KOHLE, STAHL, ZÜGE Montanverkehr und Zechenbahnen
„AUF SCHICHT“ Lokführer im Revier gestern und heute
REISETIPPS RUHR Museumsbahnen und Aussichtspunkte
4.2015
JULI / AUGUST
€ 12,90
BAHN-EXTRA 4/2015
Eisenbahn im Ruhrgebiet
A: € 14,60 CH: SFR 25,80 BENELUX: € 14,90 DK: DKR 150,00
Eisenbahn im
Ruhrgebiet Das Schienen-Revier zwischen Duisburg und Hamm
Von S-Bahn und MIT HISTORISCHER STRECKENKARTE Nahverkehr bis F-Zug und TEE Eisenbahn im Ruhrgebiet 1938 REISEN IM REVIER
RUHR-IMPRESSIONEN Der Bahnbetrieb gestern und heute
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GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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Aufnahmen: Slg. Eisenbahnstiftung (gr. Bild), Wolf-Dietmar Loos, Slg. Oliver Strüber, Michael Hubrich (u., v. l.)
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Eisenbahn-Eindrücke aus dem Ruhrgebiet: Im Jahr 1960 heißt es an der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen-Schalke „warten“, bis der Schienenbus VT 95 durchgefahren ist; gleich nebenan steht das Walzwerk Grillo Funke (gr. Bild). In Dortmund-Nette liegen Straßenbahn und Eisenbahn dicht beisammen (u. l., August 1974). Das Kursbuch Westfalen-Ruhr verzeichnet die Fahrpläne des Reviers (u. M.), unter anderem jene des Nahverkehrs, in dem in den späten 1970ern/frühen 1980ern auch 141er fahren (u. r., 141 248 mit Sonderlackierung in Essen Hbf)
Kohle, Stahl und Züge Als Zentrum der Schwerindustrie und als Ballungsraum schrieb das Ruhrgebiet Geschichte. Ein engmaschiges Streckennetz erschloss die Region zwischen Duisburg und Hamm, schwere Güterzüge und flinke Personenzüge rollten in dichter Folge. Die Eisenbahn gehört seither zum Revier wie Kohle und Stahl, Schrebergarten und Brieftaube. Und heute? Da gibt es immer noch eine Menge Bahnbetrieb zu erleben. Willkommen zum Streifzug durch den Pott – Glückauf, los geht’s!
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Inhalt
| EISENBAHN IM RUHRGEBIET
Das g Der G roße J u eraM ond V biläu feiern ms-G e S r Haup ie mit un lag feier ew t sein tgew d nut en 25 innsp inn v z e n S on 5. . iel Liebe Leserinnen, liebe Leser, 000 ie die Ch Geburt st Euro a in ba nce auf d ag – r! (S. 66/6 en 7)
Thomas Hanna-Daoud Verantwortlicher Redakteur
erinnern Sie sich noch? Das Bw GelsenkirchenBismarck war bis 1977 eine Hochburg der kräftigen 44er-Dampfloks; Schwaden von Dampf und Rauch gehörten dort genauso dazu wie der Wasserturm mit seinem markanten Kugelbehälter. Wenn möglich (und gestattet), suchten Eisenbahnfreunde gern diesen Ort auf, um die faszinierenden Güterzugmaschinen im Bild festzuhalten.
Bei den Foto-Aktionen rund um die Drehscheibe konnte es dann passieren, dass neben den Lokomotiven ein abgestellter Personenwagen mit aufs Bild kam. Ein Personenwagen im Dampflok-Bw? Ja. Das ausrangierte Fahrzeug zählte zum Inventar, und zwar beim hiesigen Eisenbahner-Sportverein, ETuS Bismarck. Der Wagen diente als provisorische Umkleidekabine für die Fußballer. In Trikots, Stollenschuhen und kurzen Hosen liefen sie von dort auf den Rasenplatz, der sich gleich neben dem Wasserturm befand.
Titelfotos Titel: Dr. Dietmar Beckmann (2, gr. Bild: 430 bei Oberhausen; kl. Bild o. l.: Zechenbahn), Michael Hubrich (2, kl. Bild o. M.: SchienenbusSonderfahrt zur Kokerei Prosper, Bottrop; kl. Bild u. l.), Axel Witzke (kl. B. o. r.), Slg. Dr. D. Beckmann (Karte u. M.), Georg Wagner (kl. B. u. r.) S. 4: Uwe Miethe (kl. B. o.), Dr. Dietmar Beckmann (2, Bild Mitte und kl. Bild u. l.), Michael Hubrich (kl. Bild u. r.) S. 5: Michael Hubrich, Axel Witzke (v. o.) Rücktitel: Georg Wagner (gr. Bild: 044 und 050 im Güterbahnhof Essen-Altenessen Rheinisch), Willi Marotz/Archiv der Eb.stiftg. (u. r., Reisezug bei Zeche Alma in Gelsenkirchen), Michael Hubrich (u. l.)
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Eisenbahn und Fußball sind typisch für das Ruhrgebiet, oft hängen sie mehr zusammen, als man denkt. Deshalb machten wir Fußball zu einem der Eisenbahn-Themen in unserem Heft. Seien Sie außerdem dabei, wenn wir die wichtigen Strecken und berühmten Fahrzeuge der Region vorstellen, die große Zeit der Montanzüge zeigen oder Lokführer bei ihrem Dienst begleiten. Zusätzlich gibt es eine DVD „Revierdampf“; das Bw Gelsenkirchen-Bismarck ist mit dabei. Wir wünschen viel Vergnügen und interessante Lektüre.
Von der Köln-Mindener Eisenbahn bis zur Hamm-Osterfelder Bahn: Die wichtigsten Strecken des Ruhrgebiets im Überblick
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Inhalt Momentaufnahmen 6 Tief im Westen ... ... wartet die Eisenbahn-Fundgrube Ruhrgebiet
46 Die Sonne geht ... Eisenbahn am Abend und in der Nacht
82 Hier im Revier Bahn-Alltag gestern und heute
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Der Gasometer in Oberhausen ist ein idealer Aussichtspunkt, um die Eisenbahn im westlichen Ruhrgebiet näher kennen zu lernen
Strecken und Betrieb 16 Streckenkunde Ruhr Die wichtigsten Verbindungen der Region
38 Schiene kreuzt Schiene Bahnübergänge mit Eisenbahn und Straßenbahn
52 Eine Sache der Tradition Fußball und Eisenbahn
57 Der Revier-Triebwagen Nahverkehrszüge mit dem 430
60 Die Zeugen einer großen Ära Industrie- und Zechenbahnen
Unterwegs 24 Oft um den Kirchturm herum Lokomotivdienst in den frühen 1970ern
32 „Mitfahrer“ auf Montanzügen Jugend-Erlebnisse auf dem Dampflok-Führerstand
74 Ein gemütlicher Sonntag Lokomotivdienst im Jahr 2015 am Sonntagnachmittag? Das 74 Güterverkehr kann sehr angenehm sein – wenn man im Revier mit einer „Ludmilla“ unterwegs ist
Einst und jetzt 26 Fürs Revier und mehr Die Eisenbahndirektion Essen
40 Große Züge im Pott Das Fernverkehrsangebot – zum Beispiel 1963
68 Oben über Oberhausen Ein ganz besonderer Aussichtspunkt
96 Zukunft im Ruhrgebiet Das Projekt des Rhein Ruhr Express
Reiseführer Ruhr 76 Relikte im Revier Entdecken Sie alte Strecken und Bahnanlagen
90 Auf zur Industriekultur Die Museumsbahnen und Eisenbahnmuseen
Ständige Rubriken 98 Vorschau, Leserservice, Impressum Ihre DVD Ein passendes Cover für Sie den fin en eid hn ssc Au zum 56 in diesem Heft auf Seite
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Er fuhr 27 Jahre lang durchs Ruhrgebiet und wurde zum Kultfahrzeug: der Nahverkehrstriebwagen der Baureihe 430
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Momentaufnahmen
| DAS EISENBAHN-REVIER
Tief im Westen ... ... wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser, als man glaubt. So beginnt Herbert Grönemeyers Hymne auf die Stadt Bochum, aber eigentlich spricht das Lied für das gesamte Ruhrgebiet. Und für dessen Eisenbahnen 6
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Das Ruhrgebiet, wie man es kennt: mächtige Industrieanlagen, Rauch – und Gleise. Bei Gelsenkirchen passiert 1956 Lok 50 768 mit ihrem Güterzug die Anlagen des Stahlwerks Helmut Säuberlich
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Momentaufnahmen
Bild Mitte: Farblich treten die 1968 von der Bundesbahn eingeführten S-Bahn-Züge zunächst nicht sonderlich hervor. Ihre Stärke liegt im Angebot: Taktverkehr und relativ gute Fahrzeiten (Bild in Essen-Stadtwald, Mai 1973) Wolf-Dietmar Loos
Die Tenderloks der Baureihe 94 (pr. T 16.1) sind über Jahrzehnte die ungekrönten Königinnen der Ablaufberge im Revier. Aufnahme im Rangierbahnhof Wanne-Eickel Wolf-Dietmar Loos
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„... vor Arbeit ganz grau“ Nicht nur Bochum, sondern das gesamte Gebiet zwischen Duisburg und Hamm verdankt seinen Aufstieg der Montanindustrie, der Kohle und dem Stahl. Der Erfolg wurde maßgeblich durch die Eisenbahn getragen, sei es als Transportmittel für Zechen und Stahlwerke oder als Verkehrsmittel für die Arbeiter Das Bahnbetriebswerk Bochum-Langendreer beheimatete maßgeblich Dampfloks der Baureihen 44 und 50 für die Güterzüge des Montanverkehrs. Bei der Aufnahme von 1956 ist auf den Gleisen des 20-ständigen Ringlokschuppens auch ein Dampfkran vertreten. Hinter dem Gebäude erstreckt sich die Zeche Bruchstraße Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Typischer Personenzug in typischer Umgebung: Im August 1962 kommt 78 252 mit ihren Dreiachser-Umbauwagen an der Zeche Alma in Gelsenkirchen vorbei Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Im April 1990 bespannt Lok 22 der Wanne-Herner Eisenbahn einen Zug beim Kohleumschlag im Wanner Nordhafen. Das hohe Güteraufkommen im Revier verschafft etlichen Werksbahnen, Zechenbahnen und Privatbahnen eine Existenz Thomas Feldmann
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Momentaufnahmen
| DAS EISENBAHN-REVIER
„Du hast’n Pulsschlag aus Stahl ...“ Lange Jahre bestimmte die Schwerindustrie den Lebensrhythmus im Revier. Die Eisenbahn war immer mit dabei: Auf dem eng geknüpften Streckennetz reihten sich Güter- und Reisezüge in dichter Folge hintereinander. Auch das ein Pulsschlag, der das Ruhrgebiet prägte
Wenn der Kohlezug durch den Essener Stadtteil Altenessen stampft, heißt es für Fußgänger, Radfahrer, Autos und manchmal auch die Straßenbahn „warten“. So wie auf dem Foto aus den frühen 1970erJahren, auf dem sich eine 50er ins Zeug legt Dr. Dietmar Beckmann
Pulsschlag aus Stahl mal anders: Bis in die 1990er-Jahre hinein ist Krupp einer der großen deutschen Lokomotivhersteller. Im Februar 1988 läuft die Fertigung der Drehstrom-Ellok 120.1 Thomas Feldmann
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Der Vorläufer der S-Bahn heißt „Ruhr-Schnellverkehr“. Unter diesem Namen richtet die Deutsche Reichsbahn in den frühen 1930erJahren schnelle Zugverbindungen für den Nahverkehr des Reviers ein. Zahlreiche Reisende profitieren von der Verbesserung. Im Jahr 1933 steht 38 1259 mit ihrem Zug in Essen Hbf Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
In diesem Duisburger Supermarkt kauft man mit Eisenbahn-Ambiente ein: Die 221, die im Mai 1982 das Werksgelände von HKMMannesmann verlässt, gehört zum Stadtbild wie die Kirche Thomas Feldmann
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Waschtag im Bahnbetriebswerk Oberhausen Hbf: Der neue Schienenbus-Beiwagen VB 142 263 erhält im Jahr 1954 noch ein wenig Glanz dazu Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung (4)
„... ich häng’ an Dir“ Grönemeyers Hommage an seine Heimatstadt könnte ähnlich für Willi Marotz gelten. Mehrere Jahrzehnte lang, bis in die frühen 1970er, war er als Fotograf der Direktion Essen der Region verbunden. Dabei hielt er fest, was sich bei der Bahn so tat: den Alltag, das Besondere, den Lokalkolorit
Oben: Stillleben mit Stahlwerk: Im Jahr 1956 setzt Willi Marotz die Hüttenwerke Oberhausen mit der Eisenbahn in Szene 2. v. links: Im Ruhrgebiet gibt es nicht allzu oft große Schneemengen, aber im Dezember 1954 hat der Winter dann doch kräftig zugeschlagen. Eisenbahner tauen in Essen Hbf die Weichen auf
Links: Der Akkutriebwagen ETA 150 erobert etliche Nahverkehrsstrecken. Im August 1965 steigen die Fahrgäste in Unna in ETA 150 615 ein, der nach Dortmund Marten Süd fährt. Links steht noch Dampflok 78 234
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Momentaufnahmen
| DAS EISENBAHN-REVIER
„... Du Blume im Revier“ Heute ist vieles anders. Die Schwerindustrie besteht nur noch in kleinen Teilen, neue Branchen kamen dazu, die grünen Flächen wuchsen beträchtlich an. Auch die Eisenbahn hat sich gewandelt: neue Betreiber hier, verlassene Flächen da. Mal blüht der Bahnbetrieb, mal das, was auf seinem ehemaligen Terrain so wächst ...
In den letzten Jahren etablierten sich einige Privatbahnen. Eine davon ist HKX, die mit dem Hamburg-Köln-Express auch das Revier bedient. Im April 2014 eilt 182 536 mit ihrer Wagengarnitur bei Haltern-Sythen dahin Marcus Henschel
Bild oben und unten: Einst war das Bw Gelsenkirchen-Bismarck eine Dampflok-Hochburg. Heute wird das Areal von zwei Museumsvereinen betreut, aber auch die Natur findet sich in dem Gelände gut zurecht – siehe die ehemalige Bekohlungsanlage Dr. D. Beckmann (o.), M. Hubrich
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In ihrer Bedeutung für den Güterverkehr hat die HausKnipp-Brücke bei Duisburg nichts eingebüßt. Gerade überquert eine DB-Ellok 155 mit ihrer Fuhre den Rhein, unten gibt es die „Schafschur“ für die Wiese Michael Hubrich
Rechts: So sieht die moderne S-Bahn aus: Elektrotriebzüge der Reihe 422 surren durchs Land. Auf der Linie S 3 rollen die Vierteiler in Bochum-Dahlhausen an der Ruhr entlang O. Strüber 2. v. rechts: In den letzten Jahren etablierten sich einige Privatbahnen. Eine davon ist HKX, die mit dem Hamburg-Köln-Express auch das Revier bedient. Im April 2014 eilt 182 536 mit ihrer Wagengarnitur bei HalternSythen dahin M. Henschel
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE
Das Streckennetz des Ruhrgebiets 1938, etwa auf dem Höhepunkt der Ausdehnung. Die im Text beschriebenen Strecken sind hier farbig gekennzeichnet Slg. Dr. Dietmar Beckmann
ie Streckenkarte von 1938 macht es offensichtlich. Zwischen Duisburg und Hamm – der Region, die man gemeinhin als das Ruhrgebiet ansieht – besteht ein dichtes, manchmal fast unüberschaubares Streckennetz. Magistralen, Querverbinungen, parallele Strecken, fast alles ist dabei, immer wieder in Verkehrsknoten gebündelt und dann wieder aufgefächert. Ein solches Netz in einer Region gab es in Europa kein zweites Mal.
Streckenkunde D
Ruhr
Die Entstehung des größten europäischen Industrie- und Eisenbahnreviers ist untrennbar mit der Steinkohle verbunden. Genauso geht auch die Schrumpfung des Schienennetzes in den vergangenen 50 Jahren auf die Abkehr von der Montanindustrie und den Strukturwandel im Ruhrgebiet zurück. Ein Blick auf die wichtigsten Strecken im Revier 16
Die ersten Schienen Fast alle dieser Strecken waren binnen eines Jahrhunderts entstanden, von 1831 an. Die Geschichte der Schienenbahnen im Revier ist sogar noch etwas älter. Nachdem man seit 1780 die Ruhr mit Schiffen befahren konnte, entstand 1787 ein neues Transportmittel, um die Kohle von den Stollen zum Fluss zu bringen: der „Rauendahler Schiebeweg“ – die erste Schienenbahn des Ruhrgebietes. Auf
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Legende Prinz-Wilhelm-Eisenbahn (PWE) (Deilbachtalbahn) Köln-Mindener Eisenbahn (KME) Bergisch-Märkische Eisenbahn (BME) Rheinische Güterbahn Rheinische Güterbahn, Ergänzung Heißen – Altendorf Emschertalbahn der CME Emschertalbahn der BME Helenenbahn der BME Hamm-Osterfelder-Bahn
schienen, die gegen den Verschleiß mit 40 Millimeter dicken Flacheisen der Eisenhütte Sterkrade beschlagen waren. Darauf fuhren Wagen mit Eisenrädern nach englischemVorbild, allerdings nicht von Lokomotiven, sondern von Pferden gezogen. 15 Jahre später wurde die Strecke auf Normalspur umgebaut und ab 1847 mit Dampfbetrieb nach Wuppertal verlängert. Dieses älteste Zeugnis der Industrie- und Eisenbahngeschichte des Ruhrgebiets und eigentlich sogar ganz Deutschlands ist im Grundsatz noch vorhan-den. Die historischeTrasse wird heute von der S-Bahn-Linie 9 des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) benutzt und von Triebwagen der Baureihe 422 befahren.
Dampfmaschine und Dampflok Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die oberflächennahen Kohlevorkommen im Ruhrtal erschöpft; der Kohleabbau verlagerte sich in Richtung Norden, wo es weitere Vorkommen gab. Dadurch entstanden zwei neue grundlegende Schwierigkeiten. Zum einen wuchs die Entfernung zur Ruhr und da-
Das 1904 erbaute Empfangsgebäude und der Bahnhofsvorplatz des Gelsenkirchener Hauptbahnhofs im Jahr 1938. Das prächtige Gebäude wurde 1982 wegen eines Straßenbauprojekts abgerissen Slg. Michael Hubrich
ihr wurde Kohle von der Zeche St. Mathias Erbstollen zum Ufer der Ruhr transportiert. An anderen Stellen folgten erste Pferdebahnen mit den gleichen Transportaufgaben. Dazu gehörte ab 1831 auch die erste Eisenbahn Deutschlands, und zwar die 7,5 Kilometer lange Schmalspurbahn (Spurweite 820 Millimeter) mit Pferdebetrieb, die von Unterbyfang über Hinsbeck (Essen-Kupferdreh) durch das Deilbachtal hinauf zum NieBAHN EXTRA 4/2015
renhof bei Bonsfeld führte. Die Deilthaler Eisenbahn (auch Prinz-Wilhelm-Eisenbahn genannt) verband die Zechen Himmelsfürster Erbstollen, Prinz Wilhelm, Steingatt, Prinz Friedrich, Schwarzer Adler, Concordia, Adler und Victoria mit der Ruhr und mit den Kohlenwegen im südlichen Ruhrtal. Für diese Strecke wurde erstmals in Deutschland der Begriff „Eisenbahn“ verwendet, denn der Fahrweg bestand aus Holz-
Das Transportproblem löste die Dampfmaschine auf Rädern: die Dampflok mit zum einzigen zu jener Zeit verfügbaren Transportweg für Massengüter, zum anderen tauchten die ertragreichen Kohleflöze immer tiefer unter die Erdoberfläche ab. Beide Probleme löste die Dampfmaschine, die genau zur richtigen Zeit einsatzreif war. Mit ihr konnten Wasserpumpen und Förderanlagen betrieben werden, so dass es 1834 Franz Haniel gelang, mit einem seigeren (senkrechten) Schacht das wasserführende Deckgebirge zu durchstoßen und die Kohle in den darunter liegenden Flözen abzubauen. Von diesem Zeitpunkt an entstanden die das Landschaftsbild des Kohlenpotts prägenden Fördertürme und -gerüste. Das Transportproblem löste die Dampfmaschine auf Rädern, die Dampflok. Ganz am Anfang standen die Visionen des Eisenbahnpioniers Friedrich Harkort (1793–1873), der bereits 1825 in einem Aufsatz über das Verkehrswesen festgestellt hatte, dass „durch die rasche und wohlfeile Fortschaf-
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE
Im Essener Stadtteil Dellwig verläuft einer der viergleisigen Abschnitte der Köln-Mindener Bahn. Der Bahnübergang sperrt die Ripshorster Straße noch heute viele Stunden am Tag. In den 1970ern gab es hier auch regen Dampfbetrieb Dr. Dietmar Beckmann
Vorgeschichte
Erste Transporte Es lässt sich nicht mehr genau feststellen, wann das erste Mal in der Region Kohle zu Tage gefördert wurde. Sicher ist, dass bereits Mitte des 14. Jahrhunderts Silber und rund 100 Jahre später auch Steinkohle im Tagebau geschürft wurde. Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden die ersten Stollenbergwerke an den Hängen der Ruhr. Die Nutzung dieser Bodenschätze im großen Stil scheiterte aber bis ins 19. Jahrhundert an geeigneten Transportwegen. Die Schiffbarmachung der Ruhr mit 16 Schleusen im Jahre 1780 erlaubte den ersten bescheidenen Kohleexport mit den hier eingesetzten „Ruhraaken“, die 90 bis 165 Tonnen laden konnten. Um das schwarze Gold zu den Wasserstraßen zu bringen, gab es dann 1787 einen ersten Ansatz für eine Schienenbahn.
fung der Güter der Wohlstand eines Landes bedeutend vermehrt wird“. Das noch neue Transportmittel Eisenbahn musste sich aber zunächst gegen den starken Widerstand verschiedenster Interessengruppen, die Bedenken der Kirche und die Verbote des Königs
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von Preußen durchsetzen. Darüber hinaus führte die Finanzierung zu vielen Abstimmungsproblemen zwischen den Aktiengesellschaften und dem preußischen Staat, dessen Regierung zwar für die Baugenehmigungen zuständig war, sich aber finanziell nicht am Bau beteiligen wollte. Erst als man 1841 feststellte, dass es ohne staatliche Beteiligung nicht funktionierte, wollte sich der Staat, wie es heißt, „nach Maßgabe der ihm zur Gebote stehenden Mittel“ beteiligen. Der über die Rheinschifffahrt und die niederländischen Häfen verlaufende Handelsweg war mit hohen Zöllen verbunden. Um einen alternativen zollfreien Transportweg zur Nordsee zu schaffen, mussten Rhein und Weser mit einer Eisenbahn verbunden werden. Die neue Strecke sollte Cöln (ab 1919: Köln) und Minden als Endpunkte haben.
Die Köln-Mindener Eisenbahn Weil der Bau der Bahntrasse weniger kostete, wählte man statt des aufwendigeren Weges über Elberfeld und das Bergische Land (für 57 Millionen Taler) den Umweg weiter nördlich über das flachere Land und entlang des Flusses Emscher (für 39 MillionenTaler). Der preußische Staat weigerte sich, den Bau der Rheinischen Eisenbahngesellschaft zu über-
tragen, und gründete am 18. Dezember 1843 mit der Cöln-Mindener Eisenbahngesellschaft (CME) eine neue Aktiengesellschaft. So war es möglich, dass schon am 15. Mai 1847 die erste Eisenbahnlinie den Rhein mit der Weser verband. Ihr Weg führte von Cöln durch Duisburg, über Oberhausen, Altenessen, Gelsenkirchen,Wanne-Eickel nach Dortmund und weiter über Hamm nach Minden. Die Strecke verlief viele Kilometer nördlich der damals aktiven Zechen und Werkstätten durch dünn besiedeltes Ackerland. Das Industriegebiet, das auch in der Region entlang der Emscher als Ruhrgebiet bezeichnet wird, gab es bei der Eröffnung der Bahnverbindung noch nicht. Es entwickelte sich erst entlang dieser ersten Strecke, die heute als Köln-Mindener Eisenbahn (KME, mit „K“) bezeichnet wird. Große Kohlefelder entdeckte man 1845 in den Bereichen Bergeborbeck und Altenessen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit der Förderung der Kohle im Emschertal begonnen. Es war purer Zufall, dass die neue Eisenbahn direkt über diese großen Kohlefelder verlief und dadurch den Abtransport der hier geförderten Kohle in großen Mengen begünstigte. Es entstanden zahlreiche Zweigstrecken und Anschlussbahnen, die den Verkehr auf der
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„Rotlichtbezirk“ an der Köln-Mindener-Eisenbahn. Nächtliche Gleisbauarbeiten in WanneEickel Hbf im Dezember 2014 Michael Hubrich
In Essen-Katernberg kommt man an dem großen Komplex der Kokerei Zollverein vorbei. Einige Anlagen der ehemals größten Zeche Europas blieben nach der Einstellung der Kohleförderung (1986) und nach der Stilllegung der Kokerei (1993) erhalten; sie sind sogar seit 2001 Weltkulturerbe der UNESCO. Ansonsten hat die Montanindustrie nur Brachflächen mit wild wachsenden Birkenwäldern hinterlassen. Noch in den 1970erJahren wurde direkt an der Strecke Stahl gekocht. Vor der großen Stahlwerksfusion in den 1980er-Jahren arbeiteten in Oberhausen die „Gutehoffnungshütte“ (später Hüttenwerk Oberhausen HOAG) und in Gelsenkirchen der „Schalker Verein“ (später Rheinstahl-Hüttenwerke AG) rund um die Uhr. In
Auch der moderne Reiseverkehr nutzt die Köln-Mindener Eisenbahn. Bei Gelsenkirchen West ist eine Taurus-Ellok mit dem HamburgKöln-Express unterwegs Michael Hubrich
Über die schnurgeraden Gleise der Köln-Mindener Eisenbahn zieht 151 145 einen schweren Zug mit Stahlbrammen durch Essen-Bergeborbeck. Der einst für lange (Militär-) Schnellzüge ausgelegte Bahnsteig ist heute größtenteils ungenutzt und verwildert Michael Hubrich
Stammstrecke gewaltig ansteigen ließen. Die rapide Entwicklung des neuenVerkehrsmittels mit seinen Dampflokomotiven steigerte zudem den Bedarf an Kohle und Eisen; beides brauchte das sich schnell
Die Köln-Mindener wurde zur Haupttransportachse des Industriegebietes ausbreitende Massentransportmittel in großen Mengen. Neue Stahlwerke wurden in unmittelbarer Nähe der neuen Bahnlinie gebaut. Die KME wurde zur Haupttransportachse des schnell wachsenden Industriegebietes. Bereits 1855 lagen allein zwischen Duisburg und Essen-Bergeborbeck 20 Hochöfen, fünf Walzwerke, eine Zinkhütte, eine Kupferhütte, vier Eisengießereien, eine BAHN EXTRA 4/2015
Dampfkesselfabrik und zwei Werke für feuerfeste Steine. Das industrielle Wachstum lockte Tausende von Arbeitskräften in das Gebiet. Die Zechen gaben die Richtung vor. Die KME war der erste und wahrscheinlich entscheidendeVerkehrsweg für die Entwicklung der ganzen Region. Die fast ohne Kurven durch das dicht besiedelte Gebiet verlaufende KME kann man heute jeweils stündlich mit einem Regionalexpress oder mit der S-Bahn bereisen. Da sich hier die Industrie erst in den letzten 30 Jahren endgültig zurückgezogen hat, sind noch Spuren vorhanden und man kann aus dem Zugfenster zahlreiche Hinweise auf das Industriezeitalter erkennen. Dazu gehören die typischen Arbeitersiedlungen, aber auch viele Freiflächen, die nur nach und nach einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Essen wurde auf der Zeche Zollverein Kohle gefördert und Koks gebacken. Im Übergabebahnhof Oberhausen-Hütte warteten die langen Züge mit den Rohstoffen für die Stahlgewinnung auf ihre Abholung und die Züge mit den Fertigprodukten auf den Abtransport. Das alles ist lange vorbei. Dennoch weist die abschnittweise dreiund viergleisige Strecke auch heute einen stattlichen Güterverkehr auf, wobei die Anzahl der Montanzüge stetig abnimmt und Containerzüge das Bild bestimmen.
Die Bergisch-Märkische Hauptbahn Die zweitgrößte Eisenbahngesellschaft im Revier war Mitte des 19. Jahrhunderts die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft (BME). Sie hatte bereits 1848 die Strecke von Elberfeld über Schwelm-Witten nach Dortmund in Betrieb genommen und baute zwischen 1860 und 1862 eine Ost-West-Verbindung quer durch das Ruhrgebiet. Im Gegensatz zur Köln-Mindener Bahn verband sie die großen Stadtzentren miteinander und führte über Duisburg, Mülheim, Essen, Bochum, Langendreer nach Dortmund.
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE
Selbst wenn beim Bau dieser Strecke der ertragreiche Güterverkehr im Vordergrund stand, orientierte sich der Betrieb mit den großen Hauptbahnhöfen auch an den Bedürfnissen des Personenverkehrs. Bis heute hat die Bergisch-Märkische den gesamten hochwertigen Reisezugverkehr an sich binden können. Alle übrigen Strecken spielen für den Personenfernverkehr im Ruhrgebiet praktisch keine Rolle mehr; auch die wichtigsten Regionalexpresslinien und die S-Bahn-Linie S1 nutzen diese Trasse. Im Gegensatz zur KME entdeckt der Reisende auf dieser Strecke nur mit sehr viel Aufmerksamkeit noch Zeitzeugen der einstigen Montanindustrie. Lediglich am nördlichen Horizont tauchen gelegentlich Fördergerüste, Gasometer oder Schornsteine auf. Sonst ist der „Kohlenpott“ gänzlich verschwunden.
Die Rheinische Güterbahn Im Jahr 1865 eröffnete die Rheinische Eisenbahn (RhE) nach der CME und der BME die dritte Hauptbahn in West-Ost-Richtung durch das Revier. Diese nahm den Verlauf von Osterrath über Speldorf, Mülheim-Heißen, Essen Nord und Essen-Kray Nord nach Wattenscheid (später Gelsenkirchen-Wattenscheid) und führte neun Jahre später (1874) nach Dortmund Süd weiter. Abschnittweise verlief sie parallel zur BME-Strecke und
Essen Hbf ist ein wichtiger Halt auf der BergischMärkischen Hauptbahn. Vor einigen Jahren noch fristeten „Bügelfalten110“ hier ihr Dasein mit n-Wagen im Nahverkehr Dr. D. Beckmann (2, auch Bild u.)
Der Essener Hauptbahnhof ist ein wichtiger Zwischenhalt auf der Bergisch-Märkischen HauptDie Privatbahn Abellio betreibt heute mehrere bahn. In den letzten Jahren fristeten „Bügelfalten-110“ auf dieser Strecke mit modernisierten Nahverkehrslinien im Revier, unter anderem auch Silberlingen ihr Dasein im Nahverkehr Dr. Dietmar Beckmann auf der Bergisch-Märkischen. Im Januar 2014 halten zwei FLIRT-Triebwagen in Bochum Hbf Michael Hubrich
Hochwertige Reisezüge rollen bis heute über die Bergisch-Märkische Bahn wurde von der heimischen Industrie maßgebend unterstützt. Diese wollte damit den Wettbewerb unter den Bahngesellschaften stärken, um die Transportkosten zu senken. Mit günstigenTarifen und selbstfinanzierten Anschlussstrecken zu den Industriestandorten gelang es der RhE, einen umfangreichen Montanverkehr an sich zu binden und von den anderen Gesellschaften abzuwerben. Auch die Friedrich Krupp AG übergab bis in die 1990er-Jahre die Produkte ihrer Maschinen- und Lokomotivfabrik im Bahnhof Essen Nord an die Staatsbahn. Diese Stammstrecke der RhE war als einzige zweigleisige Hauptstrecke in den 1970er-Jahren noch nicht elektrifiziert. Dennoch war sie für schwere Durchgangsgüterzüge besonders attraktiv, da sie sich ihre Gleise nicht mit dem öffentlichen Personenverkehr teilen musste. Ferner war sie eine Direktverbindung zwischen den Krupp-Stahlstandorten. 1976 erhielt die Rheinische Güterbahn doch noch den Fahrdraht, bevor sie plötzlich im Jahr 2002 zwischen Mülheim-Speldorf und Essen Nord stillgelegt wurde. Man wollte die Trasse für den Metrorapid nutzen. Doch stattdessen wurde die alte Rheinische in weiten Teilen zum Radschnellweg Ruhr.
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Auf Bochumer Stadtgebiet weist die Rheinische Bahn beträchtlichen Güterverkehr auf. Gelegentlich fahren auch umgeleitete Reisezüge am Fördergerüst des Bergbau-Museums vorbei
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Östlich der Ruhrbrücke führte die Rheinische Bahn in Mülheim über einen gemauerten Stadtdamm; unter dessen Bögen befanden sich auch einige kleine Geschäfte (Aufnahme mit zwei 50ern vom April 1975) Georg Wagner
In der Nähe der Gelsenberg-Raffinerie mussten die Dampfzüge auf der Emschertalbahn der CME Funkenflug unbedingt vermeiden; Aufnahme vom Juni 1976 Dr. Dietmar Beckmann
Um auch die Abfuhr der Kohle aus dem Ruhrtal an sich zu binden, baute die RhE eine Zweigstrecke von Mülheim-Heißen über Essen-Rüttenscheid nach Essen-Rellinghausen und weiter an der Ruhr entlang nach Essen-Steele Süd und Essen-Altendorf. Sie wurde abschnittsweise zwischen 1872 und 1879 in Betrieb genommen. Die Stilllegung geschah ebenfalls in Etappen, 2001 BAHN EXTRA 4/2015
wurde die Strecke schließlich umgewidmet und zu einem Radweg umgebaut. Die einst für die Beförderung von täglich zig-tausend Tonnen Kohle errichtetenTrassen sind heute Radfahrern und Fußgängern vorbehalten.
Die Emschertalbahn der CME Insgesamt wird die Zahl der Zechen, die je im Revier zwischen Ruhr und Lippe existier-
ten, auf rund 3.000 Stück geschätzt. Für die Zechen im Emschertal mussten dabei neue Verkehrswege erschlossen werden. Am 7. November 1871 eröffnete die Köln-Mindener Bahngesellschaft den ersten Abschnitt ihrer Emschertalbahn zwischen Wanne und Schalke. Der nächste Abschnitt von Schalke über Osterfeld nach Sterkrade folgte am 15. November 1872. Die Verbindung von Sterkrade über Neumühl bis zum Endpunkt der Strecke in Ruhrort wurde am 1. Juli 1875 für den Güterzugverkehr freigegeben. Dadurch erreichten Güterzüge den wichtigen Ruhrorter Hafen, um die Kohlen für den Weitertransport über den Rhein umzuladen. Heute ist der westliche Teil der Emschertalbahn, zwischen Wanne-Eickel und Oberhausen-Osterfeld, die am stärksten frequentierte Güterzugstrecke des Reviers. Die Verbindung von Osterfeld über Sterkrade zum Ruhrorter Hafen existiert nicht mehr. Auf der Trasse befindet sich ein Teil des EmscherPark-Radweges (Grüner Pfad), der von Oberhausen-Sterkrade vorbei am Landschaftspark Duisburg-Nord bis nach Duisburg-Meiderich führt. Östlich von Wanne-Eickel
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE
Noch heute steht das Fördergerüst des Schachts 2 der Zeche Haus Aden in Oberaden an der Hamm-Osterfelder Bahn. Nicht selten werden Fernzüge über diese Strecke umgeleitet Dr. Dietmar Beckmann
Überblick
Die Strecken ab 1935 Erst in den 1930er-Jahren waren die Streckenbaumaßnahmen im Ruhrgebiet weitgehend abgeschlossen. Mit rund 1.600 Kilometern Länge erreichte das staatliche Schienennetz des Reviers um 1935 sein größtes Ausmaß. Hinzu kamen noch weit über 1.000 Schienenkilometer von privaten Zechen- und Hafenbahnen der Montan- bzw. der Schwerindustriebetriebe. Die schweren Zerstörungen durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg verlangten eine enorme Wiederaufbauleistung, auch und gerade noch nach 1945. Die Wiederaufbaujahre und die Hochkonjunktur der 1950er- und 1960er-Jahre brachten dem Ruhrgebiet erneut ein hohes Verkehrsaufkommen samt ausgelasteter Güterbahnhöfe und Gleise. Erst der in den 1970erJahren einsetzende Strukturwandel in der Kohle- und Stahlindustrie ließ das Frachtaufkommen abklingen. Mit dem Sterben des Kohlebergbaus wurden große Teile der Eisenbahninfrastruktur im Revier nicht mehr gebraucht, nach und nach stillgelegt und abgebaut.
verlängerte die CME im Jahr 1878 das schon vorhandene Zechengleis zur Zeche Erin in Castrop über Merklinde (Dortmund-Bövinghausen) und Marten (Dortmund-Marten) bis in den Dortmunder Rangierbahnhof. Dadurch hatte die CME eine zweite durchgehende Verbindung zwischen Duisburg und Dortmund, wo man wieder auf die Stammstrecke traf. Der östlich von Wanne gelegene Teil der Emschertalbahn erlangte zu keiner Zeit eine so große Bedeutung wie der westliche Abschnitt. Auf diesem nicht elektrifizierten Streckenteil östlich von Herne fahren heute keine Güterzüge mehr. Er wird allein von
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Der durchgehende Güterzugverkehr auf der Emschertalbahn der BME wurde 1979 eingestellt. Sieben Jahre vorher traf man im Bahnhof EssenKaternberg Nord noch ständig Dampfloks an Dr. Dietmar Beckmann
den Triebwagen der Regionalbahn 43 „Emschertalbahn“ genutzt.
Die Emschertalbahn der BME Die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft wollte das wirtschaftlich wichtige Gebiet im Emschertal nicht allein der starken Konkurrenz überlassen. Sie baute zwischen 1867 und 1870 zunächst eineVerbindung von Bochum über Riemke nach Herne. Am 1. November 1874 eröffnete sie ihre Strecke von Essen über Wattenscheid nach Bochum. Mit der Helenenbahn von Essen BM (später Essen Hbf) über Stoppenberg nach Schalke und Bismarck (Inbetriebnahme am 1. Januar
1875) wollte die BME eine eigeneVerbindung zur Nordsee schaffen. Sie erwarb dazu 1878 die Betriebskonzession für die NWE-Strecke Bismarck – Winterswyk, aber bis zur Verstaatlichung wurde der internationale Verkehr nicht aufgenommen. Am 10. Januar 1876 wurde die Lücke zwischen Schalke Nord und Herne geschlossen und östlich von Katernberg Nord wurde 1879 eine Gleisverbindung nachVogelheim eingeweiht. Es folgte 1880 das letzte Teilstück von Vogelheim über Horl nach Osterfeld. Damit war die fünfte Hauptbahn in Betrieb, die in Ost-West-Richtung durch das ganze Ruhrgebiet verläuft.
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An der Hamm-Osterfelder Güterbahn liegt das neue Trianel-Kohlekraftwerk in Lünen. Im Juli 2010 ist dort Ellok 189 011 mit einem Güterzug von Gremberg nach Seelze unterwegs Philipp Kuhenne
Die Hamm-Osterfelder-Bahn Nach derVerstaatlichung der privaten Eisenbahngesellschaften zwischen 1879 und 1882 war es sinnvoll, die bis dahin weitgehend ungeordnet nebeneinander entstandenen Bahnlinien miteinander zu verbinden. Mehrmals scheiterte gegen Ende des 19. Jahrhunderts dasVorhaben, eine Entlastungsstrecke für die übermäßig stark belegte Köln-Mindener Bahn zu bauen – jeweils wegen zu hoher Baukosten. Der Druck auf die Staatsregierung in Berlin durch örtliche Industrielle wie August Thyssen und den Amtmann de la Chevallerie aus Buer wurde aber so groß, dass im März 1900 Finanzmittel für den Bau bewilligt wurden. Nach fünfjähriger Bauzeit konnte am 1. Mai 1905 die am Nordrand des Reviers verlaufende Strecke zwischen den beiden großen Rangierbahnhöfen Hamm (Westfalen) und Osterfeld (heutiger Stadtteil von Oberhausen) ihren Betrieb aufnehmen. Insbesondere Güterzüge, deren Ziele nicht im Revier lagen, konnten durch die Ausweichmöglichkeit auf die „Hamm-OsterfelBAHN EXTRA 4/2015
der“ viel Zeit sparen. Zusätzlich bekamen die zahlreichen, inzwischen weit nördlich der Emscher abgeteuften Kohlezechen einen Anschluss an das Schienennetz. Auch auf der Hamm-Osterfelder-Bahn hatte der Güterzugverkehr auf der seit 1912 zweigleisig ausgebauten Linie Vorrang vor lokalen Personenzügen. Die 86 Kilometer lange, seit 1967 komplett elektrifizierte Stre-
Die Hamm-OsterfelderBahn dient fast gänzlich dem Güterverkehr cke wird derzeit in weiten Teilen nur von Güterzügen befahren. Personenzüge rollen lediglich westlich von Gelsenkirchen-Buer. Mit dem Fahrplanwechsel Ende Mai 1983 wurde der zuletzt mit Akkutriebwagen der Baureihe 515 gefahrene Personenverkehr zwischen Gelsenkirchen-Buer, Recklinghausen Hbf und Hamm Hbf eingestellt. Ab Ende 2019 soll aber eine neue S-Bahn-Linie über Herten nach Recklinghausen fahren. Die Hamm-Osterfelder führt überwiegend durch die Felder des nördlichen Reviers. Ausblicke auf die Kokerei Prosper in Bottrop, die Kraftwerke in Gelsenkirchen-Scholven, Bergkamen oder Datteln sowie die Durchfahrten durch aufgelassene Güterbahnhöfe in Westerholt, Herten, RecklinghausenSuderwich, Datteln, Oberaden oder Waltrop erinnern daran, dass die Region zum Ruhrgebiet gehört und hier einst die Kohlenzüge der Zechen umgesetzt wurden.
Das Streckennetz heute Vergleicht man das Netz, wie es aktuell besteht, mit der eingangs gezeigten Streckenkarte von 1938, so ergeben sich unweigerlich Lücken. Der erwähnte Strukturwandel ließ etliche Verbindungen entbehrlich werden; das Revier hat sich hinsichtlich des Eisenbahn-Angebots erheblich gewandelt. Aber auch auf den verbliebenen Strecken lässt sich heute noch ein reger Betrieb beobachten, nicht zuletzt ein abwechslungsreicher und mitunter sehr dichter Güterverkehr. Dr. Dietmar Beckmann/MHG/GM
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Die vollkommen unkoordinierte Entwicklung des Eisenbahnnetzes im Ruhrgebiet selbst nach der Verstaatlichung der großen Bahngesellschaften in den Jahren 1879 bis 1882 lässt sich an einem Beispiel beweisen: der Stilllegung und dem Abbau der BergischMärkischen Emschertalbahn anno 1886. Lediglich neun Jahre später wurden auf derselben Trasse wieder Schienen verlegt und die Strecke erneut in Betrieb genommen. Danach galt die reine Güterzugstrecke 80 Jahre lang als unentbehrlich. 1979 wurde das Mittelstück zwischen Essen-Vogelheim und Essen-Katernberg Nord ein zweites Mal stillgelegt, nun aber vermutlich für immer. Auf den übrigen beiden Stichstrecken ist ein bescheidener Güterverkehr verblieben. Anhand dieser Teilentwicklung, der späteren Verstaatlichung, den Zerstörungen in zwei Kriegen und den Stilllegungen von einzelnen Verbindungen im Laufe der letzten Jahrzehnte ist ersichtlich, dass das Schienennetz der Emscherregion heute in weiten Teilen keine klare Linienführung aufweist.
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Unterwegs
| LOKFÜHRER IM RUHRGEBIET FRÜHER
Oft um den Kirchturm herum In den frühen 1970er-Jahren arbeitet Peter Schricker als Lokheizer im Bw Duisburg-Wedau. Seine Dampflok-Einsätze sind die typischen jener Jahre: Güterzüge des Montanverkehrs, meist auf kurzen Distanzen eonlicht – ein Gang, weiß gefliest –, die Zeiger der Uhr an der Decke rücken auf drei Uhr vor.Wir sind in den frühen 1970er-Jahren. Das Ruhrgebiet kennt keine Nacht. Das Räderwerk aus Zechen, Stahlwerken, Kokereien und Eisenbahn ist pausenlos im Einsatz; die Montan- und Schwerindustrie der alten Bundesrepublik bäumt sich nochmal zu einem Boom auf. Das Bahnbetriebswerk Duisburg-Wedau und seine Lokmänner sind fester Bestandteil dieses Getriebes. Und ich auch, seit ich dort eine Stelle als Lokheizer angenommen habe.
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Fahrten über kurze Distanzen Meine zivilen Klamotten sind im Spind verschwunden, getauscht gegen schwarze Jacke und Hose. Zusammen mit „meinem“ Lokführer wechsle ich vom Umkleideraum in die Lokleitung – Dienstbeginn: 2.58 Uhr. Der Kollege hinter der Glasscheibe trägt unsere Meldung zum Dienst ein. Wir bekommen eine 50er für Zug 9053 zugeteilt, einen Ganzzug des Brennstoffverkehrs aus Frankreich ins Ruhrgebiet. Um 3:58 Uhr soll er im weitläufigen Rangierbahnhof Duisburg-Wedau eintreffen. Zügig rüsten wir unsere Lok für die Fahrt auf, machen uns auf den Weg zum Übergabestellwerk und melden uns an.Wenig später leuchten die beiden weißen Lampen des Wär-
Die Ellok 140 zieht an uns vorbei; jetzt sind wir bei dem Güterzug dran tersignals auf. Wir rollen los, fädeln uns in das von Zügen gesteckt volle nächtliche Gleisfeld des Rangierbahnhofs ein und tasten uns über viele Weichen bis zu dem Gleisstutzen vor, auf dem wir die Ankunft des Großgüterwagenzugs abwarten. Es dauert nicht lange, da zieht die abgekuppelte 140er-Ellok surrend an uns vorbei. Der Wedauer Kollege, der die lange Schlange aus Fad-Wagen aus Koblenz an den Rand des Ruhrgebiets gebracht hat, schenkt uns einen kurzen Gruß; jetzt sind wir an der Reihe. Wir setzen unsere Lok an den Zug, kuppeln an, Bremsprobe, Fertigmeldung, das Ausfahrtsignal schwenkt auf „zwei Flügel“ ... Züge wie Gdg 9053 sind in keinem der festen Dienstpläne für Lokpersonale enthalten. Ihre Verkehrstage und die Lieferzechen
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Stellwerk 8 war die Schnittstelle zwischen Bw und Rangierbahnhof Wedau. An der Sprechstelle (rechts) meldeten sich die Lokomotivführer. Mit dem Wärtersignal erlaubte der Stellwerker mittels Lichtsignal Sh 1 die Weiterfahrt in den Bahnhofsbereich (Oktober 1974)
an der Ruhr werden in monatlich erscheinenden Fahrplananordnungen bekanntgegeben. Gdg 9053 kann somit mehrere Wege nehmen: unter Fahrdraht mit einer 140 weiter über Bottrop Hbf – Gladbeck West – Recklinghausen Ost – Hamm Rbf nach Bönen oder via Gelsenkirchen-Bismarck – Herne nach Castrop-Rauxel Hbf; oder es wird von der 140 auf eine Wedauer 50er umgespannt, die den bis zu 1.200Tonnen schweren Zug auf der nichtelektrifizierten Güterbahn über Block Katzenbruch – MülheimSpeldorf – Mülheim-Heißen – Essen Nord – Essen-Kray Nord bis Gelsenkirchen-Watten-
Der Autor
Peter Schricker Peter Schricker, Jahrgang 1953, ist im Schulwesen tätig. Als Schüler und Student arbeitete er verschiedentlich bei der Bundesbahn, unter anderem in den frühen 1970er-Jahren als Lokheizer im Ruhrgebiet.
scheid bringt. So wie bei uns heute; 28,7 Kilometer Strecke, Planankunft 5:12 Uhr. Im Zielbahnhof Wattenscheid weiß man schon über unseren nächsten Einsatz Bescheid. Wir bekommen den Auftrag, zuerst mal als Lokzug ins Bw Wanne-Eickel zu dampfen. Dort folgen die nächsten Informationen. So ist es auch: Nach Feuerputzen, Wasser- und Kohlenfassen sowie einer kurzen Ruhe nehmen wir einen Programmzug nach Bottrop Süd an den Haken; 13 Kilometer über Abzweig Bickern – Gelsenkirchen-Schalke – Essen-Karnap. Von dort schickt man uns als Lokzug weiter zum Übergabebahnhof der Zeche Hugo in Gelsenkirchen, wo ein neuer Ganzzug (Gdg) zum Anschluss Mannesmann in DuisburgHochfeld Süd wartet. Er hat heute eine geringere Zuglast, deshalb genügt eine 50er statt einer 44er. Wir fahren damit die Strecke Gelsenkirchen-Bismarck – Bottrop Süd – Abzweig Prosper Levin – Essen-Frintrop – Abzweig Walzwerk – Abzweig Mathilde – Sigle Bbf – Abzweig Lotharstraße, dann erreichen wir Duisburg-Hochfeld Süd. Es ist auch diesmal keine lange Strecke, aber wir müssen immer wieder vor Halt zeigenden Signalen warten. In Duisburg-Hochfeld Süd hält man schon einen Leerzug ins Angertal nach Flandersbach für uns bereit – eine Standardleistung der Wedauer Personale. Unser Dienst
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endet allerdings in Wedau, wo im Güterbahnhof die ablösenden Kollegen am Gleis bereit stehen.
Die Einsätze der letzten Jahre Die Arbeit der Duisburger Lokführer unterscheidet sich in jener Zeit nicht wesentlich von der ihrer Kollegen in Wanne-Eickel, Gelsenkirchen-Bismarck, Hamm oder Oberhausen-Osterfeld Süd. An manchen Tagen bekommt man Leistungen nur „um den Kirchturm herum“, so wie wir bei unserem Frühdienst. Manchmal gibt es nicht einmal diese Güterzugfahrten über kurze Distanzen, sondern man muss sich am Ablaufberg oder mit einem Arbeitszug begnügen oder Rangierdienst auf den 260 und 290 im Güterbahnhof leisten. Es geht aber auch anders, denn meistens sind die Männer auf ihren 44ern und 50ern im Zugleitungsdienst im Revier unterwegs: zu den zahlreichen Zechenanschlüssen, kreuz und quer auf den nichtelektrifizierten Nebenstrecken. Hauptarbeitsfeld sind die ruhrgebietstypischen Züge des Erzpro-
gramms, des Bezirks-Brennstoffverkehrs und des Mineralölverkehrs. Das kann ebenso etwas längere Dampflok-Fahrten einschließen, zum Beispiel auf der Hauptbahn über die Abzweigung Hardt auf die Strecke Düsseldorf – Wuppertal bis zum Mannesmann-Kalkwerk in Neanderthal, zum Beispiel nach Köln, nach Dortmund oder nach Hamm Rangierbahnhof, wo in der Bw-Kantine rund um die Uhr eine saftige Bockwurst auf einen wartet. Und der Zugleitungsdienst bietet noch mehr Möglichkeiten, etwa den Einsatz auf einer 140. Wenn die Lokführer die Ausbildung für die Ellok haben, kommen sie mit der Maschine auf der rechten Rheinstrecke nach Koblenz oder gar Mainz-Bischofsheim, nach Rheine über Recklinghausen, nach Osnabrück, Richtung Paderborn, nach Emmerich und Mönchengladbach. Daneben gibt es feste Pläne mit Diensten auf 140ern und 50ern auf diesen Strecken (oder Teilen davon). Selbst Fernreisezüge mit 103 oder 110 und Nahverkehrsleistungen mit 141 oder 430 sind im Pensum der Wedauer Lokführer
enthalten. Und das, obwohl das Bahnbetriebswerk Duisburg-Wedau eigentlich ein Güterzuglok-Betriebswerk ist.
Ende für die Dampflok In den frühen 1970ern steht jedoch der Abschied der Dampflok kurz bevor. 1977 endet der Dampfbetrieb, im selben Jahr wird das Bahnbetriebswerk als selbstständige Dienststelle aufgelassen. Der Strukturwandel und Rationalisierungsmaßnahmen bestimmen die Entwicklung. Heute, knapp vier Jahrzehnte später, hat die Natur meine einstige Dienststelle zurückerobert. Im ehemaligen Bw Duisburg-Wedau sagen sich Fuchs und Has „gute Nacht“. Ich aber bin froh, dass ich noch die Dampf-Zeit dort miterleben konnte. Die Zeit des klassischen Ruhrgebiets.
Feuer putzen, Rost entschlacken, Sand, Kohle und Wasser nachfassen – Lok 50 2857 wird nach getaner Arbeit im Bw Wedau für den nächsten Einsatz restauriert. (Oktober 1974) Aufnahmen: Peter Schricker bzw. Slg. Peter Schricker
Auszug aus dem Buchfahrplan Heft 65 der BD Essen; er enthielt ausschließlich Züge des Programmverkehrs
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Einst und Jetzt
| DIE BAHNDIREKTION IN ESSEN
Fürs
Revier und mehr
Eisenbahn im Ruhrgebiet – für viele Jahrzehnte war dies gleichzusetzen mit der Eisenbahndirektion in Essen, von der aus die Betriebsabläufe geregelt wurden. Umstrukturierungen bei der DB brachten dieser jedoch im Laufe der 1990er-Jahre das Aus ls das Eisenbahnzeitalter zwischen Rhein und Ruhr begann, waren es wie in vielen anderen Regionen private Gesellschaften, welche die Initiative ergriffen. In den 1840er-Jahren entstanden die ersten Strecken. Noch um 1855 war das Streckennetz recht dünn und wenig zusammenhängend, doch in den folgenden zwei Jahrzehnten explodierte es förmlich. Die in immer größerer Zahl entstehenden Zechen, Hütten- und Stahlwerke sowie weitere Betriebe der eisenverarbeitenden Industrie boten den geeigneten „Nährboden“ für die Entwicklung eines regelrechten Teppichs aus
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Eisenbahnstrecken, Rangierbahnhöfen und Verladeanlagen.Teilweise verliefen die Strecken direkt nebeneinander – Zeichen eines harten Konkurrenzkampfes der einzelnen Bahngesellschaften. Allen voran rangen die Cöln-Mindener (CME) und die BergischMärkische Eisenbahngesellschaft (BME), aber auch die Rheinische Eisenbahngesellschaft (RhE) um Kunden. Dass aus der einst von der Landwirtschaft und kleineren Betrieben geprägten Region innerhalb weniger Jahre eines der wichtigsten Zentren der Montanindustrie in Europa werden würde, war nicht zuletzt das Ver-
dienst der Eisenbahn. Erst sie schuf schnelle Transportmöglichkeiten für Rohstoffe und Stahlerzeugnisse; viele Firmen stiegen damit auf vom kleinen Industriebetrieb zum Großunternehmen mit vieltausendfachem Tonnageaufkommen und engmaschigen Wirtschaftsbeziehungen. Im Jahr 1879 hatte allein das Netz der drei großen Privatbahnen an der Ruhr rund 3.700 Kilometer Gesamtlänge. Davon verfügte die CME über rund 1.100 Kilometer, die beiden anderen Gesellschaften jeweils über etwa 1.300 Kilometer Strecke. Ergänzt wurde das nahezu unüberschaubare Gleisnetz der Privatbahnen noch durch innerbetriebliche Bahnen der großen Unternehmen.
Der Weg zur Bahn-Direktion Bis dato führten die Privatbahnen im Ruhrgebiet Betrieb wie Verwaltung selbstständig und in Konkurrenz miteinander durch. Sie agierten im Interesse der Aktionäre und notfalls auch auf Kosten der Allgemeinheit. Die
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In diesem Gebäude nahe des Bismarckplatzes in Essen hatte die Direktion ab 1898 ihren Sitz. Der Bau wurde auch noch zu Bundesbahnzeiten genutzt Slg. Josef Kempiak
Güterverkehr für die Montanindustrie und Nahverkehr im Ballungsraum – das prägt den Bahnbetrieb im Ruhrgebiet und im Netz der Direktion Essen. In den frühen 1970er-Jahren passieren zwei 044Dampfloks mit ihrem Erzzug Essen Hauptbahnhof, wo eine 141 mit ihrem Nahverkehrszug auf die Abfahrt wartet Dr. Dietmar Beckmann
Hamm markiert traditionell den östlichen Rand des Reviers. Die im Ersten Weltkrieg verschickte Postkarte zeigt noch das erste, burgartige Empfangsgebäude Slg. Oliver Strüber
Siegelmarke der KED Essen aus der Zeit vor 1914 Slg. Oliver Strüber
Privatbahnen besaßen eine geradezu monopolartige Macht über die wichtigen Strecken im Revier; erbittert wehrten sie sich gegen staatliche Pläne zu einer einheitlichen Tarifgestaltung oder einer Zusammenarbeit. Andererseits machten die Erfahrungen aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und die militärische Bedeutung der Eisenbahn deutlich, wie dringend eine staatliche Regelung benötigt wurde. Mit Gesetz vom 20. Dezember 1879 ging als erste der „Großen Drei“ im Revier die CME in staatliche Regie über. Ihr folgten 1880 die RhE und 1882 schließlich die BME, deren endgültige Auflösung sich noch bis 1886 hinzog. Schnell nahm die neu gegrünBAHN EXTRA 4/2015
dete Preußische Staatsbahn erste Anpassungsarbeiten vor. So richtete sie zum Zwecke einer einheitlicheren Wagendisposition zum 1. November 1880 in Mülheim an der Ruhr ein „Königliches Wagenamt“ ein; damit ließen sich die Waggons rascher verteilen, man konnte besser auf die Bedürfnisse der Industrie reagieren. Schon Anfang 1881 wurde das Wagenamt nach Essen verlegt. Schwierig war die Schaffung eines übergeordneten Verwaltungsapparates, denn statt der bisherigen linienbezogenen wollte man nun eine flächenmäßige Aufteilung der Strecken durchführen. Mit Wirkung vom 1. April 1881 entstanden die beiden Königlichen Eisenbahndirektionen (KED) zu Cöln, linksrheinisch und rechtsrheinisch. Neben den jeweiligen Strecken der CME und der RhE flossen in sie auch Teile der ehemaligen Westfälischen Eisenbahn sowie die MünsterEnscheder Eisenbahn ein; ebenso wenig später die Strecken der BME. In den folgenden
Jahren richtete die rechtsrheinische Direktion in ihrem Bezirk mehrere Königliche Eisenbahnbetriebsämter ein, darunter eines in Essen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Bauund Betriebsverwaltung, die Abwicklung der
Der Anfang: Nach 1881 erhielt Essen ein Eisenbahnbetriebsamt Rechtsangelegenheiten sowie die bahnpolizeiliche Aufsicht. Um wirtschaftlich zusammenhängende Direktionen zu schaffen, wurden die Eisenbahnbetriebsämter gemeinsam mit allen bisherigen KED jedoch zum 1. April 1895 wieder aufgelöst und die preußische Staatsbahn in insgesamt 20 Königlichen Eisenbahndirektionen neu organisiert. Dabei ging die neue Königliche Eisenbahndirektion Essen an der Ruhr – ebenso wie die Direktionen Frankfurt am Main, Münster in Westfalen
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Einst und Jetzt
| DIE BAHNDIREKTION IN ESSEN
Bis weit in die 1970er- und 1980er-Jahre hinein gibt es im Bereich der BD Essen ein beachtliches Güteraufkommen. Im April 1979 erreichen 221 112 und 221 114 mit ihrer Kesselwagenfuhre Gelsenkirchen-Hugo Georg Wagner
und Elberfeld – aus der bisherigen rechtsrheinischen Cölner Direktion hervor. Das „Essener Streckennetz“ umfasste 941 Kilometer Länge; es reichte im Westen bis Duisburg, im Norden bis an den Niederrhein, im Osten bis ans Münsterland und im Süden bis kurz vor den Beginn des Bergischen Landes. Damit deckte es einen Großteil der Region ab, die man als Ruhrgebiet bezeichnete, sowie einige weitere Gebiete dazu. 1897 begann der Neubau eines Hauptbahnhofs für Essen; schon ein Jahr darauf wurde unweit davon das ebenfalls neue Direktionsgebäude am Bismarckplatz fertig gestellt.
Aus KED wird RBD Der Erste Weltkrieg brachte für die KED Essen neben zusätzlichen Transportleistungen in Richtung Front auch erhebliche Fahrzeugabgaben an die Militär-Eisenbahndirektionen. Nach dem Krieg änderten sich die Verhältnisse grundlegend: So mussten große Verluste an Personal und Fahrzeugen kompensiert und weiteres rollendes Material als Reparationsleistung abgetreten werden. Und auch diesmal hatten die Kriegserfahrungen ihren Teil dazu beigetragen, die Ver-
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Die Ausdehnung der BD Essen bis zum Jahr 1975 zeigt diese Grafik; sie repräsentiert das „Kernnetz“ der Direktion, zu dem fast das gesamte Ruhrgebiet gehört. Nach 1975 wuchs das Streckennetz auf den dreifachen Umfang an Slg. Oliver Strüber
einheitlichung der deutschen Eisenbahnen voranzutreiben: Zum 1. April 1920 wurden die Länderbahnen zu den Deutschen Reichs-
Die Reichsbahndirektion hatte in den ersten Jahren viele Hürden zu meistern eisenbahnen, der späteren Deutschen Reichsbahn, zusammengefasst. „Königlich“ oder „herzoglich“ waren sie schon seit Kriegsende nicht mehr. Gerade die 1920er-Jahre bedeuteten für die Essener Eisenbahndirektion große neue
Bürden: Im Januar 1923 besetzten französische und belgischeTruppen das Rhein-RuhrGebiet, um sich so ein Druckmittel gegenüber der Reichsregierung zu sichern und mehr Reparationsleistungen einzufordern. Es kam zu Eingriffen in den Eisenbahnbetrieb, indem Züge auf der freien Strecke von Soldaten angehalten und kontrolliert wurden. Am 2. Februar verlegte man die neue Reichsbahndirektion (RBD) Essen ins nicht besetzte Hamm; im besetzten Direktionsbereich übernahmen daraufhin unter großem passiven, zum Teil auch aktiven Widerstand der Bevölkerung und der Eisenbahner die so
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Betrieb während der Ruhrbesetzung: Französische Soldaten haben 1923 einen Zug an der Wittener Straße in Bochum zwecks Kontrolle angehalten – auf freier Strecke! Presseamt Bochum
genannten „Regiebahnen“ den Betrieb, mit Sitz zunächst in Düsseldorf, später in Mainz. Erst am 26. September 1924 endete der passive Widerstand und wenige Tage darauf kehrte die Eisenbahndirektion an ihren Stammsitz Essen zurück. Zum 16. November 1924 übernahm die Reichsbahn wieder die Abwicklung des Verkehrs. Die RBD Essen bildete eine der verkehrsstärksten Reichsbahndirektionen überhaupt: Die ganze Region wurde von der Kohleförderung und Eisenproduktion bestimmt, entsprechend engmaschig war besonders
der Güterverkehr als Lebensader der Industrie. Dazu kam noch der Hafen in DuisburgRuhrort, der größte Binnenhafen Europas mit entsprechendem Güterumschlag und ausgedehnten Gütergleisen zum An- und Weitertransport der Massengüter. Infolge der Industrialisierung zeigte sich das Ruhrgebiet stark besiedelt; mit über 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer war die Bevölkerungsdichte damals etwa acht Mal so hoch wie im deutschen Durchschnitt (132) – ein riesiges Potenzial, das auch durch die Reichsbahn tagtäglich zu ihren Arbeitsplät-
zen befördert sein wollte. Bis zu 200 Züge täglich bedienten die größten Bahnhöfe der Direktion in Duisburg, Essen, Oberhausen, Dortmund und Wanne-Eickel. 1929, in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, zählte die RBD Essen 1.241,24 Kilometer Streckenlänge sowie 212 Bahnhöfe und Haltepunkte. Beschäftigt waren Mitte 1930 allein bei ihr 33.027 Arbeiter, Angestellte und Beamte. Schlagzeilen machte die Direktion zu Beginn der 1930er-Jahre, als sie den Nahverkehr mit einer Innovation voranbrachte. Der „RuhrSchnellverkehr“ war eine schnelle Nahverbindung mit festem Fahrplan und kurzer Zugfolge. Die Züge fuhren ab Oktober 1932 zunächst zwischen Essen und Dortmund, ab Mai 1933 auch zwischen Duisburg und Essen sowie von Duisburg über Oberhausen und Wanne-Eickel nach Dortmund.
Die Zeit nach 1945 Der Zweite Weltkrieg und seine Auswirkungen trafen das Ruhrgebiet als kriegswichtigen Wirtschaftsstandort besonders stark – und damit auch die RBD Essen.Von den Zerstörungen waren besonders die großen Rangierbahnhöfe Hamm, Wanne-Eickel und Oberhausen betroffen; zudem waren viele Ruhrbrücken gesprengt und eine Vielzahl der Hochbauten schwer beschädigt oder dem Erdboden gleichgemacht worden. Der
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Einst und Jetzt
| DIE BAHNDIREKTION IN ESSEN
schwierige Wiederaufbau kam dennoch schnell in Gang, spielte doch das Ruhrgebiet mit seiner Schwerindustrie eine bedeutende Rolle dabei, die deutsche Wirtschaft in den drei westlichen Besatzungszonen zu beleben. Unerlässlich war dabei ein leistungsfähiges, funktionierendes Streckennetz – wieder kam der nunmehrigen Eisenbahndirektion (ED) Essen eine Schlüsselposition im (westdeutschen) Verkehrsgeschehen zu.
Arbeit als Bundesbahndirektion Im Jahr 1951 wurde aus der ED eine BD, eine Bundesbahndirektion. Sie zielte nicht nur darauf ab, den vielfältigenVerkehr des „Wirtschaftswunders“ abzuwickeln, sondern auch
Im Jahr 1952 erfasst das Hochbaudezernat der BD Essen die Anlagen im Direktionsbezirk. Dabei inspiziert der Mitarbeiter auch das noch vom Krieg gezeichnete Bw Dortmund-Dortmunderfeld Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
längst überfällige Modernisierungen und Rationalisierungen anzugehen. Wichtige Schritte hierzu waren die Beschaffung zeitgemäßer Fahrzeuge, Investitionen in Gleisbau und Sicherungstechnik sowie vor allem die 1957 beginnende Elektrifizierung. Hatte die Wirtschaft zu dieser Zeit noch der Bundesbahn Jahr für Jahr ein erhebliches Verkehrsaufkommen beschert, so setzten in den 1960er-Jahren die Montankrise und das Zechensterben ein. Die Entwicklung traf gerade die BD Essen besonders stark. Sie musste teils empfindlicheVerkehrseinbußen bei den Massengütern hinnehmen. Zugleich ging die DB Ende der 1960erJahre daran, ihre interne Struktur zu reformieren. Eine der Maßnahmen betraf die Neugliederung der Direktionen – deren Zahl sollte verringert werden. Davon „profitierte“ die flächenmäßig sehr kleine, verkehrlich aber überaus starke BD Essen. In drei Schritten wurden ihr bis zum 1. September 1975 Teile der aufgelösten Bundesbahndirektionen Hannover, Münster und Wuppertal zugeschlagen. Auf diese Weise vergrößerte sich ihr Direktionsbereich flächenmäßig auf das Dreifache! Er reichte nun weit über das
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Eines der namhaften Bahnbetriebswerke im Bereich der Bundesbahndirektion Essen ist das Bw Oberhausen-Osterfeld Süd. Im Februar 1959 stehen dort 50 232 und 50 1009 zum Bekohlen Willi Marotz/Bildarchiv d. Eisenbahnstiftung
Daten, Fakten, Zahlen
Überblick – Struktur der BD Essen 1971 Bundesbahn-Betriebsämter Bochum: 8 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Dortmund 1: 8 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Hochbaubahnmeisterei, 1 Signalmeisterei Dortmund 2: 10 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Brückenmeisterei, 1 Signalmeisterei Duisburg: 4 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Hochbaubahnmeisterei, 1 Signalmeisterei Essen 1: 4 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Essen 2: 5 Bahnhöfe, 3 Bahnmeistereien, 1 Hochbaubahnmeisterei, 1 Signalmeisterei, 1 Fernmeldemeisterei Hamm (Westf): 8 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Oberhausen 1: 5 Bahnhöfe, 4 Bahnmeistereien, 1 Hochbaubahnmeisterei, 1 Signalmeisterei Oberhausen 2: 7 Bahnhöfe, 5 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Paderborn: 9 Bahnhöfe, 3 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Recklinghausen: 22 Bahnhöfe, 5 Bahnmeistereien, 1 Signalmeisterei Bundesbahn-Maschinenämter Dortmund: 2 Bahnbetriebswerke, 2 Bahnbetriebswagenwerke, 1 Fahrleitungsmeisterei Duisburg: 3 Bahnbetriebswerke, 2 Bahnbetriebswagenwerke, 1 Fahrleitungsmeisterei Essen: 3 Bahnbetriebswerke, 2 Bahnbetriebswagenwerke, 1 Kraftwagenbetriebswerk, 1 Fahrleitungsmeisterei Hamm (Westf): 2 Bahnbetriebswerke, 1 Bahnbetriebswagenwerk, 1 Fahrleitungsmeisterei Bundesbahn-Neubauämter Dortmund, Duisburg,Essen Bundesbahn-Ausbesserungswerke Duisburg-Wedau, Paderborn,Witten Sonstige Stellen Gleislager Duisburg-Wedau, Schwellenbearbeitungswerk Bottrop, Bundesbahnschule Bochum
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Mit der Einführung der S-Bahn modernisiert die BD Essen ab Ende der 1960er-Jahre Schritt für Schritt den Nahverkehr im Revier. Den Anfang im Ruhrgebiet macht das Teilstück Essen Hbf – Ratingen Ost der S 6; oben im Bild der Eröffnungszug in Essen Hbf am 26. Mai 1968. Links eine Broschüre zum S-Bahn-Start in Dortmund 1983 Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung (o.); Slg. Oliver Strüber
„Kernland Ruhrgebiet“ hinaus und umfasste auch entferntere Regionen. Im Norden wurde das komplette Münsterland angegliedert, im Nordosten reichte der Direktionsbezirk bis über Bielefeld hinaus und im Süden erstreckte er sich über das Sauer- bis ins Siegerland nach Siegen. In der Zwischenzeit hatten dieVerantwortlichen bei der Direktion auch im Betriebsablauf Fortschritte erzielt. So wurden die Verkehrsströme neu verteilt, etwa, indem man die frühere „Bergisch-Märkische“ von Duisburg über Essen und Bochum nach Dortmund weitgehend vom Güterverkehr entlastete und diesen über die einst konkurrierenden Routen weiter nördlich leitete. Durch den Aufbau eines eigenen S-Bahn-Netzes mit separaten Gleisen gelang es ab Ende der 1960er-Jahre, den Fern- und Bezirksreiseverkehr zu entflechten. Mitte der 1970er-Jahre kam der Abschied vom Dampfbetrieb – groß gefeiert 1977 in Gelsenkirchen-Bismarck.
Die „letzten Jahre“ Inzwischen sanken die Transportzahlen im Güterverkehr weiter. Mit 101,9 MillionenTonBAHN EXTRA 4/2015
nen im Wagenladungsverkehr lag die BD Essen aber auch 1982 an der Spitze aller Bundesbahndirektionen; der Wert entsprach immerhin 37 Prozent der Gesamttonnage der DB! Nach wie vor bildeten die Montangüter Kohle, Eisen und Stahl sowie die für deren Verarbeitung notwendigen Zuschlagstoffe den Löwenanteil desTransportaufkommens. Mit neun Containerumschlaganlagen war die BD aber auch bereits für moderne Trans-
Die BD Essen war noch 1982 im Güterverkehr bundesbahnweit Spitze portaufgaben gut gerüstet – ein Bereich, in dem sie sich gut behaupten konnte, trotz des wachsenden schweren Güterverkehrs auf der Straße. Dennoch sollte das Ende der BD Essen bald folgen. Die deutsche Wiedervereinigung und der einige Jahre danach vollzogene Zusammenschluss von DB und DR zur Deutschen Bahn AG führten erneut zu grundlegenden Umwälzungen in der internen Struktur der Bahn. Auf der Strecke blieben dabei
die Direktionen: Zum 1. Januar 1994, mit der Gründung der DB AG, wurde die BD Essen aufgelöst und in die neu geschaffenen Regionalbereiche aufgeteilt. Mehr und mehr Dienststellen zogen bis 2003 aus dem altehrwürdigen Dienstgebäude am Essener Bismarckplatz aus. Heute wird es von einem Service-Center der Deutschen Bank genutzt. An die wichtige „Direktion des Reviers“ erinnert nicht mehr allzu viel. Oliver Strüber/GM
Die Reisefahrpläne der BD Essen wurden in den Kursbüchern WestfalenRuhr veröffentlicht Slg. Josef Kempiak
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Unterwegs
| MONTANVERKEHR UND EISENBAHNFREUNDE
Für die Beförderung des „Dicken“ musste das Feuer richtig gut brennen Fotos, wenn nicht anders vermerkt: Dietmar Beckmann
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„Mitfahrer“ auf Montanzügen In den frühen 1970er-Jahren begeistert sich der jugendliche Dietmar Beckmann für die Eisenbahn des Reviers.Vor allem die Dampflokomotiven haben es ihm angetan. Manchmal darf er sogar auf dem Führerstand dabei sein, wenn sie ihre schwere Fuhre in Angriff nehmen; fast immer sind es Züge des Montanverkehrs nfang der 1970er-Jahre hatte sich die auch eine gewisse Freude an, wenn ich als Montanindustrie bereits aus weiten 16-jähriger Pennäler quer über die Gleise Teilen des Ruhrgebiets zurückgezo- eines Güterbahnhofs kletterte und um die gen. Im Süden der großen Städte, vor allem Mitfahrt auf der Maschine bat. Irgendwie beentlang der Ruhr, waren saubere und attrak- deutete das eine Ehre für sie (und für mich ja tive Gewerbe-, Wohn- und Erholungsgebiete sowieso). entstanden, die in das weitverbreitete KliAn einem trüben Novembertag des Jahres schee dieses Industriegebiets überhaupt 1972 hatte ich mich im Bahnhof Bottrop Süd nicht mehr hineinpassten. Aber gerade ein- eingefunden und höflich angefragt. Vom mal zehn Kilometer weiter nördlich, in einem „Meister“ kam auf meine Frage die typisch breiten Streifen entlang der Emscher, gab es raue Antwort: „Mach Dich aber nicht ihn doch noch, den Kohlenpott mit seinem schmutzig!“. Gleichzeitig hielt er mir die unverwechselbaren, durch die Montanindus- bauchhohe Klapptür zwischen Lok und Tentrie geprägten Flair. Hier standen unver- der einladend auf. Oben angekommen, beändert die grauen und ziegelroten Hallen der Schwerindustrie, hier ragten nach wie vor die typischen Fördergerüste und die qualmenden Schlote in den Himmel. Es wurde Kohle gefördert, Koks gelöscht und Stahl gekocht. Überall rauchte und dampfte es, über kam ich sofort einen Ballen Putzwolle in die den Zechen, den Kokereien, den Hüttenwer- Hand gedrückt, ein kleines Stück vom groken und auch über den Eisenbahnstrecken. ßen faserigen Wollknäuel, das der Mann am Hier wohnten und arbeiteten die Ruhr- Regler stets in ausreichender Menge bei sich gebietler, die als Kumpels auf dem Pütt oder trug. So konnte ich den doch angefallenen als Kruppianer in der Maschinen- und Loko- Schmutz abwischen. motivfabrik ihre schwere Arbeit nicht nur Die 050, auf der ich nun zu Gast war, hatte mit Pflichtbewusstsein, sondern auch mit einen Kokszug am Haken. Der Brennstoff einem ganz speziellen Stolz verrichteten. Zu stammte von der nahegelegenen Kokerei diesem Menschenschlag gehörten ebenso Prosper, deren gewaltige weiße Dampfwoldie Mannschaften auf den gerade hier im ken sporadisch über dem Zugende in den Ruhrgebiet verbliebenen Dampflokomoti- Himmel quollen. Ziel des Zuges war der ven, wo bis zu 1.900 PS mit viel Erfahrung Übergabebahnhof Oberhausen Hütte, Luftund Fingerspitzengefühl am Regler wie an linie gerade einmal neun Kilometer entfernt. der Kohleschaufel zu bändigen waren. Wie Er war somit einer der täglich weit über Seeleute in der Hafenkneipe erzählten sich 50 Kurzstreckenzüge, welche die unterdie Lokpersonale an der Bude, wie man mit schiedlichen Montangüter zwischen den eindem 2.200-Tonnen-Erzzug mit 90 km/h über zelnen Produktionsstandorten innerhalb des die Köln-Mindener gebrettert war oder was Ruhrgebiets oder vielfach sogar innerhalb zu tun war, um die Ausfahrt aus dem Ruhr- einer Stadt transportierten. Derartig zeitorter Hafen zu meistern. raubende Dienste ließen die Dampfloks im Revier lange überleben, wobei auf mancher Verständnis für den jungen Gast Schicht weniger als 50 Kilometer zurückgeFür mich war das ein ideales Umfeld. Ich legt wurden. Der Zug brauchte für die kurze Strecke stieß nicht nur meist auf Verständnis, sondern merkte den Lokführern manchmal mehr als eine Stunde, denn fast jedes Haupt-
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Einladend hielt mir der „Meister“ die Klapptür zu dem Führerstand auf
Der Dienst auf der Dampflok bedeutete harte Arbeit, machte den Mannschaften aber auch viel Freude
Zwei Flügel (= Langsamfahrt) für die Abfahrt in Bottrop Süd. Die unvergessliche Mitfahrt auf der 50er beginnt!
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Unterwegs
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signal zeigte zunächst „Halt“ und dann zwei Flügel („Langsamfahrt“); aber selbst die erlaubten 40 km/h wurden selten erreicht. Unterwegs kamen Montanzüge mit ähnlich kurzen Laufwegen entgegen, die Kohle zu einem Kraftwerk oder zu einer Kokerei brachten oder mit Rohstahl zu Walzwerken und Gießereien unterwegs waren. Dazwischen fuhren Kesselzüge der Petrochemie und gemischte Nahgüterzüge, deren Wagenladungen vorwiegend auch zu den Montangütern zählten. Vielfach lagen die einzelnen Stationen eines Produktionsprozesses gar nicht weit voneinander entfernt, dazwischen mussten die Massengüter aber wegen der großen Tonnagen auf der Schiene und damit
Dampf vor Diesel: Diese nicht ganz vorschriftskonforme Bespannung war im Ruhrgebiet unvermeidbar, wenn der Diesellokführer keine Streckenkenntnis hatte oder – wie hier in Duisburg-Hamborn – ein Doppel-Lokzug Vorspann leistete
Der „Dicke“ von Ruhrort nach Hattingen passiert das Stellwerk in Essen-Borbeck
meist von der Bundesbahn transportiert werden. Darauf waren die Dampfloks des Ruhrgebiets und deren Mannschaften spezialisiert. Während der langsamen Fahrt über die vielfach auf Dämmen verlegten Gleise genoss ich den einzigartigen Überblick über die Industrieanlagen. Ich gewann aber auch exklusive Einblicke in die Hinterhöfe der Wohnsiedlungen und in die liebevoll gepflegten Schrebergärten, die sich bis unmittelbar an die Gleise erstreckten.
Fahrt mit dem „Dicken“ Meine neugierige Frage, was als nächste Leistung anstünde, beantwortete der Heizer kurz und knapp mit „der Dicke“. Natürlich wusste ich als jugendlicher „Eisenbahnkenner“sofort Bescheid: Es war die Starleistung des Bw Osterfeld, der Erzzug von DuisburgRuhrort Hafen zur Henrichshütte in Hattingen. In froher Erwartung ging es aber zunächst von Oberhausen Hütte als Leerfahrt mit dem Tender voraus in Richtung Rheinhafen. Rechts und links der Gleise standen die Monumente der Montanindustrie, zum Teil bereits verlassen mit eingeschlagenen Scheiben, zumTeil wurde drinnen aber auch noch rund um die Uhr „malocht“. Gerade die in Duisburg ansässige Stahlindustrie erlebte
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Die einzige Zufahrt zum Hafenbahnhof in Duisburg-Ruhrort führt über die eingleisige Fachwerkbrücke über den Rhein-Herne-Kanal; sie ist ein Nadelöhr im Bahnnetz. In diesem Fall hat ein Nahgüterzug mit Kohle und Altmetall die Erlaubnis zum Befahren der Strecke erhalten
zu Beginn der 1970er-Jahre ihren letzten Boom und hatte unzählige Gastarbeiter insbesondere aus Italien und der Türkei für die harte und schmutzige Tätigkeit ins Land gelockt. Das gab den Gästen zwar Lohn und Brot, deren Arbeitseifer wurde aber auch gnadenlos ausgenutzt. Die Fahrt vollzog sich mit einigen Pausen. Ganze 20 Minuten musste unsere 050 vor der eingleisigen Fachwerkbrücke über den Rhein-Herne-Kanal warten, das Signal stand auf Halt. Dieses Nadelöhr, durch das sich alle Züge zwängen mussten, die den größten Binnenhafen Europas als Start- oder Zielbahnhof hatten, war wieder einmal total überlastet. Lange O-Wagen-Züge mit Exportkohle aus dem ganzen Ruhrgebiet ver-
schwanden hinter der Brücke in den Weiten des Hafengeländes. In der Gegenrichtung waren ganze Zugladungen mit Schrott für die Hochöfen, Rohstahl für die Walzwerke
Kohle, Schrott, Rohstahl, Erz und Rohre: Alles war mit der Bahn unterwegs und Erz für die Hütten unterwegs. Dazwischen dampften Lokomotiven mit 600 Meter langen Wagenschlangen hin, auf denen Mannesmann-Stahlrohre für Russland ruhten; sie wurden vom Werk in Mülheim-Styrum zur Beschichtung in Duisburg-Huckingen gebracht und machten in Ruhrort nur Kopf. Da der gesamte Hafen noch nicht elektrifi-
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Die zwischen 1972 und 1974 über Borbeck umgeleiteten Güterzüge waren sehr abwechslungsreich bespannt: Mal kamen 044, mal 050 und mal 216 zum Einsatz. Tender an Tender stampfen zwei 50er am 13. Februar 1974 am Stellwerkswagen in Borbeck vorbei
In Essen-Borbeck wartet ein Erzzug zur Henrichshütte ab, bis sich im Personenverkehr auf der Hauptbahn nach Essen Hbf eine „Lücke“ zur Weiterfahrt ergibt. Einige wartende Reisende nutzen die Gelegenheit, um die Fuhre etwas näher in Augenschein zu nehmen (März 1974)
ziert war, dominierten hier die Dampfloks; nur gelegentlich störte das Brummen einer 216 oder 290 die Idylle. Der Erzkai lag ganz im Westen des Hafens am Rhein. Dort stand bei Ankunft der 050 der „Dicke“ nach Hattingen schon bereit. Bespannt war er mit einerVorserien-216, die wegen des unterhalb der Stirnfenster ausgewölbten Lokkastens auch „Lollo“ genannt wurden. Eigentlich sollte die 050 wie üblich als Drucklok am Zugende fungieren; da aber BAHN EXTRA 4/2015
der Lokführer der Diesellok nicht streckenkundig war, machte die Dampflok kurzerhand Vorspann, was ich sehr begrüßte.
Plötzlich ohne Diesellok-Hilfe Erst als die Durchfahrt durch den ganzen Hafen bis über die Kanalbrücke hinaus signalmäßig sichergestellt war, gab die 50er einen kurzen Pfiff ab, den die 216 sofort quittierte. Nach der allmählichen Beschleunigung des 1.800 Tonnen schweren Zuges auf
dem Hafengelände hatten wir auf der Kanalbrücke genau 40 km/h erreicht, gerade noch zulässig für die engen Weichen und gerade noch ausreichend, um mit Schwung die kurze Steigung in Richtung Abzweig Mathilde nehmen zu können. Auf der anschließenden Fahrt auf der Walzwerkstrecke vorbei am großen Gasometer in Oberhausen gab der Meister stets Hand- oder besser gesagt Armzeichen nach hinten, wenn der Lokführer auf der LolloVollgas geben sollte. Auf dem sicherlich nicht leisen Führerstand der Dampflok konnte man das Röhren des Diesels hinter dem Tender schon hören. Allerdings wurde bei der Diesellok ständig die volle Leistung abgerufen, was die Vorserien-216 nicht allzu lange mitmachte. Auf der Verbindungskurve zwischen Frintrop und Dellwig Ost schaltete die Diesellok aus thermischen Gründen selbstständig den Motor ab und verweigerte die Mitarbeit. Sie diente nur noch als zusätzliche Anhängelast. Von Lokführer und Heizer auf der Dampflok war aber kein Fluchen oder Schimpfen zu hören. Sie freuten sich vielmehr diebisch, dass der moderne Nachfolger und Kontrahent Diesellok im wahrsten Sinne des Wortes ausgeschaltet war. Als wenige Minuten später der Fahrdienstleiter von Borbeck bei der Durchfahrt mit einem Lächeln die K-Scheibe („Fahrzeit kürzen“) aus dem Fenster des behelfsmäßigen Stellwerkswagens hielt, ließ es sich der Meister nicht nehmen, zu zeigen, was alles in der
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Unterwegs
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Dietmar Beckmann als Jugendlicher, unterwegs im Güterwagen. Auf der Zechenbahn mit Personenverkehr von Bockum-Hövel nach Werne ist im Güterzug mit Personenbeförderung mal wieder kein Personenwagen dabei, also reist man für die 20 Pfennig als „Fracht“ Klaus Martin Schmitt-Waldbauer
rückdampfen. Nicht mehr sauber, aber glücklich und voller großartiger Eindrücke verabschiedete ich mich von Lokführer und Heizer, die mich gleich für die nächste Woche wieder einluden, und zwar auf den Personenzug von Essen nach Coesfeld. Zusteigen sollte ich aber erst in Essen West; nicht, dass das jemand in Essen Hauptbahnhof mitbekam und „Meldung machte“ …
Dampf-Aus im Montanverkehr Ich wusste damals noch nicht, dass es meine letzte Mitfahrt auf der Dampflok vor einem schweren Erzzug war. Schwere Montanzüge wurden in den nächsten Jahren seltener, da erst die Weltwirtschaftskrise und später die beginnende Globalisierung einen drastischen Einbruch der Stahlerzeugung bewirkten. Darüber hinaus ersetzten neue Energieträger wie importiertes Öl und Gas den heimischen Koks. InVerbindung mit effizien-
Im Bw Osterfeld Süd posiert im November 1972 die Mannschaft der 050 für den dankbaren jungen Eisenbahnfreund, den sie zuvor auf dem Führerstand mitgenommen hat. Mit ihm zusammen fuhr sie den „Dicken“, einen schweren Erzzug, durchs Revier
050 steckte, wenn man sie nur richtig behandelte. Statt über die langsamen Gütergleise wurde der schwerfällige Zug an diesem Tag über die Personenzuggleise umgeleitet. Stets einen Nahschnellverkehrszug (Triebwagen der Baureihe 430) im Nacken, führte die Fahrt durch den Essener Hauptbahnhof, wo die tobende 050 vor der verstummten 216 alle Blicke der Reisenden auf sich zog. Bei manchem Beobachter wird sich beim direkten Vergleich dasVorurteil bestätigt haben, dass eine Dampflok doch sehr viel lauter sei als eine Diesellok. Hinter Steele erreichte der Erzzug die Ruhr im Süden der Städte Essen und Bochum. Rund 200 Jahre zuvor hatte hier der Bergbau des Ruhrgebiets begonnen, inzwischen war dies ein beliebtes Wohn- und Erholungsgebiet. Es folgten der alte Bahnhof Hattingen, dann hatte der Erzzug den Ziel-
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bahnhof unter den Hochöfen der Henrichshütte erreicht. Noch bevor sich die „Lollo“ vor einen leeren Gegenzug zurück nach Ruhrort setzte, durfte die 050 alleine ohne Zuglast nach Hause, ins Bw Oberhausen-Osterfeld Süd zu-
Der Autor
Dr. Dietmar Beckmann Dietmar Beckmann, geboren 1956 in Essen, ist im Ruhrgebiet und mit den dortigen Eisenbahnen aufgewachsen. Der promovierte Ingenieur arbeitet heute in Bochum; die Eisenbahnen des Reviers sind nach wie vor eines seiner Haupt-Interessensgebiete.
Schwere Montanzüge wurden seltener, die Zeit der Dampfloks endete teren Herstellungsverfahren sank der Koksbedarf der Hochöfen auf einen Bruchteil, was nicht nur zu einem drastischen Rückgang der Koks- und der Rohstahlzüge, sondern auch der Kohletransporte führte. Diese Entwicklung nahm den Dampfloks des Ruhrgebiets ihr Haupteinsatzgebiet, so dass die Bundesbahn den ohnehin fälligen Traktionswechsel schneller vollzog als von den Eisenbahnfreunden erhofft. Die Betriebswerke im Revier gaben die Dampflokunterhaltung auf: Wanne im Sommer 1975, gefolgt von Osterfeld am 1. Juni 1976 und Wedau am 17. Februar 1977. Beim letzten DampfBw des Reviers, Gelsenkirchen-Bismarck, endeten die Einsätze der verbliebenen Loks der Baureihe 044 am 22. Mai 1977. Am nächsten Tag begann die Ära der Baureihe 221; die Dampfloks hatten im Montanverkehr des Ruhrgebiets ausgedient.
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Strecken und Betrieb
| KREUZUNGEN VON EISENBAHN UND STRASSENBAHN
Im Sommer 1975 wartet ein DÜWAGGroßraumwagen der Essener Verkehrs AG auf der Altenessener Straße die Durchfahrt eines leeren Kohlezugs ab. Dieser befindet sich auf dem Weg nach Altenessen-Rheinisch. Heute ist die Eisenbahnstrecke abgebaut, statt der Straßenbahn gibt es eine U-Bahn; oberirdisch liegen keine Gleise mehr
Schiene kreuzt Schiene Nirgendwo anders als im Ruhrgebiet gab es so viele Bahnübergänge, an denen Straßenbahnen die Gleise der Eisenbahn querten. Einige wenige dieser Schienenkreuzungen bestehen noch heute ach Eröffnung der ersten Eisenbahn 1847 entwickelte sich im Ruhrgebiet bald ein ungewöhnlich dichtes Schienennetz, dessen Strecken 50 Jahre lang fast ausschließlich auf dem Straßenniveau verlegt wurden. Darüber hinaus entstanden ab den 1890er-Jahren in den Städten Straßenbahnstrecken für den elektrischen Personennahverkehr. Zunächst endeten sie stets vor den Gleisen der Hauptbahnen. Die Fahrgäste der „Elektrischen“ mussten aussteigen und zu Fuß den Bahnübergang überqueren, um in die auf der anderen Seite wartende nächste Straßenbahn einzusteigen. Das am 28. Juli 1892 erlassene Kleinbahngesetz erlaubte zwar, dass (abweichend vom Eisenbahngesetz von 1838) lokale Bahnen Eisenbahnlinien kreuzen durften; die Staatsbahn verweigerte dennoch ihre generelle
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Zustimmung. Immerhin gestattete sie auch einige Ausnahmen: In Essen setzte der damalige Bürgermeister Zweigert mit einer heftigen Intervention die Schienenquerung am Hauptbahnhof durch, so dass die beidenTeile des dortigen Straßenbahnnetzes ab dem 18. Juli 1894 miteinander verbunden waren. Am Dortmunder Hauptbahnhof durften die Straßenbahnen ebenso die Gleise der Hauptbahn überqueren, allerdings nur ohne Fahrgäste.
nicht nur für die geteilten Straßenbahnstrecken, sondern auch für den gesamten Straßenverkehr. Die Staatsbahn und zum Teil auch die Werks- und Zechenbahnen sahen sich gezwungen, insbesondere in den Innenstädten die Gleise zumindest ihrer wichtigen Strecken höher zu legen und die Straßen mit Brücken zu überqueren. Ab 1899 bis in die frühen 1920er-Jahre wurden die ebenerdigen Hauptbahnen in den meisten Innenstädten nach und nach entsprechend umgestaltet.
Die Kreuzungen entstehen An der Schwelle zum 20. Jahrhundert war die Zugdichte im gesamten Ruhrgebiet infolge der boomenden Schwerindustrie und des gewaltigen Bevölkerungszuwachses so stark gestiegen, dass ein Umdenken einsetzte. Die unzähligen Bahnübergänge stellten mittlerweile ein massives Hindernis dar,
Die „Glückauf-Schranke“ An den Nebenbahnen und in den Außenbezirken der Städte entstanden hingegen zahlreiche Niveaukreuzungen, an denen die Straßenbahnen gemeinsam mit den Autos, Radfahrern und Fußgängern die Gleise der Eisenbahn überquerten. Gesichert waren die
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Wegen einer Sperrung der Hauptstrecke Dortmund Hbf – Dortmund-Scharnhorst werden am 14. April 2013 Regionalzüge über die einzigartige Straßenbahnkreuzung im Dortmunder Vorort Obernette geleitet. Die Straßenbahnen stoppt man per Lichtzeichenanlage bereits weit vor der Schranke
gebiet nur noch vereinzelte Stellen, an denen Straßenbahnen eine regelmäßig befahrene Bahnstrecke kreuzen. Eine davon liegt unmittelbar am Bahnhof GelsenkirchenBuer Süd. Dort überquert die Linie 301 der Bogestra die nicht elektrifizierte Regionalbahnstrecke von Wanne-Eickel nach Dorsten. Da die Triebwagen der NordWestBahn nur im Stundentakt verkehren, halten sich die Schließzeiten der automatischen, mit Lichtzeichen zusätzlich gesicherten Schranke in Grenzen. Allerdings muss der Fahrer die Straßenbahn grundsätzlich auch vor der geöffneten Schranke anhalten und darf erst danach mit äußerster Vorsicht und maximal 10 km/h weiterfahren.
Im Dortmunder Norden kreuzen Straßen- und Eisenbahn auf dem Feld
So nahe kommen sich Eisenbahn und Straßenbahn heute nur noch am Haltepunkt Gelsenkirchen-Buer Süd. Eine Variobahn der Bogestra wartet am 30. April 2015 als Linie 301 die Durchfahrt eines TalentTriebwagens der NordWestBahn ab. Der Zug fährt als Regionalbahn 43 nach Dorsten Dr. Dietmar Beckmann (3)
Bahnübergänge meist mit örtlich bedienten Schranken, vor denen die Fahrgäste der „Elektrischen“ manchmal zehn oder sogar 15 Minuten auf die Weiterfahrt warten mussten. Es gab sogar Schranken, die sieben Stunden am Tag geschlossen waren. Im Volksmund entstand in Anlehnung an den Gruß der Bergleute die sehr zutreffende Bezeichnung „Glückauf-Schranke“: Man musste Glück haben, wenn sie auf war. Auch nach dem Öffnen der Schranken konnten manche Straßenbahnen noch nicht weiterfahren, da die speziellen und teuren Schienenkreuzungen häufig nur eingleisig ausgeführt waren und zunächst die Gegenbahn abgewartet werden musste. Nicht selten senkten sich die Schrankenbäume erneut, bevor es losgehen konnte. Bis in die 1960er-Jahre beeinflussten geschlossene Schranken die Pünktlichkeit des Schienennahverkehrs in den Ruhrgebietsstädten erheblich. Selbst die Elektrifizierung der wichtigsten Hauptstrecken war nicht unbedingt ein Grund für einen Brückenbau. An den Bahnübergängen gab es dann neben der Schienenkreuzung auch eine Kreuzung der BAHN EXTRA 4/2015
Oberleitung. Deren Herzstücke waren entweder auf die verschiedenen Stromsysteme umschaltbar oder mussten von den Eisenbahnzügen bei getrenntem Hauptschalter stromlos mit Schwung passiert werden. Die Bahnübergänge an den Trambahnstrecken waren aber nicht nur ein lästiges Verkehrshindernis, sie stellten auch ein großes Sicherheitsrisiko dar. Am 29. Oktober 1958 zum Beispiel kam es bei dichtem Nebel in Essen-Borbeck zu einem schweren Unfall mit zwei getöteten Fahrgästen. Der Schrankenwärter am Weidkamp hatte die Schrankenbäume zu früh geöffnet, ein Personenzug auf der Köln-Mindener-Bahn rammte den zum Glück nur schwach besetzten Beiwagen der Linie 3 und zerriss ihn in zwei Teile.
Die Entwicklung ab den 1960ern Ab den 1960er-Jahren nahmen die Kreuzungen zwischen beiden Bahnsystemen kontinuierlich ab. Teilweise ersetzten neue Brückenbauwerke die Schranke, teilweise wurde auch Bahnstrecke oder Straßenbahnlinie stillgelegt, so dass sich das Problem von selbst löste. Inzwischen gibt es im Ruhr-
Auch ein recht kurioser Bahnübergang im Norden von Dortmund ist bis heute erhalten geblieben. Ganz in der Nähe des ländlichen Vororts Obernette kreuzen sich die zweigleisige Güterumgehungsstrecke (zwischen Abzweig Buschstraße und Abzweig Deusen) der Deutschen Bahn AG und die Stadtbahnstrecke der Linie U47 niveaugleich in einem 90-Grad-Winkel. Die als erste Überland-Straßenbahn des Ruhrgebiets im Jahr 1923 eröffnete Strecke der Dortmunder Stadtwerke nach Westerfilde verläuft hier auf einem eigenen Bahnkörper durch die Felder. Obwohl abseits jeglicher Straßen die Schienenwege unter sich sind, sichern neben Straßenbahn-Signalen und Andreaskreuzen zwei kleine Schrankenbäume den Übergang; diese werden mindestens sechs Minuten vor jeder Zugdurchfahrt von einem ausschließlich hierfür zuständigen Schrankenwärter heruntergekurbelt. Danach wird der Kreuzungsbereich stromlos geschaltet und die Blocksignale geben die Güterzugstrecke frei. Elloks passieren den Bahnübergang bei angelegtem Stromabnehmer, aber mit getrenntem Hauptschalter. Leider muss der Schrankenwärter die Kurbel meist stundenlang nicht in die Hand nehmen, obwohl der Posten inzwischen nur noch wochentags von 14:00 Uhr bis 21:00 Uhr besetzt ist. In diesem Zeitraum kann der Fotograf allenfalls auf einen vereinzelten Güterzug oder die Drehfahrt eines falsch orientierten Reisezuges hoffen. Da diese Zugdichte keine größeren Investitionen rechtfertigt, wird der einzigartige Bahnübergang vermutlich noch lange erhalten bleiben. Dr. Dietmar Beckmann
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Einst und Jetzt
| RUHR-FERNVERKEHR 1963
ie klassische Ruhrgebietslinie von Köln nach Dortmund entlang der Städteachse Düsseldorf – Duisburg – Essen – Bochum hatte im Kursbuch den größten Umfang. Die Tabelle enthielt aber auch die historisch erste Strecke über Oberhausen – Essen-Altenessen – Gelsenkirchen – WanneEickel nach Dortmund. 1963 nahm die damalige Kursbuchstrecke (KBS) 227 im Kursbuch 26 Seiten in Anspruch, ab 1972 firmierte sie als KBS 300 sogar mit 30 Seiten Umfang. Sehr vielschichtig war hier das Angebot im Fern- und Regionalverkehr; Dortmund entwickelte sich aufgrund seiner „Endlage“ zu einem bedeutenden Ausgangs- und Zielbahnhof. Eine Alternativroute stand mit der
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Vor allem Züge in NordWest-Richtung fuhren über das Ruhrgebiet KBS 228, später KBS 400 von Köln über Wuppertal und Hagen nach Dortmund zur Verfügung; 1963 wies sie deutlich weniger Fernzüge auf, im Ost-West-Verkehr hatte sie vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch zeitweise die Mehrzahl der höherwertigen Züge gehabt.
Das Angebot 1963 in Zahlen Von internationalen Langläufen – in den 1950er-Jahren vielfach als (Transit-)F-Züge geführt – wurde der Raum Essen – Dortmund allerdings nur zum Teil berührt. Immerhin: Einige Züge kamen über die Rheinstrecken und nahmen dann den Weg über Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen, Emmerich nach Amsterdam und Hoek van Holland. Wesentlich wichtiger waren für das Ruhrgebiet die Fernzüge der Nord-West-Relation Skandinavien – Belgien – Frankreich und der Ost-WestRoute Frankreich – Polen – UdSSR. Die NordWest-Relation hatte nach dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung gewonnen, die OstWest-Route an Bedeutung verloren. Wie umfangreich der Fernverkehr auf der Relation Duisburg – Essen/Gelsenkirchen – Dortmund – Hamm war, zeigt das Beispiel vom Sommerfahrplan 1963. Damals verkehrten auf diesen Strecken (in West-Ost-Richtung) zweiTrans-Europ-Express-Züge (TEE), sechs F-Züge, 52 D-Züge und rund 25 Eilzüge, die über die Region hinaus fuhren.
Der „Nord-Express“ Einer der traditionsreichsten Züge auf dieser Strecke – und der prominenteste in NordWest-Richtung – war der D 11/12 „Nord-Express“. Eingelegt wurde er erstmals 1896 als Luxuszug mit dem Laufweg Oostende – Königsberg – Eydtkuhnen/Wirballen mit Anschluss nach St. Petersburg. Zunächst fuhr er über Köln – Duisburg – Oberhausen – Dortmund, ab 1899 über Essen – Dortmund. Nach dem Ersten Weltkrieg erschien er 1926
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Große Züge im Pott
Das Ruhrgebiet war nicht nur eine Hochburg des Güterverkehrs und ein Ballungsraum mit dichtem Nahverkehr. Auch eine beachtliche Zahl von Fernzügen kam durch, begann oder endete hier. Beispiele von der Bundesbahn im Sommer 1963 wieder zwischen Paris und Warschau; ab 1933 verkehrte er über Wuppertal – Hagen statt über Düsseldorf – Duisburg. Im Jahr 1939 kriegsbedingt eingestellt, wurde er im Sommer 1946 mit seinen Vorkriegszugnummern L 11/12 erneut eingelegt, zunächst zwischen Paris und Berlin und noch über Wuppertal. Aufgrund der neuen Ostgrenzen verlagerten sich die Verkehrsströme in Richtung Skandinavien und so wurde die Route bereits im Oktober 1946 geändert: Der Zug fuhr nun nach Hamburg – Flensburg – Kopenhagen – Stockholm. Von 1947 an verkehrte er über Neuß – Düsseldorf – Gelsenkirchen, ab 1948 auch über Essen. Ab 1951 wurde er als F-Zug (internationaler Fernschnellzug) geführt.
Im Jahr 1963 wurde das Zugpaar abgestuft zur D-Zug-Verbindung und auf die neu eröffneteVogelfluglinie verlegt. Im Fahrplan präsentierte sich der „Nord-Express“ als Nachtverbindung zwischen Kopenhagen/ Hamburg und Paris. Das Ruhrgebiet passierte er imTransit; D 11 von Paris (ab 19 Uhr) fuhr in Köln um 2:40 Uhr ab, hielt in Düsseldorf (3:08/3:10 Uhr) und dann neun Minuten lang in Essen Hbf (3:39 Uhr – 3:48 Uhr). Dort fand der Lokwechsel von Ellok auf Dampflok statt. Der Fahrdraht reichte zwar schon bis Recklinghausen, doch der nächste Halt war erst in Münster um 4:49 Uhr vorgesehen; Essen war im Revier der einzige Halt. Hamburg erreichte der Zug um 8:06 Uhr, Kopenhagen um 14:25 Uhr. Der Gegenzug D 12
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Eigentlich ist der TEE 155 „Parsifal“ Paris – Hamburg im Jahr 1962 eine Sache des VT 11.5. Am 23. Mai fiel jedoch der elegante Triebzug aus, als Ersatz fährt ein VT 08. Soeben passiert er die Zeche Dahlbusch bei Gelsenkirchen Walter Hollnagel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
weiter über Gelsenkirchen (22:55 Uhr) nach Norden. In Hamburg war der Zug um 3:02 Uhr, in Kopenhagen um 9:20 Uhr und in Stockholm um 19:10 Uhr. D 62 verließ Stockholm um 10:20 Uhr, Kopenhagen um 20:55 Uhr und Hamburg um 3:20 Uhr. Essen Hbf erreichte er um 7:51 Uhr – wiederum mit neun Minuten Aufenthalt für den Lokwechsel. In Köln kam er um 9:04 Uhr an, bedient wurden dieselben Halte wie bei D 61; Paris wurde um 17:02 Uhr erreicht. Das Zugpaar lag also ideal für das Ruhrgebiet. Es eignete sich für eine Nachtreise nach Skandinavien wie für eine Tagesfahrt nach Paris. Ab 1975 gab es nur noch Wagenläufe bis Kopenhagen, der Zugname entfiel.
Der Ost-West-Verkehr Auf der Ost-West-Route (Paris –) Aachen – Hannover – Berlin (– Warschau) existierten 1963 fünf Zugpaare; vier über Dortmund – Duisburg – Köln, eines über Dortmund – Gelsenkirchen – Duisburg – Aachen. Von 1951 an gab es bei der DB das Netz der Inlands-Fernzüge (F bzw. bei Triebwagen-Verbindungen FT); etliche der Züge fuhren über das Ruhrgebiet Slg. Peter Schricker, Slg. Eisenb.stiftg. (u.)
von Kopenhagen (ab 13:40 Uhr, Hamburg ab 20:14 Uhr) erreichte auf dem gleichen Weg Essen um 0:37 Uhr, nach neun Minuten ging es weiter, ebenfalls mit Halt in Düsseldorf, Ankunft in Köln um 1:47 Uhr. Ankunft in Paris war um 9:25 Uhr. Beim Wagenpark präsentierte sich der „Nord-Express“ überwiegend französisch; die Staatsbahn SNCF stellte alle Sitz- und den Gepäckwagen sowie zwei Liegewagen. Dazu kam eine Wagengruppe Oostende – Köln – Hamburg mit einem belgischen Sitzund Liegewagen. Nur ein Liegewagen Paris – Hamburg stammte von der Bundesbahn. Schließlich gab es noch drei Schlafwagen im Zug, alle von der Internationalen Schlafwagengesellschaft (CIWL): Paris – Kopenhagen, Paris – Hamburg und Oostende – Hamburg.
Der „Paris-Skandinavien-Express“ Eine weitere Nachtverbindung auf der NordWest-Route war das Zugpaar D 61/62 „ParisSkandinavien-Express“ Paris – Kopenhagen – Stockholm. In dieser Form gab es die Verbindung seit 1955 (damals noch als D 311/312), ab 1960 mit Wagenlauf bis Stockholm im BAHN EXTRA 4/2015
Im Jahr 1957 (und auch 1963) fuhr der TEE 155 „Parsifal“ mit VT 11.5 der DB (Bild in Essen)
Sommer. 1963 bekam das Zugpaar die neuen Zugnummern D 61/62; es verfügte auch über diverse Kurswagen, Schlafwagen sowie einen Speisewagen. D 61 fuhr in Paris um 13:54 Uhr ab, Köln erreichte er um 21:24 Uhr. Im Vergleich zum „Nord-Express“ machte dieser Zug etwas öfter im Revier Station. Nach dem Halt in Düsseldorf stoppte D 61 in Duisburg und Essen Hbf (an 22:35 Uhr). Nach dem Lokwechsel ging es um 22:44 Uhr
Hervorzuheben ist das Zugpaar D 105/106 Aachen – Moskau. Eingelegt wurde es 1960, wobei es zeitweise einen Schlafwagen Paris – Moskau der sowjetischen Staatsbahn SZD mitführte. 1963 führte das Zugpaar neben diesem Schlafwagen, der bis Aachen im „Paris-Skandinavien-Express“ mitlief, einen weiteren SZD-Schlafwagen Oostende – Moskau, der drei Mal wöchentlich verkehrte. Zwischen Aachen und Berlin gab es einen
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In den 1960ern nahm auch der F 18 „Germania“ den Weg über das Ruhrgebiet Slg. H. Keller
Schlafwagen und einen Liegewagen, die jährlich abwechselnd von der Mitropa der DR bzw. der DSG der DB gestellt wurden. 1963/64 kamen Wagen der Mitropa und der DR zum Einsatz. Ansonsten liefen in dem Zugpaar Sitzwagen von Paris und Oostende bis Warschau. D 105 verließ Aachen um 21:07 Uhr und Köln exakt eine Stunde später. Nach Halten in Düsseldorf, Duisburg, Essen und Bochum wurde Dortmund um 23:39 Uhr erreicht – weiter ging es um 23:41 Uhr in Richtung Hamm (an 0:02 Uhr). Dort endete der Fahrdraht, acht Minuten blieben für den Lokwechsel. Der Gegenzug D 106 passierte Dortmund um 6:48/6:54 Uhr und fuhr mit den gleichen Halten wie D 105 nach Köln (an 8:30 Uhr. Für eine Nachtverbindung Ruhrgebiet – Berlin passte das gut (Bahnhof Zoo an 7:33 Uhr/ab 22:51 Uhr).Von Berlin verkehrte D 105 als Tageszug weiter nach Warschau. 1969 erhielt das Zugpaar den Namen „OstWest-Express“. Ab 1971 wechselten die Zugnummern zu D 240/241, ab 1974 reichte der Zuglauf des „Ost-West-Express“ von Moskau bis Paris; ab Aachen bzw. Jeumont fuhr er „vereinigt“ mit dem „Paris-SkandinavienExpress“. Dabei blieb es bis in die Spätzeit der Bundesbahn. Ab 1992 fuhr der Zug ohne Verkehrshalt nachts zwischen Aachen und Frankfurt (Oder), 1994 wurde die Schlafwagenverbindung von Moskau – Paris zu Moskau – Brüssel geändert. 1998 fand das Zugpaar im EN 248/249 „Jan Kiepura“ seinen Nachfolger. Den gibt es noch heute, aber nur als Verbindung nach Warschau. Zurück in die Wirtschaftswunderjahre und die Zeit, als die westeuropäische Einigung begann. Im Juni 1957 wurde für den dortigen Dienst- und Geschäftsreiseverkehr das System der TEE-Züge eingerichtet. Sie führten nur die 1. Klasse und zeichneten sich durch besonderen Komfort und kurze Reisezeiten aus. Bei der DB ergänzten sie das seit 1951 bestehende System der Inlands-F-Züge.
Der TEE „Paris-Ruhr“ Von den TEE-Zügen passierten 1963 zwei Kurse das Ruhrgebiet: der „Paris-Ruhr“ und der „Parsifal“. Der „Paris-Ruhr“ verkehrte bereits seit 1954 als FT 185/168 mit Dieseltriebwagen VT 08 zwischen Dortmund und Paris. Im Juni 1957 wurde er zumTEE 185/168, ab Dezember 1957 setzte die DB dafür ihre neuen Triebwagen VT 11.5 ein. 1960 wurde dieser von einem französischen RGP-Triebwagen abgelöst; so blieb es bis zum Fahr-
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Hochwertiger Fernverkehr in der Ruhrgebiets-Metropole Dortmund 1963: Vor den Union-Hüttenwerken zieht V 200 071 mit F 34 „Gambrinus“ vorbei. Der Zug fuhr aber über Wuppertal nach Köln Marotz/Eb.stiftg.
Im IC-System wurde das Ruhrgebiet mit mehreren Linien eingebunden. Mitte der 1980er-Jahre eilt eine 103 mit ihrem Zug über die Bergisch-Märkische Hauptbahn Dr. Dietmar Beckmann
planjahr 1964/65. Ab 1965 verkehrte der „Paris-Ruhr“ nochmals mit VT 11, bis man 1969 auf einen Lok-Wagen-Zug mit TEE-Wagen der SNCF-Bauart „Mistral“ umstellte. Nun konnte der Zug durchgehend mit Ellok ge-
Zwei TEE-Züge fuhren durchs Revier: „ParisRuhr“ und „Parsifal“ fahren werden. 1970 kam zwischen Liege (Lüttich) und Dortmund die DB-Viersystemlok 184 zum Einsatz, aber ohne Erfolg. Im Fahrplan 1963 präsentierte sich der Zug ganz im Sinne des Geschäftsreiseverkehrs alsTagesrandverbindung von der Ruhr an die Seine. TEE 168 „Ruhr-Paris“ verließ Dortmund um 5:50 Uhr, hielt kurz in Köln (7:14/7:16 Uhr) und traf in Paris um 12:47 Uhr ein. Der Gegenzug,TEE 185 „Paris-Ruhr“, begann seine Fahrt in Paris um 17:42 Uhr, hielt in Köln (23:11/23:13 Uhr) und war in Dortmund um 0:38 Uhr. Im Bereich von Ruhr und Rhein machten die Züge noch in Bochum, Essen, Duisburg und Düsseldorf Halt. 1973 endete dieVerbindung in Düsseldorf, weshalb der Name in „Moliere“ geändert wurde. Ab 1975 wurde Köln zum Endbahn-
hof und 1979 der „Moliere“ zu einem D-Zug. Eine kleine Renaissance folgte 1987, als der nunmehr eingeführte EuroCity (EC) mit dem Laufweg Paris – Dortmund verkehrte.
Der TEE „Parsifal“ Die zweite TEE-Verbindung 1963 war der „Parsifal“, der im Oktober 1957 eingelegt wurde, zunächst ebenfalls zwischen Paris und Dortmund. Anfangs fuhr ein RGP-Triebwagen die Leistung. 1959 wurde Düsseldorf zum Endbahnhof, doch bereits 1960 erweiterte man die Verbindung auf den Zuglauf Paris – Hamburg. Nun übernahm einVT 11.5 den Dienst, der RGP-Triebwagen übernahm die TEE-Leistung „Paris-Ruhr“. Der „Parsifal“ hatte für das Ruhrgebiet als „dazwischen liegende“ Region komfortable Zeiten.TEE 155 verließ Paris um 7:25 Uhr, erreichte Köln um 12:57 Uhr, Düsseldorf um 13:23 Uhr und Essen um 13:52 Uhr. Weiter ging es über Münster (14:46 Uhr) nach Hamburg-Altona (an 17:39 Uhr). Der Gegenzug TEE 190 machte sich in Hamburg-Altona um 13:27 Uhr auf den Weg; Münster wurde um 16:21 Uhr erreicht, Essen um 17:15 Uhr, Düsseldorf um 17:44 Uhr und Köln um 18:11 Uhr. In Paris war man um 23:46 Uhr.
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Schon beim Fahrkartenkauf in Dortmund Hauptbahnhof empfängt die Bundesbahn die Reisenden mit ihrem Paradezug für Fernreisen: Ein Bild des VT 11.5 ziert die Wand neben den Schaltern Walter Hollnagel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
In der Übersicht der schnellsten Züge der 1962, hatte die DB das neue Rollmaterial der Bundesbahn lag TEE 155 „Parsifal“ 1963 auf Spitzenzüge in Betrieb genommen. Der einem beachtlichen dritten Platz. Seine Rei- „Rheinpfeil“ (München – Dortmund) war mit segeschwindigkeit lag bei 101,8 km/h, gemes- dem „Rheingold“ (Basel – Hoek van Holland) sen auf dem Abschnitt Aachen – Hamburg verknüpft; in Duisburg wurden Kurswagen Hbf. Er kam also auf den Wert, obwohl er das zwischen den Zügen getauscht. dicht besiedelte Ruhrgebiet durchquerte. Der Einsatz des VT 11 blieb in den folgenden Jahren unverändert – in der Regel waren Sommerfahrplan 1963 es Garnituren mit fünf Zwischenwagen, bei Bedarf sechs. 1969 wurde der „Parsifal“ zum F-Züge im Revier ellokbespannten Zug. Das Ende kam zum F 1/2 „Hanseat“ Sommer 1979, als die DB das neue IC-System Köln – Dortmund – Hamburg – Kiel mit beiden Wagenklassen einführte. F 15 „Sachsenross“
Vom F-Zug zum IC Neben denTEE-Zügen gab es im Ruhrgebiet 1963 elf Inlands-F-Züge; wie dieTEE führten sie nur die 1. Klasse und waren vor allem für Geschäftsreisende gedacht. Die Belegung verteilte sich auf sechs Züge in Richtung Essen und fünf in der Gegenrichtung – hier fuhr ein Zug unpaarig über Wuppertal (siehe Aufstellung rechts). Besonders bemerkenswert ist der F 21/22 „Rheinpfeil“, der „Schwesterzug“ zum „Rheingold“. Mit exquisiten Wagen ausgestattet, waren beide die Flaggschiffe im Bundesbahn-Fernverkehr. Erst imVorjahr, BAHN EXTRA 4/2015
Bonn – Dortmund – Hamm – Hannover; F 16 via Wuppertal F 33 „Gambrinus“ München – Köln – Wuppertal – Dortmund – Hamburg F 23/24 „Schwabenpfeil“ Stuttgart – Köln – Dortmund F 3/4 „Merkur“ Frankfurt (M) – Köln – Essen – Gelsenkirchen – Hamburg F 7/27/8/28 „Rheinblitz“ Basel/München – Köln – Dortmund F 21/22 „Rheinpfeil“ München – Frankfurt – Köln – Dortmund (Verknüpfung mit F 9/10 „Rheingold“)
Im September 1971 ersetzte die DB den FZug durch das Intercity-System. Von da an führte die IC-Linie 1 (München – Köln – Dortmund – Hamburg) über das Ruhrgebiet. Neun IC-Zugpaare und einTEE-Zugpaar verkehrten im Zwei-Stunden-Rhythmus einheitlich über Köln – Düsseldorf – Duisburg – Essen – Dortmund. Bochum wurde in Tagesrandlagen bedient.Wie Köln stieg Dortmund zum IC-Systemknoten auf; dort konnte man zu den Zügen der IC-Linie 2 umsteigen, die München über Frankfurt – Köln – Wuppertal – Dortmund mit Hannover verbanden. Dass die Zahl der IC-Züge 1971 nur um drei im Vergleich zu den F-Zügen stieg, spricht für sich: Das Potenzial der Linie war so hoch, dass die DB schon vorher viele reine 1.-Klasse-Züge darüber führte. Die Linie 1 wurde denn auch die wirtschaftlich erfolgreichste im IC-Netz. Das blieb so, als die Bundesbahn im Mai 1979 den IC-Stundentakt mit beiden Klassen einführte. Ab den 1980erJahren wurde die Linienführung durchs Revier noch ausgeweitet – bis zu den ICE heute.
Die Züge zum Balkan Anfang der 1960er-Jahre richtete die DB ihr Angebot auch noch auf eine weitere Reise-
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kundschaft aus: die Gastarbeiter. Dafür Ruhrgebiet – Balkan – Griechenland; dies machte die DB Dortmund zu einem der Aus- sollte bis 1989 so bleiben. gangs-/Endbahnhöfe von Zügen in die Balkanregion. Zunächst geschah dies beim „Ju- Weitere Züge nach Süden goslavia-Express“ (D 263/264), der ab 1962 Nicht ganz so weit reiste man mit einigen von Dortmund nach Beograd (– Istanbul) ver- weiteren D-Zügen, die es 1963 gab. Dies wakehrte. Durchgehende Wagen von Dort- ren zum einen Standardverbindungen der mund gab es nur bis Beograd, die in Mün- Route Dortmund – Köln – Basel/München, chen dem Zug nach Istanbul beigestellt wur- zum anderen Züge, die dem Verkehr in die den. Zwischen Dortmund und München Urlaubsregionen dienten. Bis weit in den Süliefen ein DSG-Speisewagen und eine grö- den hinein nutzten beide die selben Strecken. ßere Gruppe DB-Wagen; das Zugpaar diente Eine inzwischen klassische Standardveralso überwiegend dem DB-Binnenverkehr. bindung war D 304/303 „Donau-Kurier“. Den 1965 entfielen folglich die Wagengruppe Zug dieses Namens gab es erstmals im Fahrnach Beograd und der Zugname. planjahr 1956/57. Er ersetzte den F 19/20 Im Sommer 1963 fuhr D 264 in Dortmund „Glückauf“ zwischen Essen und Passau mit um 11:02 Uhr ab; über Köln (12:57/13:02 Uhr) Wagenlauf nach Wien, der nur die 2. Klasse ging es weiter nach Frankfurt – München – (ab 1956 = 1. Klasse) führte. Der „Donau-Kurier“ war von Anfang an eine Tagesverbindung Dortmund – Köln – Wien, 1956 wurde er noch als „LS-Zug“ – Zug mit Leichtbauwagen und kurzen Reisezeiten – klassifiziert. 1963 führten D 304/303 die klassischen Salzburg. Der Gegenzug D 263 fuhr via Köln DB-Schnellzug-Abteilwagen Büm/Aüm so(17:00/17:10 Uhr) nach Dortmund (Ankunft wie einen Speisewagen der DSG. D 304 star19:06 Uhr). Die Laufwege zwischen Duisburg und Dortmund waren nicht einheitlich: D 264 fuhr über Gelsenkirchen nach Essen, dann weiter auf dem „üblichen“ Weg; D 263 nahm ab Duisburg den Weg über Oberhausen – Gelsenkirchen. Neu eingelegt wurde 1963 das Paar D 455/ 456 „Hellas-Express“ von Dortmund nach Athen. Diese Verbindung sollte bevorzugt dem Gastarbeiterverkehr zum Balkan dienen und den „Jugoslavia-Express“ entlasten. „Neues aufnahmefähiges Zugpaar“ hieß es in einer Hervorhebung in der KursbuchFerntabelle. D 456 fuhr um 14:32 Uhr ab Dortmund mit Halten in Bochum, Essen, Duisburg und Düsseldorf – Köln (16:03/16:10 Uhr). Weiter ging es über Stuttgart – München, in Athen kam man am übernächsten Tag um 18:19 Uhr an. D 455 fuhr von Köln (15:10 Uhr) über Neuß nach Düsseldorf und traf in Dortmund um 16:21 Uhr ein. Die Züge führten überwiegend Wagen der Jugoslawischen Staatsbahn JZ (Dortmund – Athen) sowie einen Bundesbahn-Liegewagen Dortmund – Ljubljana. Zunächst verkehrten sie nur im Sommer, während der Weihnachts- und Osterzeit, ab 1965 aber ganzjährig täglich. Der „Hellas-Express“ wurde zur Standard-Verbindung
Der „Hellas-Express“ wurde die Verbindung für Gastarbeiter schlechthin
Ein Beispiel für die Züge über die Rheinschiene ist der TEE „Rembrandt“ Slg. H. Keller
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tete in Dortmund um 6:34 Uhr, weiter ging es über Gelsenkirchen – Essen – Duisburg – Düsseldorf – Köln (8:25/8:30 Uhr) nach Passau und Wien (Ankunft 21:00 Uhr). Der Gegenzug D 303 verließ Wien um 8:20 Uhr, erreichte Köln um 20:45/20:55 Uhr, Essen um 22:01/07 Uhr und fuhr über Gelsenkirchen nach Dortmund (an 22:49 Uhr). Ab 1971 verkehrten die Züge als D 221/220; im Jahr 1983 machte die DB sie zum „Fern-Express“. Der Zugname „Glückauf“ war 1963 aber nicht aus dem DB-Fahrplan verschwunden. Er zierte das Urlaubszugpaar D 1204/1203, das nach Oberbayern fuhr. Diese Züge verkehrten (zur Entlastung der Standardverbindung D 204/203 Dortmund – München) erstmals im Sommer 1957, noch ohne Kursbuchveröffentlichung – und ab 1958 veröffentlicht zwischen Dortmund und München mit dem Zugnamen. Im Sommer 1962 wurden sie am Wochenende nach Berchtesgaden verlängert, ab Sommer 1963 fuhren sie dort täglich. D 1204 „Glückauf“ begann seine Reise in Dortmund um 6:21 Uhr. Nach Halten in Bochum, Essen, Duisburg, Düsseldorf erreichte
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er Köln (7:56/8:00 Uhr), das Ziel Berchtesgaden dann um 18:31 Uhr. D 1203 „Glückauf“ machte sich in Berchtesgaden um 8:28 Uhr auf den Weg. Über Köln (18:48/18:55 Uhr) und Essen kam er nach Dortmund (an 20:32 Uhr). Eine Wagengruppe einschließlich des Speisewagens lief nach Salzburg. Dieser Zug wurde fortan die Standardverbindung zwischen dem Ruhrgebiet und den oberbayerischen Ferienzielen – bis zur Einstellung im Dezember 2007. Nur den Zugnamen „Glückauf“ verlor er bald wieder. Dieser ging 1971 auf ein IC-Zugpaar der Linie 1 über. DieVerbindung zum Schwarzwald stellte 1963 das Tageszugpaar D 370/369 zwischen Dortmund und Konstanz her: D 370 fuhr in Dortmund um 7:39 Uhr ab. Mit Halten in Bochum, Essen, Mülheim, Duisburg, Düsseldorf und Köln (9:14/9:20 Uhr) ging es den Rhein entlang nach Süden und nach Konstanz (an 17:28 Uhr). D 369 verließ Konstanz um 9:11 Uhr und erreichte auf dem gleichen Weg Köln (17:12/17:24 Uhr) und Dortmund (an 19:07 Uhr). Das Zugpaar führte auch Kurswagen nach Freudenstadt und einen
Speisewagen mit. DieVerbindung gibt es einmal wöchentlich noch heute.
Nachtzüge in den Urlaub Daneben konnte man 1963 mit dem Zug über Nacht in die Ferien reisen. Zum Beispiel mit D 352/351 „Vorarlberg-Express“, der mit diesem Namen erstmals im Fahrplan 1962 ab Dortmund erschien. Er verkehrte saisoniert von Ende Juni bis Anfang September und übernahm auch die Nachtverbindung nach Oberstdorf, in der bisher Kurswagen liefen. 1963 fuhr D 352 in Dortmund um 21:17 Uhr ab, hielt in Bochum, Essen, Mülheim, Duisburg, Düsseldorf, Neuss und fuhr über Köln (23:10/23:25 Uhr) nach Ulm – Lindau – Innsbruck (Ankunft 12:01 Uhr). Der Gegenzug D 351 verließ Innsbruck um 18:00 Uhr und war in Dortmund um 8:27 Uhr. Der Zug führte Sitz- und Liegewagen Dortmund – Innsbruck sowie Dortmund – Oberstdorf. Daneben gab es den Tageszug D 704/703 Dortmund (ab 5:52 Uhr/an 21:54 Uhr) – Oberstdorf (an 16:33 Uhr/ab 10:59 Uhr) über Gelsenkirchen – Oberhausen.
Der „Hellas-Express“, 1963 aus der Taufe gehoben, war fast 30 Jahre lang die Reiseverbindung aus dem Ruhrgebiet zum Balkan und nach Griechenland. Im März 1978 zieht eine Bügelfalten-110 den bunten Fernzug zwischen Oberhausener Hütte und Schrebergärten über die Köln-Mindener Bahn Dr. D. Beckmann
Ebenfalls über Nacht fuhr das saisonierte Zugpaar D 170/169 nach Innsbruck über Mittenwald. Es führte Liegewagen Dortmund – Garmisch-Partenkirchen, dazu Sitz- und Liegewagen nach Berchtesgaden. Im Jahr 1963 sah der Fahrplan die Abfahrt des D 170 in Dortmund um 18:50 Uhr vor. Es folgten Halte in Essen, Duisburg, Neuß und Köln (20:37/20:50 Uhr); die weitere Fahrt brachte ihn nach Garmisch-Partenkirchen (7:37 Uhr) und Innsbruck (an 10:00 Uhr). D 169 verließ Innsbruck um 18:20 Uhr, fuhr über GarmischPartenkirchen (20:40 Uhr) nach Köln (6:55/7:02 Uhr) – Neuß – Düsseldorf und dann Duisburg – Essen – Dortmund (an 8:57 Uhr). Die Züge verkehrten am Wochenende sowie in der Hauptsaison (Anfang Juli bis Anfang September) täglich. Auch in der Winterhauptsaison gab es den Zug am Wochenende; nun mit Kurswagen nach Zell am See – Bischofshofen statt nach Berchtesgaden.
Züge nach Italien Zum beliebten Urlaubsziel Italien richtete die DB 1963 zwei neue Verbindungen ein. D 668 fuhr ab Dortmund (17:27 Uhr) über Gelsenkirchen – Oberhausen – Duisburg – Köln nach Basel – Milano – Bari. Milano wurde am nächsten Tag um 9:05 Uhr, Bari um 22:00 Uhr erreicht. Der Zug trug den Namen „Rapido delle vacanze“ (Ferienschnellzug) – die Wagengruppe nach Bari lief aber nur während der Hauptsaison vom 29. Juni bis 14. September. Im Zug gab es einen CIWLSchlafwagen Dortmund – Milano und einen
Zum Sommer 1963 gab es zwei neue D-Züge von Dortmund nach Italien Speisewagen Oberhausen – Mannheim. Der Gegenzug D 667 begann erst in Milano (ab 21:00 Uhr) und fuhr ohne Namen; in Dortmund kam er um 13:04 Uhr an. Die Wagen von Bari wurden als Kurswagen dem Saisonzug E 707 mitgegeben, Ankunft in Dortmund 8:28 Uhr. 1964 verkehrten D 668/667 aber nur noch zwischen Oberhausen und Karlsruhe mit einer Saison-Wagengruppe nach Rom. Ebenfalls neu war 1963 eine Verbindung nach Pesaro. D 286 lief von Dortmund (ab 18:20 Uhr) über Essen – Köln Richtung Brenner; Pesaro wurde tags darauf um 16:55 Uhr erreicht. Der Gegenzug D 285 fuhr abends um 20:40 Uhr ab, in Dortmund war er am Folgetag um 19:17 Uhr. D 286/285 verkehrten wochenends in der Sommerhauptsaison, wobei eine einzige Sitzwagen-Garnitur genügte. Von Dortmund fuhren auch Turnuszüge nach Italien, in späteren Jahren gab es noch leichte Ausweitungen im Regelzugverkehr. ICE-Züge und die Konkurrenz der „Billigflieger“ brachten aber um 2000 das Ende der Direktverbindungen. Josef Mauerer/GM
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Momentaufnahmen
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Eine 151 befördert nördlich von Recklinghausen Stahlrohre in Richtung Norden. Die angeleuchteten Wolken hat das Kohlekraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven in den Himmel gepustet Michael Hubrich
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Die Sonne geht ... ... und ein neues Abenteuer kommt. Am Ende des Tages steigt das Revier ins Abendkleid, voll flackernder Lichter und geheimnisvoller Schatten. Ein Ausflug zu der „dunklen Seite“ der Eisenbahn
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Momentaufnahmen
| RUHRGEBIET AM ABEND UND BEI NACHT
Duett am Abend: Durch die Weichenstraße der östlichen Bahnhofsausfahrt von Wanne-Eickel schlängeln sich zwei Züge in die Nacht Michael Hubrich
Im Dezember 2006 erhellt der Weihnachtsmarkt die Innenstadt von Essen. Selbst der ICE im nahen Hauptbahnhof bekommt noch etwas von dem Lichterglanz ab
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Lichterglanz Betriebsame Bahnhöfe, belebte Städte – spätestens, wenn die Sonne versinkt, findet beides in bunten Farben zusammen. „Malerische“ Szenerien entstehen, fantasievoll gezeichnet von Scheinwerfern, Signal- und Straßenlampen. Oder auch vom letzten Licht des Tages
Der Bergbau hat seine Zeichen hinterlassen. In Gelsenkirchen-Bismarck Bild Mitte: Der Abschnitt sackte ein Teil der einer vonStrecke Melide wegen ist einer darunter liegenden Grube ab; die der sehenswertesten Bergsenkung zwingt 089zwisch zu einer bei der189 Fahrt einen Berg- und Talfahrt, vomund abendlichen Lugano Chiasso. Streiflicht untermalt Michael Hubrich In der Frühzeit der Elektrifizierung hat eine Be 4/6 mit ihrem Zug den Seedamm passiert und fährt in den Bahnhof Melide ein Slg. Oliver Strüber Der Mond von Wanne-Eickel, Zürich HB ist der größte wie ihn ein Revierschlager undistwichtigste Bahnhof von 1962 besingt, an der Schweiz. diesem Dezembertag 2012 Internationale Züge machen hier noch nicht aufgegangen. ebenso Aber auch unter dem Station wie solche des Regionalverkehrs. Zu nachtblauen Himmel macht letzteren gehört die Fuhre, die 101 mit ihrem Intercity eine gute Figurmit ... der eine Ae 4/7 im August 1988 dort steht Michael Hubrich Thomas Wunschel
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Momentaufnahmen
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Klassiker mal anders Heimeliges Kunstlicht im Akkutriebwagen, geschäftiges Treiben im Industriewerk und exotisches Grün am Gasometer: Die Berühmtheiten des Reviers erscheinen über Abend und Nacht in einem neuen Licht. Wortwörtlich
Ein bisschen Geborgenheit Marke 515: Im Herbst 1993 rollt der Bundesbahn-Akkutriebwagen durch das abendliche Revier Michael Hubrich
Zugbegegnung unter rotem Himmel. Bei Bottrop-Boy werden die Wolken von der Kokerei Prosper von unten beleuchtet. Nicht immer sind die Reviernächte schwarz Michael Hubrich
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Tausend Feuer in der Nacht: In Duisburg-Hüttenheim wird rund um die Uhr Stahl gekocht. Die Werksbahn sorgt dafür, dass Rohstoffe und Zwischenerzeugnisse rechtzeitig an ihrem Platz sind Michael Hubrich
Und nochmals Eisenbahn mit Streiflicht: Golden glänzen die Bögen der Haus-Knipp-Brücke bei Duisburg, die Großraumwagen und die Dieselloks der Baureihe 216, als im Dezember 2001 der Ganzzug über den Rhein poltert ... Thomas Feldmann BAHN EXTRA 3/2015
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Einst und jetzt
| FUSSBALL UND EISENBAHN
Am Bw Gelsenkirchen-Bismarck empfingen die sportbegeisterten Eisenbahner vom ETuS Bismarck die Gastmannschaften – zu Füßen des berühmten Wasserturms ging es lange Zeit um Tore und Punkte
Am Wochenende hat Schalke 5:0 gewonnen – das muss jetzt jeder erfahren! Also haben Eisenbahner das Ergebnis auf den Großraumwagen des Kohlezugs geschrieben und fahren so durchs Revier (Bild in den 1970er-Jahren)
ETuS Bismarck
Dr. Dietmar Beckmann
Tradition
Eine Sache der
Das Streckennetz im Ruhrgebiet ist legendär, die Liebe zum Fußball auch. Beides findet Woche für Woche zusammen: Weil die Strecken am Stadion vorbei führen, weil die Fan-Karawanen im Zug zum Spiel anreisen oder aus anderen Gründen irgendwo gibt es in Deutschland ein dichteres Schienennetz und nirgendwo gibt es mehr Fußballvereine als im Revier. Nirgendwo hat der Fußball eine so hohe Bedeutung und nirgendwo scheinen sich die Menschen stärker mit ihren Vereinen zu identifizieren. Aber gibt es auch einen Zusammenhang zwischen der beliebten Ballsportart und den Bahnen im Ballungsgebiet an Ruhr und Emscher? Ja, es gibt ihn.
N
Die großen und die kleinen Klubs Natürlich denkt heute jeder beim Thema Revierfußball an die großen Klubs. Ob Borussia Dortmund oder FC Schalke 04,VfL Bochum oder MSV Duisburg, Rot-Weiß Oberhausen, Rot-Weiß Essen, Westfalia Herne oder, oder, oder ... selbst wenn einige inzwischen in unteren Klassen spielen, Fußball hat Tradition im Revier und ist als Sportart seit jeher verankert. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Profivereine als hier – und, trotz verzweifelter Bemühungen aus dem tiefen Süden, kaum sonst welche mit diesem Sympathiefaktor. Das ist ja auch der wahre Gradmesser für Erfolg; viel mehr als ein paar läppische Punkte,Titel, Stars oder Geld. In dem riesigen Großstadtkonglomerat zwischen Duisburg und Dortmund haben fast alle Vereine eine Historie, die bis in die Zeit der Industrialisierung zurückführt. Dabei rollte der Ball nicht nur bei den berühm-
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ten Klubs, etwa im Stadion Rote Erde (Dortmund) oder in der Glückauf-Kampfbahn (Schalke 04), sondern auch in deren Schatten bei so manchem Industriebetrieb. Fast jedes der einst großen Werke hatte seinen eigenen Sportverein oder zumindest einen, den es materiell und bisweilen auch finanziell unterstützte. Im frühen 20. Jahrhundert gründeten sich im ganzen Revier Werksvereine, Zechenklubs – und nicht zuletzt Eisenbahnersportvereine. Klangvolle Namen bereicherten die Sportszene, solche wie ESV Rote Erde 1928 Dortmund, ETuS Bismarck 1931, ETuS Schwerte-Ost, ETuS Gelsenkirchen 1934 oder auch ESV Grün-Weiß Roland Meiderich 1922/27. Die großen Eisenbahnbetriebs- und Ausbesserungswerke, in denen einige der Vereinsgründer und sportbegeis-
Fast jedes Werk hatte seinen Sportverein – auch bei der Eisenbahn terten jungen Männer damals arbeiteten, gibt es schon lange nicht mehr: weder das Ausbesserungswerk Schwerte (bis 1983) noch die beiden Gelsenkirchener Bahnbetriebswerke Bismarck (bis 1981) und Hauptbahnhof (bis 1951). Oftmals erinnern bloß die Chroniken der Sportvereine an die damaligen Eisenbahn-Standorte. Die Fußballplätze lagen vielfach auf dem Bahngelände in Werksnähe. Dampflokfreun-
de, die in den 1970er-Jahren das Bw Gelsenkirchen-Bismarck besuchten, erinnern sich vielleicht an einen großen Personenzugwagen unterhalb des Wasserturms. Der ausrangierte Wagen diente dem ETuS Bismarck als provisorische Umkleidekabine für die Fußballmannschaften, die ihre Heimspiele auf dem Aschenplatz direkt hinter dem Bahnbetriebswerk austrugen. Am 10. Oktober 1931 liefen die sportfreudigen Eisenbahner zum ersten Heimspiel gegen den SC Gelsenguß Gelsenkirchen auf. Es sollten noch viele Duelle folgen, große und vielleicht nicht ganz so große ...
Bindeglied Eisenbahn Die Eisenbahn war natürlich auch das Bindeglied der größeren und kleineren RevierVereine zu den Auswärtsspielen. Nicht nur für die Fans; die Mannschaften fuhren ebenso selbstverständlich mit dem Zug. Nachdem der FC Schalke 04 im Juni 1934 in Berlin als erste Mannschaft aus dem Ruhrgebiet eine deutsche Fußballmeisterschaft gewonnen hatte (2:1 im Finale gegen den 1. FC Nürnberg), wurde die Mannschaft mit ihrem Sonderzug auf jedem Bahnhof entlang des Laufweges im Ruhrgebiet stürmisch begrüßt. Sogar in Dortmund! Dort verließen die Schalker Knappen den Zug, um sich in das goldene Buch der Stadt einzutragen. Wer mag daran bei der heutigen Rivalität zwischen den Anhängern von
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Bei der engen Verknüpfung des Streckennetzes und der verbreiteten Sportart bleibt es nicht aus, dass sich Schienen und Stadien immer wieder begegnen. Während unten Spieler der Sportfreunde Katernberg die Passstafetten einüben, zieht die 101 oben zielstrebig in die Tiefe des Raumes ... Michael Hubrich
Boooo-russi-aaaa! Mit einem Sonderzug sind im April 2015 zahlreiche Fans des BVB zum Heimspiel nach Dortmund gekommen. An der Haltestelle Signal-Iduna-Park strömen sie aus den Redesign-Silberlingen Richtung Stadion Michael Hubrich
Schwarz-Gelb (Borussia Dortmund) und Blau-Weiß (Schalke 04) denken? Aber damals war es eine Besonderheit, dass ein Arbeiterverein aus der dreckigsten Region Deutschlands ganz oben stand. Das feierte man gemeinsam. Nach den Kriegsjahren wurde die Eisenbahn (neben der Straßenbahn) im Ruhrgebiet zum Massentransportmittel des Revierfußballs. Der Sport auf dem Rasen war oft die einzige Abwechslung zum
Die Vereine und die Bahn machten aus der Region ein großes Fußballmekka harten Arbeitsleben, die große Vereinsdichte und die Bahn machten aus der Region an den Wochenenden ein einziges großes Fußballmekka. Es war die Zeit der Oberliga West, die Zeit der goldenen 1950er. Bis zur Gründung der FußballBundesliga im Jahr 1963 spielte man dort (und in vier anderen Oberligen) die Kandidaten aus, die anschließend um die deutsche Meisterschaft rangen. Fast alle erfolgreichen Vereine der Oberliga West kamen aus dem Pott: 1958 knüpfte Schalke 04 an die große Ära der 1930er- und frühen 1940er-Jahre an, vorher schon hatten sich Rot-Weiß Essen (1955) und Borussia Dortmund (1956 und 1957) in die Ehrentafel der deutschen Meister eingetragen. Fußball im Ruhrgebiet war Kult (was man damals noch nicht so ausdrückte). In Scharen strömten die Anhänger zu den Stadien ihrer Vereine. Die lagen zwar nur wenige Kilometer auseinander, dennoch brauchten die Bundesbahn und die Straßenbahnbetriebe an den Spieltagen ihr ganzes Wagenmaterial. Immer wieder
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Einst und jetzt
| FUSSBALL UND EISENBAHN
Alles auf Schalke ist auf den Beinen, um im Mai 2000 die Pokalsieger zu empfangen. Die Mannschaft von S04 kehrt mit dem Zug aus Berlin zurück und wird in Gelsenkirchen Hbf von einem Meer von Fans erwartet. Links: Hinweis auf einen Bundesliga-Sonderzug M. Hubrich, Slg. M. Hubrich (l.)
Ab und zu nehmen auch Mannschaften im Bundesliga-Alltag den Zug: Am 6. April 2012 wartet das Team von Borussia Dortmund auf den ICE nach Wolfsburg. Tags darauf tritt es dort an und schlägt den VfL mit 3:1 M. Henschel
hatte die Eisenbahn Anteil am Geschehen auf dem Rasen – und sei es indirekt. Um einen Blick aufs Spielfeld zu erhaschen, kletterten die Fans nicht nur in Bäume, sondern auch auf Bahndämme in Sichtweite des Platzes. Das gab es zum Beispiel an der Gelsenkirchener Glückauf-Kampfbahn der Schalker und am Sportplatz Am Lindenbruch der Sportfreunde Katernberg 1913. In Katernberg erzählt man sich sogar die Geschichte, dass Personenzüge auf der am Stadion vorbei führenden Köln-Mindener-Eisenbahnlinie während der Spiele anhielten, damit die Fahrgäste auf das Spielfeld sehen konnten. 1951 wechselte Helmut Rahn für eine Ablöse von 7.000 Mark von Katernberg
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zum Rivalen Rot-Weiß Essen.Von dem Geld für den legendären Spieler, der 1954 das Siegtor zur ersten deutschen Fußballweltmeisterschaft schoss, sollen sich die Sportfreunde Katernberg eine Sichtschutzwand zur Bahnlinie geleistet haben.
Die Gegenwart Auch heute kann man sagen: Die „Ehe“ zwischen Fußball und Schiene hält. Nach wie vor trägt die Eisenbahn wesentlich dazu bei, dass die Freunde des runden Leders reibungslos und schnell zu den Fußballtempeln kommen (und wieder zurück). Das Stadionticket gilt als Fahrschein imVerkehrsverbund Rhein-Ruhr – ein zusätzlicher Anreiz, mit dem Zug anzureisen. Wenn an den Spieltagen mehrere Vereine Heimspiele austragen, ist erst recht Organisationstalent gefragt, sollen doch die Anhänger möglichst
getrennt voneinander zum Spielort fahren. Um Begegnungen (und Streitereien) rivalisierender Fangruppierungen auf den Bahnhöfen zu vermeiden, werden oft kostenfreie Sonderzüge angeboten. Ähnlich wie früher nutzen hin und wieder auch die Mannschaften die Bahn, ganz vereinzelt sogar die Großen. Im April 2012 nahm das Team von Borussia Dortmund den ICE, um zur Bundesliga-Partie in Wolfsburg zu gelangen. Die Elf des FC Schalke 04 fuhr jeweils zu ihren letzten Pokalendspielen im Sonderzug nach Berlin. Als die Knappen im Jahr 2011 mit dem Pott in den Pott zurückkehrten, platzte der Gelsenkirchener Hauptbahnhof aus allen Nähten – derart viele Fans wollten ihre Spieler empfangen! Die Mannschaft war übrigens ohne Umwege aus Berlin gekommen; in Dortmund hielt man nicht mehr an. MHG/MHZ
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Strecken und Betrieb
| DER TRIEBWAGEN 430
Im Herstellungsjahr des ET 30 nahm AEG das Fahrzeug zum Anlass, um für seine Produkte zu werben Slg. Oliver Strüber
Das Thyssen-Stahlwerk „Schalker Verein“ dominierte über Jahrzehnte hinweg die östliche Bahnhofseinfahrt von Gelsenkirchen. Im November 1982 begegnen sich dort Triebwagen 430 420 und ein Eilzug mit einer blauen 110 Aufnahmen, wenn nicht anders genannt: Michael Hubrich
Revier-
Der Triebwagen
Mit Beginn des Sommerfahrplans 1957 kam ein neuer Triebwagen ins Ruhrgebiet. Der ET 30 revolutionierte den Nahverkehr zwischen Düsseldorf und Hamm und wurde zu einem Aushängeschild der modernen, jungen Bundesbahn. 27 Jahre lang prägte er das Geschehen m 2. Juni 1957 kam Farbe in das vom Dampflok-Schwarz beherrschte Schienennetz des Ruhrgebiets. An diesem Tag wurde der elektrische Zugbetrieb auf der Strecke Düsseldorf – Duisburg – Essen – Bochum – Dortmund – Hamm aufgenommen. Speziell für diesen Städteschnellverkehr hatte die Deutsche Bundesbahn (DB) die roten Elektrotriebwagen ET 30 beschafft; sie sollten das Bild des Personenzugverkehrs im verrußten Kohlerevier neu prägen.
A
Schneller dank ET 30 Die klassischen Montanindustrien Kohle und Stahl waren in den 1950er-Jahren an Ruhr und Emscher noch reichlich vorhanBAHN EXTRA 4/2015
den. Die Schwerindustrie war der Motor für den Aufschwung der jungen Bundesrepublik. Gigantische Stahlwerke, elegante Fördertürme und eingestreute Kleingartensiedlungen säumten die Bahnlinien des größten europäischen Ballungsraums.Tausende von Berufstätigen mussten jedenTag per Schiene zu ihren Arbeitsstätten befördert werden. Ein dichtes Autobahnnetz gab es in den 1950ern noch nicht. Erst die Elektrifizierung der Strecke Düsseldorf – Hamm und die ET 30 machten es möglich, die Züge des Nahverkehrs schneller zu fahren. Die für damalige Verhältnisse sehr hohe Anfahrbeschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h trugen maßgeblich dazu bei, dass
der Triebwagen die Fahrzeiten stark verkürzte. Die Ein- und Ausstiegszeiten der Fahrgäste wurden durch breite, pneumatisch schließende Falttüren verkürzt. Die im dunklen Rot der DB lackierten Triebwagen gehörten zur Familie der „Eier-
Schnelle Anfahrt und breite Türen zeichneten die Triebwagen aus köpfe“. So nannten Eisenbahnfreunde einige Triebwagen aus den Bundesbahn-Anfangsjahren wegen derer runden Frontpartie. Der ET 30 war eine Weiterentwicklung des ET 56. Insgesamt wurden 24 dreiteiligeTrieb-
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Strecken und Betrieb
| DER TRIEBWAGEN 430
Schichtende in Duisburg-Wedau. Der 430 wird als N 8679 die Arbeiter im März 1980 wieder zurück zu ihren Wohnorten im Revier bringen. Erneut handelt es sich um 430 420, der im Nahverkehr aktiv ist
wagen beschafft und 1956 ausgeliefert. Da Gelsenkirchen nach Wanne-Eickel eingedie Elektrifizierung im Ruhrgebiet noch lief, schaltet. Drei Jahre später folgte die Linie fuhren 18 der neuen Einheiten zur gründli- Oberhausen – Emmerich. Auch hier konnte chen Vorerprobung im Münchner, die ande- man dann die Triebwagen ET 30 antreffen. ren sechs im Nürnberger Nahverkehr. Im Revier machten sich die Fahrzeuge umPünktlich kamen die 18 Münchner Wagen gehend nützlich. Sie brachten Arbeiter zur 1957 ins Ruhrgebiet und wurden vorerst Schicht, Schüler zur Schule, Hausfrauen in beim Bahnbetriebswagenwerk (Bww) Dort- die Stadt und am Wochenende auch mal Fußmund stationiert. Bis 1959 waren die ET 30 ballfans zum Spiel. 1967 wurden die 18Triebdie alleinigen elektrisch angetriebenen Fahr- züge vom Bww Dortmund zum Bww Hamm zeuge auf der Magistrale des Reviers. In die- umstationiert. Ab 1968 erhielten die Triebser Zeit stellte die elektrische Strecke von köpfe die Computerbezeichnung 430.1 bzw. Düsseldorf nach Hamm noch einen Inselbe- 430.4. Die Mittelwagen, die bis dahin EM 30 trieb dar; erst im Mai 1959, nach der Elektri- hießen, bekamen die Bezeichnung 830.0. Im fizierung der linken Rheinstrecke, kam die Jahr 1972 wurden auch die sechs Nürnberger Verbindung zum übrigen mit Oberleitung Einheiten nach Hamm versetzt. ausgerüsteten Streckennetz der DB. Das bedeutete aber nicht den Schluss- Dienstzeit und Museumszug punkt der Entwicklung. So wurde 1963 der Nun fuhren alle 430-Einheiten im Ruhrgebiet Fahrdraht über der Strecke von Essen über – und das blieb so bis zur ersten Ausmuste-
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Doppellampen, runde Form – das Design der ET 30/430 repräsentierte die frühe Zeit der Bundesbahn
rung 1980. Die planmäßigen Einsätze führten die 430er aber auch über den Rand des Reviers hinaus. Bis nach Rheine im Norden, Mönchengladbach im Osten, Köln im Süden und Warburg im Osten kamen die dreiteiligen, mit Scharfenbergkupplungen aufgerüsteten Einheiten. 13 Triebwagen erhielten ab 1980 noch die ozeanblau-beige DBLackierung.
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Die andere Farbvariante: Ein blau-beiger 430 eilt als N 8666 durch die Frühlingslandschaft zwischen Gelsenkirchen-Buer und Gladbeck West; dahinter das Kohlekraftwerk Scholven
Jahren machten den Triebwagen zu einem Vertreter der frühen DB-Jahre. Das kam an: Er gehörte zu den Museumsfahrzeugen mit den meisten Einsatztagen, die Laufleistung betrug rund 40.000 Kilometer im Jahr. Am 7. Dezember 1996 hieß es jedoch auch Ab-
Der Museums-430 war eines der meistgenutzten historischen Fahrzeuge
Das war das „Luxusangebot“ im ET 30/430: Blick in die 1. Klasse. In der 2. Klasse reisten die Fahrgäste volkstümlicher
Der Dienst zeigte aber auch seine Wirkung. Mit der Zeit setzten die strapaziösen Fahrten im schnellen Nahverkehr und die schadstoffhaltige Luft des Reviers denTriebwagen stark zu. Nach 27 Jahren konnten die ET 30/430 insbesondere aufgrund von Rostschäden an den selbst tragenden Wagenkästen nicht mehr weiter wirtschaftlich eingesetzt werden. Im Winterfahrplan 1983/84, mit dem Schlusstag 2. Juni 1984, erbrachten die 430er ihre letzten Planleistungen. Noch in den letzten Wochen ihrer aktiven Dienstzeit wurden sie planmäßig bis nach Altenbeken und somit über den bekannten Altenbekener Viadukt geschickt. Zum Jubiläumsjahr 1985, in dem die DB das 150-jährige Bestehen der deutschen Eisenbahn feierte, richtete man dann einen 430Triebzug betriebsfähig her. Ausgewählt wurde die Einheit 430 114 / 830 014 / 430 414. Ergänzend kam der Mittelwagen 830 012 dazu, so dass ein vierteiliger DB-Museumstriebwagen entstand. Die liebevoll durch die BAHN EXTRA 4/2015
Bahnsozialwerks-Gruppe des Betriebswerks Hamm gepflegte Einheit konnte insbesondere während der Weinlese an fast jedem Wochenende auf der rechten Rheinstrecke beobachtet werden. Die äußere Form und die Inneneinrichtung aus den 1950er-
Technische Daten
ET 30 Baujahr: 1956 Achsfolge: Bo’2’ + 2’2’ + 2’Bo’ Leistung: 1.760 kW Höchstgeschwindigk.: 120 km/h Länge über Kupplung: 80.360 mm Gewicht: 148 t Sitzplätze: 192 (2. Kl.), 30 (1. Kl.) Stückzahl: 24 Hersteller: Uerdingen, MAN, Fuchs, Wegmann, Westwaggon, WMD, SSW, AEG, BBC
schied nehmen vom Museumsfahrdienst. Im typischen Ruhrgebiets-Schmuddelwetter fuhr der inzwischen wieder als ET 30 014 bezeichnete Triebwagen an diesem Samstag nochmals über seine alten Stammstrecken im östlichen und westlichen Revier. Mit an Bord war eine große Zahl von Eisenbahnfreunden. Ein letztes Mal erlebten sie den hohen Komfort des Triebwagens und das markante Geräusch der pneumatisch schließenden Falttüren. Mit dem Abschied vom ET 30 verschwand die letzte einsatzfähige Erinnerung an die Blütezeit des elektrischen Nahverkehrs im Ruhrgebiet. Aber auch die Kulissen entlang der alten Strecken durchs Revier sind nicht mehr die des einstigen Kohlenpotts. Die meisten Stahlwerke sind längst dem Erdboden gleichgemacht und nur wenige Fördertürme ragen noch in den längst nicht mehr schwarzen Himmel über der Ruhr. Die Museumseinheit wurde in der Außenstelle des DB Museums in Koblenz abgestellt. Nach zehn Jahren war sie so stark durchgerostet, dass man einen Triebkopf und die beiden Wagen verschrotten musste. Heute ist leider nur noch ein Triebkopf der formschönen Einheit erhalten, der 430 414. Er steht bei der Schienenverkehrsgesellschaft (SVG) in Stuttgart. MHG/GM
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Strecken und Betrieb
| INDUSTRIE- UND ZECHENBAHNEN
Duisburg ist der größte Standort der europäischen Stahlproduktion. Vom Alsumer Berg aus kann man den Betrieb bei ThyssenKruppSteel gut verfolgen; die Aufnahme vom September 2010 zeigt die Hochöfen in Schwelgern und im Vordergrund einen Zug mit Torpedopfannenwagen Stefan Aldejohann
Zeugen einer großen Ära Die Montanindustrie spielte in der Entstehung des Ruhrgebiets und seiner Eisenbahnen eine herausragende Rolle. Einst förderten hier Hunderte Bergwerke, die über ein komplexes Netz von Zechenbahnen angebunden waren. Während davon bloß noch geringe Reste existieren, ist bei der Stahlindustrie gerade im Duisburger Raum nach wie vor ein beachtliches Netz von Industriebahnen vorhanden er Bergbau hat das Ruhrgebiet geprägt. Eng mit der Kohle verknüpft ist die Geschichte der Eisenbahnen, welche die Kohle zu den Endabnehmern transportierte und zugleich selbst einer der größten Kohleabnehmer war. Um die Steinkohle von den Förderstandorten aus versenden, die Berge (= den Abraum) zur Halde abfahren und Baumaterial annehmen zu können, gab es nahezu überall Anschlussbahnen. Sie stellten die Verbindung her von
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der Staatsbahn zu den Bergwerken und zu den werkseigenen Bahnhöfen.
Nur noch zwei Bergwerke Von dem einst so umfangreichen Streckennetz ist heute kaum etwas übrig. Kein Wunder, denn die Anzahl der fördernden Standorte sinkt seit Jahrzehnten. Aktuell gibt es im Ruhrgebiet lediglich zwei fördernde Bergwerke: Auguste-Victoria (AV) in Marl und Prosper-Haniel in Bottrop. Während Au-
guste-Victoria noch Ende 2015 seine Förderung einstellen wird, darf Prosper noch bis 2018 weiter fördern. Beide Bergwerke sind ans Schienennetz angeschlossen. Die Grubenanschlussbahn von Auguste-Victoria beginnt im Bahnhof Marl-Sinsen, führt an den ehemaligen Schächten 1 und 2 mit deren Fördertürmen vorbei zu den heute noch fördernden Schächten 3 und 7. Die Trasse verläuft dann weiter bis zum Hafen von Auguste-Victoria am We-
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Der Bahnbetrieb am Bergwerk West war auch für Betriebsfremde von außen sehr gut einsehbar. Im Oktober 2011 warten die Lokomotiven 676 und 581 im Werk auf die nächsten Einsätze; 2012 wurde das Bergwerk stillgelegt Stefan Aldejohann
Von der ersten Rheinbrücke in DuisburgHochfeld stehen noch die beiden „Wehrtürme“. Gleich daneben rollen Reise- und Güterverkehr über den großen Fluss Michael Hubrich
neuer Dieselloks lohnte nicht mehr. Einige der Dampfrösser gehörten zu den Ursprungsmaschinen, welche die Bergwerksgesellschaften Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts als erste eigene Lokomotiven für den Verschub in den Zechenbahnhöfen beschafft hatten. Zuvor war hier die Staatsbahn zuständig gewesen. Streckenloks wurden in größerem Stil erst nach der Fertigstellung des Rhein-Herne-Kanals (Inbetriebnahme: 1914) erworben, um die Kohle ohne Beteiligung der Staatsbahn zu den Häfen zu bringen. Manche dieser alten Maschinen waren in den 1970ern noch im EinIn den 1970ern waren die Loks vom Typ „Crefeld“ die heimlichen Stars der Bergwerke Radbod und Werne; da staunen auch die Käfer-geplagten Autobastler Dr. Dietmar Beckmann satz, meist gemischt mit moderneren Dampf- oder Dieselloks. Mansel-Datteln-Kanal. Der Werksbahnbetrieb hen in Bergwerken mitbekommen. Bei Pros- che davon zeigten sich in der Öffentlichkeit, von Prosper umfasst die umfangreichen per ist zumindest ein Blick aus der Ferne von manche verrichteten ihre Arbeit aber ausGleisanlagen an der Zeche sowie die Ver- der Landmarke Tetraeder aus möglich – al- schließlich hinter den hohen Backsteinmaukehrsleistungen zum Übergabebahnhof lerdings sollte hier ein Fernglas mitgenom- ern, die das Zechengelände vor unbefugtem Bottrop Süd. Angeschlossen an dieses kleine men werden. Zutritt sicherten. So konnte man beispielsRestnetz sind auch die Kokerei Prosper weise an der Südseite des Bergwerks Consosowie die Hafenbahnhöfe Bottrop und Zechenbahnen früher und heute lidation in Gelsenkirchen-Bismarck am Coeln-Neuessen, über die wiederum die Ganz anders sah dies aus, als die Schwer- Bahnübergang Robergstraße zehn Jahre alte Kokerei mit Importkohle versorgt wird. industrie noch allerorts aktiv war. Die ZeAls Betreiber fungiert in beiden Fällen die chenbahnen gehörten zum Stadtbild und RBH Logistics GmbH, die heute ein Tochter- zum Alltagsleben im Ruhrgebiet, selbst zu unternehmen der DB Schenker Rail Beginn der 1970er-Jahre. Das SchreckgeDeutschland AG ist und auf die 1913 gegrün- spenst der baldigen Einstellung der Kohledeten Königlichen Zechenbahnen zurück- förderung schwebte aber schon damals über Dieselloks (wie Henschel DHG 500) bei geht. Der Werksbahnverkehr beider noch fast allen Zechen. Größere Investitionen wur- ihrem unermüdlichen Treiben beobachten. vorhandener Bergwerke hat dabei eins ge- den „auf dem Pütt“ nicht mehr getätigt, auch Auf der nicht einsehbaren Nordseite rangiermeinsam: Die verbliebenen Anschlussbah- nicht in die werkseigenen Eisenbahnen. Aus ten dagegen noch Dampfloks aus den 1940ernen sind nicht zugänglich und auch nur diesem Grunde konnte man noch auf man- Jahren, von denen nur hin und wieder eine schwer einzusehen, so dass Außenstehende chen Zechenbahnen Dampflokomotiven im Dampfwolke über dem Bahndamm zu sehen heute nicht mehr viel vom Betriebsgesche- täglichen Einsatz erleben; die Anschaffung oder ein gelegentlicher Pfiff zu hören war.
Noch Anfang der 1970er gehörten Zechenbahnen zum Alltag im Revier
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Strecken und Betrieb
| INDUSTRIE- UND ZECHENBAHNEN
Überhaupt nicht öffentlichkeitsscheu waren die Dampfloks der Bergwerke Radbod und Werne im Osten des Ruhrgebiets bei Hamm.Von den Straßen an den Werkstoren ließ sich der intensive Rangierbetrieb sehr gut beobachten. Eine beachtliche Typenvielfalt sorgte für viel Abwechslung. Besonderes Interesse weckten die Lokomotivtypen, die der Eisenbahnfreund von der Bundesbahn her kannte. Bei der DB liefen sie als Baureihe 80 und 94, und während sie den Staatsdienst schon viele Jahre zuvor quittieren mussten, standen sie hier auf dem Pütt als RAG-Loks noch im täglichen Einsatz. Dazwischen wieselten die damals bereits knapp 70 Jahre alten Hohenzollern-Loks der Bauart „Crefeld“ mit leichten Rangiergruppen hin und her. Gelegentlich durften sie auch einem schweren, von einer 94 geführten Übergabezug nach Bockum-Hövel Schubunterstützung geben. Mit einer ganz besonderen Aufgabe waren die bulligen Dreikuppler der ehemaligen DB-Baureihe 80 betraut. Sie brachten mehrfach täglich bis zu acht dreiachsige Selbstentladewagen zur Schiffsbeladung. Der Kohlenumschlag von der Bahn aufs Schiff geschah aber nicht im Hafen, sondern
Betrieb bei HKM Duisburg im Oktober 2008: Diesellok EH-532 rangiert einen Flachwagenzug, der mit so genannten Knüppeln beladen ist. Links im Bild steht Lok EH-528 mit offenen Güterwagen, rechts eine Reihe von Güterwagen mit Schrott, der hier erschmolzen wird Stefan Aldejohann
Manche alte Lok der Bundesbahn machte sich bei den Zechen nützlich an der nahe gelegenen Brücke über den Datteln-Hamm-Kanal der Strecke zu den Schachtanlagen Königsborn 2 bis 5. Auf der Brücke wurden die vollen Wagen nach und nach genau über einem Schiff positioniert, das unter der Brücke fest gemacht hatte. Unter dem Beifall der aus den umliegenden Ortschaften herbei geradelten Kinder donnerte die Kohle dann in freiem Fall fünf Meter tief in den Schiffsbauch. Hier war die Zechenbahn nicht nurTeil des täglichen Lebens, sondern sogar eine spektakuläre Attraktion, die gefahrlos von der parallelen Straßenbrücke zu beobachten war. Dieses Schauspiel währte aber nicht mehr Das Bild ist erst wenige Jahre alt und doch schon historisch. Es zeigt den im September 2012 lange. Die Bergbau-Dampfloks verschwan- eingestellten Bergeverkehr zur Halde Mottbruch im Bahnhof Gelsenkirchen Horst Nord. Neben den fast gleichzeitig mit den großen schwar- dem Zug mit RBH-016 an der Spitze ist auch der Bahnhof Geschichte (Mai 2010) Stefan Aldejohann zen Schwestern der Bundesbahn Mitte der 1970er-Jahre von den Gleisen des Ruhrge- rich) ist nach Auslaufen der Restverkehrs- stelle Pattberg (hier befanden sich bis 1993 biets. In den nächsten 35 Jahren beherrsch- leistungen heute ohne Betrieb. In den letzten auch die Pattbergschächte), auf halbem ten Dieselloks und auf einigen Strecken auch Betriebsjahren des 2012 stillgelegten Berg- Wege an der Anschlussbahn gelegen. Die Elloks das schrumpfende Zechenbahnnetz. werks gab es zum einen den Verkehr mit Berge wurden aus den einzelnen Wagen entBis zum Jahr 2012 waren noch interessan- Kohle über die Anschlussbahn zum Betriebs- leert und gingen per Förderband in einen te Strecken- und Rangierdienste zu beobach- bahnhof Rheinkamp (DB-Strecke Duisburg Hochbunker, mit dem wiederum Lkw belaten. Das Bergwerk West in Kamp-Lintfort – Xanten), wo die Kohlezüge nach Richtungs- den wurden, um die Berge auf die nahe Halde am westlichen Rand des Ruhrgebiets hatte wechsel von anderen Triebfahrzeugen der zu fahren. Da diese Züge kontinuierlich zwieine sehr gut einsehbare Anschlussbahn mit RBH übernommen wurden. Im Gegenzug schen Bergwerk und Entladestelle pendelten, umfangreichem Betrieb. Ende 2012 wurde wurden Leerzüge über die Anschlussbahn zeichneten sie sich durch eine Besonderheit aus: Um ständiges Umsetzen zu vermeiden, aber der Betrieb dort eingestellt. Darüber hi- zum Bergwerk gefahren. Einen großen Umfang erreichten weiter- hatten diese Züge „Steuerwagen“, von denen naus gab es auf der Schiene bis September kland und Niederberg Zeche Friedrich Hein- hin die Bergeverkehre zur Bergeentlade- aus der Lokführer die Lokomotive per Funk-
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Im Februar 1972 kommt auf der Zeche Werne noch die RAG-Dampflok D722 zum Einsatz. Seit 1959 war die ehemalige DB-Lok 80 013 im Bergbau aktiv; heute steht sie im Deutschen Dampflokmuseum in Neuenmarkt-Wirsberg Dr. Dietmar Beckmann
fernbedienung steuerte. Vom Bergwerk gingen neben der Anschlussbahn noch zwei weitere Gleise aus. Das eine führte in südliche Richtung zum ehemaligen Schacht Norddeutschland, dessen Gleisanlagen zum Abstellen von Wagen genutzt wurden, das andere in ein nahes Kohlelager. Die ca. fünf Kilometer lange Anschlussbahn zwischen Bergwerk West und dem Bahnhof Rheinkamp hatte den Charakter einer ländlichen Kleinbahn. Beginnend im Bahnhof des Bergwerks, führte sie zunächst durch die Stadtrandlage von Kamp-Lintfort und schließlich parallel zu einer Landstraße. In diesem Bereich gab es mehrere kleine Bahnübergänge und Hofzufahrten. Kurz nachdem die Landstraße von der Bahn wegschwenkt und nun stattdessen in etwas Abstand die Autobahn A 42 parallel zur Bahn verläuft, wurde die Bergeentladung erreicht. Die Bergezüge wurden hier auf ein Parallelgleis gefahren, so dass andere Züge von und zum Bergwerk die Stelle während der Entladung passieren konnten. In diesem Bereich befinden sich auch eine Kohlemischhalle und ein Wasserturm, die von den ehemaligen Pattbergschächten übrig blieben. Die weitere Trasse verläuft auf einem Damm in Bögen durch landwirtschaftlich genutztes Gelände, kreuzt schließlich auf einer Brücke
das südöstliche Ende des Bahnhofs Rheinkamp und erreicht diesen nach Durchfahren einer ausgeprägten Kurve an seinem nordwestlichen Ende.
Berge von Prosper-Haniel am Standort Haniel gefördert und per Lkw auf die Halde gefahren.
Stahlstandort Duisburg Beispiel Halde Mottbruch In Gladbeck-Brauck befindet sich die Halde Mottbruch. Diese wurde bis Ende September 2012 mit Abraum aus dem Bergwerk ProsperHaniel aufgebaut. Bis Ende 2008 wurden hierhin auch die Berge aus dem Bergwerk Lippe mit dem Förderstandort Herten-Westerholt gefahren. Die Transporte zu der hier befindlichen Bergeentladung wurden über das RBH-Streckennetz abgewickelt. Die von Prosper kommenden Züge fuhren zunächst bis zum Betriebsbahnhof Rheinbaben (an der RBH-Strecke nach Gladbeck West), wechselten dort ihre Fahrtrichtung und zweigten unterhalb desTetraeders in östliche Richtung ab. Schließlich wurde der Bahnhof Gelsenkirchen-Horst Nord erreicht.Von hier drückten die RBH-Elektroloks die mit Bergen beladenen Züge über eine Kurve zur nahen Bergeentladung zurück. Gut beobachtet werden konnten die Verkehrsleistungen im Bereich des früheren Bahnhofs Gelsenkirchen-Horst Nord, der mit mechanischen Stellwerken ausgestattet war, sowie vom Tetraeder aus. Heute werden die anfallenden
Duisburg ist die letzte Stadt im Ruhrgebiet, wo aus Erz Roheisen erschmolzen und dieses zu Stahl weiterverarbeitet wird. Im Süden der Stadt, in Hüttenheim, befinden sich die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann Anzeige
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Strecken und Betrieb
| INDUSTRIE- UND ZECHENBAHNEN
Der Sonderfall in Herne
Die Dampfspeicherlok Eine eisenbahntechnische Besonderheit existiert in Herne. Dort werden Güterwagen täglich noch durch Dampfkraft bewegt, allerdings durch eine Dampfspeicherlok. Die feuerlose Lokomotive übernimmt den internen Verschub von Kesselwagen im Werk von Ineos Solvents, das bis 2014 zu Sasol Solvents gehörte. Der Druckkessel der Lok wird auf dem Werksgelände mit Wasser und unter Druck stehendem Heißdampf befüllt. Aufgrund thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten kann dieses Gemisch eine große Energiemenge speichern. Auch bei einem Abfallen des Drucks infolge Benutzung bildet sich im Betrieb kontinuierlich neuer Dampf, mit dem die Lokomotive die Wagen über Stunden verschieben kann. Während des Rangierens befindet sich die Lokomotive meistens an der Nordseite der Wagen, was das Fotografieren an sonnigen Tagen erschwert. Die Lok verlässt aber auch kurzzeitig das Werk und rollt über den Bahnübergang Brunnenstraße hinaus, an dem sich vom nahen Stellwerk aus handgekurbelte Schranken befinden. Zur Übergabe bzw. Übernahme von Kesselwagen zieht die Dampfspeicherlok ihre Fuhre einige hundert Meter über die Anschlussbahn bis in die Nähe des Herner Hauptbahnhofs, kuppelt dort ab und drückt anschließend über ein paralleles Gleis einen bereitgestellten Zug zurück in das Werk. Dabei quert sie auch einen weiteren Bahnübergang (Mulvanystraße/ Neustraße). Bei all dem kann man die Lok gut von öffentlichem Gelände aus beobachten. Stehen gerade keine Rangieraufgaben an, wird sie allerdings auf dem Werksgelände abgestellt. Stefan Aldejohann
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Direkt am Bahnübergang Brunnenstraße in Herne beginnt das Werksgelände von Ineos Solvents, auf dem eine Dampfspeicherlok nach wie vor Kesselwagen rangiert. Die mechanischen Schranken werden vom Stellwerk auf dem Werksgelände aus bedient (Bild vom Oktober 2013) Stefan Aldejohann
(HKM), während im Norden in Bruckhausen und Schwelgern die ThyssenKrupp Steel Europe AG (TKS) Stahl produziert. In beiden Standorten sind die umfangreichen Werksbahnen und die dorthin führenden Anschlussbahnen unverzichtbar, um die komplexe Logistik in den hocheffizienten Anlagen sicherzustellen. So dienen Hochöfen der Erschmelzung von Roheisen und müssen hierzu kontinuierlich Erze, Koks und Zuschlagstoffe wie Kalk erhalten. Erze werden beispielsweise per Rheinschiff in die werkseigenen Häfen gebracht und von dort per Zug zum Hochofen gefahren. Der Koks kommt zumTeil aus den auf dem Werk befindlichen Kokereien, die wiederum mit Kohle zu versorgen sind. Das Roheisen bringt man mit Torpedopfannenwagen vom Hochofen zum Stahlwerk, wo durch Oxidation der Kohlenstoffgehalt reduziert wird und aus dem Roheisen Stahl entsteht. Hier gibt man auch Schrott hinzu, der mit eingeschmolzen wird. Der Stahl wird im Strangguss in Kokillen abgegossen. Die dabei erzeugten Brammen fährt man zu Walzwerken (teilweise außerhalb der Werks-
gelände), um dort Bleche herzustellen. Brammen und Bleche werden per Bahn oder Schiff versendet. In den Hochöfen und im Stahlwerk entsteht als Nebenprodukt Schlacke. Diese wird zunächst in flüssiger Form in Pfannenwagen gefüllt und zu einem Schlackebeet gefahren, wo die glühende Schlacke ausgeschüttet wird. Die erkaltete Schlacke wird weiterverarbeitet und ist insbesondere in der Zementindustrie sehr begehrt. HKM ist an das Schienennetz über die Wanheimer Bahn angeschlossen. Diese beginnt in Duisburg-Hochfeld Süd in einem Güterbahnhof, der parallel zur Hauptstrecke
Duisburg verfügt über zwei Stahlwerke samt großer Werkbahnen von Duisburg Richtung Krefeld liegt, und schwenkt dann in einer Linkskurve parallel zum Rhein ein. Durch ein überwiegend gewerblich genutztes Gebiet geht es zweigleisig bis zum Betriebsbahnhof DuisburgWanheim. Im weiterenVerlauf ist die Strecke eingleisig und verläuft schließlich parallel
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Blick von der Fuß- und Radwegbrücke „Erzbahnschwinge“ auf Lok 812 der Dortmunder Eisenbahn (Captrain), die mit einem Coilzug im Bahnhof Bochum-Präsident rangiert. In Fahrtrichtung der Lok setzt sich die Strecke als Anschlussbahn zum Warmbandwalzwerk in Bochum-Wattenscheid fort (Mai 2011) Stefan Aldejohann
gelegen. Von einer Brücke der Alsumer Straße über die Werksbahn aus besteht unter anderem die Möglichkeit, vorbeifahrende Torpedopfannenwagen bei der Fahrt vom Hochofen zum Stahlwerk zu beobachten.
Anschlussbahn in Bochum
Im Juli 2012 verlässt ein Bergezug die Entladestelle Pattberg. Die Züge, die zwischen hier und dem Bergwerk pendelten, verkehrten als Wendezüge Stefan Aldejohann
zur Straßenbahnlinie 903 der DuisburgerVerkehrsgesellschaft und einer Straße. Schließlich wird HKM erreicht und die Einfahrt zum Tor 1 mittels eines Bahnübergangs gequert. Ein kleines Stück weiter läuft die Strecke in ein Tor hinein und mündet in einem Werksbahnhof. Von hier gehen zahlreiche Werksbahngleise aus, auf denen reger Betrieb herrscht. Als Außenstehender bekommt man vom Betriebsgeschehen einen sehr guten BAHN EXTRA 4/2015
Einblick von der Brücke der Mannesmannstraße aus (Südseite des Werksgeländes). Auf dem Gelände verkehren gelb-rot lackierte Diesellokomotiven unterschiedlicher Typen, die bis 2011 zu Eisenbahn und Häfen (EH) gehörten. Dieses Unternehmen ist heute mit TKS verschmolzen. Auf der Anschlussbahn kommen neben den G1206 vonTKS auch Maschinen anderer Unternehmen zum Zuge, unter anderem der DB. Das Werksbahnnetz der Stahlindustrie im Duisburger Norden ist an den Güterbahnhof Oberhausen West angebunden. An diesen schließt zunächst noch ein Werksbahnhof an, von dem aus eine zweigleisige Strecke weiterführt. Diese passiert die ehemaligen Hüttenwerke in Meiderich, die heute als Landschaftspark Duisburg-Nord bekannt sind und Besuchern einen hervorragenden Einblick in die Hüttenwerkstechnik geben (ein Hochofen ist bis oben begehbar). Der Landschaftspark kann über die Werksbahn auch von Sonderzügen angefahren werden. Mit Erreichen des Werksgeländes von TKS verzweigen sich die Strecken in ein Gewirr aus einzelnen Gleisen, über das die einzelnen Werksteile versorgt werden. Auf dem Werksbahnnetz kommen wie bei HKM die gelb-roten TKS-Dieselloks unterschiedlicher Typen zum Einsatz, die auch viele unternehmenseigene Güterwagen verschiedenster Ausführungen bespannen. Betriebsfremde können zumindest an einzelnen Punkten einen guten Einblick in die innerbetrieblichenTransportprozesse erhalten. Einen einzigartigen Ausblick bietet der Alsumer Berg, eine Halde am Rheinufer südlich der Kokerei Schwelgern
Wie die meisten Ruhrgebietsstädte war auch Bochum früher ein bedeutender Standort der Stahlindustrie. Hier war der Bochumer Verein ansässig, dessen Werksgelände einst weite Teile im Westen der Stadt einnahmen. Heute sind nur noch wenige Reste verblieben: Als Industriedenkmal erinnert etwa die Jahrhunderthalle an die früher allgegenwärtige Montanindustrie. Im Stadtteil BochumHöntrop ist ein nennenswerter produzierender Standort verblieben, der auf den Bochumer Verein zurückgeht. Hier befinden sich ein Warmbandwalzwerk mit Feuerverzinkungsanlage, das heute zu ThyssenKrupp Steel Europe gehört, und ein Edelstahlwerk von Outokumpu (ehemalsThyssenKrupp Nirosta). Das Edelstahlwerk soll 2016 geschlossen werden. Das Werksgelände in Höntrop ist über eine zweigleisige Anschlussbahn mit dem DB-Netz verbunden, die am Güterbahnhof Bochum-Präsident beginnt. Auf ihr sind unter anderem mit Coils oder Brammen beladene Züge zu sehen. Diese werden vielfach von der Dortmunder Eisenbahn mit ihren grünen Dieselloks mit Mittelführerstand be-
Dortmunder Eisenbahn und die DB AG sind in Bochum-Höntrop aktiv spannt. Anzutreffen ist aber auch die DB mit Dieselloks der Baureihe 232. Einen sehr guten Überblick über das Betriebsgeschehen auf der Anschlussbahn bietet eine geschwungene Brücke mit der Bezeichnung „Erzbahnschwinge“, die im Rahmen des Radwegs auf der Trasse vom Bochumer Verein zum Hafen Grimberg in Gelsenkirchen-Bismarck errichtet worden ist. Sie befindet sich in Bochum an der Gahlenschen Straße in der Nähe der Jahrhunderthalle bzw. des dort befindlichen Westparks. So ist es trotz der teilweise recht kleinen Überreste der Montanindustrie auch heute noch gut möglich, etwas vom typischen Treiben bei Zechen- und Industriebahnen im Ruhrgebiet mitzubekommen. Man erlebt einen Bahnbetrieb mit ganz eigenem Reiz. Stefan Aldejohann/Dr. Dietmar Beckmann
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Magazin für Schifffahrts- und Marinegeschichte
Das führende deutschsprachige Magazin für Plastikmodellbau
nsweiler Kopf
Mai 2015
Tramino von Solaris So bewährt sich der Konkurrent aus Polen
Fescher Footy
Renn-Segler MALOO
Zauber der Beleuchtung
Einsteigerboot preiswert aufgepeppt
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Deutsche
Museumsbetriebe Wo und wann Sie alte Trams erleben können
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Einst und jetzt
| GASOMETER OBERHAUSEN
Oben über Oberhausen Einst eingebunden in einen Industriekomplex, dient der Gasometer von Oberhausen heute als Aussichtsturm. Und das ausgesprochen gut: Kaum woanders im Ruhrgebiet hat man solch einen Überblick über die Bahnanlagen einer Stadt und ihrer näheren Umgebung
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Betrieb am Gasometer früher: In den 1970er-Jahren ist eine 044 mit ihrem Güterzug auf der Walzwerkstrecke unterwegs Dr. Dietmar Beckmann
Diesen Blick hat man vom Gasometer in Richtung Osten: links die A 42, die Emscher und der Rhein-Herne-Kanal, in der Mitte ein Zug auf der ehemaligen Walzwerkstrecke. Rechts im Bild ein Teil der Neuen Mitte Oberhausen Aufnahmen, wenn nicht anders angegeben: Michael Hubrich
u Zeiten, als sich im Revier noch die Förderräder der Zechentürme drehten, bestand kaum eine Möglichkeit, einen Blick aus luftiger Höhe auf das Revier zu werfen und dem Bahnbetrieb von einem erhöhten Standpunkt aus zuzuschauen. Solche Aussichtsmöglichkeiten hätte es ja gegeben: Aber Halden und Hochbauten der Kohlezechen und Stahlwerke waren von hohen Mauern und Zäunen umgrenzt sowie vom strengen Werkschutz bewacht. Normalbürger hatten keine Chance auf einen Zugang. Nachdem aber der Kohlebergbau eingestellt wurde und das Revier begann, seine eigene Kultur, die Industriekultur, zu entdecken, öffneten sich neue Horizonte. Mehrere Abraumhalden gehören heute zur Route der
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Das westliche Ruhrgebiet wird vom Dach aus zur Modellbahnlandschaft Industriekultur, sie sind mit Wegen gut erschlossen und bieten weite Aussichten über die Städte an Ruhr und Emscher. Es gibt aber einen Ort, der ist etwas ganz besonderes: Ein imposantes, weithin sichtbares Industriedenkmal, das man heute weltweit als Wahrzeichen des gewandelten Ruhrgebietes kennt. Gemeint ist der Oberhausener Gasometer mit seiner Aussichtsplattform auf dem Dach. Von ganz oben, aus einer Höhe von 117 Metern, kann man den Pulsschlag des Reviers richtig spüren. Der Ausblick vom Dach lässt das westliche Ruhrgebiet zu einer Modellbahnlandschaft werden und bietet einen besonders schönen Überblick über den Verlauf mehrerer Bahnlinien. Auf der Plattform des Gasometers steht man wie auf einer riesigen Tonne.Von unten ertönt das ständige Getöse des Emscherschnellweges, so nennt man im Revier die BAHN EXTRA 4/2015
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Einst und jetzt
| GASOMETER OBERHAUSEN
Autobahn A 42. Immer wieder mischt sich das Poltern eines Güterzuges dazu und, wenn der Wind richtig weht, vielleicht auch mal das Rattern eines Personenzuges. Wie Wagenbänder, mehr oder weniger lang, sieht man die Züge schon von weitem und kann ihnen über Minuten hinweg folgen.
Eisenbahn in alle Richtungen Nach oben kommt man mit einem gläsernen Aufzug im Innern des Riesenzylinders. Man weiß nicht, was interessanter ist, der riesige Innenraum oder der freie Blick vom Dach. Eisenbahn gibt es in alle Richtungen. Zwei Güterzugstrecken laufen gleich unterhalb des Gasometers vorbei. Die eine stellt dieVerbindung zwischen den Güterbahnhöfen Oberhausen-Osterfeld, dessen riesige Anlagen auch gut zu sehen sind, und Oberhausen West her. Die andere, südliche kommt aus Essen-Frintrop und führt ebenfalls nach Oberhausen West. Es ist die alte Walzwerkstrecke. Sie passierte früher über mehrere hundert Meter das Walzwerk der Gute-Hoff-
Eisenbahn von oben: Wie auf einer Modellbahn brummt die Privatbahn-212 am Gasometer vorbei in Richtung Essen-Frintrop
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nungs-Hütte. Stahl wird hier schon lange nicht mehr gekocht, auch das Walzwerk gibt es nicht mehr. Das gesamte 143 Hektar große Industriegelände wurde nach der Schließung der Gute-Hoffnungs-Hütte 1992 umgestaltet. Fast alle Industrieanlagen wurden abgerissen, auf dem Gelände entstand die „Neue Mitte Oberhausen“, ein großes Freizeit- und Einkaufszentrum.
Dahinter, unterhalb einer kleinen bewaldeten Abraumhalde, sieht man in einer Entfernung von rund einem Kilometer in südliche Blickrichtung Züge fahren. Es ist die ehemalige Köln-Mindener-Eisenbahn. Dort fahren Nah- und Fernverkehrszüge. Auch ein Güterzuggleis verläuft parallel vom Oberhausener Hauptbahnhof aus in Richtung Essen-Altenessen. In Himmelsrichtung Wes-
Das Areal nördlich der Gute-Hoffnungs-Hütte. Vor 100 Jahren gab es viel mehr Brücken über den Rhein-Herne-Kanal und die Emscher; einige Widerlager findet man noch heute. Der Gasometer ist auf der Karte nicht eingezeichnet. Er befindet sich unterhalb des Wortes „Rhein“ Slg. Beckmann
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Blick Richtung Westen: Während ein Güterzug die Einfädelung zum Güterbahnhof Oberhausen West befährt (M.), hat sich die „Ludmilla“ am Abzweig Walzwerk vorbei auf den Weg nach Oberhausen-Osterfeld gemacht (u.)
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Einst und jetzt
| GASOMETER OBERHAUSEN
Hintergrund
Der Gasometer Oberhausen
Mit einem Glasaufzug fährt man innen durch einen diffus dunklen Raum nach oben. Auf dem Dach der Tonne wartet dann helles Tageslicht – welch ein Kontrast
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Der zylinderförmige Gasbehälter wurde 1928 auf dem Gelände der Gute-Hoffnungs-Hütte erbaut. Er diente zur Zwischenlagerung von Gas, mit dem einst die neben ihm aufgereihten Hochöfen der Stahlhütte versorgt wurden. Mit seiner Höhe von 117,5 Metern und einem Durchmesser von 68 Metern war er der seinerzeit größte Gasbehälter Europas; er besitzt ein Fassungsvermögen von stattlichen 350.000 Kubikmetern. Die Baukosten betrugen 1,74 Millionen Reichsmark, welche
der Großbau binnen eines Jahres schon wieder einspielte. Ende der 1940er-Jahre wurde er nach Kriegsschäden und einem Brand weitgehend neu aufgebaut. 1988 legte man ihn still, doch blieb der Industrieriese als Baudenkmal erhalten. Der Innenraum dient heute regelmäßig für Ausstellungen, das Scheibendach als Aussichtsplattform. Der Gasometer ist dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Info: http://www.gasometer.de/de/
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Der Ortsteil Oberhausen-Osterfeld zeigt sich den Gasometer-Besuchern im Herbst 2009 mit der markanten St.-Pankratius-Kirche und dem Bahnhof samt 290-Diesellok und Güterzug
ten, dort, wo das DuisburgerThyssen-KruppStahlwerk am Horizont zu sehen ist und in regelmäßigen Abständen weiße Wolken in den Himmel pustet, fällt der Blick auf die Bahnlinie von Oberhausen Hbf nach Oberhausen-Sterkrade. Sie führt direkt am Niederrhein-Stadion, der Heimat von Rot-Weiß Oberhausen, vorbei. Bei klarer Sicht kann man neben den Eisenbahnen noch viele andere markante Landmarken entdecken. Der Bottroper Tetraeder hebt sich deutlich gegen den Himmel ab, die Hochhäuser der Essener Innenstadt sind schon recht weit entfernt. Hinter dem
Vier Eisenbahnstrecken und viel Industrie kann man von oben sehen Rangierbahnhof von Oberhausen-Osterfeld steht ein weiterer Gasometer. Er gehört zur Kokerei Prosper in Bottrop und ist noch in Betrieb. Links daneben erkennt man das weiße Dach der Schalke-Arena. Dort ist schon Gelsenkirchen. Und wo der RheinHerne-Kanal im Osten am Horizont verschwindet, steht stolz im Essener Norden der hohe Schornstein derTrimet-Aluminium-Fabrik, als wollte er sagen: „Seht her, hier ragen immer noch Schlote in den Himmel!“ Solche Aussichtspunkte sind dem Normalbürger zwar nach wie vor verschlossen, aber mit der Option des Gasometers in Oberhausen lässt sich das heute recht gut verschmerzen. MHG/GM Das ist die Aussicht Richtung NordOst: Die 290 befährt die Verbindung zwischen Oberhausen-Osterfeld und Oberhausen West (Okt. 2009)
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Unterwegs
| LOKFÜHRER IM RUHRGEBIET HEUTE
Der Führerstand der 232 ist zwar nicht das Modernste, was es bei der DB gibt. Aber die Diesellok hat Kraft, der Einsatz im Güterverkehr stresst nicht und macht Franz Blobel obendrein Spaß. Kann man Besseres vom Dienst mit 232 426 erwarten? Aufnahmen des Beitrags: Axel Witzke
iesmal ist es die Oberhausener Schicht Nummer 5971, mit einem vorgesehenen Dienstzeitraum von 12:52 Uhr bis 23:05 Uhr. Es ist Sonntag und die Sonne scheint auch. Lokführer Franz Blobel meldet sich bei der Lokleitung von Oberhausen West und erhält „seine“ Lok zugewiesen. Heute „wartet“ 232 426, abgestellt und mit Betriebsstoff versorgt. Also die große Diesellok aufrüsten und fertigmelden.
D
Mit Diesel unter Fahrdraht Ein Großteil des Streckennetzes im Ruhrgebiet ist elektrifiziert. Aber Streckendieselloks wie die „Ludmilla“, die Baureihe 232, haben hier trotzdem ihr Auskommen. DB Schenker nimmt die kraftvollen Maschinen aus dem Reichsbahn-Bestand gern für Güterzugleistungen im Revier, zum Beispiel für Zubringer im Nahbereich, wie sie heute bei uns auf dem Plan stehen. Kurz vor der Planzeit 13:52 Uhr geht es als Lokzug 67655 von Oberhausen Osterfeld los mit dem Ziel Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH (HKM) bei Duisburg. Bei Duisburg verläuft die Strecke parallel zum Rhein, was für ein schönes Bild! Früher stand gegenüber auf der anderen Rheinseite das
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Ein gemütlicher
Sonntag
Die Dampfrösser gingen, der Güterverkehr blieb – wenigstens ein Teil davon. Noch immer werden Güterzüge im Ruhrgebiet auch auf kürzeren Distanzen befördert, heute zum Beispiel mit Dieselloks der Baureihe 232. Axel Witzke hat einen Lokführer begleitet große Krupp-Stahlwerk in Rheinhausen. So braucht man mit der Lok nicht erst den Heute ist dort ein weiterer Logport von Duis- gesamten Zug „aufzupumpen“, sprich, die port. Einige enge Häuserschluchten folgen, Leitungen mit Bremsluft zu füllen. bis wir in den noch besetzten Bahnhof DuisDie Zufahrt zum Werk und die Gleise burg-Wanheim einfahren. Es handelt sich auf dem Werksgelände steuert das betriebsaber bereits um einen grundsätzlich fernbe- eigene HKM-Stellwerk. Dort melden wir uns dienten Abschnitt, als Hauptstrecke ausge- an und erhalten Funkkontakt zum Wagenwiesen und mit 50 km/h befahrbar. meister. Nach Rücksprache führt er am letzBei HKM steht der Wagenpark schon be- ten Wagen des Zuges eine vereinfachte reit; unsere Leistung, Zug 60447 nach Mül- Bremsprobe durch. Er gibt Franz Blobel die heim-Styrum. Die Garnitur befindet sich fer- Zugpapiere, dann sind wir abfahrbereit. tig vorgebremst an einer stationären Anlage. „Gute Fahrt“ heißt es noch.
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Auf dem Weg nach Mülheim-Styrum muss 232 426 in Oberhausen Hbf warten; erst nach dem Regionalexpress darf sie die Fahrt fortsetzen
Freut sich auf die Arbeit: Franz Blobel mit „seiner“ 232
Die 232 hat ihre erste Fuhre abgeliefert und kehrt zu den HKM-Werken zurück. In Oberhausen, beim Stellwerk Oro, passiert sie eine Besonderheit: die schienengleiche Kreuzung der Strecken nach Norden und Osten
Der Kollege im Stellwerk quittiert unsere Fertigmeldung mit „zwei Hellen“ – so heißt im Jargon das mit zwei weißen Lichtern am Sperrsignal erkennbare Signalbild, das die Fahrt erlaubt. Heute geht alles sehr zügig! Wohl auch, weil Sonntag ist. Für die „Ludmilla“ stellt der Zug kein Problem dar: Er hat „nur“ 1.400 statt möglicher 2.400 Tonnen. Mühelos bringt die 232 die Fuhre in Schwung, langsam und etwas vor Plan rollen wir aus HKM Richtung Mülheim-Styrum. Merklich arbeitet der 3.000-PS-Motor hinter dem Führerstand, bringt den Zug aber schnell auf „Streckengeschwindigkeit“. Nach dem Passieren von Duisburg-Wanheim rollen wir wieder vorbei an Wohngebieten, Fabrikanlagen, Industriebrachen. An der Rheinhausener Rheinbrücke biegen wir nach rechts Richtung Osten ab. Vorbei am ehemaligen Bahnhofsgebäude von Duisburg-Hochfeld Süd – heute eine Eventlokalität – und abgestellten Wagenparks, zum Beispiel für den Duisburger Hafen und das Arcelor-Stahlwerk, setzt Zug 60447 die Fahrt fort. Wir passieren den ehemaligen Ablaufberg RichtungVorbahnhof und erreichen die Güterzugstrecke Duisburg-Wedau – Oberhausen. Geradeaus ging es früher Richtung Mülheim-Speldorf. Aber das war einmal; diese Strecke ist heute unterbrochen und wird nur noch im Güterverkehr bis zum Mülheimer Hafen bedient. BAHN EXTRA 4/2015
Ehemalige Strecken sind das eine, das uns unterwegs hin und wieder begegnet. Das andere: Privatbahnloks, so wie die 185-Ellok von Captrain, die abgestellt beim Ablaufbahnhof auf ihren nächsten Einsatz wartet. Die DB-Gütersparte fährt zwar noch den Großteil des Güterverkehrs im Ruhrgebiet, aber die Privaten kommen auch zum Zug. Wir passieren die Abzweige Lotharstraße und Sigle. Diese sind heutzutage unbesetzt, unter anderem liegen hier die Zufahrten zum Duisburger Nordhafen und zum Duisburger Hauptbahnhof. Es folgt die Ruhrbrücke, rechter Hand erkennt man die Ruhraue, die von den beiden Personenzugstrecken gen Oberhausen und Mühlheim überquert wird. Es ist relativ einmalig in Europa, dass Eisenbahnstrecken in Ballungsgebieten weitläufig getrennt Personen- und Güterverkehr aufnehmen. Auf der Höhe von Duisburg-Meiderich, der Heimat des MSV Duisburg, fädelt die ehemalige Trajektstrecke aus Duisburg-
Formsignale verschwinden – samt der schönen Ausfahrtgruppe vor dem Stellwerk Oro. Nach dem Stellwerk fahren wir in einer annähernden 180-Grad-Kurve Richtung Oberhausen Hbf. Die Gleise nach Norden und Osten queren wir mittels einer Gleiskreuzung amerikanischer Bauart – relativ einmalig, das kennt man sonst nur von Modellbahnanlagen. Allerdings müssen wir nun auch warten. Die jetzige Strecke teilen sich Güter- und Personenzüge, und Letztere haben nun mal Vorfahrt. Wir warten einen Regionalexpress mit 146 ab und dürfen dann folgen, hin zur Hauptstrecke Duisburg – Essen – Dortmund. Seit dem Start bei HKM sind wir teilweise im Kreis gefahren; der kürzere, weil direkte Weg über Duisburg Hbf ist den Personenzügen vorbehalten. So haben wir nach etwas umständlicher Fahrt pünktlich um 15:40 Uhr den Güterbereich von Mülheim-Styrum erreicht, das Ziel von Zug 60447. Die Wagengarnitur wird festgebremst, die Lok abgekuppelt, fertig gemeldet und umgesetzt. Etwas vor Plan kehren wir mit Diesellok 232 426 nach Duisburg HKM zurück.
Warten auf den nächsten Zug
Dort muss Franz Blobel den relativ nervigen Teil seines Berufes erdulden: das Warten! Erst in rund vier Stunden soll der Zug fertig sein, und so lange braucht es heute auch. Die Zwischenzeit füllt der Meister mit einem Check seiner Diesellok und Blicken in das Dienst-Tablet. Dort macht die DB Dienstpläne und aktuelle Informationen verfügbar. Um 21:30 Uhr dürfen wir schließlich auf die Strecke, jetzt mit Zug 54241 nach Oberhausen-Osterfeld Süd. Mit 1.000Tonnen Last verläuft alles fast so wie am Nachmittag. Links über dem Rhein geht die Sonne unter. Wir liefern unsere Fuhre ab und kehren zur Einsatzstelle zurück. Noch die Nachbereitung (Nachschau,Tanken, Abstellen der Lok) sowie die Abmeldung bei der Lokleitung, dann hat der Lokführer Feierabend. Wie geplant um 23:05 Uhr. Alles in allem war es heute eine überschaubare Schicht. Güterzüge dieser Art zu fahren, macht ohnehin Spaß, wie der Lokführer erzählt. Wenn alles normal abläuft, hat man keinen großen Stress. Nicht die Hektik wie im Personenverkehr, bei dem man aufTaktfahrplan Ruhrort ein. Auch hier gab es eine Direktver- und den Reisendenwechsel am Bahnsteig bindung nach Mülheim-Styrum. Die würde achten muss und außerdem ständig bedie Fahrt des 60447 erheblich verkürzen, schleunigt und abbremst. Dass dieTriebfahrexistiert aber nicht mehr. zeuge im Güterverkehr eher etwas älter sind Als nächstes erreichen wir den Güter- – auch die 232 hat schon gut drei Jahrzehnte bahnhof Oberhausen West, in dessen Ein- Einsatzzeit hinter sich –, stört nicht. Im Gesatzstelle diverse Elloks von DB Schenker genteil: Alte Dieselloks haben es dem MeisSonntagsruhe halten. Auch zahlreiche 143er ter angetan, er hatte auch schon mit Vorund 151er der DB-Tochter RBH finden sich serien-216 und 221 zu tun. So blickt er seinem hier. Ein neues Stellwerk befindet sich im nächsten Dienst gelassen entgegen. Mal seBau. Wenn es in Betrieb geht, werden die hen, was dann ansteht.
Manche direkte Strecke fehlt heute – der Zug muss daher Umwege fahren
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Reiseführer Ruhr
| EISENBAHN-SPURENSUCHE IM RUHRGEBIET
Relikte im Revier Kaum eine Bahn-Region in Deutschland hat so viel von ihrem Streckennetz und ihren Bahnanlagen verloren wie das Ruhrgebiet. Kaum sonstwo gestaltet sich die Spurensuche aber auch so spannend. Zahlreiche Überbleibsel machen es möglich ahnend, wie die Türme einer mittelalterlichen Burg, stehen die Reste der ersten Rheinbrücke neben dem großen Stahlfachwerk der heutigen Hochfelder Eisenbahnbrücke. Im Duisburger Stadtteil Hochfeld und den sich nach Süden anschließenden Stadtteilen WanheimAngerhausen und Hüttenheim ist es noch existent: Das Ruhrgebiet, so, wie man es sich vorstellt. Schwerindustrie, Hafenanlagen, alte Mauern, Kräne, dreckige Wohnhäuser, riesige Hallen und immer wieder Güterzüge aus allen Richtungen.Von der Straßenbrücke über den Güterbahnhof Hochfeld-Süd lässt sich das alles gut beobachten. Auch die wehrhaft stehenden Türme sieht man auf der anderen Rheinseite, der Rheinhausener Seite.
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Kleine Revier-Geschichte In gewisser Weise ist dieses Plätzchen im Ruhrgebiet ein kleines Stück Revier-Geschichte – ein Beispiel dafür, wie sich die Region vielerorts entwickelte. Am 23. Dezember 1873 wurde die erste Rheinbrücke, ge-
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ziert und gesichert von den Türmen auf beiden Uferseiten, eröffnet. Sie warTeil der Strecke von Osterath nach Essen (später Essen Nord) und gehörte zur Rheinischen Eisenbahngesellschaft. Sie entstand in einer Zeit, die das Ruhrgebiet völlig umkrempelte: der Zeit der Industrialisierung. Während sonst eine Ortschaft um eine Kirche oder einen Marktplatz entstand, machten im Ruhrgebiet der Industralisierungszeit die Kohlezechen den Anfang. Um hunderte Arbeiter anzusiedeln, bauten die Zechen Siedlungen in ihrer Nähe. Im Umfeld der ergiebigen Zechen entstanden die Hüttenwerke, Kokereien und die Nebenindustrien. Zum Transport von Material und Menschen wurde alles benutzt, was es gab. Es entstand ein irrsinniges Chaos, zusammengesetzt aus Industrie, Wohngebieten, Eisenbahnen. Mittendrin steckten einige alte Städte, wie Essen, Mülheim oder Bochum. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Ruhrkohle zunächst der Treibstoff für das Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik,
dann kam das billige Erdöl und mit ihm ab den 1960er-Jahren das Zechensterben im Revier. So schnell die Region nördlich der Ruhr von der Industrie überrollt wurde, so schnell wurde sie auch wieder verlassen. Heute findet man nur noch an wenigen Stellen Relikte aus der Zeit, als es überall im Revier rauchte, sei es bei der Industrie oder bei den Eisenbahnen. Einige Bahnexponate konnten für die Nachwelt in Museen gerettet werden. Manche Überreste befinden sich heute noch auf nicht öffentlich zugänglichem Bahngelände. Und wieder andere stehen mehr oder weniger frei „verfügbar“ in der Landschaft, so wie die Reste der ersten Rheinbrücke in Duisburg-Hochfeld.
Entlang der Rheinischen Bahn ... Aber nicht nur dort kann man sich an die Spuren des Industriezeitalters heften. Ein guter Wegweiser bei einer Reise in die Vergangenheit ist auch die ehemalige Rheinische Bahn. Die Trasse, die lange Zeit fast ausschließlich dem Güterverkehr diente, war noch Anfang des Jahrtausends verkehrstechnisch so wertvoll, dass man den Zugbetrieb einstellte, um anstelle der Gleise die Betonfahrbahn des Metrorapid zu verlegen. Bis dahin war die zweigleisige, ab 1977 elektrifizierte Bahnlinie die kürzeste Schienenverbindung von den stahlkochenden Hüttenwerken in Duisburg zu den weiterverarbei-
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Von der ersten Rheinbrücke in DuisburgHochfeld stehen noch die beiden „Wehrtürme“. Gleich daneben rollen Reise- und Güterzüge über den großen Fluss Michael Hubrich
Auch ein Teil der einstigen Versuchsstrecke der Kruppschen Lokomotivfabrik liegt noch – sogar mit fünf Schienen für verschiedene Spurweiten! Michael Hubrich
Im Dornröschenschlaf leuchtet ein Zwergsignal im ehemaligen Übergabebahnhof Hugo vor sich hin. Hier führt der Radweg der Hugobahn vorbei Michael Hubrich
tenden Betrieben im inneren Ruhrgebiet, zum Beispiel dem Walzwerk in Bochum. Die Idee des Metrorapid, einer 300 km/h schnellen Magnetschwebebahn zur FußballWeltmeisterschaft 2006, zerschlug sich aber. Die Schwebebahn kam nicht, der Zugverkehr ebenso wenig wieder zurück. Die Gleise wurden abgebaut, die Stahlzüge nehmen seitdem einen Umweg über nördlich verlaufende Strecken. Auf der altenTrasse entstand der „Radschnellweg Rheinische Bahn“, ein kombinierter Rad- und Fußweg, der sich schon abschnittsweise nutzen lässt. Er bietet interessante Einblicke in das einstige Betriebsgeschehen, erinnern doch entlang der Strecke noch einige Zeitzeugen an die alte Eisenbahn. Große, inzwischen umBAHN EXTRA 4/2015
funktionierte Gebäude befinden sich auf dem Gelände des ehemaligen Dampflokausbesserungs- und Betriebswerkes in MülheimSpeldorf. Insbesondere der 1992 für die Landesgartenschau MüGa denkmalgerecht erhaltene 24-ständige Ringlokschuppen und der ehemalige Wasserturm mit der größten begehbaren Camera Obscura der Welt sind hier sehenswert. Nur 400 Meter östlich des ehemaligen Betriebswerks beginnt die bis heute erhaltene, hochbahnähnliche Trassierung der alten Rheinischen Bahn mit 39 ge-
Statt des Metrorapid gibt es auf der Rheinischen Bahn nun einen Radweg mauerten Brückenbögen. Sie führt über die Ruhrwiesen und als Stadtviadukt über die Straßen der nördlichen Mülheimer Innenstadt bis fast zum Hauptbahnhof. Darin integriert ist die ungewöhnlich konstruierte Ruhrbrücke mit drei Stahlbögen, deren
Hauptträger teilweise über und teilweise unter der Fahrbahn liegen. Da hier noch die Gleise liegen, ist dieser Streckenabschnitt nicht offiziell begehbar. Die Stahlbrücke über den Fluss besitzt aber seit jeher einen seitlichen Fußweg, von dem aus man einen guten Überblick über die ungewöhnliche Brückenkombination gewinnen kann.
... über Mülheim nach Essen Östlich des Hauptbahnhofs Mülheim ist der Radweg bereits im Bau und soll noch im Sommer 2015 eröffnet werden. Dort verläuft die Trasse parallel zur viergleisigen Hauptstrecke Duisburg – Essen. An die Rheinische (Güter-)Bahn erinnern die breiten Straßenbrücken und die Konstruktion der Oberleitung, deren Quertragseile auch den Radweg überspannen. Im östlich anschließenden Essener Norden ist der Radweg auf der Rheinischen Bahn schon fertig. An manchen Stellen wurden Kilometersteine, Signale oder Prell-
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Reiseführer Ruhr
| EISENBAHN-SPURENSUCHE IM RUHRGEBIET
böcke zur Erinnerung stehen gelassen, die der aufmerksame Radler oder Wanderer teils versteckt im Gebüsch findet. Nördlich der Rheinischen, wie man sie nur kurz nennt, erstreckten sich früher die riesigen Fabrikhallen der Firma Krupp. Über Jahrzehnte wurden dort Lokomotiven für Bahnen in der ganzen Welt gebaut. Und man findet noch ein paar Überbleibsel aus dieser Zeit. An ein paar Stellen, versteckt im Van-Eupen-Wald im Norden des Geländes, gibt es noch Relikte der Krupp-Bahn. Oberhalb der Hövelstraße (südöstlich der Einmündung der Hülsenbruchstraße), dort, wo der kleine Ringlokschuppen mit seiner Drehscheibe der Werksbahn lag, findet man noch Gleise im dichten Grün versteckt und von Birken überwachsen. 150 Meter westlich sind sogar noch Reste der alten, ursprünglichen Lokomotiv-Teststrecke zu entdecken. Das einzigartige Gleis hatte fünf, auf einem kurzen Abschnitt sogar sechs Schienen für vier verschiedene Spurweiten. Auf der rund einen Kilometer langen Probestrecke konnte man Lokomotiven folgender Spurweiten testen: 1.000 Millimeter,
Nur noch ein trauriger Überrest ist das einstige Stellwerk Eno in Essens Norden nach dem Brand vom April 2015 M. Henschel
1.067 Millimeter (Kapspur), 1.435 Millimeter (Normalspur) und 1.676 Millimeter (Breitspur für Indien).Von der Fahrleitung, die mit zwei verschiedenen Stromsystemen betrieben werden konnte, ist nichts mehr zu erkennen. Mit der Fertigstellung des ICE-Triebkopfes 402 046 endete am 3. März 1997 die Geschichte der berühmten Lokschmiede im Essener Norden. An die große Fertigungshalle M1 erinnert ein Rahmenfragment im Gewerbegebiet Am Lichtbogen. Daran wird deutlich, wie groß die Halle war. Der Ausbau der Krupp-Bahn zu einem 7,3 Kilometer langen Radweg ist für 2017 geplant.
Das Stellwerk Eno Der fertige Rad- und Wanderweg auf der Rheinischen Strecke endet heute nach einer Länge von vier Kilometern auf Essener Stadtgebiet an der Essener Universität. Wer
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nicht weiß, dass sich hier einst der Güterbahnhof Essen-Nord befand, kann es nicht mehr erkennen. Moderne urbane Wohnbebauung mit weitläufigen Plätzen und kleinen Seen ist entstanden. Aber hinter einem Zaun, hoch auf dem alten Bahndamm östlich der Gladbecker Straße, steht noch die Ruine des alten Reiterstellwerks Eno. Es erlangte regionale Berühmtheit, als seine filigrane Pendelstütze unter der brückenartigen Konstruktion in der Nacht zum 26. März 1986
Noch erinnert das Stellwerk Eno an den Güterbahnhof Essen-Nord durch einen Unfall weggerissen wurde. Den kompletten Absturz verhinderte damals ein eingequetschter Güterwagen des entgleisten Güterzuges, der zufällig als temporäre Stütze einsprang. So konnte das Stellwerk wieder aufgerichtet und bis zur Einstellung des durchgehenden Zugverkehrs weiter genutzt werden. Bis zum Frühjahr 2015 war man sich im Essener Stadtrat noch nicht einig, ob dieser Zeuge der Eisenbahngeschichte unter Denkmalschutz gestellt und in den Ausbau des Radschnellwegs Ruhr integriert werden soll oder ob man ihn abreißt. Die Entscheidung fiel vorzeitig am 22. April 2015. Ein vermutlich vorsätzlich gelegtes Feuer vernichtete wichtige Teile des historischen Bauwerks. Nur eine ausgebrannte Ruine ist übrig geblieben. Kaum wahrscheinlich, dass noch jemand diese in einen Radweg integrieren will. Allgemein bieten sich ehemalige Bahnstrecken, ob Hauptstrecke der Bundesbahn oder eine der zahlreichen Industrie- und Zechenbahnen, für Radfahrzwecke an. Die Strecken wurden im Ruhrgebiet meist in Hochlage oder in Einschnitten verlegt und haben dadurch wenige Kreuzungen mit dem Straßenverkehr. Die Steigungen sind gering, wie geschaffen für eine Drahtesel-Tour.
Bw Gelsenkirchen-Bismarck
Gepflegte Reste Von der großen Zeit des Bw Gelsenkirchen-Bismarck zeugen heute noch die von Museumsvereinen gepflegten Überreste, unter anderem die 23-Meter-Scheibe und der Lokschuppen. In den 1970erJahren war der Standort weithin bekannt als Hochburg kohlegefeuerter Dampfloks (l., Aufnahme mit Loks der Baureihe 44 im Jahr 1975); heute kümmern sich zwei Vereine um das Areal Dr. Dietmar Beckmann (l.), Michael Hubrich (r.)
Stellwerk „Eno“
Nicht zu retten Lange Jahre erinnerte das Stellwerk „Eno“ in Essen Nord an die Zeit des dortigen Rangierbahnhofs. Hinter einem Zaun harrte es der Dinge, die da kommen. Allerdings wendeten sich die im April 2015 zum Schlechten: Nach einem Brand ist die Ruine wohl nicht mehr zu retten. Nicht nur das Schwarzweiß-Bild aus den 1970er-Jahren, auch das Farbbild von 2013 hat somit historischen Wert Dr. Dietmar Beckmann (l.), Michael Hubrich (r.)
Bochum-Weitmar
„Bahn-Radwege“ um Gelsenkirchen
An der Schranke
So gehören auch einigeTrassen der alten Zechenbahnen in der Emscherregion heute zum Emscher Park Radweg. Die „Bahn-Radwege“, kombiniert für Fußgänger und Radfahrer, verlaufen scheinbar ungeordnet. Das liegt an den unterschiedlichen Ursprungsaufgaben, welche die Zechen- und Werksbahnen einst hatten. Ein typisches Beispiel ist die Verbindung von der Zeche Hugo zum Kohlenhafen am Rhein-Herne-Kanal in Gelsenkirchen. Über die rund 3,6 Kilometer lange Bahn sollte die Kohle vom Bergwerk Hugo 2/5/8 in Gelsenkirchen-Buer zum Übergabebahnhof Hugo in Gelsenkirchen-Sutum und zum Kanal in Gelsenkirchen-Schalke Nord rollen. Als kleine Erinnerungsstätte an die Hugo-Bahn wurde in Privatinitiative das
In Bochum-Weitmar benötigte das Kraftwerk Springorum 1976 Kohle, welche eine Bismarcker 44er mit ihrem Zug herbeischaffte (l.). Im Mai 2015 dokumentieren noch einige Überbleibsel, dass hier eine Eisenbahnstrecke verlief: die Schienen im Asphalt, die Reste des Andreaskreuzes sowie der Schrankenanlage und vor allem das teilrenovierte Stellwerk Wt am Bahnübergang „An der Holtbrügge“ (r.). Dr. Dietmar Beckmann (l.), Oliver Strüber (r.)
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Zeitsprung: Eisenbahn-Fundstücke im Revier
BAHN EXTRA 4/2015
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Reiseführer Ruhr
| EISENBAHN-SPURENSUCHE IM RUHRGEBIET
Essen-Rellinghausen
Brücke im Wandel Die von der Rheinischen Eisenbahn gebaute Verbindung von Mülheim-Heißen über Essen-Rüttenscheid, Essen-Steele Süd nach EssenAltendorf (Ruhr) führte durchs landschaftlich reizvolle Ruhrtal und wurde bis 1979 gerne von Sonder- und Ausflugszügen genutzt (l.). Heute gehören die beiden Fachwerkbrücken am Spillenburger Wehr zu einer der ältesten Trassen, die für das Bahnradeln hergerichtet wurden (r.). Dr. Dietmar Beckmann (l.), Michael Hubrich (r.)
An die Bahn zur Zeche Hugo erinnert das von Privatleuten aufgearbeitete kleine Schrankenwärterhäuschen an der Horster Straße in Gelsenkirchen Michael Hubrich
Schrankenwärterhäuschen an der Horster Straße sehenswert aufgearbeitet. Hier sind auch ein paar Bahnrelikte zu sehen. In Gelsenkirchen gibt es noch weitere Fußund Radwege mit Eisenbahn-Vergangenheit. Wie so oft im Revier handelt es sich um kurze Verbindungen, wie die 1,1 Kilometer lange Trasse in Gelsenkirchen-Erle zwischen den
Auf der Erzbahntrasse Bochum – Gelsenkirchen entstand ein Radweg Schächten Graf Bismarck 2/6/9 und 3/5. Hier endete schon 1966 der Bahnbetrieb mit der Stilllegung der damals modernsten europäischen Zeche Graf Bismarck. Es gibt aber auch besondere Highlights wie den 12,9 Kilometer langen Panoramaradweg auf der Erzbahntrasse zwischen Bochum und Gelsenkirchen. Den südlichen Ausgangspunkt der Erzbahntrasse bildet der Westpark an der Jahrhunderthalle in Bochum. Das Stahlwerk in Bochum war einst Ziel für das Erz, das auf der Bahn transportiert wurde. Neben den Relikten der Zeche Carolinenglück II/III sind die meist sehr hohen Bahnbrücken interessant. Herausragend ist die ca. 345 Meter lange Pfeilerbrücke. Auf der bahnhistorisch interessanten dreiteiligen Brücke aus dem Jahr 1918 überqueren die Radfahrer eine Güterzugstrecke zum Rangierbahnhof WanneEickel und die alte Hauptstrecke der KölnMindener-Eisenbahn in einer Höhe von 14 Metern (!). Die Brücke kann Bergsenkungen ausgleichen. Der weiter in Hochlage verlaufende Damm führt zum Hafen Grimberg in Gelsenkirchen-Bismarck. Hier wurde das Erz von den Schiffen auf die Bahn verladen. Alte Lampen, Prellböcke, Signalfundamente, Gleisreste und Bunker kann man im Stre-
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ckenverlauf entdecken. Mehr dazu findet sich im Internet (unter www.ruhrgebietindustriekultur.de/erzbahntrasse.html).
Auf Bw-Besuch ... In der Nähe des nördlichen Endes der Erzbahntrasse befindet sich eine besondere Stätte der deutschen Dampflokgeschichte: das Bahnbetriebswerk (Bw) GelsenkirchenBismarck. Hier endete im Mai 1977 der Einsatz der kohlegefeuerten Bundesbahndampfloks. Sehr sehenswert sind die noch vorhandenen Bw-Anlagen mit dem 16-ständigen Ringlokschuppen und der 23-MeterDrehscheibe. Sie stehen unter Denkmalschutz, sind seit 2001 Eigentum des Kommunalverbandes Ruhrgebiet und beheimaten zwei Eisenbahnvereine. Die Historische Eisenbahn Gelsenkirchen e.V. (HEG) und die Freunde des Bahnbetriebswerks Bismarck Förderverein e.V. kümmern sich liebevoll um die Erhaltung. Auch ein Bismarcker „Jumbo“, wie die Loks der Baureihe 44 genannt wurden, hat seit dem 9. Juli 2005 wieder zurück in seine alte Dienststelle gefunden. Lok 44 1558 wird von der HEG betreut. Hinter dem Lokschuppen findet man eine Ansammlung von alten Eisenbahnwagen, zum Teil nur noch in Fragmenten erhalten. Eine Besichtigung der Anlagen ist an Samstagen nach vorheriger telefonischer Absprache mit den Vereinsmitgliedern möglich. Die markanten Beispiele geben einen Eindruck vom Ruhrgebiet, das früher in Sachen Eisenbahn eine pulsierende Region war. Sie lassen sich noch um etliches ergänzen, wie die Bilder auf diesen Seiten zeigen. Ob im aktuellen Betrieb oder auf Entdeckungsreise in dieVergangenheit, der „Pott“ ist eine Fundgrube erster Güte. Das macht ihm so schnell keine Region nach. MHG/GM
Essen Nord
Merkmal Signal Im Schatten der großen Krupp-Werkhallen zieht 052 857 in den frühen 1970erJahren den abendlichen Nahgüterzug 63866 von Essen Nord nach Duisburg-Wedau. Heute kann man auf der Trasse der Rheinischen Bahn mit dem Rad fahren, anstelle der Werkhallen steht hier ein Möbelhaus. Und, nicht zu vergessen: das Einfahrsignal der Strecke aus Essen-Altenessen (Krupp-Anschluss). Es hält die Eisenbahn-Vergangenheit lebendig. Dr. Dietmar Beckmann (l.), Michael Hubrich (r.)
Dortmund-Hörde
Der Extremfall Nur noch der Zufahrtweg erinnert in seiner Linienführung ungefähr an die Strecke, die einst zum Abtransport der Stahlerzeugnisse aus dem Phoenix-Werk in Dortmund-Hörde diente. Sonst ist nichts übrig geblieben – hier erlebte das Revier einen totalen Wandel. Dabei liegen gerade einmal 15 Jahre zwischen dem Foto mit dem Zug der Dortmunder Eisenbahn (April 2000) und dem Bild der beschaulichen Vorstadtsiedlung (Mai 2015). M. Henschel (2)
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Zeitsprung: Eisenbahn-Fundstücke im Revier
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Momentaufnahmen
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Willkommen im Bw Gelsenkirchen-Bismarck, der Hochburg der Baureihe 44. Im Mai 1973 hat sich eine Handvoll der „Jumbos“, wie die Loks von Eisenbahnfreunden ehrfürchtig genannt werden, um die hiesige Drehscheibe versammelt. Bis 1977 greift die Bundesbahn noch auf die kräftigen Güterzugdampfloks zurück Georg Wagner
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Hier im Revier
Zu Besuch bei „Jumbos“, Kohle satt in Hamm und die S-Bahn zwischendurch … das war der Bahnalltag früher, zu Bundesbahnzeiten. Heute hat sich vieles gewandelt, in der Region wie auf ihren Schienen. Eine Zeitreise in Sachen Bahngeschehen
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Momentaufnahmen
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Auf Arbeit Vom schweren Güterzug über den StandardNahverkehr bis zur eleganten Reise – die Tätigkeit der Eisenbahn im Ruhrgebiet ist so vielfältig wie das Schienennetz zwischen Duisburg und Hamm. Und nicht immer leicht zu bewältigen Im Bw Dortmund Bbf wird 1951 der SVT 06 103 gepflegt. Der Schnelltriebwagen der Vorkriegszeit kommt im F-Zug-Netz der Bundesbahn zum Einsatz Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Vorkriegswagen, Umbauwagen und eine 212 an der Spitze – auch so sieht der Nahverkehr im Ruhrgebiet in den 1970ern aus. Im Mai 1975 ist die Garnitur bei Gelsenkirchen-Sutum unterwegs Georg Wagner
Bild Mitte: Eisenbahner, die im Bw Oberhausen I eine Pause machen, dürfen sich auf gediegenes Ambiente der frühen Bundesbahnzeit freuen. Der Pausenraum empfängt Besucher mit einer 1.-Klasse-Sitzgarnitur aus dem Reisezugverkehr Thomas Feldmann
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Gleise, Wagen, Kohle, so weit das Auge reicht: Der Rangierbahnhof von Hamm ist 1951 einer der wichtigen Umschlagplätze im Revier. Das Lokpersonal der 94 (pr. T 16.1) in Bildmitte hat reichlich zu tun, rechts daneben wartet eine 50er mit ihrem Zug auf das Abfahrsignal. Hinten schließen sich die Anlagen des Bahnbetriebswerks an Willi Marotz/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
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Früher hatte die DB den öffentlichen Gütertransport fast für sich allein, heute machen ihr Privatbahnen das Feld streitig. Selbst im Montanverkehr, in dem etwa Veolia mitmischt: Im Mai 2008 hat 189 093 den Kohlependel Rheinkamp – Mark Elversingen am Haken und passiert die Ruhrbrücke bei Wetter Thomas Feldmann
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Kunst am Bau begrüßt den Reisenden, der zu Dortmunds Hauptbahnhof kommt. Glasbilder in der Eingangshalle des 1952 eröffneten Gebäudes zeigen Motive aus der alten Arbeitswelt der Stadt – vom Stahlwerker bis zum Bierbrauer Volker Emersleben
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Aus einem historischen Flugzeug heraus entstand im September 2013 dieses Foto von DuisburgBeckerwerth. Zu sehen sind die Reste der Zeche (l.), die Autobahn 42 (r.) und ausgedehnte Gütergleise
Attraktionen Wenn es um die „Sehenswürdigkeiten“ des Ruhrgebiets geht, stehen Industrieanlagen meist an erster Stelle. Aber auch sonst hat die Region manche Besonderheit zu bieten, nicht selten in Verbindung mit der Eisenbahn
Helmut Säuberlich
2. von unten: Hoch über dem Ruhrtal erhebt sich das Berger Denkmal zu Ehren eines Mitbegründers der Turngemeinde Witten. Darunter fährt im Dezember 2010 ein IC seinem nächsten Halt Hagen entgegen M. Hubrich (2) Unten: Eine Eisenbahn-Attraktion war in den frühen 1990ern die „Nokia-Bahn“ Bochum Hbf – Gelsenkirchen. Auf ihr fuhren auch 515, deren Lack die Firma Nokia gesponsert hatte; hier am Haltepunkt Bochum-Nokia
Unten lädt die Parkanlage zur Muße ein, oben faucht der „Blue Tiger“ über die Rheinische Güterbahn. Die Szenerie von 1998 lässt sich heute leider nicht wiederholen: Die Bahnstrecke ist stillgelegt und soll zum Radweg werden Dr. Dietmar Beckmann
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Momentaufnahmen
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Rundum bunt „Ganz grau“ wie zu den Zeiten des HerbertGrönemeyer-Lieds „Bochum“ zeigt sich das Ruhrgebiet heute nur noch an einigen Stellen. Oft machte das Industrieterrain Platz für Freizeitanlagen oder wurde gleich in solche einbezogen. Auch die Eisenbahn gewann an Farbe, etwa durch die Privatbahnen Rechts: Für den „Melez-Kulturzug“, den Sonderzug zu einem Fest der Völkerverständigung, trug Ellok 143 247 im Jahr 2011 eine eigene Lackierung. Mit der fuhr sie auch planmäßige Züge wie diesen auf der S-BahnLinie 6 von Köln-Nippes nach Essen; am 2. August überquert die Garnitur den Kettwiger Stausee im gleichnamigen Essener Stadtteil Philipp Kuhenne In den letzten Jahren etablierten sich einige Privatbahnen. Eine davon ist HKX, die mit dem Hamburg-Köln-Express auch das Revier bedient. Im April 2014 eilt 182 536 mit ihrer Wagengarnitur bei Haltern-Sythen dahin Marcus Henschel
„Tor zum Sauerland“ wird Hagen auch genannt, wegen seiner Lage am Südrand des Ruhrgebiets. Hier fahren unter anderem FLIRTTriebwagen der Eurobahn; auf dem Weg nach Hamm hält ein Regionalexpress im Juli 2010 in der markanten Halle Volker Emersleben
In Orange und Weiß trägt die S-Bahn Rhein-Ruhr ihre Fahrgäste in den 1980er- und 1990erJahren durch die Lande. Doch das Farbkonzept muss leiden: Immer wieder machen sich Sprayer daran, die Züge weiter zu „bearbeiten“ Michael Hubrich
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Bild Mitte:Die Eisenbahn und Häfen macht schon länger mit kräftigen Farben auf ihre Existenz aufmerksam. Hier zum Beispiel im Werksbahnhof des Stahlwerkes in Duisburg-Beeck Michael Hubrich Dies ist das neueste Fahrzeug von DB Regio im Revier: Am 2. Mai 2015 bedient mit 1428 003/503 ein Triebwagen FLIRT III die Strecke Essen Hbf – Münster Hbf und fährt gerade durch Essen-Frillendorf. Farblich zeigt sich das Stadler-Produkt kräftig, aber konventionell im DB-typischen Verkehrsrot Malte Werning
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Reiseführer Ruhr
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Das Museum Bochum-Dahlhausen richtet in den historischen Bw-Anlagen immer wieder bemerkenswerte Sonderschauen aus. Anlässlich „40 Jahre DGEG-Museum“ wurden im April 2007 alle fünf Neubaudampflok-Typen der Bundesbahn versammelt; von links 10 001, 23 023, 65 018, 66 002 und 82 008
Auf zur
Industriekultur
Ganz verschiedene Museumsbahnen und Eisenbahnmuseen laden im Revier zum Entdecken derVergangenheit ein. Das Spektrum reicht von der großen Fahrzeugsammlung in Bochum-Dahlhausen über die Sonderfahrten der Ruhrtal- und Hespertalbahn bis zur kleinen Ausstellung in Oberhausen Hbf as Ruhrgebiet von heute ist eine interessante und abwechslungsreiche Region mit hohem Freizeitwert. Der hier geprägte Begriff „Industriekultur“ verinnerlicht sehr gut die positive Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Parkanlagen auf alten Bergwerkshalden, Freilichtbühnen vor illuminierten Hochöfen oder Museen, Kunst und Musicals in schönen alten Zechen- und Industriegebäuden haben ein besonderes Flair. Auch der Eisenbahn, welche die rasante Entwicklung der Schwerindustrie im Ruhrgebiet erst ermöglichte, setzte man vielerorts Denkmäler. Etliche in Vereinen organisierte Bahnbegeisterte sorgen ehrenamtlich dafür, dass die Geschichte, die historischen Exponate aus der Welt der Bahnen und das technische Erbe auch an kommende Generationen weitergegeben werden können. Hier einige ausgewählteTipps für Eisen-
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bahnmuseen und Museumsbahnen; sie lassen sich auch gut miteinander kombinieren.
Bochum Eisenbahnmuseum B.-Dahlhausen Eine der ersten Adressen im Revier ist das von der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e.V. (DGEG) gegründete Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen.. Es gehört zu den größten seiner Art und entstand 1968. Auf dem Freigelände und in den Hallen stehen rund 180 Fahrzeuge und Exponate, die deutsche Eisenbahngeschichte bis in das Jahr 1853 repräsentieren. Zu den Schmuckstücken gehören die Schnellzuglok 01 008, die Bundesbahn-Dampflok 66 002, die Reichsbahn-Tenderlok 80 003 und ein Schiene-Straße-Bus der DB und vieles mehr. Zentraler Punkt des Museums ist das Areal mit der 20-Meter-Drehscheibe und
Viele Freiwillige kümmern sich um die Exponate in Bochum-Dahlhausen; nicht jeder passt aber durch die Feuertür der preuß. P 8 T. Feldmann (2)
dem 14-ständigen Ringlokschuppen, erbaut zwischen 1914 und 1918. Mit dem Wasserturm im Hintergrund eignet sich diese Anlage perfekt zur Präsentation der alten „Schienenstars“. Der liebevoll restaurierte Fahrzeugbestand und die weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltene Anlage vermitteln historische Eisenbahn ebenso interessant wie vielseitig. Die alten Betriebs- und Sozialgebäude werden als Ausstellungsräume genutzt, etwa für Uniformen und Signaltechnik. Viele der hier gezeigten Lokomotiven,Triebwagen, Personen- oder Güterwaggons sind Raritäten oder gar Unikate. Zwei Mal im Jahr richtet das Museum die Museumstage aus, die jeweils unter einem
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Auch das „Schweineschnäuzchen“, der Wismarer Schienenbus aus Bochum-Dahlhausen, rückt immer wieder zu Sonderfahrten aus. Im Januar 2010 besuchte er die Zeche Zollverein, heute ein Ort für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen Michael Hubrich
Von der ersten Rheinbrücke in DuisburgHochfeld stehen noch die beiden „WehrBundesstraße 7 begleitet undReisequasi und zur Stratürme“. Gleich daneben rollen ßenbahn wird. Der unterGüterverkehr über denKuriner-Tunnel großen Fluss Michael Hubrich quert die Hauptstrecke Hagen – Düsseldorf und führt im engenTal sowohl Bahn- als auch Straßenverkehr zusammen. So ruht während der Durchfahrt des Teckels und der unter der Woche vereinzelt verkehrenden Güterzüge der Straßenverkehr. In Ennepetal-Altenvoerde wendet der Zug. In Hagen Hbf besteht teilweise Anschluss an dem Museumszug aus Bochum-Dalhausen (bitte Anschluss-/Rückfahrzeiten beachten). INFO: www.ruhrtalbahn.de
Bochum Deutsches Bergbaumuseum
Auch eine Postlok der AEG kann man im Museum Bochum-Dahlhausen betrachten; sie rangierte einst Wagen in Postbahnhöfen
bestimmten Motto stehen. Neben den eigenen Fahrzeugen sind an diesen Tagen wechselweise auch Fahrzeuge aus anderen Museen zu sehen. Für die kleinen Museumsbesucher gehört die Mitfahrt auf dem Führerstand einer Dampflok ebenso zu den Attraktionen wie die Fahrt auf der 600-Millimeter-Grubenbahn durch das Museumsgelände. Für jene, die Interesse an der Restaurierung historischer Fahrzeuge haben oder sich gerne ohne direkte Mitgliedschaft ein wenig einbringen möchten, bietet das
Dahlhausen glänzt mit vielen Fahrzeugen und gut erhaltener Anlage Museum einen kostenlosen, anmeldepflichtigen Workshop an.Wer mit dem Zug anreist, kann sonntags mit dem Pendelzug „Schweineschnäuzchen“, einem Wismarer Schienenbus, direkt vom S-Bahnhof Dahlhausen ins Museum einfahren. Auch außerhalb davon ist man aktiv: Jeweils am ersten Sonntag im Monat von April bis Oktober fährt der DGEG-Dampfzug auf der Ruhrtalbahn. Drei Zugpaare pendeln zwischen Museum und Hagen Hbf über Hattingen und Witten-Herbede. INFO: Eisenbahnmuseum BochumDahlhausen, Dr. C.-Otto-Straße 191, BAHN EXTRA 4/2015
Diese und viele weitere Grubenloks erinnern im Bergbaumuseum Bochum an den einstigen Bahnbetrieb unter Tage Thomas Feldmann (2)
Schon früh verlegte man unter Tage schmalspurige Gleise. Mit abenteuerlichen Grubenlokomotiven wurde das schwarze Gold von den Abbruchflözen in Loren zu den Förderschächten gebracht. Die Fahrzeugsammlung umfasst eine Reihe von Gruben- und Feldbahnlokomotiven, die ihre Antriebsenergie aus Oberleitungen, Akku-Batterien, Pressluft, Gas oder explosionsgeschützten Dieselmotoren bezogen. Das in einer Tiefe von 17 bis 22 Metern liegende Schaubergwerk zeigt unter anderem den Einsatzbereich der Grubenloks. Der Rundgang gibt in authentischer Umgebung mit Originalmaschinen und funk-
44879 Bochum. Geöffnet: Mär–Nov, Di– Fr/So/Feiertag 10–17 Uhr, Einlass bis 16 Uhr. www.eisenbahnmuseum-bochum.de
Bochum/Witten/Hagen Ruhrtalbahn, „Linie R“ und „Linie T“ Immer freitags und vom zweiten bis vierten Sonntag, also abgesehen von Sonntagen mit Dampfbetrieb des Museums, verkehrt ebenfalls von Mai bis Mitte Oktober die „Linie R“ auf der Ruhrtalbahn zwischen dem Museum Bochum-Dahlhausen bzw. Dahlhausen SBahnhof und Hagen Hbf. Zum Einsatz kommt eine Schienenbusgarnitur, die Fahrt eignet sich auch für Rad- und Wandertouristen. Genutzt für eine Teil- oder die Gesamtstrecke, verbindet der Zug auf 36,6 Kilometern Weg mit zehn Zwischenhalten viele Sehenswürdigkeiten. Am ersten Sonntag des Monats, jeweils von Mai bis Mitte Oktober, verkehrt die mehrteilige Schienenbus-Garnitur der Ruhrtalbahn dann mit drei Zugpaaren auf der traditionellen Strecke von Herdecke über das Ruhrtalviadukt nach Hagen Hbf; von dort geht es weiter über den „Teckel“ (daher „LinieT“) durch das ländlicheTal der Ennepe nach Altenvoerde. NachVerlassen der durch Zwieback und Batterien bekannten Stadt Hagen erreicht man Gevelsberg-Nirgera, wo der Schienenbus bei der Ortsdurchfahrt die
Zwischen April und Oktober knattert die Schienenbus-Garnitur der Ruhrtalbahn am ersten Sonntag des Monats hinaus auf die „Teckel“-Strecke Hagen – Ennepetal – Altenvoerde/Gevelsberg. Zeitweise fährt der Museumszug dort neben der Straße T. Feldmann
tionstüchtigen Modellen einen sehr realistischen Einblick in die verschiedenen Abbautechniken und Arbeitsbedingungen. Der über dem Museum errichtete Förderturm stammt von der Zeche Germania in Dortmund und gehört mit einer Höhe von 62 Metern zu den Wahrzeichen der Stadt Bochum. INFO: Am Bergbaumuseum 28, 44791 Bochum. Öffnungszeiten Di–So, 10–17 Uhr, letzte Grubenfahrt 15:30 Uhr, www.bergbaumuseum.de
Hattingen Industriemuseum Henrichshütte Ein beliebtes Ziel an der Ruhrtalbahn und einer von 25 Ankerpunkten auf der „Route
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Reiseführer Ruhr
| MUSEUMSBAHNEN/BAHNMUSEEN
Das Industriemuseum Zeche Zollern dokumentiert den Ruhrbergbau; im September 2014 dampft Lok Anna Nr. 6 übers Gelände Michael Hubrich
Industriekultur“ ist das LWL-Industriemuseum Henrichshütte in Hattingen an der Ruhr. Der 55 Meter hohe Hochofen 3 überragt nicht nur die Szenerie, er ist heute auch der älteste Bau seiner Art im Ruhrgebiet. Im großflächigen Außengelände stehen einige Lokomotiven sowie spezielle Montan-Güterwagen aus der Region. Hier findet man unter anderem die Dampfspeicherlok 5 der Rüttgerswerke (Henschel/ 1927), die Dampfloks Nr. 5 und 12 von der Grube Emil Mayrisch und die zweiachsige Ellok E290 (ex Ruhrkohle AG). INFO: Industriemuseum Henrichshütte, Werkstraße 31, 45527 Hattingen. www.lwl.org
Witten Feldbahnmuseum Muttental Ebenfalls direkt an der Museumsstrecke durch das Ruhrtal liegt dieses Feldbahnmuseum. Im Wittener Muttental, der „Wiege des Ruhr-Bergbaus“, hat der Verein eine hervorragende Sammlung, bestehend aus mehr als 90 Lokomotiven verschiedener Bauarten und ca. 200 Waggons, zusammengetragen. In den Ausstellungsräumen der liebevoll restaurierten Betriebsgebäude und auf dem Freigelände der schon 1892 stillgelegten Zeche Theresia gewinnt man einen Einblick in die Geschichte der Gruben- und Feldbahnen. Oft waren sie es, die erst den Bau imposanter Bahntrassen, Tunnels und Viadukte möglich machten, indem sie das Baumaterial heranschafften. Die Zubringerzüge der Muttentalbahn fahren vom Parkplatz ins Museumsgelände und auch noch rund einen Kilometer weiter bis in das Westfälische Industriemuseum Zeche Nachtigall (zu einem Haltepunkt der Ruhrtalbahn). INFO: Feldbahnmuseum Muttental, Nachtigalstr. 27, 58452 Witten. www.muttentalbahn.de
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Lokomotiven und Wagen aus der Stahlindustrie findet man im Industriemuseum Henrichshütte in Hattingen Thomas Feldmann
Dortmund Zeche Zollern Die berühmte Musterzeche beherbergt die Zentrale des Westfälischen Industriemuseums (WIM) und wurde 1999 als Museum für Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrbergbaus eröffnet. Einst galt die Zeche als Vorzeigeobjekt der Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft. Beachtlich sind die Maschinenhalle mit Jugendstilportal und eine der ersten elektrischen Hauptschacht-Fördermaschinen. Für die museale Präsentation hat das Museum einen typischen Zechenbahnhof mit Lokschuppen und Behandlungsanlage wieder eingerichtet. Für den weiteren Ausbau vorgesehen sind eine Drehscheibe und eine Schiebebühne an den Verladegleisen der Schachtanlage. Seit 1985 werden am Standort Zollern Eisenbahnfahrzeuge gesammelt, die auch an anderen Standorten des WIM, zum Beispiel in der Henrichshütte in Hattingen, gezeigt werden. Die Sammlung konzentriert sich auf industrietypische Fahrzeuge und Wagen, vor allem aus dem Montanbereich. Eine typische Zechenbahn-Dampflok ist die funktionstüchtige, regelmäßig eingesetzte „Anna VI“; sie entspricht dem Typ „Victor“ der Düsseldorfer Lokomotivfabrik Hohenzollern. Das Zechengelände wird zudem durch einen Grubenbahn-Rundkurs mit 600 Millimetern Spurweite um die Maschinenhalle erschlossen, auf der zu besonderen Gelegenheiten Fahrten für die Besucher stattfinden. INFO: Zeche Zollern, Grubenweg 1, 44388 Dortmund, Geöffnet: Di–So 10–17 Uhr, www.lwl.org
Hamm Museumseisenbahn Hamm e.V. Bereits 1977 fanden sich rund 40 Eisenbahnbegeisterte als „Hammer Eisenbahnfreunde“
zusammen, 1983 entstand daraus die hiesige Museumseisenbahn. Inzwischen umfasst der Bestand aus Lokomotiven, Personenund Güterwagen über 50 Fahrzeuge. Neben drei Dampflokomotiven, einem VT 95 und der Diesellok V 60 615 gehört die V 200 033 dazu; die bundesweit vor Sonderzügen eingesetzte Diesellok ist das Aushängeschild des Vereins. Regelmäßig befahren die historischen Museumszüge mit Dampf- oder Dieselbespannung die 18,7 Kilometer lange Strecke der Ruhr-Lippe-Eisenbahngesellschaft zwischen Hamm-Süd und Lippborg-Heintrop. Der Endbahnhof wurde unter großem Einsatz derVereinsmitglieder in den Zustand eines typischen Landbahnhofs zurückversetzt. Der Bahnsteig mit seinen Bogenlampen, die Nebengebäude aus Backstein und die historische Omnibushaltestelle, alles ist aufwendig im Stil der 1950er- und 1960er-Jahre gestaltet. Das ehemalige Gelände des an die Strecke angeschlossenen Bergwerks Maximilian wurde 1983 in die Landesgartenschau einbezogen und zu einer ausgedehnten Parkanlage umgestaltet. Auf einem Rest der Zechengleise im Park hat die Museumseisenbahn Hamm ein kleines Museum aufgebaut und zeigt dort einige Fahrzeuge aus ihrer Sammlung. INFO: Museumseisenbahn Hamm, Schumannstr. 35, 59063 Hamm, www.museumseisenbahn-hamm.de
Wanne-Eickel/Herne Emschertalmuseum Immer noch ein kleiner Geheimtipp ist das Heimat- und Naturkundemuseum in Herne. Im Garten einer ehemaligen Schule befindet sich unter anderem eine ansehnliche Fahrzeugsammlung. Zwischen den Bäumen stehen sowohl verschiedene Straßenbahnen und Betriebsfahrzeuge als auch einige
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Das Emschertalmuseum in Herne zählt noch zu den Geheimtipps im Revier. Dort findet man unter anderem Werkbahn-Fahrzeuge, zum Beispiel die Ellok EH 344 der Eisenbahn und Häfen GmbH Thomas Feldmann
Mit V 60 015 unterwegs: Im August 2007 veranstaltet die Museumseisen- Sonderzug, bereit zur Abfahrt: Das Feldbahnmuseum in Witten lädt bahn Hamm eine Sonderfahrt nach Kupferdreh zur Hespertalbahn auch zu einer kleinen Rundtour auf Schmalspur ein Thomas Feldmann (2)
Dampf-, Diesel- und Elloks von Werkseisenbahnen aus der Region. INFO: Emschertalmuseum, Unser-Fritz-Straße 108, 44653 Herne. www. emschertal-museum.de
Essen Hespertalbahn in Essen-Kupferdreh Unweit des neuen S-Bahn-Haltepunktes in Essen-Kupferdreh startet die Hespertalbahn, eine der ältesten Museumsbahnen in Deutschland, zur beschaulichen Fahrt entlang des Baldeneysees nach Haus Scheppen. Seit der Gründung am 28. Juni 1975, also vor bald genau 40 Jahren, betreibt derVerein zur Erhaltung der Hespertalbahn e.V. die Anschlussstrecke zur ehemaligen Zeche PörBAHN EXTRA 4/2015
tingssiepen und veranstaltet dort regelmäßig Sonderfahrten. Zu der Fahrzeugsammlung gehören drei Dampfloks, vier Dieselloks, sechs Personenwagen und rund 15 weitere historische Waggons. Eine der Dampfloks ist die noch nicht aufgearbeitete „PörtingssiepenVII“, eine der ersten Stammloks der Zechenbahn. Nach jahrelanger Planung entstanden vor kurzem nahe des alten Bahnhofs Kupferdreh ein neuer Bahnsteig und eine Fahrzeughalle mit witterungsunabhängiger Werkstatt als neuer Betriebsmittelpunkt. Im Gegenzug entfiel die Abstellung der Fahrzeuge im alten Bahnhof Zementwerk, der moderner Wohnbebauung mit Seeblick weichen musste. Neben den regelmäßigen Fahrten mit Dampf-
und Diesellok an den Wochenenden von Anfang Mai bis Mitte Oktober lädt der Verein auch zu diversen Sonderveranstaltungen ein. Ebenso kann man den Museumszug zu privaten Zwecken mieten. Die Ruhrbrücke am Schiffsanleger in Kupferdreh ist übrigens eine ehemalige Eisenbahnbrücke der Ruhrtalbahn von Bochum-Dahlhausen über Werden nach Kettwig. INFO: Hespertalbahn, Prinz-Friedrich-Straße 1 45239 Essen. www.hespertalbahn.de
Oberhausen Verein Dampfloktradition Oberhausen Der aus einer Bahnsozialwerks-Gruppe hervorgegangene Verein Dampfloktradition
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Reiseführer Ruhr
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Mit Schmackes nimmt Lok 41 360 der Dampfloktradition Oberhausen im Januar 2014 den Weg über den Wittener Viadukt. Neben dem Sonderzug hat sie auch Museums-Diesellok 221 116 am Haken Marcus Henschel
Extratipp Duisburg
Trajekt Homberg Abschließend noch ein kleines Extra, das zwar nur indirekt mit der Eisenbahn zu tun hat, aber einen interessanten Aspekt der Eisenbahn-Geschichte dokumentiert. Im linksrheinischen Duisburg-Homberg steht heute noch einer der früher beiderseits des Rheins vorhandenen Trajekttürme. Im Grunde waren die 1856 fertig gestellten Trajektanlagen mit ihren 30 Meter hohen, burgähnlichen Türmen große Aufzüge, mit denen man die einzeln aus Zugverbänden gelösten Eisenbahnwagen mittels einer hydraulischen Plattform auf eine Dampffähre absenkte oder von ihr anhob. Je nach Länge der Fahrzeuge konnten ca. zehn Güterwagen oder vier Personenwagen mit der Fähre übersetzen und vor der Weiterfahrt wieder zu einem Zugverband zusammengestellt werden. Die Anlage verband eine rechtsrheinisch liegende Zweigstrecke der Köln-Mindener Bahn mit der linksrheinischen Ruhrort-Krefelder-Kreis Gladbacher Eisenbahn. Das Trajekt erreichte einen Umschlag von jährlich 45.000 Wagen. Mit dem Bau der Eisenbahnbrücke zwischen Rheinhausen und Duisburg 1885 wurde die zeitaufwendige „Umladung“ der Wagen eingestellt. Als reine Personenfähre fanden die Anlagen noch einige Jahre Verwendung. Anders als das linksrheinische Pendant in Homburg erlebt der Turm im rechtsrheinischen Duisburg-Ruhrort sein 150-jähriges Bestehen nicht mehr; er wurde wegen Baufälligkeit 1971 abgerissen. Info: Trajektanstalt Homberg, Duisburg-Ruhrort, Rheinanlagen 12, 47198 Duisburg-Homberg
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Oberhausen (DTO) verfügt heute über mehrere Lokomotiven: die Schlepptenderlok 41 360 „Lady of Bismarck“, die seit geraumer Zeit als Leihgabe beim niederländischenVerein SSN in Rotterdam eingesetzte Schwestermaschine 041 241 und die noch in Aufarbeitung befindliche Schnellzuglok 01 1100. Um genügend Öl- und Wasservorrat für längere Touren – auch aus dem Ruhrgebiet hinaus – mitzuführen, besitzt der Verein einen zweiten Tender und einen mit entsprechenden Behältnissen modifizierten Postwagen. Neben 41 360 setzt der Verein vom Standort im Betriebshof Oberhausen-Osterfeld auch die zum Bestand des DB Museums Nürnberg gehörende, nicht minder elegante Großdiesellok V 200 116 vor Sonderzügen ein. INFO: Verein Dampfloktradition Oberhausen, Cheruskerstraße 25, 46117 Oberhausen. www.dampfloktradition.de
Oberhausen Hauptbahnhof Museumsbahnsteig Auf den Gleisen 4 und 5 im Oberhausener Hauptbahnhof halten seit 1996 keine Züge mehr. Das seinerzeit als „Museumsbahnsteig“ umgesetzte Projekt mit alten Bildern und Informationen wirkt inzwischen allerdings auch ziemlich verwaist. Bunte Lichter
an der Bahnsteigüberdachung und im Gleis verleihen dem Bahnsteig nach Einbruch der Dunkelheit noch etwas Atmosphäre und schlagen optisch eine Brücke zum gegenüberliegenden Industriemuseum Zinkhütte Altenberg. An Gleis 5 steht ein kurzer, leider recht vernachlässigter Montanzug. Er besteht aus der Zweikraftlok EH 156 (ehemals Eisenbahn und Häfen), die mit einem Roheisenmischwagen und einem Schlackenpfannen-Wagen gekuppelt ist.
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Reiseerlebnis der 1. Klasse.
Mit einer beschaulichen Fahrt von EssenKupferdreh nach Haus Scheppen wartet die Hespertalbahn auf. Sie ist eine der ältesten Museumsbahnen Deutschlands Thomas Feldmann
Oberhausen Zinkhütte Altenberg
Eher morbiden Charme verbreitet der Zug am Museumsbahnsteig in Oberhausen Hbf; die Fahrzeuge sehen inzwischen recht vernachlässigt aus Thomas Feldmann
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Direkt gegenüber vom Westausgang des Oberhausener Hauptbahnhofs befindet sich das Industriemuseum Zinkhütte Altenberg, einer von insgesamt sechs Museumsstandorten des Landschaftsverbands Rheinland. Vorbei an weit über 1.000 Exponaten aus 150 Jahren Industriegeschichte führt der interessante Rundgang durch die Ausstellung in der ehemaligen Walzenhalle. Zu der Ausstellung gehört auch eine Dampflok, und zwar 50 2429 alias 052 429, die noch 1977 beim Bahnbetriebswerk in Duisburg-Wedau im Einsatz gewesen ist. Nach einer äußerlichen Aufarbeitung im Werk Meiningen bereichert sie seit 1990, aus Platzgründen allerdings ohne Tender aufgestellt, die Ausstellung des Museums. INFO: Zinkhütte Altenberg, Hansastraße 18, 46049 Oberhausen, www.industriemuseum.lvr.de Die Angebote der Museen können je nach Verfügbarkeit des Fahrzeugbestands variieren. Unabhängig davon hat die EisenbahnHistorie im Revier aber ihren festen Platz. In diesem Sinne: Glück Auf und viel Spaß bei Ihren Eisenbahntouren! Thomas Feldmann
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Einst und Jetzt
| DER RHEIN-RUHR-(E)XPRESS
So sieht das aktuell geplante Liniennetz des Rhein Ruhr Express aus. Im nächsten Jahrzehnt sollen sechs schnelle Linien die heutigen RegionalexpressVerbindungen weitgehend ersetzen Rhein Ruhr Express
Zukunft
im Ruhrgebiet
Ab 2018 soll sich im Nahverkehr des Reviers manches ändern: Von da an wird der RRX als neues Angebot nach und nach mehrere RE-Linien zwischen Duisburg und Dortmund ersetzen er Regionalverkehr des Ruhrgebiets ist derzeit vor allem auf der Hauptachse Duisburg – Essen – Dortmund ein Flickwerk. Die Schienen-Infrastruktur hat man seit über 30 Jahren nicht an die veränderten Anforderungen angepasst. Die RELinien müssen die Gleise mit dem Fernverkehr teilen; sie verkehren zwar einzeln im Stundentakt, ein regelmäßiger Gesamttakt entsteht aber nicht. Auch ist die Zugbildung uneinheitlich. 1. Klasse wie Mehrzweckabteile stehen von Zug zu Zug an anderer Stelle, undurchschaubar für die Fahrgäste. Eine deutliche Verbesserung ist in den kommenden Jahren von dem neuen Konzept für den Regionalverkehr zu erwarten, das der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) unter dem Kürzel „RRX“ vorgestellt hat. Die offiziellen Medien bezeichnen es als „Rhein Ruhr Express“ oder als „Rhein Ruhr Xpress“.
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Die RRX-Idee Sechs schnelle RRX-Linien sollen den größtenTeil der heutigen Regionalexpress-Linien ersetzen.Vier davon werden im so genannten Kernkorridor zwischen Köln und Dortmund in einem exakten 15-Minuten-Takt mit bis zu 160 km/h über Duisburg, Essen und Bochum verkehren. Je einen Zug pro Stunde verlängert man über Dortmund Hbf hinaus nach Hamm, Münster und Minden sowie über Köln Hbf hinaus nach Aachen. Ein Zug pro Stunde wird bereits ab Köln-Deutz zum Flughafen umgelenkt. Im Ruhrgebiet zwischen
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Duisburg und Dortmund sollen zwischen zwei RRX-Zügen jeweils zwei Fahrplantrassen für Fernzüge eingerichtet werden, und zwar je eine für einen schnellen ICE/IC und eine für einen „langsamen“ IC. Diese enge Zugfolge von durchschnittlich fünf Minuten soll mit konventioneller Signaltechnik und einer Blockverdichtung ermöglicht werden. Die heutige RE-Linie 2 (Düsseldorf – Essen Hbf – Gelsenkirchen – Münster) verkehrt weiterhin und die Linie RB 42 von Münster wird bereits ab 18. Dezember 2016 über Essen hinaus nach Mönchengladbach verlängert (neu:RE 42). Beide Linien fahren westlich von Essen über die S-Bahn-Gleise und behalten die bisherigen Zwischenhalte
Der RRX beschleunigt den Nahverkehr, bringt aber auch Nachteile bei. Wesentlich gravierender ist der Eingriff bei den im Stundentakt fahrenden Linien RE 16 und RB 40 von Essen Hbf nach Siegen/ Iserlohn bzw. Hagen, die heute von der Abellio Rail NRW GmbH betrieben werden. Um zu vermeiden, dass die Triebwagen jede Stunde drei der begehrten Fernzugtrassen quer durchs Ruhrgebiet belegen, werden sie zwischen Essen Hbf und Bochum-Langendreer nicht mehr über Wattenscheid, sondern über die Gleise der S 1 mit zusätzlichen Halten in Essen-Steele (nur RB 40), Wattenscheid-Höntrop und ggf. Bochum-Langen-
dreer geleitet. Damit verliert der Haltepunkt Essen-Kray Süd seine letzten Zughalte; er wird dann gar nicht mehr bedient. Mit der Betriebsaufnahme des RRX soll der Takt der S-Bahnen tagsüber von grundsätzlich 20 Minuten je nach Linie auf 15 Minuten verdichtet (zum Beispiel bei der S 1) oder auf 30 Minuten gestreckt (etwa bei der S 3) werden. Dies stößt bereits heute auf starken Widerstand der kommunalen Netzbetreiber, welche die Fahrpläne ihrer Busse und Straßenbahnen anpassen müssen.
Vorarbeiten für den neuen Zug Um die zusätzlichen Züge aufnehmen zu können, sind gezielte Investitionen in die Infrastruktur geplant. Die Ausbaumaßnahmen stellen dabei nicht nur die erforderliche Kapazität für den Mehrverkehr her, sondern orientieren sich auch an dem vorgesehenen Fahrplan und vermeiden die Übertragung von Verspätungen auf andere Züge. Diese Vorgehensweise richtet sich nach Schweizer Vorbild und ist in Deutschland einzigartig. Nur zwischen Düsseldorf und Duisburg soll die bestehende Strecke um zwei neue Gleise erweitert werden. Innerhalb des Ruhrgebiets reichen sonst punktuelle Maßnahmen aus. Dazu gehören die Verkürzung der Signalabstände (für die Blockverdichtung),Verbindungsweichen zwischen S- und Fernbahn in Duisburg, Mülheim, Bochum und Dortmund sowie neue schlanke Weichen in Bochum. Letztere ermöglichen
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Für den RRX fertigt Siemens Desiro-Triebwagen mit einstöckigen Triebköpfen und zweistöckigen Mittelwagen Siemens
In der Grafik des Herstellers machen die Desiro-HC-Triebwagen des RRX schon in Münster Hbf Station (l.); Realität bleiben aber dort wie im Ruhrgebiet zunächst noch Doppelstock-Züge mit 146er-Elloks der DB (r.). Unten eine Grafik des Desiro HC Siemens (2, Grafik l., u.), Dr. Dietmar Beckmann (r.)
eine hohe Ein- und Ausfahrgeschwindigkeit für zwei Bahnsteigkanten je Fahrtrichtung. Um die zusätzlichen Züge über EssenSteele aufnehmen zu können, sind drei größere Baumaßnahmen an der Infrastruktur erforderlich. So wird ein zusätzliches Gleis die direkteVerbindung vom Gleis 9 des Essener Hauptbahnhofs nach Steele herstellen, ohne die Fahrstraßen anderer Linien zu tangieren oder zu kreuzen. Darüber hinaus wird östlich von Steele Ost ein eingleisigerTunnel gebaut, durch den die aus Hattingen kommenden Züge der S 3 die beiden Gleise der S 1 unterqueren und unmittelbar vor dem (nördlichen) Hausbahnsteig einfädeln. In Langendreer braucht es eine Verbindungskurve von der S-Bahn in Richtung Witten.
und sollen in der Regel in Doppeltraktion verkehren. Die beiden Endwagen sind einstöckig und entsprechen weitgehend der Bauart Desiro-ML (wie DB-Serie 460), während die doppelstöckigen Mittelwagen auf der Grundlage der Desiro-DD (wie SBBSerie RABe 514) konstruiert sind. Siemens verspricht sich von der Kombination ein vereinfachtes Zulassungsverfahren. Im Gegensatz zum Fahrzeughersteller ist der zukünftige Betreiber des RRX noch nicht gefunden. Fünf Unternehmen haben ein Angebot abgegeben, darunter die deutsche Tochter der britischen National Express Group, die ab Dezember 2015 die RE 7
(Rheine – Krefeld) und die RB 48 (Solingen – Köln) betreiben wird. Bei Redaktionsschluss lief noch die Prüfung der Offerten. Schon jetzt steht aber fest: Auch wenn die DB AG den Zuschlag nicht erhält, wird sie ab Ende 2018 einen Interimsbetrieb im Auftrag des VRR durchführen. Nach und nach soll sie die Desiro-HC in die Umläufe der Regionalexpresslinien einschleusen; es gibt sogar einen Zeitplan dafür (siehe Kasten). Mit der vollständigen Umsetzung des RRX-Konzeptes wird nicht vor 2021 gerechnet. Es ist aber zu hoffen, dass sich auch schon vorher das Regionalverkehrsangebot im Ruhrgebiet verbessert. Dr. Dietmar Beckmann
Fahrzeuge und Betreiber
Ausblick
Im Oktober 2013 wurden die neuen Fahrzeuge europaweit ausgeschrieben, und zwar unabhängig vom späteren Betreiber, der somit nicht seine eigenen Fahrzeuge einbringen wird. Die Ausschreibung bestimmt auch, dass der Hersteller die Fahrzeuge wartet und für 30 Jahre die Verfügbarkeit garantiert. Ende März 2015 erhielt Siemens den Auftrag mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro, der die Lieferung von 82Triebzügen (800 Millionen Euro) und deren Wartung über einen Zeitraum von 32 Jahren (900 Millionen Euro) umfasst. Die vierteiligen, 160 km/h schnellen Triebwagen der Bauart Desiro-HC (HC = High Capacity) verfügen über 400 Sitzplätze
Interimsbetrieb der DB AG
BAHN EXTRA 4/2015
Der geplante Betrieb der DB AG mit Desiro-HC-Triebwagen beim RRX Umstellung auf Linie Laufweg Desiro-HC Dezember 2018 RE 11 Düsseldorf – Essen – Hamm – Paderborn
Bemerkungen ab Hamm nur ein Triebwagen alle zwei Stunden bis Kassel
Juni 2019
RE 5 Koblenz – Wesel
bis Remagen nur ein Triebwagen
Dezember 2019
RE 6 Köln/Bonn Flugh. – Köln – Neuss – Düsseldorf – Essen – Minden
Juni 2020
RE 1 Aachen – Köln – Essen – Hamm
Dezember 2020 RE 4 Aachen – Neuss – Düsseldorf – Wuppertal – Dortmund
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Vorschau
Impressum
| IM NÄCHSTEN HEFT
Ab
1 4.
August im Handel
4/2015 | Juli/August 26. Jahrgang | Nummer 137
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ISSN 0937-7174 l ISBN 978-3-86245-209-5 Zeitungskennzahl 12126 Erscheinen und Bezug: BAHN EXTRA erscheint alle zwei Monate jeweils Mitte eines geraden Monats. Sie erhalten BAHN EXTRA in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken, im Fachhandel sowie direkt beim Verlag. © by GeraMond Verlag München. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Thomas Hanna-Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Thomas Perskowitz; beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.
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