man ihm teils eine neue Einrichtung, wie den Pianowagen, behielt aber auch das EuroCity-Design bei. An rund 15 Tagen im Jahr schickt SBB Historic den Triebzug auf „Extrafahrt“. Wir Betreuer, sagt Jakob Marti, planen dafür je einen Tag Vor- und Nachbereitung im Depot ein, unter anderem, um akute Arbeiten zu erledigen. Mal gilt es eine Wasserleitung zu reBAHN EXTRA 3/2015
Der Lokführer sitzt im TEE II in einem Einheitsführerstand, wie man ihn zum Beispiel von der Ellok Ae 6/6 kennt. Bei der Pflege des RAe ist das Lokpersonal nicht beteiligt
parieren, ein andermal eine defekte Lampe haltung, also die regelmäßigen Fristarbeiten. zu tauschen oder die Bremsventile nachzu- „Das machen wir komplett, von vorne bis hinjustieren. Bei den Sonderfahrten bleibt einer ten, von oben bis unten“, erklärt Marti. In der Mitarbeiter im Zug. Er ist als Bordme- dem Rahmen untersuchen sie nahezu alle chaniker dabei, um unterwegs auftretende Komponenten des RAe 1053: MaschinenStörungen zu beheben. technik, Mechanik, Elektrik, SicherheitssysDamit steht dasTEE-Team von Olten in ei- teme und Bremsen. Nur Spezialarbeiten gener alten Tradition. Schon im Plandienst be- hen an Externe. Falls sonst etwas zu wechtreuten Bordmechaniker die Garnituren – seln ist, gibt es in Olten einen Ersatzteilvorrat. seinerzeit in der Hauptwerkstätte Zürich – Manches davon stammt noch aus Zürich. und fuhren im Zug mit. Wie die Eisenbahner Bei den Fachkenntnissen mussten sich die damals übernehmen auch Jakob Marti und Mitarbeiter dagegen zunächst selbst helfen. seine Kollegen heute die laufende Instand- Ein Kontakt zu „alten Hasen“ aus den Plandienstzeiten kam erst später zu Stande. Andererseits, völliges Neuland betrat man bei SBB Historic nicht. Jakob Marti zum Beispiel hatte früher bei den SBB als ElektromechaHintergrund niker gearbeitet und bei dieselelektrischen Loks und Elloks Erfahrungen gesammelt.
Der RAe TEE II
Nach dem Dieseltriebzug RAm von 1957 erhielten die SBB 1961 für den TEE-Verkehr den Elektrotriebzug RAe. SIG und MFO fertigten vier Garnituren, die ausschließlich die 1. Klasse führten und jeweils 160 km/h erreichten. Den Antrieb übernahm ein Maschinenwagen in der Mitte. Nach dem RAm als TEE I wurde der RAe als TEE II bezeichnet. Bemerkenswert war die elektrische Ausrüstung, die Fahrten mit vier Stromsystemen ermöglichte: Wechselstrom mit 15 kV, 16 2/3 Hz und 25 kV, 50 Hz sowie Gleichstrom mit 1,5 kV und 3 kV. Der RAe bediente TEE-Verbindungen nach Italien, Frankreich und Belgien; langjährige Leistungen waren zum Beispiel der „Gottardo“ Zürich – Mailand und der „Cisalpin“ Paris – Brig – Mailand. 1966 ließen die SBB die fünfteiligen Züge zu Sechsteilern erweitern, 1967 folgte eine fünfte Garnitur. Mit dem Ende des TEE-Verkehrs wurden die Züge 1988 auf 1./2. Klasse umgebaut und hießen nun RABe. 1999 folgte das Aus im Plandienst. Der RAe Nr. 1053 blieb erhalten und wurde von 2003 bis 2009 für SBB Historic aufgearbeitet.
Komplex, aber nicht kompliziert Sechs Wagen, zwei Führerstände,Vierstromtechnik – damit könnte derTEE-Triebzug ein schwieriger Kandidat für die Unterhaltung sein. Doch mitnichten. „Der Zug“, stellt Marti fest, „ist komplex, aber nicht kompliziert.“ Bei der Stromtechnik gehe es vor allem darum, die Systematik zu begreifen. „Wenn es läuft, ist das ein sehr einfaches und pflegeleichtes Fahrzeug.“ Und außerdem eines, das bei SBB Historic einen hohen Stellenwert genießt. Als einziges Triebfahrzeug im Bestand darf der „TEE Gottardo“ ins Ausland fahren. Diese Chance wird die Stiftung demnächst nutzen. Im Sommer 2015 setzt sie den RAe 1053 für Sonderfahrten zur EXPO-Weltausstellung in Mailand ein. Wenn sich der Zug dann galant in die Bögen der Gotthardbahn legt, wird ein bisschen vom Flair seiner Plandienst-Jahre in den Bahn-Alltag zurückkehren. Und lange, bevor es losgeht, werden Jakob Marti und Kollegen wieder im Depot Olten mit ihrer Arbeit beginnen. T. Hanna-Daoud
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Impressum
| IM NÄCHSTEN HEFT
Ab
1Ju2ni .
im Handel
3/2015 | Mai/Juni 26. Jahrgang | Nummer 136
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Abo-Hotline, Kundenservice, GeraMond-Programm Tel. (0180) 5 32 16 17* Fax (0180) 5 32 16 20* E-Mail:
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[email protected]; www.verlagshaus-media.de Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 25 vom 1.1.2015 Litho: Cromika, Verona Druck: Stürtz, Würzburg
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Kohle, Stahl und Züge Als Zentrum der Schwerindustrie und als Ballungsraum schrieb das Ruhrgebiet Geschichte. Viele Strecken erschlossen die Region zwischen Duisburg und Hagen; schwere Güterzüge und Nahverkehr fuhren zwischen Industrieanlagen, Wohnsiedlungen und manchmal auch Schrebergärten. Im nächsten BAHN EXTRA stellen wir die Geschichte und Gegenwart der Eisenbahn im Revier vor. Wir zeigen die Entwicklung des Streckennetzes, den Betrieb – und das, was daraus geworden ist. Ein Heft mit vielen interessanten Einblicken ins Bahngeschehen und einer DVD. Dr. Dietmar Beckmann
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Willkommen im Bahn-Paradies Dichtes Streckennetz, überwältigende Landschaft, wegweisende Fahrzeuge – in punkto Eisenbahn ist die Schweiz eine Klasse für sich. Dieses Heft zeigt Ihnen die ganze Faszination: die Gotthard-Bergstrecke, die kurz vor dem Umbruch steht, erfolgreiche Kreationen wie die BuchliLoks, Schmalspurbahn-Highlights wie den Glacier-Express und vieles mehr. Dazu gibt’s eine Führerstands-Mitfahrt – im Heft und auf DVD!
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ISBN 978-3-86245-208-8