BAUREIHEN DB/DR: Alle StreckenDieselloks im Porträt
AKTUELL Die letzten Klassiker bei DB AG und Privaten
BETRIEB Lokführerdienst auf 118, 132, 218
2.2015
MÄRZ / APRIL
€ 12,90
Strecken-Diesellokomotiven DB/DR
A: € 14,60 CH: SFR 25,80 BENELUX: € 14,90 DK: DKR 150,00 NO: NOK 195,00 SE: SKR 180,00
StreckenDieselloks Technik, Typen, Einsatz
BAHN-EXTRA 2/2015
LOK SO FUNKTIONIERT DIE DIESEL
Die Dieselreviere bei Bundesbahn und Reichsbahn
STRECKEN:
Die Antriebskonzepte und ihre Einsatzmöglichkeiten
TECHNIK:
SONDERFÄLLE: Die Vielfahrer, die
Langläufer, die Rangierhelfer
04_BE0215_SM_LMKiosk_1-1_Layout 1 28.01.15 12:00 Seite 1
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
n h a B n o i t a n i z s Fa
Die neuen Ausgaben jetzt am Kiosk!
Online blättern oder Testabo mit Prämie bestellen unter:
www.lok-magazin.de/abo www.strassenbahn-magazin.de/abo
Fotos: Ralf Händeler (gr. Bild), Olga Bandelowa, Slg. Thomas Wunschel, Volker Emersleben (u., v.l.)
be_2015_02_03_05 30/01/15 15:43 Pagina 3
Oben: Blick durch DB-V-100 auf DB-V-100, aufgenommen beim Einsatz der Wuppertaler 212er auf der Strecke Remscheid – Solingen in den 1990er-Jahren. Unten, v.l.: Interzonenzug zwischen Hamburg und Berlin mit DB-218 und DR-132 um 1990, Werbekarte der IVA München 1965 mit einer V 200.1 (spätere 221) und 228 792 der DR mit dem Militärschnellzug Dm 38945 nach Brest in Erfurt Hbf, August 1992
Die Schnellen, die Starken Willkommen bei den Lokomotiven, die den Dieselbetrieb auf den Strecken der Bundesbahn und Reichsbahn beherrschten. Bei den Maschinen, die 100 km/h oder mehr fuhren – und in einem Fall auch darunter blieben. Bei den Lokomotiven, die schnelle Reisezüge, schwere Güterzüge oder Züge des Nahverkehrs an den Haken nahmen (und zum Teil heute noch bei der DB AG nehmen). Die Baureihen, die Einsatzgebiete, der Betriebsdienst – alles in diesem Heft. Sehen Sie selbst!
BAHN EXTRA 2/2015
3
be_2015_02_03_05 29/01/15 16:39 Pagina 4
Inhalt
| STRECKEN-DIESELLOKS DB/DR
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Thomas Hanna-Daoud Verantwortlicher Redakteur
in einer Automobilwerbung hieß es vor einiger Zeit: „Ohne Herz wären wir nur Maschinen.“ Wenn man mal davon ausgeht, dass damit die agilen Motoren in den Pkw gemeint sind, dann lässt sich der Slogan ganz plakativ auf Diesellokomotiven übertragen. Deren Herz pocht auch, es grummelt, wummert, grollt – und es liefert die Kraft, die den Zug hinaus auf die Strecke zieht. Strecke ist das Stichwort: Dieses Heft widmet sich den Dieselloks, die bei Bundesbahn und Reichsbahn die Zugleistungen von A nach B übernommen haben. Dabei gibt es viele Aspekte. Etwa die Einteilung nach leichter, mittlerer und schwerer Leistungsklasse. Die Abwägung zwischen hydraulischem oder elektrischem Antrieb. Oder den Werdegang vom Zweimotorer zum Einmotorer – auf dem Bild links dargestellt mit 221 114 und 216 023 der DB im April 1979 in Oberhausen Hütte.
Titelfotos Titel: Georg Wagner (gr. Bild, 216 001 bei Duisburg-Ruhrort Hafen, August 1979), Georg Wagner, Slg. Wolfgang Dath, Jan Welkerling (o., v.l.), Georg Wagner, Slg. B. Huber, Ralf Händeler (u., v.l.) S. 4: Uwe Miethe, Georg Wagner, Jan Welkerling, Rainer Heinrich (v.o.) S. 5: Slg. Wolfgang Dath, Dr. Dietmar Beckmann, Michael Beitelsmann (v.o.) Rücktitel: W. A. Reed/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung (gr. Bild, V 200 078 mit Postzug in Köln 1960), Michael Beitelsmann, Ralf Händeler (u., v.l.)
26
4
Wir stellen Ihnen alle Baureihen und ihre Einsätze vor, zum Beispiel bei der DR-Baureihe 132, von der ein Exemplar links im Werk Cottbus steht. Beeindruckend sind nicht nur die Ausmaße der Lok, sondern auch der Motor; er schluckt bei 1.200 Tonnen Last rund acht Liter Diesel auf den Kilometer. Dafür bietet er die Basis für enorme Zugkraft. Was sich damit im Betriebsalltag so alles bewegen lässt, haben Eisenbahner für uns aufgeschrieben. Die Berichte zur 132 und weitere zu anderen Maschinen legen es nahe: Diese Lokomotiven haben schon irgendwie ein Herz. Es sind nicht nur Maschinen ... Lassen Sie sich davon überzeugen. Viel Vergnügen bei der Lektüre!
Wo sie auftaucht, sind ihr bewundernde Blicke sicher: Die V 200 steht für die moderne DB. Erinnerung an ihre Glanzzeit
be_2015_02_03_05 29/01/15 16:39 Pagina 5
Inhalt Bilderbogen 6 Schnell, stark, modern Streckendieselloks bei DB und DR
46 Auf Achse Streckendieselloks im Einsatz
80 Übergangszeiten Die Entwicklung nach 1994
Fahrzeuge und Technik
66
Arbeit mit der Lok und manchmal auch an den Motoren: Der Dienstalltag mit den DR-Baureihen 118 und 132
14 Einmal hydraulisch, zwei Mal elektrisch Die Vorgängerloks V 140 001 und V 188
16 Vom Motor zum Rad Die Antriebskonzepte bei Dieselloks
34
Das Ruhrgebiet bebt – die Vorserien-216 und die 221 ersetzen in den 1970ern Dampflokomotiven im schweren Güterverkehr
18 Die Serientypen ... der Bundesbahn und Reichsbahn im Kurzporträt
26 Was für eine Lok! Die V 200 der DB – Sinnbild der modernen Bahn
42 Die schnellen Kolosse V 300 001 und V 320 001 der Bundesbahn
44 Dieselelektrische Außenseiter Die DB-Leihloks von der DE 2000 bis zur 240
78 Der lange Abschied Die letzten Einsätze der 201
88 Die neue Verwendung Streckendieselloks als Bahndienstfahrzeuge
90 Die Rückkehrer Die Aufarbeitung von 216 002 und 215 001
Strecken und Betrieb 28 Eine der letzten Domänen Die 220 auf der Strecke Hamburg – Cuxhaven
34 Getöse an der Ruhr 216 Vorserie und 221 im Revier
18
Von V 80 bis V 320, von V 180 bis 119/229 – alle in Serie beschafften Streckendieselloks von Bundesbahn und Reichsbahn im Porträt
36 Die Rekordhalter Die Einsätze der Wuppertaler 212
38 Gemeinsame Sache Der Diesellokbetrieb in der Vorharz-Region
54 Die Dicken am Rennsteig Die 118 auf den Strecken um Schleusingen
58 Arbeit mit „Ralf“ Die 120 im Rangierdienst
76 U-Boote für den „Bäder-Express“ Die 119 im Vogtland
Blickwinkel 30 Endlich selber Züge fahren ...! Als Studenten-Lokführer auf 212 und 220
62 Die Lady möchte nicht Ein 120-Dienst in Berlin-Pankow
64 Lange Züge, schwere Lasten Die 132 im Raum Stralsund
66 Mit den Großen unterwegs Als Lokführer auf 118 und 132
74 Noch einmal 233 118 Ein letzter Diesellok-Einsatz
92 Der Sechser im Lotto Dienst mit der 218 heute
Ständige Rubriken 98 Vorschau, Leserservice, Impressum BAHN EXTRA 2/2015
5
be_2015_02_06_13 29/01/15 18:10 Pagina 6
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS BEI DB UND DR
Schnell, 6
be_2015_02_06_13 29/01/15 18:10 Pagina 7
Mit der V 200 setzt die Bundesbahn ab 1953 Maßstäbe: Die leistungsfähige Diesellok bewährt sich rasch im Reisezugdienst. Dass sie durch die fortschreitende Elektrifizierung selbst relativ schnell auf weniger wichtige Strecken abgedrängt wird, schadet ihrer Popularität nicht. Noch in den 1970er-Jahren kommt der – nun als 220 bezeichnete – Zweimotorer zu D-Zug-Einsätzen; am 1. Juni 1975 wartet 220 081 mit einem D-Zug in Norddeich Mole auf die Abfahrt Georg Wagner
stark, modern Anfang der 1950er-Jahre ist die Dieseltechnologie so weit entwickelt, dass man sie für Reise- und Güterzüge verwenden kann. Bundesbahn wie Reichsbahn nutzen die Option: Mit Streckendieselloks treiben sie die Modernisierung des Betriebes voran – die DB ab den 1950ern, die DR ab den 1960ern BAHN EXTRA 2/2015
7
be_2015_02_06_13 30/01/15 16:18 Pagina 8
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS BEI DB UND DR
Ersatz für die Dampflok Beim Ziel, die Betriebskosten zu senken, sind Dieselloks eine wertvolle Hilfe. Im Vergleich zur Dampflok brauchen sie weniger Personal und kommen mit einfacherer Infrastruktur aus. Doch die Anschaffung hat ihren Preis, teils beurteilt man die Lokleistung zu optimistisch. Der Traktionswechsel zieht sich länger hin als gedacht
In der V 200.1 der Bundesbahn sitzt der Lokführer bequem, hat ungehinderte Sicht auf die Strecke und Schmutz und Hitze halten sich in Grenzen. Welch ein Unterschied zu den Dampflokführerständen! (Foto in V 200 108, Juli 1963) Wilhelm Tausche/Slg. Thomas Wunschel
Nochmals Diesel und Dampf mit vereinter Kraft, hier bei der Bundesbahn: Im Juli 1970 bringen 211 211 des Bw Kornwestheim und 050 965 des Bw Heilbronn einen Güterzug nach Heilbronn; Aufnahme in Crailsheim Ulrich Budde
8
be_2015_02_06_13 29/01/15 18:11 Pagina 9
Gewiss, eigentlich will die Deutsche Reichsbahn mit der Diesellok V 180 Schnellzugdampfloks wie die 01.5 ersetzen. Doch machen beide Traktionsarten auch gemeinsame Sache: Im Juni 1968 bespannen V 180 172 und eine 01.5 einen D-Zug bei Eisenach Alfred Luft
Während Dampfloks Bekohlung, Entschlackung und Wasserversorgung brauchen, genügen der Diesellok eine Tankstelle und – sollte sie, wie V 200 016, einen Dampfheizkessel haben – eine Speisewasser-Entnahmestelle (Bw Bingerbrück, Juni 1968) Harald Schönfeld
BAHN EXTRA 2/2015
Im August 1975 ist 216 045, die erste ozeanblau-beige lackierte 216, mit einem Güterzug Richtung Braunschweig unterwegs, während 050 842 mit einem Nahgüterzug auf die Einfahrt zum Rangierbahnhof Peine wartet. Da bleibt dem Dampflokpersonal Zeit, die Diesel-Kollegen freundlich zu grüßen ... Ulrich Budde
9
be_2015_02_06_13 29/01/15 18:11 Pagina 10
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS BEI DB UND DR
411 Exemplare – das ist der Spitzenwert unter den DB-Baureihen in Sachen Streckendieselloks, und er gehört der Baureihe 218. Generell arbeiten die einmotorigen Typen der V-160/216-Familie wirtschaftlicher als die Zweimotorer 220/221 und bedeuten somit auch eine Konkurrenz für diese. Im Juni 1985 brummt 218 208 mit ihrem Güterzug durch den berühmten Tunnelabschnitt zwischen Velden und Rupprechtstegen (Strecke Schnabelwaid – Hersbruck (– Nürnberg)) Georg Wagner
10
be_2015_02_06_13 30/01/15 16:18 Pagina 11
Dieselkonzept West Vor allem hydraulisch, fast ausschließlich vierachsig: Das sind die Maßgaben, nach denen die Bundesbahn ihre Streckendieselloks ordert. Und noch etwas fällt auf: Bereits 1979 läuft die Beschaffung aus
Mit ihr fängt die Ära der DB-Streckendieselloks an: Die V 80 ist 1951 die erste Neuentwicklung dieser Kategorie. Im Juni 1970 erreicht 280 003 mit einem Nahverkehrszug Weidhausen ( Strecke Ebersdorf b. Coburg – Fürth am Berg) Theodor Horn
Anders als die V 80 bekommt die V 100 schmale Vorbauten, die Motoren und Aggregate erreicht man von außen. Gut zu sehen bei 212 270, die in den 1990er-Jahren im Bw Wuppertal pausiert. Die DB-Lok leistet auch bei der DB AG noch gute Dienste Ralf Händeler
Beide Varianten der V 200 stehen im Mai 1975 im Bahnbetriebswerk Lübeck; rechts mit 220 041 eine „Erstausführung“, links mit 221 116 eine Vertreterin der stärkeren Schwesterlok. Neun Jahre später werden die 220.0 im Bw Lübeck ihre Einsatzzeit bei der DB beenden Helmut Scheiba
11
be_2015_02_06_13 30/01/15 16:18 Pagina 12
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS BEI DB UND DR
Dieselkonzept Ost Zunächst beschafft auch die Reichsbahn hydraulische Loks. Doch bald spielt die Politik mit: Importe ersetzen Eigenbauten und mit ihnen hält die dieselelektrische Traktion auf DR-Strecken Einzug
Der Thüringer Wald wird in den 1970er-Jahren zunehmend zum Dieselrevier. Im Bahnhof Lauscha (Strecke Sonneberg – Probstzella) herrscht im April 1981 Arbeitsteilung: 118 240, eine DDR-Konstruktion, steht mit dem Güterzug Saalfeld – Sonneberg bereit; 119 028, eine rumänische Importlok, bespannt den Personenzug Sonneberg – Saalfeld Ralph Lüderitz
Als erste sowjetische Importdieselloks rollen Mitte der 1960er-Jahre die als V 200 eingereihten Sechsachser an. Die kräftigen Maschinen sind für den Güterverkehr gedacht, eine Zugheizung besitzen sie nicht. Im März 1988 stehen drei der Lokomotiven, nun als 120 bezeichnet, im Bw Gera Volker Emersleben
12
be_2015_02_06_13 29/01/15 18:11 Pagina 13
Im Juni 1980 beschleunigt 142 001 mit einem Reisezug aus dem Bahnhof Stralsund heraus und hinterlässt dabei eine respektable Rußfahne. Die 142 ist die Stärkste der sowjetischen Importdieselloks; ihr Motor leistet beeindruckende 4.000 PS. Im Bahnhof selbst sind mit den V 100 noch einige DDR-Eigenbau-Loks zu Gange Bodo Schulz
Die leichte Leistungsklasse verkörpert bei der DR – ähnlich wie bei der DB – die V 100. Im Mai 1981 hat die 110 einen Personenzug auf der Strecke Lübbenau – Arnsdorf übernommen (Bild bei Pulsnitz) Ralph Lüderitz
„Herkunftsnachweis“ an 132 696. Die Bauteile der in Lugansk gebauten Maschinen waren in Kyrillisch beschriftet – Russisch-Kenntnisse waren für die Lokführer von Vorteil Theodor Horn
13
be_2015_02_14_15 29/01/15 12.37 Pagina 14
Fahrzeuge und Technik
| ERSTE STRECKENDIESELLOKS BEI DER DB
hydraulisch, elektrisch
Einmal zwei Mal
Im Fahrzeugbestand der jungen Deutschen Bundesbahn befanden sich auch drei Streckendieselloks als Erbstücke: dieV 140 001 und die beiden ehemaligen Wehrmachtsmaschinen, jetztV 188. Ihre Einsatzzeit bei der DB verlief allerdings sehr unterschiedlich as Aufsehen war nicht gerade klein, als Krauss-Maffei 1935 seine Neuheit vorstellte. International wurde bereits der dieselelektrische Antrieb favorisiert, doch die künftige V 140 001 setzte dem ein anderes Konzept entgegen. Bei dem Fahrzeug für die Deutsche ReichsbahnGesellschaft (DRG) handelte es sich um die weltweit erste Großdiesellok mit einer hydraulischen Kraftübertragung.
D
Wegweisende Lok V 140 001 Der dieselhydraulische Antrieb hatte sich Anfang der 1930er-Jahre in Triebwagen und Kleinlokomotiven gut bewährt. Im Laufe des Jahrzehnts waren die erforderlichen Aggregate für die Dieselhydraulik so weit entwickelt, dass sie auch zum Bau von Großlokomotiven eingesetzt werden konnten. Erstmals stand ein Strömungsgetriebe für eine Übertragungsleistung von mehr als 1 Megawatt zur Verfügung. Die DRG gab daraufhin 1934 eine Großdiesellok mit hydrodynamischer Kraftübertragung für den Güterzugdienst auf Neben-
Bei V 140 001 wurde die Kraft mit Getriebe und Blindwelle übertragen
sels, während ein Hilfsmotor über einen Generator die Spannung für die Zugbeleuchtung lieferte. Erste Versuchseinsätze offenbarten auch Konstruktionsschwächen, zum Beispiel Wärmespannungen zwischen Getriebe, Fahrzeugrahmen und Treibstangen. Dennoch wurde die Lok 1936 von der DRG übernommen und als V 140 001 bezeichnet. Eine lange Einsatzzeit hatte sie allerdings nicht: Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Kraftstoff knapp, so dass man die Lok bereits 1939 abstellte. Nach dem Krieg wurde die durch Bomben beschädigte Lokomotive bei Krauss-Maffei wiederhergestellt und mit Beteiligung von BBC modernisiert.V 140 001 fuhr dann von 1948 bis 1953 vom Bw Frankfurt-Griesheim aus vorwiegend Schnell- und Eilzüge. Dann stellte die Deutsche Bundesbahn, die 1949 aus der Reichsbahn der Westzonen entstanden war, das Einzelstück ab. Seine technische Gestaltung hatte auch dazu beigetragen, die neuen dieselhydraulischen Loks der Bundesbahn – wie dieV 80 – zu entwickeln. V 140 001 weilte noch als Leihgabe des Verkehrsmuseums Nürnberg bei der Technischen Hochschule Karlsruhe und gehört seit 1978 zur Sammlung des Deutschen Museums in München. Im Jahr 2006 kam das Musterstück zur Lokwelt Freilassing.
bahnen und den Personenzugdienst auf Hauptbahnen in Auftrag. Krauss-Maffei in Spezialfall D 311 München fertigte die als V 16 101 bezeichne- Eine ganz andere, nicht minder ungewöhnte Maschine; nach nur acht Monaten Bauzeit liche Herkunft hatten die beiden großen wurde sie im Juli 1935 zum hundertjährigen Doppelloks, welche die Bundesbahn in Jubiläum der deutschen Eisenbahn in Nürn- ihrem Bestand führte. 1937 hatte Krupp im berg ausgestellt. Auftrag der deutschen Wehrmacht ein 1.350 Die Lokomotive verfügte über einen Acht- Tonnen schweres Eisenbahngeschütz vom Zylinder-Reihendieselmotor von MAN (Typ Kaliber 80 Zentimeter konstruiert; das auch W8V 30/38 mit Abgasturboaufladung und „Dora“ bzw. „Schwerer Gustav“ genannte 1.030 kW Leistung bei 700 Umdrehungen Kriegsgerät wurde zerlegt per Bahn zum Einpro Minute). Er übertrug sein Drehmoment satzort transportiert. Um das auf acht fünfauf ein Voith-Strömungsgetriebe des Typs achsigen Drehgestellen ruhende Geschütz JJg2M, das wiederum über ein Wendege- auf der zweigleisigen Schießkurve zu vertriebe auf eine Blindwelle wirkte, die über schieben, waren zwei parallel arbeitende, Treibstangen drei Radsätze antrieb. Die Zug- leistungsstarke Lokomotiven vorgesehen. heizung geschah mithilfe eines Dampfkes- Dafür entstand die als D 311 bezeichnete
14
Technische Daten
V 140 001 und V 188 Baureihe bis 1967 Baureihe ab 1968 Achsfolge Kraftübertragung Länge ü. Puffer mm Dienstgewicht t größte Achslast t Höchstgeschw. km/h Leistung kW
V 140 – 1’C1’ dieselhydr. 14.400 83 17,3 100 1.030
Baujahre Stückzahl
1935 1
V 188 288 Do+Do dieselelektr. 22.510 147 18 75 2 x 691, später 2 x 810 1941/42 2 (bei der DB)
Wehrmachtslok, eine dieselelektrische Doppellokomotive mit insgesamt acht Antriebsachsen und Tatzlager-Fahrmotoren. Jede „Lokhälfte“ erhielt ursprünglich einen unaufgeladenen Sechs-Zylinder-Reihenmotor (Typ MAN W6V 30/38 mit 691 kW Leistung bei 700 Umdrehungen pro Minute). Die Kombination aus Dieselmotor und Gleichstromgenerator hatte man mit Blick auf den Einsatzzweck gewählt. Die Antriebsanlagen der D 311 sollten die Geschützeinheit während des Aufbaus und Einsatzes mit Strom
be_2015_02_14_15 29/01/15 12.37 Pagina 15
Im Jahr 1970 steht mit 288 002 nur noch eine der beiden dieselelektrischen Doppelloks in Bundesbahn-Diensten. Am 21. August hat sie einen Güterzug nach Schweinfurt am Haken und kommt damit durch den Bahnhof Bergtheim Theodor Horn
versorgen. Dieselelektrik und Steuerelektronik ermöglichten zudem ein feines Fahrverhalten im niedrigen Geschwindigkeitsbereich, um das Geschütz auch geringfügig verschieben zu können. 1941/42 lieferte Krupp insgesamt vier D 311. Zum einzigen „Dora“-Kampfeinsatz kam es 1942 in der Schlacht um Sewastopol; dabei wurden D 311.01 a/b und D 311.02 a/b eingesetzt. Drei der Doppelloks überstanden den Zweiten Weltkrieg, D 311.01 a/b ging spurlos verloren. Ende der 1940er-Jahre erhielten zwei Doppelloks bei Krauss-Maffei eine Grundüberholung. Die ehemalige D 311.03 a/b wurde 1949 an die Deutsche Reichsbahn der Westzonen übergeben und als V 188 001 a/b eingereiht. V 188 002 a/b (ex D 311.04 a/b) gelangte 1951 direkt zur Bundesbahn. D 311.02 a/b brachte es nur noch zum Ersatzteilspender.
Die Doppelloks bei der DB Die ehemaligen Geschützloks wurden zunächst vom Bw Aschaffenburg im Schiebedienst auf der Steilstrecke Laufach – Heigenbrücken eingesetzt, erwiesen sich aber als ungeeignet und kamen 1954 aufs Abstellgleis. Das bedeutete aber nicht das Ende: 1957/58 erhielten die V 188 neue ZwölfZylinder-Verbrennungs-Motoren (Typ MayBAHN EXTRA 2/2015
Die V 16 101 bzw. V 140 001 begründete das Zeitalter der dieselhydraulisch angetriebenen Großdieselloks in Deutschland. In der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre war die Lok zu Probeund Güterzugeinsätzen unterwegs, meist wie hier in Bayern KM/Slg. Fischer/Archiv GM
bach MD 650 mit 810 kW Leistung bei 1.500 Umdrehungen pro Minute) samt Untersetzungsgetrieben. Nun verwendete die Bundesbahn die Maschinen als Streckendieselloks. Vom Bw Gemünden bzw. ab 1968 vom Bw Bamberg aus fuhren sie schwere Güterzüge und bewährten sich dabei gut. Dass dieV 188 mit 75 km/h Höchstgeschwindigkeit eigentlich unter den – durchweg 100 km/h oder schneller fahrenden – Streckendieselloks ein Spezialfall war und nicht mehr den Ansprüchen genügte, störte nicht. Die Bundesbahn konnte die zugkräftigen Loks noch gut gebrauchen. Nach dem ab 1968 gültigen Schema erhielten die Doppelloks die Baureihenbezeichnung 288, jedoch wurde die im gleichen
Jahr abgestellte V 188 001 a/b nicht umgezeichnet und 1969 ausgemustert. 288 002 blieb noch bis Dezember 1971 in Betrieb und schied im Juni 1972 aus dem DB-Bestand aus. Obwohl es sich um bemerkenswerte Fahrzeuge handelte, wurde keines erhalten. So verliefen die Karrieren der Erbstücke bei der Bundesbahn sehr unterschiedlich. Der dieselhydraulische Vorreiter verschwand schnell von der Bildfläche, während sein Antriebsprinzip zum Standard der DB-Streckendieselloks wurde. Die dieselelektrischen Wehrmachts-Konstruktionen gehörten erheblich länger zum Bestand, blieben mit ihrer Antriebsart in der Bundesbahnzeit aber stets Außenseiter. M. Dostal/S. Schrader/A. Knipping/GM
15
be_2015_02_16_17 30/01/15 15:47 Pagina 16
Fahrzeuge und Technik
| KRAFTÜBERTRAGUNG BEI DIESELLOKOMOTIVEN
Vom Motor zum Rad Es gibt verschiedene Wege, die Leistung vom Motor auf die Schiene zu bringen. Zwei Konzepte haben sich für Streckendieselloks durchgesetzt: Dieselhydraulik und Dieselelektrik. Wie funktionieren sie und welche Möglichkeiten bieten sie für den Betriebsdienst? eben der Entwicklung geeigneter Verbrennungsmotoren ist die Kraftübertragung zwischen Motor und Rad die größte Herausforderung bei der Konstruktion von Dieselloks. Denn ein Verbrennungsmotor kann, anders als eine Dampfmaschine oder ein Elektromotor, nur lastfrei gestartet werden. Vor einer Anfahrt muss er seine Leerlaufdrehzahl erreichen. Erst dann kann die Gelenkwelle aus dem Motor kraftschlüssig mit den Wellen verbunden werden, welche die Radsätze der Lok antreiben. Weiterhin gibt ein Dieselmotor sein maximales Drehmoment nur in einem sehr begrenzten Drehzahlbereich ab. Die Kraftübertragung
muss folglich dafür sorgen, dass die Zugkraft dennoch im gesamten Geschwindigkeitsbereich zurVerfügung steht. Und schließlich kommt eine dritte Aufgabe hinzu: Während ein Dieselmotor nur in eine Drehrichtung arbeitet, vermittelt das Zwischenelement eine Drehung der Antriebswellen in beide Richtungen. Ein Fahrtrichtungswechsel wird damit möglich. Im Laufe der Zeit entstanden drei Prinzipien der Kraftübertragung, die diese Anforderungen umsetzen.
N
Mechanische Kraftübertragung Bei dieser wird das Motordrehmoment durch eine Gelenkwelle auf ein Zahnrad-
schaltgetriebe übertragen. Zur Antriebsachse gelangt die Kraft beispielsweise durch Ketten oder Gelenkwellen. Im Getriebe liegen sich zwei Wellen mit Zahnrädern unterschiedlicher Größe gegenüber. Durch die verschiedenen Übersetzungen der Zahnradpaare entsteht die Möglichkeit, immer ein nahezu optimales Drehmoment zu übertragen. Beim Wechsel zum passenden Zahnradpaar muss das Getriebe vom Motor abgekuppelt werden, das heißt, beim Schaltvorgang unterbricht man die Übertragung der Zugkraft. Durch das Wechseln der Zahnradpaare ergeben sich unterschiedliche Drehzahlen der Wellen beiderseits dieser Kupplung. Diese Differenz muss durch langsames Einkuppeln und damit langsamesVerbinden der beiden Wellenhälften ausgeglichen werden. Alles in allem eignet sich die mechanische Kraftübertragung nur für niedrige Leistungsbereiche. Daher fand sie im Schienenfahrzeugbau nur bei Rangierlokomotiven und Triebwagen Verwendung.
Hydraulische Kraftübertragung Das Herzstück der hydraulischen Kraftübertragung ist ein hydrodynamischer Drehmomentwandler, der mit einer Betriebsflüssigkeit (meist Öl) gefüllt ist und die Komponen-
Antriebsarten im Vergleich
Komponenten bei Dieselhydraulik und Dieselelektrik 13 15
9
12
20
11 19
2
1 18
5 10
8 6
3 7 16
17
4
4
14
11
5
12 19
2
10
6
8
1
18
Beispiel einer dieselhydraulisch angetriebenen Lok, in diesem Fall mit dem Aufbau und den Hauptgruppen der 218 der Bundesbahn. Die Zahlen bezeichnen folgende Komponenten: Fahrzeugteil: 1 – Führerstand 1, 2 – Führerstand 2, 3 – Lokrahmen mit Puffer und Zughaken, 4 – Drehgestell; Antrieb: 5 – Fahrdiesel, hier MA 12V 956 TB 10, 6 – Getriebe, 7 – Achstriebe mit Drehmomentenstütze; Hilsbetriebe: 8 – Heizungsgenerator, 9 – Lüfteranlage mit Kühler, 10 – Lichtanlassmaschine, 11 – Batterie 110 V, 12 – Vorwärm- und Warmhaltegerät Webasto, 13 – Maschinenraumlüfter, 14 – elektrische Kühlwasserpumpe; Nebengeräte: 15 – Kühlwassermessbehälter, 16 – Hauptluftbehälter, 17 – Kraftstoffbehälter, 18 – Getriebeölwärmetauscher, 19 – Bremswärmetauscher, 20 – Kraftstoffpumpen mit Filter Slg. B. Huber
16
be_2015_02_16_17 30/01/15 15:47 Pagina 17
ten Pumpenrad,Turbinenrad und Leitrad enthält. Die Gelenkwelle des Motors führt in den Wandler und setzt über das Pumpenrad das Öl in Bewegung. Die Strömungsenergie des Öls treibt das dem Pumpenrad zugekehrte Turbinenrad an, das mechanische Energie erzeugt und mit der zu den Treibradsätzen führenden Abtriebswelle verbunden ist. Das feststehende Leitrad bewirkt durch Ölumlenkung einen Rückstau, der zu einer Erhöhung des Drehmoments am Turbinenrad führt, und leitet das Öl vom Turbinenrad zurück zum Pumpenrad. Da zwischen der Antriebswelle des Motors und der Abtriebswelle keine mechanische Verbindung besteht, kann die Drehzahl von Radsatzwellen stufenlos verändert werden.
Diodengleichrichtung und Gleichstromfahrmotoren sowie Drehstromgeneratoren mit Drehstromfahrmotoren. Diese Antriebsart kombiniert Vorteile eines Elektromotors, wie das Anfahren unter
Die Dieselelektrik bringt Vorteile von Diesel- und Elektromotor zusammen Last, mit der Nutzung des Dieselmotors im optimalen Drehzahlbereich. Die Drehzahl des Dieselmotors und die Fahrgeschwindigkeit der Lokomotive sind bei dieser Kraftübertragung in einem gewissen Rahmen unabhängig voneinander.
Die Antriebskonzepte bei DB und DR Elektrische Kraftübertragung In dieselelektrischen Lokomotiven treibt der Verbrennungsmotor einen Generator an, der eine elektrische Spannung erzeugt. Diese Spannung wird Elektromotoren zugeführt, die ihr Drehmoment auf die Radsätze der Lokomotive übertragen. Die Kraftübertragung auf die Fahrmotoren lässt sich elektronisch regeln. Man unterscheidet drei Bauformen: Gleichstromgeneratoren mit Gleichstromfahrmotoren, Drehstromgeneratoren mit
1
19
34
3
2
26
28
20
21
4
5
14
Während weltweit die Bahngesellschaften überwiegend auf dieselelektrische Kraftübertragung setzten, entschieden sich sowohl die Deutsche Bundesbahn (DB) als auch die Deutsche Reichsbahn (DR) bei der Beschaffung ihrer Dieselloks für die Dieselhydraulik. Dieses Antriebskonzept ist leichter, platzsparender und in der Anschaffung günstiger als die elektrische Kraftübertragung, für die Zusatzaggregate wie Generator, Regelelektronik und Fahrmotoren not-
6
18
8
7
9
10
17
11
12
16 15 22
33
wendig sind. Mit der elektrischen Kraftübertragung hätten die bei der DB geforderten Radsatzmassen zwischen 14 und 16 Tonnen nicht ohne zusätzliche Radsätze eingehalten werden können. Allerdings zahlte die DB auf dem Weg zu technisch ausgereiften Großdieselloks mit geeigneten Motoren und Getrieben viel Lehrgeld: Antriebsschäden trieben die Reparatur- und Wartungskosten nach oben. Und was auch eine Rolle spielt: Dieselhydraulische Lokomotiven erfordern in der Regel eine gute Pflege und solide ausgebildetes Werkstattpersonal. Neben den in der DDR gefertigten Streckendieselloks besaß auch die ab 1977 aus Rumänien gelieferte Importdiesellok der Baureihe 119 einen dieselhydraulischen Antrieb. Dagegen waren die seit den späten 1960er-Jahren aus der Sowjetunion importierten Streckendieselloks der Baureihen V 200 (später 120), 130–132 und 142 mit dieselelektrischem Antrieb versehen. Er bietet den Vorteil einer relativ einfachen, robusten Bauweise mit niedrigem Wartungsaufwand. Die „fahrenden Kraftwerke“ kamen in großer Stückzahl zur DR, so dass dort ab den 1970er-Jahren Dieselhydraulik und Dieselelektrik im Betriebsdienst umfangreich vertreten waren. M. Dostal/S. Schrader/GM
32
23
31
24
14
25
30
13
26
29
28
27
25
19
Schema einer dieselelektrisch angetriebenen Lok, in dem Beispiel der 132 der Reichsbahn. Die Zahlen stehen für folgende Komponenten: 1 – vorderes Führerhaus, 2 – Behälter der Luftleitung für Steuerung und Bedienung, 3 – Lüfter der Kraft-Gleichrichteranlage, 4 – Kraftgleichrichteranlage, 5 – Lüfter der Fahrmotoren im vorderen Fahrgestell, 6 – Fahrgenerator, 7 – Anlassgenerator, 8 – Dieselmotor, 9 – Auspuffdämpfer, 10 – Motor und Lüfter der Kühlkammer, 11 – Sektionen der Kühlkammer, 12 – Wasserbehälter, 13 – hinteres Führerhaus, 14 – Fahrgestell, 15 – Kraftstoffpumpaggregat, 16 – Kraftstoffbehälter, 17 – Akkumulatorenbatterie, 18 – Hauptluftbehälter, 19 – Steuerpult, 20/21 – rechte bzw. linke Kammer für die elektrische Ausrüstung, 22 – Lüfter des Fahrgenerators, 23 – Wärmeaustauscher, 24 – rechter Luftreiniger, 25 – Kraftstoffvorwärmer, 26 – Sandbunker, 27 – Lüfter der Fahrmotoren im hinteren Fahrgestell, 28 – Verdichter, 29 – Brandschutzanlagebehälter, 30 – Linker Luftreiniger, 31 – Öldurchpumpaggregat, 32 – Erreger, 33 – Meldeanlageschrank, 34 – Beheizung-Lüftungsaggregat Lehrtafelserie „Aufbau der Diesellokomotive V 300“ BAHN EXTRA 2/2015
17
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 18
Fahrzeuge und Technik
| VON V 80 BIS V 200.1, VON V 180 BIS 119/229
Die Serientypen von Bundesbahn und Reichsbahn Seit den 1950er-Jahren beschaffte die Bundesbahn Streckendieselloks, in den frühen 1960er-Jahren zog die Reichsbahn nach. DieVorzeichen waren recht verschieden, dennoch verlief die Entwicklung zunächst überraschend parallel. BAHN EXTRA stellt die Serientypen und ihreVarianten im Kurzporträt vor war gingen Bundesbahn und Reichsbahn die Entwicklung ihrer Streckendieselloks getrennt an, doch gerade zu Beginn gab es noch große Parallelen. Beispielsweise entschieden sich beide Seiten für die dieselhydraulische Kraftübertragung, wie sie im PionierfahrzeugV 140 001 verwendet worden war. Betrieblich bewährte sich das neue Konzept bei den Dieselloks für die Wehrmacht, die nach dem Krieg noch lange alsV 20 undV 36 liefen. In den 1960er-Jahren folgte bei der DR der Schwenk zur Dieselelektrik – notgedrungen, da die DDR als Teil des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) Großdieselloks nicht mehr selbst bauen durfte, sondern beziehen musste. Welche Streckendiesellok-Typen bei DB und DR in Serie gingen und wie sich Technologie und Konstruktionen im Lauf der Zeit entwickelten, zeigen die folgenden Kurzporträts. Sie sind chronologisch angelegt.
Z
Die Baureihen der Bundesbahn V 80 Die DB und ihre Zulieferer Daimler-Benz, Maybach, MAN und Voith setzten wie zuvor die Reichsbahn bei der V 140 001 auf Dieselhydraulik. Allerdings stellte die DB für den Fahrzeugteil von Lokomotiven für Hauptstrecken höhere Ansprüche: Die Kraft wurde mit Gelenkwellen auf lauftechnisch günstige Drehgestelle übertragen. Konsequenter Leichtbau sollte eine Alternative zu den überaus schweren dieselelektrischen Giganten bieten, die seit den 1940er-Jahren in den USA die Dampfloks ablösten. Die erste Neukonstruktion gemäß diesen Vorgaben war 1952 die V 80, eine einmotorige Streckenlok. Ihre ungewohnte Architektur mit mittleremTurmführerstand wie auch die engen Zugänge zu den Antriebsaggregaten in den Vorbauten verhalfen ihr zu dem Spitznamen „U-Boot“. Die zehn Probeloks mit ihren ebenfalls innovativen Dampfheizkesseln für die Zugheizung und ihrer Wendezugsteuerung wurden umfassend erprobt; bei Vorführfahrten ka-
18
Das „U-Boot“ West: Die kantige V 80 begründete die Reihe der von der Bundesbahn neu beschafften Streckendieselloks. Hier auf einem Werksbild von Krauss-Maffei Slg. E. Fischer/Archiv GM
men sie bis nach Griechenland. Grundsätzlich bewährte sich die V 80, aber bei der DB kam man zu der Einsicht, dass an Stelle einer solchen Universallok spezifische Konstruktionen sinnvoller seien. Gedacht war an eine Schnellzuglok mit verdoppelter Leistung, eine in vielen Baugruppen einfacher ausgeführte Lok für Nebenbahnen und eine Rangierlok ohne Zugheizung. So blieb es bei der kleinen Serie der Probeloks. Die V 80/280 wurden bis 1978 von Bamberg aus vor Eilund Personenzügen im nordbayerischen Raum eingesetzt.
V 200.0 Die geplante Lok mit gegenüber derV 80 verdoppelter Antriebsanlage sollte zunächst schnelle Postzüge fahren. Die Öffentlichkeit bekam sie 1953 auf der Verkehrsausstellung in München erstmals zu sehen; dabei überraschte die Lok mit der Baureihenbezeichnung V 200 (ab 1968: 220) durch ein gänzlich abweichendes Erscheinungsbild. Endführerstände umgaben jetzt den profilfüllenden Maschinenraum. Die Konstruktion bewährte sich so gut, dass nach den fünf Probeloks 81 Serienloks für den Schnellzugdienst be-
schafft wurden. Mit ihnen konnte die etwas zu knappe Zahl an modernen Dampfschnellzugloks ausgeglichen und zugleich das Fernzugangebot erweitert werden, jeweils befristet bis zur Elektrifizierung der wichtigsten Strecken. In dieser Zeit zog dieV 200/220 mit ihrem modernen Aussehen aber vielfach Blicke auf sich, und Einsätze vor prominenten Zügen – zum Beispiel des F-Zug-Netzes – trugen ebenfalls zu ihrem Renomee bei. Nach Übergang des Fernverkehrs auf Elloks war die 220 auf zweitrangigen Hauptbahnen zu finden. Zuletzt waren die in relativ kurzer Dienstzeit überdurchschnittlich in Anspruch genommenen Loks in Norddeutschland konzentriert; 1984 musterte die DB die letzten Exemplare aus.
V 100 Nachdem die V 80 für Nebenbahnen zu aufwendig und die stangengetriebene V 65 zu schwach ausgefallen war, wurde Maschinenbau Kiel (MaK) mit einer Neuentwicklung V 100 beauftragt. Die Lok entstand in zwei Varianten, ab 1958 als V 100.10 (spätere 211) und ab 1962 als die etwas stärkere V 100.20 (spätere 212). Technisch kann man sie als
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 19
Im Juli 1975 begegnen sich im Bw Neustadt/Schwarzwald zwei Vertreter der Bundesbahn-Streckendiesel aus den 1950er-Jahren: links 211 347 des Bw Tübingen, rechts 220 062 des Bw Villingen Ulrich Budde
Nachnutzer verkauft. Letzte DB-Variante war die feuerwehrrote 214 für die Tunnelrettungszüge der Neubaustrecken (s. Kasten).
„Familie V 160“ Um 1960 fehlte der Bundesbahn noch eine Diesellok mittlerer Leistungsklasse, um auf den zunächst nicht zur Elektrifizierung vorgesehenen Hauptstrecken die Dampfloks abzulösen. In der Folge sollten hier besonderes viele Varianten entstehen, die technischen Fortschritten wie auch Erprobungen Rechnung trugen. Den Anfang machte die ab 1960 gebaute Zehnergruppe einer 1.600-PS-Type V 160; ihr folgte ab 1964 eine Großserie von
Nahverkehr mit der stärkeren V 100 der DB: In den 1960er-Jahren verlässt V 100 2037 mit ihrem Zug den Bahnhof Hofheim im Taunus Edgar Fischer/Archiv GM
im Antrieb „halbierte“ Leichtausgaben der V 200.0 undV 200.1 (s.u.) bezeichnen. Zu den Antriebsaggregaten gelangte man nicht mehr wie bei derV 80 durch enge Gänge, sondern von außen über Klappen in den schmaleren Vorbauten. Die V 100 bewährten sich hervorragend und führten – ergänzend zu den Schienenbussen – zur schnellen Ablösung der Dampflokomotiven auf Nebenbahnen, insbesondere der Baureihen 64 und 86. BAHN EXTRA 2/2015
Zehn Exemplare erhielten für Steilstrecken eine hydrodynamische Bremse. Einige Dutzend Exemplare wurden für Fernsteuerung vom Steuerwagen eines Wendezuges oder der vorderen Lok bei Doppeltraktion eingerichtet. In dem Maße, in dem die Elektrifizierung stärkere Loks der Reihen 215 ff. entbehrlich machte und in dem moderne Triebwagen lokbespannte Züge ersetzten, wurden die 211/212 ausgemustert oder an
Viele Varianten gab es bei den Lokomotiven der mittleren Leistungsklasse 214 Exemplaren. Äußerlich unterschied sie sich von der Vorserie durch eine kantigere Stirnfront. Die V 160 (ab 1968: 216) besaß noch immer einen Dampfkessel für die Zugheizung. Um jedoch auf eine elektrische Beheizung der Reisezüge überzugehen, brauchte es zusätzliche Motorleistung. Die erste Weiterentwicklung der mittelschweren Diesellok war daher dieV 162 (spätere 217) mit einem zusätzlichen Hilfsdiesel.
19
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 20
Fahrzeuge und Technik
| VON V 80 BIS V 200.1, VON V 180 BIS 119/229
Insgesamt 411 Exemplare beschaffte die Bundesbahn von der Baureihe 218 – mehr als von jeder anderen Streckendiesellok. Im August 1979 befahren 218 321 und 218 418 angestammtes Terrain: Mit D 360 geht es über die Allgäubahn Georg Wagner
Ein besonderer Exot war dieV 169 001 (später 219 001), bei der eine Gasturbine den Zusatzmotor ersetzte. Die Lok mittlerer Leistung mit zwei Antriebsaggregaten stellte aber nur ein Übergangsstadium dar. Als logische Fortentwicklung entstand die 218, bei der man die Leistung von 1.397 kW der V 160/216 auf 1.840 kW und schließlich auf 2.061 kW steigerte. Mit ihr besaß die DB nun eine universell einsetzbare Diesellok mit elektri-
scher Heizung, die fast das komplette Leistungsspektrum der älteren zweimotorigen Loks abdeckte. Von der ausgesprochen gelungenen Konstruktion wurden 411 Exemplare beschafft – die größte Serie an Streckendieselloks bei der Bundesbahn. Sie erwies sich als langlebig und erfüllt heute noch wichtige Aufgaben bei der DB AG. Während des Überganges von der V 160/ 216 zur 218 ließ die Bundesbahn zudem die
schwächere Variante mit Dampfheizung in einer letzten Serie von 150 Exemplaren bereits mit dem längeren Fahrzeugteil der 218 bauen. Sie hielt sich damit die Option offen, später einen stärkeren Motor einzubauen. Die als 215 eingereihte Lok behielt aber meist das ursprüngliche Aggregat. Später wurde bei der Deutschen Bahn AG bei einem Teil der Loks die Zugheizung ausgebaut; es entstand die Güterzugtype 225.
Technische Daten
Dieselhydraulische Streckenloks Baureihe
bis 1967 ab 1968
Bauart Dieselmot. (Tr.) Länge ü. P. mm Dienstgewicht t größte Achslast t Höchstg. km/h Leistung kW Baujahre Stückzahl Besonderheiten
20
V 80 V 100.10 280 211 B’B’dh B’B’dh 1 1 12.800 12.100 58 61,5 15 16 100 100 590/736/810 809 1952 1957–63 10 364 später remotorisiert
V 100.20 212 B’B’dh 1 12.100 63 16 100 990 1962–66 371
V 100.20 213 B’B’dh 1 12.100 63 16 100 990 1966 10 hydrodyn. Bremse
– 215 B’B’dh 1 16.400 79 20 140 1.397/1.840 1968–71 150
V 160 216 B’B’dh 1 16.000 76 19 120 1.397 1960–69 224
V 162 217 B’B’dh 1 16.400 79,5 20 130 1.397+331 1965–68 13 Zusatzmotor für el. Heizung
V 164 218 B’B’dh 1 16.400 78,5 20 140 2.061 1968–79 411
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 21
Der Hecken-Eilzug E 1934 von Kreiensen nach Hamburg-Altona gehört in den frühen 1970er-Jahren zeitweise zum Umlaufplan der Altonaer Vorserien-216. Hier erreicht 216 002 mit ihrem Zug Seesen im Harz Ulrich Budde
Die DB-Baureihe 217, vormals V 162, erhielt einen Zusatzmotor, um Reisezüge elektrisch zu heizen (München Hbf, 1968) Ulrich Budde
Auch in der Familie der V 160 setzte man die Gasturbinenversuche fort. Acht Lokomotiven der Baureihe 210 wurden mit Turbinen zusatzmotorisiert, wie sie General Motors für Hubschrauber lieferte. Der hohe Verbrauch des alsbald stark verteuerten Kraftstoffs, die hohen Unterhaltskosten und schließlich ein Brand am Silvestertag des Jahres 1978 veranlassten das Ende der Versuche und den Umbau in reguläre 218.
Äußerlich gleicht 219 001 weitgehend den anderen Vertreterinnen der 216-Familie. Der wesentliche Unterschied sitzt unter der Haube: Eine Gasturbine sorgt für den Antrieb der Einzelgängerin Dr. D. Beckmann
Der klobige Abgashutzen war das Merkmal der mit einer Gasturbine ausgestatteten 210 der Bundesbahn; hier 1979 in Kempten Dietrich Bothe
V 200.1 Nach 1960 wollte die DB auf Dampfloks der Reihen 18.6 und 39 endgültig verzichten und auch bei 01 und 03 anstehende Hauptuntersuchungen einsparen. Daher wurde 1962 die V 200 in verstärkter Fassung noch einmal aufgelegt, obwohl die zweimotorige Ausführung von Dieselloks ihrer Leistungsklasse nicht mehr ganz zeitgemäß war. Um die gewünschte Leistungssteigerung zu ermögli-
chen, musste man vermehrt Leichtmetall und Kunststoffe verwenden und den Kessel für die Zugheizungen leichter ausführen. Erste Heimatorte der V 200.1 (später 221) wurden Kempten, Lübeck, Villingen und Hamburg-Altona. Allerdings wurde die Lok bald schon durch die Elektrifizierung bzw. die 218 zurückgedrängt. Ihre letzten Dienstjahre verbrachte die 221 im Güterzugbetrieb im Ruhrgebiet.
Ehrenvolle Aufgabe für DB-Lok 221 106; im August 1971 bespannt die Kemptener Maschine D 599 und jagt damit bei Löwenthal in Richtung Friedrichshafen Ulrich Budde
V 169 – 219 210 B’B’dh B’B’dh 1 1 16.400 16.400 78 78,7 20 20 140 160 1.840+600 1.840+880 1965 1970 1 8 219 und 210: Zusatzgasturbine
BAHN EXTRA 2/2015
V 200.0 220 B’B’dh 2 18.800 72 … 80 16 … 20 140 2 x 809 1953–69 86
V 200.1 221 B’B’dh 2 18.440 81 20 140 2 x 990 1962–63 50
21
be_2015_02_18_25 30/01/15 15:47 Pagina 22
Fahrzeuge und Technik
| VON V 80 BIS V 200.1, VON V 180 BIS 119/229
Im Juni 1960 wurde V 180 001, einer der Prototypen, in Leipzig fotografiert. Die Reichsbahn übernahm die ersten beiden Loks nicht; erst mit V 180 003 begann schließlich die Serie Slg. Dr. Brian Rampp
Hintergrund
DB-Baureihe 214 Anlässlich der Eröffnung der Neubaustrecke Fulda – Würzburg nahm die DB am 27. Mai 1988 auch die ersten beiden Tunnelhilfszüge in Betrieb. Insgesamt sechs dieser Züge waren für Rettungseinsätze in den langen Tunneln der Schnellfahrstrecken vorgesehen. Sie sollten vor allem helfen, um etwaige Brände zu löschen und im Unglücksfall Reisende zu evakuieren. An jedem Zugende war eine Lokomotive vorgesehen. Als Basis wählte man 13 Exemplare der Baureihe 212, die entsprechend umgebaut wurden. Unter Beibehaltung der alten Ordnungsnummer wurden folgende Maschinen zur Sonder-Baureihe 214 umgerüstet: 212 033, 046, 235, 236, 244-246, 251, 257, 260, 271, 277 und 352.
Im Juli 1988 steht ein Tunnelrettungszug im Bw Fulda bereit; zu den Rettungszugloks zählt die Würzburger 212 244 Ulrich Budde
Als technische Neuerungen erhielten die Lokomotiven ein Wasserwarmhaltegerät, spezielle Scheinwerfer neben den üblichen Signallaternen, eine gelbe Rundumleuchte und eine Fernsehkamera, die bei starker Rauchentwicklung eine Bedienung der Lok von einem Führerstand in einem der gasdichten Wagen ermöglichen sollte. Entsprechend ihrer Eigenschaft als Dienstfahrzeuge wurden die 214er 1994 zur Reihe 714 umgezeichnet. 1996 erhielten die Loks innerhalb der Reihe 714 die durchgehenden Ordnungsnummern 001-013. Weitere Tunnelrettungszüge wurden nicht beschafft. Bei den Neubaustrecken, die nach der „ersten Generation“ Würzburg – Hannover und Stuttgart – Mannheim entstanden, verwendete man die feste Fahrbahn. Damit können Straßenfahrzeuge der Feuerwehr in den Tunnel fahren.
22
Die Baureihen der Reichsbahn Seit 1955 stand auch in der DDR fest, dass der dieselhydraulische Antrieb den Vorzug erhalten sollte. Diese Entscheidung für die „westdeutsche“ Technologie war politisch durchaus brisant, setzten doch die Sowjetunion und ihre Bündnispartner auf die robuste Dieselelektrik. Inzwischen waren die Arbeiten am Dieselmotor 12 KVD 21 so weit gediehen, dass er als antriebstechnische Basis künftiger D(D)R-Dieselloks taugte. Ein Typenprogramm sah neben den Rangierloks V 15.10 und V 60.10 auch zwei Streckendieselloks vor, dieV 100 mit 1.000 PS und die V 180 mit 1.800 PS. Zunächst wurden die RangierloksV 15 undV 60 gebaut, bevor man sich an die Streckenlok V 180 wagte.
V 180 Die V 180 wurde in Anlehnung an die V 200 der DB entwickelt. Sie sollte die Dampflokbaureihen 03, 22, 23.10, 38.10, 41, 50, 52, 58, 62, 65.10 entlasten und später ablösen. Zu Beginn der 1960er-Jahre stand ein 900-PSDieselmotor aus dem Werk in Berlin-Johannisthal zur Verfügung. Mit zwei dieser Motoren ausgestattet, kam die Lok auf 1.800 PS, daher ihre Bezeichnung V 180. Nach zwei von der DR nicht übernommenen Baumusterloks (1959/60 vom Lokomotivbau Karl Marx Babelsberg, LKM) folgten zwei Vorserienloks (LEW Hennigsdorf), die eingehend erprobt wurden. DieV 180 005 war 1963 dann die erste Serienlok; 82 weitere (wieder von LKM) folgten. Ein Wermutstropfen war die Verwendung vonVoith-Strömungsgetrieben aus dem Westen, betonte doch die DDR ihre Unabhängigkeit vom Westen.
Im Juli 1978 bringen die vierachsige 118 115 und eine 01.5 gemeinsam D 517 nach Berlin (Foto bei Berlin Warschauer Straße) Wolfgang Dath
Bald stand ein 1.000-PS-Motor zur Verfügung. Die mit ihm ausgestatteten 82 Maschinen wurden als V 180 101–182 nummeriert. V 180 059 und 131 erhielten eine futuristisch anmutende Führerstandskanzel aus glasfaserverstärktem Polyester, der den Loks den Spitznamen „Schlägermütze“ einbrachte. Um die V 180 auch auf Strecken mit nur 16 Tonnen zulässiger Achslast einsetzen zu können, entstand eine sechsachsige Version. 1964 wurdeV 180 201 als erste Baumusterlok – in Silber mit blauen Zierstreifen – auf der Leipziger Messe ausgestellt. Parallel dazu gab es ein weiteres Baumuster,V 240 001, die sogar 2.400 PS leistete. V 180 203 besaß die selbe kantige Führerstandskanzel wie V 180 059 und 131. Ab V 180 204 begann die Serienauslieferung der Sechsachser. Die 206 Loks bewährten sich, waren beliebt und universell einsetzbar. DieV 180 fuhr in der ganzen DDR, mit Schnellzügen, Güterzügen und selbst mit Personenzügen auf den Steilstrecken des Thüringer Waldes. Mit der V 180 war der DDR-Industrie ein guter Wurf gelungen. Der Nachbau derV 240 und die Weiterentwicklung zu einer V 270 wurden jedoch durch den Beschluss der
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 23
Mit einem stärkeren Motor ausgestattet, wurde aus der 110 der Reichsbahn die 112. Im Juli 1991 fährt 112 500 des Bw Zittau mit N 17831 Löbau – Zittau aus dem Bahnhof Ebersbach aus Uwe Miethe
Varianten der V 100 der DR: links eine der zehn 110 mit Antriebsflansch für Grabenräumeinheiten, rechts der Erstling V 100 001 im Februar 1965 mit E 234 Dresden – Leipzig – Halberstadt im Bahnhof Sandersleben Jan Welkerling (l.), Hans-Joachim Lange/Slg. Gert Schütze (r.)
Staatsführung 1966 beendet, fortan im höchsten Leistungsbereich auf dieselelektrische Loks aus der Sowjetunion zu setzen. Aber das Grundkonzept derV 180 war auch schon etwas angestaubt: Die DB arbeitete längst an der einmotorigen Lok in der 2.000-PSKlasse mit elektrischer Zugheizung anstelle des Dampfheizkessels der V 200 (West) und V 180 (Ost). Dennoch hielt sich die V 180 lange Zeit im Dienst – die sechsachsige Variante sogar bis zur Deutschen Bahn AG 1998!
„Familie V 100“ Der Ersatz der preußischen P 8 (38.10) und vieler Altersgenossinnen der Reihen 38.2, 56, 57, 75, 78 und 93 stand zu Beginn der 1960erJahre dringend auf der Reichsbahn-Tagesordnung. So wurde, ähnlich wie bei der DB, eine „halbierte V 180“ mit zentralem BAHN EXTRA 2/2015
Führerstand konzipiert, die V 100. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1964 wurde die V 100 001 vorgestellt. Die Serienlieferung lief schleppend an, da die Produktion aus Babelsberg zum LEW nach Hennigsdorf verlagert wurde. 1978 lief als letzte 110 896 vom Band, wobei etliche Varianten entstanden. Ab 1972 liefenVersuche mit stärkeren Motoren. Ab 1981 wurden 496 Loks der Baureihe 110 mit 1.200-PS-Motoren ausgestattet und in 112 umgezeichnet. Damit nicht genug: 1978 standen auch Motoren mit 1.400 PS zur Verfügung. 112 203 wurde mit einem solchen erprobt; 1983 folgte der Serienumbau von 65 Loks, sie wurden in 114 umgenummert. Als weitereVarianten derV 100 schuf man Rangierloks ohne Heizkessel, nur 65 km/h schnell und mit spezieller Getriebeübersetzung (Baureihe 111), Rangierloks mit Turbo-
wendegetriebe (Baureihe 108, später 298; Serienumbau ab 1991) und zehn Loks mit einem Antriebsflansch für Grabenräumeinheiten oder Schneefräsen an der Stirnseite (110 961–970). Dazu kam eine „MeterspurVersion“ für die Harz-Bahnen, zu der in den 1980er-Jahren zehn Loks umgebaut wurden. Schließlich übernahm die DR 1981/82 noch 37 Exemplare einer ursprünglich für den Export nach China vorgesehenen Güterzugvariante mit 65 km/h Höchstgeschwindigkeit. Zahlreiche V 100 wurden von der DB AG übernommen und blieben dort bis Anfang des neuen Jahrtausends im Dienst. Einige Loks sind heute im Bahndienst tätig.
V 200 Durch Verträge zwischen den RGW-Mitgliedsstaaten wurde 1966 vorgeschrieben,
23
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 24
Fahrzeuge und Technik
| VON V 80 BIS V 200.1, VON V 180 BIS 119/229
Mit 709 Exemplaren ist die Baureihe 132 der Reichsbahn die ungekrönte Königin in Sachen Lokbeschaffung. Bis heute bewährt sich die sowjetische Großdiesellok im Betriebsdienst, wenngleich inzwischen mit kleinerem Bestand. Im September 1991 kamen ihr sogar InterCity-Ehren zu, wie hier 132 654 auf der Strecke Helmstedt – Magdeburg (– Berlin) in Eilsleben Helmut Scheiba
dass nur die Sowjetunion Dieselloks mit einer Leistung von über 2.000 PS liefern durfte. Die erste solche Güterzuglok vomTyp M 62 nahm die DR 1966 ab. Bis 1975 wurden 378 Exemplare als Baureihe V 200, ab 1970 als Reihe 120 in Dienst gestellt. Erstes großes Problem beim Einsatz war der unglaubliche Motorlärm. Kaum ein Thema der 1960erJahre provozierte so viele „Eingaben“ und Leserbriefe wie das Gebrüll der Lokomotiven! Auch nach Einbau von Schalldämpfern blieb der V 200 der Spitzname „Taigatrommel“. In der Zugförderung bewährten sich die Sowjetloks durchaus. Mit ihr konnten viele Dampfloks der Reihen 41, 42, 43, 44, 50,
52 und 58 im Güterzugdienst auf Strecken mit 20Tonnen Achslast ersetzt werden. Mitte 1991 waren noch knapp 300 Loks im Bestand, der danach schnell absank. 31 Stück wurden nach Litauen abgegeben. Im Dezember 1994 endete der Einsatz der nunmehrigen 220.
„Familie V 300“ DieV 200 ohne Zugheizung und für 100 km/h war eine reine Güterzuglok. Es fehlte noch ein Ersatz für die Dampfschnellzugloks 01 und 03. Der Übergang zum Import von 3.000PS-Schnellzugloks brauchte aber seine Zeit. Man begann 1970 mit 80 Loks der reinen Güterzugbaureihe 130, die ihre 140 km/h kaum
Mit der Baureihe 130 begann 1970 die Lieferung der neuen sowjetischen Großdieselloks. Bei dieser ersten Ausführung handelte es sich ausschließlich um Güterzuglokomotiven (Aufnahme von 1986) Bodo Schulz
je ausfahren konnte. Ihr folgte ab 1972 die 131 in 76 Stück, die dann mit besserer Über-
Technische Daten
Dieselhydraulische Streckenloks Baureihe bis 1970 Baureihe ab 1970 Baureihe ab 1991 Bauart Dieselmotor (f. Traktion) Länge ü. P. mm Dienstgewicht t größte Achslast t Höchstgeschw. km/h Leistung kW Baujahre Stückzahl
V 100 110 201 B’B‘dh 1 13.940 63 16 100 736 1964–78 868
Nach Einbau stärkerer Motoren:
1972–91 496 Loks 900 112 202
Leistung kW Baureihe ab1970 Baureihe ab 1991
24
– 111 293 B’B‘dh 1 13.940 62 16 65 736 1981–82 37 1978–83 65 Loks 1100 114 204
V 180.0 118.0 – B’B’dh 2 19.460 80 20 120 2 x 662 1962–65 85
V 180.1 118.1 228.1 B’B’dh 2 19.460 78 20 120 2 x 736 1965–67 82
V 180.2-4 118.2-4 228.2-4 C‘C’dh 2 19.460 90 15 120 2 x 736 1964–70 206
– 119 219 C’C‘ dh 2 19.500 96 16 140 2 x 990 1977–85 200
1973–87 72 Loks 2 x 736 118.5 228.5
– – – –
1972–90 179 Loks 2 x 883 118.4-6 228.4-6
20 Loks 2 x 1380 – 229
be_2015_02_18_25 29/01/15 16:42 Pagina 25
Das „U-Boot Ost“: Die 119 hatte in Thüringen eines der Haupteinsatzgebiete – vorausgesetzt, die Lok fuhr (Aufnahme bei Saalfeld) Rudolf Heym/Slg. Gert Schütze
Mit der V 200, der späteren 120, hielt die dieselelektrische Kraftübertragung im Lokbestand der Reichsbahn Einzug. Die schwere sowjetische Maschine war für den Güterverkehr gedacht, wie eine der „Taigatrommeln“ hier in Müncheberg vorführt Ralph Lüderitz
25 Jahre nach dem Ende der DDR noch immer in nennenswerter Zahl vorhanden.
119
Im Oktober 1991 steht im RAW Chemnitz ein neuer Motor des Typs 12 KVD 18/21 AL-5 mit 1.100 kW Leistung bereit; er wird in 119 005 eingebaut. Eine komplette Lok-Aufarbeitung dauerte zirka zwei Monate Jan Welkerling
setzung wieder auf 100 km/h begrenzt war. Immer noch fehlte der Zugheizgenerator, der endlich in den Probeloks 130 101 und 102 getestet wurde. Ab 1973 rollten dann die 132er aus den Werkhallen – für 120 km/h und mit elektrischer Zugheizung. Bis 1982 übernahm die DR 709 Exemplare der wuchtigen sowjetischen Großdiesellok. Sie lösten die letzten öl- und kohlegefeuerten Dampfloks ab. Die große Stückzahl weit oberhalb der Summe der abzulösenden Dampfloks fällt auf … und wirft ein Licht auf den stets überhöhten Reparaturstand auch moderner Loks unter den extremen Belastungen des Reichsbahnbetriebes auf schlechten Gleisen. Die sechs zwischen 1976 und 1978 gelieferten 4.000-PSLoks der Reihe 142 blieben Außenseiter. Sie waren mit 21,5 Tonnen Achslast zu schwer. Der Spitzname „Ludmilla“ für die V-300Familie entstand erst in Zeiten der deutschen Einheit, als viele 132er in die alten Bundesländer versetzt wurden. Durch verschiedene Umbauvarianten (Remotorisierung, Elektronik) entstanden nach 1992 die Baureihen 232, 233, 234 und 241. Die „Ludmillas“ sind BAHN EXTRA 2/2015
Als die V 180er in die Jahre kamen und die DR allgemein zur elektrischen Zugheizung übergehen wollte, fiel eine Entscheidung, die nicht gerade für dieVoraussicht der Planwirtschaft sprach. Gemäß der vom RGW geforderten Aufteilung der Produktionskapazitäten sollte die zweimotorige V 180 mit elektrischer Zugheizung nachgebaut werden – aber in Rumänien! 1977 war mit 119 001 die erste Lok da. Es gab Probleme über Probleme. Die Verarbeitungsqualität war schlecht, die Loks fielen reihenweise aus. Der in Rumänien in Lizenz gefertigte MTUMotor bewährte sich gar nicht. Das Reichsbahnausbesserungswerk Karl-Marx-Stadt ersetzte ihn bei Untersuchungen durch den 12 KVD 18/21 mit 1.225 PS. Anfangs war stets die Hälfte der 200 Loks defekt, erst nach dem Umbau – und der Ausstattung mit etlichen
Komponenten aus DDR-Produktion – stabilisierte sich die 119. Ab 1988 wurde nach verschiedenen Versuchen auch der Motor der Bauart AL-5 (1.500 PS) eingebaut. Der Spitzname „U-Boot“ rührte von den seitlichen vier Bullaugen her, böse Zungen behaupteten jedoch, dass man mit diesen Loks eher untergehe als vorankomme. 20 Maschinen wur-
Die Umbauversion 229 markierte das Ende der Streckenlokbeschaffung den 1992/93 von Krupp Verkehrstechnik modernisiert (neue Leistung: 3.370 PS) und in 229 umgezeichnet. Sie stehen auch am Ende der Beschaffung von Streckendiesellok-Serien bei DB und DR. Bei der Bundesbahn gab es daneben noch weitere Dieselloktypen im Streckendienst, dies waren aber Einzelstücke oder Splittergattungen. Sie werden in eigenen Beiträgen vorgestellt. Andreas Knipping/GM
Technische Daten
Dieselelektrische Streckenloks Baureihe bis 1970 Baureihe ab 1970 Baureihe ab 1991 Bauart Dieselmotor (f. Traktion) Länge ü. P. mm Dienstgewicht t größte Achslast t Höchstgeschw. km/h Leistung kW Baujahre Stückzahl
V 200 120 220 Co’Co‘ de 1 17.550 116 20 100 1.470 1966–75 378
V 300 130 230 Co’Co‘ de 1 20.620 115 20 140 2.200 1970 82
– 131 231 Co’Co‘ de 1 20.620 115 20 100 2.200 1972–73 76
– 132 232 Co’Co‘ de 1 20.620 122 21 120 2.200 1973–82 709
– 142 242 Co’Co‘ de 1 20.620 125 22 120 2.940 1976–78 6
25
be_2015_02_26_27 29/01/15 18:41 Pagina 26
Fahrzeuge und Technik
| DIE V 200 DER BUNDESBAHN
Im Juni 1959 dauert die große Zeit der V 200 noch an: V 200 044 hat einen Schnellzug übernommen und mit diesem soeben Hamburg Hbf verlassen. Auf der im Hafengebiet aufgeständerten Fernbahn zieht sie vor der Silhouette der Hansestadt vorbei Walter Hollnagel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Slg. Oliver Strüber
Was für eine
Lok!
Schon bei der Verkehrsausstellung 1953 zog die neue zweimotorige Diesellok die Blicke auf sich. Im Betriebsdienst der Bundesbahn wurde dieV 200 dann erst recht zum Aushängeschild des Lokomotivbestands. Als ein Sinnbild der modernen Eisenbahn
26
eine andere Lokomotive verkörperte die fortschrittliche Bundesbahn so wie die V 200: Glänzend rot lackiert, modern, mit einer Führerstands-Kanzel, in welcher der Lokführer fast thronte. Zierleisten aus Aluminium streckten die Lok optisch, und die erhabenen Großbuchstaben „DEUTSCHE BUNDESBAHN“ auf den Seiten sprachen für sich. Man war eben wieder wer in der Zeit des Wirtschaftswunders. Stolz waren auch die Ingenieure der Industrie, welche die Lok geschaffen hatten: Das Ergebnis ihrer Arbeit bescherte der DB die stärkste dieselhydraulische Lok der Welt mit einem Leistungsgewicht, von dem die dieselelektrische Konkurrenz nur träumen konnte. Da wollte man die Reisenden durchaus teilhaben lassen. Große Glasfenster in den Seitenwänden erlaubten einen Einblick in die neuartige Technik – wenngleich man nichts sah, das sich drehte oder bewegte. Ähnlich einprägsam war ein weiteres gestalterisches Element: das große „V“ an den Stirnseiten. Stand es eigentlich für „V“ wie
K
Verschiedene Lokneuheiten der DB zieren die Brief-Verschlussmarken der Deutschen Eisenbahn-Reklame. Auch die V 200 ist dabei
be_2015_02_26_27 29/01/15 18:41 Pagina 27
Auf vollen Touren läuft 1957 die Serienproduktion der V 200 bei Krauss-Maffei. Mit der leistungsfähigen Großdiesellok setzt die deutsche Lokomotivindustrie ein Ausrufezeichen – national wie international Slg. Dr. Brian Rampp
Eine stilisierte V 200 begrüßt die Reisenden auf dem Titel verschiedener DB-Broschüren, wie dem Städteverbindungen-Heft von 1962/63 Slg. Karl Laumann
Verbrennungstechnik oder aber als „V“ für „Victory“, also Sieg (über die Dampflok)?
Alles anders mit der V 200 ... Ging es nach DB-Verantwortlichen und DBWerbung, sollte mit dieser Lok alles anders werden. Die V 200 wurde zu einem ImageTräger sondergleichen. Keine DB-Werbung jener Zeit kam ohne sie aus, die Lok begegnete einem auf Fahrplänen und im Kursbuch, auf Prospekten oder als Motiv einer BriefVerschlussmarken-Serie. Fast sah es so aus, als sei jeder wichtige Zug bei der DB mit einer V 200 bespannt, obwohl doch nur 86 Maschinen gebaut worden waren. Die eher geringe Zahl ließ schon erste Zweifel aufkommen, ob diese Lokomotive tatsächlich die „neue Bahn“ flächendeckend auf das Schienennetz bringen würde. Dazu gesellten sich weitere Fakten: Die modernisierten Dampfloks 01.10 waren genauso schnell, aber stärker, und mit den neu entwickelten Einheits-Elloks konnte die V 200 erst recht nicht mithalten. So kam es letztlich BAHN EXTRA 2/2015
Bei der Verkehrsausstellung in München 1953 ist die Vorserienmaschine V 200 001 ein bewundertes Exponat. Die Linienführung an der Front wird bei den Serienloks noch „abgerundet“ Slg. Dr. Brian Rampp
mit der neuen Großdiesellok anders. Ihre Glanzzeit währte nur ein paar Jahre, in denen sie unter anderem schnelle F-Züge und D-Züge auf Hauptbahnen beförderte.
Die Glanzzeit währte nur wenige Jahre, dann kam schon die Konkurrenz Dann ließ die viel schneller als geplant voranschreitende Elektrifizierung die roten Loks in andere, weniger prominente Dienste abwandern. Zusätzliche Konkurrenz entstand Mitte der 1960er-Jahre durch die mit
nur einer Motorenanlage deutlich wartungsgünstigeren Vertreter der V-160-Familie. Der Stern der V 200 im Betriebsdienst sank. Immer öfter liefen hinter dem nach wie vor eindrucksvollen „V“ der Diesellok Wagen eines Eil- oder gar eines Nahverkehrszugs. Für die moderne Bundesbahn waren inzwischen Elloks das Sinnbild, insbesondere die 103. Aber nicht ausschließlich – im Kursbuch behielt die attraktive Großdiesellok noch einige Zeit ihren Wert. So wie im Sommer 1975: Da finden sich rund um die Fahrplantabellen Motive mit 103, 110 und eben auch der V 200 bzw. 220. Martin Weltner/GM Noch im Sommer 1975 baut die Bundesbahn auf die Werbekraft der V 200. Mehrere Abbildungen mit der nunmehr als 220 bezeichneten Lok schmücken die Seiten des Kursbuchs, zum Beispiel dieses Duo mit einem VT 11.5/601 in der NachtzugReklame Slg. Oskar Grodecke
27
be_2015_02_28_29 29/01/15 12.40 Pagina 28
Strecken und Betrieb
| 220-EINSÄTZE ZWISCHEN HAMBURG UND CUXHAVEN
letzten
Eine der Domänen
In den späten 1970er-Jahren war der Ruhm der 220, vormalsV 200.0, schon ziemlich verblasst. Ihre abschließenden Dienste absolvierten die Lokomotiven in Norddeutschland. Das Abschiedskapitel spielte unter anderem auf der Relation Hamburg – Cuxhaven eit 1972 war Lübeck Heimat-Bw der 220, wie die V 200.0 der Bundesbahn seit 1968 bezeichnet wurde. Doch reduzierte sich der Bestand der Maschinen stetig. Zunächst wurden die verbliebenen 220 in Norddeutschland zusammengezogen und ab 1976 auf Oldenburg und Lübeck konzentriert. Sie waren in ganz Niedersachsen und im Westfälischen anzutreffen, wo sie neben den Dampfloks der Baureihen 012, 042 und 043 aus Rheine auch 216-Dieselloks verdrängten. Bald schon schleuste die Bundesbahn die stärkeren Schwesterlokomotiven der Baureihe 221 (V 200.1) mit in die Dienstpläne ein. Nachdem die 220 aus der Instandsetzungsunterhaltung genommen wurde, reduzierten sich ihr Bestand und die Planleistungen stetig. Zum Sommerfahrplan 1983 endete schließlich die Beheimatung in Oldenburg; nachdem man dort 1982/83 noch vier Planloks eingesetzt hatte, wurden die acht verbliebenen Oldenburger 220 dem Bw Lübeck zugeteilt. Die Lübecker 220 kamen noch entlang der schleswig-holsteinischen Ostseeküste zum Einsatz; vor allem aber machten sie sich mit Wendezügen zwischen Travemünde und
S
Zwischen Hamburg und Cuxhaven fuhren die 220 Wende- und Güterzüge Hamburg sowie zwischen Hamburg und Cuxhaven verdient. Die Niederelbe- oder auch Unterelbebahn Hamburg – Stade – Cuxhaven ist eine 103,6 Kilometer lange Strecke, die in nordwestlicher Richtung parallel zur Unterelbe auf Hamburger und niedersächsischem Gebiet verläuft. Sie ist überwiegend zweigleisig, nur zwischen den Bahnhöfen Hechthausen und Himmelpforten besteht seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine eingleisige Behelfsbrücke. Auf dieser Strecke fuhren die 220 sowohl Wendezüge als auch Güterzüge. Sie lösten dabei Loks der Baureihen 211, 212 und 216 ab, bestritten aber in den 1970er-Jahren nicht
28
Im Frühjahr 1982 fahren 220er den Bahnhof Cuxhaven von Hamburg und Bremerhaven aus an. Aus Bremerhaven ist 220 030 mit E 2539 von Aachen eingetroffen Michael Beitelsmann
allein die Dienste. Ab Dezember 1977 liefen für ausgefallene 220er unter anderem neue Loks der Baureihe 218 des Bw Lübeck in den Plänen mit. Nachdem Bremerhaven die Beheimatung der 211 aufgab, gingen deren Leistungen zwischen Stade und Bremerhaven ebenfalls auf die 220 über.
Mit allerlei Zügen unterwegs Die 220 konnte auf den beiden steigungsarmen Bahnstrecken von Bremen und Hamburg aus mit allen gängigen Wagen- und Zuggattungen der späten 1960er- und der 1970er-Jahre angetroffen werden. Schwere Güterzüge von und nach Hamburg, Militärzüge nach Cuxhaven-Altenwalde, schwere D- und Eilzüge sowie Nahverkehrszüge vom Zwei-Wagen-Zug bis zur Fünf-SilberlingWagen-Garnitur zählten zum Einsatzspektrum. Im Wendezugbetrieb kamen auch die berühmten alten Silberling-Steuerwagen („Hasenkästen“) zum Einsatz. Daneben liefen hinter den 220ern Drei- und Vierachsumbauwagen, Mitteleinstiegswagen, Expressgut- und Behelfspackwagen sowie BmSchnellzugwagen. Eine besondere Leistung war der abendliche Fischzug ab Cuxhaven nach Hamburg-Maschen. Dieser mit 220 bespannte Zug bestand oft nur aus zwei bis drei
Silberling-Garnituren und eine 220 – das zeigt ziemlich deutlich den Wertverlust der früheren Bundesbahn-Paradeloks. Hier aufgenommen bei Cuxhaven im Frühjahr 1982 Michael Beitelsmann
Wagen. Ansonsten gab es kaum Ganzzüge, sondern eher gemischte Güterzüge, die von Maschen und Bremen dann weiter zu ihrem Empfängerort geschickt wurden. In Cuxhaven gab es ein eigenes Betriebswerk, das seit 1960 nur noch als Einsatzstelle mit Dieseltankstelle fungierte. Der Ringlokschuppen wurde in der Folge auf einige wenige Stände zurückgebaut. In diesen aber konnte man in den 1970er-Jahren noch 220er aus Oldenburg und Lübeck antreffen. Allerdings war dies ein Unterstand auf Zeit; 1983
be_2015_02_28_29 29/01/15 12.40 Pagina 29
Weites Land und eine V 200.0: Das ist in den frühen 1980ern das gewohnte Bild auf der Strecke Hamburg – Cuxhaven. Beispielhaft dafür 220 033 mit N 4457 Cuxhaven – Stade, aufgenommen am 2. April 1982 Michael Beitelsmann
Das Streckennetz im Winter 1981/82 mit den „220-Relationen“ Hamburg-Harburg – Cuxhaven (Kursbuchstrecke 110), Bremerhaven – Cuxhaven (KBS 214) und Hamburg – Lübeck – Travemünde (KBS 140/141) Slg. Oskar Grodecke
wurden der Lokschuppen abgerissen und die Drehscheibe ausgebaut.
Die Einsätze 1983/84 Ab dem 29. Mai 1983 war Lübeck, wie erwähnt, alleiniges 220-Bw mit einem Bestand von nur noch 24 Loks. In zwei Dienstplänen sollten 20 Loks planmäßig eingesetzt werden. Die Einsätze wurden vorwiegend im Eilzugdienst in den Räumen Hamburg und Lübeck und Hamburg-Harburg – Cuxhaven bzw. Bremerhaven konzentriert. Mit BAHN EXTRA 2/2015
dem Sommerfahrplan 1983 gab es für die 220 des Bw Lübeck zwei Umlaufpläne: Einer sah Leistungen zwischen Hamburg und Travemünde sowieVerstärkerzüge nach Ahrensburg vor. Der andere plante fünf Maschinen ein für den Dienst zwischen Cuxhaven, Bremerhaven und Hamburg. Damit blieb der 220 das Einsatzgebiet Hamburg – Cuxhaven erhalten, in dem sie schon seit einigen Jahren bis auf wenige Ausnahmen den Gesamtverkehr abwickelte – anders als etwa zwischen Hamburg und Travemünde. Dieser Umlauf-
plan wurde auch im folgenden Winterfahrplan bis Ende Mai 1984 gehalten. Aufgrund von Abstellungen und Schadbestände wurden die Umläufe weiter reduziert und zum Sommerfahrplan 1984 ganz beendet. Danach gab es nur noch Sondereinsätze. Am 1. August 1984 wurde 220 013 als Letzte ihrer Baureihe in Lübeck außer Dienst gestellt. Die altrote Maschine „überlebte“ sogar die drei ab 1974 in OzeanblauBeige umlackierten Schwestern (220 012, 023 und 060). Damit endete nach etwas mehr als 30 Jahren die Einsatzgeschichte dieser Diesellok, die zu Beginn ihrer Dienstzeit als Sinnbild der modernen Bahn für viel Furore gesorgt hatte. Axel Witzke/GM
29
be_2015_02_30_33 29/01/15 12.41 Pagina 30
Blickwinkel
| ERLEBNISSE EINES STUDENTEN-LOKFÜHRERS
Eisenbahner
Im Jahr 1973 bot sich für Ulrich Budde eine einmalige Chance: Der Maschinenbaustudent der Universität Hannover konnte bei der Bundesbahn eine Ausbildung zum Lokführer machen. Auf Elektround Dieselloks! Im Sommer 1973 ging es mit 212, 216 und 220 auf Tour ... nfang der 1970er-Jahre bot die DB bundesweit zeitliche befristete Arbeitsverträge für einen Job als Aushilfsheizer auf Dampflokomotiven an. Für engagierte Eisenbahnfreunde bot sich damit die Chance, noch einmal hautnah mit dieser aussterbenden Traktionsart in Berührung zu kommen. Vor allem für Studenten war es reizvoll, in den Semesterferien Angenehmes (= Hobby) und Nützliches (= Geld verdienen) miteinander zu verbinden, so dass sich bald der Begriff des „Studenten-Heizers“ etablierte. Nur im Bereich der BD Hannover und nur für Studenten der Technischen Universität (TU) Hannover gab es darüber hinaus die Möglichkeit, in den Semesterferien eine vollwertige Ausbildung als Lokführer auf elektrischen und Diesellokomotiven zu absolvieren. Hintergrund dafür war die seinerzeit geltende interne Vorschrift der DB, dass alle Beamten im höheren (technischen) Dienst eine solche Ausbildung bis zum zweiten Staatsexamen nachweisen mussten. Durch Vorverlegung in die Studienzeit verkürzte sich das Referendariat entsprechend und die jungen Beamten konnten schneller für
A
Nur bei der TU Hannover konnten Studenten auf Diesel- und Elloks fahren produktive Tätigkeiten eingesetzt werden. Gleichzeitig wurde damit durchaus wirkungsvolle Personalanwerbung betrieben. Als ich von dieser Möglichkeit erfuhr, war ich sofort Feuer und Flamme – selber Züge fahren, auch wenn man nicht unbedingt Lokführer werden wollte, ist schließlich der Traum eines jeden Eisenbahnfreundes. Schnell waren zwei weitere Kommilitonen gefunden, um die Mindestgruppenstärke von drei Auszubildenden zu erreichen. Das einzige Problem war die Tatsache, dass es 1973 bei der DB einen Einstellungsstopp gab. Deshalb mussten wir eine Erklärung unterschreiben, dass aus der Ausbildung zum Lokführer keine Ansprüche auf spätere Einstellung bei der DB geltend gemacht würden.
30
Mit 212 304 sind die Studentenlokführer und ihr Lehrer am Morgen des 30. Juli 1973 von Hannover nach Soltau gefahren. Mittags um 12:58 Uhr ist die Rückkehr mit Nahverkehrszug 4321 vorgesehen, in der Zwischenzeit stehen im Bw Soltau die Technik-Einweisung an der Lok sowie Übungen zur Störungssuche und für Notschaltungen an. Auf dem Nachbargleis schmaucht derweil die Uelzener 052 544 vor sich hin Aufnahmen des Beitrags: Ulrich Budde bzw. Slg. Ulrich Budde
be_2015_02_30_33 29/01/15 12.41 Pagina 31
Trotzdem war die DB bereit, sämtliche Ausbildungskosten zu übernehmen (Lehrlokführer, Unterrichtsmaterial, Freifahrten etc.) und den Auszubildenden auch noch ein gutes Gehalt zu zahlen, das erheblich über dem der üblichen Ferienjobs lag. Last noch least konnte ich erreichen, dass die Zeit dieser Ausbildung als Fachpraktikum gewertet wurde.
Erst Elloks, dann Dieselloks Die ersten acht Wochen der Ausbildung im Februar/März 1973 absolvierten wir vom Bw Seelze aus auf elektrischen Lokomotiven der Baureihen 110/112/140. Vereinzelt, und mehr aus Spaß an der Freud‘, fuhren wir Zufällige Begegnung: Am 30. Juli 1973 hält sich auch 212 002, die erste Serienlok der Baureihe V 100.20 bzw. 212, im Bw Soltau auf. Die Lok ist ebenfalls im Bw Hannover beheimatet
auch Züge mit 103, 141 und 150. Am Ende stand eine förmliche Verwendungsprüfung in exakt demselben Umfang wie bei einer regulären Lokführerausbildung. In den Sommer-Semesterferien 1973 folgte dann die Ausbildung auf Diesellokomotiven, dieses Mal vom Bw Hannover aus. Befahren wurde dabei hauptsächlich die Heidebahn von Hannover nach Soltau, eine beschauliche Nebenstrecke mit 212-bespannten Wagenzügen. Die Vorschriften im Fahrdienst, das Signalwesen und allgemein
Erste Phase: Bedienung der Diesellok, eingeübt auf 212ern nach Soltau das Verhalten als Eisenbahner im Betriebsdienst kannten wir aus dem ersten Teil der Ausbildung. So ging es in dieser Phase nur um die Bedienung von Diesellokomotiven, in unserem Fall speziell der Baureihe 212. Das Fahren der Lokomotive ist dabei, egal ob Diesel- oder Ellok, der einfachste Teil. Hauptsächlich geht es bei der praktischen Ausbildung um das Verhalten im Störfall, wenn also die Maschine ihren Dienst versagt. Reparaturmaßnahmen im eigentlichen Sinne sind zwar in der Regel nicht machbar, aber zumindest in der klassischen Antriebstechnik gab es stets zahlreiche Notschaltungen, die in gewisser Weise einen Weiterbetrieb ermöglichten.
Beschäftigung mit der Heizanlage Ein großes Thema bei den Diesellokomotiven der damaligen Zeit war darüber hinaus die Bedienung der Dampf-Heizanlage. Diese dient nämlich nicht nur zur Wärmeversorgung der Reisezugwagen, sondern auch zum Vorheizen des Kühlwassers auf der Lokomotive, da der Dieselmotor nur in vorgewärmtem Zustand gestartet werden darf. BAHN EXTRA 2/2015
31
be_2015_02_30_33 29/01/15 12.42 Pagina 32
Blickwinkel
| ERLEBNISSE EINES STUDENTEN-LOKFÜHRERS
Am 28. Juli 1973 bespannt 220 082 vom Bw Hannover den E 740, aufgenommen bei Woltorf. Einige Tage später wird Ulrich Budde eine 220 vor diesem Zug fahren – und in Lehrte die Tücken des Bremsens kennen lernen
Die ersten zwei Tage verbrachten wir ganztägig im Bw Hannover, wo wir noch einmal das betriebliche Regelwerk auffrischten und mit derTechnik der Lokomotive (212) bekannt gemacht wurden: dem mechanischen Aufbau, dem Dieselmotor, dem hydrauli-
Vorsichtig oder forsch? Die Meinungen über das Bremsen differierten ...
Unterschiede beim Bremsen Im Großen und Ganzen verlief die Zeit der Ausbildung recht unspektakulär. Aber es gab auch einige besondere Erlebnisse, die mir bis heute in Erinnerung geblieben sind. Zum Beispiel die Tage, an denen wir einem Plan-Lokführer zugeteilt wurden, weil unserer Lehrlokführer erkrankt war. Natürlich blieb es nicht beim bloßen Mitfahren,
32
Eine wichtige Schulungsunterlage waren die Merkblätter zum Verhalten in Störfällen und die dann zu ergreifenden Maßnahmen zum behelfsmäßigen Weiterbetrieb der Lokomotive. Hier als Beispiel das Merkblatt Nr. 11 über den Störfall „keine Getriebefüllung und Motordrehzahlerhöhung“
sondern der Kollege forderte uns sogleich auf, selber zu fahren – unter seiner Aufsicht. Inzwischen hatten wir diesen Zug schon mehrfach gefahren und waren sowohl mit der Strecke als auch mit dem Bremsverhalten des Zuges einigermaßen vertraut. Das stellte also keine besondere Herausforderung dar. Aber unser eingeübter Fahrstil mit vorsichtiger Annäherung an den Bahnsteig gefiel dem erfahrenen Lokführer gar nicht: „Wer hat Euch denn bloß das Bremsen beigebracht? Typisch … (es folgte der Name unseres Lehrführers). Wenn ihr so an den Bahnsteig schleicht, springen Euch die
ersten Fahrgäste doch schon ab, bevor der Zug steht.“ Betretenes Schweigen unsererseits. „Und jetzt macht Ihr es mal auf meine Weise! Ranfahren mit voller Geschwindigkeit“ – das heißt, 80 km/h – „bis Anfang Bahnsteig, Bremse voll durchziehen, Auslösen bei 20 km/h, kurzer Füllstoß, und der Zug kommt ohne Ruck zum Stehen.“ Und tatsächlich, auf den kleinen Unterwegs-Bahnhöfen – und nur dort – klappte diese Methode vorzüglich.
Sportliche Fahrweise und die Folgen Diese sportliche Fahrweise war ganz in unserem Sinne und schon nach wenigen Halten
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
schen Getriebe, der elektrischen Steuerung, dem Druckluftschema, der Dampfheizanlage und dem Kühlwasserkreislauf und vielem mehr. Die restlichenTage spielten sich so ab, dass wir morgens einen Zug nach Soltau fuhren (in seltenen Fällen auch zu anderen Zielen), dann in einer mehrstündigen Wendezeit an der Lok eine weitere Einweisung in der Technik bekamen und die Notschaltungen eingeübt wurden, bevor es wieder zurück nach Hannover ging.
be_2015_02_30_33 30/01/15 15:50 Pagina 33
beherrschten wir sie perfekt. Als wir dann wieder mit unserem Lehrlokführer unterwegs waren, war der erst mal geschockt. „Willst Du nicht langsam mal bremsen?“, ertönte es besorgt hinter mir und ich spürte seine Bereitschaft, über meinen Rücken hinweg zur Bremse zu greifen. Aber auch er wusste, was ging und als wir standen, ohne Ruck und genau an der richtigen Stelle, atmete er nur tief durch. Sein Kommentar: „Oh je, da hat Euch aber einer ganz schön verdorben. Aber okay, übertreibt‘s bloß nicht, das kann auch mal böse in die Hose gehen.“
Der Problemfall in Lehrte Auch beim zweiten Fall ging es wieder ums Bremsen. Um ein wenig Abwechslung zum beschaulichen Nebenbahnbetrieb mit der 212 zu bekommen, hatten wir darauf gedrängt, auch einmal die großen StreckenDieselloks der Baureihen 216 und 220 fahren zu können. Das ließ sich einrichten und so führte uns denn eine Tagestour von Hannover nach Helmstedt. Auf der letzten Etappe der Rückfahrt von Peine bis Hannover schlug dann meine große Stunde als Lokführer auf einerV 200, der Grand Dame der deutschen Dieselloks. Am Haken hatten wir den E 740, der ab Hannover zum Schnellzug D 740 aufgewertet wurde. Mit 44 Achsen (= elf Wagen) war der Zug dementsprechend lang und schwer. Der Halt in Peine: kein Problem. Aber in Lehrte hieß es Acht geben. Da passte der Zug so gerade an den Bahnsteig, und man musste bis direkt vor das Ausfahrsignal fahren, das in der Regel erst gezogen wurde, wenn die Abfahrzeit gekommen war. Zudem lag der Bahnsteig hinter einer Kurve und war damit bei Annäherung erst spät sichtbar. Ich war also bestens vorinformiert. Nur eigene Erfahrungen besaß ich nicht, we-
Der Autor
Ulrich Budde Dipl.-Ing. Ulrich Budde, geboren 1951, hat Maschinenbau mit der Fachrichtung Schienenfahrzeugtechnik studiert. Seit der Kindheit an Eisenbahnen interessiert, konnte er seine Begeisterung damit zum Beruf machen. Nach dem Studium arbeitete Budde als Entwicklungsingenieur im Lokomotivbau der Firma Krupp und leitete dort später auch diverse Projekte. Seit 2014 ist Ulrich Budde im Ruhestand.
der mit der Baureihe 220 noch mit der besonderen Situation im Bahnhof Lehrte. Wir waren pünktlich und schon weit vor dem Halt in Lehrte konnte die Zugkraft abgeschaltet werden. Auf Anraten des Lehrführers leitete ich schon frühzeitig und vorsichtig die Bremsung ein. Aber offenbar war mein Bemühen, auf jeden Fall punktgenau am Signal zum Stehen zu kommen und mir keinen 2.000er einzufangen (das Auslösen des Indusimagnets am Signal mit 2.000 Hertz), doch zu groß. So ging die Geschwindigkeit viel zu schnell zurück; der Zug drohte schon in der Mitte des Bahnsteigs zum Stehen zu kommen. Das wiederum durfte auf gar keinen Fall passieren. Also Bremse
auslösen und noch einmal behutsam aufschalten. Doch die Bremsen lösten nicht. Auch als ich leicht panisch Füllstöße in die Bremsleitung gab, führte das nicht zum gewünschten Ergebnis. Stattdessen griff nun der Lehrführer ein. Mit brüllenden Motoren zog die 220 den angebremsten Zug am Bahnsteig vorbei; mit kreischenden Bremsen quälten wir uns an den Reisenden auf dem Bahnsteig vorbei, bis wir endlich am Signal zum Halten kamen. Oh je, wie war das peinlich. Offensichtlich auch für unseren Lehrführer, der irgendetwas von den sch… einlösigen Bremsen in den Altbauwagen murmelte, von denen wir zwei im Zug hatten. Ich jedenfalls traute mich erst gar nicht, bei der Weiterfahrt
Mit brüllenden Motoren und kreischenden Bremsen fuhren wir vor wie vorgeschrieben aus dem Fenster zu schauen; da konnten ja alle sehen, wer diese tolle Bremsung hingelegt hatte. Am nächsten Tag bei der Nachbesprechung der Ereignisse sah aber alles schon wieder freundlicher aus und wir haben uns nachträglich köstlich amüsiert. Auf dem Führerstand einer V 200 mitgefahren bin ich später noch häufig, aber selber gefahren nur dieses eine Mal. Nach so vielen Jahren ist es einfach nur eine schöne Erinnerung an eine interessante Tour. Die Dieselausbildung endete am 21. August 1973 mit einer Prüfungsfahrt nach Walsrode und zurück. Meine Zeit als „Studentenlokführer“ hat mir für meine Ausbildung als Schienenfahrzeug-Ingenieur eine Menge an Erfahrungen über den Betriebsalltag bei der Bahn gebracht, die ich später im Beruf gut verwerten konnte. Deshalb blicke ich bis heute gern darauf zurück.
be_2015_02_34_35 30/01/15 15:51 Pagina 34
Strecken und Betrieb
| VORSERIEN-216 UND 221 IM RUHRGEBIET
Getöse an der Ruhr Zwei markante Dieselloktypen hielten in den 1970ern im Revier Einzug. Von 1973 an wurde dieVorserien-216 eingesetzt, ab 1977 folgte die 221. Beide fuhren im umfangreichen Güterverkehr des Ruhrgebiets
Im Essener Stadtteil Frintrop liegt der Güterbahnhof Oberhausen Hütte. Dort warten am 30. März 1976 eine 044, eine Vorserien-216 und eine Serien-216 mit ihren Montangüterzügen auf Ausfahrt Dr. Dietmar Beckmann
m Jahre 1973, als im Montanverkehr des Ruhrgebiets noch die Dampflok dominierte, gab das Bw Hamburg-Altona alle zehn Vorseriendieselloks der Baureihe 216 an das Bw Gelsenkirchen-Bismarck ab. Die bei Krupp in Essen gebauten, damals elf bis 13 Jahre alten Großdieselloks läuteten den Traktionswechsel auf den nicht elektrifizierten Strecken im Kohlenpott ein. Hier erregten sie recht große Aufmerksamkeit, nicht zuletzt wegen des rundlich ausgewölbten Lokkastens unter den Stirnfenstern der ersten neun Maschinen (216 001 bis 216 009). Deshalb hatten sie bereits in Norddeutschland (in Anspielung auf die Schauspielerin Gina Lollobrigida) den Spitznamen „Lollo“ erhalten. Für die Dieselloks selbst war die Umbeheimatung mit einem tiefgreifenden
I
34
Aufgabenwandel verbunden. Sie zogen nun nicht mehr Reisezüge, sondern Güterzüge.
Ersatz für die Baureihe 50 Natürlich konnten die zehn Lollos den ebenfalls in Bismarck stationierten Jumbos (Dampfloks der Baureihe 044) trotz theoretisch gleichen Leistungsniveaus (beide 1.400 kW) überhaupt nicht das Wasser reichen. Aber sie waren durchaus in der Lage, Züge von der schwächeren Baureihe 50 zu übernehmen, die zu jener Zeit noch in Duisburg-Wedau und Oberhausen-Osterfeld zuhause waren. Recht vielfältig war das Einsatzgebiet der neuen Dieselloks. Sie zogen Nahgüterzüge und leichte Montanzüge durchs ganze Ruhrgebiet, brachten 600 Meter lange Ganzzüge
mit Stahlrohren von Mülheim-Styrum über die Mannesmann-Anschlussbahn nach Duisburg-Huckingen und gelangten mit Kalkzügen sogar ins Angertal. In Doppeltraktion (meist mit einer Serien-216) pendelten sie mit Flüssigeisenzügen zwischen Rheinhausen und Bochum-Präsident über die Rheinische Bahn. Besonders anstrengend war bis 1974 die Beförderung der Erzzüge vom Hafen in Duisburg-Ruhrort zur Henrichshütte in Hattingen, bei der die Vorserien-216 eine Dampflok der Baureihen 044 oder 050 unterstützten. Die Lärmentwicklung der Lollos war dabei so extrem, dass die schwer arbeitende Dampflok gar nicht mehr zu hören war. Sie waren mit hoch aufgeladenen 16-Zylinder-Maybach-Motoren MD 870 (MTU 16 V
be_2015_02_34_35 30/01/15 15:51 Pagina 35
meter umfassenden Streckennetz des Ruhrgebiets mit häufig 2.000 Tonnen schweren Montanzügen. Viele dieser Züge mussten über nur wenige Kilometer zwischen den Übergabebahnhöfen der Industrie und den elektrifizierten Umspannbahnhöfen befördert werden, so dass die Tagesleistungen der 221 im Ruhrgebiet meist nicht mehr als 200 Kilometer betrugen. Zu Beginn der 1980er-Jahre bescherte der Bau der Autobahn vom Ruhrgebiet nach Emden (BAB 31) den roten Elchen im Revier ein zusätzliches Einsatzgebiet. So genannte Waschbergezüge brachten das ungewollt mit
Bis zu sieben Züge fuhren die 221 werktags von der Ruhr ins Münsterland Hochbetrieb im Bahnhof Coesfeld im Münsterland: Am 15. August 1983 verlassen 221 144 und eine Schwestermaschine mit dem leeren Waschbergezug 58358 die Station, um ins Ruhrgebiet zurückzukehren. Im Hintergrund steht der ebenfalls mit einer 221 bespannte Nahgüterzug 63643 nach Wanne-Eickel zur Ausfahrt bereit Dr. Dietmar Beckmann
Diesellok-Treffen im Bw Wanne-Eickel: Im Februar 1982 warten dort eine Vorserien-216, eine Serien-216 und zwei 221 auf neue Aufgaben. Auch in punkto Farbschemata dokumentiert das Bild das Nebeneinander von Alt(rot) und Neu (Ozeanblau-Beige) Thomas Feldmann
538/653) bestückt und besaßen mit Ausnahme von 216 003 keinen Schalldämpfer.
Verstärkung des Diesellokparks Wenige Jahre später, mit der Einstellung des Dampfbetriebs Ende Mai 1977, kam eine weitere markante Dieselloktype ins Ruhrgebiet. Als Ersatz für die ausscheidenden 044 wurden in mehreren Etappen alle 48 noch existierenden Lokomotiven der Baureihe 221 von Oldenburg und Lübeck nach Gelsenkirchen-Bismarck umstationiert. Die fast 20 Jahre alten Maschinen hatten ihre Glanzzeit bereits hinter sich. Als Stolz der frühen Deutschen Bundesbahn wurden zwischen 1962 und 1965 insgesamt 50 Exemplare von Krauss-Maffei in einem formschönen roten Design geliefert und in den hochwertigen Reisezugdienst gestellt. Aus dieser Zeit – und auch von einem Modellbahnhersteller gefördert – stammt ihr Spitzname „roter Elch“, da die ersten 20 Maschinen anfangs keinen Schalldämpfer besaßen; bei Volllast röhrten sie wie ein Elch in der Brunftzeit. Sie zogen BAHN EXTRA 2/2015
schwere Schnellzüge über die Schwarzwaldbahn und durch das Allgäu, später über die Flachlandstrecken in Schleswig-Holstein. Im Ruhrgebiet hatten sie nicht mehr den D-Zug mit 140 km/h, sondern den Kokszug mit allenfalls 80 km/h, aber mehr als dreifachem Gewicht zu ziehen. Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Vorserien-216 zuvor. Obwohl sie für diese Leistungen eigentlich nicht konstruiert waren, bewältigten die 1.985 kW starken, mit zwei Zwölf-ZylinderV-Motoren von Mercedes-Benz fahrenden 221 ihre neue Aufgabe ganz hervorragend. Dabei bewährte sich auch ihr MekydroGetriebe, lediglich die Maybach-Radsatzgetriebe wurden 1979 durch für den Güterzugdienst besser geeignete und verstärkte Getriebe der Bauart Gmeinder ersetzt. Reisezüge waren in den 221-Plänen des Ruhrgebietes nicht vorgesehen, so dass bei den meisten Maschinen die dampfbetriebene Zugheizung ausgebaut und durch eine Motorenvorwärmanlage ersetzt wurde. Die wenigen noch reisezugtauglichen Maschinen hatten aber dennoch an schneereichen Winterwochenenden die ehrenvolle Aufgabe, speziell für Wintersportler eingelegte Sonderzüge nach Winterberg oder Willingen ins Hochsauerland zu ziehen. In diesen Diensten wurden sie den moderneren Loks der Baureihe 218 vorgezogen, da die Zugheizung mit Dampf während des Aufenthaltes am Zielort auch bei abgeschaltetem Motor funktionierte. Ihren Alltag verbrachten die Loks aber im dichten, noch immer mehr als 1.000 Kilo-
der Steinkohle ans Tageslicht geförderte Gestein zu den Autobahnbaustellen im Münsterland, wo es als Baumaterial für den Straßenunterbau und die Dammbauwerke Verwendung fand. Von Montag bis Freitag verkehrten täglich bis zu sieben Züge von den Kohlebergwerken in Westerholt und Hervest-Dorsten zu den Entladestellen bei Gescher an der Nebenbahn von Coesfeld nach Borken und Legden bei Ahaus. Die 2.000 Tonnen schweren Ganzzüge wurden dabei nicht nur aus Lastgründen an jedem Zugende mit einer 221 bespannt, sondern auch, um den Fahrtrichtungswechsel in Coesfeld und an der Entladestelle zu erleichtern.
Das Ende der alten Diesel Bereits ab März 1978 verabschiedeten sich die Lollos nach und nach aus dem Zugdienst. Die letzte Vorserienlok (216 003) wurde am 5. März 1984 z-gestellt, aber nicht verschrottet. Sie gehört inzwischen der DB AG und befindet sich in der Obhut des Vereins „Historische Eisenbahnfahrzeuge Lübeck“ (HEL e.V.). Vier Maschinen gingen nach Italien. Zum Fahrplanwechsel Ende Mai 1988 kam auch das Dienstende der 221, nachdem die meisten Loks bereits ein Jahr zuvor abgestellt worden waren.V 200 116 befindet sich als Museumslok noch heute im aktiven Sonderzugeinsatz. Südeuropäische Länder (Griechenland, Albanien) nutzten die Gelegenheit, preisgünstig leistungsfähige Dieselloks zu erwerben, und übernahmen rund die Hälfte der 221. Ende der 1990er-Jahre holten deutsche Privatbahnen 20 Exemplare wieder zurück und setzen sie nach der Aufarbeitung erneut ein. Mit etwas Glück kann man also im Ruhrgebiet wieder eine 221 vor einem Güterzug beobachten, wobei dies – dank verschiedener Privatbahn-Lackierungen – nicht immer ein „roter Elch“ ist. Dr. Dietmar Beckmann/GM
35
be_2015_02_36_37 29/01/15 12.44 Pagina 36
Strecken und Betrieb
| DIE BAUREIHE 212 IM BW WUPPERTAL-STEINBECK
Die Rekordhalter In den 1980er- und 1990er-Jahren spulten die Wuppertaler 212 die höchsten Laufleistungen aller Bundesbahn-V-100 ab. Sie fuhren Wendezüge im vertakteten Nahverkehr sowie Güterzüge, und sie meisterten das anspruchsvolle Pensum durchweg. Auch dank guter Pflege in der Wuppertaler Werkstatt ange Jahre waren die Wuppertaler 212 die unangefochtenen Kilometerfresser dieser Baureihe. Hauptsächlich auf der Strecke Wuppertal – Essen – Bottrop – Haltern und der topographisch anspruchsvollen Strecke Wuppertal – Remscheid – Solingen-Ohligs wurde den Loks im vertakteten Nahverkehr mit Wendezügen alles abverlangt. In einigen Plantagen legten sie täglich über 600 (!) Kilometer zurück, im Durchschnitt waren es noch über 500 Kilometer. Bei anderen Betriebswerken erreichten Loks dieser Baureihe kaum die Hälfte davon, selbst viele 215er und 216er kamen nicht an solche Leistungen heran.
L
Pflege von Personal und Werkstatt Dass die 212 die Aufgaben zuverlässig erledigten, lag zunächst einmal an der umsichtigen Fahrweise der Lokführer. Einen wesentlichen Anteil hatte aber auch die hervorragende Arbeit des Werkstattpersonals im Bw Wuppertal. Kleinere Störungen erledigten die Schlosser oft während des halbstündigen Aufenthaltes im Bw, der bei den Remscheider Zügen nötig war, um das Speisewasser zu ergänzen. Die Loks erhielten in der Steinbecker Werkstatt auch einige kleine Eigenumbauten, welche die Zuverlässigkeit im Betrieb erhöhten und die Bedienung erleichterten. So wurde das Schauglas für die Kühlwasserstandsanzeige bündig mit dem Ausgleichsbehälter montiert, um dem Lokführer den Blick darauf zu erleichtern. Ob-
Werte, die einer Fernverkehrslok alle Ehre machen: In diesem Dienstplan vom Juni 1986 erzielen die Wuppertaler 212 Tageslaufleistungen bis über 600 Kilometer. Keine Ausnahme, sondern die Regel ... Slg. Michael Peplies
36
wohl sich die Änderungen bewährten, wur- scheid, hauptsächlich gefahren in Doppelden sie bei der Hautuntersuchung im AW traktion und oft mit Grenzlast. Stand in SteinBremen meist wieder zurück gebaut. beck keine Ellok für Bereitschaftsdienste vor Deshalb war es die erste Arbeit der Schlosser, der Türe, wurde vom Lokdienst gerne ein nach der Rückkunft einer hauptuntersuch- „Köppelchen“ (eine Doppeltraktion 212) für ten Lok aus Bremen die bewährten Steinbe- Sonderleistungen angefordert. cker Verbesserungen wieder herzustellen. Weiterhin erwähnenswert ist wieder nur Die Entwicklung ab 1989 bei den Wuppertaler Loks die Ausrüstung Erste erhebliche Leistungseinbrüche gab es mit der Indusi-Stellung „O“. Möglich war zum Planwechsel im Mai 1989, als auf der dies nur in Zusammenhang mit den entspre- Strecke Wuppertal – Essen – Haltern die chenden Wagengarnituren und der damit 212er aus Wuppertal von der Baureihe 216 erreichten Bremsleistung von mindestens aus Osterfeld abgelöst wurden. Auch hier 101 Prozent. Mit der in dieser Form angepass- zeigte sich der hervorragende Wartungszuten Induktiven Zugsicherung ließ sich die stand der Loks aus Wuppertal, denn alleine Zugfolge auf den dicht befahrenen Strecken in den ersten drei Monaten wurden 95 „Abim Ballungsraum noch besser abwickeln. Im hänger“ bei der Baureihe 216 registriert. Laufe der Zeit gab das Bw Wuppertal fast Somit verblieben den Wuppertaler V 100 im Nahverkehr die „Remscheider Strecke“ – weiterhin mit Höchstleistungen – und einige Umläufe im Raum Bedburg (Erft). Mit dem Erscheinen des ersten Triebwagens 628.4 folgte dann auch hier die schleichende Ablöalle Loks mit niedrigen Betriebsnummern sung. Ab dem Sommerfahrplan 1995 fuhren ab und erhielt dafür Loks mit höherer Num- die Loks nur noch die unter der Woche vermerierung und Schleuderschutz – eine Er- kehrenden Hauptverstärkerzüge Wuppertal leichterung im Steuerwagenbetrieb. Im – Remscheid – Düsseldorf. Am 22. Mai 1998 Laufe der Jahre bekamen alle Loks Drehge- endete schließlich der Einsatz der Baureihe stelle mit automatischen Bremsgestängestel- 212 vor Reisezügen im Bergischen Land. lern, um die häufigen Werkstattaufenthalte Beachtenswert ist, dass unter den 212ern zum Nachstellen der Bremse zu vermeiden. auffällig viele „alte Wuppertaler“ heute in Natürlich gab es auch Güterzugleistun- Diensten privater Eisenbahnverkehrsanbiegen. Hervorzuheben sind dabei die Leistun- ter eine neue Heimat gefunden haben. Ein gen von Solingen-Ohligs hinauf nach Rem- Zufall? Ralf Händeler
Für die Dienste wurden die 212 in Wuppertal noch etwas „nachgerüstet“
be_2015_02_36_37 29/01/15 12.44 Pagina 37
Auf dem Weg von Wuppertal nach Solingen passieren die 212 die Müngstener Brücke. In den Jahren 1993/94 stehen Steuerwagen wegen Asbestsanierung und Modernisierung einige Zeit lang nicht zur Verfügung, weswegen zwei DB-V-100 den Nahverkehrszug über Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke „eskortieren“ Ralf Händeler
Und gleich nochmals die Müngstener Brücke, diesmal aus Lokführer-Perspektive. Noch im Juli 1995 hat sich im Bw Wuppertal-Steinbeck eine Unter anderem im Winterfahrplan 1993 gab es am Wochenende planmäßig stattliche Zahl von 212ern versammelt. Die Zahl der Leistungen Zugbegegnungen auf der Brücke Ralf Händeler (2, auch Bild r.) für die Diesellok-Baureihe im Bergischen Land sinkt aber schon BAHN EXTRA 2/2015
37
be_2015_02_38_41 29/01/15 12:38 Pagina 38
Strecken und Betrieb
| DIESELREVIER HARZ-WESER-BAHN
Gemeinsame Sache Mitten durch denVorharz verlief die deutsch-deutsche Grenze. Bis zum Mauerfall gab es hier nur Güterverkehr, doch das sollte sich nach dem 9. November 1989 ändern. Bundesbahn und Reichsbahn vereinbarten die Aufnahme des Personenverkehrs, DB- und DR-Loks kamen gemeinsam zum Einsatz ie Harz-Weser-Bahn verbindet neben Mittelgebirgslandschaften, Kleinstädten, Flusstälern insbesondere zwei bedeutende deutsche Industrieregionen: das Ruhrgebiet und das sächsischanhaltinische Industrierevier. Sie besteht im Kern aus der Sollingbahn und der Südharzstrecke. Beide waren bei ihrer Erstellung zweigleisige Hauptbahnen mit durchgehenden Personenzug- und Güterzugleistungen, dienten aber vorrangig dem Güterverkehr. Die Strecke verläuft von Altenbeken im Westen über Ottbergen nach Northeim und weiter über Herzberg nach Nordhausen – Erfurt im Osten und darüber hinaus. Daneben gab es noch die eigenständigen, aber betrieblich verbundenen Streckenäste Ottbergen – Holzminden – Kreiensen (– Seesen – Braunschweig), sowie von Ottbergen ausgehend die Verbindung über Bodenfelde nach Göttingen. Der Betrieb zwischen Herzberg und Nordhausen wurde 1869 aufgenommen, auf der Sollingbahn zwischen Northeim und Ottbergen folgte die Eröffnung 1877/ 1878. Weiterhin ist auch die Braunschweigische Südbahn als Verbindung zwischen Braunschweig – Bad Harzburg und der hannöverschen Südbahn Teil des Harzer Bahnnetzes. Sie führt durch das nordwestliche Harzvorland von Börßum über Salzgitter, Ringelheim und Seesen nach Kreiensen, wo die Eggebahn aus Altenbeken endet. 1956 wurde mit der Bahnstrecke Braunschweig – Salzgitter Bad eine kürzere Verbindung nach Braunschweig geschaffen und eine Durchbindung zur Bahnstrecke Braunschweig – Kreiensen erzielt; dies war eine der wenigen neu gebauten Nebenbahnen der Bundesbahn.
D
Die Harz-Weser-Bahn Die Strecke Altenbeken – Nordhausen stieg nach ihrer Eröffnung rasch zu einer Gütermagistrale auf und behielt diese Stellung bis in den Zweiten Weltkrieg hinein. Nach 1945 war die Strecke aufgrund der Teilung Deutschlands zwischen Ellrich und Walkenried für den Personenverkehr unterbrochen. Nur Güterzüge (und sehr selten Sonderzüge zur Leipziger Messe) durften das durch DDRGrenztruppen streng bewachte Ellricher Grenztor passieren.
38
Im Mai 1989 legt 216 179 mit E 6738 einen Halt in Bad Sachsa ein. Noch ahnt niemand, dass die Strecke Walkenried – Northeim ein halbes Jahr später mit dem Mauerfall einen rasanten Aufschwung nehmen wird Michael Beitelsmann
Am 20. November 1989 ist die deutsch-deutsche Grenze seit elf Tagen offen und der Personenzugverkehr zwischen Walkenried und Ellrich seit drei Tagen etabliert. Im Bahnhof von Walkenried steigen DDR-Bürger in den neu eingelegten Zug nach Ellrich ein; als Zuglok dient 216 164 vom Bw Braunschweig Martin Weltner
Im Südharz verkehrten viele Zugleistungen auf den verzweigten Strecken des Weserberglandes und Harz in wechselnden Relationen. Eckpunkte waren hierbei Altenbeken, Ottbergen, Holzminden, Göttingen, Northeim, Kreiensen, Seesen, Goslar,Vienenburg und Bad Harzburg. Die wenigen Schnellzüge zwischen der Bundesrepublik und der DDR bzw.West-Berlin nahmen dagegen in dieser Region den Weg weiter nördlich über Helmstedt – Marienborn oder aber südlich über Bebra – Gerstungen. Auf der Harz-Weser-Bahn fuhren diverse Eilzüge (die in den 1980er-Jahren teilweise zu D-Zügen hochgestuft wurden) und
be_2015_02_38_41 29/01/15 12:38 Pagina 39
Die Streckensituation im Vorharz bzw. Südharz im Kursbuch 1992/93. Die Trennung der Netze von DB und DR ist Geschichte; bei Kassel haben beide Bahngesellschaften mit der Verbindung Eichenberg – Arenshausen sogar schon eine erste Lücke zwischen ihren Netzen geschlossen. Die Strecke Northeim – Nordhausen trägt die Kursbuchnummer 357 Slg. Oskar Grodecke
Die 216 ist Ende der 1980er/Anfang der 1990er eine klassische Lok der Vorharz-Region. Im Mai 1989 hat 216 074 N 6742 am Haken und überführt auch einen Akkutriebwagen 515 samt Beiwagen 815 (Bild bei Northeim) Michael Beitelsmann
BAHN EXTRA 2/2015
39
be_2015_02_38_41 29/01/15 12:38 Pagina 40
Strecken und Betrieb
| DIESELREVIER HARZ-WESER-BAHN
Von Nordhausen ist im Juli 1990 DR-Diesellok 112 870 mit E 2054 herüber gekommen. Hier rollt sie mit der DB-Wagengarnitur bei Amelunxen dahin, gleich steht der Halt in Ottbergen an Michael Beitelsmann
zahlreiche Nahverkehrszüge. Dabei gab es bis weit in die 1980er-Jahre mehrere Eilzüge, die den Grenzort Walkenried als Endbahnhof hatten. Zum Einsatz kamen alle bei der Bundesbahn seinerzeit möglichen Wagengarnituren, mal reinrassig, mal bunt gewürfelt. 1976 zum Beispiel fuhr eine 216 mit zwei Wagen 2. Klasse (Typ Bnb), einem Wagen 1. Klasse (Aüm 202), einem Wagen 2. Klasse (Büe 372) und einem Halbgepäckwagen (BDylmf). Im Fahrplanjahr 1984 gab es Leistungen wie den D 2941, einen der hochgestuften Eilzüge, mit dem Laufweg Mönchengladbach – Dortmund – Altenbeken – Northeim – Walkenried. Er bestand aus einer 216, zwei Wagen 2. Klasse (Bm 232, Bm 233), einem Wagen 1./2. Klasse (ABm 223) und einem Wagen 2. Klasse/Gepäck (BDms 273). Weitere Leistungen verbanden Duisburg, Dortmund und Köln mit dem Südharz. Oft fuhren dabei komplette ozeanblau-beige oder Silberling-Garnituren. Dazu gab es Triebwagenleistungen der Braunschweiger 612/613 (Eierköpfe) und der moderneren 624/634, weiterhin der Hildesheimer Akkutriebwagen 515. In den 1970erund frühen 1980er-Jahren sah man zeitweise auch die 220 auf der Harz-Weser-Bahn. Im Güterzugeinsatz fuhren Braunschweiger 218 sowie Göttinger 212.
Die Zeit nach der Wende Schon drei Tage nach der DDR-Grenzöffnung, am 12. November 1989, fuhr der erste durchgehende Reisezug über die innerdeutsche Grenze nach Ellrich. Es war ein DBTriebwagen, der zwischen Ellrich und Wal-
40
Neues Lokomotiv„Gesicht“ im Bahnhof Northeim: Die Baureihe 112 kommt seit November 1989 planmäßig hierher. Der OstWest-Reisendenstrom und eine schnelle Vereinbarung zwischen DB und DR machten es möglich Slg. Gert Schütze
kenried an dem Tag pendelte. Kurz darauf gab es durch den Ost-West-Reisestrom einen erhöhten Bedarf an durchgehenden Leistungen zwischen Nordhausen und Northeim; die Harz-Weser-Bahn gewann auch im Personenverkehr wieder an Bedeutung. Noch Mitte November 1989 vereinbarten DB und
Von November 1989 an fuhren DB-Loks ins DR-Netz und umgekehrt DR weitere Personenzüge über die Strecke; bald wurden die Zugläufe von Erfurt über Northeim bis nach Altenbeken und sogar Paderborn ausgedehnt. Bis dato waren Bundesbahn-Loks bis in den DR-Grenzbahnhof Ellrich gefahren und hatten dort ihre Fracht an Reichsbahn-Loks „übergeben“. Jetzt fuhren DB-Loks weiter in das DR-Gebiet hinein, umgekehrt kamen DR-Loks ins DB-Netz. Zunächst bespannten 132er-Dieselloks der Bw Erfurt und Nordhausen die durchgehenden Eilzüge. Da die schweren Sechsachser aber dem Oberbau schadeten, tauschte
die Reichsbahn sie schnell gegen Loks der Baureihen 112 bzw. 114 aus, die ebenfalls von den Bw Nordhausen und Erfurt kamen.Vorgesehen war, die Loks zunächst mit DBSchnellzugwagen, später mit Halberstädter Reisezugwagen einzusetzen. Die 112/114 wiederum waren eigentlich zu schwach für diese Leistungen. Deshalb trat ab dem Fahrplanjahr 1993/1994 die Baureihe 228 – abermals der Bw Nordhausen und Erfurt – an deren Stelle. Mit modernisierten Halberstädter y-Wagen der DR nahm sie die Dienste nach Altenbeken und Göttingen auf. Ab diesem Zeitraum waren fast alle Personenzugleistungen mit diesen Wagenparks bestückt; neben den 228 kamen noch DB-216 zum Einsatz.
Besonderheiten des Betriebs Diese Entwicklung macht die Harz-WeserBahn unter den Dieselstrecken in Deutschland zu etwas Besonderem. Es gibt nur wenige Strecken, die, wie hier, von sieben Diesellokbaureihen beider deutscher Bahngesellschaften im Personenzugbetrieb plan-
be_2015_02_38_41 29/01/15 12:38 Pagina 41
! U NE
BAHN EXTRA Kiosk-App. Jetzt testen!
Weil die 112 mit den Wagenlasten zu sehr beansprucht war, zog man im Laufe der 1990er-Jahre 228 für die Eilzüge heran. Im Mai 1995 macht 228 788 mit E 3657 in Uslar Station M. Beitelsmann
mäßig befahren wurden: 212, 216, 218, 220 der DB sowie 204, 228 und 232 der DR. Dabei ist das Streckennetz im Weserbergland nicht einfach: Es gibt viele krümmungsreicheTrassen mit lang anhaltenden Steigungen. Das und die zumTeil beträchtlichen Zuglasten führten zu einem anspruchsvollen Leistungsprofil für Güterzugloks. So waren auf der Harz-Weser-Bahn bis zu 1.200Tonnen schwere Güterzüge über mehrere lange 10Promille-Steigungen Alltag. Wo eine 044 noch in Schrittgeschwindigkeit fuhr, wurde bei gleicher Tonnage und Witterung oft bereits eine zweite 216 benötigt. Das war aber eigentlich nicht die Absicht einer Rationalisierungsmaßnahme. Dazu kam, dass auch nicht alle Braunschweiger 216 doppeltraktionsfähig waren. In den besonders steilen und langgezogenen Steigungen machte sich das deutlich geringere Reibungsgewicht der 216 im Gegensatz zu den schweren mehrachsigen Dampfloks deutlich bemerkbar. Auch die leistungsstärkere 218 schaffte mit längeren und schwereren Zügen die Rampe von Northeim nach Bodenfelde oder Kreisensen nach Ottbergen teilweise nur mit 50 km/h. Dagegen konnten die sechsachsigen DR-Maschinen, vor allem die Baureihe 132, „auf Nordhäuser Seite“ meist die Last problemlos wegziehen. Der gemeinsame Einsatz der Lokomotiven im Südharz bot auch die Möglichkeit, die Triebfahrzeuge von DB und DR zu vergleichen. Demnach hatten Lokomotiven der DR eine deutlich geringere „Lebenserwartung“ hinsichtlich der Laufleistung. Sie haben einen erhöhten Instandhaltungsaufwand und gelten in den DB-AG-Werkstätten im Vergleich zu DB-Loks als „verbaut“. Der Instandhaltungsaufwand hat aber auch seine Gründe: Teilweise mangelte es an Zulieferteilen wie Getrieben, so dass man Provisorien einbauen oder – etwa aus Devisenmangel – minderwertige Werkstoffe verBAHN EXTRA 2/2015
wenden musste. Korrosionsschäden und Mängel wie Risse an Rahmen und Drehgestellen waren die Folge. Das ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, denn auch hier gilt: Umso besser man mit den Lokomotiven im Betrieb umgeht und umso sorgsamer man sie pflegt, umso länger bleiben sie einsatzereit. So konnte man bei DB und DR teilweise am Erhaltungszustand der Loks das Betriebswerk zuordnen. Auslaufende Baureihen wie die DB-220 waren an den letzten Betriebstagen in schlechtem Zustand und fielen auch häufig aus. Das gleiche Schicksal erlitten später Oberhausener 216 und 218. Dagegen wurden die Erfurter 228 bis zum Schluss gehegt und gepflegt und gingen mit einem beeindruckend hohen, auch optisch bemerkenswerten Einsatzbestand in Rente!
Einfach kostenlos downloaden und Vorteile genießen: In allen Ausgaben kostenlos probelesen Jede Ausgabe BAHN EXTRA zum günstigen ePaper-Vorzugspreis
Die Entwicklung bis 2014
Alle Ausgaben ab April 2010 verfügbar
In den 1990er-Jahren wurde die Gütermenge geringer und durchgehende Güterzüge wichen mehr auf die elektrifizierten Magistralen aus. So brauchte es in späteren Jahren keine Grenzlastfahrten für die 216 mehr.Teilweise reichten sogar 212 für die verbliebenen Leistungen aus. Doch kann es auch in jüngerer Zeit noch anstrengende Fuhren geben. So wie im Januar 2012, als eine 232 mit Unterstützung durch die Schublok 212 268 der privaten Ilmebahn einen Gipszug nach Stadtoldendorf beförderte. Ohne die Hilfe des „grünen Laubfroschs“ wären die 1.844 Tonnen nicht ans Ziel gekommen. Im Reisezugbetrieb fuhren in jüngerer Zeit noch Braunschweiger 218 mit Regionalexpresszügen zwischen Hannover und Bad Harzburg. Das ist jedoch seit Ende 2014 vorbei; mit dem Übergang auf die Privatbahn erixx verschwanden die Streckendieselloks aus dem dortigen Personenverkehr. Man sieht sie nun nur noch mit Güterzügen. Axel Witzke/GM
(\ZNHILUH\JOVMÅPULSLZLU Volltextsuche innerhalb der Ausgabe App für Tablet und Smartphone
Jetzt testen!
www.bahn-extra.de/epaper
be_2015_02_42_43 30/01/15 15:51 Pagina 42
Fahrzeuge und Technik
| DIE DB-LOKS V 300 001 UND V 320 001
In den frühen 1970er-Jahren teilt sich 230 001 den Dienst auf der Strecke Hamburg – Westerland mit den Schnellzugdampfloks der Baureihe 012. Am 2. Mai 1971 stehen die „große V 200“ und 012 001 gemeinsam mit einem D-Zug Richtung Sylt in Hamburg-Altona W. A. Reed/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Im September 1979 hat 230 001 ausgedient. Noch mit der Computernummer der Bundesbahn steht sie zur Verschrottung in Penzberg abgestellt Dietrich Bothe
Die schnellen Kolosse Sie sahen aus wie verlängerteV 200 oderV 160, und bewährt haben sich die großen SechsachserV 300 001 undV 320 001 auch. An einem Serienbau zeigte die Bundesbahn dennoch kein Interesse n ihren ersten beiden Jahrzehnten schien die Bundesbahn im Betriebsdienst durchaus auch sechsachsige Diesellokomotiven gebrauchen zu können. So entstanden sowohl von der V 200 wie von der V 160 vergrößerte Versionen. Die schnellen Kolosse – immerhin über 100 Tonnen schwer und mit Höchstgeschwindigkeiten von 140 bzw. 160 km/h – erregten einiges Aufsehen. Bezogen auf die Jahre bei der Bundesbahn, waren ihre Einsätze letztlich aber nicht von Erfolg gekrönt.
I
V 300 001: Die „Super-V-200“ Die Fertigung des ersten Sechsachsers geht auf einen Auftrag zurück, den Krauss-Maffei
42
(KM) von den jugoslawischen Eisenbahnen erhalten hatte. Für sie baute der Münchner Lokhersteller im Jahre 1957 drei dieselhydraulische Lokomotiven mit zwei dreiachsigen Drehgestellen, die sich an der V 200
Neben Sechsachsern für Jugoslawien entstand eine Lok, die zur DB kam der DB orientierten. Gegenüber diesen waren die jugoslawischen Loks aber knapp zwei Meter länger und mussten mit dreiachsigen Drehgestellen ausgerüstet werden, um die geforderte Achslast von 16,5 Tonnen nicht zu überschreiten.Weitere Aufträge aus
Jugoslawien gingen bei Krauss-Maffei nicht ein. Das Werk baute aber eine vierte Lok, die im Herbst 1957 im In- und Ausland umfangreiche Probefahrten absolvierte. Obwohl die Versuchsergebnisse der mit zwei 810-kW-Motoren ausgestatteten Maschine überzeugten, entschied sich KM, die Lok stärker zu machen: 1958 wurden zwei Motoren mit je 1.105 kW Leistung eingebaut, und die als Vorführfahrzeug vorgesehene Lok erhielt die Bezeichnung ML 3000 C’C’. Auch die stärkere Ausführung der Lok wurde unter anderem auf der österreichischen Semmeringbahn erprobt. Nach den sehr erfolgreich verlaufenen Fahrten erwarb die Deutsche Bundesbahn
be_2015_02_42_43 30/01/15 15:51 Pagina 43
Im Frühjahr 1973 wurde die nunmehrige 232 001 auf der Hannover-Messe ausgestellt. Die Rückfahrt nach Kempten nutzt die Bundesbahn und hängt der „doppelten 216“ einen Kühlwagenzug von Hannover-Wülfel bis Würzburg an; im Bild vor der Abfahrt im Rangierbahnhof Hannover-Wülfel, 8. Mai 1973 Ulrich Budde
kehrte aber schließlich nach Deutschland zurück und wurde 1979 verschrottet.
V 320 001: Die „Super-V-160“
Der Einsatz zwischen München und dem Allgäu war das Hauptaufgabengebiet der V 320 001. Im September 1967 wartet sie mit D 94 in München Hauptbahnhof auf die Abfahrt Ulrich Budde
im November 1963 die Maschine und reihte sie als V 300 001 in ihren Fahrzeugpark ein. Kurzzeitig zusammen mit der ebenfalls dort stationiertenV 320 001 (siehe unten) fuhr die V 300 mehrere Jahre lang vom Bahnbetriebswerk Hamm/Westf. aus schwere Reise- und Güterzüge. Ab 1969 als 230 001 bezeichnet, wurde sie nach einer kurzen Episode beim Bw Lübeck im Jahre 1970 dem Bw Hamburg-Altona zugeteilt. Dort kam 230 001 zusammen mit den Dampflokomotiven der Baureihe 012 in erster Linie auf der Marschbahn nach Sylt zum Einsatz. Im April 1974 wurde die Lok abgestellt und wenig später ausgemustert. Auf der Suche nach einem neuen Besitzer wurde die Lok später in Italien erprobt, BAHN EXTRA 2/2015
Als die Bundesbahn in den Jahren 1955/56 ihr endgültiges Diesellok-Typenprogramm aufstellte, war darin neben den Baureihen V 60,V 100 undV 200 auch eine sechsachsige Großdiesellok mit der BaureihenbezeichnungV 320 enthalten. Sie sollte wie die anderen Loks mit dieselhydraulischer Kraftübertragung arbeiten; vorgesehen waren zwei Maschinenanlagen mit je 1.320 kW, die man als Einzelanlagen auch in der projektierten V 160 verwenden wollte. Doch die schneller als erwartet voranschreitende Elektrifizierung der wichtigsten Hauptstrecken ließ die V 320 auf der Prioritätenliste nach unten rutschen. Wozu eine Super-Diesellok beschaffen, für die in wenigen Jahren schon kein Bedarf mehr vorhanden sein könnte?
Henschel baute die V 320 auf eigene Kosten, die DB mietete die Diesellok an Die Henschel-Werke bauten daher auf eigene Kosten eine Probelok, die Ende 1962 fertig gestellt wurde und mit zwei Dieselmotoren mit einer Dauerleistung von je 1.470 kW ausgestattet war. Probefahrten mit der quasi verdoppelten V 160 verliefen überaus erfolgreich, mit einer geänderten Getriebeübersetzung erreichte die Lok bis zu 180 km/h. Die DB entschloss sich daher im Jahre 1964, die Lok über einen Zeitraum von zehn Jahren anzumieten.
Technische Daten
DB-Baureihen 230, 232 Baureihe ab 1968 Baureihe bis 1967 Achsfolge Kraftübertragung Länge ü. Puffer mm Dienstgewicht t größte Achslast t Höchstgeschw. km/h Leistung kW
Baujahre Stückzahl
230 V 300 C’C’ dieselhydr. 20.270 104 16 140 2 x 810, später 2 x 1.105 1957 1
232 V 320 C’C’ dieselhydr. 23.000 122 20,5 160 2 x 1.470
1960 1
Zunächst wurde die Lok dem Bw Hamm zugeteilt, wo sie zusammen mit der V 300 001 Leistungen übernahm. Noch 1964 wechselte die Lok zum Bw Kempten, wo sie mit der kurven- und steigungsreichen Allgäubahn ein adäquates Einsatzgebiet erhielt. Trotz aller Bewährung verlängerte die DB den Mietvertrag mit Henschel aber nicht; Ende 1974 absolvierte die Lok ihre letzten Fahrten bei der Bundesbahn. Anders als 230 001 sollte sich 232 001 als langlebig erweisen. Nach dem Ausbau der Zugheizeinrichtung und Getriebeumbau zur Güterzuglok diente die Lok bei Privatbahnen im In- und Ausland. Schließlich wurde sie an die Gleisbaufirma Wiebe verkauft, bei der sie noch heute bundesweit Bauzüge fährt. Martin Weltner/GM
43
be_2015_02_44_45 29/01/15 12.46 Pagina 44
Fahrzeuge und Technik
| EINZELGÄNGER UND LEIHGABEN BEI DER DB
Die DE 2000 von Henschel (ab 1968: 202 001) war die Erste der dieselelektrischen Probeloks bei der DB. Im Juli 1967 hält sich die Lok mit der markant geneigten Führerstandfront in Kassel Hbf auf Theodor Horn
ie Bestellungen der DB hatten in den 1950er- und 1960er-Jahren die Auftragsbücher der deutschen Lokindustrie gut gefüllt. Doch um im Export erfolgreich zu sein, musste man auch zeitgemäße dieselelektrische Loks anbieten. Da lasen sich Berichte über eine erfolgreiche Erprobung bei der Bundesbahn gut – und möglicherweise konnte man auch die DB als Kunden gewinnen. So wurden einige dieselelektrische Loks bei der Bundesbahn erprobt.
D
201 001 – die alternative V 100? Im Jahr 1964 baute Krupp auf eigene Rechnung die ME 1500, deren elektrische Ausrüstung von AEG stammte. Die mit einem außermittigen Führerstand versehene Diesellok war gleichermaßen für den Reisezugund Güterzugdienst vorgesehen, wies eine Achslast von nur 14 Tonnen auf und hatte, wie die Typenbezeichnung schon aussagt,
Nur 14 Tonnen Achslast, 1.500 PS Leistung, aber ohne Erfolg: die 201 001 eine Leistung von 1.500 PS. Die Gleichstromfahrmotoren wurden über einen Drehstromgenerator und Gleichrichter mit Fahrstrom gespeist.Trotz niedrigeren Gewichts war die ME 1500, die später DE 1500 genannt wurde, rund zehn Prozent stärker als die V 100. Ab März 1966 testete die Bundesbahn die ME 1500 leihweise beim Bahnbetriebswerk Soest vor leichten Eilgüterzügen im Raum Hamm, Hagen und Münster. Im Juli des
44
Dieselelektrische Außenseiter Bei ihren Brennkraftlokomotiven setzte die Bundesbahn voll auf dieselhydraulische Antriebstechnik.Versuche, die DB auch für dieselelektrische Lokomotiven zu gewinnen, schlugen fehl.Trotz erfolgreicher Gastspiele blieben solche Maschinen Splittergattungen Jahres kam die Lok zum Bw Hagen-Eckesey, wo sie vor Eil-, Personen- und Güterzüge eingesetzt wurde, nachdem sie einen neuen Drehstromgenerator erhalten hatte. Im Januar 1968 setzte sich die Erprobung der inzwischen als 201 001 eingereihten Maschine beim Bw Hamm fort. Dies währte bis Ende Mai 1969, dann folgte eine kurze Stationierung im Bw Hagen-Eckesey und am 17. September 1969 der Verkauf an die Westfälische Landeseisenbahn (WLE). Die DB zog die 211/212 vor. Nach umfangreicher Modernisierung fährt 201 001 heute als Am 846 033 bei der Schweizer Südostbahn.
202 001 – Ein „schräger Vogel“ Schon vor der ME 1500 war eine andere Leihgabe zur DB gekommen. Mit ihren schräg nach vorn geneigten Führerständen fiel die 1962 von Henschel und SSW erbaute DE 2000 gleich auf. Die Lok verfügte über einen wie in Deutschland üblich schnell laufenden Dieselmotor mit 2.000 PS Leistung und wartete mit einer neuartigen Steuerung
des konventionellen Gleichstrom-Hauptgenerators auf. Das Ergebnis war eine leichte, leistungsstarke Lok. Allerdings konnte man sie nicht so überlasten wie die Konkurrenten aus USA oder der Sowjetunion. Die DB mietete die Lok nach der Abnahme im Oktober 1962 für fünf Jahre an, um sie mit den dieselhydraulischen Serienloks V 200 und V 160 zu vergleichen. Beheimatet wurde die DE 2000 bei den Bw Köln-Nippes, Hamm und Lübeck und fuhr fast nur Reisezüge. Die DB verlängerte den Mietvertrag noch um zwei Jahre und gab der Maschine 1968 die EDV-Bezeichnung 202 001, die aber nicht auf der Lok stand. Durchsetzen konnte sich die DE 2000 bei der DB nicht. 1969 ging sie zurück an Henschel und 1970 an die WLE. Ein Bedienfehler verursachte 1978 einen schweren Schaden; die Lok wurde nicht mehr ausgebessert, sondern verschrottet.
202 002–004 – Drei bunte Loks Mit drei Loks, welche die Bezeichnung DE 2500 erhielten, versuchten Henschel als
be_2015_02_44_45 29/01/15 12.47 Pagina 45
Was wohl ohne die Wende aus der 240 geworden wäre? Die 1989 angemieteten Im September 1979 steht 202 004 („Blauer Bock“) im Bw Mannheim Sechsachser bewährten sich bei der DB gut; aber nach dem Mauerfall hatte man Rbf. Die drei von Henschel/BBC gebauten Dieselloks waren modular aufgebaut und auch als Vierachser einsetzbar Harald Schönfeld mit den DR-Baureihen 130 bis 142 genügend Alternativen parat Volker Emersleben
Das ist die ehemalige 201 001 der DB. Als die Aufnahme in den 1970erJahren entstand, gehörte die Versuchslok bereits der Westfälischen Landesbahn; die Privatbahn hatte die Maschine nach der Rückgabe seitens der DB vom Hersteller Krupp gekauft Martin Weltner
Technikmuseum in Berlin übergeben, wo sie sich noch heute befindet. Bestellungen von der 202 waren nicht vorgesehen; aber sie stand bei vielen DB-Neuentwicklungen Pate.
240 001–003 – späte Giganten 1989 hatten MaK, Krupp und SSW drei sechsachsige dieselelektrische Loks gebaut, die mit einem großen Motor und Drehstromfahrmotoren den aktuellen Stand der Technik wiedergaben. Die Bundesbahn mietete die Anzeige
Hersteller des mechanischen Teils und BBC als Lieferer der Elektrik und Elektronik zwischen 1971 und 1973, die Dieselelektrik der DB erneut schmackhaft zu machen. Als Besonderheit sind die DrehstromAsynchron-Fahrmotoren zu nennen, die durch einen vom Dieselmotor angetriebenen Drehstromgenerator gespeist werden. Die Loks waren modular aufgebaut und konnten sowohl auf zwei- als auch dreiachsigen Drehgestellen fahren. Anhand der Farbgebung war dasTrio leicht zu unterscheiden: 202 002 trug Weiß, 202 003 Orange und 202 004 Blau. Vom Bw Mannheim aus fuhren sie im Reiseund Güterverkehr und bewährten sich dabei auch. Jedoch kam es abermals nicht zu einer Bestellung der DB. Seit Mitte der 1970er-Jahre dienten die Loks auch für Experimente. 202 002 wurde
zu einer Ellok für 1.500 Volt Fahrdrahtspannung umgebaut und in den Niederlanden erprobt. Umfangreicher gestaltete sich 1981 der Umbau von 202 003: Als UmAn-Lok sorgte sie in der Öffentlichkeit und der Fachwelt für Aufsehen. UmAn steht für umkoppelbare Antriebsmasse: Der DrehstromFahrmotor und das Getriebe bilden eine bauliche Einheit und sind pendelnd am Lokkasten befestigt. Das Drehmoment wird mittels Hohlwellen auf den Radsatz übertragen. Auf einer Seite wurde die Lok mit einer an die Baureihe 103 erinnernden Stromlinienverkleidung versehen, von der 103 stammen auch die Stirnfenster. Bei Versuchsfahrten erreichte die Umbauversion 250 km/h, auf dem Rollenprüfstand in München-Freimann sogar 310 km/h. Nach dem Abschluss aller Versuche wurde 202 003 dem Deutschen
Technische Daten
Die Baureihen 201, 202, 240 der DB Firmenbezeichnung DB-Loknummer (ab 1968) Bauart
ME/DE 1500 201 001 Bo’Bo’de
DE 2000 202 001 Bo’Bo´de
Dieselmotor (für Traktion) Länge über Puffer mm Dienstmasse t Achslast t Höchstgeschwindigkeit km/h Nennleistung (kW) Baujahre
1 14.390 56
1 18.200 83
100 1.103 1964
120 1.450 1962
BAHN EXTRA 2/2015
DE 2500 202 002–004 Bo’Bo’de, Co’Co’de 1 18.000 76–80 13,6/20 120, 140, 250 1.840 1971–73
DE 1014 240 001–003 Co’Co’ 1 20.960 117 20 160 2.650 1989
Ihre Prämie
Noch mehr Auswahl unter www.bahn-extra.de/abo drei Loks an und bezeichnete sie als 240 001– 003. Eingesetzt wurden sie im noch weitgehend fahrleitungsfreien Schleswig-Holstein, wo nach wie vor Bedarf an leistungsstarken Dieselloks bestand. Doch schon wenig später machte die Wiedervereinigung und die Zusammenführung von DB und DR die Loks überflüssig; mit den DR-Baureihen 130 bis 142 aus sowjetischer Produktion standen reichlich leistungsstarke Sechsachser zur Verfügung; einen Neukauf brauchte es da nicht. Nach Ablauf des Mietvertrages Ende 1995 wurden die drei DE 1024, wie sie offiziell hießen, an die Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) verkauft. Ein Exemplar ist dort noch betriebsfähig. Martin Weltner/Andreas Knipping
45
be_2015_02_46_53.qxp 29/01/15 12:29 Pagina 46
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS IM EINSATZ
Seit dem Abschied der Dampflok ist die Strecke Hof – Lichtenfels eine Dieseldomäne. Im August 1985 passiert 218 210 mit dem illustren E 3766 Hof – Nürnberg den Bahnhof Marktschorgast oberhalb der „Schiefen Ebene“. Der Zug besteht aus einem DB-Wagen, einem Bahnpost-Wagen und dem Kurswagenteil Görlitz – Nürnberg – Stuttgart mit Halberstädter Wagen Georg Wagner
46
be_2015_02_46_53.qxp 29/01/15 12:29 Pagina 47
Auf Achse ... hieß in den 1980er-Jahren eine Fernsehserie über Lkw-Fahrer in der ARD. Der Titel passt ebenso gut zu den Dieselloks und ihrem umfangreichen Aufgabengebiet. Eindrücke vom Betrieb auf der Strecke und darum herum BAHN EXTRA 2/2015
47
be_2015_02_46_53 30/01/15 15:52 Pagina 48
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS IM EINSATZ
Alleskönner Diesellok Vom kleinen Nahverkehrszug bis zum großen Fernzug reicht das diesellokbespannte Reiseangebot bei DB und DR – also das ganze Programm. Während einige Strecken auf Elektrobetrieb umgestellt werden, bleiben andere Dieselreviere
Nicht elektrifizierte Nebenfernstrecken sind in den 1980er-Jahren eine Spezialität der DB-216. 216 111 erreicht im Juni 1985 mit ihrem Nahverkehrszug Weilburg an der Lahn Harald Schönfeld
Auf der Schwarzwaldbahn sind 1965 die V 200 gang und gäbe: V 200 032 zieht mit einem Schnellzug bei Sommerau vorbei. Ende der 1970erJahre elektrifiziert die Bundesbahn die Verbindung Offenburg – Konstanz, 1977 haben die nunmehrigen 220 auf der Strecke ausgedient Heinz Hangartner/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
48
Reichsbahn-Bundesbahn-Begegnung im ehemaligen Grenzbahnhof Helmstedt: Im April 1992 ist 202 736 der DR mit einem Nahverkehrszug aus Magdeburg eingetroffen, 211 141 steht mit einem Nahverkehrszug nach Braunschweig bereit Dietrich Bothe
be_2015_02_46_53.qxp 29/01/15 12:29 Pagina 49
Im Mai 1979 zieht eine 142 ihren Schnellzug über den Rügendamm, im Hintergrund Stralsund. Die Verbindung von Berlin an die Ostsee zählt zu den klassischen Einsatzgebieten der sowjetischen Dieselloks Harald Schönfeld
Noch rund zehn Jahre zuvor war das Bw Saalfeld eine Hochburg der Dampflokomotive. Im Oktober 1990 präsentiert es sich als Dieselheimat: Unter anderem 110, 119 und 132 befahren von hier aus die Haupt- und Nebenbahnen in Südthüringen Josef Mauerer
BAHN EXTRA 2/2015
49
be_2015_02_46_53.qxp 29/01/15 12:29 Pagina 50
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS IM EINSATZ
Der Blick aus dem Führerstand von 280 002 zeigt die Schwierigkeit der frühen Bundesbahn-Lok: Der breite Vorbau verdeckt einen Teil der Sicht auf die Gleise und macht den Dienst zur kniffligen Angelegenheit für den Lokführer. Im Bild: Einfahrt in den Bahnhof Lichtenfels am 20. April 1968 Theodor Horn
Mehr als 2.000 PS für einen Wagen: Übermotorisiert zeigt sich N 5967, der am 29. Juni 1980 mit 215 002 auf dem Weg von Freudenstadt nach Hausach ist Georg Wagner
50
be_2015_02_46_53 30/01/15 15:53 Pagina 51
Auf und mit der Lok Nicht immer ist der Betrieb mit Dieselloks einfach. Doch die meisten Lokführer und Werkstattpersonale, die mit ihnen zu tun haben, wollen sie nicht missen. Wo sonst erlebt man so unmittelbar, wie die Lokomotive ihre Kraft entfaltet?
Das Einstellen elektrischer Großverbraucher wie Fahrmotore und elektrische Zugheizung von Dieselloks geschieht bis heute auf dem so genannten Rheostat. Die Belastung wird dabei mit Wasserwiderständen simuliert, die man je nach gewünschter Belastung ein- oder ausfahren kann. Im Mai 1994 stehen 232 152 und 232 156 in der Rheostatanlage der TE Neustrelitz. Bei 232 152 (vorn) wird die elektrische Zugheizung geprüft, während die Sechsfach-Anlage hinter den Loks zur Einstellung der sechs Fahrmotoren dient. Rechts der zentrale Messsstand
Im September 1968 rauscht Bundesbahnlok 211 224 mit „Volldampf“ aus ihrem Heimat-Bw Dieringhausen. Die Rauchfahne gereicht mancher Dampflok zur Ehre – ob sie auch den Lokführer erfreut? Ulrich Budde
Um Lichtreflexionen auf der Führerstandsscheibe zu vermeiden, ließ die Reichsbahn bei einigen Loks der V 180 die Front einziehen. Die „Schlägermütze“, wie die Bauform unter Eisenbahnern hieß, ging aber nicht in Serie – wohl auch, weil das Personal auf dem Führerstand im Winter fror. So dürfte dieser Dienst bei Dresden ebenfalls nicht einfach gewesen sein Rudolf Heym/Slg. Schütze; Jan Welkerling (Bild oben)
BAHN EXTRA 2/2015
51
be_2015_02_46_53 30/01/15 15:53 Pagina 52
Bilderbogen
| STRECKENDIESELLOKS IM EINSATZ
Für Güter den Diesel Von regionalen Übergabeleistungen bis zu schweren Zügen: Vor Güterzügen wird die Dieseltraktion in ihrem gesamten Leistungsspektrum gefordert. Bei der Bundesbahn wie bei der Reichsbahn
Im Ruhrgebiet dürfen – oder müssen – sich die Vorserien-216 auf ihre alten Tage noch beweisen. Im September 1979 schleppt 216 001 einen Güterzug von Oberhausen West nach Ruhrort Hafen. Mit den schwer beladenen Wagen dürfte die Lok weithin zu hören sein Georg Wagner
In den deutsch-deutschen Grenzbahnhöfen kommt es immer wieder zu Begegnungen zwischen Streckendieselloks von DB und DR. Im April 1971 stehen in Büchen 221 119 der Bundesbahn und 120 296 der Reichsbahn nebeneinander; beide sind hier im Güterverkehr beschäftigt K. D. Hensel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
52
be_2015_02_46_53.qxp 29/01/15 12:29 Pagina 53
Im Juli 1991 hat die Reichsbahn zwar schon mit gesunkenem Frachtaufkommen zu kämpfen, aber im Bahnhof Löbau ist an diesem Tag einiges los: 118 762 fährt mit einem Güterzug aus, links steht eine 132 mit ihrer Fuhre bereit. Rechts hat noch eine 112 einen Nahverkehrszug übernommen Uwe Miethe
Da blicken die Reisenden interessiert auf: Zwei Lokomotiven der Güterzugvariante 111 braucht es, um in den 1980er-Jahren den Zementzug durch Brandenburg-Görden zu befördern Ralph Lüderitz
Tag der Arbeit 1989: Mit Fähnchenschmuck auf der Front bringt 120 266 ihren Güterzug über den Berliner Innenring von Schönhauser Allee Richtung Pankow. In wenigen hundert Metern wird der Zug das Sperrgebiet im Bereich Bornholmer Straße durchfahren Bodo Schulz
BAHN EXTRA 2/2015
53
be_2015_02_54_57.qxp 29/01/15 12:00 Pagina 54
Strecken und Betrieb
| DIE 118 AUF DEN STRECKEN UM SCHLEUSINGEN
hren Spitznamen, „dicke Babelsbergerinnen“, bekamen sie wegen des Herstellers, des VEB Lokomotivbau in Potsdam-Babelsberg. Verteilt waren die V 180 (ab 1970: 118) in der ganzen DDR; die vierachsigeVariante meist im Norden und im Berliner Raum, die sechsachsige Ausführung im Süden. Eines der Sechsachser-Reviere wurden die Steilstrecken im Thüringer Wald. Das Bahnbetriebswerk Arnstadt verfügte seit 1972 auch über 118er – meist sechsachsige Maschinen. Schon seit 1971 bedienten solche Lokomotiven die Rennsteigbahn Ilmenau – Schleusingen; einzelne Leistungen verblieben aber noch bis 1972 bei den Vorgängerinnen, den Dampflokomotiven der Baureihe 94 (preuß.T 16). Ab diesem Jahr wurden die 118 von der Arnstädter Einsatzstelle Ilmenau bereitgestellt. 1974 dann ersetzte die Reichsbahn auch auf der zweiten Steilstrecke im Thüringer Wald, Suhl – Schleusingen, den Dampf- durch Dieselbetrieb. Damit sicherten sich die 118 ein klassisches Einsatzgebiet. Das hatten sie auch noch inne, als sie zum 1. Januar 1992 in die Baureihe 228 umnummeriert wurden, und als zum 1. Januar 1994 die Deutsche Reichsbahn in der Deutschen Bahn AG aufging.
I
Fortschritt durch die 118 Warum waren die 118 am Rennsteig so unentbehrlich? Das erklärt sich bei einem Blick auf die Topographie der Strecken Suhl – Schleusingen bzw. Ilmenau – Schleusingen. Die Bahnstrecke Suhl – Schleusingen (Friedbergbahn) ist eine 15,8 Kilometer lange, eingleisige Nebenbahn in Thüringen mit anspruchsvollemVerlauf. Die 66,6 Promille Steigung auf dem Abschnitt kurz hinter Suhl stellen die größte Neigung einer Steilstrecke in Deutschland dar – und dies ist bloß das steilste Stück. Anfangs hatte man die Verbindung sogar im Zahnradbetrieb befahren, 1928 stellte die Reichsbahn sie auf Adhä-
Auf der Maximalsteigung ab Suhl fuhr die 118 noch mit 155 Tonnen Last an sionsbetrieb mit Tenderdampfloks der Baureihe 94 um. Der Einsatz der sechsachsigen 118 brachte 1974 gleich einen Fortschritt. Bei maximaler Steigung fuhr eine 118 noch eine Last von 155 Tonnen an; die Dampfloks der Baureihe 94 kamen demgegenüber auf 120 Tonnen. Die Fahrzeiten beschleunigten sich gegenüber den 45 Minuten mit der Dampflok auf 28 Minuten mit der Diesellok. Die Rennsteigstrecke Ilmenau – Schleusingen steht der Friedbergbahn kaum nach. Auch diese 31,8 Kilometer lange eingleisige Nebenstrecke führt teilweise durch unwegsames, tief eingeschnittenes Mittelgebirge. Nahe des Bahnhofs Rennsteig kommt sie auf
54
Die Dicken
am Rennsteig
Als Ersatz für die Tenderdampfloks der Baureihe 94 kamen 1972 die sechsachsigen Dieselloks der Baureihe 118 auf die Steilstrecken im Thüringer Wald. Zwei Jahrzehnte lief dort nichts ohne sie, und auch danach gehörten sie noch zum Einsatzbestand eine maximale Neigung von 61,2 Promille. Im Abschnitt Stützerbach – Schleusingerneundorf war sie einst die erste Zahnradbahn Preußens. Deshalb hatte man auch den Bahnhof Rennsteig als Spitzkehrenbahnhof gestaltet; so konnten die Zahnrad Dampfloks der Baureihe T 26 Schornstein voraus und talwärts am Zug bleiben. Vom Bahnhof Rennsteig Richtung Schleusingen durchfahren die Züge noch einige Abschnitte mit 59 Promille Steigung.
Hatte die Strecke bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nur eine lokale Bedeutung, so änderte sich dies nach der Gründung der DDR. Da viele weiter entfernte Reiseziele anfangs schwer und später gar nicht mehr erreichbar waren, erlebte der Tourismus in den Thüringer Wald seine Blütezeit. Es gab durchgehende Urlaubszüge von Leipzig und Berlin bis Schmiedefeld. Wie bei der Friedbergbahn, so wurden auch im Steilstreckenbereich Ilmenau –
be_2015_02_54_57.qxp 29/01/15 12:00 Pagina 55
Die Ablösung ist da! Ab 1971/1972 ersetzt die 118 die Dampflok der Baureihe 94 auf der Strecke Ilmenau – Schleusingen. An der Lokeinsatzstelle Schleusingen begegnen sich Vorgängerin und Nachfolgerin Rudolf Heym/Slg. Gert Schütze
In den Anfangsjahren des Dieselbetriebs schickt die Reichsbahn die 118 auch mit Zweiachswagen von Suhl aus ins Mittelgebirge. In Suhl-Neundorf ist die sechsachsige Diesellok auf dem steigungsreichen Weg Richtung Friedberg Rudolf Heym/Slg. Gert Schütze
Schleusingen zunächst 118.2-4 eingesetzt. Später fuhren hier die modernisierten Ausführungen der Baureihe 118.6-8. Die gut motorisierten Großdieselloks waren aufgrund der geringen Achslast (15,6 Tonnen) als einzige deutsche Großdiesellok voll nebenbahntauglich. Die Leistung von 2 x 1.000 PS bzw. 2 x 1.200 PS (118.6-8) machte sie auch noch steilstreckentauglich, und dies als einzige Diesellokbaureihe der DR. Die 118 waren somit für die Friedberg- und Rennsteigbahn bestens geeignet. Sie empfahlen sich als zuverlässige Arbeitstiere, boten im Vergleich zur Dampflok höhere Leistungsfähigkeit und rationalisierten Betrieb. All das sorgte dafür, dass die Babelsbergerinnen auf den beiden schwierigen Strecken im Thüringer Wald mehr als zwei Jahrzehnte unangefochten die Leistungen bewältigten. Zum Jahr 1991 stellte die Reichsbahn zwar die Unterhaltung der 118er im Reichsbahnausbesserungswerk Chemnitz ein,
Etliche Kunstbauten machen die Streckenführung durch den Thüringer Wald reizvoll. Auf dem Weg von Suhl nach Schleusingen passiert 228 806 mit Nahverkehrszug 14985 im Mai 1995 das Viadukt bei Hirschbach Michael Beitelsmann BAHN EXTRA 2/2015
Im Mai 1995 bestehen die Nahverkehrszüge auf der Strecke Ilmenau – Schleusingen aus 228ern und Halberstädter bzw. Reko-Wagen, wie hier im Bahnhof Schmiedefeld. Die Ablösung in Form der 213 wird zu dieser Zeit schon erprobt Michael Beitelsmann
55
be_2015_02_54_57.qxp 29/01/15 12:00 Pagina 56
Strecken und Betrieb
| DIE 118 AUF DEN STRECKEN UM SCHLEUSINGEN
So sieht der typische Zug auf der Rennsteigbahn auch noch 1991 aus: Im September des Jahres befindet sich 118 751 mit einer Doppelstockgarnitur auf „Klettertour“ (Foto in Manebach) Georg Wagner
Die beiden Steilstrecken in der Kursbuchkarte von 1992/93; sie sind zu dieser Zeit mit den Streckennummern 566 (als Teil der Strecke Erfurt – Themar) und 568 vertreten Slg. Oskar Grodecke
Von 1995 bis 1998 kommen auf der Rennsteigbahn vorrangig 213 der ehemaligen Bundesbahn zum Einsatz. Im Schlusskapitel des Betriebs fahren aber auch 228 mit Ersatzleistungen R. Händeler
doch hob sie dies 1994 auf. Es gab nun wieder Hauptuntersuchungen. Diese wurden nur an Loks vorgenommen, die über die Sicherungseinrichtungen PZB und MESA verfügten. So wurden 228 748, 749, 751, 786, 788 und 791 hauptuntersucht, unter anderem für die Einsätze auf den Strecken um Schleusingen.
Mitbewerber 213 Im Jahr 1995 trat dann doch eine Konkurrenz für die 228 im Raum Schleusingen auf den Plan. Die DB AG hatte die Baureihe 213, die Steilstreckenvariante der V 100 der Bundesbahn, als wirtschaftlichere Variante zur 228 entdeckt. Im Kölner Raum und im Westerwald hatten diese ihre Leistungen an 215/225, 216 und 218 verloren. Nach Testfahrten
56
kamen sie schließlich 1995 anstelle der Babelsberger Loks zum Einsatz. Die 213 hatten eine um zirka 30Tonnen geringere Reibungsmasse und waren mit 1.350 PS auch nicht leistungsstärker. Sie waren aber günstiger im Betrieb, da nur ein Motor und ein Getriebe zu unterhalten waren. Außerdem verfügten die 213 über eine hydrodynamische Bremse, ein weiteres Plus im Steilstrecken-Betrieb. Weil die Züge über den Rennsteig nicht mehr allzu lang waren, konnten die BundesbahnLoks hier als Alternative gelten. Die ursprünglichen Doppelstockwagen wurden gegen modernisierte Halberstädter Wagen und wendezugfähige n-Wagen (modernisierte DB-Silberlinge) getauscht.Von einer endgültigen Ablösung der 228 konnte im
Thüringer Wald dennoch keine Rede sein. Es bestand ein Mischverkehr, bei dem neben 213 auch 228 fuhren. Insbesondere auf der Suhler Steilstrecke wurden, allen Umstellungsgedanken zum Trotz, die 228 phasenweise wieder heimisch. Allerdings war beiden Nebenstrecken keine große Zukunft vergönnt. Auf der Strecke Suhl – Schleusingen stellte die DB AG zum 31. Mai 1997 den Reisezugverkehr ein. Die letzten Züge bestanden aus dreiteiligen Wagengarnituren, die mit 228 und 213 bespannt wurden. Nur so konnte man dem erhöhten Reisendenaufkommen am Abschiedstag gerecht werden. Ein Jahr später war es auch um die Rennsteigbahn geschehen. Zum 23. Mai 1998 fuhr hier der letzte Zug. Fast zeitgleich wurden die hiesigen 228 abgestellt und die 213 von Meiningen nach Erfurt umbeheimatet. In Nordthüringen durften noch einige 228 ihr Können unter Beweis stellen. Für die Friedberg- und Rennsteigbahn aber lässt sich sagen, dass sie bis zum Schluss des Betriebs der DB AG ein 228-Revier blieben. Axel Witzke/GM
be_2015_02_54_57 30/01/15 15:53 Pagina 57
Fahrzeuge und Technik
| V 240 001
Im alten
Glanz
Nach der Messe unternahm die Lok bis Mitte 1968 Versuchsfahrten im Auftrag der DR. Anschließend wurde sie vom Lokomotivbau „Karl Marx“ Babelsberg an die Deutsche Reichsbahn übergeben und im Bw Neustrelitz mit Hilfe der UnfallloksV 180 081 und V 180 343 zur Serienlok mit 2 x 1.000 PS umgebaut. Mit der neuen Betriebsnummer 118 202-1 kam sie in den Betriebsbestand der DR. Dazu hatte sie die übliche rote Farbgebung mit Streifen der V 180 erhalten.Vom 1. September 1971 bis zum 30. Mai 1986 war 118 202 im Bw Neustrelitz beheimatet, dann vom 31. Mai 1986 bis zum 4. Juli 1991 in Kamenz, wo man sie am 5. Juli 1991 abstellte. Eine Zeit lang diente die Maschine im Bw Reichenbach als Ausbildungsobjekt für die Schienenfahrzeugschlosser-Lehrlinge. Dem Eisenbahner-Nachwuchs war es auch zu verdanken, dass sich die Lok stets in einem guten Pflegezustand befand. Obwohl bereits am 24.September 1991 ausgemustert, erhielt die Lok ab 1. Januar 1992 noch die vorgesehene neue Nummer 228 202-8 angeschrieben. Der wegweisende Schritt ergab sich beim Reichenbacher Bahnhofsfest am 14./15. August 1993. Mitarbeiter desVerkehrsmuseums Dresden erkannten den historischen Wert der Lok 228 202. Dieses erwarb 1994 die Ma-
Das Verkehrsmuseum in Dresden kaufte die Lok und ließ sie aufarbeiten Wieder im Blau-Silber der Messepräsentation 1965, aber mit 2.000 PS statt 2.400 PS Leistung: die aufgearbeitete Museumslok V 240 001 Rainer Heinrich
Sie gehörte zu den viel beachteten Ausstellungsstücken der Leipziger Messe 1965: die 2.400 PS starke VersuchslokV 240 001. Umgebaut zur 2.000-PSSerienlok, stand sie zwei Jahrzehnte in Diensten der Reichsbahn. Seit 1995 ist sie eine Museumslok, jetzt wieder betriebsfähig und in alter Lackierung ie Baureihe V 180 war die einzige in der DDR gebaute Großdiesellok. Sie bewährte sich so gut, dass von 1963 bis 1970 insgesamt 373 Loks an die DR und weitere neun Maschinen an Werkbahnen geliefert wurden. Am 11. Juni 1998 endete die 35-jährige Einsatzgeschichte der Baureihe 228 bei der DB AG. Dank ihrer großen Beliebtheit bei Eisenbahnfreunden kümmerten sich zahlreiche Museumsvereine und Privatpersonen um den Erhalt von Lokomotiven dieser Baureihe. Bundesweit sind heute über 50 V 180 erhalten geblieben. Eine Besonderheit unter den erhaltenen Lokomotiven ist
D
BAHN EXTRA 2/2015
die 118 202, welche ursprünglich die Bezeichnung V 240 001 trug.
Messelok, Betriebslok, Museumslok Im Jahr 2015 ist es exakt 50 Jahre her, dass die 2.400 PS starke Versuchslokomotive V 240 001 werksneu auf der Leipziger Frühjahrmesse vorgestellt wurde. Die im eleganten Silber mit blauen Zierstreifen gehaltene Lok fand große Beachtung. Die Messe stand damals im Zeichen des 800-jährigen Bestehens, entsprechend legte man Wert auf die Präsentation attraktiver DDR-Produkte. V 240 001 passte gut in diesen Rahmen.
schine und ließ sie nach Dresden überführen; die Gefahr der Verschrottung war abgewendet. 1995 stand sie als 118 202 auf dem Dresdener Dampflokfest, noch im gleichen Jahr überführte man die Lok ins Werk Chemnitz, um sie dort äußerlich wieder alsV 240 001 im Anlieferungszustand in den Originalfarben Silber und Blau herzurichten. So wurde die neue Dresdener Museumslok am 15. Mai 1996 in ihrer neuen Heimat zum Dresdener Dampflokfest im ehemaligen Bw Dresden Altstadt präsentiert.
Wieder betriebsfähig gemacht Die zunächst nicht betriebsfähige Lokomotive wurde im November 2000 in das Werk Dresden-Friedrichstadt überführt und erhielt dort im Rahmen der Lehrlingsausbildung eine Instandsetzung der Maschinenanlage. Am 25. April 2001 nahm das Eisenbahn-Bundesamt V 240 001 ab. Seitdem darf sich die Lok wieder mit eigener Kraft bewegen – allerdings darf sie nicht allein auf die Strecke, da sie weiterhin keinen Zugfunk und keine Indusi hat. V 240 001 wird heute von der IG Bahnbetriebswerk Dresden Altstadt e.V. betreut und ist alljährlich auch zum Dresdener Dampfloktreffen im April zu sehen. Rainer Heinrich
57
be_2015_02_58_60 29/01/15 12.48 Pagina 58
Fahrzeuge und Technik
| BAUREIHE 120 IM RANGIEREINSATZ
Arbeit mit „Ralf“ Einmalig bei der Deutschen Reichsbahn war dieVerwendung der russischen Großdiesellok 120 im Rangierdienst von DresdenFriedrichstadt. Über 20 Jahre hinweg war sie das Markenzeichen auf Sachsens größtem Rangierbahnhof. Für diese Einsätze hatte die Reichsbahn die Streckendieselloks speziell umgerüstet
58
be_2015_02_58_60 29/01/15 12.48 Pagina 59
Blick auf eine Schlepplok am Friedrichstädter Berg. Bis zum Schluss behielten die 120/220 ihre Rangierkürzel mit dem Funknamen „Ralf“ So begann der Rangierdienst mit der 120/220 in Dresden-Friedrichstadt: Die Diesellok bringt den Güterzug von der Einfahrgruppe zum Ablaufberg, wo er dann zerlegt wird. Als 220 241 alias „Ralf 14“ dies am 17. Mai 1994 erledigt, steht das Einsatzende der 220 hier kurz bevor Aufnahmen des Beitrags: Rainer Heinrich
Blick vom Ablaufstellwerk zu den vier Berggleisen. Im Vordergrund schiebt gerade eine 120er ihren letzten Wagen über den Ablaufrücken. Mit dieser Technologie nahmen zu Spitzenzeiten täglich bis zu 5.000 Güterwagen den Weg über den Friedrichstädter Rangierbahnhof
eit der Inbetriebnahme der gesamten Anlage des Rangierbahnhofs Dresden-Friedrichstadt am 1. Mai 1894 bestand eine Rangiertechnologie, die sich kaum veränderte. So mussten Güterzüge aus der Einfahrgruppe mit leistungsfähigen Lokomotiven zum Ablaufberg geschleppt werden, von wo aus die Zerlegung der Güterzüge in die Richtungsgleise folgte. Die dabei verwendeten Lokomotiven erfüllten zwei Funktionen: Zunächst schleppten sie die Güterzüge auf steigungsreicher Strecke rund zwei Kilometer weit zu den Aufstellgleisen des Gefälles am Ablaufberg; dort angekommen, fungierten sie als Brems- bzw. Drucklok zum Zerlegen der Züge. Zwischen 1930 und 1945 hatte eine Seilzugablaufanlage am Friedrichstädter Ablaufberg die Zerlegung vorgenommen; davor und danach aber hielt das Bw Dresden-Friedrichstadt immer eine Anzahl spezieller Schlepplokomotiven für diese Dienste vor. Am bekanntesten dürfte dieVerwendung der Dampflok-Baureihe 58.10 (preußische G 12) im Schleppbetrieb sein.Vor ihnen hatten schon Dampflokomotiven der Baureihen 56.1 (preußische G 8.3), 94 (preußische T 16), 94.20 (sächsische XI HT) sowie 95 (preußische T 20) diese Aufgabe erledigt.
S
Russische Loks für den Ablaufberg Nachdem ab Mai 1970 die ersten Diesellokomotiven der BaureiheV 200/120 aus Reichenbach und Karl-Marx-Stadt zum Bw Dresden umbeheimatet wurden, kam der Gedanke auf, die Streckengüterzuglok auch für Rangieraufgaben im Schleppdienst einzusetzen. Das bot die Chance, die teilweise über 50 Jahre alten Dampflokomotiven G 12 abzulösen. Mit der Bildung des Groß-Bw Dresden zum 1. Januar 1967 stand ohnehin derTraktionswechsel – der Übergang von Dampflokauf Diesellokbetrieb – als wichtigste Aufgabe im Raum Dresden an. So war es Anfang der 1970er-Jahre nur eine Frage der Zeit und der Schaffung einiger BAHN EXTRA 2/2015
wichtiger technischer Voraussetzungen, bevor der Schleppbetrieb zum Ablaufberg im Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt verdieselt werden konnte. Kernproblem war die Neuentwicklung einer automatischen Rangierkupplung – auch „Schleppkupplung“ genannt –, um bei der Dieseltraktion den geplanten Einmannbetrieb zu ermöglichen. Die automatische Rangierkupplung wurde im Bw Dresden auf Basis eines Verbesserungsvorschlags von Mitarbeitern (Neuerervorschlags) entwickelt. Das Baumuster konnte Mitte März 1973 an einer Lok der Baureihe 120 erprobt werden. Im 36-stündigen Einsatz fuhr die Diesellok 65 Schleppen,
Für den Einsatz der 120 wurde eine automatische Kupplung entwickelt und kein einziges Mal versagte die automatische Kupplung. Anschließend wurde die Kupplung von der VES-M Halle geprüft, damit sie im regelmäßigen Rangierbetrieb eingesetzt werden konnte. Als Erprobungsträger für die neu entwickelte Rangierkupplung hatte die Lok 120 282-9 gedient. Die neue Rangierkupplung wurde an einem Ende der Lokomotive angebracht, in der Regel am Führerstand 2. Durch einen elektropneumatischen Zylinder konnte die Schraubenkupplung der Lokomotive, die durch zusätzliche Flacheisen versteift war, in die Waagerechte angehoben werden. Mit dieser Kupplungsposition konnte der Lokführer an die Wagen heranfahren. Durch Entlüften des Zylinders senkte sich der Kupplungsbügel dann in den Zughaken des Wagens, womit man einen Beimann oder zusätzliches Rangierpersonal einsparen konnte. Ein offizieller Bericht über die Erprobung der automatischen Rangierkupplung ist leider nicht bekannt. Offen bleibt auch die Frage, warum zwischen der Fertigstellung
59
be_2015_02_58_60 29/01/15 12.48 Pagina 60
Fahrzeuge und Technik
| BAUREIHE 120 IM RANGIEREINSATZ
Für den Dienst am Ablaufberg erhielten die 120/220 eine spezielle Rangierkupplung; das Bild zeigt sie im gesenkten Zustand
Die Kupplung zwischen Lok und erstem Wagen einer Schleppe (Kreideanschrift am Wagen: Schleppe Teil II mit 21 Wagen und 300 Tonnen Zuggewicht). In diesem Zustand der Schleppkupplung schob die 120 die Güterwagen über den Ablaufrücken am Friedrichstädter Berg
des funktionstüchtigen Baumusters im März 1973 und der planmäßigen Anwendung im Schleppdienst ab dem 30. September 1973 eine Zeitspanne von sechs Monaten klafft. Sicher ist aber, dass die Kupplung dann einsatzbereit war und tatsächlich die Einmannbesetzung ermöglichte. Zu Dampfzeiten hatte noch der Lokheizer die Lokomotive an die Wagengruppe angehängt. Für ihr neues Einsatzgebiet mussten die 120er weiterhin mit Rangierfunk ausgerüstet werden. Dazu erhielten die Maschinen auf dem Dach des Führerstands 1 eine Rangierfunkantenne. Aus den Betriebserfahrungen heraus wurden bei den Schlepploks zusätzliche technische Anpassungen vorgenommen. Man baute zum Beispiel einen Feinfahrregler für niedrige Fahrstufen ein, um die Anfahrzugkraft zu erhöhen.
Einsätze in Dresden-Friedrichstadt Der Beginn des Winterfahrplans 1973/74 gilt zwar als offizieller Auftakt des Einsatzes der 120 im Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt. Tatsache ist aber, dass die gültigen Dienstpläne 65 bis 69 nach wie vor für die Dampflok-Baureihe 58.10 aufgestellt waren und fünf G 12 (plus eine als Reserve) auch zu Beginn des Winterfahrplans 1973/74 benötigt wurden. Dem Bw Dresden fehlte es zu der Zeit noch an den nötigen Triebfahrzeugen der 120, um die Dampfloks abzulösen. Zum 30. September 1973 waren erst zehn der russischen Großdieselloks vorhanden; davon benötigte man im Dienstplan 8 drei und im Dienstplan 11 vier Maschinen im Zugdienst, zuzüglich zwei Loks im Unterhaltungsbestand. Ergo stand zu Beginn des Winterfahrplans nur die umgerüstete Baumusterlok 120 282 für den Rangierdienst zurVerfügung. In den Monaten Oktober bis Dezember 1973 erhielt das Bw Dresden dann acht weitere Lokomotiven der Baureihe 120 zugeteilt, aus-
60
schließlich von den Bw Reichenbach und Karl-MarxStadt. Nach dem Zugang dieser Maschinen konnte man endlich die schrittweise Umrüstung von zunächst acht 120ern für den Schleppdienst angehen. Dabei wurden sowohl Lokomotiven des vorhandenen Bestands als auch solche der nachtäglichen Zugänge zu Schlepploks umgerüstet. Von den Diesellokomotiven benötigte man täglich vier Lokomotiven rund um die
In Kürze
120er in Dresden 1973 30.09.1973: Das Bw Dresden verfügt über zehn Dieselloks der Baureihe, im Einzelnen: 120 144, 192, 223, 241, 245, 259, 261, 272, 282, 283 Von Oktober bis Dezember 1973 werden acht weitere Dieselloks dort stationiert: 120 291 am 01.10.1973 von Bw Reichenbach 120 115 am 17.10.1973 von Bw Reichenbach 120 218 am 17.10.1973 von Bw Reichenbach 120 183 am 01.11.1973 v. Bw Karl-Marx-Stadt 120 269 am 09.11.1973 v. Bw Karl-Marx-Stadt 120 280 am 13.11.1973 v. Bw Karl-Marx-Stadt 120 265 am 15.11.1973 v. Bw Karl-Marx-Stadt 120 268 am 09.12.1973 v. Bw Karl-Marx-Stadt Zunächst werden acht Diesellokomotiven des 120er-Bestands für den Rangierdienst ausgerüstet. Sie erhalten in dem Zusammenhang einen speziellen Funknamen, der, wie bei der Reichsbahn im Rangierdienst üblich, mit dem Buchstaben „R“ beginnt. Betriebsnummer 120 144 120 218 120 241 120 259 120 265 120 272 120 282 120 283
Funkname Ralf 19 Ralf 13 Ralf 14 Ralf 17 Ralf 18 Ralf 15 Ralf 16 Ralf 12
Uhr. Jede Lok war mit vier Personalen besetzt. Außerdem musste immer mindestens eine Maschine als Schleppreserve im Bw bereit stehen. Dafür gab es eigens den Personaldienstplan 69. Da die Personalablösung der Schlepploks auf dem Rangierbahnhof geschah, mussten alle Lokomotiven für das Tanken und die Wartung durch die Schleppreserve durchgetauscht werden. Zu Beginn des Sommerfahrplans 1974 war die Umstellung des Rangierdienstes am Ablaufberg von Dampf- auf Dieseltraktion vollzogen. Im Sommerfahrplan 1974 setzte das Bw Dresden elf Lokomotiven der Baureihe 120 im Zugdienst und fünf im Rangierdienst planmäßig ein. Ab dem Frühjahr 1976 kam ein weiteres Aufgabengebiet hinzu. Nun übernahm die 120 mit automatischer Rangierkupplung auch den Schiebedienst bei Güterzügen auf
Vom Frühjahr 1976 an dienten die 120 auch als Schublok in Dresden der sieben Kilometer langen Rampe von Dresden-Neustadt bis Dresden-Klotzsche. Planmäßige Schiebelok über viele Jahre, bis zu Beginn des Sommerfahrplanes 1991, war dort 120 105. Mit dem Jahr 1994 kam schließlich das Ende der nunmehr als 220 eingereihten Lokomotivtype auf der „Schleppe“. Zum Planwechsel Ende Mai 1994 endete der planmäßige Einsatz der 220 in Dresden-Friedrichstadt. Drei Loks der Baureihe 298 wechselten in den Schleppbetrieb. Es ist noch zu erwähnen, dass die langjährige Dresdener Schlepplok 220 272 am 21. Dezember 1994 den endgültig letzten, mit einer Lokomotive der Baureihe 220 bespannten Güterzug zwischen Bautzen und Dresden-Friedrichstadt fuhr. Das war zugleich das offizielle Ende derV 200 der Reichsbahn bei der Deutschen Bahn AG. Rainer Heinrich
01_BE0215_vollabo_1-1_13_BE0107_shop_1/1 28.01.15 13:29 Seite 1
NEU: ePaper gratis zum Kennenlernen für Abonnenten !
A R T X E N H A 6x B ! k n e h c s e +G Ihr Willkommensgeschenk
GRATIS! Die große Geschichte der Eisenbahn in Deutschland Am 7. Dezember 1835 rollte der »Adler« von Nürnberg nach Fürth: Das war der Beginn der deutschen Eisenbahn. Was seither passierte? Lesen Sie selbst!
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Mein Vorteilspaket
3Ich spare 15% (bei Bankeinzug sogar 17%)! 3Ich erhalte mein Heft 2 Tage vor dem Erstverkaufstag bequem nach Hause (nur im Inland) und verpasse keine Ausgabe mehr!
3Bei Nichtgefallen kann ich jede Ausgabe umgehend zur Gutschrift zurücksenden
3Ich kann nach dem ersten Jahr jederzeit abbestellen und erhalte zuviel bezahltes Geld zurück!
3NEU: Jetzt inklusive ePaper! Alle während Ihres Abozeitraums erschienenen Ausgaben* gratis zum Kennenlernen! Derzeit leider nur auf iOS verfügbar; weitere Plattformen sind in Vorbereitung – wir bitten um Geduld!
!
* ab Ausgabe 04/10
BAHN EXTRA-Vorteilspaket Bitte schicken Sie mir BAHN EXTRA ab sofort druckfrisch und mit 15 % Preisvorteil für nur € 10,95* pro Heft (Jahrespreis: € 65,70*) alle zwei Monate frei Haus. Ich erhalte als Willkommensgeschenk das Buch »Die große Geschichte der Eisenbahn in Deutschland« **. Versand erfolgt nach Bezahlung der ersten Rechnung. Ich kann das Abo nach dem ersten Bezugsjahr jederzeit kündigen.
q
Bitte informieren Sie mich künftig gern per E-Mail, Telefon oder Post über interessante Neuigkeiten und Angebote (bitte ankreuzen).
WA-Nr. 620BE60761 – 62113000
Sie möchten noch mehr sparen?
Dann zahlen Sie per Bankabbuchung (nur im Inland möglich) und Sie sparen zusätzlich 2 % des Abopreises! Ja, ich will sparen und zahle künftig per Bankabbuchung*** q pro Jahr q pro Quartal IBAN: DE
|
|
Vorname/Nachname
Bankleitzahl
|
|
|
Ihr Geschenk
Kontonummer
Straße/Hausnummer Bankname Ich ermächtige die GeraNova Bruckmann Verlagshaus GmbH, wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von GeraNova Bruckmann Verlagshaus GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.
PLZ/Ort Telefon
E-Mail (für Rückfragen und weitere Infos)
7
Datum/Unterschrift
7
Datum/Unterschrift Bitte ausfüllen, ausschneiden oder kopieren und gleich senden an: BAHN EXTRA Leserservice, Postfach 12890, 82197 Gilching per Fax an 0180-532 16 20 (14 ct/min.), oder per E-Mail:
[email protected]
www.bahn-extra.de/abo
* Preise inkl. MwSt., im Ausland zzgl. Versandkosten ** Solange Vorrat reicht, sonst gleichwertige Prämie *** SEPA ID DE63ZZZ00000314764
q 7 JA, ich möchte BAHN EXTRA lesen und 15% sparen
be_2015_02_62_63 29/01/15 12.50 Pagina 62
Blickwinkel
| EIN 120-DIENST IN BERLIN-PANKOW
Eisenbahner
Ein Sommertag Mitte der 1980er-Jahre im Bw Pankow: Eigentlich soll das Personal des Bahnbetriebswerks 120 286 nach einer Untersuchung wieder für den Dienst vorbereiten. Aber die Lok, genauer, ihr Motor, entwickelt ein Eigenleben ... s war ein ganz normales SommerWochenende im Bahnbetriebswerk Berlin-Pankow. Wir hatten eine Tagschicht, das waren zwölf Stunden Dienst von 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr im Vierbrigadeplan. Der Arbeitsauftrag war eigentlich Routine. Nur an diesemTag hatte die Lady, die wir fertigstellen sollten, eigene Vorstellungen vom Abschluss der Arbeiten. Aber davon hatten wir bei Beginn der Schicht noch keine Ahnung. Die Lady war eine Diesellokomotive der Baureihe 120 der Deutschen Reichsbahn; sie wurde auch „Taigatrommel“ genannt. Diesen Namen hatte sie, weil in den Weiten Russlands kein Schalldämpfer benötigt wurde. Aber die Fahrzeuge, die für Pankow vorgesehen waren, hatte man in der Lokomotivfabrik Lugansk (ab 1970 Lokomotivfabrik Woroschilowgrad) schon mit Schalldämpfer ausgerüstet. Auch die V 200 286, wie sie bei der Übergabe an die DR 1969 hieß, war eine stattliche junge Dame. Mit ihren 2.000 PS war sie schon recht kräftig gebaut, gerade richtig, um die Baureihe 52 im Bw Pankow abzulösen. Für den schweren Güterzugdienst wie geschaffen. Eine Zugheizung hatte die Lok nicht, womit die Beförderung von Personenzügen nur im Sommer infrage kam. Dann zeigte die Lady ab und zu ihre Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.
E
Der Motor läuft an Die Kraft der 2.000 PS lieferte ein ZweitakterDieselmotor 14D40 mit einer Höchstdrehzahl von 750 Umdrehungen pro Minute. Dass diese Drehzahl weit überschritten werden kann, sollten wir in dieser Schicht erfahren. Unser Auftrag war, die Lok 120 286 nach einer FristV4, einer großen Instandhaltungsstufe, wieder in Betrieb zu nehmen und zum Abschluss die Kühlung vor dem Halbrundschuppen einzustellen. Wie immer wurde der Dieselmotor wieder verschlossen. Das bedeutete, alle Montageklappen und Luken wurden geschlossen. Das Kühlwasser vorgewärmt aufgefüllt und der Dieselmotor gestartet. Als Besonderheit der Baureihe 120 galt die Startzeit von einer „russischen“ Minute. Um den Schmierkreislauf gut versorgen zu können, lief die Schmierölvorpumpe 59 Sekunden; dann zog das Startschütz an, der
62
Das Bw Berlin-Pankow war eine Hochburg der Taigatrommeln. Das Personal kannte die Maschinen, ihre Vorteile und ihre Tücken. Im Mai 1991 pausiert 120 372 im Freigelände Bodo Schulz
Je länger der Motor warm lief, umso besser wurde das Klima im Maschinenraum. Wir wollten ja 60° C erreichen und diese waren dann auch im Maschinenraum vorhanden. An einem Sommertag wie dem heutigen mit 32° C Außentemperatur eine Freude für jeden Schlosser und Elektriker aus unserer Brigade. Aber wir hatten Glück. Die Kollegen der anderen Schichten hatten gut gearbeitet und die Kontrolle war schnell erledigt. Der Dieselmotor arbeitete nun mit seiner Betriebstemperatur. Also Motor abstellen, alle Bekleidungen des Dieselmotors anbauen und den Maschinenraum reinigen; es sollte ja ein sauberes Fahrzeug an die Lokführer übergeben werden. Vor der Mittagspause galt es nur noch die Kühlung einzustellen. Dazu brauchte es lediglich zwei Kollegen; die anderen räumten bis zur Pause das Werkzeug zurück und stellten die Grundordnung in der Werkstatt her.
Der Motor läuft weiter ...
Also gingen ein Kollege und ich wieder zur Generator drehte den Dieselmotor durch Lady 120 286 auf den Führerstand „B“. Bei und der Regler zog die Einspritzpumpe auf, diesem befanden sich die Kühlelemente, also um eine höhere Menge Diesel einzuspritzen. der Kühler für das Motoröl, das über einen Bei Startdrehzahl zündeten die einzelnen Ölwärmetauscher gekühlt wurde, und auf Zylinder. Zwölf hatte der 14D40 zur Verfü- der rechten Seite die Kühlerelemente für das gung, die in V-Form angeordnet waren. Mit Motorkühlwasser. Beide Systeme wurden einem tiefen Grummeln lief der Motor an von einem großen Lüfter gekühlt, den der und regelte sich bei 400 Umdrehungen pro Dieselmotor über ein Winkelgetriebe hydrauMinute ein. So war es üblich und so geschah lisch antrieb. Also Dieselmotor starten. Die „russische“ Minute lief ab und der Motor stares auch an diesem Tag. Um den Motor warm zu fahren, ließen wir tete. Schnell war klar: Die 400 Umdrehungen ihn im Leerlauf arbeiten, bis das Kühlwasser pro Minute sind erreicht. Der Dieselmotor eine Temperatur von 60° C erreicht hatte. wurde aber schneller. Das war manchmal normal, und üblicherweise regelte er sich wieder ein. An diesem Tag aber nicht. Der Motor wurde schneller und eine Drehzahlanzeige gab es nur an ihm selbst. Ein Blick zum Kollegen, der genauso ratlos schaute. Diese Zeit ließ sich nutzen, um den Diesel- Inzwischen hatten wir schon hörbar die motor auf Dichtigkeit zu kontrollieren. Also Höchstdrehzahl von 750 Umdrehungen Ohrschützer auf die Ohren und hinein in überschritten – und der Motor beschleunigte den Maschinenraum. Wir untersuchten alle immer noch weiter. Wenigstens wussten wir, wie man mit der Schmier- und Kühlwasserleitungen auf Dichtheit und arbeiteten bei Bedarf nach. Be- Situation umzugehen hatte. Wir betätigten sondere Freude machte in solchen Fällen das den Schalter der Kraftstoffpumpe, der norNachdichten der Abgasanlage und hier be- malerweise den Dieselmotor abstellt. An sonders der Anschlüsse am Schalldämpfer. dem Tag leider nicht. Wir stellten alle Schal-
Nur die Kühlerkontrolle stand noch an. Aber die sollte es in sich haben
be_2015_02_62_63 29/01/15 12.50 Pagina 63
Als der Fotograf im Juni 1988 bei der Prenzlauer Allee wartete, funktionierte 120 286 einwandfrei und zog ganz normal ihre Güterfracht über den Berliner Innenring. An einem anderen Sommertag hatte die Lady im Bahnbetriebswerk Pankow dem Personal mit Motorkapriolen einen ziemlichen Schrecken eingejagt Bodo Schulz
ter auf dem Führerstand auf „Aus“ . Die Lady reagierte nicht, der Dieselmotor beschleunigte weiter. Es war schon ein kräftiges Pfeifen zu hören. Was blieb noch? Den Schalter „Dieselmotor Not Aus“ betätigen. Der befand sich am Dieselmotor, aber auf der anderen Seite, hin zum Führerstand „A“. Und bei den enormen Drehzahlen am riesigen mechanischen Lüfter vorbei dorthin laufen? Nein, das konnten wir nicht riskieren. Also verließen wir den Führerstand, um zu versuchen, über die Maschinenraumtür den Not-Stopp zu betätigen. Kaum waren wir aus der Lokomotive draußen, gab es einen sehr lauten Knall. Die Explosionsluken hatten angesprochen. Sie schützen den Motor vor Überdruck im Kurbelgehäuse. Und jetzt, endlich, war das Aggregat auch tatsächlich aus. Wir hatten das bei den Lokführern und Handwerkern gefürchtete Durchgehen eines Dieselmotors 14D40 miterlebt. Wie hatte es dazu kommen können? Der Dieselmotor war über eine feinverzahnte Steckwelle mit dem Drehzahlregler verbunden. Weil die DR dafür keine Ersatzteile aus BAHN EXTRA 2/2015
Blick in den Maschinenraum einer 120 mit dem wuchtigen Motor 14D40. Da zur Regulierung auch Bauteile aus dem schwächeren Normalstahl verwendet wurden, konnte es passieren, dass der Motor durchging – wie an einem Sommertag im Bw Pankow geschehen Wolfgang Dath
Federstahl besaß, wurden als Ersatz zeitweilig Steckwellen aus Normalstahl verwendet. Eine solche Verbindung zum Regler war bei 120 286 unterbrochen; damit konnte die Notabschaltung des Fliehkraftreglers nicht wir-
Der Autor
Jörg Thormann Jörg Thormann, Jahrgang 1956, erlernte 1972 bei der Deutschen Reichsbahn den Beruf des Elektromonteurs. Bis zur Stilllegung des Bahnbetriebswerks Berlin-Pankow Ende der 1990er-Jahre arbeitete er dort als Werkmeister; heute ist er bei DB Fernverkehr tätig.
ken und der Motor machte immer weiter. Der Zweitaktdieselmotor hat die Eigenschaft, dass er, wenn kein Brennstoff mehr zur Verfügung steht, alles verbrennt, was brennen kann, auch sein eigenes Schmieröl. Schließlich hatte der entstandene Überdruck im Kurbelgehäuse die Überdruckventile ausgelöst. Ohne Kompression konnte der Motor aber nicht mehr laufen und ging aus. Nach diesem Vorfall sah der Maschinenraum aus wie ein Schlachtfeld. Schwarze dichte Abgase und viel Öl verteilten sich dort. Und noch etwas war klar: Heute würde die Lady nicht mehr ihren Dienst antreten. Alle Kollegen waren versammelt. Auf diesen Schreck hatten wir uns erst einmal die Pause verdient. Jörg Thormann
63
be_2015_02_64_65 29/01/15 18.48 Pagina 64
Blickwinkel
| 132 UND 110 IM RAUM STRALSUND
Das gesunkene Aufkommen sieht man dem Zugbetrieb in Stralsund Anfang der 1990erJahre auf Anhieb an. Dieser Reisezug stellt für die 132 keine große Herausforderung mehr dar Andreas Stange
n den 1980er-Jahren war ich Lokführer auf Diesellokomotiven im Bw Stralsund. Nachdem ich ab 1984 einige Zeit auf der Rangierlok der Baureihe 106 im Saßnitzer Hafen eingesetzt worden war, kam ich ab 1986 zur Einsatzstelle Greifswald. Dort waren zu der Zeit etwa 100 Lokführer beheimatet. Eine der Hauptaufgaben war die Beförderung der Personenzüge zum Kernkraftwerk „Bruno Leuschner“ in Lubmin. Um das große Aufkommen an Reisenden vom und zum Kraftwerk zu bewältigen, fuhr man die Züge von Greifswald aus in interessanter Zusammenstellung: Eine fünfteilige Doppelstockeinheit mit Steuerabteil wurde von einer Lok der Baureihe 110 geschoben, dahinter folgte eine weitere fünfteilige Einheit,
Eisenbahner
I
Mit langen Doppelstockgarnituren fuhren 110 und 118 zum Kraftwerk eine weitere Lok der Baureihe 110 und noch eine fünfteilige Einheit. Neben diesem schweren Gefährt war auch eine Lok der Baureihe 118 mit zwei vierteiligen Doppelstockeinheiten im Einsatz. Außerdem waren Güterwagen zum Kraftwerk zu überführen. Mit der 118 fuhren Greifswalder Personale auch Güterzüge nach Stralsund und einmal wöchentlich einen Zug mit lebenden Schweinen nach Neubrandenburg. Mit den russi-
64
In den 1970er- und 1980er-Jahren hat die Reichsbahn im Raum Stralsund einiges zu bewältigen: Berufspendlerzüge zum Kraftwerk Lubmin, ReisezugLangläufer und schwere Güterzüge. Bald stehen aber Änderungen an. Ein Lokführer erinnert sich schen Diesellokomotiven der Baureihe 132 beförderten wir Reisezüge und schwere Güterzüge in Richtung Stralsund und Berlin. Ein besonders erwähnenswerter Langlauf war D 642/647, der mit Stralsunder 132ern auf der Strecke Stralsund – Neustrelitz – Oranienburg – Berlin-Schöneweide – Potsdam Hbf – Magdeburg – Halberstadt bespannt war.
„Zustellung“ in Saßnitz Hafen Auch sonst hatten die sowjetischen Großdiesel manche Hürde zu bewältigen.Von Greifswald aus fuhren wir mit der 132 beispielsweise einen Reisezug nach Saßnitz. Dort brachte die Lok dann ein Güterzug über die
zwei Kilometer lange Steilrampe in den fast 35 Meter tiefer liegenden Hafen, wo die Güterwagen nach Skandinavien von der Rangierlok auf die Fähre geschoben wurden. Ein im recht großen Hafenbahnhof gebildeter Zug in der Gegenrichtung musste dann mit unserer Lok nachgeschoben werden. Die schweren Züge mussten auf der Rampe teilweise mit drei Lokomotiven bespannt werden: zwei vorn und eine als Schiebelok.Trotz Fahrstufe 12 kamen die Lokomotiven auf der starken Steigung nicht über 20 km/h. Im Bahnhof Saßnitz wurde die Schiebelok dann die Zuglok in Richtung Stralsund. Hinter dem Rügendamm fuhren die Güterzüge über eine Verbindungskurve nach Greifs-
be_2015_02_64_65 29/01/15 18.48 Pagina 65
wald, ohne den Stralsunder Bahnhof zu passieren. Nach einem Personalwechsel waren die schnellen Transitgüterzüge dann meist nach Seddin, manchmal auch nach Oebisfelde zu bringen. Bei 1.700 Tonnen schweren Eilgüterzügen, die mit 90 km/h zu befördern waren, oder bei den etwas leichteren TEEM-
Bei Eilgüterzügen oder TEEM wurde den 132 schon einiges abverlangt
Die 4.000 PS der 142 waren in den 1980er-Jahren für Reise- und Güterzüge im Raum Stralsund eine gute Basis. Als 142 004 im August 1991 im Bw Stralsund steht, braucht es so viel Leistung für das Verkehrsaufkommen nicht mehr Andreas Stange
Stichwort
Die späte Reichsbahn-Zeit
Langlauf für die 132 Während das Bw Stralsund, wie im Text erwähnt, in den 1980er-Jahren 132er für einen D-Zug-Langlauf Stralsund – Halberstadt stellte, hatte es zwischen 1977 und 1980 auch einen Langlauf von 132 des Bw Reichenbach an die Ostsee gegeben. Nachdem 1974 erste 132er in Reichenbach stationiert worden waren, begannen ab 22. Mai 1977 die Langläufe nach Berlin. Die fabrikneuen Lokomotiven 132 499 (Indienststellung 28. April) und 132 504 (Indienststellung 17. Mai) übernahmen im Plan 004 die Bespannung der Städteexpress-Züge Ex 172 / 175 „Sachsenring“ von Zwickau über Riesa nach Berlin und zurück (548 Kilometer); zuvor waren die Züge mit zwei Mal 118.0 des Bw KarlMarx-Stadt bespannt worden. Weitere Langläufe ergaben sich ab Sommerfahrplan 1977 für die Reichenbacher 132 mit den nicht täglich verkehrenden Zugpaaren D 1300/1301 und D 1100/1109 zwischen Hof und Berlin; das waren rund 700 Kilometer Laufleistung. Am 30. Mai 1979 wurde der Städteexpress „Sachsenring“ letztmalig mit einer Reichenbacher 132 bespannt, dann übernahmen Zwickauer Elloks der Baureihe 250. Der „Lokumlauf Barth“ Das führte aber zu keiner Leistungsreduzierung für die Reichenbacher 132. Im Gegenteil, der Sommerfahrplan 1979 sah einen Umlauf vom DB-Grenzbahnhof Hof
(Saale) bis nach Barth an die Ostseeküste vor – mit Triebfahrzeugführern der Bw Berlin Ostbahnhof, Dresden und Stralsund. Zusätzlich band man die Bespannung D 373 „Balt-Orient-Express“ auf der Strecke Berlin – Dresden ein. Mit der restlichen Leistung aus dem Umlauf brachte es jede Lok im Laufplantag 2 / 3 in 48 Stunden auf ca. 2.000 Streckenkilometer, im Monat auf über 60.000 Kilometer. Das überschritt sogar die bei 1.600 Kilometer liegende Nachschaugrenze tp1 für die 132 im Heimat-Bw, weswegen die Hauptverwaltung Maschinenwirtschaft eine Ausnahmegenehmigung erteilte. Dieser Reichenbacher 132-Lokumlauf im Plan 001 dürfte damit der Spitzenreiter bei der Deutschen Reichsbahn gewesen sein. Hintergrund für die Aufstellung des „Lokumlaufs Barth“, wie er damals genannt wurde, war das Bemühen, die Bespannung der Transitzüge D 309/308 Berlin – München und D 1301/1300 Berlin – Stuttgart als 132-Leistung für das Bw Reichenbach zu erhalten. Das war nur mit der Einbindung der Leistungen nach Barth möglich. Im Sommerfahrplan 1980 wurde der „Lokumlauf Barth“ noch einmal mit Reichenbacher 132 gefahren, nun reduziert auf drei Maschinen. Dann gingen die Transitzüge D 1301 / 1300 und D 309 / 308 auf dem elektrifizierten Abschnitt Reichenbach – Dessau auf Elloks 211 über. Rainer Heinrich
Auszug aus dem Lokumlauf für die vier 132er im Plan 001, Sommer 1979: D 308 Hof ab 16:35 Uhr, Berlin Zoolog. Garten an 21:25 Uhr, 350 km D 373 Berlin Ostbahnhof ab 00:17 Uhr, Dresden Hbf an 02:47 Uhr, 189 km D 1910 Dresden Hbf ab 05:19 Uhr, Barth an 12:23 Uhr, 467 km D 917 / 1617 Barth ab 14:04 Uhr, Berlin Ostbahnhof an 19:23 Uhr, 278 km D 1301 Berlin Friedrichstr. ab 23:51 Uhr, Hof an 4:49 Uhr, 350 km
BAHN EXTRA 2/2015
Zügen mit 100 km/h wurde den 132ern einiges abverlangt. Deshalb bekam das Bw Stralsund auch die 4.000 PS starken Maschinen der Baureihe 142 zugewiesen. Eine der sechs Lokomotiven wurde von den Greifswalder Personalen besetzt. Diese Lok fuhr Schnellzüge von Stralsund über Berlin hinaus nach Elsterwerda und Jüterbog, später aber vor allem schwere Kesselzüge mit bis zu 3.200 Tonnen von Stendel nach Rostock.
Mit der Elektrifizierung der Strecken in Vorpommern in den 1980er-Jahren ist das Einsatzgebiet der schweren Diesellokomotiven immer kleiner geworden. Ab 1990 verlagerte sich dann auch immerVerkehr von der Schiene auf die Straße. Übrig blieben leichte Personenzüge, bei denen die schweren Dieselloks völlig unterfordert waren. Nach und nach brachen die Leistungen weg, Loks wurden abgestellt, die Einsatzstelle Greifswald wurde geschlossen. Die Lokführer mussten in andere Einsatzbereiche abwandern. Heute fahren auf den einst so wichtigen Strecken zur Ostseeküste nur noch wenige Züge. Die drei Lokschuppen in Stralsund verfallen und werden von der Natur zurück erobert. Uwe Waterstradt
Der Autor
Uwe Waterstradt Uwe Waterstradt, Jahrgang 1960, begann 1980 bei der Deutschen Reichsbahn als Schlosser und wurde 1984 Lokführer im Bw Stralsund. Von 1986 an arbeitete er im Streckendienst. Er ist heute bei der DB AG tätig, seit 1998 im Ausbildungsgeschäft für Lokführer. Slg. Waterstradt
65
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 66
Blickwinkel
| DIENST AUF 118 UND 132
Eisenbahner
Ende 1981 erhielt Wolfgang Dath die Ausbildung für den Dienst auf Großdiesellokomotiven.Von seiner Dienststelle Berlin-Rummelsburg aus fuhr er anschließend auf den Baureihen 118 und 132. Und wie der Betriebsalltag bald zeigte: Das waren zwei Loktypen mit ganz unterschiedlichen Stärken achdem ich einige Jahre als Lokführer auf Dieseltriebfahrzeugen bis 600 PS im Rangier- und leichten Streckendienst gefahren war, durfte ich im November und Dezember 1981 einen Lehrgang für Großdiesellokomotiven besuchen. In der Lokfahrschule Weißenfels wurden uns Kenntnisse zur Technik der Baureihen 110 und 132 vermittelt. Außerdem gab es Schulungen zum Betriebs- und zum Bremsdienst sowie zur Elektrotechnik. Wegen der Baureihe 132 mussten wir auch unsere Russischkenntnisse auffrischen; die Bauteile waren mit kyrillischen Buchstaben bezeichnet.
N
Belehrungsfahrten mit 118 und 132 Nachdem ich den theoretischen Teil erfolgreich absolviert hatte, ging es zunächst wieder zurück auf die Rangierlok. Erst, als ein Lehrlokführer frei wurde, durfte ich mit den Belehrungsfahrten im Reisezugdienst beginnen. Da wir in meiner Dienststelle BerlinRummelsburg keine Leistungen mit der Baureihe 110 zu fahren hatten, wurde die praktische Ausbildung auf der Baureihe 118 durchgeführt. Ich durfte nun unter Anleitung Personenzüge von Berlin nach Brandenburg und Jüterbog bringen, sowie Schnellzüge nach Bautzen und ins polnische Zbaszynek. Die 118 hat uns dabei nie im Stich gelassen. Ging auch mal ein Motor in die Knie, konnten wir mit der zweiten Maschinenanlage trotzdem noch den Heimatbahnhof erreichen. Einige Probleme bereitete dagegen die Dampfheizung. Durch undichte Heizkupplungen drangen manchmal weiße Schwaden nach draußen und erschwerten die Sicht nach hinten, sowohl zum Wagenmeister bei der Bremsprobe als auch zum Zugführer beim Abfahrauftrag am Bahnsteig.Wenn der Heizkessel nicht richtig eingestellt war, erzeugte er auch nicht die erforderliche Dampfmenge – das führte oft zum Streit mit dem Zugpersonal, welches die frierenden Fahrgäste im Nacken hatte. Deshalb waren wir bestrebt, den Kessel in der Werkstatt gut einstellen zu lassen, was am besten im Bw Bautzen funktionierte.
66
Ein weiteres Problem der 118 und ihres Heizkessels war, dass auf dem Führerstand nur angezeigt wurde, wenn der Kessel eine Störung meldete.Wir wussten dann nicht genau, ob er zuviel oder zu wenig Wasser hatte. Im ersten Fall konnte man vom Führerstand aus abschlammen und der Kessel lief wieder an. Machte der Lokführer das aber bei Niedrigwasser, verriegelte der Kessel. War man dann allein auf dem Führerstand (Einmannbesetzung), hieß es Warten bis zum nächsten Halt. Erst dort konnte man in den Maschinenraum gehen und den Kessel entriegeln. Ein anderes Problem in dem Zusammenhang war der Heizwasservorrat, der nicht immer für die gesamte Fahrstrecke reichte. Deshalb musste er unterwegs ergänzt werden. Auf vielen Bahnhöfen gab es damals noch Wasserentnahmestellen, allerdings fiel es mir anfangs schwer, mit dem Zug genau In der Hochspannungskammer der 132 sind viele elektrotechnische Schaltelemente der Lokomotive angeordnet. In jeder Schicht musste der Lokführer dort das Symmetrieüberwachungsgerät der Zugheizung prüfen
neben den Hydranten anzuhalten. Ein Problem, dass auch die Dampflokführer in Bezug auf die Wasserkräne kannten. Auf der 132 hatten wir die Schwierigkeiten bezüglich der Zugheizung nicht. Die elektrische Heizung dort war schon ein großer Fortschritt. Beim Kuppeln der Heizkabel gab es aus Sicherheitsgründen eine Schlüsselabhängigkeit. Wenn der Schlüssel für die Heizdose entnommen werden sollte, musste zuvor ein Heizschild entnommen werden.
Nicht immer reichte der Heizwasservorrat der 118 für die gesamte Strecke Dieses unterbrach wiederum bei Entnahme den Stromkreis zum Einschaltrelais PO 2 der Zugheizung. Das Heizschild konnte außen an der Lok angebracht werden, damit für Rangierer ersichtlich war, dass die E-Heizung abgeschaltet war, wenn Kuppelarbeiten durchzuführen waren. Anfang der 1990erJahre wurde diesesVerfahren als zu unsicher angesehen. Deshalb wurde angewiesen, nur bei abgestelltem Dieselmotor zu kuppeln.
Auf der Dispatcherlok Ich absolvierte während der Ausbildung nur wenige Fahrten mit der 132 im Reisezugdienst. Der größteTeil der Belehrungsfahrten war im Güterzugdienst zu erbringen. Aber auch hier hatte die 132 entscheidende Vorteile gegenüber der 118, konnte sie doch viel höhere Zuglasten bewältigen. Während es bei der 118 oft Streit auf den Abgangsbahnhöfen gab, weil die Höchstlast für die Lok überschritten wurde, konnte man mit der 132 fast jeden Zug befördern. Ich kam zu einem Lehrlokführer auf der Dispatcherlok.Wir hatten dort keinen festen Dienstplan und fuhren jeden Tag andere Leistungen. Während an einemTag fünf Mal zwischen Berlin-Rummelsburg und BerlinPankow zu pendeln war, konnte an einem anderen Tag ein Güterzug von Ziltendorf nach Adamsdorf bei Neustrelitz auf dem Programm stehen. Am Endbahnhof rief man uns
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 67
Dienst auf einer 132 im Jahr 1984. Mit der russischen Großdiesellok hat Wolfgang Dath eine bärenstarke Maschine zur Verfügung, die so gut wie jede Leistung schafft Aufnahmen des Beitrags: Wolfgang Dath bzw. Slg. Wolfgang Dath
Stellwerkes. Ich hätte nie gedacht, dass der Fahrdienstleiter versteht, was wir wollten. Aber in Wittenberge stand der Rangierer zum Abkuppeln am Bahnsteig und unser Rangiersignal leuchtete schon. So konnte der Schnellzug ohne große Verzögerung weiterfahren. Wir durften leer nach Berlin zurück und hatten pünktlich Feierabend. Der Dienst auf der Dispatcherlok war sehr abwechslungsreich. Neben den erwähnten Vorspannleistungen vor Reisezügen, die
Fünf Sekunden nach dem Hochschalten sollten sich die Räder der 132 drehen An einem eisigen Februartag 1979 fotografiert Wolfgang Dath Lok 132 392 mit einem Schnellzug in Dannewitz. Als er später selbst 132er fahren darf, muss er feststellen: An kalten Wintertagen hat der Dienst auf der Maschine so seine Nachteile
dann vom Stellwerk aus die nächste Zugleistung zu. Zugfunk gab es ja noch nicht. Doch die Eisenbahner waren erfindungsreich. Einmal standen wir mit unserer 132 in Priort und warteten auf den nächsten Auftrag. Da kam über Lautsprecher die Durchsage: „Der Schnellzug nach Schwerin hat Lokschaden. Ihr müsst vorspannen.“ Mein Ausbilder war nicht begeistert. Der Einsatz gefährdete den Feierabend. Als der Lokführer der Zuglok beim Ankuppeln erwähnte, dass er versuchen werde, unterwegs den BAHN EXTRA 2/2015
Schaden zu beheben, vereinbarten wir, dass er pfeifen sollte, wenn seine Lok wieder in Ordnung sei. Kurz hinter Neustadt kam in der Tat der ersehnte Pfiff. Doch wie sollten wir nun die Eisenbahner auf dem Stellwerk davon informieren, dass wir beim nächsten Halt abspannen wollen? Wir nahmen eine leere Papierrolle der Induktiven Zugsicherung und schrieben darauf: „Zuglok wieder in Ordnung, Vorspannlok spannt in Wittenberge ab.“ Im nächsten Bahnhof zeigten wir auf die Rolle und warfen sie in Richtung des
nur selten vorkamen, fuhren wir die verschiedensten Güterzüge. Manchmal musste man etliche Fahrstufen hochschalten, bevor sich der Zug endlich in Bewegung setzte. Dabei durfte man allerdings nicht zu lange warten, weil die Kollektoren der Fahrmotoren kaputt gingen, wenn der Strom zu lange über eine Kontaktbahn lief. Die Werkstatt hatte dann viel Arbeit mit dem Ausbessern der unrund laufenden Kollektoren. Innerhalb von fünf Sekunden sollten das Rad und damit der Fahrmotor sich drehen. Also musste wieder abgeschaltet werden, wenn der Zug nicht losbrach. Da war es vonVorteil, wenn die Wagen nicht so eng gekuppelt waren; damit war nicht die ganze Last auf einmal zu bewegen. Mit ruckartigen Bewegungen kam da jede Wagengruppe nach und nach in Bewegung.
67
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 68
Blickwinkel
| DIENST AUF 118 UND 132
Auf diesem Abstellgleis in Kirchmöser steht 132 190 gefährlich. Die Regenrinne des Güterschuppens ist in den 1980er-Jahren schadhaft, und bei größerem Niederschlag kann Wasser in die Lok dringen und einen Kurzschluss auslösen. Die Wolken hinten wirken schon recht bedrohlich
Neu für mich war das Fahren der Kesselzüge. Durch die Energie der Flüssigkeit, die in den Wagen hin und her schwappte, gab es beim Anhalten manchmal noch kurz vor dem Stillstand einen ordentlichen Schubs von hinten. Wer das nicht einkalkulierte, konnte schnell am Haltsignal vorbeirutschen, was einigen Ärger einbrachte. Es gab auch kurze Züge, in denen nur wenige Wagen überführt wurden. Scherzhaft sagte mein Lehrlokführer einmal nach der Kontrolle des Bremszettels: „Stell’ den Dieselmotor ab, die paar Wagen fahren wir mit dem Vorwärmgerät.“ Wenn die Zugvorbereiter fragten, ob wir auch mehr als 2.000 Tonnen nehmen würden, kam bisweilen der Spruch: „Von mir aus kannst Du den ganzen Bahnhof anhängen, mit der 132 nehmen wir alles.“ Im Oktober 1983 hatte ich endlich die geforderten 100 Belehrungsfahrten, die wegen Personalmangel immer wieder durch Rangierdienste unterbrochen worden waren, abgeleistet. Nun absolvierte ich die Probefahrten im Reisezugdienst (auf 118 113) und im Güterzugdienst (auf 132 512 und 667). Ende November legte ich in der Lokfahrschule Güstrow die Prüfung zumTriebfahrzeugführer V-Traktion, Leistungsklasse C ab.
Die ersten „eigenen“ Dienste Im Dezember 1983 durfte ich erstmals allein eine Großdiesellok führen. Mit der 118 155
68
fuhr ich zunächst leer nach Ludwigsfelde. Dort musste ich auf einen Sonderzug warten, der von einer Ellok aus Richtung Leipzig kam. Um die Abkühlung des Kühlwassers zu verhindern, schloss ich die Kühlerklappen. Als der Zug endlich kam, musste alles schnell gehen. Ankuppeln, Bremsprobe, Abfahrauftrag – erst jetzt fielen mir die Kühlerklappen ein.Würden sie geschlossen bleiben, würden die Getriebe bald wegen Übertemperatur in Leerlauf gehen. Also hieß es
Schnell noch in den 118erMaschinenraum und die Kühlerklappen geöffnet schnell noch in den Maschinenraum sprinten und die Klappen öffnen. Glücklicherweise wurde der Zugführer nicht nervös und stieg nach einem Bestätigungspfiff ein. Die Fahrt nach Berlin verlief dann reibungslos. Nach weiteren Fahrten vor Personenzügen legte sich meine Nervosität und die Kühlerklappen der 118 vergaß ich auch nicht wieder. Im Winter wurde ich im Bw Rummelsburg auch als „Warmhalter“ eingesetzt. Oft waren sechs 118er und etliche 106er in unserer Einsatzstelle abgestellt. Ich hatte nun dafür zu sorgen, dass alle pünktlich zur geplanten Einsatzzeit die vorgeschriebene Kühlwassertemperatur von mindestens 50 Grad Celsius hatten. Während bei kalten Rangierloks das
Vorwärmgerät half, musste bei der 118 der Heizkessel hochgefahren werden. Wenn dann Dampf verfügbar war, konnten über Wärmetauscher die Dieselmotoren vorgewärmt werden. Dabei musste man darauf achten, dass die Kühlkreisläufe nicht auskochten. Wichtig war außerdem, dass der Fremdstromanschluss ordnungsgemäß funktionierte, damit die Fahrzeugbatterie nicht zu sehr entladen wurde. Es waren viele Kontrollgänge und Nachregelungen erforderlich. Eine andere Variante war das regelmäßige Starten und Hochfahren der Dieselmotoren, aber das war weder umweltfreundlich noch kraftstoffsparend und wurde deshalb nur bei Ausfall der Fremdstromversorgung praktiziert. Meine erste Leistung auf einer 132 durfte ich zu Weihnachten erbringen. Ich hatte die Leergarnituren von Transitzügen zwischen Berlin Ostbahnhof und Berlin-Rummelsburg zu befördern. Die Züge aus West-Berlin kamen mit Passpersonal, welches ich am Bahnsteig in Ostbahnhof ablöste. Mit dem Leerpark ging es dann nach Rummelsburg, wo die Lok betankt wurde. Bei 6.000 Liter Fassungsvermögen dauerte das eine ganze Zeit, die ich nutzte, um die Frontfenster zu putzen. Dann konnte ich den Gegenzug bespannen. Nach der Bremsprobe und der Untersuchung durch dieTransportpolizei durfte die Heizung eingeschaltet werden. Die erfor-
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 69
Im Oktober 1986 ist die vierachsige 118 507 mit P 5915 in Strausberg eingetroffen. Auch solche Leistungen gehören zu den Aufgaben von Wolfgang Dath
sätzen kam der Heizkessel der Diesellok an seine Leistungsgrenze. Außerdem mussten wir während der Schicht mehrmals Heizwasser ergänzen. Ansonsten war der Dienst recht langweilig, da der Mischzug oft mehrere Stunden an der gleichen Stelle stehen musste.
Die Führerstandheizung
Die 118 kocht noch Wasser für den Zug: Wie in 118 527 produziert ein Heizkessel Dampf für die Zugheizung. Ende 1983, bei der Versorgung der Betonmischzüge in Berlin, werden die Kessel aufs Höchste gefordert
derliche Spannung von 1.000Volt wurde nur bei erhöhter Drehzahl des Dieselmotors erzeugt. Die 132 war dann ganz schön laut. Eine gute Isolierung dämpfte aber die Geräusche auf dem Führerstand sehr gut. Nach dem Abfahrauftrag durch die Aufsicht ging es zurück nach Ostbahnhof, wo ein Passpersonal die Lok übernahm. Ich wiederum konnte auf den nächsten Zug aus WestBerlin warten. Eine andere Leistung in diesem Winter bestand darin, mit der Baureihe 118 Dampf für die Betonmischzüge zu liefern; diese Züge wurden benötigt, um die Mastfundamente der Oberleitung zu erstellen. Bei diesen EinBAHN EXTRA 2/2015
Abholen der Lokschlüssel hatte ich bereits erfahren, dass mein Güterzug an dem Tag nicht verkehrte. Also meldete ich mich als Leerfahrt nach Frankfurt/Oder an. Es ging auch bald los und ich hoffte, dass die Lok während der Fahrt warm werden würde. Doch die 120 km/h waren ohne Anhängelast schnell erreicht und in der Beharrungsfahrt wurde der Diesel nicht gefordert. So dümpelte meine Kühlwassertemperatur so bei 40 Grad herum. In Frankfurt stellte ich die Lok ins Bw und ging erst mal in die Kantine. Dort war es warm. Da ich noch Zeit bis zur Rückleistung hatte, ging ich wieder auf die Lok, um in der Nacht noch etwas Ruhe zu finden. Auf dem Führerstand war es immer noch eisig. Also legte ich einige Putzlappen auf den Motorölwärmetauscher und kuschelte mich an den Motor. Der Rücken war nun schön warm, aber die Knie eiskalt. Ich ging zurück in die Kantine. Nach etlichen Tassen Kaffee war dann endlich mein Güterzug nach Berlin fertig. Doch wie das Leben so spielt – an diesem Tag hatte der Zug nur 100Tonnen Last. Die Lok wurde wieder nicht richtig warm. Am nächsten Tag lag ich mit 40 Grad Fieber im Bett.
Störungen bei der 132 Daneben hatte die 132 einige weitere Eigenheiten, die ich bald kennen lernte. Zum Beispiel, wie man Störungen auf der Lok findet und, soweit möglich, behebt. In solchen Fällen half uns das Störsuchgerät. Ein Zeiger zeigte bei Betätigung auf den Bereich, in dem die Störung vorliegen könnte. Eine andere Hilfe war der Störsuchplan, über den mit ja/nein-Abfragen die erforderlichen Maßnahmen abgelesen werden konnten. Mit diesem – und dem Einsatz eines Kollegen – fand ich beispielsweise einmal schnell die Ursache für Startprobleme. Ich hatte die Lok auf einem Abstellplatz im Freien übernommen und wollte nach dem
Während die 132 im Zugbetrieb mit ihrer Leistung gegenüber der 118 klare Vorteile hatte, war mir im Winter bei strengem Frost die 118 lieber. In punkto Führerstandheizung schnitt sie besser ab. Denn bei der dieselhydraulischen Lok gab das Strömungsgetriebe unter dem Führerstand noch etwas Wärme ab. Bei schneller Fahrt reichte das zwar auch nicht mehr, aber wir hatten Wolldecken an Bord, die wir uns um die Beine wickelten. Außerdem wurden die Kühlerlüfter umgepolt, um das Einfrieren von Bauteilen im Maschinenraum zu verhindern. Die 132 hatte nur einen kleinen Wärmetauscher, über den die Zuluft für den Führerstand strömte. Bei starkem Frost war das das erste Teil, der einfrieren konnte. Auch wenn das nicht passierte, kam richtig warme Luft obligatorischen Kontrollgang starten. Die nur in den Führerstand, wenn die Lok be- Schmierölvorpumpe lief, jedoch wurde der lastet und damit das Kühlwasser richtig er- Motor nach den 30 SekundenVorölzeit nicht wärmt wurde.Wir schalteten deshalb manch- wie sonst vom Anlasser durchgedreht. Ich mal im Stand die Fahrstufen hoch, um die versuchte es noch einmal, ohne Erfolg. Da Temperatur zu erhöhen – 3.000 PS für die kam glücklicherweise ein erfahrener Kollege Führerstandheizung! vorbei. Nachdem ich ihm mein Problem geIch erinnere mich noch gut an einen 132er- schildert hatte, ging er in die HochspanDienst bei – 15 Grad Celsius. Ich fuhr abends nungskammer, schlug kräftig gegen den mit der S-Bahn nach Erkner. Dort stand elektronischen Anlasszeitblock und drückte meine Lok schon mehrere Stunden und war dann auf den Starttaster. Endlich klappte es: somit total ausgekühlt. Die 132 durfte mit Der Motor startete und das so genannte 15 Grad Kühlwassertemperatur gestartet „hui“-Geräusch, das anzeigte, dass auch der werden. So viel hatte sie gerade noch. Also Heizgenerator nun arbeitete und die Hilfserst mal den Dieselmotor anlassen. Beim betriebe versorgte, ertönte. Das war schon
Kräftige Schläge auf den Anlasszeitblock machten die 132 wieder fahrfähig
69
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 70
Blickwinkel
| DIENST AUF 118 UND 132
Nach 1990 stand 118 548, einst eine von drei Regierungszugloks, in „niedrigeren“ Diensten. Auch ein „normaler“ Triebfahrzeugführer wie Wolfgang Dath durfte sie nun fahren. Bild im August 1990 in Berlin Prenzlauer Allee
beruhigend. Als dann noch dieTrennschütze beim Betätigen des Fahrschalters anzogen und der Fahrstrom angezeigt wurde, war die Welt wieder in Ordnung. Die Ursache für das Abstellen des Dieselmotors beim Schalten in Fahrstufe 1 entpuppte sich als ebenso einfach wie wirkungsvoll: Im Differenzdruck wächter, der den Druck im Kurbelgehäuse überwachte, hing ein Flüssigkeitstropfen. Mit etwas Klopfen fiel er hinab und der Motor startete wieder. Manchmal war es aber nicht so leicht, die Störung zu finden. In solchen Fällen griffen einige Lokführer zu einem „Notbehelf“ und riefen eigenmächtig eine Störung hervor. Aus Angst davor, bestraft zu werden, weil sie
Einige der 132-Lokführer manipulierten die Überwachungseinrichtungen wegen einer kleinen Störung unnötig eine Ersatzlok bestellt hatten, betätigten sie das Schutzrelais für die Sternpunktüberwachung. Damit entstand eine Störung, die dem Lokführer nicht angelastet werden konnte. Die Werkstatt hatte jedoch etliche Stunden damit zu tun, den Traktionsgenerator durchzumessen – um schließlich festzustellen, dass in dem Bereich gar keine Störung aufgetreten war. Solche Vorkommnisse trugen nicht gerade zu einem gutenVer-
Arbeitsplatz Baureihe 118: der Führerstand der 228 505 in den frühen 1990er-Jahren
Das fürchtet jeder Lokführer: Der Motor einer 132 „geht durch“. Wegen einer defekten Dichtung saugt der Turbolader Öl aus dem Maschinenraum an und treibt die Drehzahl des Motors immer höher – bis dieser nicht mehr kann. Gesehen in Berlin-Rummelsburg 1980
70
hältnis zwischen Lokführern und Werkstattpersonal bei. Eine mir unheimliche Störung konnte ich mal aus der Ferne beobachten. In Rummelsburg kam eine 132 aus Ostbahnhof in Richtung Kaulsdorf über die Brücke am S-Bahnhof gedonnert. Sie hatte eine riesige, schwarze Abgasfahne und der Motor heulte ohrenbetäubend. Wenig später gab es einen Knall und der Motor ging aus. Ein Kollege meinte, dass wahrscheinlich der Turbolader über eine defekte Dichtung das Öl aus der Ölwanne angesaugt und in den Verbrennungsraum gedrückt hatte. Der Motor geht dann durch und lässt sich auch nicht mehr abstellen. Da die Drehzahl sehr hoch liegen kann, führt das oft auch zu Zerstörungen am Kurbeltrieb. Den Maschinenraum sollte man
bei einer solchen Entwicklung nicht mehr betreten, da dort schon mal Teile durch die Gegend fliegen können. Außerdem wird die Umgebung durch das durch den Auspuff austretende Öl verschmutzt.
Leistungsregelung bei der 132 Auch bei der Leistungsregelung hatte die 132 ihre Merkmale. Wenn Verspätungen herauszufahren waren, war man bestrebt, den Zug so schnell wie möglich zu beschleunigen. Dann wurden die Fahrstufen nicht einzeln geschaltet, sondern schon mal einige übersprungen. War der Lokführer jedoch zu schnell auf der Fahrstufe 8, kam es zur Leistungsabschaltung, dem so genannten Lastabwurf. Also wurde in der Stufe 7 abgewartet und anschließend zügig bis zur Stufe 15 wei-
be_2015_02_66_71 29/01/15 12.53 Pagina 71
Wolfgang Dath prüft den Ölstand eines Dieselmotors bei 118 527. Die vierachsige zweimotorige Maschine fährt Reise- und Güterzüge (Foto: 1984)
tergeschaltet. Der Turbolader kam dann mit der Drehzahlerhöhung nicht mit und im Brennraum entstand Luftmangel. Bei einigen Loks wurde damit eine riesige Qualmwolke erzeugt. Später ist die Motorregelung geändert worden, um diese Umweltsünden zu vermeiden. Eine Möglichkeit, die Leistung beim Anfahren zu steigern, bestand darin die elektrische Heizung kurzzeitig abzuschalten. Das brachte aber nicht bei allen Loks die gleichen Erfolge. Es kam immer darauf an, wie die Werkstatt die Regelung eingestellt hatte. Besonders merkwürdig verhielt sich eine Zeit lang eine 132, die wir auf der Strecke Berlin – Brandenburg im Personenzugdienst fuhren. Statt die Leistung beim Einschalten der Heizung herabzusetzen, steigerte diese Lok den Fahrstrom erheblich. Das führte zur Verwirrung der Zugführer, die gern den Abfahrauftrag vom Bahnsteig aus gaben und dann in Ruhe einsteigen wollten. Die Lok zog mit eingeschalteter E-Heizung so schnell an, dass diese Kollegen hinterher rennen mussten, um noch aufzuspringen. Die Elektrik stand auch bei einem anderen Einsatz im Mittelpunkt. Bei einem Spätdienst fuhren wir über Brandenburg hinaus bis nach Kirchmöser weiter. Dort hatten wir Zeit, die Bahnhofswirtschaft zu besuBAHN EXTRA 2/2015
chen. Da wir lange Fußwege vermeiden wollten, stellten wir die Lok an der Laderampe des Bahnhofes ab. Das machten viele so. Pech hatte jedoch ein Kollege, der seine 132 unter der kaputten Regenrinne des Güterschuppens platziert hatte. Nach einem Gewitterguss war zu viel Regenwasser in die Lok eingedrungen. Ein kapitaler Kurzschluss zwang ihn dazu, eine Ersatzlok zu bestellen. Bei der Streckenkenntnisfahrt wurde die Erfahrung schnell weiter gegeben.
Mit der 118 vor dem IR Nach der Wende nahmen die Leistungen auf dem Berliner Außenring immer mehr ab.Wir wurden mit der 118 in minderwertige Leis-
Der Autor
Wolfgang Dath Wolfgang Dath, 1960 geboren, begann 1977 eine Lehre bei der Deutschen Reichsbahn in Berlin und war seit 1979 Lokführer auf Rangierloks. 1983 wurde er Lokführer auf Streckendieselloks, von 1988 an fuhr er auch Elloks. Bei der Deutschen Bahn AG trat er 1998 eine Stelle als Teamleiter für Lokführer an, seit 2001 ist er als Fachreferent tätig,
tungen verdrängt. So hatten wir beispielsweise Leerreisezüge von Grunewald nach Berlin-Zoo zu schleppen. Dabei war auch einer der damals neu eingeführten InterRegioZüge. Mir hatte ein Kollege erzählt, dass man dort im Speisewagen einen Personalkaffee
119 hilft 118 und ihrem Personal: 1.000 Volt für den Lokführerkaffee bekommen könne. Da ich eines Tages noch Zeit bis zur Abfahrt in Grunewald hatte, ging ich mal hin. Allerdings meinten die Kollegen, dass ich Kaffee bekommen könne, wenn ich heize. Ich wies auf meine Dampfheizung hin, die nicht für die elektrische Versorgung der Wagen taugte. Letztlich ging eine Kollegin zu der Zuglok der Baureihe 119, die auf der anderen Seite der Garnitur hing, und fragte den Lokführer, ob er heizen würde. So wurden extra für meinen Kaffee 1.000 Volt in die Zugsammelschiene des Zuges eingespeist. Alles in allem waren es sehr erlebnisreiche und überwiegend angenehme Dienste, die ich auf den Großdieselloks verbringen durfte. Und auch wenn ich heute mit modernen elektrischen Fahrzeugen bis hin zum ICE zu tun habe – den Einsatz auf der 118 und der 132 möchte ich nicht missen.
71
Sparen Sie bis zu 75%! nur
€ 9,9,995 statt € 39
Zwei Videofilme auf einer DVD: In den Bahnbetriebswerken schlug zur Dampflokzeit das Herz der Eisenbahn. Beeindruckende Szenen spiegeln die Atmosphäre einer längst vergangenen Epoche wider. Heute hat sich die Welt der Bahnbetriebswerke gewaltig verändert, Vergleiche mit den Anlagen aus der Dampflokzeit zeigen dies besonders deutlich. Dennoch haben Bws nichts von ihrer Faszination verloren, denn auch unsere modernen Loks müssen gewartet werden! 1970 – 2000 · ca. 100 Min. DVD: Best.-Nr. 31508
1964 – 1996 · ca. 97 Min. DVD: Best.-Nr. 31637
2008 · ca. 100 Min. DVD: Best.-Nr. 31634
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 19,95
2001 · ca. 45 Min. DVD: Best.-Nr. 31502
1999 · ca. 55 Min. DVD: Best.-Nr. 31510
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 39,95
€ 9,99 statt € 19,95
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Buch-Tipps
2011 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 45918
2012 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 45919
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 19,95
2013 · ca. 55 Min. DVD: Best.-Nr. 45932
1985 – 2000 · ca. 107 Min. DVD: Best.-Nr. 31512
1980 – 2002 · ca. 110 Min. DVD: Best.-Nr. 31519
€ 9,99 statt € 29,95
€ 9,99 statt € 29,95
2012 · ca. 55 Min. DVD: Best.-Nr. 45930
€ 9,99 statt € 19,99
168 Seiten · ca. 220 Abb. 22,3 x 26,5 cm € 29,95 € [A] 14,99 sFr. 21,90 € 14,99 ISBN 978-3-86245-149-4
144 Seiten · ca. 120 Abb. 22,3 x 26,5 cm € 29,95 € [A] 14,99 sFr. 21,90 € 14,99 ISBN 978-3-86245-140-1
144 Seiten · ca. 220 Abb. 22,3 x 26,5 cm € 29,95 € [A] 14,99 sFr. 21,90 € 14,99 ISBN 978-3-86245-120-3
224 Seiten · ca. 40 Abb. 14,3 x 22,3 cm € 24,95 € [A] 9,99 sFr. 14,90 € 9,99 ISBN 978-3-86245-142-5
Jetzt Jubiläumstitel sichern · Bis zu 75% sparen · Solange Vorrat reicht!
Jede Jubiläums-DVD jetzt nur
€ 9,99
2006 · ca. 118 Min. DVD: Best.-Nr. 31618
2012 · ca. 95 Min. DVD: Best.-Nr. 45915
2012 · ca. 125 Min. DVD: Best.-Nr. 45914
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 19,95
2013 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 45934
1969 – 1975 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31537
1997 – 1981 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31554
1996 – 1972 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31560
€ 9,99 statt € 29,95
€ 9,99 statt € 19,99
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 14,95
1991 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31695
1991 · ca. 45 Min. DVD: Best.-Nr. 31598
2009 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31658
1935 – 1996 · ca. 51 Min. DVD: Best.-Nr. 31691
€ 9,99 statt € 14,95
€ 9,99 statt € 14,95
€ 9,99 statt € 14,95
1993 – 1994 · ca. 50 Min. DVD: Best.-Nr. 31638
€ 9,99 statt € 29,99
€ 9,99 statt € 19,95
€ 9,99 statt € 14,95
2008 · ca. 30 Min. DVD: Best.-Nr. 31657
€ 9,99 statt € 14,95
✗ Ja, ich bestelle folgende Titel auf Rechnung:
✁
Coupon ausschneiden und einsenden an: GeraMond Leserservice, Postfach 1280, 82197 Gilching
PLZ/Ort
E-Mail (für Rückfragen und weiter Infos)
❑
Bitte informieren Sie mich künftig gern per E-Mail, Telefon oder Post über Neuigkeiten und Angebote (bitte ankreuzen).
Datum/Unterschrift
✗
llwe✶rt e t s e frei 15,– B Ab € andkosten vers
Preis in € WA.Nr. 62000808248
Titel
14 Ct./Min. aus dt. Festnetz
Best.-Nr.
www.geramond.de Ab Rechnungswert € 15,– und nur innerhalb Deutschlands; sonst in D zzgl. Porto € 2,95, ins Ausland abweichend
Anzahl
Fax: 0180-532 16 20✶✶
✶✶
Telefon: 0180-532 16 17✶✶ Straße/Nr.
✶
Vor-/Nachname
be_2015_02_74_75 30/01/15 15:54 Pagina 74
Blickwinkel
Eisenbahner
| DER LETZTE DIESELLOK-EINSATZ
Seit Jahren ist die Dezimierung des Lokbestands bei der DB AG Alltag. Fast monatlich meldet die Fachpresse Abstellungen. Etwas anders ist dies, wenn ein Lokführer daran selbst beteiligt ist. Jan Welkerling, Diesellokfan und Eisenbahner, hat das bei einer 233 erlebt ls Triebfahrzeugführer im Betriebshof Nürnberg Rbf tätig, sieht mein Dienstplan am 8. April 2011 eine Abendleistung Schwandorf hin und zurück mit einer Lok der Baureihe 232/233 vor.Vom Lokleiter bekomme ich 233 118 zugeteilt, mit dem Hinweis, die Lok auf keinen Fall zu tanken. Als passionierter Diesellokfan hinterfrage ich den Grund und erfahre, dass die Lok nach meiner Leistung noch einmal für einen Zug nach Cheb verplant sei, dann jedoch zur Abstellung anstände. Oha! Etwas nachdenklich laufe ich zum Standplatz und rüste wie gewohnt die Lok auf: Fremdstromkabel abziehen, Betriebsstoffe prüfen, Batterie und Sicherheitsfahrschaltung einschalten, Kühlerjalousien öffnen und den Motor starten. Nach demTest von Brems- und Indusianlage melde ich mich fix beim Fahrdienstleiter an.
heute Formsignale und die stillgelegte Maxhütte das Bild. Ab Amberg kann ich wieder voll aufschalten. Mit guten 90 km/h geht es hinüber bis Irrenlohe, wo mich eine vorausfahrende Vogtlandbahn kurz ausbremst. Im „Block“ folge ich bis Schwandorf. Dort heißt es Abkuppeln und einen Standplatz vorm alten Bw zur Pause einnehmen.
A
Auf nach Schwandorf! Als Rangierfahrt mit mehrmaligem Auswechseln erreiche ich meinen Zug CB 56902. Der Rangierer kuppelt, bremst mit mir den Zug und übergibt mir die Papiere. Die Lok hat also 35 Wagen am Haken, und 1.127 Tonnen Gewicht. Kaum fahrbereit gemeldet, zeigt das Signal auch schon „Ausfahrt frei“. Gemächlich setzt sich 233 118 in Bewegung und der Motor kommt erstmals auf „Touren“, bis Langwasser geht es leicht bergan. Mit 60 km/h rollt der Zug durch Nürnberg-Dutzendteich und das Ausfahrsignal von „Ost“ ist auch schon „frei“. Nun kann sich der Zwölf-Zylinder-Motor so richtig entfalten. Langsam regelt der elektronische Regler die Drehzahl auf das Maximum hoch, bis die volle Traktionsleistung von 1.850 kW an den Fahrmotoren anliegt. Voll dröhnend geht es durch bis Hersbruck, hier wechseln wir die Strecke hinüber nach Pommelsbrunn. Hinter Hartmannshof gilt es „Schwung mitzunehmen“, hinein in die Steigung, die bis kurz hinter Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg reicht und maximal elf Promille aufweist. Die Grenzlast für die Ludmilla beträgt hier 1.395 Tonnen – gut, da liegen wir noch etwas darunter. Dennoch: Schnell fällt der Tacho von 80 abwärts, mit dröhnenden Fahrmotoren und laufenden Kühlerlüftern beißt sich 233 118 bei 50 km/h fest. Dampffans werden jetzt unweigerlich
74
Zurück nach Nürnberg Fahrt vom Abstellplatz zum Zug: 233 118 bei Dienstbeginn in Nürnberg Jan Welkerling
an die 044er und 050er denken, welche hier Erz- und Kohlezüge zur Maxhütte nach Sulzbach-Rosenberg hoch schleppten. Mir bleibt da „nur“ die Erinnerung an die 2.300-TonnenZüge mit der 232 in Doppeltraktion in den 1990ern, das war meine „Musik“. Kurz hinter Neukirchen der Brechpunkt, nun geht es bis Amberg bergab. Zeit für einen Blick zurück: Gebaut wurde „meine“ Diesellok 1974 in der sowjetischen Diesellokomotivfabrik Woroschilowgrad. Als 132 118 bei der DR eingereiht, wurde sie im Jahre 1992 zu 232 118 umgezeichnet. Im April 2003 bekam sie im Zuge einer Hauptuntersuchung den neuen Zwölf-Zylinder-Motor 12D49M eingebaut, weshalb man ihr auch die neue Nummer 233 118 gab. Mittlerweile rollt der Zug durch SulzbachRosenberg Hütte, hier bestimmen noch
Der Autor
Jan Welkerling Jan Welkerling, geboren 1970, ist quasi mit der 132 aufgewachsen. Sein Vater arbeitete im Raw Karl-Marx-StadtHilbersdorf und schon als Junge wollte Welkerling diese Lokomotive fahren. In den frühen 1990er-Jahren machte er die Ausbildung auf der Großdiesellok. Heute arbeitet Jan Welkerling bei DB Schenker und fährt neben 132ern auch weitere Diesel- und diverse Elloks.
Die Rückfahrt absolvieren wir zunächst als CB 56911 bis Amberg. Dort sind noch Wagen aus Schnaittenbach und Hirschau aufzunehmen. Unter der neuen Zugnummer 56912 geht es weiter in Richtung Nürnberg. Die Grenzlast liegt hier bei 1.425 Tonnen, wegen der Steigung ab Sulzbach-Rosenberg bis kurz vor Neukirchen. Für uns kein Problem.
Dann kommt es dick: Der Lokleiter sagt, dass die 233 sofort abgestellt wird Die nur 856 Tonnen zieht die „118“ fast spielend hinauf. Mit eingelegter E-Bremse rollt der Zug hinunter bis Pommelsbrunn. Der in Fahrstufe 7 laufende Motor und der heulende E-Bremslüfter durchbrechen die nächtliche Stille und beschallen die Häuser an der Strecke. Ab Hersbruck Ost darf der Kolomna-Motor wieder mehr Drehzahl aufnehmen, schnell sind die 100 km/h erreicht und da kein Personenzug mehr unterwegs ist, kann ich bis Nürnberg Ost voll „durchziehen“. Dort fädle ich wieder aus und erreiche über die Güterzugstrecke den Rangierbahnhof. Nach dem Abspannen geht es zügig ins Bw. Und dann kommt es doch recht dick: Vom Lokleiter erfahre ich, dass die Lok sofort abgestellt wird! Am Folgetag wird das Werkstattpersonal die Betriebsstoffe ablassen und die Lok für eine Abstellung konservieren. Das war’s also? Mir wird klar: Ich habe soeben die letzte Zugleistung mit 233 118 erbracht! Bedächtig und mit einem „fetten Kloß“ im Hals schließe ich die Schuppentore, noch mal kurz innehaltend für einen letzten Blick. „Mach’s gut, 118!“ Nachtrag: Zum 28. April 2011 wird die Lok z-gestellt und am 27. Juni des Jahres zum Stillstandsmanagement nach Hamm überführt. Dort steht sie noch heute.
be_2015_02_74_75 30/01/15 15:54 Pagina 75
Mit dem Zug CB 56902 steht ein kurzer Halt im Bahnhof Irrenlohe an; da lässt sich die Zeit auch für ein Foto von 233 118 nutzen Jan Welkerling
Auszug aus dem Betriebsbuch der 132 118: Am 20. Dezember 1974 wird sie – urkundlich bestätigt – von der Deutschen Reichsbahn in Betrieb genommen
Die ersten Beheimatungen machen 132 118 zur Sächsin: Die Bahnbetriebswerke Karl-Marx-Stadt und Chemnitz setzen sie zu Anfang ein
Slg. Jan Welkerling
Slg. Jan Welkerling
BAHN EXTRA 2/2015
75
be_2015_02_76_77 29/01/15 13:00 Pagina 76
Strecken und Betrieb
| DIE BAUREIHE 219 IM VOGTLAND
Die Göltzschtalbrücke ist das wohl spektakulärste Bauwerk auf der Strecke des RE 16. Im Juni 1999 läuft die farbliche Umstellung der Fahrzeuge noch, so dass eine bunt gemischte Garnitur das Viadukt passiert Rainer Heinrich
Mit gezogenem Steuerwagen verlässt 219 179 im Jahr 1998 den Bahnhof Adorf/Vogtland. Noch fahren die Züge weiter bis Bad Brambach; ab dem Sommerfahrplan 2000 ist dann Adorf der Endpunkt des RE 16 Rainer Heinrich
ber 20 Jahre lang, seit 1974, hatten die russischen Großdieselloks der Baureihe 132/232 die Reisezüge auf den Hauptstrecken desVogtlandes gefahren. Ab Januar 1998 sorgte der Einsatz der 219 auf der RE-Linie 16 für Abwechslung. Die „U-Boote“ wurden schnell zu einem begehrten Fotoobjekt auf den landschaftlich schönen Eisenbahnstrecken. Wegen der großen Störanfälligkeit mussten sie aber recht bald den Dienst abgeben. Ab Sommerfahrplan 2001 übernahmen die neuen Nahverkehrstriebwagen der Baureihe 612 die Leistungen der RE-Linie 16. Nach der Gründung der DB AG am 1. Januar 1994 hatte der damalige Geschäftsbereich Nahverkehr auch auf den sächsischen Eisenbahnstrecken begonnen, sein Angebot neu zu ordnen. Eine dieser Maßnahmen war die Einführung der Regional-Expresslinie 16 (RE 16) von Leipzig über Plauen ins Bäderdreieck Bad Elster/Bad Brambach ab dem 29. September 1996. Der 170 Kilometer lange
Ü
Die RE-Linie 16 war eine neue Direktverbindung von Leipzig ins Vogtland Laufweg führte von Leipzig bis Plauen ob Bf auf der Linie Leipzig – Hof (KBS 530), ab Plauen (Vogtl) ob Bf bis zum Grenzbahnhof Bad Brambach auf der Linie Plauen – Eger (KBS 544). Der erste Teil der Strecke bis Reichenbach (V) ob Bf war elektrifiziert und folgte bis Werdau dem Flusslauf der Pleiße. Ab Reichenbach begann der schwierige und interessante Streckenverlauf durch das säch-
76
U-Boote für den „Bäder-Express“ Ende der 1990er-Jahre sorgte die DB AG für ein Intermezzo der 219 imVogtland. Drei Jahre lang waren die Dieselloks mit dem RE Leipzig – Bad Brambach bzw. – Adorf im Einsatz. Allerdings schränkte die Störanfälligkeit dieVerwendung der Lokomotiven ein sische Vogtland mit seinen großen Brücken über das Göltzschtal, Elstertal und Syratal bis hinauf zum 575 Meter hoch gelegenen Bahnhof Bad Brambach. Ab Bad Elster mit 471 Metern Seehöhe waren auf den letzten 13 Kilometern mit steigungs- und kurvenreicher Strecke noch 100 Höhenmeter zu überwinden.
Die 219 kommt zum RE 16 Die Einführung der RE-Linie 16 im Jahr 1996 stellte die 1995 aufgegebene Direktverbin-
dung von Leipzig ins Vogtland wieder her. Das neue Zugprogramm im Zwei-StundenTakt sah täglich vor: ein Zugpaar Zugpaar Leipzig – Eger (Bad Brambach – Eger saisoniert), zwei Zugpaare Leipzig – Bad Brambach sowie drei Zugpaare Leipzig – Plauen. Die lokbespannten Wagenzüge bestanden aus modernisierten ehemaligen Reichsbahnwagen der Gattung Bmh (2 x 2. Klasse, By, 1 x 1./2. Klasse, Aby, und Steuerwagen 2. Klasse, Bybdzf). Zunächst noch von Leipzig bis Reichenbach mit Elloks bespannt, lie-
be_2015_02_76_77 29/01/15 13:00 Pagina 77
fen die 232 ab Sommerfahrplan 1997 bis Leipzig Hbf durch. Im Zusammenhang mit Gleisbauarbeiten vollzog die DB AG zum 12. Januar 1998 einen „kleinen“ Fahrplanwechsel, der die Ablösung der 232 und den Beginn des 219-Einsatzes auf der RE-Linie 16 Leipzig – Bad Brambach einleitete. Mit diesem Fahrplanwechsel begann auch die am Geschäftsbereich orientierte Zuordnung der Lokbaureihen bei der DB AG. Die 219 für die RE-Linie 16 stellte der Betriebshof Chemnitz. Dazu wurden die Linien RE 6 und RE 7 Chemnitz – Leipzig mit der RE 16 verknüpft. In dem dafür neu aufgestellten Lokumlaufplan liefen acht Loks der Baureihe 219 mit Zentraler Wendezug-Steuerung (ZWS). Zu diesem Zeitpunkt umfasste der Chemnitzer 219-Bestand 23 Lokomotiven. Schrittweise wurden weitere Chemnitzer Maschinen auf ZWS umgerüstet, so dass der
Ab Mai 1998 fuhren alle RE von Leipzig nach Bad Brambach als Wendezüge am 29. September 1997 begonnene Einsatz von ZWS-219 auf den RE-Linien 6 und 7 ab 23. Mai 1998 auch auf die RE 16 ausgedehnt werden konnte. Ab Mai 1998 verkehrten alle RE-Züge zwischen Leipzig und Bad Brambach als Wendezüge und wurden von 219 mit ZWS ins Vogtland geschoben. Dadurch konnten die Fahr- und Wendezeiten auf den Endbahnhöfen weiter verkürzt werden. Lediglich bei Störungen oder der Nichtbereitstellung von ZWS-Loks lief die 219 auch weiterhin vor dem Steuerwagen ins Vogtland. Während der dreijährigen Einsatzzeit der „U-Boote“ auf der RE-Linie 16 stellte DB Regio die Fahrzeuge auf die neue ProduktfarbeVerkehrsrot um. Schon deshalb war es äußerst selten, dass ein Wagenzug mit einheitlicher Farbgebung anzutreffen war. Zum Sommerfahrplan 1998 ergab sich zudem eine betriebliche Besonderheit. Nachdem die BAHN EXTRA 2/2015
Ende der Einsätze Allerdings begann im Jahr 2000 bereits die beschleunigte Außerdienststellung der 219; Unfälle, die Störanfälligkeit der Lokomotiven und Schadensereignisse, zum Beispiel Brandschäden, führten dazu, dass man zunehmend Maschinen ausrangierte. Ersatz kam in Form der neu in Leipzig Süd stationierten Dieselloks der Baureihe 218 ab Frühjahr 2000. Weitere Nahverkehrsleistungen wechselten aufTriebwagen 628.4. Mit Beginn des Sommerfahrplans 2001 wurden zum 10. Juni 2001 alle Chemnitzer 219 mit ZWS und die Wagen der RE 6 und 7 nach Leipzig unbeheimatet. Die neu gelieferten Triebwagen der Baureihe 612 übernahmen die meisten Leistungen auf der RE-Linie 16. Lediglich an Samstagen und Sonntagen kamen Leipziger 219er im Jahresfahrplan 2001/2002 letztmalig vor klassischen Wagenzügen zwischen Leipzig und Bad Brambach zum Einsatz. Damit endete nach nur drei Jahren nicht nur der Einsatz der „U-Boote“ auf der RE 16; es war auch das Ende der lokbespannten Reisezüge von DB Regio im Vogtland. Rainer Heinrich/GM
a. Das neue Heft ist d Jetzt am Kiosk ! GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Die 219 fiel in den 1990er-Jahren wiederholt durch Störfälle auf. Unter anderem kam es zu Bränden, wie bei 219 142 des Bw Zittau, die im Juni 1994 mit einem solchen Schaden im Werk Chemnitz steht Uwe Miethe
Schlachten, Technik, Feldherren
RE-Verbindung Chemnitz – Plauen – Marienbad (RE 6363/6366) entfallen war, gab es mit Beginn des neuen Fahrplans am 24. Mai 1998 einen Zug gleicher Nummer mit dem Zuglauf Leipzig – Bad Brambach – Eger (Cheb). Damit kam die 219 erstmals bis in den tschechischen Grenzbahnhof Vojtanov. Im Rahmen des Projektes Euregio Egensis (EgroNet) anlässlich der Expo-Weltausstellung in Hannover wurde das RE-Angebot im Jahr 2000 neu geordnet. Ab dem 28. Mai 2000 übernahm dieVogtlandbahn anstelle der DB AG den grenzüberschreitenden Verkehr nach Tschechien. Die Züge der RELinie 16 wendeten nun im Bahnhof Adorf/ Vogtland. Doch bot die DB AG mit der Linie weiterhin eine umsteigefreie Verbindung vom Fernverkehrsnoten Leipzig insVogtland, nun unter der Bezeichnung „Bäder-Express“. Bereits zum Sommerfahrplan 1999 hatte die DB AG begonnen, 219 von Chemnitz nach Leipzig umzubeheimaten. 14 Maschinen waren zum 1. Juni 1999 zum Betriebshof Leipzig Süd gewechselt; in Chemnitz verblieben noch 19 Lokomotiven. Die Leipziger Maschinen blieben zum Teil auf der Strecke nach Chemnitz im Einsatz. Beibehalten wurde ebenso die Bespannung der RE-Züge nach Bad Brambach bzw. Adorf/Vogtland. Umlaufbedingt kamen jetzt auch Görlitzer 219er auf der RE 16.Von besonderem Interesse für die Fotografen war der Einsatz von Dieselloks in der traditionellen DR-Lackierung mit der rot-weißen Farbkombination. Im Jahresfahrplan 1999/2000 verfügten noch die Leipziger 219 004, 044, 046, 047 und 219 176 über diese Lackierung.
Testabo mit Prämie bestellen unter:
www.clausewitz-magazin.de/abo
be_2015_02_78_79 29/01/15 12:33 Pagina 78
Fahrzeuge und Technik
| DIENSTENDE FÜR DIE 201
In den frühen 1990er-Jahren ist 201 875 mit ihrem Personenzug aus Schönberg in Hirschberg angekommen. Die sächsische Nebenstrecke wird 1994 stillgelegt; die Baureihe 201 kann sich noch vier Jahre länger im Betriebsdienst halten Rainer Heinrich
Der lange Abschied Schon 1992 drohte der Ursprungsausführung der DR-V-100 in Reichenbach das Aus. Aber die dort stationierten 201er hielten sich noch weitere sechs Jahre; sie wurden schließlich bei der Deutschen Bahn AG die Letzten ihrer Art ie überall bei der Deutschen Reichsbahn begann 1992 auch im Bw Reichenbach die Abstellung nicht mehr benötigter Betriebsloks. Das betraf unter anderem die 110 (V 100), jetzt 201. Von ihr wurden mindestens 25 Maschinen von der Ausbesserung zurück gestellt; damit stand nahezu der komplette Reichenbacher 201-Bestand auf „z“. Das Ende der 201 im hiesigen Betriebspark schien greifbar nah. Nur 201 868 blieb zunächst im Bestand, immerhin seit 1976 eine Reichenbacherin. Und sie sollte das auch noch einige Zeit bleiben ... Zunächst hatte die 201 in Reichenbach
W
78
weiter ihr Auskommen. Im Mai/Juni 1992 überstellten die Lok-Disponenten der Reichsbahndirektion Dresden dem Bw Reichenbach im Mai/Juni 1992 zehn fremde Loks der Baureihe aus verschiedenen Direktionen zum Abfahren der Fristen und für Bauzugdienste. So bestritt man auch den Übergang zur Deutschen Bahn AG.
Die Entwicklung nach 1994 Als mit dieser zum 1. Januar 1994 neue Strukturen Einzug hielten, folgten Änderungen in recht kurzen Abständen. Den 201-Bestand betraf das aber noch nicht. Er wurde neu im
Betriebshof (Bh) Reichenbach konzentriert, während der Bh Zwickau – die vormalige Einsatzstelle des Bw Reichenbach – die leistungsstärkere 202 und die 298 bekam. Bereits zum 25. September 1995 galt das nicht mehr: Mit der Schließung der Lokwerkstatt in Zwickau wurden die dortigen Dieselloks wieder in Reichenbach stationiert. So zählte der Bh Reichenbach am 1. Januar 1996 statistisch so viele Diesellokomotiven wie noch nie in seiner Geschichte. 60 Lokomotiven der V 100-Familie waren ein neuer Rekord! Im Einzelnen gab es sieben Loks der Baureihe 201 – 201 118, 132, 165, 851, 868, 875,
be_2015_02_78_79 29/01/15 12:33 Pagina 79
Schnell. Schneller. ICE! NEU!
Mit 201 868 beendete die DB AG die Zeit der Reichsbahn-V-100 in der Ursprungsausführung. Eine Aufschrift auf der Lok erinnert daran (Bild in Hirschberg (Saale)) Rainer Heinrich
GeschäftsbereichTraktion und Werke wurde zum 31. Dezember 1997 in die Geschäftsbereiche Fernverkehr, Nahverkehr und Cargo überführt. Der Bh Reichenbach gehörte ab 1. Januar 1997 zum Nahverkehr (neu DB Regio). Damit wurden Anfang 1997 auch die letzten 201er der DB AG im Bh Reichenbach abgestellt; als Allerletzte kamen 201 868 und 875 am 3. Februar des Jahres auf „z“. Da bei den inzwischen in Zwickau stationierten 298ern der Umbau auf Funkfernsteuerung und automatische Rangierkupplung anstand, ließ die Wiederinbetriebnahme nicht lang auf sich warten. Am 10. April 1997
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
AZ 1/3 Buch ICE falches Format Alles Wissenswerte über die schnellste deutsche Zuggattung: Michael Dörflinger erzählt kompetent die Geschichte des Intercity-Express, der 1985 das Hochgeschwindigkeitszeitalter bei der Bahn einläutete. Vom ICE-V über die Besonderheiten von ICE 1 bis 3 bis zur Baureihe 407, vom Testbetrieb über die Neubaustrecken bis zu den Wartungswerken, vom Design bis zur Sicherheitstechnik werden alle Aspekte ausführlich behandelt. 144 Seiten · ca. 200 Abb. · 16,5 x 23,5 cm € [A] 15,50 sFr. 21,90 ISBN 978-3-95613-017-5
€ 14,99
Letztes Gastspiel: Von April 1997 bis April 1998 fuhren nochmals 201er wurden 201 132 und 165 reaktiviert und kamen im Güterzugdienst auf dem StreckenArbeit mit der stärkeren Version: Ein Lokführer abschnitt Werdau – Gauern zum Einsatz. Am kontrolliert in Königs Wusterhausen den Motor 25. April 1997 starteten auch 201 868 und 875 einer 202. Alle DR-V-100 sind heute aus dem ihre Motoren; sie erweiterten das EinsatzPlandienst der DB verschwunden Dirk Höllerhage gebiet der 201 bis ins Erzgebirge nach Grünstädtel und Johanngeorgenstadt. Unter den Eisenbahnfreunden sprach 895 –, 37 Maschinen der Baureihe 202 und 16 sich der Wiedereinsatz der 201 schnell der Baureihe 298. Allerdings wurden die 201 nicht mehr herum. Nahezu täglich begleiteten Fotograplanmäßig eingesetzt. So halbierte sich der fen die letzten 201er mit ihren Güterzügen. Bestand 1996, die letzten vier Betriebsloks Viel Zeit blieb ihnen auch nicht, denn bald dienten als Triebwagen-Ersatz für die „Fer- kehrten die umgebauten 298 zurück und erkeltaxe“ (den LVT), der ab dem 1. Juni 1996 setzten die 201. Am 20. Februar 1998 wurde auf der Strecke Plauen – Schleiz verkehrte. 201 132 z-gestellt, es folgten 201 165 am Dafür standen immer zwei 201er mit einem 27. Februar und 201 875 am 28. Februar. Am Reisezugwagen der Gattung By in der Ein- 9. April 1998 fuhr 201 868 letztmals in Erzgesatzstelle Plauen in Reserve. Nach wie vor birge, damit war die Ära der 201 bei der gehörte 201 868 zum Reichenbacher Bestand. DB AG zu Ende. Am 2. Dezember 1999 wurde Im September 1996 beschloss der Vor- sie zum Verschrotten nach Chemnitz abRainer Heinrich stand der DB AG eine neue Aufteilung; der gefahren. BAHN EXTRA 2/2015
www.geramond.de oder gleich bestellen unter Tel. 0180-532 16 17 (0,14 €/Min.)
Faszination Technik
be_2015_02_80_87 29/01/15 18:03 Pagina 80
Bilderbogen
| DB- UND DR-STRECKENDIESELLOKS NACH 1994
Neue Bahn mit neuen Farben: In Verkehrsrot lackiert, rollt 219 043 im Mai 2002 mit einer Regionalbahn nach Küstrin durch die Frühlingslandschaft und kommt gleich nach Trebnitz. Bis 2006 setzt die Deutsche Bahn die „U-Boote“ ein Uwe Miethe
Übergangszeiten Mit dem 1. Januar 1994 gingen DB und DR in der Deutschen Bahn AG auf. Die hat seither in ihrem Lokbestand viel verändert, aber einige der „Diesel-Erbstücke“ sind nach wie vor gut im Rennen. Daneben entdeckten (und entdecken) Privatbahnen das Potenzial, das diese Baureihen bieten 80
be_2015_02_80_87 29/01/15 18:03 Pagina 81
BAHN EXTRA 2/2015
81
be_2015_02_80_87 29/01/15 18:03 Pagina 82
Bilderbogen
| DB- UND DR-STRECKENDIESELLOKS NACH 1994
Eine 213 vorne, eine 228 in der Mitte: Gemeinsam fahren sie mit ihren Zügen in den späten 1990er-Jahren aus dem thüringischen Themar aus. Auf die 228 wird die DB AG bald schon verzichten Ralf Händeler
Im Oktober 1995 präsentiert die DB AG den „Touristik-Zug“, eine farbenfrohe Garnitur für Urlaubsreisen. Die Bespannung übernehmen farblich angeglichene Ex-DB-Loks: 103 220 bzw. 218 416 und 418 (Bild mit den Dieselloks in Dortmund Hbf). Einige Jahre später gibt die DB das Zugangebot wieder auf, die 218er verlieren die Sonderlackierung Thomas Feldmann
82
be_2015_02_80_87 30/01/15 15:55 Pagina 83
Der „neue“ Eigentümer Zunächst finden die Diesellokomotiven, welche die Deutsche Bahn von Bundesbahn und Reichsbahn übernommen hat, weiter Verwendung. Ende der 1990er-Jahre setzt dann die Reduzierung des Bestands ein, sogar erste Baureihen verschwinden
Nur für kurze Zeit kommt die 229 im Raum München zum Einsatz. Im März 1994 fährt 229 199 mit IR 2067 in den Hauptbahnhof der Isarstadt ein Edgar Fischer/Archiv GM
Neuer Schwung durch neue Farben? Ganz in Mint rollt die Regionalbahn im Mai 1998 in den Bahnhof Nossen ein. Bei der so lackierten 234 handelt es sich aber um einen Einzelgänger Bodo Schulz
In der Einsatzstelle Nordhausen ist der Niedergang der Reichsbahn-Klassiker im September 1998 offensichtlich. Neben den abgestellten V 100 stehen ausrangierte Bedienpulte der 202 Uwe Miethe
BAHN EXTRA 2/2015
83
be_2015_02_80_87 30/01/15 15:55 Pagina 84
Bilderbogen
| DB- UND DR-STRECKENDIESELLOKS NACH 1994
Neue Interessenten In dem Maße, in dem die DB AG auf die Streckendieselloks verzichten kann, werden diese für Privatbahnen interessant. Das große Plus: Die Maschinen sind universell verwendbar und dabei günstiger als ein Neukauf
Eine ganze Palette von Privatbahn-Streckenloks zeigt sich im Gefolge von 221 145, die im August 2012 im Raum Berlin ihre Abnahmefahrt macht. Hinter der modernisierten Lok, die jetzt in Diensten der Prignitzer Eisenbahn-Gesellschaft unterwegs ist, folgen unter anderem V 160 003 sowie 230 077 von Rail Transport Swietelsky Bodo Schulz
Mit einem Glücksbringer, der von der Decke baumelt, fuhr der Lokführer 1990 in einer Maschine der Baureihe 240. Damals wurden die drei Testloks noch bei der Bundesbahn erprobt; später kamen sie zur Häfen und Güterverkehr Köln Volker Emersleben
84
Um 2001 stockten die Elbe-WeserVerkehrsbetriebe (EVB) ihren Bestand mit DB-Maschinen auf. Neben zwei ehemaligen DB-211/212 stehen im März 2005 die ehemalige Gasturbinenlok 219 001 (EVB 420 01) und „Ludmilla“ 232 103 (EVB 622 01) in Bremervörde bereit. Die 219 ist heute mit Rahmenschaden abgestellt, die 232 bereits seit 2010 verkauft. Nur die 211/212 sind nach wie vor intensiv bei der EVB im Einsatz Malte Werning
Die riesige V 320 (232), einst Mietlok der Bundesbahn, gehört heute zum Fuhrpark der Firma Wiebe und erledigt Aufgaben im Baudienst. Mit der Loknummer 320 001 steht sie im September 2013 in Neustrelitz neben der DB-Bahndienstlok 229 181 Bodo Schulz
be_2015_02_80_87 29/01/15 18:03 Pagina 85
Die Nummer entspricht noch der Bundesbahn- bzw. DB-AG-Zeit, Lackierung und Aufgabengebiet haben sich geändert: 211 074 der Erfurter Gleisbau dient jetzt für Bahndienst- und Überführungsfahrten. Dabei transportiert sie im September 2014 einen neuen Triebzug Stadler-FLIRT (Bild in Berlin-Wuhlheide) Axel Witzke
BAHN EXTRA 2/2015
85
be_2015_02_80_87 29/01/15 18:03 Pagina 86
Bilderbogen
| DB- UND DR-STRECKENDIESELLOKS NACH 1994
Die ehemalige DR-Lok 203 701 wurde von Alstom zum Versuchsträger für Hybrid-Technologie umgerüstet; dabei versorgen ein Dieselmotor mit Generator bzw. eine Batterie elektrische Fahrmotoren mit Energie. Im Juni 2007 steht die ehemalige DR-V-100 im AlstomWerk Stendal; die daraufhin entwickelte Hybridlok H 3 soll 2015 bei der DB in den Probebetrieb gehen Uwe Miethe
86
Das SyltShuttle Niebüll – Westerland ist noch heute eine Sache der 218. Am Abend des 1. April 2013 bringen 218 322 und 376 nur wenige Autos von der Insel zurück, als sie das Einfahrsignal des Betriebsbahnhofs Lenshallig passieren Jan Welkerling
be_2015_02_80_87 30/01/15 15:55 Pagina 87
Gestern – heute – morgen Inzwischen haben die meisten DB- und DR-Streckendieselloks einen Klassikerstatus. Das sieht man im Betrieb und in Museen. In jüngerer Zeit dienten einige Maschinen auch als Basis für Umbauten Links: Mit Drehgestellen und Rahmen einer 212 fertigten Alstom und Gmeinder ihre „Redesign212“. Einzelne Exemplare der renovierten Lok fahren bei Privatbahnen (im Bild: 212 197 der Nordbayerischen Eisenbahn in Bochum-Langendreer, 2008). Man findet sie aber auch bei der DB AG: Die als (neue) 214 eingereihten Loks übernehmen Rangierarbeiten in Nürnberg Hbf Marcus Henschel Im Berliner Museum für Verkehr und Technik sind Meilensteine des Streckendiesel-Baus ausgestellt: Versuchslok 202 003, die DR-Lok 118 075 und die DB-Lok 220 018 (Oktober 2012) Malte Werning
Reminiszenz an früher: V 270.10 der Firma Schienen-Güter-Logistik trägt das Farbschema der Bundesbahn-Zeit. Wäre die Loknummer verdeckt und würde der Schneepflug, der hinten wendet, kein Verkehrsrot tragen – wer käme auf die Idee, dass das Bild von den Räumarbeiten auf der Allgäubahn im Dezember 2014 entstand? Leander Matzek
BAHN EXTRA 2/2015
87
be_2015_02_88_89.qxp 29/01/15 18:10 Pagina 88
Fahrzeuge und Technik
| STRECKENDIESELLOKS IM BAHNDIENST
Im Allgäu begegnet 218 443 mit einem Regionalexpress einem Messzug, bespannt von 218 392 von DB Netz Instandsetzung. Neben der Lackierung im Bahndienst-Gelb hat 218 392 eine zusätzliche Lampe an der Frontseite bekommen; das ist aber nicht bei allen 218ern von DB Netz Instandsetzung so Felix Löffelholz
Die neue
Verwendung
Und hier 218 392 nochmals in der Seitenansicht. Die Lok ist unverändert für 140 km/h zugelassen Axel Witzke
Verschiedene Streckendieselloks bekamen bei der Deutschen Bahn AG nach dem Abschied aus dem planmäßigen Zugbetrieb ein zweites Aufgabengebiet. Sie dienen als Zugloks für die DB-Töchter Gleisbau, Instandsetzung bzw. Services Südost. Dabei trifft man auch Baureihen an, die im DB-Regelbetrieb nicht mehr fahren ie sind meist gelb lackiert, manchmal rot. Und sie haben statt des regulären Zugdienstes Aufgaben im Bahndienstwesen: Gleisbauzüge, Unkrautvernichtungszüge etc. Dort kann die DB AG die Streckendieselloks noch gut gebrauchen – auch jene, die sie aus dem Reise- und Güterzugbetrieb schon verabschiedet hat. Welche Loktypen zum Einsatz kommen und welche Modifikationen sie für den neuenVerwendungszweck erhielten, zeigt die folgende Aufstellung.
S
von DB Netz – Instandsetzung/Maschinenpool. Der Umbau wurde bei Alstom in Stendal durchgeführt. Hierbei verloren die Loks auch ihre Dampfheizung. Es gab aber Unterschiede bei den Komponenten, die auf Kundenwunsch eingebaut/zugerüstet wurden. So wurden auch neue Führerstandselemente nachgerüstet. 203 304 zählt zum Bestand von DBG – Deutsche Bahn Gleisbau GmbH, Berlin, Niederlassung Duisburg.
Baureihe 212/213 Baureihe 203 Von der Baureihe 112/202 wurden 15 Maschinen mit modernen Caterpillar-Motoren mit 1.082 kW (1.472 PS) Leistung versehen und als 203 eingereiht; sie gehören zum Bestand
88
DieV 100 der ehemaligen DB gibt es sowohl bei Deutsche Bahn Gleisbau als auch bei DB Services Südost. Aufgrund der Unfallverhütungsvorschriften wurden die Lokomotiven mit einem Umlaufgitter statt der serien-
mäßigen Griffstangen ausgestattet. Die DB Services Südost in Karlsruhe zugeordneten Loks erhielten außerdem Motoren des Typs MTU 8V 4000 R41. Die Umrüstung nahm das
Die 212/213 von Services Südost wurden im Werk Cottbus neu motorisiert Werk Cottbus im Jahr 2008 vor. Damit sollten Synergien bei der DB mit Standardmotoren erreicht werden; der Motortyp wurde auch bei Umrüstungen derV 90/290 und beim Umbau der neuen Baureihe 214 (Redesign der 212) verwendet. Außerdem baute man bei den Bahndienst-212/-213 eine neue Zweikreis-Kühlanlage und einen neuen Luft-
be_2015_02_88_89.qxp 29/01/15 18:10 Pagina 89
203 307 und 203 313, beide von DB Netz Instandsetzung, sind im Juni 2014 mit einem Unkrautvernichtungszug unterwegs. Die ehemaligen 112/202 der DR haben einen stärkeren Motor erhalten Axel Witzke
Vier Loks der Baureihe 229, der modernisierten 119/219, kamen zu DB Netz Instandsetzung. 229 147, hier im Raum Berlin eingesetzt, gehört zu den beiden verbliebenen Bahndienstloks dieser Baureihe Jan Welkerling
Verkehrsrote „Dienstlokomotiven“ sind ein Merkmal von DB Services Südost. Im Juli 2010 sorgen 212 265 und 218 249 für den Transport von Bauzügen (Bild bei Aldekerk) Axel Witzke
Übersicht
Streckendieselloks im DB-Bahndienst
presser ein. Die Dampfheizung wurde entfernt und dafür ein Vorwärmgerät (die Loosanlage) eingesetzt.
Baureihe 218 Die 218 im DB-Bahndienst entsprechen weitgehend der Serienausführung bzw. dem DBAG-Betriebszustand. Sie stehen im Lokomotivpark von DB Gleisbau und DB Netz Instandsetzung. Bei einigen Loks für DB Bahnbau wurde ein Hilfsdiesel eingebaut; er dient der Stromversorgung bei ausgeschaltetem Motor. Zwei Lokomotiven von DB Netz Instandsetzung, 218 392 und 477, tragen zudem eine zusätzliche Lampe an der Front und verfügen über Anbauten für Messzüge.
Baureihe 229 Anfang der 1990er-Jahre wurden einige „UBoote“ der DR-Baureihe 119/219 grundsätzlich umgerüstet. Sie bekamen neue und kleinere MTU-Motoren,Typ 12V 396TE14, mit einer Leistung von jeweils 1.686 PS mit Direkteinspritzung. Die Loks durften damit 140 km/h fahren und verbrauchten weniger BAHN EXTRA 2/2015
Betriebsstoff als zuvor. Die elektrische Zugheizleistung wurde auf 800 kW (219 normal: 500 kW) erhöht. die Motoren waren sogar leichter als die der 219, trotzdem legten die 229 durch die Anpassungen zu. Sie wogen 103Tonnen (zuvor: 99Tonnen).Vier Lokomotiven, 229 100, 126, 147 und 181, kamen zu DB Netz/Bahnbau. 229 126 stand lange Jahre im AW Bremen und wurde schließlich verschrottet. 229 100 ist nicht betriebsfähige Museumslok in Weimar. 229 147 und 181 sind noch heute im Bestand der DB AG; ihre letzten Untersuchungen datieren von 2011 und 2012. Sowohl 203, 212/213 als auch 229 gibt es im Bestand der DB AG heute nur noch als Bahndienstfahrzeuge. Die Lackierung wechselte zwar oft in das bahndiensttypische Gelb, aber nicht in jedem Fall. Bei DB services Südost herrscht Verkehrsrot vor, in zwei Fällen tragen 212 dort Altrot bzw. Ozeanblau-Beige. So gesehen, bietet der Bahndienstbereich manch reizvolle Reminiszenz an den Betriebsdienst vergangener Zeiten. Axel Witzke/GM
Loks der DB Gleisbau (DBG, Bahnbau) 203 304 212 097, 212 306 213 332, 213 333, 213 336, 213 337 218 261, 218 287, 218 304, 218 391 Loks von DB Netz Maschinenpool (u.a. für DB Netz Instandsetzung) 203 301, 203 302, 203 303, 203 305, 203 306, 203 307, 203 308, 203 309, 203 310, 203 311, 203 312, 203 313, 203 314, 203 315, 203 316 218 392, gelb, zusätzl. Lampe und Anbauten für Messzüge 218 477, gelb, zusätzl. Lampe und Anbauten für Messzüge 229 100, 229 126, 229 147, 229 181 218 392 und 477 werden im Auftrag von DB Netz Fahrwegmessung eingesetzt. Loks der DB Services Südost 212 029 +, 212 034 +, 212 036, 212 071 +, 212 076 +, 212 093 altrot, 212 094, 212 265, 212 274, 212 280 +, 212 298, 212 310, 212 317, 212 323, 212 329 ozeanblau-beige, 212 342 +, 212 343 +, 212 347 bis auf + handelt es sich bei allen Loks um Umbauten mit MTU-Motor 8V 4000 R41, Leistung 1.000 kW Stand: Januar 2015
89
be_2015_02_90_91.qxp 29/01/15 13:03 Pagina 90
Fahrzeuge und Technik
| WIEDERAUFARBEITUNG VON 216 002 UND 215 001
Nicht mehr lange, dann kehrt 216 002 als V 160 002 beschriftet in den Betriebsdienst zurück. Die „Lollo“ wurde in der Werkstatt Neustrelitz altrot lackiert und betriebsfähig aufgearbeitet Frank Schwanenberg
Die Rückkehrer Geht alles glatt, werden 2015 zweiVorserien-Maschinen derV-160-Familie wieder den Betriebsdienst aufnehmen. Sowohl bei 216 002 als auch bei 215 001 läuft die Aufarbeitung für Privatbahnen. Beide Maschinen punkten mit bewährter Technik ieht man einmal von der 218 ab, sind bei der DB AG die Maschinen der V-160-Familie selten geworden. Bei Redaktionsschluss gab es nur noch die vier zu 225 umgebauten 215 (225 021, 027, 073 und 117). Dagegen erfreuen sich die Angehörigen derV-160-Familie bei privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen wachsenden Zuspruchs. Gehen die Planungen auf, holt die Firma Railsystems im Jahr 2015 sogar zwei VorserienLoks in den Betriebsdienst zurück: 216 002 (alsV 160 002) und 215 001. Beide Maschinen verfügen über bewährte Technik.
S
Rückkehrer 1 – 216 002 Der Werdegang des Duos verlief recht unterschiedlich. 216 002 kam nach dem Dienstende bei der Bundesbahn über einen italienischen Zwischenhändler nach Spanien; auf
90
der iberischen Halbinsel hat man die Lok für die spanische Breitspur umgespurt. Dabei blieben die ehemaligen Normalspurdrehgestelle erhalten – das ermöglichte überhaupt später erst die Wiederaufarbeitung. Im Jahr 2010 erspähte derVorsitzende der Osnabrücker Dampflokfreunde, Albert Merseburger, die Maschine in Spanien. Noch im selben Jahr vermittelte das in Recke ansässige Unternehmen Unirail den Kauf und Reimport der 216 002. Ende Oktober 2010 wurde die Maschine auf einemTieflader nach Deutschland geholt. Anschließend sollte sie im DB-Werk Bremen eine Hauptuntersuchung erhalten. Vorgesehen war eine zustandsbezogene Revision, ergänzt durch Wunscharbeiten des Auftraggebers. So wurden die für eine Hauptuntersuchung erforderlichen Arbeiten, etwa
an den Zug- und Stoßeinrichtungen sowie eine Drehgestellaufarbeitung, durchgeführt. Damit war die Lok zumindest lauffähig, so dass 216 002 am 29. Mai 2012 von 265 001 von Bremen nach Piesberg (Osnabrück) überführt wurde. Dort nahm die äußerlich aufgearbeitete Maschine an Ausstellungen teil und wurde zum lokalen „Medienstar“. Am 28. Dezember 2012 folgte die Überführung von Piesberg nach Neustrelitz mit zu Netinera gehörenden 221 145, der letztgebauten V 200. Die Aufarbeitung in der NetineraEisenbahnwerkstatt dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Dies liegt am erheblichen Finanzbedarf (Kauf und Inbetriebnahme dürften annähernd eine Million Euro nicht unrealistisch erscheinen lassen) und an technischen Arbeiten. Die Technik der 216 002 ist weitgehend im Originalzustand erhalten und
be_2015_02_90_91.qxp 29/01/15 13:03 Pagina 91
Bereits in 215 001 umgenummert und mit Bundesbahn-Logo versehen, wurde 225 001 im Blick in den Maschinenraum von 215/225 001 Sommer 2014 vom DB-Stillstandsmanagement zur Aufarbeitung überführt Frank Schwanenberg (2) samt Getriebekammer; der Motor leistet 2.500 PS
im Prinzip auch so einsetzbar; es fehlen aber noch letzte Komponenten und Sicherungseinrichtungen, um die Arbeiten zu vollenden. Der bis zu 2.000 PS starke MaybachMotor MD 870 mit 16 Zylindern (ab 1969: MTU MD 16V 538TB) und dasVoith-Getriebe L 218 rs wurden im Rahmen der Aufarbeitung ausgebaut. Es wurde ein generalüberholter Motor eingebaut. Bis heute ist das Getriebe aber nicht abschließend instandgesetzt, weil noch Zulieferteile fehlen. Auch die für den Reisezugdienst vorgesehene Dampfheizeinrichtung (Vapor-Heating OK4616) soll wieder betriebsbereit hergerichtet werden. Weiterhin verfügt die Lok über einen Hilfsmotor MWM AKD-2K-412 Z/Z mit 22 PS (bei 1.800 Umdrehungen), der mit angeflanschtem Generator Strom und Druckluft zum Betrieb der Heizanlage erzeugt. Diese kann auch betriebsschonend zusätzlich die Maschinenanlage vorwärmen
und warm halten. Die vorhandenen Sicherungseinrichtungen SiFa und PZB wurden durch den Einbau modernerTechnik auf den heute vorgeschriebenen PZB-90-Standard aufgerüstet. Ebenso wird der GSMR-Zugbahnfunk noch nachgerüstet bzw. modernisiert. Das alles soll 2015 über die Bühne gehen; dann will man die Lok unter der alten Betriebsnummer V 160 002 einsetzen.
Rückkehrer 2 – 215 001 Anders als 216 002 blieb 215 001 bzw. 225 001, wie sie zuletzt bei der DB AG bezeichnet wurde, durchweg in Deutschland. Nach der z-Stellung 2011 verweilte sie beim DB-Stillstandsmanagement in Hamm, wo man sie bis 15. August 2014 konserviert abstellte. Da die Lok einen guten Allgemeinzustand aufwies, wurde sie für Railsystems interessant. Die Privatbahn übernahm die Maschine und ließ sie, wieder als 215 001 nummeriert, am
Steckbriefe
216 002 und 215 001 216 002: Hersteller: Krupp in Essen, Fabriknummer 4045; Baujahr: 1960 8. Dezember 1960: Abnahme durch die Bundesbahn; Erstbeheimatung in Hamburg-Altona 28. September 1978: von der Ausbesserung zurückgestellt (z-Stellung) 18. März 1979: Ausmusterung bei der Bundesbahn 1981: Verkauf an Gleismac Italiana S.p.A., Bigarello, Italien, später an COMSA in Miarnau, Spanien 1982: Umspurung auf spanische Breitspur 2010: Rückkauf und Rücktransport der 216 002 nach Deutschland 29. Mai 2012: Überführung vom Werk Bremen nach Piesberg bei Osnabrück seit Januar 2013: Aufarbeitung in der privaten Eisenbahnwerkstatt Neustrelitz 215 001: Hersteller: Krupp in Essen, Fabriknummer 4980; Baujahr: 1968 5. Dezember 1968: Abnahme durch die Bundesbahn; Erstbeheimatung in Ulm 5. Mai 2001: nach Umbau Umnummerierung in 225 001 19. Dezember 2011: z-Stellung; Abstellung im Stillstandsmanagement Hamm 26. August 2014: Überführung zwecks Hauptuntersuchung/Aufarbeitung zur WISAG Produktionsservice in Senftenberg Brieske BAHN EXTRA 2/2015
26. August 2014 in die Werkstatt der Firma WISAG Produktionsservice GmbH in Senftenberg Brieske bringen. Dort standen neben vorbereitenden Arbeiten einer Hauptuntersuchung auch die Aufarbeitung der Radsätze und Drehgestelle an. 215 001 hat heute noch den MTU-Motor MA 12V 956TB 10 (bis 1969: MANV 6V 23/23 TL); er leistet 2.500 PS bei 1.540 Umdrehungen pro Minute. Wie bei einigen anderen Vorserien-215 hatte man zuerst den Motor MB 839 als Erstausrüstung erprobt; der jet-
Ende Februar 2015 will Railsystems Lok 215 001 in Betrieb nehmen zige Motor wurde später nachgerüstet. Das Voith-Getriebe L 820 rs ist original und entspricht dem der anderen drei 215-Vorserienmaschinen sowie der 218-Vorserie. Zudem verfügt die Lok wie 216 002 über einen Hilfsmotor MWM AKD 412 mit 22 PS Leistung. Bereits bei der DB AG erhielt die 215 (225) die Sicherungseinrichtung PZB 90, eine Türblockierung (TB 0) sowie GSMR-Zugfunk. Die Lok dokumentiert aber auch den Umbau, dem die 215 nach dem Wechsel zur DB-Gütersparte und der Umnummerung zur 225 unterzogen wurden: Der Heizkessel wich einer AST-Loos-Vorwärmanlage. Terminlich wird 215 001 als Erste der beiden Vorserien-Loks auf deutschen Gleisen zu sehen sein. Im Januar 2015 hat man die Hauptuntersuchung abgeschlossen, so dass die Maschine wieder gültige Fristen besitzt. Ende Februar 2015 will Railsystems die in altrote Farbgebung zurückversetzte Vorserien-Vertreterin in Betrieb nehmen. Für das in Gotha ansässige Unternehmen stellt die Lok ein Novum dar. Bisher vermietet es schwerpunktmäßig Rangierloks der Klasse V 60 undV 90. Mit 215 001 erschließt die Firma erstmals dasTerrain der Streckendieselloks; weiteres findet sich im Internet unter www.mietlok.de. Axel Witzke/GM
91
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 92
Blickwinkel
| DIENST MIT DER 218 HEUTE
Eisenbahner
Lokführer Markus Eike durfte und darf es selbst er-fahren: Die Maschinen derV-160-Familie sind echte Universalloks. In der Spätphase der Deutschen Bundesbahn war er vor allem mit 216 und 218 im Einsatz, vor den unterschiedlichsten Zügen. Auch heute noch hat er Freude am 218-Dienst ach dem Ende seiner Ausbildung, im Jahr 1991, begann für Markus Eike der Einsatz beim Bw Hannover 1. Dienstpläne mit Lokomotiven des Bw Braunschweig führten ihn unter anderem nach Wolfsburg, Soltau, Bad Harzburg und Fallersleben. „In Fallersleben war im schweren Güterverkehr immer eine Menge geboten“, erinnert er sich. „Wir bedienten das dortige VW-Werk. Das heißt, wir fuhren mit neuen Autos beladene Züge hinaus und schwere Stahlbrammenzüge hinein. Dafür hatten wir meistens Doppeltraktionen aus 218 oder 216, manchmal musste aber auch eine einzelne Maschine genügen. 500 Meter lange Züge mit 800 bis 1.000 Tonnen, das war manchmal mit nur einer Lok im Langsamgang eine echte Herausforderung. Sie lief dann im kleinen Gang, und es war ganz schön abenteuerlich, bis sie sich in Bewegung setzte.“ Auch im übrigen, meist leichteren Güterverkehr war Markus Eike auf 216 und 218 rund um
N
Mit einer Lok waren Züge mit 800 bis 1.000 Tonnen eine Herausforderung Hannover im Einsatz. „Mit Übergabezügen haben wir Wagen verteilt und wieder eingesammelt. Ein Rangierer fuhr mit. Der war bei den Rangiermanövern eine große Hilfe, denn ansonsten hätte man als Lokführer bei jedem Fahrtrichtungswechsel den Führerstand wechseln müssen.“ Vor der Bahnreform und der Aufgliederung in einzelne Geschäftsbereiche waren Dienstpläne im gemischten Güter- und Personenverkehr noch ganz selbstverständlich. „Mit Personenzügen kamen wir auf der 218 von Hannover aus zum Beispiel auf die Hauptachsen Hannover – Wolfsburg oder Soltau – Hannover – Bad Harzburg. Das waren die Haupteinsatzgebiete“, erzählt der Lokführer. „Wir bespannten nicht nur Nah-
92
verkehrszüge mit n-Wagen, sondern auch die InterRegios zwischen Bad Harzburg und Hildesheim, teilweise auch weiter bis Hannover.“ Zu den spannendsten Leistungen zählt Markus Eike die Militärzüge von und nach Munster/Örtze; sie brachten manchmal ein ordentliches Gewicht mit. Aber auch Abstellfahrten von so genannten „Fristenzügen“, mit denen Personenwagen zur Wartung ins Aw Hannover-Leinhausen gebracht wurden, sorgten für Abwechslung. „Insgesamt haben wir also alles Mögliche kreuz und quer durcheinander gefahren“, resümiert Markus Eike. „Hier bewiesen die Maschinen ihre Konzeption als Universalloks. Außerdem haben sowohl die 216 als auch die 218 durch ihre Zuverlässigkeit und Robustheit überzeugt.“ Freilich gab es auch Exemplare, die ihre Zipperlein hatten. „Mit den Jahren hatte ich alle Braunschweiger Loks kennengelernt und konnte zu jeder etwas Individuelles sagen“, erinnert sich der Lokführer. „Da wusste man schon im Voraus, ob man sich auf eine tolle Fahrt mit einer guten Lok freuen konnte oder ob man gespannt sein durfte, was wohl heute wieder kommt.“ Was die Handhabung der Loks angeht, findet Markus Eike hingegen nur lobende Worte: „Gerade die 218 ist sehr gut und übersichtlich zu bedienen. Gegenüber der 216 hat sie zwei durchgehende Seitengänge, so dass man bei sämtlichen Störungen im Motoroder Getrieberaum viel besser an die wichtigen Stellen herankommt. Insgesamt ist die 218 viel sortierter und systematischer aufgebaut.“ Als großer Vorteil habe sich auch die Tableau-Anzeige im Führerstand erwiesen. „Ich sage immer: Die Lok spricht mit mir.“
Modifikationen bei der 218 In technischer Hinsicht wurde die 218 über die Jahrzehnte hinweg immer wieder modifiziert und dabei weiter entwickelt. Insbeson-
Markus Eike im Sommer 1991, noch in der Ausbildung, im Lokschuppen des Bw Hannover 1
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 93
Im März 2010 hat Markus Eike auf der 218 493 mit einem Regionalexpress nach Buchloe München Hbf verlassen. Kurz darauf passiert der Zug die in der Vorstellgruppe Nord abgestellten Wagen Felix Löffelholz
Ein typischer Bundesbahnzug, wie er für Markus Eike Mitte der 1990erJahre noch üblich war: 218 268 mit zwei 26,4-Meter-Wagen auf dem Weg von Uelzen nach Bremen im Bahnhof Soltau (Han) Slg. Markus Eike (3)
BAHN EXTRA 2/2015
Schwer waren die Züge für das VW-Werk in Fallersleben, die mit 216 und 218 bespannt wurden. So auch dieser mit unterschiedlichen Neuwagen beladene Ganzzug, geführt von 218 250
93
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 94
Blickwinkel
| DIENST MIT DER 218 HEUTE
Die hochwertigste Leistung der 218 im Allgäu sind heute die EuroCity-Züge München – Zürich. Je zwei Maschinen bringen die Garnituren bis Lindau und zurück. Ihre Pferdestärken setzen die Lokomotiven dabei unterschiedlich ein; eine 218 übernimmt die Zugförderung, die andere versorgt die Klimaanlagen (Bild bei Geltendorf, Juli 2014) Max Esser
dere bei der Motorisierung hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren viel getan. So wurden die ursprünglich verwendeten Motoren 12V 956TB10 undTB 11 des Herstellers MTU über alle Bauserien hinweg ersetzt durch eine abgasoptimierte Version des TB 11 oder durch einen neuen, ebenfalls von MTU gebauten Motorentyp mit der Bezeichnung 16V 4000 in denVersionen R40 und R41. Nicht mehr verwendet wird der Schiffsdieselmotor 16PA 4V 200 des französischen Herstellers Pielstick; er sorgte einst in rund 50 Maschinen der Betriebswerke Flensburg und Lübeck für den Antrieb, konkret in Lokomotiven aus der zweiten Bauserie (218 195 – 197), dritten Bauserie (218 323 – 339) und vierten Bauserie (218 427 – 434, 456 – 462 und 485 – 499). „Umweltschutz war bei der Neumotorisierung der 218 ein großes Thema.Vor allem beim Pielstick-Motor waren die Abgaswerte
94
Die Lübecker 218 430 war im April 2007 die letzte 218 mit Pielstick-Motor – noch gut zu sehen an der verrußten Front. Hier rauscht sie mit einer Schwesterlok und einem IC von Sylt nach Hamburg Felix Löffelholz
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 95
Hinter der 225 805 verbirgt sich die Vorserienlok 218 005, Baujahr 1968. Im April 2012 zieht sie eine Kieszug-Leergarnitur von Aulendorf nach Bad Waldsee. Bei Redaktionsschluss war sie nach wie vor im Güterverkehr aktiv Felix Löffelholz
Auch das ist eine Aufgabe der 218 im Allgäu: Am 30. Januar 2010 hat man die Kemptener 218 458 zum Räumdienst auf der Außerfernbahn eingeteilt. Kurz vor Oy-Mittelberg prescht sie mit einem Pflug der Bauart 852 durch die weiße Pracht Felix Löffelholz
Für die Bedienung der Loks habe die Neumotorisierung zweierlei bedeutet: Erstens sei vom Lokführer beim Aufschalten weniger Fingerspitzengefühl gefragt, da die neuen Motoren elektronisch geregelt sind. „Das so genannte Motormanagement steuert die Leistung sukzessive“, sagt Markus Eike. Zweitens, berichtet er, könne man bei den neuen Motoren als Lokführer keine technischen Eingriffe mehr vornehmen, etwa im Störungsfall. Ein weiteres Modernisierungsmerkmal Etwa 3.000 Liter Diesel fasst der Tank einer 218. betrifft das so genannte Vorwärmgerät, mit Markus Eike setzt den Füllstutzen an dem sich die Kühlwassertemperatur des MoFelix Löffelholz tors steuern lässt. „Bei den alten Geräten konnte man zwischen Aus, Warmhalten auf und der Verbrauch nicht mehr zeitgemäß“, etwa 30 Grad oder Vorwärmen auf etwa 60 erklärt Markus Eike. „Die schwarzen Rauch- Grad auswählen. Die ideale Starttemperatur wolken, wie man sie bis dahin kannte, gab es liegt bei rund 60 Grad.“ Heute könne man elektronisch den Zeitpunkt bestimmen, zu fortan kaum noch.“ BAHN EXTRA 2/2015
dem die Lok die Starttemperatur erreicht haben soll. Auch darüber hinaus haben die 218 technische Neuerungen erhalten, etwa die „Zeitmultiplexe Wendezug- und Doppeltraktionssteuerung“, kurz ZWS/ZDS, die „Frequenzmuliplexe Türsteuerung“, kurz FMZ, oder auch eine neue, so genannte GTO-Technik für die Stromversorgung der Wagen. All dies trägt dazu bei, dass die 218 auch vor moderneren Wagen eingesetzt werden kann.
Veränderter Betriebsalltag Die verschiedenen Modernisierungen kann man als Reaktion auf den veränderten Betriebsalltag der 218 werten. „Den gemischten Dienst im Personen- und Güterverkehr rund um die Uhr gibt es heute nicht mehr“, so Markus Eike. „Die Umlaufpläne sehen fast nur noch Personenzugleistungen mit dazwi-
95
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 96
Blickwinkel
| DIENST MIT DER 218 HEUTE
Auch 218 499, die Letztgebaute, fährt heute im Allgäu; hier 2014 in Wasserburg (Bodensee)
Seit 2004 sind sie das tägliche Brot der Ulmer 218: die Doppelstockzüge Ulm – Lindau
Im August 2013 begegnen sich mit 218 410 und 496 zwei glänzende Exemplare der vierten Bauserie in Friedrichshafen Stadt Felix Löffelholz (3)
schen liegenden Nachtruhezeiten vor.“ Dennoch seien die noch aktiven Loks weiterhin recht stark gefordert. „Durchschnittlich fahren sie etwa 800 Kilometer pro Tag.“ Das entspreche etwa der maximalen Tankfüllung von rund 3.000 Litern. Bei aller Unentbehrlichkeit, die die 218 mancherorts noch genießt, haben sich die
Von gut 400 Maschinen sind noch etwa 120 bei der DB AG im Bestand Bestände des Bundesbahn-Klassikers bis heute, im fünften Jahrzehnt ihres Einsatzes, deutlich gelichtet. Von den ursprünglich gut 400 Maschinen sind derzeit noch etwa 120 im Bestand der Deutschen Bahn. Zum größten Teil handelt es sich dabei um Loks der dritten und vierten Bauserie. Die planmäßig noch eingesetzten 218 sind beheimatet in
96
Kiel (Regionalverkehr), Niebüll (Sylt-Shuttle und Fernverkehr), Ulm (Regional- und Fernverkehr), Kempten (Regionalverkehr) sowie Mühldorf (Regional- und Fernverkehr). Eine Sonderrolle spielen die als 225.8 nummerierten Loks von DB Schenker. Sie entstammen der Vorserie (218.0) und sind noch in ganz geringer Stückzahl im Güterverkehr rund um Saarbrücken und Ulm anzutreffen. Hinzu kommen einzelne Exemplare der Serien 218.1 bis 218.4 für den Bauund Messzugdienst oder für Reserve- und Abschleppdienste. Einige wenige 218 tragen sogar schon das Prädikat „Museumslok“. Der Erhaltungszustand der noch eingesetzten Maschinen ist sehr unterschiedlich und hängt oftmals vom Engagement oder den Kapazitäten der betreuenden Werkstatt ab. Als Eisenbahner mit Leib und Seele hängt Markus Eike an den Loks der V-160-Familie und insbesondere an der 218: „Sie haben
mich über all die Jahre geprägt. Und wenn sie jetzt, nach so vielen Jahren, nach und nach abgestellt werden, tut es mir schon leid. Es hängen eben ganz viele Erinnerungen daran.“ Die Nachfolgerinnen der Baureihe 245 sind seit letztem Jahr in Süddeutschland planmäßig unterwegs. „Sie funktionieren auch sehr gut“, sagt Markus Eike. „Aber dass sie nach so vielen Jahren noch so zuverlässig laufen wie die 218, glaube ich eher nicht.“ Bis die letzten Exemplare in den Ruhestand gehen, darf Markus Eike noch ein Privileg genießen: Auch im Jahr 2015 kommt er noch ab und zu mit einer 218 auf die Strecke – im Gegensatz zur großen Mehrheit seiner Berufskollegen bei der DB. Denn als sich Mitte der 1990er-Jahre abzeichnete, dass Hannover betrieblich an Bedeutung verlieren würde, ließ er sich in den Süden versetzen, zum Bw Kempten, Einsatzstelle Lindau. „Es musste einfach ein Bw mit 218ern sein“, erzählt er. „Lindau war wie ein Sechser im Lotto. Hier gibt es die richtigen Loks, und man darf dort leben, wo andere Urlaub machen.“ Auch wenn die Umlaufpläne Jahr für Jahr dünner werden – am Bodensee, in Oberschwaben und im Allgäu sind die 218 heute noch tagtäglich unterwegs. Felix Löffelholz
Zur Person
Markus Eike Markus Eike ist Jahrgang 1971, stammt aus Höxter in Ostwestfalen und lebt in der Nähe von Lindau (Bodensee). Derzeit ist er als Leiter Betriebsmanagement bei DB Regio AG, Regio Allgäu-Schwaben tätig. Er hat bis heute immer noch die Fahrberechtigung als Lokführer und ist auf den Diesellok-Baureihen 211, 212, 213, 215, 216, 217 und 218 ausgebildet.
be_2015_02_92_97.qxp 29/01/15 13:05 Pagina 97
Markus Eike zeigt die Kraftstoffzufuhr zum Motor, hier zur abgasoptimierten Version des TB11. Gegenüber den 4.000er-Motoren spart sie einen halben Liter Diesel pro Kilometer; allgemein „nimmt“ die 218 durchschnittlich drei bis vier Liter Kraftstoff auf den Kilometer Felix Löffelholz
97
be_2015_02_98_98 29/01/15 18:17 Pagina 84
Vorschau
Impressum
| IM NÄCHSTEN HEFT
Ab
10.
April
im Handel
2/2015 | März/April 26. Jahrgang | Nummer 135
Internet: www.eisenbahnwelt.de Redaktionsanschrift: BAHN-EXTRA Postfach 40 02 09 l 80702 München Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax -700 E-Mail:
[email protected] Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud Chef vom Dienst: Martin Weltner Chefredakteur: Michael Krische Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber Layout: Ralf Puschmann Mitarbeit: Dr. Dietmar Beckmann, Michael Beitelsmann, Ulrich Budde, Wolfgang Dath, Michael Dostal, Ralf Händeler, Rainer Heinrich, Rudolf Heym, Andreas Knipping, Felix Löffelholz, Michael Reimer, Sebastian Schrader, Jörg Thormann, Georg Wagner, Uwe Waterstradt, Jan Welkerling, Axel Witzke u.m.
Abo-Hotline, Kundenservice, GeraMond-Programm Tel. (0180) 5 32 16 17* Fax (0180) 5 32 16 20* E-Mail:
[email protected] (*14 Cent pro Minute)
Thema: Eisenbahnland Schweiz
Land der Bahn-Legenden Gotthard, Lötschberg, Bernina – die Schweizer Strecken durch die Alpen haben Weltruhm erlangt. Aber im Falle des Gotthard ist Eile geboten: Mit Eröffnung des Gotthard-Basistunnels 2016 wird sich im Bahnbetrieb der Eidgenossen eine Menge ändern. Was Sie bis dahin dort alles erleben können und welche Ziele sich in der Schweiz noch in diesem Jahr lohnen, ist ein Thema des nächsten BAHN EXTRA. Außerdem im Heft: die Schweizer Pfeile, der Bahnhof Olten, eine Lokführer-Mitfahrt bei der Rhätischen Bahn – samt passender DVD. Seien Sie gespannt! Florian Martinoff
Verpassen Sie keine Ausgabe mehr! Sichern Sie sich heute schon die nächste Ausgabe mit bis zu 40 % Preisvorteil und Geschenkprämie* – mehr im Internet unter www.bahnextra.de
Zuletzt erschienen: BAHN EXTRA 4/2014 – Berlin 1989–2014 BAHN EXTRA 5/2014 – DR zu Honeckers Zeiten BAHN EXTRA 6/2014 – DB 1970–1989 BAHN EXTRA 1/2015 – Bahn-Jahrbuch 2015
Sie haben ein Heft ve rpasst ? Kein Problem ! Bestellen Sie die nicht mehr am Kiosk erhältlichen Ausgaben telefonisch über unseren Kundenservice
Tel. (0180) 5 32 16 17 *
oder schnell und bequem im Internet auf www.eisenbahnwelt .de *(14 ct/min)
Gesamtanzeigenleitung: Rudolf Gruber, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.527,
[email protected] Anzeigenleitung BAHN EXTRA: Helmut Gassner, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.520, Fax - 100;
[email protected]; www.verlagshaus-media.de Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 25 vom 1.1.2015 Litho: Cromika, Verona Druck: Stürtz, Würzburg Verlag:
GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München Geschäftsführung: Clemens Hahn Herstellungsleitung: Olaf Wendenburg Leitung Marketing und Sales Zeitschriften: Andreas Thorey Vertriebsleitung: Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung Handel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem:
AUTO CLASSIC CLAUSEWITZ TRAKTOR CLASSIC FLUGMODELL FLUGZEUG CLASSIC SCHIFFSMODELL SCHIFF CLASSIC MODELLFAN MILITÄR & GESCHICHTE Preise: Einzelheft Euro 12,90 bzw. 14,90 (D, bei Einzelversand zzgl. Versandkosten); neuer Jahresabopreis ab Ausgabe 1/2014 (6 Hefte) Euro 65,70 (inkl. Mehrwertsteuer, im Ausland zzgl. Versandkosten) Die Abogebühren werden unter der Gläubiger-Identifikationsnummer DE63ZZZ00000314764 des GeraNova Bruckmann Verlagshauses eingezogen. Der Einzug erfolgt jeweils zum Erscheinungstermin der Ausgabe, der mit der Vorausgabe ankündigt wird. Der aktuelle Abopreis ist hier im Impressum angegeben. Die Mandatsreferenznummer ist die auf dem Adressetikett eingedruckte Kundennummer.
ISSN 0937-7174 l ISBN 978-3-86245-207-1 Zeitungskennzahl 12126 Erscheinen und Bezug: BAHN EXTRA erscheint alle zwei Monate jeweils Mitte eines geraden Monats. Sie erhalten BAHN EXTRA in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken, im Fachhandel sowie direkt beim Verlag.
Sie haben Freunde, die sich ebenso für die Eisenbahn mit all Ihren Facetten begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser.
© by GeraMond Verlag München. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München.
Ihr
Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Thomas Hanna-Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Rudolf Gruber; beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.
Lieber Leser,
Verantwortlicher Redakteur BAHN EXTRA
98
05_BE0215_EMKiosk_1-1_Layout 1 28.01.15 11:55 Seite 1
n h a B r e d n o v s e u Ne odell Vom Vorbild zum M
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Jeden Monat neu am Kiosk !
Oder Abo mit Prämie bestellen unter:
www.eisenbahnmagazin.de
be_2015_02_u4_u4 29/01/15 16:44 Pagina 84
Die Schnellen, die Starken Willkommen bei den Lokomotiven, die den Dieselbetrieb auf den Strecken der Bundesbahn und Reichsbahn beherrschten. Bei den Lokomotiven, die schnelle Reisezüge, schwere Güterzüge oder Züge des Nahverkehrs an den Haken nahmen. Dieses Heft stellt Ihnen Baureihen, Technik und Betriebsalltag vor – von V 100 bis V 320, von V 180 bis 119. Ein Überblick mit viel Hintergrundwissen und brillanten Fotos!
www.eisenbahnwelt.de
ISBN 978-3-86245-207-1