ERLEBNIS RHB HEUTE Die Tipps und Termine für Ihren Bahnurlaub
BERÜHMTE ZÜGE Unterwegs mit Glacier und Bernina Express
3.2017
NOSTALGIE-BETRIEB Wann und wo Sie die Dampfzüge erleben
MAI / JUNI
€ 12,90 A: € 14,60 CH: SFR 25,80 BENELUX: € 14,90 DK: DKR 130,00
BAHN-EXTRA 3/2017
Die Rhätische Bahn und der Glacier Express
Bahn-Paradies Graubünden gestern & heute
Die Rhätische Bahn und der Glacier Express
RHB-FAHRZEUGE IM PORTRÄT: G 3/4, „Krokodile“, Ge 4/4 und „Allegra“
So prägt die „Rhätische“ Land und Leute
BÜNDNER WAHRZEICHEN:
Entwicklung, Highlights, Betriebsabwicklung DAS NETZ DER RHB:
! s i n b e l r e n h Echtes Ba l l e d o M d n u d l In Vorbi
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Aufnahmen: Sven Klein (gr. Bild), Joachim Schröter, Jeck/Slg. Friedhelm Ernst, Christian Schmidt (u., v. l. )
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Durch Tunnel und über Höhen führt die Reise bei der Bernina-Bahn: Bei Alp Grüm treten im Juni 2005 Triebwagen ABe 4/4 44 und 45 ins Tageslicht (gr. Bild). Am „Bahnlehrpfad“ der Albula-Strecke kann man neben spektakulären Bahnbauten wandern und fotografieren: Am Albula-Viadukt I entsteht im Oktober 1988 das Bild von Ellok Ge 4/4 II Nr. 632 mit
ihrem Zug nach St. Moritz (u. l.). In den Anfangsjahren des „Glacier Express“ schauen Reisende gespannt der Fahrt zum Furka-Pass entgegen (M.), und in Bergün findet sich 2005 der aus zwei Einzelwagen bestehende „Jumbo-Speisewagen“ WR 3816-3817 (Baujahr 1987). Das Zeughaus hinten beherbergt heute das Bahnmuseum Albula (Bild r.)
Bahn-Paradies auf Meterspur Albula-Bahn, Bernina-Strecke, Rheinschlucht oder die Region um Arosa: Es gibt viele faszinierende Eisenbahn-Gebiete, die zum Netz der Rhätischen Bahn gehören. Die Meterspurbahn ist ein großer Verkehrsträger Graubündens und ein Touristenmagnet gleichermaßen. Bahn Extra stellt Ihnen Entwicklung, Fahrzeuge und Betrieb dieser beeindruckenden Bahn vor – und außerdem den „Glacier Express“, jenen weltberühmten „Schnellzug“, an dessen Fahrt die RhB unter anderem beteiligt ist
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Inhalt
| DIE RHÄTISCHE BAHN
Allegra, liebe Leserinnen, liebe Leser,
Thomas Hanna-Daoud Verantwortlicher Redakteur
falls Sie nicht aus Graubünden kommen – wundern Sie sich nicht. „Allegra“ ist eine übliche rätoromanische Begrüßung, eine Form von „Freue Dich“, und die Rhätische Bahn hat sie als Name für ihre neuen Stadler-Triebzüge übernommen. Ein Zeichen der regionalen Verbundenheit mit dem Kanton Graubünden, welche die Bahngesellschaft in vielerlei Hinsicht pflegt. Ihr Name zum Beispiel bezieht sich auf Rätia, die römische Provinz, zu der einst Graubünden gehörte und die heute noch mit dem größten Schweizer Kanton in Bezug gebracht wird. Aus ebendiesem Kanton kann man die RhB und ihr meterspuriges Streckennetz nicht mehr wegdenken. Ob die kühnen Kunstbauten von Albula-Strecke und Bernina-Strecke, die berühmten Züge wie „Glacier Express“ und „Bernina Express“, die interessanten Fahrzeuge wie das „Rhätische Krokodil“ oder die diversen Dampfloktypen, all das fügt sich zu einem eigenen „Eisenbahn-Kosmos“, den wir Ihnen mit diesem Bahn Extra vorstellen möchten.
Spannende Rhätische Bahn: Blick auf eine „Tunnel-Brücken-Kombination“ bei Wiesen (Strecke Davos – Filisur) mit Ellok Ge 4/4 I, Oktober 1992
Titelfotos Titel: Georg Wagner (gr. Bild: Ellok Ge 6/6 I 405 mit gemischtem Zug zwischen Schnaus-Strada und Ilanz (Strecke Chur – Disentis), 27. August 1981), Heiko Güttel, Sven Klein, Friedhelm Ernst (o., v. l. ), Friedhelm Ernst, Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn, Florian Martinoff (u., v. l.) S. 4: v. o.: Joachim Schröter (Zeichnung), Uwe Miethe, Harald Schönfeld, MGBahn S. 5: v. o.: Joachim Schröter (Zeichnung), Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn, Tibert Keller, Florian Martinoff
Kommen Sie mit auf eine Reise zur Rhätischen Bahn gestern und heute! Lassen Sie sich von „Allegra“-Triebzügen und anderen markanten RhB-Fahrzeugen begrüßen, spüren Sie den Besonderheiten von Bahnlinien und Betrieb nach und erleben Sie auf der beiliegenden DVD eine s S es LU Fahrt mit dem „Glacier Express“. P r-Expr Wir wünschen rätoromanisch bun divertiment (viel Vergnügen)!
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Beilage-DVD zu BahnExtra 3/2017
Al pe nr eis e
INFOProgramm gemäß § 14 JuSchG
im Glac ier-E xpre ss
Traumreise mit dem langsams ten Schnellzug der Welt 45 Minuten Farbtonfilm
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Der „Glacier Express“, heute von Rhätischer Bahn und Matterhorn Gotthard Bahn betrieben, ist einer der sehenswertesten Züge der Schweiz. Ein Blick auf seine Geschichte und Gegenwart
© 2017 by BAHN EXTRA VIDEO GeraMond Verlag www.geramond.de
PLUS: Reisebericht auf
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Im Zustand des frühen 20. Jahrhunderts zeigt sich der RhB-Nostalgiezug mit Zuglok G 4/5. Wir stellen die RhB-Dampflokomotiven vor
Inhalt Perspektiven 6 Ein Kanton und seine Bahn Harald Schönfeld bei der Rhätischen Bahn 1966
72 Von der RhB geprägt Der Fotograf und Ex-RhB-Mitarbeiter Tibert Keller
Galerie
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8 Die „Kleine Rote“ Das ist die Rhätische Bahn
Zuerst gab es die „Landquart-Davos-Bahn“, aus ihr wurde später die Rhätische Bahn. Der Aufstieg zur großen Meterspurbahn Graubündens
88 Bergwelten und Talstationen Die Rhätische Bahn einst und jetzt
Geschichte 16 Von der LD zur RhB Die wichtigsten Etappen der Bahn-Entwicklung
26 Gleise in die Alpen Die Frühzeit der RhB
32 Die einzige Verschwundene Die Misoxer Bahn
Strecken und Betrieb 18 Die Zehn von heute Die aktuellen RhB-Strecken im Kurzporträt
24 Fast 400 Kilometer durch Graubünden Streckenkarte: Das heutige Netz der Rhätischen Bahn
34 Bahnlinie der Superlative Die Berninastrecke St. Moritz –Tirano
42 Das Engadiner Gleisdreieck Unterwegs zwischen St. Moritz, Samedan, Pontresina
48 Der Weg ist das Ziel
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Urwüchsige Naturgewalten und die Eisenbahn sind eines der Themen, denen sich Fotograf und Ex-RhBler Tibert Keller verschrieben hat. Die Bahn mal aus einer anderen Sicht
Der „Glacier Express“ gestern und heute
60 Von Engadin Express bis Engadin Star ...weitere Expresszüge der RhB
82 Bündner Mischungen Kombinierte Personen-Güter-Züge
85 Arbeit an der Röhre Tunnelsanierung und -neubau
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Auf fast 400 Kilometern Meterspur führt die RhB durch Graubünden: in die Städte, aufs Land und in beeindruckende Bergregionen. Bahn Extra präsentiert die Strecken
Fahrzeuge 44 Die 57 Dampfenden Dampfloks bei der RhB
62 Rhätische Reptilien Die „Krokodilloks“ Ge 6/6 I und Ge 4/4 Nr. 182
66 Kennzeichen Kastenform Die Nachkriegs-Elloks Ge 4/4 I und Ge 6/6 II
70 Die jüngsten Generationen Die „Allegra“-Triebzüge und „Flügel-Triebzüge“
Service 86 Die Bündner Museumsbahner Der „Club 1889“ und weitere Initiativen
96 Auf nach Graubünden! Tipps für Ihre Reise mit der RhB
Ständige Rubriken 98 Vorschau, Leserservice, Impressum BAHN EXTRA 3/2017
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Perspektiven
| BEI DER RHÄTISCHEN BAHN 1966
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Gleich zwei ältere Elloktypen verrichten am 5. August 1966 im Bahnhof von Chur ihren Dienst: links Ge 4/6 Nummer 355, rechts Ge 6/6 I 415, das jüngste Exemplar dieser Baureihe Abbildungen des Beitrags: Harald Schönfeld bzw. Slg. Harald Schönfeld
Ein Kanton und seine Bahn Im Sommer 1966 besucht Harald Schönfeld Graubünden und die Rhätische Bahn. Zwischen Chur und St. Moritz lernt er eine faszinierende Region mit faszinierender Eisenbahn kennen ls Strohwitwer wage ich im August 1966 mit dem „Käfer“ eine mehrtägige Tour nach Graubünden. Der große Kanton im Südosten der Schweiz bietet vielfältige Landschaften, mit Höhenlagen zwischen 260 und 4.050 Metern. Mein Hauptinteresse gilt Bergwanderungen, aber auch der dortigen Eisenbahn, wenngleich damals ohne große Hintergrund-Kenntnisse. Der Kanton Graubünden mit seinen Pässen zwischen Nord und Süd, Ost und West ist altes Kulturland. Er gehörte zur römischen Provinz „Raetia“; die rätoromanische Sprache ist neben Deutsch und Italienisch
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Graubünden ist ein altes Kulturland und besitzt eine eigene „Staatsbahn“ offizielle Landessprache. Graubünden hat noch mehr Besonderheiten zu bieten: Es besitzt auch seine eigene „Staatsbahn“, ein weit verzweigtes Netz von 384 Kilometern meterspuriger Strecken. Die „Rhätische Bahn“ ist mehrheitlich in Kantonsbesitz und verfügt über eine große Fahrzeug-Vielfalt, weil sie in den 1940er-Jahren zwei gleichstrombetriebene Bahnen übernommen hat. Im Stammnetz fährt sie dagegen schon seit 1913 unter 11 kV/16,7 Hz Wechselstrom und weist da durchaus Vollbahncharakter auf.
Treffen mit Ge 4/6 und Ge 6/6 Als ich 1966 dort weile, fotografiere ich diese Vielfalt aber nur in bescheidenen Mengen, obwohl ich zwei Kodak-Apparate „beschäf-
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tige“. Mein erstes Ziel heißt Chur. Am Alpenrhein gelegen, ist dies die älteste Stadt der Schweiz, Hauptstadt des Kantons Graubünden und Firmensitz der AG „Rhätische Bahn“ (RhB). Der große Bahnhof dient nicht nur als Endstation der normalspurigen Reisezüge, er weist nördlich davon auch die Meterspurgleise der RhB und südlich davon auf dem Vorplatz die Meterspurgleise der ChurArosa-Bahn auf, die seit 1942 zur RhB gehört. Als ich Chur am 5. August 1966 aufsuche, gilt mein erstes Foto im RhB-Bereich der 1’D1‘Ellok 355 (Foto 1). Dieser Loktyp (Ge 4/6) ist mir völlig unbekannt und er hat auch allgemein seither wenig Aufmerksamkeit gefunden. Es handelt sich um den ersten Ellok-Typ der RhB, mit acht Stück ab 1912 beschafft für die Inntal-Strecke Samedan – Scuol. Der Stangenantrieb verrät das hohe Alter: Auf
Der Autor
Harald Schönfeld Geboren 1939 in Chemnitz, kam Harald Schönfeld 1955 in die Bundesrepublik Deutschland. Er arbeitete als Ingenieur in der Automatisierungstechnik und in der Entwicklung von Sondermaschinen. Seit der Kindheit interessiert er sich für Eisenbahnen; die Eisenbahnen der Schweiz sind seit den 1960er-Jahren eines seiner besonderen Steckenpferde.
meinem Bild ist die Lok schon 52 Jahre im Dienst! Nicht ganz unbekannt ist mir das „Rhätische Krokodil“. Ich schaffe es, Lok 415 abzulichten (Foto 2). Sie ist das jüngste Exemplar des Typs Ge 6/6 I, der in den 1920er-Jahren für die Albulastrecke beschafft wurde und sich zum berühmtesten Lokomotivtyp der RhB entwickelt hat.
Viadukte und Kehren Von Chur geht es weiter nach Graubünden hinein. Auf halbem Weg nach St. Moritz komme ich zum Wahrzeichen der Rhätischen Bahn: dem Landwasserviadukt. Er war das Erste, was ich als Kind von der Albulabahn sah, denn er ist im „Volksbrockhaus“ von 1934 abgebildet (Foto 3). Das Lexikon zeigt das, was ich am 5. August 1966 erstmals in Wirklichkeit sehe: ein kühnes Bauwerk von 64 Metern Höhe, das einen Tunnel in senkrechter Felswand mit der gegenüberliegenden Talseite verbindet. Obwohl die Strecke 1919 elektrifiziert wurde, fährt im Brockhaus ein Dampfzug über das Bauwerk. Am Tag darauf setze ich meine Autofahrt zur Bernina-Passhöhe fort und wandere von dort zur Alp Grüm. Das ist eine 2.090 Meter hoch gelegene Aussichtsterrasse mit Bahnhof der Berninabahn. Ab hier stürzt sich die Strecke mit 70 Promille kurvenreich in die Tiefe, in das Puschlav (Poschiavo) genannte
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Tal, das schon im italienischen Sprachraum liegt, aber noch zur Schweiz gehört. Tirano, die Endstation der Bahn, liegt 1.662 Meter tiefer als die Alp Grüm und bereits in Italien. Auf der Alp Grüm ist mir das Glück hold, als einer der seltenen Güterzüge mit dem „Bernina-Krokodil“ die letzte Kurve vor dem Bahnhof nimmt (Foto 4). Lok 182 ist ein Einzelstück der RhB, gebaut 1928. Bemerkenswert: Sie trägt Einholm-Stromabnehmer!
Zu Gast in St. Moritz Zwei Tage später, am 8. August 1966, halte ich mich in St. Moritz auf und erlebe gleich BAHN EXTRA 3/2017
einen Hauch von High Society. Im Rolls Royce sehe ich Charlie Chaplin vorüber fahren! Auch in punkto Eisenbahn bekomme ich etwas geboten. Auf 1.778 Metern Seehöhe liegt ein großer Durchgangsbahnhof, dessen unvollendete West-Ausfahrt am Prellbock endet. Nach Osten führen zwei Gleise. Links geht es unter Wechselstrom zur Albulastrecke nach Chur und Davos und zur Inntalstrecke nach Scuol, rechts unter Gleichstrom zur Berninastrecke nachTirano. Ich fotografiere in St. Moritz die neue sechsachsige Lok Nummer 707, jüngste der von 1958 bis 1965 gebauten Kleinserie des
Weitere Stationen der Sommerreise 1966 sind die Berninabahn (o., bei Alp Grüm) und St. Moritz (2. v. l.); ganz links ein Auszug aus dem Volksbrockhaus von 1934 mit dem Landwasserviadukt
Typs Ge 6/6 II (Foto 5). Die Maschine im charakteristischen RhB-Grün jener Jahre hat sich gerade vor den Zug nach Chur gesetzt. Sie trägt den rhätoromanischen Namen der Gemeinde Scuol (Schuls), der Endstation der Inntalstrecke. Es ist zwar nur ein kurzer Aufenthalt in dem südöstlichen Schweizer Kanton, doch ich lerne Graubünden und seine Eisenbahn in jenem Sommer 1966 schätzen. Sehr sogar; es werden noch etliche Besuche folgen, in denen ich die RhB, ihr „alpines“ Streckennetz und den vielseitigen Fahrzeugpark mehr und mehr entdecke.
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| DAS IST DIE RHÄTISCHE BAHN
Die „Kleine Rote“ ... nannte sich die Rhätische Bahn bis vor einigen Jahren. Verglichen mit den Betreibern auf Normalspur mag das stimmen, doch eigentlich ist „klein“ höflich untertrieben. Schließlich spricht man vom größten Meterspurnetz der Schweiz
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Leicht hatten es die Erbauer nicht, als sie Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts die Albulastrecke Thusis – St. Moritz errichteten: Das unwegsame Gelände forderte atemberaubende Kunstbauten, allen voran den spektakulären Landwasserviadukt bei Filisur. Heute ist die Albulabahn ein UNESCO-Welterbe und dabei kaum verändert in Betrieb. Im Mai 2015 passiert eine Ge 4/4 III mit einem RegioExpress den Viadukt Michael Hubrich
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Eine Bahn entsteht Es beginnt 1889 mit der Landquart-Davos-Bahn, aus der später die Rhätische Bahn wird. Mit der Zeit übernimmt sie die anderen Schmalspurbahnen Graubündens und baut ein kantonsweites Netz auf
Die Rheinschlucht an der Strecke Reichenau-Tamins – Ilanz ist eine der beeindruckendsten Landschaften an den Strecken der RhB. Für die Reisenden in den Panorama-Wagen des „Glacier Express“ gehört dieser Abschnitt zu den spannendsten zwischen St. Moritz und Zermatt (2011) Florian Martinoff
Mit dem „Bernina Express“ bietet die RhB eine Panoramafahrt bis auf über 2.200 Meter Höhe. Sehenswert ist zum Beispiel die Reise im Juni/ Juli, wenn dort oben die Alpenrosen blühen (Foto: 2010) Tibert Keller
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Am 1. Juli 1903 nimmt die Rhätische Bahn den Abschnitt Thusis – Celerina der Albulabahn in Betrieb. Soeben trifft der viel beachtete Eröffnungszug mit zwei MalletDampfloks an der Spitze in Samedan ein. Bis 1943 hat der Ort übrigens den amtlichen Gemeindenamen „Samaden“; so steht es auch auf dem Empfangsgebäude Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Sehr früh verlegt sich die RhB auf den elektrischen Zugbetrieb. Als erste Triebfahrzeuge beschafft sie Stangen-Elloks, wie Lok 351 des Typs Ge 4/6 Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Die rauen Winter des Hochgebirges erfordern umfangreiche Vorkehrungen für den Bahnbetrieb. Im Januar 1931 stehen Dampfschneeschleuder Nummer 12 samt Mannschaft und einer Dampflok G 4/5 als Schublok in Davos-Laret bereit Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
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Die RhB geht mit der Zeit und nutzt Lokomotiven als Werbeträger, manchmal auch für sich. Mit Ellok Ge 4/4 II 624 bedankt sich das Unternehmen 2011 bei 50.000 Facebook-Anhängern; so dekoriert, fährt die Lok im Sommer mit einem Regionalzug durchs gewittrige Prättigau (Strecke Landquart – Klosters – Scuol) Florian Martinoff
Links: Im Winter gibt es nahe der Albulabahn eine Attraktion – die Passstraße Preda – Bergün wird für den Autoverkehr gesperrt und für die Schlittenfahrer geöffnet. Sonderzüge der RhB bringen im Rahmen der „Schlittelfahrten“ die Hobby-Rodler zum Start in Preda (2013) Tibert Keller Mitte: Kommt ein Zug? In Langwies an der Strecke Chur – Arosa hält die Rhätische zwar im Stundentakt, aber auch zwischendurch schaut man lieber nach. Vielleicht fährt ja doch ein Extrazug (Oktober 2013) Tibert Keller
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Eine breite Palette 384 Kilometer Meterspurstrecke, 1.500 Mitarbeitende und zirka 1.100 Fahrzeuge: Das sind die aktuellen Eckdaten der RhB. Ihr Angebot reicht von den Zügen des Regelverkehrs bis zu Nostalgie- und „Schlittelfahrten“
Eine separate Bahngesellschaft errichtete bis 1910 die Bernina-Bahn St. Moritz – Tirano, wurde aber 1943 von der Rhätischen Bahn übernommen. Über den Wolken fahren die Züge im Oktober 1992 einem verdeckten Ziel entgegen (Bild bei Alp Grüm) Harald Schönfeld
Filisur ist einer der Bahnknoten im RhB-Netz: Von hier fahren Züge in Richtung Thusis, Davos und Samedan. Am 2. September 2015 halten Ge 4/4 II 622 (mit einem defekten Frontlicht) und Ge 4/4 II 613 mit einem Güterzug mit Personenbeförderung im Bahnhof; der Zug hat den Laufweg Chur – Samedan Heiko Güttel
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Es lebe die Tradition Seit mehr als 125 Jahren ist die Rhätische Bahn ein Teil von Graubünden. Die regionale – und geschichtliche – Verbundenheit sieht man allenthalben. Mit ihrem Nostalgieverkehr ist die RhB zudem ein Touristenmagnet
Das Wappen von Graubünden mit farbigen Flächen oben und Steinbock unten ziert die Front vieler RhB-Triebfahrzeuge – bis hin zu den modernen Allegra-Triebzügen. Hier prangt es auf einem Triebwagen älterer Bauart (Bild in Davos Platz, Oktober 1987) Harald Schönfeld
Extrazüge mit Salonwagen und dem Rhätischen Krokodil erfreuen sich bei Urlaubern wie Eisenbahnfreunden großer Beliebtheit. Im Oktober 1988 steht Lok Ge 6/6 I 414 mit einem solchen Zug in Disentis abfahrbereit; es geht Richtung Reichenau-Tamins – Chur Ulrich Neumann/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Im August 2012 bespannt Dampflok G 4/5 107 einen Extrazug Chur – Davos. Planmäßig wird auf Abschnitten mit vielen Tunnels oder starken Steigungen der Löschzug vorgespannt; in diesem Fall sind das Ellok Ge 6/6 II 703 und ihr Kesselwagen (Bild bei Davos Wolfgang) Florian Martinoff
Zum Jubiläum eine Torte: Mit der Süßspeise einer Konditorei aus Chur feiert die RhB am 20. August 1989 das 75-jährige Bestehen der Strecke Chur – Arosa. Alle Besucher in Arosa sind zu einem Gratis-Tortenstück eingeladen Andreas Mampel
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Von Chur nach Arosa geht es erst durch die Stadt, dann ins Gebirge. Im Mai 2014 kreuzen zwei moderne Allegra-Triebzüge im Bahnhof Litzirüti bei dessen klassischem Empfangsgebäude Florian Dürr BAHN EXTRA 3/2017
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Geschichte
| ZEITTAFEL
RhB-Fahrzeuggeschichte vor den Werkstätten in Landquart. Von links stehen dort Ellok Ge 2/4 205 (Baujahr 1913), Steuerwagen ABDt 1714 eines Vorort-Pendelzugs (Baujahr 1971) und Ellok Ge 4/4 II 618 (Baujahr 1973) Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Von der LD zur RhB Es begann im Februar 1887 mit der Gründung der ersten Bahngesellschaft; heute ist die Rhätische Bahn quer durch Graubünden und ein wenig auch in Italien aktiv. Ein Blick auf die Entwicklung in den wichtigsten Schritten 7. Februar 1887 Gründung der Bahngesellschaft „Schmalspurbahn Landquart–Davos“ (LD) in Basel 29. September 1889 Eröffnung der Strecke Landquart – Klosters 9. Oktober 1889 Betriebsaufnahme Landquart – Klosters November 1889 Das Bündner Volk stimmt für die Albula-Strecke 21. Juli 1890 Eröffnung/Betriebsaufnahme Klosters – Davos Platz 1. Juli 1896 Betriebsaufnahme Chur – Thusis 29. August 1896 Betriebsaufnahme Landquart – Chur 1. Juni 1903 Betriebsaufnahme auf der „Prioritätsstrecke Reichenau-Tamins – Ilanz 1. Juli 1903 Betriebsaufnahme auf der „Prioritätsstrecke“ Thusis – Celerina 10. Juli 1904 Betriebsaufnahme Celerina – St. Moritz 1. Juli 1908 Betriebsaufnahme auf der „Komplementärlinie“ Samedan – Pontresina 1. Juli 1909 Betriebsaufnahme auf der „Komplementärlinie“ Davos Platz – Filisur 1. August 1912 Betriebsaufnahme auf der „Komplementärlinie“ Ilanz – Disentis/Mustér 28./29. Juni 1913 Betriebsaufnahme auf der elektrifizierten „Komplementärlinie“ Bever – Scuol-Tarasp; Beginn des elektrischen Betriebs Samedan – Pontresina, Samedan – St. Moritz 20. April 1919 elektrischer Betrieb Bever – Filisur 15. Oktober 1919 elektrischer Betrieb Filisur – Thusis; elektrischer Betrieb Filisur – Davos Platz 1. Dezember 1920 elektrischer Betrieb Klosters – Davos Dorf
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1. August 1921 elektrischer Betrieb Landquart – Chur – Thusis 7. November 1921 elektrischer Betrieb Landquart – Klosters 1. Juni 1926 elektrischer Betrieb Reichenau-Tamins – Disentis 1928 – 1931 Umbau des Kopfbahnhofs Klosters zu einem Durchgangsbahnhof 1932 Die Dienststation Muot erhält als erste RhB-Station elektrische Lichtsignale. 1. Januar 1942 Fusion der RhB mit der Chur–Arosa-Bahn (ChA) und mit der Bellinzona–Mesocco-Bahn (BM) 1944 Fusion der RhB mit der Bernina Bahn (BB), rückwirkend auf den 1. Januar 1943 ab 1952 Einführung des Streckenblocks 1955 Cavadürli wird zur ersten vollautomatischen Kreuzungsstation der Schweiz ausgebaut. 28. Mai 1972 Ende des Personenverkehrs Bellinzona – Mesocco; Güterverkehr nur noch im Abschnitt Arbedo-Castione – Mesocco 7./8. August 1978 schweres Unwetter im Misox 1980 Abbruch der Strecke Cama – Mesocco 29. November 1997 Umstellung Chur – Arosa auf Wechselstrom 19. November 1999 Eröffnung der Vereinalinie mit dem Vereinatunnel; Betriebsaufnahme am 22. November 1999 Juni 2003 Gründung von „historic RhB“ 31.12.2003 Einstellung des Güterverkehrs Arbedo-Castione – Cama 7. Juli 2008 Die Strecken Thusis – St. Moritz (Albulabahn) und St. Moritz – Tirano (Berninastrecke) werden UNESCO-Welterbe 2010 Betriebsstart der Zweisystem Triebzüge ABe 8/12 „Allegra“
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Nach den „Allegra“-Triebzügen beschafft die RhB aktuell noch moderne „Alvra“-Gliederzüge; beide zusammen sollen in den nächsten Jahren viele der traditionellen Lok-Wagen-Züge ersetzen. Im Bild ein Allegra mit Alvra und Blockzug des „Glacier Express“ bei Celerina, Januar 2017 Dr. H.-B. Schönborn
Die bis 1902 als „G 3“ bezeichneten Dampflokomotiven 1 „Rhätia“ und 4 „Flüela“ stehen mit unterschiedlich großen Schneeräumern und Personal vor dem Werkstatt-Gebäude der LD in Davos; erst 1896 wurde die Werkstätte in Landquart in Betrieb genommen Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Im Dezember 1988 fahren die Züge Chur – Arosa noch mit Gleichstrom (Bild mit Triebwagen ABDe 4/4 in Chur); 1997 stellt die RhB den Betrieb auf Wechselstrom um Slg. B. Üsi
Im Überblick
Das Unternehmen RhB Die Rhätische Bahn ist eine privatrechtlich organisierte Aktiengesellschaft; 51,3 Prozent der Anteile hält aktuell der Kanton Graubünden, 43,1 Prozent befinden sich in Händen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 1,0 Prozent liegen bei den Bündner Gemeinden, die restlichen 4,6 Prozent bei Privaten bzw. Unternehmungen. Die RhB in Zahlen (Stand 2016) Mitarbeitende Länge Netz Stromsysteme
Auf nostalgischen Pfaden: Der Alpine Classic Pullman Express mit Rhätischem Krokodil als Zuglok und Piano-Barwagen (ex Speisewagen WR-S 3820) auf einer Sonderfahrt Anfang der 1990er-Jahre Friedhelm Ernst
Dezember 2011 Inbetriebnahme der „Tieferlegung“ Sper l’En in Samedan mit fester Fahrbahn und Deckenstromschiene 8. Januar 2013 Betriebsstart der „Stammnetz-Allegra“ ABe 4/16 14. Dezember 2013 Ablauf der Personenbeförderungskonzession Arbedo-Castione – Cama; Ende des dortigen Museumsbetriebs 31. August 2015 offizieller Baubeginn am „Neuen Albulatunnel II“ 31. Juni 2016 Bestellung von 36 „Flügelzügen“ ABe 4/16 3111–3146; Finanzierung (erstmals bei der RhB) mit zwei Obligationsanleihen Dezember 2016 Aufnahme des kommerziellen Betriebs der „Alvra-Gliederzüge“ ABi 5701–06 auf der Strecke Chur – St. Moritz HBS BAHN EXTRA 3/2017
Anzahl Brücken Anzahl Tunnel Anzahl Stationen Strom aus Wasserkraft
1.500 384 km 59 km Gleichstrom 1.000 V (Berninastrecke), 325 km Wechselstrom 11 kV/16,7 Hz 612 115 103 100 Prozent
Längster Tunnel Gesamtlänge der Tunnel Anteil an der Streckenlänge
19.042 m (Vereina-Tunnel) 58.690 m 15 Prozent
Längste Brücke Höchste Brücke Gesamtweite Brücken Anteil an der Streckenlänge
285 m (Langwieserviadukt) 89 m (Wiesnerviadukt) 15.866 m 4 Prozent
Größte Steigung
70 Promille (Berninastrecke)
Lokomotiven/Triebfahrzeuge „Allegra“-Triebzüge Zweisystem „Allegra“-Triebzüge Stammnetz „Alvra“-Gliederzüge (Wagen) Panoramawagen Personen- und Steuerwagen Aussichts- und Velowagen Speisewagen/Charterwagen Gepäckwagen Historische Fahrzeuge Güterwagen Autotransportwagen Dienstfahrzeuge Rangierfahrzeuge
57 15 5 6 47 237 18 12 28 30 370 61 210 28
Transportzahlen (Stand 2015) Reisende im Personenverkehr
9.637.000, davon 75 % Freizeitreisende, 25 % Pendler transportierte Güter 553.000 Tonnen transportierte Autos (Vereinatun.) 467.000
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE RHÄTISCHE BAHN
Landquart – Chur – Thusis
Die Zehn von heute Elf Schmalspurstrecken erschlossen den Kanton Graubünden, nur eine wurde stillgelegt. Bahn Extra stellt die aktuellenVerbindungen der Rhätischen Bahn im Kurzporträt vor – von der „kurzen“ Strecke Samedan – Pontresina bis zur „langen“ Albulabahn
Mit dem zweiten Projekt brachte Holsboer „seine“ Bahn, die sich ab 12. Februar 1895 „Rhätische Bahn“ nannte, in den Kantonshauptort Chur und weiter nach Thusis, weil er dem Komitee für eine „Bündner Centralbahn“ die Konzession für eine Normalspurstrecke Chur – Thusis abgekauft hatte. Die Strecke durch das Rheintal und das für seine Burgen bekannte Domleschg ist eine typische „Verbindungslinie“; dort fahren RegioExpresszüge, S-Bahnen, der „Glacier Express“, der „Bernina Express“ und Güterzüge. Dank eines Dreischienengleises kann sie bis Domat/Ems auch von normalspurigen Güterzügen benutzt werden.
Kursbuch-Streckennummer 941 Eröffnung
Landquart – Klosters – Davos Platz Die erste Meterspurstrecke verdankt der Kanton Graubünden der Zielstrebigkeit des niederländischen Hochseekapitäns, Bankiers und Gründers der „Landquart–DavosBahn“, Willem Jan Holsboer, dessen Frau in Davos an einer Lungenerkrankung starb. Die Strecke beginnt beim Normalspurbahnhof in Landquart; sie führt durchs Prättigau nach Klosters (wo in den ersten 30 Betriebsjahren ein Kopfbahnhof stand) und weiter durch den geologisch schwierigen Cavadürli-Kehrtunnel zum Scheitelpunkt in Davos Wolfgang.Von dort aus geht es leicht talwärts zum Endbahnhof Davos Platz.
Bei Jenaz fährt Ellok Ge 4/4 II 617 mit einem RegioExpress durch das sommerliche Prättigau. Die Maschine zählt zu den Werbeloks der RhB Florian Martinoff
Kursbuch-Streckennummer 910 Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
Bemerkenswertes
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29. September 1889 (Landquart – Klosters) 21. Juli 1890 (Klosters – Davos Platz) 32,6 + 17,3 km 1. Dezember 1920 (Klosters – Davos) 7. November 1921 (Landquart – Klosters) 11 kV/16,7 Hz Davos Wolfgang (1.625 m ü. M.) Landquart (523 m ü. M.) RE 10xx (in den Randzeiten R) Landquart – Davos Platz; RE 12xx Disentis – Landquart – Klosters Platz – Vereina – Scuol-Tarasp; RE 13xx Landquart – Klosters Platz – Vereina – Zernez – St. Moritz; RE 10xx Klosters Platz – Davos Platz, Anschluss an RE 13xx; Sportzüge (RE 10xx) Klosters Platz – Davos Platz, nur im Winter Klustunnel (1.019 m lang; Talenge zwischen Rheintal und Prättigau); Steilstrecken Küblis – Klosters Dorf und Klosters Platz – Davos Wolfgang (bis zu 45 Promille)
Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
Bemerkenswertes
1. Juli 1896 (Chur – Thusis) 29. August 1896 (Landquart – Chur) 41,1 km 1. August 1921 11 kV/16,7 Hz Thusis (697 m ü. M.) Landquart (523 m ü. M.) S1 Schiers – Landquart – Chur – Rhäzüns; S2 Chur – Thusis; RE 17xx Disentis – Reichenau-Tamins – Landquart – Scuol-Tarasp; RE 11xx Chur – Thusis – St. Moritz Hinterrheinbrücke (151 m lang) bei Reichenau-Tamins, Rheindamm (rund 3 km lang) zwischen Rothenbrunnen und Rodels-Realta; teilweise Dreischienengleis
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Bei Cazis, zwischen Reichenau-Tamins und Thusis, zieht im August 2015 Ge 4/4 III 641 mit einem ansehnlichen RegioExpress St. Moritz – Chur ihre Bahn Heiko Güttel
Thusis – St. Moritz (Albulastrecke) Auf die Initiative von Holsboer hin schuf der Kanton Graubünden ein meterspuriges Streckennetz mit zwei Prioritäts- und mehreren Komplementärstrecken (Ergänzungsstrecken). Eine der Prioritätslinien ist die Albulastrecke, die seit Juli 2008 zum Welterbe der UNESCO zählt und an landschaftlicher Schönheit wie kühner Ingenieurskunst kaum zu übertreffen ist. Der LandwasserViadukt, die „Albula-Achterbahn“ zwischen Bergün und Preda sowie die wegen der Lawinengefahr auf einem Damm mitten im Tal verlegte Strecke im Val Bever sind einige Höhepunkte dieser 1903/1904 eröffneten Verbindung. Auch den entstehenden Neubau des heutigen Albulatunnel II sollte man nicht unerwähnt lassen.
Kursbuch-Streckennummer 940 Eröffnung Länge Elektrifizierung
Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
Bemerkenswertes
1. Juli 1903 (Thusis – Celerina) 10. Juli 1904 (Celerina – St. Moritz) 61,8 km 27./28. Juni 1913 (St. Moritz – Bever) 20. April 1919 (Bever – Filisur) 15. Oktober 1919 (Filisur – Thusis) 11 kV/16,7 Hz Spinas (1.814 m ü. M.) Thusis (697 m ü. M.) RE 11xx (in Randzeiten R) Chur – St. Moritz; „Glacier Express“ (ein Zugpaar von Dezember bis Oktober, bis zu drei GEX-Zugpaare im Sommer); „Bernina Express“ (ein Zugpaar ganzjährig) Landwasser-Viadukt (112 m lang; Wahrzeichen der RhB), Neubau des Albulatunnel II Preda – Spinas
Ellok Ge 4/4 III 650 fährt nicht nur auf der Albulastrecke, sie wirbt auch für das UNESCO-Welterbe. Im August 2011 kommt die Maschine mit einem RegioExpress bei Sils hochgefahren. Rechts oberhalb der Lok erkennt man den im Tal liegenden Bahnhof Thusis, in dem Ge 4/4 III 644 steht F. Martinoff
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Strecken und Betrieb
| STRECKENGALERIE RHÄTISCHE BAHN
Reichenau-Tamins (Farsch) – Ilanz – Disentis/Mustér Die zweite Prioritätslinie zweigt in der „Farsch“ zwischen Hinter- und Vorderrheinbrücke von der Strecke Chur – Thusis ab und verläuft zunächst entlang dem Vorderrhein durch die landschaftlich einzigartige Ruinaulta, einen riesigen Felssturz. Ab Ilanz wurde die Strecke als Kom-
plementärlinie gebaut. Nach Trun wird sie zu einer Gebirgsstrecke, die in Disentis/Mustér, das durch sein sehenswertes Kloster bekannt ist, endet. Dort besteht Anschluss zur Matterhorn Gotthard Bahn, dort werden beim „Glacier Express“ die Lokomotiven gewechselt.
Kursbuch-Streckennummer 920 Bis zu 400 Meter tief reichen die Einschnitte der Ruinaulta (Rheinschlucht), welche die RhB-Züge zwischen Ilanz und Reichenau durchqueren. Im Juli 2012 ist Ge 4/4 II 618 mit einem RegioExpress bei Versam-Safien unterwegs Heiko Güttel
Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
Bemerkenswertes
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1. Juni 1903 (Farsch – Ilanz) 1. August 1912 (Ilanz – Disentis/Mustér) 18,8 + 29,9 km 1. Juni 1922 11 kV/16,7 Hz Disentis/Mustér (1.129 m ü. M.) Reichenau-Tamins (604 m ü. M.) RE (in Randzeiten R) 17xx; „Glacier Express“ (ein Zugpaar von Dezember bis Oktober, bis zu drei Zugpaare im Sommer); Verstärkungszüge Chur – Ilanz – Chur Streckenführung durch die Ruinaulta
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Bever – Scuol-Tarasp Die von Anfang an elektrifizierte „Engadiner Linie“ (St. Moritz – bzw. Pontresina – Samedan –) Bever – Zernez – Scuol-Tarasp weist ein konstantes Gefälle auf. Die Strecke unterscheidet sich nicht nur durch die Engadiner Bauart der Stationsgebäude und Trafohäuschen von den übrigen RhB-Strecken, sondern sie wurde auch großzügig im Stile einer Vollbahn angelegt, da geplant war, sie bis Landeck an der österreichischen Arlbergbahn weiterzuführen. Dieser Idee setzte der Erste Weltkrieg ein jähes Ende, doch der „Tirolerstumpen“ erinnert auch noch im modernisierten Bahnhof Scuol-Tarasp an das Vorhaben.
Kursbuch-Streckennummer 960 Bahnhofsgebäude im Engadiner Stil sind das Markenzeichen der Strecke Bever – Scuol-Tarasp. Im Oktober 2016 besucht ein Dampfsonderzug mit „Heidi“-Lok G 3/4 11 die Station La Punt Chamues-CH Heiko Güttel
Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
27./28. Juni 1913 49,5 km von Beginn an 11 kV 16,7 Hz Bever (1.710 m ü. M.) Scuol-Tarasp (1.287 m ü. M.) R 19xx Scuol-Tarasp – Pontresina; RE 13xx Landquart – Susch – Pontresina – St. Moritz
Samedan – Pontresina Die Strecke, die durch die mit Geschiebe gefüllte Ebene der „Champagna“ führt, war ursprünglich Bestandteil einer elektrischen Überlandstraßenbahn Samedan – Tirano, die nur im Sommer für Touristen verkehren sollte. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wurde sie am 21. Dezember 1904 der einheitlichen Konzession der RhB für das Stammnetz angefügt. Heute wird sie von
den „Engadiner Pendeln“ Pontresina – Scuol-Tarasp, vom „Bernina Express“ und von Güterzügen befahren. In der Bedarfshaltestelle Punt Muragl besteht Anschluss zu der Standseilbahn, die auf den Muottas Muragl führt, den Aussichtsberg des Oberengadins.
Kursbuch-Streckennummer 960 Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot Bemerkenswertes
1. Juli 1908 5,3 km 27./28. Juni 1913 11 kV/16,7 Hz Pontresina (1.774 m ü. M.) Samedan (1.705 m ü. M.) R 19xx Scuol-Tarasp – Pontresina; „Bernina Express“ repräsentatives Bahnhofsgebäude in Pontresina
Bei Punt Muragl rollt im Oktober 2016 ein RegioExpress durch die urwüchsigherbstliche Landschaft des Oberengadins. Als Zuglok fungiert Ge 4/4 II 621 Heiko Güttel
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Strecken und Betrieb
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Davos Platz – Filisur Als „Trostpflästerchen“ dafür, dass die von Holsboer vorgeschlagene Strecke von Davos über den ScalettaPass ins Engadin nicht gebaut wurde, schrieb man die Strecke Davos Platz – Filisur als Komplementärlinie fest. Allerdings begann der Bau erst nach einem „Zuschuss“ der Gemeinde Davos. Die Strecke hat eine konstante Neigung von 35 Promille und führt zu-
nächst am Flüsschen Landwasser entlang durch das Hochtal. Ab Schmelzboden wird sie zu einer sehenswerten Gebirgsbahn mit zahlreichen Tunneln und Viadukten, von denen sicherlich der Wiesener Viadukt das markanteste Bauwerk ist. Er ist übrigens auch der „größere“, aber nicht so bekannte Bruder des nicht weit entfernten Landwasser-Viadukts.
Im Juli 2011 rollt Ellok Ge 4/4 I 603 noch mit einem „Glacier Express“ aus Davos über den Viadukt von Wiesen; er ist das wohl berühmteste Bauwerk der Strecke Davos Platz – Filisur Florian Martinoff
Kursbuch-Streckennummer 915 Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot Bemerkenswertes
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1. Juli 1909 19,3 km 22. Dezember 1919 11 kV/16,7 Hz Davos Platz (1.540 m ü. M.) Filisur (1.080 m ü. M.) R 18xx, „Bernina Express“ (ein Zugpaar im Sommer) Wiesener Viadukt (196 m lang)
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Chur – Arosa Um den Kur- und Wintersportort Arosa mit dem Hauptort Chur zu verbinden, wurde 1911 die ursprünglich selbstständige Chur–Arosa-Bahn (ChA) mit dem Kanton als Hauptaktionär gegründet. Die konstant ansteigende Strecke führt zunächst wie eine Straßenbahn durch die Stadt Chur, um nach dem ehemaligen Depot Chur-Sand zu einer richtigen Gebirgsbahn zu werden. Es folgen enge Kurven, zahlreiche Tunnel und Viadukte, bei denen aber auch geologische Schwierigkeiten zu bewältigen sind. Das markanteste Bauwerk ist der Langwieser Viadukt, die am weitesten gespannte Eisenbetonbrücke ihrer Zeit, die im Gründjetobel-Viadukt kurz vor der Haltestelle Langwies einen „kleineren Bruder“ hat.
Kursbuch-Streckennummer 930 Auch die Strecke Chur – Arosa ist heute „Allegra-Land“. Im Mai 2014 hat einer der modernen Triebzüge die „Straßenbahnstrecke“ in Chur hinter sich gelassen und nimmt es mit dem Gebirge auf: Soeben geht die Reise über den Langwieser Viadukt Florian Dürr
Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem
Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot Bemerkenswertes
St. Moritz – Tirano (Berninastrecke) Die Gesellschaft Bernina Bahn (BB) erbaute diese touristisch ausgerichtete Strecke, die abweichend zu den RhB-Strecken mit Gleichstrom betrieben wird. Dabei blieb es auch, als die RhB 1943 die BB übernahm. Die landschaftlichen Gegensätze und die kühne Streckenführung zeichnen diese neben der Albulastrecke zweite zum Welterbe der UNESCO gehörende Strecke aus.
Kursbuch-Streckennummer 950 Eröffnung
Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot
Bemerkenswertes
11. Juli 1908 (Pontresina – Morteratsch, Poschiavo – Tirano) 18. August 1908 (Celerina Staz – Pontresina, Morteratsch – Bernina Suot) 1. Juli 1909 (St. Moritz – Celerina, Bernina Suot – Ospizio Bernina) 1. Juli 1910 (Ospizio Bernina – Alp Grüm) 5. August 1910 (Alp Grüm – Poschiavo) 60,7 km von Anfang an 750 V, ab 1935 1.000 V Gleichstrom Ospizio Bernina (2.253 m ü. M.; höchster Bahnhof der RhB) Tirano (Italien) (429 m ü. M.; tiefster Bahnhof der RhB) R 16xx, „Bernina Express“ (Zugpaar Chur – Pontresina – Tirano ganzjährig, Zugpaare Davos – Pontresina – Tirano, St. Moritz – Tirano jeweils im Sommer) Kreisviadukt von Brusio (107 m lang)
12. Dezember 1914 25,7 km von Anfang an 2.000 V Gleichstrom, seit 29. November 1997: 11 kV/16,7 Hz Wechselstrom Arosa (1.738 m ü. M.) Chur Bahnhofplatz (584 m ü. M.) R 14xx stündlich in Chur als Straßenbahn, danach Gebirgsbahn; Langwieser Viadukt aus Spannbeton (287 m)
Klosters Platz – Sagliains Mehr als 85 Jahre nach der letzten Streckeneröffnung ging 1999 wieder eine Strecke in Betrieb: die Vereinalinie zwischen Klosters Platz und Sagliains. Zuvor hatte sich das Graubündner Stimmvolk für eine Eisenbahnstrecke mit Autoverlad und gegen einen wintersicheren Ausbau der Passstraße entschieden. Die Strecke besteht eigentlich nur aus zwei Tunneln und zwei Autoverladestationen. Der Vereinatunnel ist der längste Meterspurtunnel der Welt und besitzt in der Mitte eine Ausweichstelle, die von ihrer Länge her „fliegende“ Kreuzungen ermöglicht.
Kursbuch-Streckennummer 910, 1985 Autozug Eröffnung Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Zugangebot Bemerkenswertes
19.11.1999 22,1 km von Anfang an 11 kV/16,7 Hz Sagliains (1.432 m ü. M.) Klosters Platz (1.191 m ü. M.) RE 12xx, RE 13xx, Autozüge Vereinatunnel (19.042 m lang, längster Meterspurtunnel d. Welt), Zugwaldtunnel (2.172 m lang)
mehr dazu im eigenen Beitrag ab Seite 34 Tunnel und Autoverlad prägen die Neubaustrecke Klosters Platz – Sagliains; Aufnahme in Klosters-Selfranga am Nordportal des Vereinatunnels Dr. Hans-Bernhard Schönborn
Zusammenstellung: Dr. Hans-Bernhard Schönborn BAHN EXTRA 3/2017
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Strecken und Betrieb
| STRECKENKARTE RHÄTISCHE BAHN
Fast 400 Kilometer durch Graubünden Mit zehn Meterspurstrecken erschließt die Rhätische Bahn den Kanton im Südosten der Schweiz. Die Karte von 2010 zeigt das heutige Netz. Die Strecken Thusis – St. Moritz, St. Moritz – Tirano und Samedan – Pontresina wurden blau unterlegt; das sind die Strecken, die zum UNESCO-Welterbe zählen. Auf dem „Stammnetz“ und der Verbindung Chur – Arosa fährt die RhB unter Wechselstrom von 11 kV/16,7 Hz, auf der Strecke St. Moritz – Tirano unter Gleichstrom 1.000 V. Allerdings können nur die „Allegra“-Triebzüge ABe 8/12 3501–3515 unter beiden Systemen zum Einsatz kommen
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Karte: RhB
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Geschichte
| DIE FRÜHZEIT DER RHÄTISCHEN BAHN
Früh wagte sich die Rh.B. auch an gebirgige Strecken. Anfang des 20. Jahrhunderts ist der Wiesener Viadukt auf der Strecke Davos Platz – Filisur im Bau; der Mittelbogen, der mithilfe des Lehrgerüstes entsteht, hat eine Spannweite von 55 Metern! Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Die Streckenführung der Rh.B. machte Thusis um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu einem bedeutenden Zwischenhalt. Dafür spricht auch das Postkartenmotiv mit dem Dampfzug vor dem Stadtbild Slg. Reto Glat
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Gleise in die Alpen Am Anfang stand ein Niederländer: Willem Jan Holsboer setzte sich für Schmalspurbahnen in Graubünden ein – in den Tälern wie in den Bergen. „Seine“ Landquart-Davos-Bahn läutete die Geschichte der Rh.B. ein ls die Vereinigten Schweizerbahnen (VSB) am 1. Juli 1858 die Normalspurstrecke Rheineck – Sargans – Chur eröffneten, hatte der dreisprachige Kanton Graubünden, mit 7.105 Quadratkilometern der größte Kanton der Schweiz, Anschluss an das entstehende Schweizer Eisenbahnnetz gefunden. Doch die Strecke nach Chur war „nur“ als ein Zubringer zu einer alpenquerenden Linie gedacht, so dass die Bahnhofsanlage in Chur zunächst einen eher provisorischen Charakter hatte.
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Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Erste Bahn-Konzepte Richard La Nicca (1794–1883), der erste Kantonsingenieur in Graubünden, hatte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Vorschläge für eine Alpenüberquerung ausgearbeitet. Er sah drei Varianten vor: die grenzüberschreitende „Ostalpenbahn“ von Chur über den Splügenpass ins italienische Chiavenna (I), die aus militärischen und politischen Gründen zurückgestellt wurde; dann die „Lukmanierbahn“ von Chur – über Disentis und den Lukmanierpass nach Biasca – dieseVariante wurde favorisiert – und als drittes ein „Y“, gebildet aus einer Strecke Uri – Gotthard – Tessin mit einer Zweigstrecke nach Disentis. Als aber 1882 die von den Nachbarländern Deutschland und Italien befürwortete Gotthardstrecke eröffnet wurde, stellte dies für Graubünden eine wirtschaftliche Katastrophe dar. Damit gab es eine schnelle Transportverbindung über die Alpen; mit einem Schlag mussten zahlreiche Säumer, die bisher Waren über die Bündner Pässe
transportiert hatten, nach einer neuen Arbeit suchen oder auswandern. In Graubünden beschäftigte man sich nun mit „Talbahnprojekten“, das heißt, Bahnbauten in der Ebene bzw. tieferen Regionen. Schon 1875 hatte der Tiefbauingenieur und
Politiker Simeon Bavier (1825–1896) eine Normalspurstrecke Landquart – Prättigau – Davos vorgeschlagen, und der Rechtsanwalt Sebastian Hunger machte sich für normalspurige Strecken Chur – Thusis und Chur – Ilanz stark. Doch die Politiker von Kanton und Gemeinden konnten sich nicht einigen.
Die erste Schmalspurbahn
Pionier der Rh.B.
Willem Jan Holsboer Willem Jan Holsboer (1834–1898), ehemaliger Kapitän zur See und aktiver Bankier, war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Davos gekommen, um seine lungenkranke Frau zu pflegen. Der Niederländer blieb auch nach ihrem Tod dort und gründete eines der ersten Sanatorien in Davos. Er wollte den aufstrebenden Kurort verkehrstechnisch erschließen und setzte die Schmalspurbahn Landquart – Davos durch. Doch seine Visionen gingen weiter: Ein schmalspuriges Eisenbahnnetz für den gesamten Kanton Graubünden mit Anschlüssen in das benachbarte Ausland war sein Ziel. Die von ihm vorgeschlagenen Strecken wurden auch verwirklicht, doch erlebte er deren Inbetriebnahme nicht mehr. Holsboer starb im Alter von 64 Jahren in Bad Schinznach an den Folgen eines Hirnschlages. Nachträglich kann man ihn als den „Vater der Rh.B.“ ansehen.
Elektrischer Betrieb auf der Albulastrecke: Eine Ellok Ge 6/6 I überquert mit ihrem Personenzug auf einem Viadukt die AlbulaPassstraße unten Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
Es bedurfte der Weitsicht und Hartnäckigkeit des aus den Niederlanden stammenden Willem Jan Holsboer, um die Sache voranzubringen. Er schaffte es, alle Gemeinden im Prättigau an einen Tisch zu bringen und von der Idee einer Schmalspurbahn Landquart – Klosters – Davos zu überzeugen. Am 7. Februar 1887 wurde die Gesellschaft „Schmalspurbahn Landquart – Davos“ (LD) gegründet, am 22. April 1887 erhielt sie die Konzession für eine entsprechende meterspurige Strecke. Die Bauarbeiten begannen am 29. Juni 1888 mit dem Anstich des ersten, nur 226 Meter langen Fuchsenwinkel-Tunnels. Zwischen Küblis und Klosters Dorf führte dieTrasse mit einer Neigung von 43 Promille durch geologisch schwieriges Gelände und endete in Klosters in einem Kopfbahnhof. Die feierliche Eröffnung fand am 29. September 1889 statt, die Aufnahme des Betriebs folgte am 9. Oktober des gleichen Jahres. Bevor die Bauarbeiten auf dem Abschnitt Klosters – Davos im Frühjahr 1889 begannen, wurde die ursprüngliche Planung geändert: Man verzichtete auf eine Zahnstangenstrecke zwischen Klosters und dem Wolfgangpass am Übergang vom Prättigau zum Landwassertal, auch auf einen zweiten Kopfbahnhof im Raum Cavadürli, und baute eine Adhäsionsstrecke mit einer maximalen Neigung von 45 Promille. In Davos gab es zum ersten, aber nicht zum letzten Mal Streitigkeiten wegen der Lage des Bahnhofs, und so entschied der Bundesrat als „Schlichter“, dass zwei Bahnhöfe, Davos Dorf und Davos Platz, gebaut werden sollten. In Davos Platz wurde auch die Werkstätte der LD angelegt. Eröffnung und Inbetriebsetzung des zweiten Abschnitts fanden am 21. Juli 1890 statt.
Die nächsten Strecken 1888 stellte Holsboer das Projekt für eine Strecke Davos – Scaletta-Pass – S-chanf im Engadin vor, für die er 1890 eine Konzession BAHN EXTRA 3/2017
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Geschichte
| DIE FRÜHZEIT DER RHÄTISCHEN BAHN
Mallet-Dampflok G 2/3+2/2 30 bei einer Probefahrt mit den neuen SIG-Wagen, aufgenommen in Thusis nahe der Albula-Bahn. Die Dampftraktion war nur in den ersten drei Jahrzehnten für den Regelbetrieb von Belang Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Pionier der Rh.B.
Friedrich Hennings erhielt. 1890 erteilten ihm die Bundesbehörden eine Konzession für eine Engadiner Strecke Cinuos-chel – Martinsbruck an der Grenze zu Österreich, und ebenfalls 1890 kaufte er von der Firma Zschokke die Konzession für die Strecke St. Moritz – Malojapass – Castasegna an der Grenze zu Italien. Die kantonalen Behörden wollten jedoch verhindern, dass nach dem Bau der Gotthardbahn erneut eine internationale Strecke am Kantonshauptort Chur vorbei gebaut würde, und unterstützten den Bau einer Linie durch das Albulatal ins Engadin mit einer Subvention von 1,2 Millionen Franken. DasVolk stimmte dem Projekt im November 1889 zu. Holsboer ließ seinen Plan einer Scaletta-Bahn fallen, verfolgte aber die Idee eines einheitlichen Meterspurnetzes für
Holsboer dachte an ein Meterspurnetz für den Kanton Graubünden Graubünden weiter, indem er 1890 mit befreundeten Basler Bankiers die „Schweizerische Eisenbahnbank“ gründete, die einem in finanzielle Schwierigkeiten geratenen „Thusner Komitee“ die Konzession für eine Normalspurstrecke Chur – Thusis abkaufte und in eine Meterspurstrecke umwandelte. Außerdem erhielt er im April 1891 die Konzession für eine Schmalspurstrecke Landquart – Chur, und erstaunlicherweise erhoben weder dieVSB noch das Eisenbahndepartement Einspruch gegen die Parallelführung neben der Normalspurstrecke.
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Die Idee, den LD-Bahnhof in Chur abseits des VSB-Bahnhofs anzulegen, um höhere Kilometerleistungen und damit Einnahmen zu erzielen, weil die Fahrgäste von und nach Thusis bereits in Landquart hätten umsteigen müssen, wurde von den Behörden des Bundes und der Stadt Chur per Dekret vom 8. November 1895 verhindert. Auch am Streckenabschnitt Chur – Thusis nahm Kantonsingenieur Giovanni Gilli (1847–1913)Veränderungen vor. Am 1. Juli 1896 ging der Abschnitt Chur – Thusis in Betrieb, auf dem seit der Betriebsaufnahme der „EngadinExpresszug“ verkehrte; am 29. August 1896 folgte der Abschnitt Landquart – Chur. Im Hinblick auf die Streckenerweiterung gab es zwei weitreichende Ereignisse. Ab 12. Februar 1895 durfte sich die LD aufgrund eines Beschlusses der Aktionärsversammlung „Rhätische Bahn“ nennen (bis in die 1950er-Jahre abgekürzt als Rh.B., danach als RhB); der Name nahm Bezug auf die römische Provinz Raetia, zu der Graubünden in der Antike gehört hatte. Als zweites wurde die Hauptwerkstätte nach Landquart verlegt, wo sich auch der „Nullpunkt“ der Kilometrierung Richtung Davos bzw.Thusis befand.
Verhandlungen mit dem Kanton Holsboer wollte den Bau der Meterspurstrecken vorantreiben, aber auch eineVerstaatlichung der Rh.B. verhindern. Deshalb legte er im Winter 1886/97 ein Memorandum vor. Demnach sollte der Kanton Graubünden von der Eisenbahnbank 5.000 Rh.B.-Aktien im Wert von 4,25 Millionen Franken überneh-
Der aus Kiel stammende Friedrich Hennings (1838–1922) schloss seine Ausbildung 1861 mit dem Diplom als Bauingenieur am Eidgenössischen Polytechnikum (ab 1911 ETH) in Zürich ab. Er war Mitarbeiter beim Bau der Bahnstrecke Zürich – Zug – Luzern, machte 1864/65 Vorstudien zur Gotthardstrecke, war an Bahnbauten in Württemberg und Österreich beteiligt und 1879–83 Sektionsingenieur für den Bau der Gotthardbahn in Faido. Danach kam er zur Rh.B., wo er bei namhaften Streckenbauten die Leitung innehatte. So war er 1898–1905 Oberingenieur für den Bau der Albulastrecke; 1905 erstellte er das Projekt der Bahnlinie Bever – Scuol-Tarasp. Von 1903 bis 1921 hatte Hennings eine Professur für Straßenund Eisenbahnbau an der ETH inne. Seine Projekte – oftmals für sehr schwierige Gebirgsbahnen – zeichneten sich durch eine sehr genaue Auseinandersetzung mit der Topografie, Geologie und dem Klima der die Strecke umgebenden Landschaft aus. Zu seinen Meisterwerken gehört die aufwendig trassierte Albulabahn, die heute UNESCO-Welterbe ist. 1905 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich.
men und damit Hauptaktionär der Rh.B. werden. Zudem sollte der Kanton beim Bau der „Prioritätslinien“ Thusis – Samedan und Reichenau-Tamins – Ilanz 40.000 Franken pro Kilometer, beim Albulatunnel 70.000 Franken pro Kilometer zahlen. Und schließlich sollte er das Prättigau und Davos für deren Investitionen beim Streckenbau Landquart – Davos durch Eisenbahnaktien im Wert von 1,5 Millionen Franken entschädigen.
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Wahrscheinlich im Winter 1914/15 entstand dieses Bild des Triebwagens BCFe 4/4 1 mit zwei Personen- und einem Güterwagen im Bahnhof Arosa. Das Empfangsgebäude im Bündner Stil wurde in den 1960er-Jahren durch einen Neubau ersetzt Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Stolz steht das Dampflokpersonal bei „seiner“ G 4/5 123 mit großem Schneeräumer in St. Moritz. 1913 kamen letztmals Dampflokomotiven hierher; wegen Kohleknappheit wurden im folgenden Jahr die Züge ab Bever oder Samedan mit Elloks bespannt Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
In Preda haben Vorarbeiter und Ingenieure vor dem Albula-Tunnel für den Fotografen Aufstellung genommen. Mit auf dem Foto zu sehen sind die verschiedenen für den Tunnelbau verwendeten Geräte Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
Tiefencastel an der Strecke Thusis – Filisur erhielt ein Stationsgebäude mit angebautem Güterschuppen; hier aufgenommen im Jahr 1935 nach der Renovierung Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
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Im Gegenzug erklärte sich die Rh.B. bereit, die „Prioritätslinien“ so schnell als möglich fertig zu stellen und den Bau der „Komplementärlinien“ Ilanz – Disentis und Samedan – Schuls (Scuol) zu prüfen. Am 12. April 1897 stimmte der Große Rat des Kantons dem Vorschlag zu, am 23. Juni 1897 votierte auch dasVolk dafür. Am 8. Juni 1898 beschloss das Eidgenössische Parlament einen Zuschuss von acht Millionen Franken zu den Baukosten, wenn die an der Albulastrecke liegenden Gemeinden und der Kanton sieben Millionen Franken aufbrächten, die Rh.B. alle noch gültigen Konzessionen übernähme und in eine Konzession umwandeln ließe, die nach Eröffnung der Albulastrecke 40 Jahre lang nicht verkauft oder umgewandelt werden dürfe. Holsboers Initiative erwies sich als voller Erfolg – den er aber nur noch bedingt erlebte. Das Jahr 1898 war auch das Jahr, in dem er starb.
Bau der „Prioritätslinien“ Die Arbeiten am Projekt Albulabahn gingen freilich weiter. Oberingenieur Friedrich Hennings und sein Stellvertreter Giovanni Gilli legten eine Planung von Robert Moser von 1886/87 und einen Entwurf mit 35 Promille Maximalneigung zugrunde. Letzterer wurde zur Vorlage für den Bau des Albulatunnels, der im Oktober 1898 begann. Obwohl es dabei geologische Probleme gab und die italienische Tunnelbaufirma in Konkurs ging, wurde die 59 Kilometer lange StreckeThusis – Celerina am 1. Juli 1903 eröffnet. Wegen Streitigkeiten um den Standort des Bahnhofs, die der Bundesrat klären musste, wurde St. Moritz erst am 10. Juli 1904 erreicht. Auch bei der zweiten Prioritätsstrecke, der 19,3 Kilometer langen Linie ReichenauTamins – Ilanz, entwickelte Chefingenieur Robert Moser (1838–1918) aus mehreren Entwürfen eineTrasse. Entlang desVorderrheins errichtete man dafür Aufschüttungen und Dämme, manchmal auch „Abkürzungen“ mit Tunnels oder Stahlbrücken. Erhebliche Mühen bereiteten das unwegsame Gelände durch die Ruinaulta und Rheinhochwasser. Die Strecke wurde am 1. Juni 1903 eröffnet.
Bau der „Komplementärlinien“ Ergänzend zu den Prioritätslinien – sozusagen den Hauptverbindungen – ging die Rh.B. die als Verbindungsstrecken oder Verlängerungen gedachten Komplementärlinien an. Eine solche war die 5,3 Kilometer lange, eher unspektakuläre Strecke Samedan – Pontresina, die ursprünglich zu einer touristischen,
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Geschichte
| DIE FRÜHZEIT DER RHÄTISCHEN BAHN
Nachdem im Ersten Weltkrieg die Kohlelieferungen an die Rhätische Bahn knapp geworden waren, beschloss die Bahngesellschaft die rasche Elektrifizierung ihrer Strecken. Im Bild steht Ellok Ge 2/4 202 mit dem Elektrifizierungsprobezug in Disentis: hinter der Lok ein zweiachsiger Niederbordwagen mit Sitzbänken, von denen aus die Ingenieure die Aufhängung der Fahrleitung beobachten können, sowie ein Rh.B.-Personenwagen Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
elektrifizierten Bahn Samedan – Berninapass – Campocologno gehörte. Die Rh.B. nahm sie am 1. Juli 1908 in Betrieb. Die Komplementärlinie Davos Platz – Filisur, ein „Trost“ für die nicht gebaute ScalettaBahn, folgte am 1. Juli 1909. Mit vielen Kunstbauten, darunter dem Wiesener Viadukt, wurde sie durch die Zügenschlucht geführt. Die Verlängerung Ilanz – Disentis, ebenfalls eine „Komplementärlinie“, entwickelte sich auf dem letztenTeilstückTrun – Disentis auch zu einer sehenswerten Gebirgsbahn. Die feierliche Eröffnung fand am 1. August 1912 statt. Der Bahnhof in Disentis/Mustér
Der Kanton gab grünes Licht für Prioritäts- wie Komplementärlinien war bereits für die Einführung der Strecke Brig – Andermatt – Disentis vorbereitet, die am 3. Juli 1926 offiziell eröffnet und von der Furka-Oberalp-Bahn betrieben wurde. Im Gegensatz zu den übrigen Komplementärlinien handelte es sich bei der Engadiner Linie Bever – Scuol-Tarasp nicht um eineVerbindungsstrecke oderVerlängerung. Sie wurde für den internationalen Verkehr geplant und deshalb mit großzügigen Kurvenradien, geringeren Neigungen, 17 Tunneln und 55 größeren Brücken angelegt. Sie war von Anfang an mit 11 kV/16 2/3 Hz Wechselstrom elektrifiziert. Die Elektrifizierung wurde auch auf die Teilstrecken Samedan – Pontresina und Samedan – St. Moritz ausge-
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dehnt. Die feierliche Eröffnung fand am 28./29. Juni 1913 statt. Die übrigen noch geplanten Strecken konnten aufgrund des Ersten Weltkrieges und der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage nicht mehr gebaut werden. Andererseits führten die Verknappung und Verteuerung von Importkohle dazu, dass auf Empfehlung des EidgenössischenVolkswirtschaftsdepartments zwischen 1918 und 1922 das gesamte „Stammnetz“ der Rh.B. abschnittsweise elektrifiziert wurde. Als erste größere Baureihe von elektrischen Gebirgslokomotiven wurden von 1921 bis 1929 die „Krokodile“ Ge 6/6 401–415 beschafft (siehe S. 62-65). Es folgten 1939/40 die Leichtschnell-Triebwagen BCe 4/4 501–04 und 1947 bzw. 1953 die ersten laufachslosen Drehgestell-Elloks Ge 4/4 I 601–10 (siehe S. 66-69).
Die Zeit nach 1920 Ein Dauerthema bei der Rh.B. wurden Verbesserungen bzw. Um- und Ausbauten bei der Infrastruktur, um die steigenden Fahrgastzahlen und Gütermengen aufzufangen, aber auch, um den geologischen und klimatischen Bedingungen gerecht zu werden. Dazu erwies sich der ab 1925 in Graubünden erlaubte Autoverkehr als ernstzunehmender Konkurrent. Ein typisches Beispiel ist der Umbau des Kopfbahnhofs von Klosters in einen Durchgangsbahnhof, um den Verkehr zu beschleunigen und zu vereinfachen. Mit dem Zweiten Weltkrieg tobten abermals Kämpfe rund um die neutrale Schweiz,
Mit der Berninastrecke übernahm die Rh.B. 1943 eine große Verbindung im Gleichstrombetrieb und deren spezielle Fahrzeuge. Das „Bernina-Krokodil“ Ge 4/4 82 (bei der Rh.B.: 182) trägt schon den neuen Schriftzug, als es einen Güterextrazug zwischen Alp Grüm und Ospizio Bernina zieht Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
und wieder wirkten sie sich auf das Alpenland aus. Auf Druck der Eidgenossenschaft mussten die drei selbstständigen Graubündner Bahnen BB, ChA und BM aufgrund ihrer finanziellen Schwierigkeiten 1942/43 mit der Rh.B. fusionieren. Deren Streckennetz vergrößerte sich von 287 auf 394 Kilometer und besaß nun vier verschiedene Stromsysteme. Während das „Stammnetz“ der Rh.B. eher wie eine Vollbahn mit einer aus topographischen Gründen reduzierten Spurweite angelegt war, hatten die „Gleichstrombahnen“ teilweise den Charakter von Überlandstraßenbahnen. Das zeigte sich zum Beispiel im Einsatz von Motorwagen, deren Zahl bei der Rh.B. durch die Übernahme von vier auf 34 anstieg. Die Gleichstrombahnen waren mit ihrem Personal sowie allen Aktiva und Passiva zur Rhätischen Bahn gekommen.Vor allem die Schulden, aber auch der schlechte Zustand von Infrastruktur und Fahrzeugen bereiteten Sorge. Und so wurden die Jahrzehnte nach 1945 für die RhB ein wirtschaftliches Auf und Ab. Erst in den späten 1960erJahren sollte die Gesellschaft dies überwunden haben. Dr. Hans-Bernhard Schönborn
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Strecken und Betrieb
| MISOXER BAHN
Die einzige Verschwundene Schon immer spielte die Misoxer Bahn eine Sonderrolle: Sie wurde von einer separaten Gesellschaft gebaut und blieb nach dem Übergang zur Rhätischen Bahn von deren Netz getrennt. Ab den 1960er-Jahren ging es für sie bergab as „Moesano“, Misox auf Deutsch, ist ein Seitental im italienischsprachigen Tessin und durch den Alpenkamm von Graubünden getrennt. Man erreicht es nur über den San Bernardino-Pass, früher auch „Mons Avium“, „Vogelberg“, genannt. Diese Route hatte wegen ihrer günstigen Lage schon seit Jahrhunderten eine große Bedeutung für den internationalen Nord–Süd-Verkehr, bis sie durch die Eröffnung der Gotthardbahn 1882 in der Bedeutungslosigkeit versank.
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station der Schmalspurbahn, die über weite Teile auf einer eigenen Trasse verkehrte, auf die rund 500 Meter vom Bahnhof entfernte Piazza Mesolcina. Die Fahrgäste sollten zu Fuß oder mit der Kutsche zum Normalspurbahnhof gelangen – ein schwerer Fehler, wie Die Karte zeigt die Strecke Bellinzona – Mesocco (durchgehender Strich) samt der geplanten, aber nicht realisierten Fortführung nach Thusis (gestrichelte Linie) Slg. Dr. Schönborn
Eine Strecke nach Mesocco Ende des 19. Jahrhunderts wurde intensiv eine Bahnstrecke diskutiert, welche von Bellinzona aus das Misox und dort insbesondere das Haupttal, die Mesolcina, erschließt. Im Dezember 1901 unterbreitete die Firma Rieter & Cie. aus Winterthur eine Offerte für die Stromversorgung und die elektrischen Anlagen einer meterspurigen Bahn, die auf Wunsch der Verantwortlichen zu einer Generalofferte ausgebaut wurde. Am 27. Juli 1903 fand die Gründung der „Società Ferrovia Elettrica Bellinzona–Mesocco“ (BM) statt. Alle Vorprojekte sahen einen direkten Übergang von der BM zu den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im Bereich des Bahnhofs Bellinzona vor. Doch wegen der beengtenVerhältnisse verlegte man die End-
Blick auf die Endstation Mesocco mit Triebwagen ABFe 4/4 454. Nur der PTT-Bus (Postbus) links stellt die Verbindung nach Thusis her; einen Schienenanschluss gibt es nicht Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn (2)
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sich später herausstellte, weil alle Versuche einer direkten Verknüpfung misslangen. Bei Molinazzo überquerte die BM die Gleise der Gotthardbahn, dann folgte der Bahnhof Castione-Arbedo als das betriebliche Zentrum der BM; dort gab es auch eine direkte Umsteigemöglichkeit und einen Güterumschlag. Anschließend bog die Strecke insTal ein, wo die Grenze zwischen den Kantonen Tessin und Graubünden lag. Nach der Haltestelle Cabbiolo begann die 60-PromilleRampe mit mehreren Kunstbauten. Die Bahn wurde zu einer Gebirgsstrecke, die in Mesocco endete, wo sich auch eine zweigleisige Remise mit Werkstätte befand. Die 31,3 Kilometer lange Strecke mit 28 Brücken, drei Tunneln und mehreren Anschlussgleisen für den Güterverkehr überwand einen Höhenunterschied von 538 Metern. Eine Verlängerung in Richtung San Bernardino-Pass undThusis war geplant, wurde aber nicht realisiert – in der Zeit des Ersten Weltkriegs fehlten die Mittel, zudem hatten viele eine Normalspurstrecke Graubünden – Tessin vor Augen. Damit unterblieb eineVerbindung zum Netz der Rhätischen Bahn; die BM blieb „zeitlebens“ ein Inselbetrieb, was sich als weiteres großes Problem erwies. Die Stromversorgung der von Anfang an elektrifizierten Bahn mit 1.500V Gleichstrom leistete ein bahneigenes Kraftwerk in Ceb-
Im Mai 1972 rangiert Triebwagen BDe 4/4 491 mit Rollschemeln und „aufgebockten“ Normalspur-Güterwagen in Valmoesa; eine Metallschmelze sorgt hier für großes Frachtaufkommen
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Überblick
Daten zur Strecke Eröffnung Einstellung
Länge Elektrifizierung Stromsystem Höchster Bahnhof Tiefster Bahnhof Bemerkenswertes
6. Mai 1907 (Bellinzona – Lostallo) 27. Juli 1907 (Lostallo – Mesocco) 28. Mai 1972 (Personenverkehr) 31. Dezember 2003 (Güterverkehr) 14. Dezember 2013 (Museumsbetrieb) 31,3 km von Anfang an 1.500 V Gleichstrom 766 m ü. M. Bellinzona MB (227 m ü. M.) größtenteils abgebaut
Anno 1959 muss die Misoxer Bahn den Autoverkehr noch nicht fürchten. Triebwagen ABFe 4/4 452 ist mit einem Güterwagen bei Leggia unterwegs Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
bia. Es verkaufte auch Strom an andere Ab- von der Rh.B. übernommen wurde. Die Rhänehmer, was jahrelang zu einem positiven tische Bahn versuchte, den Betrieb auf der „Insel-Strecke“ rationeller zu gestalten, und Betriebsergebnis der BM beitrug. Während bei den Bauarbeiten noch zwei führte auch an den Triebwagen eine große Dampfloks fuhren, kamen im Planbetrieb Revision durch. So erhielten diese Gepäckelektrische Fahrzeuge zum Einsatz. Zu- abteile, der Schleppbügel wurde durch Schenächst waren dies die Personentriebwagen renstromabnehmer ersetzt. In den 1950er-Jahren baute die MonteforBCe4 1–3 und der Gütertriebwagen Ke4 501; 1909 erhielten sieVerstärkung durch die leis- no SA bei San Vittore eine große MetalltungsstärkerenTriebwagen BCe4 4–5, die mit schmelze namens „Valmoesa“, die zu einem Blick auf die geplante Streckenverlängerung Aufschwung im Güterverkehr führte. In Casbeschafft wurden. Zudem gab es vor allem tione-Arbedo wurde eine Grube für Rollschezweiachsige Personen- und Güterwagen. mel gebaut, um Normalspurwagen zum Werk zu transportieren, wo diese wieder auf Die Zeit ab den 1930er-Jahren Normalspurgleisen rangiert wurden. ZusamDie Bahn wurde mehrfach von Überschwem- men mit den Neubau-Triebwagen für die mungen heimgesucht, und als in den 1930er- Strecke Chur – Arosa bestellte die RhB für Jahren der Individualverkehr zunahm, konn- das Misox den vor allem im Rollschemelverten die Einnahmen aus dem Stromverkauf kehr eingesetzten Triebwagen BDe 4/4 491. dieVerluste aus dem Bahnbetrieb nicht mehr ausgleichen. Ein Hilfeersuchen der Bahndi- Ende auf Raten rektion wurde vom Bund nicht besonders Durch den Bau der durch das Misox führenernst genommen, aber die Stimmen, die eine den Nationalstraße N 13 kam die Bahn Umstellung aus Busbetrieb forderten, mehr- erneut sehr stark in Bedrängnis. 1969 verlor ten sich, so dass zum 1. Januar 1942 die BM sie durch Unfälle gleich drei Triebfahrzeuge, BAHN EXTRA 3/2017
was zunächst durch den ABe 4/4 41 der Appenzeller Bahn ausgeglichen wurde. Trotz vehementer Proteste der Bevölkerung wurde der Personenverkehr am 28. Mai 1972 auf Busverkehr umgestellt; der Individualverkehr hatte sich durchgesetzt. Am 7./8. August 1978 beschädigte ein Unwetter den Streckenabschnitt Cama – Mesocco so stark, dass er ab 1980 abgebaut und in einen Wanderweg umfunktioniert wurde. Als das „Valmoesa“-Werk 1987 dieTore schloss, brach der Güterverkehr fast völlig zusammen. Einige Jahre lang fuhren noch Züge, am 31. De-
Bis 2013 fuhren noch Museumszüge auf einem Reststück der Strecke zember 2003 gab die RhB den Gütertransport auf dem Rest der Misoxer Bahn auf. Strecke, Fahrzeuge und Konzessionen gingen auf die „Società Esercizio Ferroviario Turistico“ (SEFT) über. Der im Handelsregister eingetragene Verein veranstaltete mit Erfolg Museumsfahrten, war aber einigen Politikern ein Dorn im Auge. Deshalb endete nach Ablauf der Personenbeförderungskonzession am 14. Dezember 2013 der Nostalgiebetrieb. Sehr schnell wurden die Gleise bis Castione-Arbedo abgebaut, der letzte kurze Abschnitt Grono – Cama ist heute stromlos. Damit verschwand diese RhB-Strecke – als einzige im Netz. Die Errichtung eines Museums in Grono wird überlegt. HBS
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Strecken und Betrieb
| BERNINASTRECKE
Bahnlinie
der Superlative
Heute ist sie die höchstgelegene Strecke der Rhätischen Bahn, doch kam die Berninastrecke erst 1943 zur Rh.B.; noch immer hat sie sich eine Reihe betrieblicher Eigenheiten bewahrt
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Das „Bernina-Krokodil“, Ellok Ge 4/4 182, unternimmt heute Sonderfahrten auf der Berninastrecke. Im Mai 2012 rollt es durch das frühlingshafte Tirano/Italien mit seiner Basilika Tibert Keller Schon auf der Südseite der Berninastrecke liegt Poschiavo; in malerischer Frühlingslandschaft ziehen die Triebwagen ABe 4/4 III 55 + 51 mit ihrem Regionalzug dahin Florian Martinoff
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erninastrecke – der Begriff lässt viele Schweiz-Besucher und Eisenbahnfreunde schwärmen. Kein Wunder, wenn man die Fahrt von St. Moritz über Pontresina und Poschiavo nachTirano einmal erlebt hat, vereinigt doch die Verbindung mehrere Spitzenwerte auf sich. So gilt die Berninastrecke als höchste Adhäsionsbahn der Alpen und mit einer Neigung von 70 Promille zudem als eine der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt. 88 Prozent der 59 Kilometer langen Strecke entfallen auf geneigte Abschnitte, 54 Prozent davon weisen mehr als 30 Promille auf. Rund 27 Kilometer der Strecke liegen in einem 70-Promille-Gefälle. 42 Prozent der Strecke sind Kurven. Da lag es nahe, die Berninastrecke zusammen mit der Albulastrecke unter der Bezeichnung „Rhätische Bahn in der Landschaft Albula/ Bernina“ in das Welterbe der UNESCO aufzunehmen. Im Juli 2008 ist das geschehen. Die Superlative gehen aus Sicht der Rhätischen Bahn noch weiter. Der höchste und der tiefste Bahnhof der RhB befinden sich auf dieser Strecke: Ospizio Bernina auf 2.253 Metern über dem Meer, Tirano – auf italienischem Staatsgebiet – auf 429 Metern.
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Strecken und Betrieb
| BERNINASTRECKE
Meter für Meter arbeitet sich die elektrische Schneeschleuder Xe 1003 auf der winterlichen Berninastrecke voran. Wie der schiebende Elektrotriebwagen wird sie über den Lyrabügel von der GleichstromFahrleitung gespeist. Die Schneeschleuder entstand als Umbau aus dem Küchenwagen für die Mitropa-Saalwagen Arch. RhB/Slg. Schönborn (2)
In Alp Grüm zeigt sich 1953 ein Zug in der Übergangszeit BB/Rh.B.: Triebwagen BCe 4/4 14 (l.) trägt das einfarbig gelbe Schema der Bernina Bahn, der folgende BC-Wagen bereits die zweifarbige Lackierung der Rhätischen Bahn. An dritter Stelle ein Aussichtswagen, gebaut aus einem RhB-Stammnetz-Salonwagen
Im Jahr 1899 erhielt das Planungsbüro eine Konzession von der Schweiz, 1902 auch von Italien für den Abschnitt von Campocologno auf der Schweizer Seite nach Tirano auf italienischer Seite. 1905 wurde die selbstständige „Società per azioni della ferrovia del Bernina“ / „Bernina Bahn“ (BB) gegründet, die den Betrieb übernahm. Zwischen 1908 und 1910 wurde abschnittsweise die – elektrifizierte – Strecke St. Moritz – Tirano eröffnet. Die Strecke Samedan – Pontresina war dagegen 1904 in die Konzession der Rhätischen Bahn (RhB) integriert und 1908 zunächst noch im Dampfbetrieb eröffnet worden. Damit stand die Berninastrecke komplett zur Verfügung.
Schon frühzeitig fuhren auch im Winter Züge – trotz großer Probleme Schon früh verkehrten auch im Winter Züge, obwohl dies große Schwierigkeiten bereitete; sie fuhren ab der Eröffnung zwischen Tirano und Poschiavo bzw. St. Moritz und Morteratsch; der letztere Abschnitt wurde bald bis Ospizio ausgedehnt. Ab 1910 besaß die Bahn eine Dampfschneeschleuder, um die Strecke frei zu räumen. 1927 führte die BB Schnellzüge St. Moritz – Tirano – St. Moritz ein, welche in Tirano direkte Anschlüsse von und nach Mailand hatten. 1928 liefen in den Schnellzügen teilweise auch Speisewagen, deren separater Küchenwagen jeweils an der Grenze stehen blieb. 1935 wurde der Gleichstrom auf 1.000-VoltSpannung erhöht, was mehr Leistungsfähigkeit brachte. Allerdings bekam die stark auf den Fremdenverkehr ausgerichtete Bahn seit den frühen 1930er-Jahren die Folgen der Weltwirtschaftskrise zu spüren. Letztlich musste die BB 1943 aufgrund der schlechten finanziellen Situation mit der RhB fusionieren. Seitdem ist die Berninastrecke Teil des Netzes der Rhätischen Bahn.
Von St. Moritz nach Ospizio Bernina Im Ursprungszustand besaß das BerninaKrokodil Ge 4/4 82 voluminöse Schneeräumer. Die vierachsige Ellok fuhr im Personen- wie Güterverkehr, hier hat sie einen schweren Personenzug übernommen Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Umso erstaunlicher, dass die Berninabahn als einziger Schienenweg über die Alpen keinen Scheiteltunnel besitzt. Den Betrieb in hochalpiner Umgebung aufrecht zu erhalten, bedeutet jedes Mal eine große Herausforderung für den Winterdienst.
Entstehung und Entwicklung Begonnen hat die Geschichte dieser außergewöhnlichen Strecke Ende des 19. Jahrhun-
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derts. Damals legte das Zürcher Ingenieurbüro Froté und Westermann auf Veranlassung des Eidgenössischen Eisenbahndepartements eine Studie vor, die eine elektrische Überlandstraßenbahn in Meterspur und mit Adhäsionsbetrieb von Samedan nach Campocologno entwarf. Die Straßenbahn sollte touristisch ausgerichtet sein und nur im Sommer verkehren. Auch eine Zweiglinie Pontresina – St. Moritz war vorgesehen.
Noch immer aber weicht diese Bahn mit dem 1.000-V-Gleichstromsystem vom sonstigen RhB-Netz mit seinen 11 kV/16,7 Hz Wechselstrom ab. Auch im modernisierten Bahnhof von St. Moritz beginnt die Berninalinie heute wegen der unterschiedlichen Stromsysteme an einem eigenen Bahnsteig mit zwei Gleisen sowie vier Abstellgleisen. Während Gleis 6 des Bahnhofs nach dem Umbau von Gleich- auf Wechselstrom umgestellt werden kann, aber keine Umfahrungsmöglichkeit besitzt, gibt es von Gleis 7 eine Umfahrung via (Abstell-)Gleis 8, die „millimetergenau“ auf die aktuell eingesetzten „Allegra“-Triebzüge ausgerichtet ist. Die Ausfahrweiche liegt auf dem Charnadüra-Viadukt, auf dem die Bahn den Inn und die Straße überquert.
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Mit Triebwagen ABe 4/4 45 an der Spitze und einem Aussichtswagen im Zugverband ist im August 1981 ein Personenzug St. Moritz – Tirano unterwegs. Aufgenommen am Stausee hinter Ospizio Bernina, auf der Ebene in 2.200 Metern Höhe Georg Wagner
Zugbetrieb bei der Bernina Bahn: Unter dem grandiosen Morteratschgletscher fährt Ge 4/4 81 mit einem Schnellzug St. Moritz – Tirano bergwärts. Als letzter Wagen ganz links ist der Küchenwagen zu sehen, der gemäß Fahrplan in Brusio abgehängt wird und auf den Gegenzug übergeht Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
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Strecken und Betrieb
| BERNINASTRECKE
Der Winter stellt die Betriebsführung auf der hochgelegenen Bernina-Passstrecke vor enorme Schwierigkeiten: Für Züge wie Triebwagen BCe4 5 hat man eigens einen „Schneekanal“ geschaffen. Das Fahrzeug trägt Lyrabügel Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Frühestens 1957 entstand dieses Bild, auf dem ein gemischter Personen-/Güterzug talwärts fährt, hier kurz vor Bernina Diavolezza. Nur der vordere Triebwagen übernimmt dabei die Traktion – er verfügt sowohl über Lyrabügel als auch über Scherenstromabnehmer Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
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Hat sich der Zug in Richtung Tirano auf den Weg gemacht, folgen nach St. Moritz zuerst der einzige Tunnel auf der Nordseite der Strecke sowie die Stationen Celerina Staz und Punkt Muragl Staz. In Pontresina, dem Verbindungsbahnhof von Stammnetz und Berninastrecke, ist der größereTeil der Gleise mit Gleichstrom überspannt. Gleis 1 wird von den Engadiner Pendelzügen des Stammnetzes und Gleis 2 von Güterzügen genutzt; dagegen dienen die beiden Gleise am Zwischenbahnsteig den Berninazügen, wobei
Nach der Station von Morteratsch folgt eine karge Passlandschaft Gleis 3 umschaltbar ist. Die frühere Depotwerkstätte der BB für die Nordseite findet nur noch als Fahrzeughalle Verwendung. Nach einem kurzen Anstieg mit der Umfahrung des Taiserwaldes befindet sich die Trasse im Hochtal der Ova da Bernina; die erste Station heißt „Surovas“, „über den Wassern“. Da das Tal von Lawinen bedroht wird,
errichtete die BB bei Kilometer 9,6 einen Beobachtungsposten aus Beton mit Ausguckluken. Nach der Station Morteratsch beginnt mit der Stahlbrücke über die Ova da Morteratsch die erste 70-Promille-Rampe. Danach verläuft die Strecke in karger Passlandschaft, wegen Lawinengefahr wurde dieTrasse häufiger verlegt. Die Arlas-Galerie ist die älteste Lawinengalerie auf der Strecke. Die Namen „Lej Pitschen“, „Lej Nair“ und „Lago Bianco“ zeigen den Wechsel von rätoromanischer zu italienischer Sprache an, die „Sprachgrenze“ liegt in der „Panoramakurve“ desVal Bügliet (Kilometer 21,6) am Lago Bianco. Es schließt sich die erwähnte hochgelegene Station Ospizio Bernina an, nach der Mit Panoramawagen lädt die RhB heute zur Fahrt im „Bernina Express“ (kurz BEX) ein RhB
Der besondere Zug
„Bernina Express“
Unten: Oldtimer unter sich – ein Sonderzug mit den beiden Triebwagen ABe4 erreicht Poschiavo (2. v. l.), neben ihm stehen die Kleinlok Ge 2/2 162, der Gepäcktriebwagen De 2/2 151 und ein zum Dienst-Triebwagen umgebauter ABe 4/4 II Dr. Hans-Bernhard Schönborn
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Im Bestreben, ihre Strecken samt der sie umgebenden Landschaft touristisch besser zu vermarkten, führte die RhB 1969 eine Kurswagenverbindung Chur – Tirano – Chur ein. Sie hatte so großen Erfolg, dass daraus 1973 der „Bernina Express“ als eigenständiger Zug wurde. Wegen der unterschiedlichen Stromsysteme (Wechselstrom von 11 kV/16 2/3 Hz auf dem Stammnetz, Gleichstrom von 1.000 V auf der Berninastrecke) führten zunächst die Zweikraftloks Gem 4/4 801–802 den Zug von Samedan bis Surovas bzw. Bernina Diavolezza im Dieselbetrieb, anschließend bis Tirano als Elloks. 1981 wurde im Bahnhof Pontresina ein umschaltbares Gleis eingerichtet, so dass der Lokwechsel dort stattfand und sich der Einsatz der Gem 4/4 erübrigte.
Label „Bernina Express“ verkehrt. Bereits seit 1994 gibt es in Tirano zu dem aus Chur kommenden „Bernina Express“ eine direkte Autobuslinie nach Lugano.
Im „Bernina Express“ setzte die RhB zunächst die vorhandenen, für die Berninastrecke zugelassenen Wagen ein, vor allem die verkürzten Einheitswagen (EW) I; allerdings reichten die kleinen Erstklassabteile der AB 1541–46 für die Expresszüge nicht mehr aus. Deshalb kamen ab 1978 die verkürzten A 1261–62 zum Einsatz. 1982 erhielt die RhB vier verkürzte Zweitklasswagen mit Gepäckabteil (BD 2471–74), von denen der BD 2473 für den „Bernina Express“ reserviert wurde, um im Gepäckabteil die Minibar stationieren zu können. 1983 wurden zehn EW II für den „Bernina Express“ beschafft und mit einem graubraunen Wegen der steigenden Fahrgastzahlen wurde ab der Sommersaison 1985 ein zwei- Fensterband als „Markenzeichen“ versetes Zugpaar Chur – Tirano – Chur ebenfalls hen, das auch der BD erhielt. 1993 kamen zehn verkürzte Einheitswagen IV hinzu, unter der Bezeichnung „Bernina Express“ acht Zweitklass- und zwei Erstklasswagen. eingeführt. 1993 folgte eine Schnellzugverbindung St. Moritz – Tirano – St. Moritz, Anno 2000 wertete die RhB das Zugangebot erneut auf: Sie erwarb Panoramawagen 1995 der „Heidiland-Bernina Express“ 1. Klasse (Ap), 1. Klasse mit behindertengeLandquart – Davos – Filisur – Tirano, der rechter Toilette (Api), 2. Klasse (Bp) und ab 1999 „Heidi Express“ hieß. 2005 wurde 2. Klasse mit Standort für die Minibar (Bps). dessen Lauf auf die Strecke Davos (Dorf) – Tirano verkürzt, seit 2006 heißt der Zug, Von 1982 an setzte man als Zugloks für den der zeitweise über St. Moritz verkehrte, „Bernina Express“ die Triebwagen ABe 4/4 II ebenfalls „Bernina Express“. und ABe 4/4 III in Doppeltraktion ein, geleUm auch Fahrgästen aus der Region Maigentlich unter Mithilfe einer Gem 4/4 statt land einen Tagesausflug über die Bernina des zweiten Triebwagens. Seit dem Frühzu ermöglichen, führte die RhB 2007 den jahr 2010 machen die Zweisystem-Trieb„Trenino rosso“ Tirano – St. Moritz – Tirano züge ABe 8/12 3501–15 „Allegra“ den Lokein, der seit 2008 gleichfalls unter dem wechsel in Pontresina überflüssig. HBS
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Strecken und Betrieb
| BERNINASTRECKE
Um 1960 präsentiert sich der 1909 in Betrieb genommene Gütertriebwagen Fe 2/2 51 mit einem 1942 erhaltenen neuen Wagenkasten. Mit einem Kesselwagen steht er im Grenzbahnhof Campocologno Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn In Tirano, dem südlichen Endpunkt der Berninastrecke, unterhält die RhB einen Kopfbahnhof. Dort steht im Oktober 1992 Triebwagen ABe 4/4 37; rechts – im Bild nicht mehr zu sehen – liegt der Normalspurbahnhof der Italienischen Staatsbahn Harald Schönfeld Der Kreisviadukt von Brusio ist das spektakulärste Bauwerk und das Wahrzeichen der Berninabahn. Diese Lösung wurde nötig, nachdem die Idee eines Bahnhofs mit Doppelschleife aufgrund von Konflikten im Dorf nicht zustande kam RhB
die Züge weiter am Stausee entlang fahren. Danach passiert die Garnitur mehrere Tunnel und Galerien; die Strecke hat man verlegt und die ursprüngliche Panoramakurve einem leichteren Winterdienst „geopfert“. Die alte Streckenführung ist aber noch gut sichtbar. Geblieben sind die Station Alp Grüm und die dortige Aussichtskurve mit einem phantastischen Blick auf das Puschlav und auf die Bergamasker Alpen.
... und hinab nach Poschiavo –Tirano
Die „Allegra“-Zweisystem-Triebzüge sind heute die Standard-Fahrzeuge auf der Berninastrecke. Im August 2015 hat ABe 8/12 3508 mit einem „Bernina Express“ Chur – Tirano gerade Samedan verlassen Heiko Güttel
Nach der Kurve geht es in steilen, größtenteils von Galerien geschützten Serpentinen hinunter auf die kleine Ebene von Cavaglia mit einem Gletschergarten. Nach weiteren Serpentinen und zahlreichen Kunstbauten erreicht der Zug Poschiavo, den südlichen Betriebsmittelpunkt der Bahn, in dessen Depotwerkstätte heute noch Gleichstromfahrzeuge gewartet werden. Die Bahnhofsanlagen wurden im Frühjahr 2017 modernisiert; aus Platzgründen gibt es nurmehr ein durchgehendes Betriebsgleis mit „Haltekante“. Die folgenden Dörfer durchfährt die Bahn – nicht gerade zur Freude der Lokführer – auf der Straße und kommt danach zum Lago di Poschiavo, den man bequem zu Fuß umrunden kann. Auf den Bahnhof von Brusio folgt das Wahrzeichen der Berninastrecke, der einzigartige Kreisviadukt, der als künstlicheVerlängerung angelegt wurde, damit das Gefälle nicht 70 Promille übersteigt. Die Fahrt ist hier
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Begegnung im höchsten Bahnhof der RhB: ein Regelzug mit „Allegra“-Triebzug und ein Extrazug mit Bernina-Krokodil in Ospizio Bernina, 2.253 Meter über dem Meer Tibert Keller
ihre Endstation neben dem Normalspurbahnhof erreicht.
Fahrzeuge der Berninastrecke
jedes Mal faszinierend. Mit starkem Gefälle führt die Bahn weiter talabwärts zum Grenzort Campocologno, benutzt in Tirano noch einmal die Straßen und überquert die Piazza della Basilica vor der sehenswerten Wallfahrtskirche „Madonna di Tirano“, bevor sie
Für denVerkehr hatte die Bernina Bahn einst einen Bestand aus Triebwagen und Lokomotiven aufgebaut. Es gab die Triebwagen BCe4 1–12, 14–15, den Gütertriebwagen Fe2 51, die Kleinlokomotiven Ge 2/2 61–62 für Vorspann- und Rangierdienste, denTriebwagen mit Gepäckabteil BCFe4 21–23 sowie die schweren Loks Ge 6/6 (später Ge 4/4) 81 und Ge 4/4 82 (das legendäre „Bernina-Krokodil“, siehe auch S. 62–65). Ab den 1960er-Jahren wurden diese Altbau-Fahrzeuge größtenteils ersetzt. In den
Bestand kamen dafür die Triebwagen ABe 4/4 II 41–49, die Zweikraft-Lokomotiven Gem 4/4 801–802 sowie die Triebwagen ABe 4/4 III 51–56. Seit dem Jahr 2010 tragen nun die Zweisystem-Triebzüge (ZTZ) ABe 8/12 3501–15 „Allegra“ die Hauptlast des Verkehrs; sie können die Bernina-Expresszüge durchgehend auch auf dem Stammnetz befördern. Von den Triebwagen kommen planmäßig die ABe 4/4 III zum Einsatz, die ABe 4/4 II 46–49 wurden dagegen in Hilfsund Infrastruktur-Triebwagen umgebaut. Die Triebwagen ABe4 30 und 34 dienen zusammen mit der Ellok Ge 4/4 82 als historische Fahrzeuge. Dr. Hans-Bernhard Schönborn/GM
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Strecken und Betrieb
| DIE STRECKEN ZWISCHEN SAMEDAN, PONTRESINA, ST. MORITZ
Das Engadiner Gleisdreieck Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Samedan, Pontresina und St. Moritz beliebte Wintersportziele. Als die Rhätische Bahn sie mit Meterspurstrecken erschloss, entstand zwischen diesen drei Orten eine außergewöhnlicheVerbindung mit besonderem Betrieb
m Jahre 1903 erreichten die Gleise der Rhätischen Bahn bei Bever das Hochtal des Inns im Engadin. Sie führten zunächst nach Celerina und ab 1904 dann weiter in den weltberühmten Wintersportort St. Moritz. Das touristisch konkurrierende Pontresina wurde zunächst nördlich umfahren, aber bereits vier Jahre später durch eine in Samedan abzweigende Stichstrecke angeschlossen. Interessanterweise setzen beide Streckenäste die Kilometrierung der Albulabahn fort, so dass bis heute St. Moritz bei Streckenkilometer 102,9 und Pontresina bei 103,0 liegen. Zur gleichen Zeit baute die damals noch eigenständige Bernina Bahn (BB) eine ebenfalls meterspurige Gebirgsbahn aus dem Engadin über den Berninapass nach Tirano in Italien. Als sie 1909 den Abschnitt zwischen
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Ein Gleichstromtriebwagen fährt am 16. Dezember 1986 in Pontresina Richtung St. Moritz aus. Hinter dem Triebwagen liegen die Wechselstrom-Gleise nach Samedan Aufnahmen des Beitrags: Dr. Dietmar Beckmann
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St. Moritz ist der bekannteste der drei Wintersportorte im Engadiner Gleisdreieck. Im Bahnhof steht ein RegioExpress, bespannt mit einer Ellok Ge 6/6 II
trische Zuglok mit einer kleinen Kurswagengruppe weiter nach St. Moritz. Den Hauptzug übernahm eine der beiden 1968 von der RhB beschafften Hybrid-Lokomotiven Gem 4/4 801 und 802. Mit ihrem dieselelektrischen Antrieb zogen sie die meist roten Wagen über Pontresina hinaus bis Bernina Diavolezza, wo der Stromabnehmer angelegt und die Fahrt über den Berninapass mit Gleichstrom aus der Fahrleitung (seit 1938: 1.000 V) fortgesetzt wurde. In der Hauptsaison waren beide Loks in Doppeltraktion erforderlich, oder es musste am Fuß der Steigung zum Berninapass ein Gleichstromtriebwagen vorgespannt werden. Neben dem „Bernina Express“ gab es zu anderen Tageszeiten zusätzlich durchgehende Kurswagen von Chur nachTirano, die
Für den Güterverkehr in dem Gleisdreieck verwendet die RhB in den 1980er-Jahren auch noch die altgedienten Kasten-Elloks Ge 2/4; im Bild Lok 221
in Samedan vom Hauptzug nach St. Moritz abgekuppelt wurden, um vom regionalen Pendelzug fünf Kilometer weiter nach Pontresina gebracht zu werden. Für diese Leistungen waren ab 1982 die vier Triebwagen ABe 4/4 501 bis 504 zuständig, die 1939/40 als Winterfreuden in Samedan: Während auf der großen Eisfläche vorne die Hockeyspieler dem „Fliegende Rhätier“ in Betrieb gegangen waPuck hinterher hechten, verlässt hinten ein Personenzug unter Wechselstromleitung den Ort ren. In Pontresina angekommen, mussten die Wagen von einem Dieseltraktor an den Zug St. Moritz und Pontresina in Betrieb nahm, nur von einer dampf- oder später dieselbe- von St. Moritz nach Tirano rangiert werden. war zwischen Samedan, St. Moritz und Pon- triebenen Rangierlok überstellt werden. Dies Um von den beiden Hybridlokomotiven tresina ein Streckendreieck geschaffen. Alle hatte zur Folge, dass Reisende aus Richtung unabhängig zu werden, rüstete die RhB im drei Schenkel hatten ungefähr dieselbe Chur mit Ziel Tirano in der Regel zwei Mal Jahre 1980 das Gleis 3 in Pontresina mit einer Länge: Die beiden RhB-Strecken waren (in Samedan und Pontresina) umsteigen umschaltbaren Oberleitung aus, so dass der 5,2 und 5,3 Kilometer lang, die Seite der BB mussten, wenn sie nicht den Umweg über Lokwechsel in diesen Bahnhof verschoben werden konnte. 5,8 Kilometer. St. Moritz in Kauf nehmen wollten.
Mit Gleich- und Wechselstrom Die Berninabahn nahm ihre Strecke sofort mit 750 V Gleichstrom in Betrieb, während die RhB zunächst Dampfloks einsetzte und erst 1913 die Elektrotraktion einführte – dann aber mit 11 kV/16 2/3 Hz Wechselstrom. Die beiden Stromsysteme trafen sich in den Bahnhöfen St. Moritz und Pontresina, wo die Gleise für Gleich- und für Wechselstrom über viele Jahrzehnte strikt voneinander getrennt waren. Personen- und Güterwagen konnten BAHN EXTRA 3/2017
Erst ab 1973 gab es ein direktes Schnellzugpaar von Chur nach Tirano Erst im Jahre 1973 konnte mit dem „Bernina-Express“ ein von Chur nach Tirano durchlaufendes Schnellzugpaar angeboten werden, dessen Betriebsführung im Gleisdreieck recht ungewöhnlich war. Nachdem der Zug von Chur über die Albulabahn in Samedan angekommen war, fuhr die elek-
Änderungen dank Allegra Seit 2010 gibt es die neuenTriebzüge desTyps Allegra, die unter beiden Stromsystemen fahren und somit den „Bernina Express“ durchgehend von Chur und Davos bis Tirano befördern können. Dennoch bietet das Engadiner Gleisdreieck, das sich bequem an einem einzigen Tag erwandern lässt, auch heute noch einen abwechslungsreichen, an allen drei Seiten unterschiedlichen Zugbetrieb. Dr. Dietmar Beckmann
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Fahrzeuge
| DAMPFLOKOMOTIVEN DER RHÄTISCHEN BAHN
Die 57 Dampfenden Auch wenn die Rhätische Bahn bald schon auf Elektrotraktion wechselte: Am Anfang stand die Dampflok. Drei Haupttypen wurden für den Betrieb beschafft; drei Typen mit ganz unterschiedlicher Konstruktion
rotz frühzeitiger Elektrifizierung haben die meisten Schweizer Bahnen auch eine Dampf-Vergangenheit. Viele der durch den Fahrdraht arbeitslos gewordenen Dampfloks endeten aber nicht unter dem Schneidbrenner, sondern wurden ins Ausland verkauft, als stille Reserve aufs Abstellgleis geschoben, auf den Denkmalsockel gehoben oder einem Museum anvertraut.
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Von 1889 bis 1915 wurden von der Rhätischen Bahn Dampfloks beschafft In den 1960er-Jahren begann dann die Dampf-Nostalgie aufzublühen. Insbesondere in der Schweiz führte Idealismus, gepaart mit Finanzkraft und handwerklichem Können, zur Wiederbelebung mancher
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Dampflok. So geschah es nicht zuletzt bei der Rhätischen Bahn. In den Anfangsjahren ihres Netzes hatte sie insgesamt 57 Dampflokomotiven beschafft, die sich auf drei Haupttypen verteilten.
Die Tenderloks G 3/4 Die Keimzelle der RhB war die „LandquartDavos-Bahn“ (LD) und diese begann 1889 ihren Betrieb mit fünf kleinen Tenderloks der Achsfolge 1’C. Es waren Nassdampfloks mit Außenrahmen, gebaut mit den Fabrik-Nummern 577–581 von der SLM in Winterthur. Ihre bescheidenen Hauptdaten waren: Dienstgewicht 30 Tonnen, Länge 7,9 Meter, Leistung 250 PS, Geschwindigkeit 45 km/h. Außer den Betriebsnummern 1 bis 5 trugen sie Namen aus der Geografie Graubündens; Nummer 1 hieß „Rhätia“ und ist die älteste
Lok der 1895 gegründeten Rhätischen Bahn. Die fünf Loks bewältigten zunächst den gesamtenVerkehr auf der 47 Kilometer langen Strecke, die 1.100 Meter Höhendifferenz aufweist und zwischen Klosters und Davos eine Steigung von 45 Promille. Als 1896 die steigungsarme Strecke Landquart – Chur – Thusis hinzu kam, standen drei weitere Loks zur Verfügung: Nummer 6 „Landquart“, Nummer 7 „Chur“ und Nummer 8 „Thusis“. Sie konnten größere Kohleund Wasservorräte mit sich führen. Mit dem Bau der Albulabahn Thusis – St. Moritz erwarb die RhB in den Jahren 1901 bis 1908 weitere acht Tenderloks (Nummern 9–16). Sie waren wieder etwas größer; ihre Länge wuchs auf 8, 7 Meter und ihr Dienstgewicht auf 34 Tonnen. Das änderte nichts daran, dass die G 3/4 auf Steigungsstrecken
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Zum Jubiläum „50 Jahre RhB“ bespannt Lok G 3/4 Nummer 14 im Jahr 1939 einen Sonderzug, hier in Landquart mit den Werkstätten im Hintergrund. Die Maschine gehört zu der ersten von der Rhätischen Bahn beschafften Loktype und war dort Teil der letzten Serie Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
noch heute betriebsfähig – im Alter von mittlerweile 128 Jahren! Die drei Loks der zweiten Serie gingen 1923 an die Centovallibahn bzw. (Lok Nummer 6) nach Brasilien. Sie sind heute nicht mehr erhalten im Gegensatz zu den Loks Nummer 11 und 14 des Baujahres 1903. Nummer 11 diente bis 1977 als Dampfreserve und war an Filmaufnahmen beteiligt, was ihr den Namen „Heidi“ einbrachte. Dann wurde sie an die „Modellbahnfreunde Eiger“ verkauft. Mit Standort Zweilütschinen war sie auf Gleisen der Berner-Oberland-Bahn unterwegs .
Wegen Filmaufnahmen erhielt Lok Nummer 11 den Spitznamen „Heidi“ Im Jahr 2000 holte der „Club 1889“ die Lokomotive nach Graubünden zurück. Aus Brandschutzgründen erhielt sie eine Ölfeuerung. Sie steht, nun 114 Jahre alt, betriebsfähig im RhB-Depot Samedan. Weniger glücklich traf es Nummer 14. Sie wurde 1972 vom Dampflok-Verein der Appenzeller Bahn gekauft. Ab 1974 konnte sie viele Sonderfahrten durchführen. 1986 erhielt sie noch einen neuen Kessel, aber seit 2003 ist sie außer Betrieb.
Die Mallet-Lokomotiven
Zeitweise setzte die Rhätische Bahn auch Mallet-Dampfloks ein. Hier ist eine der Maschinen mit einem typischen gemischten Zug in der Klus bei Felsenbach unterwegs Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
nur für leichten Zugdienst tauglich waren. Deshalb lief die Beschaffung größerer Dampfloks parallel.
Der Verbleib der G 3/4 Von den G 3/4 sind heute noch drei Exemplare vorhanden. Nummer 1 „Rhätia“ schied 1928 aus dem Dienst. Eine museale Unterbringung scheiterte. 1970 wurde sie an die Museumsbahn Blonay – Chamby (oberhalb vonVevey) verliehen, wo sie die Vereinsmitglieder wieder fahrtüchtig herrichteten. 1988 kehrte die Lok zur RhB zurück und wurde zum Star der 100-Jahr-Feier. Sie ist
Wenig bekannt ist dieTatsache, dass die RhB über zwölf Loks der Bauart Mallet verfügte. Ganz „unschweizerisch“ blieb keine davon erhalten. Sie wurden als Folge der Elektrifizierung verkauft und später zu Zeiten verschrottet, als Dampfnostalgie noch kein Thema war. Die Bauart Mallet ist gekennzeichnet durch zwei getrennteTriebwerke, von denen eines am hinteren Teil des Rahmens wirkt, währen das andere vorn ein Drehgestell bildet. Die Triebwerke arbeiten imVerbund-Betrieb: Der Frischdampf gelangt zunächst ins hintere Triebwerk und dessen Abdampf wirkt dann auf das vordere Triebwerk. Dessen Zylinder haben wegen des geringen Dampfdruckes einen größeren Durchmesser. Die gelenkige Bauart verbessert den Kurvenverlauf, erschwert jedoch die Wartung. Von den Mallet-Loks der RhB gab es drei technisch unterschiedliche Bauserien. Die erste war der Typ G 2/2 + 2/2, Achsfolge B’B, mit den späteren RhB-Nummern 21 und 22. Diese Loks waren noch von der LD bei der Firma Maffei bestellt worden und gingen 1891 in Betrieb. Über die 45-Promille-Steigung bei Klosters konnten sie zwei Personenwagen mehr fördern als die G 3/4. Viele technische Probleme führten zum Umbau der Maschinen durch die SLM, bei dem auch eine vordere Laufachse hinzukam. Nach geringer Laufleistung wurden die Loks nach Brasilien verkauft.
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Fahrzeuge
| DAMPFLOKOMOTIVEN DER RHÄTISCHEN BAHN
Die Lokomotiven 107 und 108 gehören zu den großen 1’D-Schlepptendermaschinen der RhB und blieben museal erhalten. Im September 1969 bespannen sie einen Extrazug mit zweiachsigen Reisezugwagen in Filisur (oben); links das Anschriftenfeld an Lok 108, 1980 Friedhelm Ernst (o.), Harald Schönfeld (l.)
Dieser ersten Version folgte als nächstes der Typ G 2/2 + 2/3, Achsfolge B’B1‘, RhBNummern 23 und 24. Diese Loks wurden 1896 von der SLM Winterthur geliefert. Sie leisteten etwa 500 PS und konnten 70Tonnen auf 45 Promille Steigung mit 15 km/h fördern. 1926 wurden sie an ein Schweizer Wasserkraftwerk verkauft und in den 1940er-Jahren verschrottet. Als drittes erhielt die RhB dann den Typ G 2/3 + 2/2, Achsfolge (1’B) B, Loknummern 25–32. Diese verbesserte Version kam 1902 von der SLM. Die Loks 26–28 erhielten später Überhitzer, wurden nachYverdon am
Die RhB-Tenderlok G 3/4 in der technischen Skizze mit ausgewählten Maß- und Gewichtsangaben. Mit ihr begann die RhB den Zugbetrieb Slg. Dr. H.-B. Schönborn
Neuenburger See verkauft, später weiter motiven mit vier Kuppelachsen zu benach Spanien. Die anderen Nassdampfloks schaffen. Die SLM hatte derartige Loks im arbeiteten und endeten auf Madagaskar. Rahmen eines Äthiopien-Auftrages auf RhBGleisen erprobt. Die RhB bestellte also rechtDie Schlepptenderloks G 4/5 zeitig vier derartige Lokomotiven, Nummer 1904 sollte die RhB-Hauptstrecke Chur – 101–104. Sie sollten 90 Tonnen Last über die St.Moritz in voller Länge (89 Kilometer mit 35 Promille der Albulastrecke mit 18 km/h 1.236 Metern Höhendifferenz) in Betrieb ge- befördern. Tatsächlich erreichten die Loks hen. Die Erfahrungen mit den Malletloks rie- dann 22 km/h. Die Bauart mit Schlepptender ten eher dazu, einfache Zweizylinder-Loko- machte die Reibungsmasse unabhängig von
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RhB-Loks des Typs G 3/4 in Museumsdiensten: links Lok 11 im Jahr 1986 bei den Modellbahnfreunden Eiger Zweilütschinen (MEFEZ), rechts Lok 1 „Rhätia“ 1988 bei der Museumsbahn Blonay – Chamby. Beide Maschinen befinden sich heute wieder bei der RhB Harald Schönfeld (2)
den Vorräten – ein Vorteil gegenüber den bisherigen Tenderloks auf lang anhaltenden Steigungen. Außergewöhnlich war, dass die beiden Zylinder wie die Triebwerke der Mallet-Loks im Verbund arbeiteten. Rechts befand sich der Hochdruck-, links der dickere Niederdruckzylinder. Die erweiterte Achsfolge war 1’D n2v. 1906 wurden vier weitere Loks gebaut, die leistungsfähigere Kessel erhielten. Die Loks Nummer 105 und 106 blieben bei Nassdampf im Verbund, während man bei Nummer 107 und 108 vom Verbundbetrieb abwich und auch erstmals Überhitzer einbaute. Damit hatten diese beiden Loks 800 PS indizierte Leistung. Die Tender waren zugunsten größererVorräte verlängert worden. Schnellzüge zwischen Chur und St. Moritz mussten nur noch in Thusis Wasser fassen. Im langen Gefälle auf der Rückfahrt half die Riggenbach-Gegendruckbremse. Bis 1915 wurden weitere 21 Loks beschafft; sie konnten nun auch die neue Strecke nach Disentis bedienen. Die letzte Lok
Technische Daten
Typ G 4/5, Lok 107/108 Inbetriebnahme Hersteller Bauart Spurweite Länge über Puffer Dienstmasse Reibungsmasse Indizierte Leistung Höchstgeschwindigk. Treibraddurchmesser Laufraddurchmesser Kesselüberdruck Wasservorrat Kohlevorrat
1906 SLM Winterthur 1‘D h 2 1.000 mm 13.970 mm 67,5 t (mit Tender) 41,6 t 800 PS 45 km/h 1.050 mm 700 mm 12 bar 9,8 m3 2,5 t
(Nummer 129) erhielt noch einen Oberflächen-Vorwärmer. Die G 4/5 wurde zur größten Dampflok und zur größten Lokserie der RhB. Doch
ging die Dampfzeit recht bald nach deren Auslieferung zu Ende. 1919 war das gesamte RhB-Netz elektrifiziert. Ab 1920 begann der Verkauf der relativ jungen Lokomotiven nach Spanien und Brasilien. Die 18 neuesten Maschinen gingen 1926/27 nachThailand und – ein Novum – die ehemalige Lok 123 soll dort in ein Eisenbahnmuseum kommen.
Bis 1919 war das RhB-Netz elektrifiziert; Dampfloks hatten ausgedient Nur die Lokomotiven 107 und 108, die ersten Heißdampfloks, verblieben in der Schweiz als oberleitungsunabhängige Reserve. 1960 begann das öffentliche Interesse an Sonderzügen und das hielt bis heute an. So verdanken die 111 Jahre alten Loks die Hälfte ihres Lebens den Eisenbahnfreunden aus aller Welt. 107 ist in Landquart stationiert und heißt jetzt „Albula“, 108 steht als „Engiadina“ in Samedan. Harald Schönfeld
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Der Weg ist das Ziel Auch wenn er mit St. Moritz und Zermatt weltberühmte Anfangs- bzw. Endbahnhöfe hat: Seit jeher fährt der „Glacier Express“ nach dem Motto „Eile mit Weile“. Die Fahrgäste sollen vor allem komfortabel in der aufregenden Welt der Alpen unterwegs sein
Über 291 Brücken, durch 91 Tunnels, dabei über das UNESCO-Welterbe „Albulastrecke“ und den Oberalppass führt die Reise mit dem „Glacier Express“. Am 15. Juni 2011 hat Ellok Ge 4/4 II 617 einen Zug Davos – Zermatt übernommen; mit der Panorama-Garnitur befährt sie die Rheinbrücke bei Reichenau-Tamins. Inzwischen gibt es hier nur noch die „Glacier Express“-Züge St. Moritz – Zermatt Florian Martinoff
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Während Rhätische Bahn und Visp-Zermatt-Bahn den „Glacier Express“ von Anfang an mit Elloks bespannten, verwendete die Furka-Oberalpbahn in den ersten Jahren noch Dampfloks. Unterhalb von Gletsch fährt die Tenderlok in die 110-Promille-Steigung Jeck/Slg. Friedhelm Ernst
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Einsatz des „Glacier Express“ zu Beginn der 1930er-Jahre: Den Zug gibt es erst wenige Jahre, als Ellok HGe 4/4 13 der Visp-ZermattBahn (VZ) ihn auf der Strecke Visp – Zermatt befördert. Die VZ übernimmt den Zug jeweils in Brig, wohin ihn die Furka-Oberalp-Bahn (FO) gebracht hat; zuvor hat sie in Disentis/Mustér den Zug von der Rhätischen Bahn erhalten Archiv MGB/Slg. Dr. Schönborn
Das lange Band mit Wagen verschiedener Bahngesellschaften gehörte über Jahre hinweg zum Bild des „Glacier Express“ dazu. Am 7. August 1984 steht Ge 4/4 I 601 der RhB mit Wagen der RhB und FO im Übergabebahnhof Disentis/Mustér Harald Schönfeld
nde des 19. Jahrhunderts entstanden binnen kurzer Zeit mehrere Strecken in Graubünden und im Wallis. Von 1890 an war die Verbindung Landquart – Davos durchgehend befahrbar, von 1891 an Visp – Zermatt, ab 1904 Chur – Thusis – St. Moritz und ab 1912 Reichenau-Tamins – Disentis. Doch für einen durchgehenden Zug zwischen St. Moritz und Zermatt fehlten zunächst rund 100 Kilometer, und es gab auch Unterschiede im Betrieb: Während in Graubünden die Steigungen nur mit der Adhäsion – der Reibung zwischen Rad und Schiene – überwunden wurden, waren im Wallis sechs Zahnstangenabschnitte nach dem System Abt nötig, um den Höhenunterschied von fast 955 Metern zu meistern. Was die „Streckenlücke“ betraf, so wurde 1910 die „Compagnie Suisse du Chemin de
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Fer de la Furka, Brig – Furka – Disentis (Furkabahn, BFD)“ gegründet, deren Kapital in französischen Händen lag. Sie baute dieVerbindung Brig – Disentis, mit der der durchgehende Weg St. Moritz – Zermatt näher rückte, doch so einfach gestaltete sich das nicht. Auf Druck der Geldgeber errichtete
Die Arbeit an der Strecke Brig – Disentis dauerte mehr als zehn Jahre eine französische Firma die Bahnlinie, war aber mit einer Hochgebirgsstrecke überfordert. 1914 ging ein erster Streckenabschnitt Brig – Gletsch in Betrieb; durch den Ersten Weltkrieg, in den Frankreich verwickelt war, und die Inkompetenz der Baufirma musste man die weiteren Arbeiten einstellen. Die
Bahn geriet in finanzielle Schieflage. Im Dezember 1923 wurde sie zwangsweise liquidiert. Es war dem Engagement des Direktors der Visp–Zermatt-Bahn (VZ) sowie der Mithilfe der „Nachbarn“ Schöllenen-Bahn und Rhätische Bahn zu verdanken, dass die Furka-Oberalp-Bahn (FO) entstand, die das Rollmaterial und die Infrastruktur der BFD übernahm. So konnte am 3. Juli 1926 die Strecke Brig – Andermatt – Disentis offiziell in Betrieb genommen werden. Für die letzten rund zehn Kilometer, den „Lückenschluss“ Visp – Brig, war nochmals die VZ zuständig. Bereits in den 1920er-Jahren bestand auch der Wunsch nach durchlaufenden Wagen Zermatt – Graubünden.
Ein neuer Luxuszug für die Berge Nach dem Ersten Weltkrieg war recht bald wieder die Reiselust der „gehobenen Gesellschaft“ erwacht, die standesgemäß in luxuriösen Zügen fahren wollte. Dadurch nahmen nicht nur die normalspurigen Luxuszüge wieder ihren Betrieb auf, es entstan-
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Vom Südosten in den Süden der Schweiz führt der Laufweg des „Glacier Express“: 290 Kilometer durch die Alpen Glacier Express
Unterwegs bei der Furka-Oberalpbahn: Auf dem Zahnstangenabschnitt bei Andermatt befindet sich ein „Glacier Express“ mit einer Zuglok HGe 4/4 II auf Talfahrt. Archiv MGB/Slg. Dr. Schönborn
den zudem im Schmalspurbereich hochklassige Züge, wie der „Golden Mountain Express“ der Montreux–Oberland Bernois oder die Schnellzüge der Bernina Bahn; den „Engadin Express“ hatte es ja schon vor dem Krieg gegeben. Während diese Züge bald unter der Wirtschaftskrise litten, erkannten der Direktor der Visp-Zermatt-Bahn, welche die FurkaOberalp-Bahn in Betriebsgemeinschaft führte, und sein Kollege von der Rhätischen Bahn das touristische Potenzial einer durchgehenden Verbindung Wallis – Uri – Graubünden. So führten sie bereits 1926 Kurswagen Brig – Chur und Brig – St. Moritz mit einem „Lunch im Zuge“ (laut Kursbuch) ein. Die Kurswagen verkehrten nur im Sommer, das heißt, eigentlich nur während vier Monaten, weil der Streckenabschnitt Oberwald – Gletsch – Andermatt – Sedrun sonst wegen Lawinengefahr geschlossen war.
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Nach der Eröffnung der VerbindungsstreckeVisp – Brig am 5. Juni 1930 bauten die beteiligten Bahnen das Angebot aus. Am 22. Juni 1930 fuhr versuchsweise ein durchlaufender „Glacier Express“ ohne Umsteigen. Am 25. Juni 1930 setzte man offiziell den ersten „Glacier Express“ ein. Mit 70 gelade-
Noch versuchsweise fuhr am 22. Juni 1930 ein erster „Glacier Express“ nen Gästen, wie Bundesräten und den Direktoren von VZ und Rh.B., machte er sich auf den Weg von Zermatt nach St. Moritz, wo abends ein Fest im Suvrettahaus stattfand. Am 26. Juni folgte die Rückfahrt.Von Anfang an sollten die Reisenden dabei die beeindruckenden Bergwelten erleben. Die Geschwindigkeit war (und blieb) ungeachtet des Beinamens „Express“ Nebensache.
Die drei Bahnen setzten für den Zug ihr bestes und modernstes (bzw. modernisiertes) Rollmaterial ein, Personenwagen mit geschlossenen Plattformen und FaltenbalgÜbergängen. Auf dem Abschnitt der Rhätischen Bahn, Disentis – Chur bzw. – St. Moritz, kam noch ein Speisewagen hinzu. In der Regel war dies der Dr4ü 12 (heute WR 3812). Der Repräsentationswagen As4ü 61 der Rh.B., den man häufig auf Bildern sieht, wurde im Planbetrieb wohl weniger eingesetzt, weil er mit einem Gewicht von einer Tonne pro Platz zu schwer war. Im Eröffnungszug fuhr er jedoch mit.Triebfahrzeuge waren bei derVZ die elektrischen Lokomotiven HGe 4/4 11–15, bei der Rh.B. die ebenfalls elektrischen Ge 6/6 401–415, bei der FO hingegen die Dampfloks HG 3/4 1–10. Die Fahrzeit betrug pro Richtung knapp elf Stunden. Beachtenswert scheint auch, dass die Bezeichnung „Glacier Express“ in den Kurs-
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büchern 1930 und 1931 nur auf den Fahrplan- wegblieben, durch Schweizer Reisende ertafeln von VZ und FO vorkommt, bei der setzt werden. Dennoch verkehrte der Rh.B. nicht. Ab 1932 bis 1941 ist sie dann „Glacier Express“ im Herbst 1941 letztmals. allein bei der FO zu finden, danach bis einVon 1942 bis einschließlich Sommer 1946 schließlich 1963 gar nicht. Es waren stets fuhren täglich zwei Schnellzugpaare Brig – „durchlaufende Wagen“ verzeichnet. Ab Chur – Brig, von denen das eine einen SpeiSommer 1964 erschien der „Glacier Express“ sewagen auf dem Abschnitt Chur – Anderwieder bei BVZ und FO, ab 1974 – zusammen matt – Chur im Wagenverband hatte. Das anmit dem „Bernina Express“ – auf den ent- dere wurde als „Leichtschnellzug“ geführt sprechenden Fahrplanfeldern der RhB. und bestand aus einem Triebwagen BCFhe 2/4 42–45 und Kurswagen. Aus miliPause und Wiederbeginn tärtaktischen Gründen hatte die FO zunächst Am Ende des ersten Betriebsjahrzehnts ka- die Oberalpstrecke Disentis – Andermatt men für den Zug Schwierigkeiten auf. Die und danach den Rest elektrifiziert. Die Fahrpolitischen Spannungen in Europa nahmen leitung auf dem Abschnitt Realp – Oberwald zu. In der Schweiz wurde kurz vor dem Zwei- bestand aus Holzmasten und einer einfachen ten Weltkrieg die „Erwerbsersatzordnung“ Fahrleitung, weil die Anlagen jeden Herbst eingeführt, nach der Personen, die Militär- ab- und im folgenden Frühling wieder aufgedienst leisteten, Zahlungen erhielten. Damit baut werden mussten. 1947 wurde das Angebot ausgebaut, und konnten zu Beginn des Krieges dieTouristen, die wegen der Kämpfe im sonstigen Europa es verkehrten wieder Kurswagen Brig – BAHN EXTRA 3/2017
So speist man 1975 im „Glacier Express“. Noch im Mitropa-Design der 1940er-Jahre erwartet der RhB-Speisewagen die Gäste zur Mittagsmahlzeit Friedhelm Ernst
St. Moritz – Brig in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August. Salonwagen fuhren nicht mehr, dafür Erstklasswagen der Rh.B. und – wie bereits vor dem Krieg – die dreiklassigen Wagen ABC4ü 604 – 607. Ab 1948 gab es, solange der Abschnitt Oberwald – Sedrun geöffnet war, ein Zugpaar Zermatt – Brig – Chur (und umgekehrt), das vom 12. Juni bis 22. September einen Speisewagen Chur – Oberalpsee – Chur und vom 1. Juli bis 31. August Kurswagen Zermatt – St. Moritz – Zermatt mitführte. Der Speisewagenlauf war aus fahrplantechnischen Gründen ein wenig verkürzt worden; die Übergabe des Wagens fand jetzt bis einschließlich Sommer 1964 in der Kreuzungs- und Haltestelle Oberalpsee (zwischen Oberalppass und Nätschen) statt. Eingesetzt
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Im letzten Betriebsjahr herrscht auf der Furka-Bergstrecke extrem dichter Verkehr, weil viele noch ein letztes Mal über diese atemberaubende Strecke fahren wollen. Am 28. August 1981 wartet der Glacier Express 30, bespannt mit Lok HGe 4/4 31, im Bahnhof Gletsch die Kreuzung mit einem Verstärkungszug ab. Der Rhonegletscher hinten hat sich seit der ersten Fahrt des „Glacier Express“ 1930 schon deutlich zurückgezogen Dr. Dietmar Beckmann
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Glacier Express 33 hat am 28. August 1981 den Furka-Scheiteltunnel durchquert und fährt in den Bahnhof Muttbach-Belvédère ein; dort steht die Kreuzung mit einem Regionalzug nach Göschenen an (im Bild links). Die Station liegt auf 2.118 Metern über dem Meer Dr. Dietmar Beckmann
wurde ab 1949 einer der beiden Saalwagen der ehemaligen Bernina Bahn, die 1944 in der Mitropa-Zentralwerkstätte mit einer kleinen Küche ausgestattet worden und wegen ihrer Bauart leichter waren. Bei der „Liquidation deutscher Vermögenswerte in der Schweiz“ hatte die Rhätische Bahn die beiden Fahrzeuge zusammen mit den drei anderen Speisewagen ersteigert und in Dr4ü 13–14 umgezeichnet.
Moderneres Rollmaterial Allgemein verjüngten die beteiligten Bahnen ab den 1940er-Jahren den Fahrzeugbestand des gemeinsam betriebenen Zuges. Bereits während des Krieges hatte die FO einige Wagen älterer Bauart modernisiert. 1947 erhielt die Rh.B. die Elloks Ge 4/4 I 601–04, in den 1950er-Jahren nahm die VZ die Mitteleinstiegwagen in Leichtstahlbauweise in Betrieb, was sich auf das Image der durchlau-
An der Furka-Bergstrecke liegt auch im August 1981 Schnee! Gerade verlässt eine Ellok HGe 4/4 der FO mit einem Verstärkerzug des „Glacier Express“ den Scheiteltunnel am Westportal Dr. Dietmar Beckmann
Neue Wagen und kürzere Fahrzeiten prägten den Zug in den 1950er-Jahren
Blick zurück
„Glacier Express“ am Rhonegletscher Seinen klingenden Namen verdankt der „Glacier Express“ dem Rhonegletscher an der Quelle der Rhone im Nordosten des Kantons Wallis. Tatsächlich führte der Laufweg über die Furka-Bergstrecke an dem Gletscher entlang. Dieser in einer Höhe von bis zu 2.160 Metern über dem Meer verlaufende Streckenabschnitt stellte stets den Höhepunkt einer Reise mit dem „Glacier Express“ dar, zumal die Fahrgäste die gewaltige Eismasse am geöffneten Abteilfenster aus nächster Nähe bewundern konnten. Allerdings war die Furka-Bergstrecke nur in den Sommermonaten befahrbar, im Winter versank sie unter den jährlich wiederkehrenden Schneemassen, so dass auch die Route des „Glacier Express“ rund acht Monate unterbrochen war. Dies änderte sich im Jahre 1982 mit der Inbetriebnahme BAHN EXTRA 3/2017
des 15,38 Kilometer langen Furka-Basistunnels zwischen den Stationen Oberwald im Kanton Wallis und Realp im Kanton Uri. Das mit 318,5 Millionen Franken unerwartet teure „Furka-Loch“ ermöglichte den Reisezügen schlagartig eine fast 30 Minuten kürzere Fahrzeit und insbesondere dem „Glacier Express“ den ganzjährigen Betrieb. Die Bergstrecke wurde stillgelegt, aber ab 1992 von Eisenbahnfreunden nach und nach renoviert und für Sonderfahrten wieder in Betrieb genommen. Seit 2010 kann man die Gesamtstrecke mit Dampfzügen im Museumsbetrieb bereisen; der „Glacier Express“ fährt aber weiterhin 500 Meter tiefer im Dunkeln durch das Innere des Pizzo Rotondo. Der für den Zug namensgebende Rhonegletscher bleibt den Fahrgästen damit seit rund 35 Jahren verborgen.
fenden Züge und damit die Fahrgastzahlen positiv auswirkte. Dazu trug auch bei, dass die Fahrzeit auf zehn Stunden, teilweise sogar weniger verkürzt werden konnte. Da die Anhängelast bei der FO begrenzt war, führte sie Vor- bzw. Nachläuferzüge ein, auf die das Wagenmaterial „verteilt“ wurde und die häufig von einem Triebwagen BCFhe 2/4 geführt wurden. Außerdem verlängerte man die Verkehrszeit der Kurswagen Zermatt – St. Moritz – Zermatt um etwa zehn Tage in den September hinein. Die FO wurde 1961 in die Selbstständigkeit entlassen und fusionierte mit der Schöllenenbahn. In den 1960er-Jahren beschafften die Bahnen – zusätzlich auch BVZ und RhB – leichtere Personenwagen 1. und 2. Klasse aus der Aluminiumlegierung „Unidur“. Der Zug, der ab 1964 bei BVZ und FO wieder „Glacier Express“ hieß, erhielt ein einheitlicheres Erscheinungsbild, weil alle (neuen) Wagen rot lackiert waren. Allerdings war das Rot der RhB-Fahrzeuge heller als dasjenige von BVZ und FO, weil die Farbe denTriebwagen und Pendelzügen entsprach. Außerdem kamen bei der (B)VZ ab 1960 die leistungsfähigeren Doppeltriebwagen ABFeh 6/6 2031–32 und wenig später die Triebwagen ABDeh 8/8 2041–43 in Betrieb, bei der RhB die Elloks Ge 6/6 II 703–07, so dass sich die Reisezeit auf rund achteinhalb Stunden verkürzen ließ. Schließlich konnte bei der FO durch die leichteren Wagen die Anhängelast auf sechs Fahrzeuge erhöht werden.
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Rund acht Stunden fährt man heute mit dem „Glacier Express“, im Kursbuch als „GEX“ bezeichnet, von St. Moritz nach Zermatt und kann aus Panoramawagen die Bergwelt betrachten. Auf dem Streckennetz der RhB dauert die Fahrt etwas mehr als drei Stunden Sven Klein
Aktuell
Fahrzeiten 2017 Regelzug „Glacier Express“: Laufweg St. Moritz – Samedan – Filisur – Thusis – Chur – Disentis – Andermatt – Brig – Zermatt Winterfahrplan: gültig bis 12.05.2017 Zug 903 St. Moritz ab 09:02 Uhr – Zermatt an 17:03 Uhr Zug 902 Zermatt ab 08:52 Uhr – St. Moritz an 16:52 Uhr Sommerfahrplan: gültig 13.05.–22.10.2017 Zug 901 St. Moritz ab 08:02 Uhr – Zermatt an 16:10 Uhr Zug 900 Zermatt ab 07:52 Uhr – St. Moritz an 15:58 Uhr (Verkehrszeit 13.05.–15.10.2017) Zug 903 St. Moritz ab 09:02 Uhr – Zermatt an 17:10 Uhr Zug 902 Zermatt ab 08:52 Uhr – St. Moritz an 16:52 Uhr
Zusätzlich hatte der Kurdirektor von Pontresina Erfolg mit seinem Wunsch nach direkten Wagen Zermatt – Pontresina – Zermatt. In der Regel wurden ein Wagen 1./2. Klasse (AB) und ein Wagen 2. Klasse (B) der FO dafür eingesetzt. Das 1962 eingeführte Angebot blieb nur bis 1965 bestehen.
Touristenmagnet „Glacier Express“ Allgemein etablierte sich der Zug aber als beliebtes Reisemittel, vor allem beiTouristen. In den 1970er-Jahren nahmen die Fahrgastzahlen weiter zu. Dazu trug auch die Entscheidung des schweizerischen Parlaments bei, einen Kredit von 78 Millionen Franken für den Bau eines Furka-Basistunnels zu bewilligen. Damit war klar, dass der „Glacier Express“ nicht mehr lange die faszinierende Fahrt über den Furka-Pass unternehmen
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Im Jahr 2005 feiern Rhätische Bahn und Matterhorn Gotthard Bahn „75 Jahre Glacier Express“. Zu dem Anlass bespannen RhB-Ellok Ge 4/4 III 651 und MGB-Ellok HGe 4/4 II 106 einen Sonderzug mit zwei Panoramawagen; das Bild zeigt sie in der Station Oberalppass, dem höchsten Punkt der heutigen Route des „Glacier Express“ Archiv MGB/Slg. Dr. Schönborn
Zug 905 St. Moritz ab 10:02 Uhr – Zermatt an 18:10 Uhr Zug 904 Zermatt ab 09:52 Uhr – St. Moritz an 17:58 Uhr (Verkehrszeit 25.05.–17.09.2017) Die Züge sind mit gewöhnlichen Fahrausweisen nutzbar, zusätzlich braucht es jeweils eine Sitzplatzreservierung mit einer Gebühr von 13 Franken (Winterfahrplan) bis 33 Franken (Sommerfahrplan). Die einfache Fahrkarte St. Moritz – Zermatt kostet 153 Franken. Schweizer Sonderangebote wie Halbtax, Juniorkarte, Swiss Pass werden beim Fahrpreis berücksichtigt, ebenso Interrail- und Eurrailpässe. Kinder von sechs bis 16 Jahren reisen zum halben Fahrpreis. Vom 23.10.2017 bis 10.12.2017 fährt der „Glacier Express“ nicht. Info: www.glacierexpress.ch
würde. Viele wollten noch die einzigartige Strecke mit der legendären, klappbaren Steffenbachbrücke und dem imposanten Rhonegletscher erleben, was Anfang der 1980er-Jahre eine hohe Auslastung brachte; zum Teil mussten Zusatzzüge fahren.
Am 26. Juni 1982 wurde der Furka-Basistunnel in Betrieb genommen, der angesichts der entfallenen Bergstrecke befürchtete Rückgang der Fahrgastzahlen blieb allerdings aus. Der „Glacier Express“ blieb ein Touristenmagnet, auch im Winter. Eine Fern-
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Mit modernen Panoramawagen ist der „Glacier Express“ heute unterwegs: Die Rundumsicht im Zug kann man außer im Zeitraum Oktober bis Dezember täglich genießen (Aufnahme oberhalb von Bergün, Mai 2015) Michael Hubrich
seh-Reportage von Roman Brodman über den „langsamsten Schnellzug der Welt“ löste einen ungeahnten Boom aus, der durch geschickte Public-Relations-Maßnahmen unterstützt wurde. So brachte es das „schräge Glas“ als Markenzeichen des „Glacier Express“ auf die Titelseite der NewYork Times; Reisende können daraus im Speisewagen auch beim Befahren der steilen Streckenabschnitte trinken. DieVorlieben waren klar festgelegt. Der 1982 als „Entlastung“ eingeführte „Rhein–Rhone-„ bzw. „Rhone–RheinExpress“ Brig – Chur hatte keinen Erfolg, weil man mit dem „Original“ fahren wollte.
Neues Konzept, neue Fahrzeuge Im Sommer 1985 wurde ein neues Konzept mit drei gleichwertigen Zugpaaren unter dem Markennamen „Glacier Express“ umgesetzt. Gleichzeitig weiteten die Bahngesellschaften den Speisewagen-Einsatz aus und führten ein Kurswagenpaar nach/ab Davos Platz ein. Das Rollmaterial wurde erneut modernisiert: 1987 kam der erste PanoramawaBAHN EXTRA 3/2014
gen zum Einsatz, dem 1988 aufgrund des gro- gab es im Sommer bis zu neun Züge täglich, ßen Erfolgs drei weitere folgten. Und endlich fünf mit dem Laufweg St. Moritz –/Davos – bekam auch die FO neue leistungsstarke Lo- Zermatt und vier in der Gegenrichtung. Der komotiven, die HGe 4/4 II 101–03, denen die „Glacier Express“ war zu einem der weltweit 106–08 sowie die umgebauten 104–05 folgten. bekanntesten Züge geworden, der in allen 1990 erhielt auch die BVZ fünf HGe 4/4 II. fünf Kontinenten gebucht werden konnte. Zu Beginn der 1990er-Jahre wirkten sich mehrfach die Naturgewalten auf den „Gla- Der „Glacier Express“ seit 2000 cier Express“ aus, aber nur einmal direkt: Neben den Regelzügen gab es seit dem Jahr Am 27. Februar 1990 wurden in der Station 2000 einen Nostalgiezug, der das „Erlebnis Oberalppass die Wagen des Zuges vom Or- Glacier Express“ noch ergänzte. Jedoch entkan „Vivian“ umgeblasen, allein die Lok blieb wickelte sich der „Glacier Express“ trotz aufgrund ihres Gewichts stehen. Glück im allen Zuspruchs nicht zur ausschließlichen Unglück – einige Reisende erlitten leichte Erfolgsgeschichte. Weil die Fahrgastzahlen Blessuren, die übrigen kamen mit dem im Herbst nachließen, verkehrte der RegelSchrecken davon. zug ab 2003 nicht mehr zwischen Ende OkVor allem stand das Jahrzehnt im Zeichen tober und dem Fahrplanwechsel im Dezemweiterer Erneuerung. FO und BVZ bestellten ber. 2008 wurde das Betriebskonzept geänzusammen 14 Panoramawagen, die vom ita- dert, indem es keine Kurswagen(gruppen) lienischen Designer Pininfarina entworfen mehr ab/bis Chur gab und auf der Albulawurden und mit denen unter anderem ein undVorderrheinstrecke teils Doppelgarniturein erstklassiges Zugpaar Zermatt – St. Mo- ren aus zwei Blockzügen geführt wurden. ritz – Zermatt mit einem Speisewagen ab/bis In der Zwischenzeit hatte der Zug auch Brig gebildet wurde. Mitte der 1990er-Jahre nochmals neue Fahrzeuge erhalten. Da die
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Special
| GLACIER EXPRESS EINST UND JETZT
Sage und schreibe 14 Wagen umfasst die Kombination aus dem Regionalteil Disentis – Chur (vorne) und dem „Glacier Express“ (hinten), die RhB-Ellok Ge 4/4 I 629 am 8. August 1984 am Haken hat. Gerade nimmt die Garnitur aus Disentis heraus Fahrt auf Harald Schönfeld
Auch heute fahren Züge des „Glacier Express“ vereinigt mit RegioExpressZügen. Im April 2007 trifft „Glacier Express“-Werbe-Ellok Ge 4/4 III 651 mit ihrem Zug in Filisur ein Michael Hubrich
So sieht der „Glacier Express“ heute aus: Im Sommer 2016 ist eine Garnitur mit einer Ellok der bei der Matterhorn Gotthard Bahn auf dem Oberalppass unterwegs MGBahn
Verantwortlichen glaubten, dass das Wagenmaterial und das Verpflegungskonzept des „Glacier Express“ nicht mehr den hohen Ansprüchen der Reisenden genügten, wurden 2006 vier „Blockzüge“ aus je sechs Panoramawagen in Betrieb genommen. Sie bestehen jeweils aus zwei Erstklasswagen, davon einem mit behindertengerechtem WC, einem Servicewagen mit Stehbar, in dem die Mahlzeiten weiterhin frisch zubereitet, aber dann am Platz serviert wurden, und drei Zweitklasswagen. Diese Garnituren wurden als „Premium-Züge“ in zwei Zugpaaren eingesetzt. Mittels einer Nachbestellung und durch den Umbau der vorhandenen Panoramawagen wurden vier weitere Garnituren gebildet – zwei mit Servicewagen, zwei mit Oldtimer-Speisewagen (von/nach Davos). Ohne Schwierigkeiten lief der Betrieb auch in der Folge nicht. Am 23. Juli 2010 ereignete sich zwischen Lax und Fiesch Feriendorf ein schwerer Unfall, bei dem die beiden Erstklass- und der Servicewagen
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eines „Glacier Express“ entgleisten und um- gen der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 stürzten. Der Lokführer hatte den verspä- sowie geänderte Buchungs- und Reiseteten Zug nach einer Langsamfahrstelle zu gewohnheiten. Individualreisen, bei denen früh beschleunigt. Ein weiblicher Fahrgast man in kurzer Zeit mehr erlebt, liefen dem aus Japan verlor das Leben, 42 Personen wur- „langsamen Schnellzug“ den Rang ab. So befindet sich das Angebot aktuell (wieden verletzt, zwölf davon schwer. Am 31. Dezember 2013 erlosch zudem der der) in einer Phase der Umstrukturierung. Anspruch auf Abgeltungsgelder des Bundes, Um den Zug neu zu positionieren, soll 2017 was die Bahnen zu Einsparungen zwang – eine „Glacier Express AG“ gegründet werunter anderem beim „Glacier Express“. Das den; der Posten der Geschäftsführerin wurde Zugpaar Zermatt – Davos – Zermatt fuhr des- mit einer ausgewiesenenTourismusfachfrau besetzt. 2018 soll es neue Angebote geben, zum Beispiel Kurzreisen ab Andermatt nach St. Moritz oder Zermatt. Einstweilen setzen die beteiligten Bahngesellschaften – neben der RhB heute die Matterhorn Gotthard halb 2013 zum letzten Mal, der als Ersatz im Bahn (MGB) – den „Glacier Express“ in verSommer 2014 fahrende „Glacier Express trautem Umfang ein: Auch im Sommer 2017 Bus“ scheiterte bei den Reisenden und wurde fahren drei Zugpaare Zermatt – St. Moritz – nach nur einem Sommer eingestellt. Ver- Zermatt. Im Panoramawagen kann der Reischiedene Faktoren hatten schon vorher die sende dabei die faszinierende Bergwelt auf Fahrgastzahlen sinken lassen. Dazu gehör- sich wirken lassen. Dr. Hans-Bernhard Schönborn/GM ten die Freigabe des Frankenkurses, die Fol-
2006 wurden nochmals Panoramawagen für den „Glacier Express“ gekauft
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Strecken und Betrieb
| WEITERE EXPRESSZÜGE DER RHÄTISCHEN BAHN
Von Engadin-Express bis Engadin Star Engadin-Express Das „Amtliche Kursbuch“ verzeichnet für die am 1. Juli 1896 eröffnete Strecke Chur – Thusis im Sommerfahrplan 1896 den „Engadin-Expresszug“ (Foto 1). Als rein erstklassiges Zugpaar legte er die Strecke Chur – Thusis mit nur einem Zwischenhalt in Reichenau-Tamins in 54 Minuten zurück, fuhr aber nur an bestimmten Tagen und stellte dann den Anschluss an einen weiteren Luxuszug her, den „Calais–Engadin-Express“. Nach der Eröffnung der Albulastrecke Thusis – St. Moritz 1904 verkehrte der „Engadin Express“, seinem Namen entsprechend, weiter bis St. Moritz.1913/14 erhielt der Zug vierachsige Drehgestellwagen mit geschlossenen Einstiegsplattformen und Faltenübergängen.Von 1921 an übernahmen die Krokodilloks Ge 6/6 die Traktion des Prestigezuges, der als einziger auf den Fahrplantafeln der Rh.B. im Kursbuch namentlich er-
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Unter den Expresszügen der Rhätischen Bahn sind der „Bernina Express“ und der „Glacier Express“ ganz klar die ersten Adressen. Es gab und gibt aber noch weitere Züge mit diesem Prädikat. Eine Übersicht
wähnt wurde. Ab 1930 kam ein Speisewagen hinzu, aber zunächst nur auf der abendlichen Rückfahrt im Sommer, und nach dem Kauf der Pullmanwagen der MontreuxOberland-Bernois-Bahn wurde der Zug zweiklassig. Der Zweite Weltkrieg führte zum Niedergang des Luxuszuges. „Wiederbelebungsversuche“ nach 1945 hatten keinen Erfolg.
Schnellzüge St. Moritz – Tirano Die damals eigenständige Bernina Bahn (BB) führte 1927 Schnellzugverbindungen zwischen St. Moritz undTirano ein; inTirano bestanden Anschlüsse in Richtung Mailand. Ab 1929 führte jeweils ein Schnellzugpaar einen Speisewagen, der aus einem der Saalwagen B4ü 161 – 62 und dem nur in der Schweiz verkehrenden Küchenwagen Xü 31 bestand. Die Bewirtschaftung übernahm die Mitropa. Da wegen der zunehmenden politi-
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3 Für Touristen und Ausflügler gab es mit dem „Engadin Star“ ab 1999 eine schnelle Verbindung Landquart – St. Moritz Dr. Hans-Bernhard Schönborn
1 Luxuriöse Bahnfahrten zwischen Chur und Thusis bzw. St. Moritz bot die Rhätische Bahn bis in die 1940er-Jahre mit dem „EngadinExpress“ an Archiv RhB/ Slg. Dr. Schönborn
2 Von 1997 bis 2007 auf der Strecke Chur – Arosa unterwegs: der Touristenzug „Arosa Express“ Dr. Hans-Bernhard Schönborn
schen Spannungen dieTouristen wegblieben, dung auch „Bernina Express“, zumal das verkehrten die Speisewagen ab 1936 „bis auf Rollmaterial mit demjenigen der anderen weiteres“ nicht mehr, ab 1940 gab es auch „Bernina Express“-Züge identisch war. keine Schnellzüge mehr. Die Speisewagen erhielten 1944 in der Mitropa-Zentralwerk- Arosa Express stätte in Berlin eine eigene Küche und wur- Als 1997 das Stromsystem auf der Strecke den für das Stromsystem des RhB-Stamm- Chur – Arosa von Gleichstrom auf den auf netzes hergerichtet. Sie fuhren danach auf dem Stammnetz üblichen Wechselstrom von dem Streckenabschnitt Chur – Oberalpsee 11 kV/16,7 Hz umgestellt wurde, nahm auch der Furka-Oberalp-Bahn. der „Arosa Express“ für zehn Jahre den Betrieb auf (Foto 2). An ihm beteiligten sich Heidiland–Bernina Express (finanziell) die RhB, die Arosa Bergbahnen, In jüngerer Zeit richtete die RhB weitere Ex- die Tourismus-Organisation sowie die Gepresszüge ein, jedoch nicht als Luxuszüge, meinde Arosa. Der Steuerwagen Bt 1703, die sondern mit touristischer Ausrichtung. Der Wagen B 2319, AB 1570, As 1256 mit großen 1995 eingeführte Zug mit dem Laufweg Panoramafenstern sowie der Gepäckwagen Landquart – Davos – Filisur – Tirano trug zu- mit Barabteil BD 2481 wurden dafür im Innenächst den Namen „Heidiland–Bernina-Ex- ren modernisiert und äußerlich blau mit press“. Ab 1999 hieß er „Heidi Express“, 2005 einer auffälligen „Alpenflora“ lackiert.Triebwurde der Zuglauf auf die Strecke Davos – fahrzeug des Pendelzuges wurde eine Ellok Tirano verkürzt.Von 2006 an hieß dieVerbin- Ge 4/4 II. Nach dem Auslaufen des Vertrages BAHN EXTRA 3/2017
erhielten die Wagen bei einer Revision wieder eine Lackierung in RhB-Rot; nur die Panoramafenster des A 1256 erinnern noch an den „Arosa Express“.
Engadin Star Mit der Eröffnung des Vereina-Tunnels am 19. November 1999 ging auch der „Engadin Star“ in Betrieb, der die Strecke Landquart – Klosters –Vereinatunnel – Zernez – St. Moritz befuhr (Foto 3). Für Pendler und Tagesausflügler bot er eine schnelle Anschluss-Verbindung von Zürich (mit den SBB) über Landquart (von da ab mit der RhB) ins Engadin an. Da die Bezeichnung „Engadin Star“ auch für andere Produkte verwendet wurde und den Zug kein „spezielles“ Rollmaterial auszeichnete, konnte sich der Markenname allerdings nicht richtig etablieren. Zusammenstellung: Dr. H.-B. Schönborn
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Fahrzeuge
| ELLOKS GE 6/6 I UND GE 4/4 (BERNINA)
Rhätische
Reptilien
Für die Hauptstrecke Chur – St. Moritz beschaffte die RhB ab 1921 eine ihrer berühmtesten Elloks: das „Rhätische Krokodil“ Ge 6/6. Die markante Konstruktion überzeugte im Alltag bestens. Bald sollte auch eine „Stiefschwester“ den RhB-Bestand bereichern ls „Krokodile“ bezeichnet man kurven- Drehgestelle: die Ge 6/6. Die Elektrik steuerläufige Elloks mit relativ kurzem Kas- ten BBC und die Maschinenfabrik Oerlikon ten und zwei weit darüber hinausra- bei. Die erste Lok ging 1921 in Betrieb; die genden Drehgestellen, deren Drehzapfen erste Bauserie umfasste sechs Stück. Aufganz am Ende des Lokkastens liegen. Die grund der guten Betriebserfahrungen ermeist dreiachsigen Drehgestelle enthalten höhte die RhB bis 1929 die Stückzahl in drei die Fahrmotoren und tragen im vorderen Stufen auf 15 Exemplare. Damit weist das Bereich eigene Kästen, deren Höhe bis an „Krokodil“ bis heute die höchste Stückzahl die Führerstandsfenster heranreicht. In der aller RhB-Elloks auf. Frühzeit der Elektrifizierung war diese BauUm die bereits in Normalspur-Lokomotiart, die im Aussehen etwas an die Reptilien ven bewährten Motoren einbauen zu erinnert, typisch für zugkräftige Gebirgsloks. können, erhielten die Drehgestelle AußenBerühmt wurde sie durch Lokomotiven der rahmen. Das hatte zur Folge, dass der StanSchweizerischen Bundesbahnen (SBB) für genantrieb nicht direkt an den Rädern, sondie Gotthardbahn mit der Achsfolge dern außerhalb der Achslager an Kurbeln (1’C)‘(C1‘)‘; die Österreichischen Bundesbah- angreift. Der Motor treibt beidseitig über nen (ÖBB) folgten mit ähnlichen Loks. Lauf- Zahnräder eine Blindwelle an, deren große achslos waren in der Schweiz das normal- Zahnräder Kurbelzapfen tragen. An diese spurige „Seetal-Krokodil“ De 6/6 der SBB, sind wiederum die Schrägstangen als Bindedas schmalspurige Krokodil Ge 6/6 der Rhä- glied zu den stangengekuppelten Treibtischen Bahn und, nur vierachsig, das Kro- achsen angelenkt. kodil Ge 4/4 der Berninabahn. Die Motoren werden durch manuell über Ketten bewegte Stufenschalter gesteuert. Sie Das Rhätische Krokodil arbeiten, bei Gleichstrom-Erregung, auch Die letztgebaute Strecke der RhB, im Enga- als Widerstandsbremse. Ihr Ventilator zur din (oberes Inntal) von Bever nach Scoul, Fremdbelüftung steht im vorderen Raum unwar gleichzeitig ihre erste elektrisch betrie- ter der Haube, ebenso der Wendeschalter. bene Strecke. Mit 25 Promille wies sie im Der Lokomotivrahmen überträgt die ZugStreckennetz noch verhältnismäßig moderate Steigungen auf. Hier kamen ab 1913 Kasten-Elloks der Achsfolgen 1’B1’ und 1’D1‘ zum Einsatz. Auf der älteren Hauptstrecke Chur – Thusis – Albula – St. Moritz herrschte zunächst Dampfbetrieb. Die Steigung von und Druckkräfte zwischen den Drehgestel35 Promille und das hohe Verkehrsaufkom- len. In dem nur 6,6 Meter langen Lokkasten men zwangen aber zur Elektrifizierung und stehen der schwere Haupttransformator mit zur Beschaffung leistungsfähigerer Loks. seiner Belüftung und auch die BremswiderDiese sollten trotz Beschränkung der Achs- stände. Die Seitenwände des Kastens sind last auf elf Tonnen Züge mit 200 Tonnen Ge- sehr unterschiedlich. Links dominieren growicht bei 30 km/h Geschwindigkeit bergauf ße Lüftungsgitter, während die rechte Seite weitgehend geschlossen ist und nur ein kleiführen können. Die SLM in Winterthur, Schöpferin der nes Fenster aufweist. Wie bei den Gotthard-Krokodilen reicht Gotthard-Krokodile, konstruierte ein kleines Krokodil mit Schrägstangen-Antrieb der das Dach weit über die Frontscheiben hinaus.
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Die „Krokodil-Motoren“ arbeiten auch als Widerstandsbremse
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Im September 1963 steht RhB-Krokodil 411 mit einem Personenzug nach Chur abfahrbereit in Disentis. Die markanten Gelenkloks, als Ge 6/6 I bezeichnet, erreichten in ihrer Dienstzeit die bemerkenswerte Laufleistung von mehr als vier Millionen Kilometern Friedhelm Ernst
Grund ist weniger der Blendschutz für den Lokführer als das Bemühen, die Schleifstücke der Stromabnehmer über den Drehzapfen der Drehgestelle zu positionieren. Der Führerstand ist für stehende Bedienung gestaltet, aber ein Klappsitz ist vorhanden. Der Lokführer steht rechts und auf dieser Seite befindet sich auch der Haupteingang. In der abgeschrägten Wand links vorn ist noch eine zweiteTür, die auch auf den schmalen Umgang des Vorbaus führt.
Einsätze und Verbleibe Die Rhätischen Krokodile verdrängten die Dampfloks von der Albulastrecke. Rund 20 Jahre lang wurden sie für sämtliche Dienste eingesetzt; sie führten auch den ersten „Glacier-Express“. Erst durch die Ge 4/4
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Technik
Die Elloks in Zahlen
Für Extrafahrten machte die Rhätische Bahn Ellok Ge 6/6 I 412 zum „Blaublüter“. Der farbenfrohe Einzelgänger kommt mit historischen Salonwagen zum Einsatz Slg. Klaus Himmelreich BAHN EXTRA 3/2017
Betriebsnummern Baujahre Hersteller Spurweite (mm) Achsfolge Raddurchmesser (mm) Länge über Puffer (mm) Anzahl der Fahrmotoren Dienstgewicht (t) Stromsystem Stundenleistung (kW) Anfahrzugkraft (kN) Höchstgeschwindigkeit (km/h)
Ge 6/6 I 401–415 1921–1929 SLM BBC MFO 1.000 C’C‘ 1.070 13.300 2 66 11 kV 16,7 Hz 792 152 55
Ge 4/4 182 1928 SLM SAAS 1.000 Bo’Bo‘ 975 14.000 4x2 43 1 kV GS 580 145 45
Angegeben ist jeweils der Endzustand.
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kam Entlastung und die in den 1950er-Jahren beschaffte Ge 6/6 II war der Ge 6/6 schließlich auch bezüglich Zugkraft überlegen. Die Krokodile erlebten im Laufe der Zeit nur kleine Umbauten. Äußerlich sichtbar war ab 1948 die Umstellung auf Stromabnehmer mit Doppel-Schleifstücken, die dem jeweils vorderen Stromabnehmer Ruhepausen verschaffte. In den 1950er-Jahren wurden ganzjährig brauchbare Bahnräumer angebracht. Die braune Farbe und die Messingschilder blieben erhalten. 1984 endete der Plandienst im Wesentlichen. Bis dahin hatten die Ge 6/6 Laufleistungen von über vier Millionen Kilometer erreicht – enorme Werte für eine langsame
Heute gibt es noch sechs Exemplare vom Rhätischen Krokodil Schmalspurlok. Die vielen Fans sorgten dafür, dass heute noch sechs dieser Loks existieren. Die beiden jüngsten, Nummer 414 und 415, sind für Sonderfahrten in Samedan und Landquart stationiert. Nummer 402 steht im Verkehrshaus Luzern und Nummer 407 in Bergün vor dem Albula-Bahnmuseum. Zwei weitere Lokomotiven stehen auf deutschem Boden: Nummer 411 findet sich im Deutschen Museum München, Nummer 406 ist in Privatbesitz und war 2015/16 im Lokwerk Meiningen.
Das Bernina-Krokodil Die Berninabahn St. Moritz – Tirano ging 1910 bereits elektrifiziert in Betrieb und war bis 1943 eine von der RhB unabhängige Bahngesellschaft. Die Kompatibilität mit dieser ging mit deren Elektrifizierung verloren, denn die RhB wählte wie eine moderne Vollbahn hochgespannten Wechselstrom mit
Museumslok Nummer 414 rangiert im Oktober 1992 im Bahnhof von Samedan. Nach einem Umbau in den 1950er-Jahren können die Ge 6/6 I mit nur einem Stromabnehmer am Fahrdraht fahren. Gut zu sehen ist auch die Tür, die vom Führerstand auf den Umlauf führt Harald Schönfeld
16 2/3 Hz, während die Bernina-Bahngesell- (nach Norden). Für Güterzüge wurde im Jahr schaft (BB) wie eine Kleinbahn mit kosten- 1916 die C’C‘-Kasten-Ellok Nummer 81 begünstigem 750-V-Gleichstrom startete (1935 schafft (heute bei der Museumsbahn Blonay wurde dieser auf 1.000 V erhöht). Die Ber- – Chamby vorhanden) und 1928 dann auch nina-Strecke sollte primär dem Sommer- eine Krokodillok, die Lok Nummer 82 mit tourismus dienen; Winterbetrieb war ange- der Achsfolge Bo’Bo‘. Nur sieben Jahre jünger als das „Rhätische Krokodil“ und im mestrebt, aber nicht verpflichtend. Als Triebfahrzeuge setzte die BB fast aus- chanischen Teil außerdem von demselben schließlichTriebwagen mit Antrieb aller vier Hersteller gefertigt, gehörte dieses zweite Achsen ein. Sie fuhren oft in Doppeltraktion „rhätische Reptil“ bereits einer neuen Geneund konnten erhebliche Anhängelasten über ration an. Nummer 82 verfügte über Einzeldie 70-Promille-Steigungen führen. An Rei- achsantrieb statt Stangenantrieb. Mehr sezüge waren oft einzelne Güterwagen ge- noch: Es war die erste Schweizer Lok mit kuppelt. Der Güterverkehr bestand primär der Achsfolge Bo’Bo’, einer Achsfolge, die aus Langholz (nach Süden) und Mineralöl heute der weltweite Standard ist.
Die Ge 6/6 in der technischen Zeichnung mit den bedeutendsten Abmessungen. Als die RhB später eine Neubau-Ellok der Achsfolge Bo’Bo’Bo’ beschaffte, wurde das „Krokodil“ als Ge 6/6 I geführt und der Neuling als Ge 6/6 II (siehe auch S. 66-69) RhB/Slg. Dr. H.-B. Schönborn
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an der Stirnwand samt eines Durchgangs im Schneepflug.
In Diensten der RhB
Im März 1979 veranstaltet das Verkehrshaus Luzern eine „Krokodilschau“. Zu den bestaunten Exponaten gehört auch das „Bernina-Krokodil“, die mit Einzelachsantrieb ausgerüstete Lok Nummer 182 (früher 82) der Bernina-Bahn/RhB Harald Schönfeld
Die Elektrik und die Antriebstechnik stammten nicht von den klassischen Herstellern im Raum Zürich, sondern von der Firma Sècheron in Genf. Oberhalb der Räder waren je zwei Gleichstrommotoren dicht nebeneinander angeordnet, die gemeinsam ein großes Zahnrad antrieben. Dieses saß auf einer Hohlwelle, an deren Enden Mitnehmersterne über tangentiale Federn die Räder antrieben. Dieser „Sècheron-Antrieb“ ging auf eine Konstruktion von Westinghouse zurück und ähnelt im Prinzip dem in Deutschland bekannten Federtopfantrieb. Die Drehgestelle waren vorn mit riesigen Schneepflügen ausgerüstet, Ausdruck des Bemühens um ganzjährigen Betrieb (siehe
auch S. 34-41). Die Lokomotivbrücke übertrug die Zug- und Stoßkräfte zwischen den Drehgestellen. Im Lokomotivkasten war viel Platz, da dank Gleichstrombetrieb kein Transformator mitzuführen war. Das kam dem fallweise mitfahrenden SchneeräumPersonal und seinem Werkzeug zugute. Hauptaggregate waren der Druckluftkompressor für die Lok, die Vakuumpumpe für die Zugbremsung, die Schützsteuerung der Fahr- und Bremsstufen und ein Akkumulator. Die Widerstände für das Anfahren und Bremsen waren auf dem Dach angeordnet. Die Führerstände waren – wie beim Rhätischen Krokodil – für stehende Bedienung gestaltet. Sie besaßen zunächst noch eine schmaleTür
Nach Übernahme durch die RhB führte das Bernina-Krokodil ein bewegtes Leben. 1946 wurden die Schneepflüge abgebaut. Ihr Einsatz konnte zu großen Seitenkräften und in Anbetracht des geringen Achsdrucks zu Entgleisungen führen. Die Drehgestelle wurden kürzer. Sie erhielten relativ kleine Kästen und relativ große Schienenräumer. Für die Aufrechterhaltung des Winterbetriebs hatten sich Schneeschleudern bewährt. Die Loknummer wurde aus organisatorischen Gründen dreistellig: 182. Jeweils 1953 und 1962 mussten Unfallschäden repariert werden. 1966 erhielt die Lok noch EinholmStromabnehmer. 1977 verließ sie mit ca. einer Million Kilometer Fahrleistung den Plandienst. Einige Jahre stand sie im Verkehrshaus der Schweiz, Luzern, und nahm dort auch (wieder mit Scherenstromabnehmern) an einer „Krokodilschau“ teil. 1984 kaufte eine französische Privatfirma das „Bernina-Krokodil“ und verlegte es nach St.-Georges-de-Commiers südlich von Grenoble. Dort blieb die Lok untätig abgestellt im Gelände der La-Mure-Bahn, einer ehemaligen Bergwerksbahn, die nun als Touristenbahn diente (mit 2.400 V statt 1.000 V). Die Lok verfiel 15 Jahre lang, dann ging ihr Besitzer in Konkurs. 1999 nahm sich der Schweizer „Club 1889“ ihrer an. DessenTeam „Associazione 182“ holte die Lok mühevoll nach Graubünden zurück. Die Überführung der rollfähigen Maschine von Landquart in die alte und neue Heimat Poschiavo entwickelte sich zum Volksfest. Dank fähiger Mitarbeiter und Sponsoren wurde das BerninaKrokodil perfekt restauriert; seit der 100Jahr-Feier der Berninabahn 2010 ist es wieder betriebsfähig. Harald Schönfeld/GM
Das „Bernina-Krokodil“, Lok Ge 4/4 82, in der Ursprungs-Ausführung mit großen Schneepflügen (siehe auch Foto S. 36) RhB/Slg. Dr. Schönborn
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Kennzeichen Kastenform Als Ergänzung des Lokomotivparks beschaffte die Rhätische Bahn ab 1947 die Drehgestell-Maschinen des Typs Ge 4/4 I. Die kompakten Triebfahrzeuge wurden die neuen Standardloks im Bestand; dazu leiteten sie eine neue Ellok-Generation ein
ur in der neutralen Schweiz war es möglich, dass man sich in den 1940er-Jahren mit der Entwicklung von Elektrolokomotiven befasste. In fast allen anderen Ländern Europas tobte der Krieg; seine Folgen diktierten auch noch in der Folge das Geschehen. Ganz ohne Konsequenzen waren die Kämpfe für die Schweiz aber nicht geblieben. Der Krieg hatte hier die Elektrifizierung beschleunigt; Kohleund Ölvorkommen fehlten, so dass Wasserkraftwerke alternativ Energie für den Zugbetrieb bereit stellen sollten. Die neuen Schweizer Elloks entstanden nach dem noch heute gültigen Konzept mit zweiachsigen Drehgestellen, einzeln angetriebenen Achsen und fehlenden Laufach-
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Rund zehn Jahre steht Ge 4/4 I Nr. 608 „Madrisa“ im Dienst, als sie im September 1963 mit einem Personenzug aus Chur in Disentis eingetroffen ist. Sie gehört zur zweiten Serie der von der RhB beschafften Bo’Bo’-Einheitsloks und verfügt zu der Zeit noch über eine Fronttür Friedhelm Ernst
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sen. Es begann 1944 mit der Lieferung der Ae 4/4, einer Hochleistungslok der Lötschbergbahn. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) folgten 1946 mit der Re 4/4, einer kurvenschnellen Leichtbaulok, und die Rhätische Bahn fast gleichzeitig mit einer schmalspurigen Version, der Ge 4/4. Hersteller des mechanischen Teils aller drei Typen war die SLM in Winterthur. Den elektrischen Teil lieferten BBC Baden und für Re 4/4 und Ge 4/4 auch MFO in Zürich-Oerlikon.
Die Ge 4/4 I der RhB Das „Rhätische Krokodil“ war die Universallok der 1930er- und 1940er-Jahre gewesen. In der Zugkraft übertraf sie eine vierachsige Lok, aber für moderne Reisezüge auf Stre-
Nach dem Umbau der 1980er-/1990er-Jahre verfügten die Ge 4/4 I über eine rote Lackierung, Farb- statt Chrombeschriftung und neue Führerstände mit nur noch zwei Frontfenstern. Das Bild der so umgestalteten Lok Nr. 606 entstand im Oktober 1992 Harald Schönfeld Auch im Güterverkehr wurden die Ge 6/6 II zu einer wichtigen Stütze. Im Oktober 1992 fährt Lok 705 bei Malans Richtung Klosters und befördert neben einem Arbeitstriebwagen diverse Kesselwagen, im Eisenbahnerjargon „Mohrenköpfe“ genannt Harald Schönfeld
cken mit geringeren Steigungen reichte ihre Geschwindigkeit nicht aus.Von einer neuen Lok forderte die RhB nun 75 km/h Geschwindigkeit und die Förderung von 165 Tonnen Anhängelast mit 46 km/h über die 35-Promille-Rampen der Albulabahn. Zunächst wurden vier Stück des Typs Ge 4/4 I, nummeriert als Lok 601 bis 604, gebaut und 1947 geliefert. Mit dem kantigen, an den Enden gefällig abgerundeten Lokomotivkasten in grüner Farbgebung waren sie sofort als kleine Schwestern der Re 4/4 zu erkennen. Der Kasten war eine selbsttragende geschweißte Stahlkonstruktion mit schmalen Türen und Übergängen an den Stirnseiten. Die Drehgestelle trugen die Zug- und Stoßvorrichtungen und große Schienenräumer. Elastische Querkupplungen zwischen den Drehgestellen verbesserten den Bogenlauf. BAHN EXTRA 3/2017
Die Fahrmotoren hatte man starr im Drehgestell-Rahmen befestigt. Um die Federwege der Radachsen zu verkraften, wurden diese über den „BBC-Federantrieb“ angekuppelt.
Die Ge 4/4 I war leicht als kleine Schwester der SBBEllok Re 4/4 I zu erkennen Dieser arbeitet ähnlich dem von den deutschen E 17/18/19 her bekannten Federtopfantrieb mit einem Kranz tangentialer Schraubenfedern. Diese sind aber nicht in den Treibrädern, sondern im Großrad der Zahnradübersetzung angebracht. Die vier achtpoligen Reihenschlussmotoren wurden elektrisch parallel geschaltet. Der Hochspannungs-Stufenschalter am Haupttransformator bot 28 Fahrstufen an. Es war eine (relativ
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schwache) Nutzstrombremsung vorhanden, ergänzt durch druckluftbetätigte Backenbremsen an den Rädern. Der schwere Transformator stand genau mittig in der Lok und darüber überragte der Hauptschalter das Dach. Eine Vielfachsteuerung für Doppeltraktion und Wendezugbetrieb war vorhanden, arbeitete aber zunächst unbefriedigend. Die vier Prototyploks bewährten sich so gut, dass die RhB 1953 sechs weitere Loks (Nr. 605–610) bestellte. Im Vergleich zu den Erstlingsloks fehlte bei diesen nur die Vielfachsteuerung, die aber später in verbes- Die Einheitslok Ge 4/4 I in der Ursprungsversion; abgebildet ist die Erstlingslok 601, geliefert 1947 serter Ausführung wiederkam. RhB/Slg. Dr. H.-B. Schönborn Obwohl 1973 bis 1985 der leistungsfähigere Nachfolgetyp Ge 4/4 II (Nr. 611–633) auf die Schienen kam, konnte man auf die Ungewöhnliche Bespannung: Ge 4/4 I nicht verzichten. Daher unterzog die Ge 4/4 I 601 hat RhB die alten Lokomotiven zwischen 1986 zusammen mit einem und 1992 einem großen Umbau, äußerlich erTriebwagen ABe 4/4 in kennbar an der neuen Stirnfront, dem Farbden 1980er-Jahren wechsel von Grün auf Rot und den Verlust bei Bever einen Personenzug überder edlen Chrom-Beschriftung. Völlig neue nommen geräumige Führerstände mit zweiteiligem Dr. Dietmar Beckmann Frontfenster überragten etwas die Pufferbohlen. Zu den Neuerungen in der Elektrik zählte eine neueVielfachsteuerung, denn die Loks sollten überwiegend Pendelzüge führen und in Doppeltraktion auch Güterzüge. Die Höchstgeschwindigkeit wurde von 75 auf 80 km/h angehoben. Nachdem die 60Promille-Strecke Chur – Arosa von Gleichauf Wechselstrom umgestellt worden war,
Stichwort
Taufnamen der Loks Die zehn Loks der Ge 4/4 I trugen von Anbeginn in großer Schrift die Namen von Bergen und Landschaften Graubündens. Die Frontseiten ziert seit dem Farbwechsel von Grün auf Rot das Wappen des Kantons. 601 Albula 602 Bernina 603 Badus 604 Calanda 605 Silvretta 606 Kesch 607 Surselva 608 Madrisa 609 Linard 610 Viamala Etwas anders ging die RhB bei den Taufnamen der Ge 6/6 II vor. Die Prototypen tragen Namen, die an die römische Besiedlung des Kantons Graubünden erinnern: 701 Rhaetia 702 Curia (= Chur) Die späteren Loks wurden wichtigen Ortschaften im Streckennetz gewidmet: 703 St. Moritz 704 Davos 705 Pontresina/Puntraschigna 706 Disentis/ Mustér 707 Scuol Hinter dem Schrägstrich steht jeweils der rhätoromanische Name. An den Frontseiten tragen die Loks seit der Farbumstellung die Wappen der Orte.
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Die kräftigere Ellok Ge 6/6 II mit ihren wichtigsten Abmessungen RhB/Slg. Dr. H.-B. Schönborn
fuhren auch hier die Ge 4/4 I mit Pendelzügen. Aus Rücksicht auf das Lichtraumprofil mussten sie Einholm-Stromabnehmer tragen. Die „neuen“ Ge 4/4 I befuhren alle Strecken der RhB mit Ausnahme der Berninabahn. Die Hauptstrecke Chur – Albula – St. Moritz überließen sie den leistungsfähigeren Ge 4/4 II und III oder Ge 6/6 II. Aber wenn im Winter die Passstraße gesperrt war, übernahmen sie zwischen Bergün und Preda auch „Schlittelzüge“. Heute sind noch vier Loks betriebsfähig: Nr. 605 und 610, aber auch 602 und 603 aus der ersten Bauserie. Sie kommen nun seit fast 70 Jahren zum Einsatz!
Die Ge 6/6 II der RhB In den 1950er-Jahren war die Zeit gekommen, für die „Krokodile“ einen leistungsfähi-
geren Nachfolger zu konzipieren. UnterVerwendung bewährter Baugruppen aus der Ge 4/4 I entstand eine sechsachsige Lok mit der in Mitteleuropa bisher unüblichen Achsfolge Bo’Bo’Bo‘. Diese beansprucht die Schienen in Gleisbögen weniger als die Achs-
Die sechsachsige RhBEllok erhielt die seltene Achsfolge Bo’Bo’Bo’ folge Co’Co‘ mit zwei dreiachsigen Drehgestellen. In Italien waren drei zweiachsige Drehgestelle schon länger gebräuchlich. Die SBB wandten sich bei ihren Gotthardloks erst 1972 mit der Re 6/6 von der Achsfolge Co’Co‘ der Ae 6/6 ab. Die äußeren Drehgestelle der neuen Loks waren denen der Ge 4/4 I gleich, das mittlere
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Technik
Die Elloks in Zahlen Betriebsnummern Baujahre Hersteller Spurweite (mm) Achsfolge Raddurchmesser (mm) Länge über Puffer (mm) Anzahl der Fahrmotoren Dienstgewicht (t) Stromsystem Stundenleistung (kW) Anfahrzugkraft (kN) Höchstgeschwindigk. (km/h)
Ge 4/4 I 601–604, 605–610 1947, 1953 SLM, BBC, MFO 1.000 Bo’Bo’ 1.070 12.100 4 48 11 kV/16,7 Hz 1.180 142 80
Ge 6/6 II 701–702, 703–707 1958, 1965 SLM, BBC, MFO 1.000 Bo’Bo’Bo’ 1.070 14.500 6 65 11 kV/16,7 Hz 1.770 214 80
Mit der Ge 6/6 II erhielt die RhB eine stärkere Ausführung der Einheitslok. Im August 1984 steht Lok Nummer 707 „Scuol“ mit einem langen Zug nach Chur in St. Moritz – genau für solche Aufgaben ist sie gedacht Harald Schönfeld
Angegeben ist jeweils der Endzustand.
wich nur in Details ab. Bei einer Steifrahmenlok ist die Lastverteilung auf drei Drehgestelle problematisch, wenn krasse Neigungswechsel des Gleises auftreten. Dies ist bei der RhB der Fall, deshalb teilte man bei der neuen Ge 6/6 II den Kasten mit einer auf Kupplungshöhe liegenden gelenkigen Verbindung, die ein Knicken der Lokhälften in der vertikalen Längsebene ermöglichte. Das Konsortium SLM, BBC und MFO baute zwei Prototypen, Nummer 701 und 702, die 1958 in Betrieb gingen. Die beiden galten als die stärksten Meterspur-Elloks der Welt. Die Maschinen waren prädestiniert für die kurvenreiche Albulastrecke, wo sie 265 Tonnen schwere Züge (13 vierachsige Reisezugwagen) mit 46 km/h über 35 Promille Steigung befördern sollten. BAHN EXTRA 3/2017
Wie die Ge 4/4 I hatten die Prototypen zunächst Stirnwandtüren, die aber später zugeschweißt wurden. Der Haupttransformator konnte wegen der höheren Leistung nicht von der Ge 4/4 I übernommen und wegen des Gelenkes auch nicht mittig eingebaut werden. Er steht am Ende der Sektion II und arbeitet, anders als bei der Ge 4/4 I, auf einen Niederspannungs-Stufenschalter. Volle 800.000 Kilometer Laufleistung wiesen die Prototypen auf, als man fünf weitere Loks in Auftrag gab. Nummer 703–707 traten 1965 ihren Dienst an. Äußerlich unterschieden sie sich durch die türlosen Fronten mit zwei großen Fenstern. Die Maschinenräume erhielten neuartige Düsen-Lüftungsgitter und verloren ihre Fenster. Diese Änderung traf sofort auch die zwei Prototypen, wäh-
rend deren Stirnwände mit den breiten Fenstern erst in den 1980er-Jahren gleichzogen. Zwischen 1985 und 1989 erhielten dann alle sieben Loks die rote Farbe mit silbernem Dach. Sie verloren ihre Chrom-Beschriftung und seitdem sind Prototypen und Serienloks äußerlich nicht mehr zu unterscheiden. Wie bei den Ge 4/4 I hob man die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h an. 1998 erhielten alle Loks noch Einholm-Stromabnehmer. Hauptaufgabe der Ge 6/6 II war das Führen schwerer Schnellzüge und Güterzüge auf
Die Ge 6/6 II beförderten vor allem schwere Schnell- und Güterzüge der Hauptstrecke Chur – Albula – St. Moritz und auf der Strecke durchs Vorderrheintal nach Disentis. 1994 erschien die dank Drehstrom-Technik leistungsstärkere und schnellere Universallok Ge 4/4 III und übernahm Leistungen der Ge 6/6 II. Dennoch sind bis heute alle sieben Loks einsatzfähig, obwohl Nummer 703 bei einem Unfall schwere Schäden erlitt. Die Zugleistungen reichen über die volle Spannweite: vom schweren Güterzug über den „Glacier Express“ bis zum kurzen Müllzug. Harald Schönfeld
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Fahrzeuge
| „ALLEGRA“ UND „FLÜGEL-TRIEBZUG“
Auf dem Landwasserviadukt bei Filisur sind die „Allegra“-Triebzüge inzwischen Stammgäste. Neben dem „Bernina Express“ Tirano – Chur (Foto) bespannen sie dort auch RegioExpresszüge mit den neuen Alvra-Gliederzügen Michael Hubrich
Die jüngsten Generationen Die Idee eines Universalfahrzeugs gab es schon länger, mit den „Allegra“Triebzügen wurde sie im Jahr 2010 Realität. Zu diesen modernen Fahrzeugen sollen mit den „Flügel-Triebzügen“ bald noch weitere kommen nde der 1960er-Jahre gab es schon sehr weit fortgeschrittene Studien der Rhätischen Bahn zu einem sechsachsigen Gelenktriebwagen ABDe 6/6. Er sollte sowohl unter dem Wechselstrom des „Stammnetzes“ als auch unter dem Gleichstrom der Berninastrecke fahren können. Doch blieb es bei der Planung. Die Probleme mit der Unterbringung und dem Unterhalt eines derartig langen Fahrzeuges sowie die Frage, wie eine Doppeltraktion mit denTriebwagen ABe 4/4 II 41–49 zu realisieren sei, ließen das Projekt scheitern. Als zur Jahrtausendwende die Panoramawagen für die Berninastrecke beschafft wurden und jeder der ABe 4/4 II schon mehr als 2,5 Millionen Kilometer zurückgelegt hatte,
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stellte sich die Frage nach einem modernen entwickeltenTriebzüge ABe 8/12. Sie werden Triebfahrzeugtyp erneut. Die RhB wollte auch „Allegra“ genannt, nach dem rhätoroeinen universell einsetzbaren Zweisystem- manischen Gruß „freue Dich“ (ursprünglich: Triebzug (ZTZ) beschaffen, der auf der Ber- „Möge Gott uns erfreuen“). Mit einer Stunninastrecke die maximale Zuglast ausnut- denleistung von 2.800 kW und einer Anfahrzen sollte. Es sollte sich um ein dreiteiliges Fahrzeug mit einem niederflurigen Mittelwagen und einem behindertengerechten WC handeln, um auch die Vorschriften des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes zu erfüllen. Die motorisierten Endwagen sollten min- zugkraft von 260 kN wurden die Triebzüge destens die Leistung einer Doppeltraktion die stärksten Triebfahrzeuge der RhB; sie von ABe 4/4 II oder ABe 4/4 III erbringen. übertreffen sogar die stärksten StammnetzLoks, die Ge 4/4 III, noch um 30 Prozent. Der „Allegra“ kommt Seit der Inbetriebsetzung leisten die „AlIn einem Auswahlverfahren entschied sich legra“ (neben den ABe 4/4 III 51–56) die Hauptdie RhB für die von StadlerRail in Altenrhein arbeit auf der Berninastrecke; sie führen den
Die „Allegra“-Triebzüge wurden die stärksten Triebfahrzeuge der RhB
Der Zweisystem-Triebzug (ZTZ) ABe 8/12 in der technischen Ansicht; die beiden End-Drehgestelle sind angetrieben Slg. Dr. H.-B. Schönborn
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Sie sind von den Zweisystem-Triebzügen abgeleitet, weisen aber neben einemTrieb- und einem Steuerwagen zwei kurzgekuppelte Niederflur-Zwischenwagen auf. In diesen gibt es einen Rollstuhlbereich, ein behindertengerechtes WC und ein Multifunktionsabteil. Die Züge sind – wie heute üblich – mit Klimaanlage, einem modernen Kundeninformationssystem sowie Videoüberwachung ausgestattet. Unterhalten werden alle „Allegra“ in der neu errichteten Allegra-Halle im Anschluss an die Rotunde in Landquart.
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Blick in die 1. Klasse eines vierteiligen „Stammnetz-Allegra“; auch auf den Kopfstützen stehen der Triebzug-Name und rätoromanische Gruß „Allegra“ Florian Dürr
„Bernina Express“ Chur – Tirano – Chur und im Sommer den „Bernina Express“ Davos – Tirano – Davos. Zusätzlich verkehren sie auf der Strecke Chur – Arosa (drei Einheiten) und waren bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2016 auf der Strecke Landquart – Davos – Filisur (drei Einheiten) zu finden. Im Dezember 2016 wurden diese drei Züge allerdings abgezogen; sie fahren seither mit den neuen Alvra-Gliederzügen auf der Albulastrecke. Als Ersatz für die in die Jahre gekommenen „Vorort-Pendelzüge“ mit denTriebwagen Be 4/4 511–16 beschaffte die RhB die vierteiligen „Stammnetz-Allegra“ ABe 4/16 3101–05.
Um denTriebfahrzeugpark weiter zu modernisieren, komfortabler und kundenfreundlicher zu gestalten, bestellte die RhB am 30. Juni 2016 bei StadlerRail zudem 27 vierteilige „Flügel-Triebzüge“. Die auch „ReticaTrenta-Züge“ (RTZ) genannten Garnituren sollen ab 2019 eingesetzt werden. Im Dezember 2016 ergänzte die RhB die Bestellung um neun Einheiten, wobei noch eine Option auf elf weitere besteht. Haupteinsatzgebiet wird das Prättigau mit der Strecke Landquart – Klosters sein, wo die mindestens aus zwei Einheiten bestehenden Züge getrennt oder zusammengefügt werden. Ein Zug fährt jeweils nach Davos weiter, der andere im Stundentakt nach Scuol-Tarasp bzw. St. Moritz. Daraus ergibt sich für die Strecke Landquart – Davos ein Halbstundentakt. Maximal vier der mit einer Zentralkupplung ausgestatteten Fahrzeuge können zusammen verkehren. Die Nachbestellung ergab sich aus dem Wunsch der RhB, auch die Strecken Chur – Disentis und Davos Platz – Filisur mit neuem Rollmaterial auszustatten. Dr. Hans-Bernhard Schönborn
„Allegra“ und „Flügel-Triebzüge“
Achsformel Länge über Puffer Drehgestell-Achsstand Motordrehgestell Laufdrehgestell Triebrad-Durchmesser Laufrad-Durchmesser Anzahl Fahrmotoren Max. Anfahrzugkraft Stundenleistung am Rad Sitzplätze 1. Klasse Sitzplätze 2. Klasse Dienstgewicht Höchstgeschwindigkeit Inbetriebsetzung
49.500 mm 2.000 mm
ABe 4/16 3101–05 StammnetzTriebzüge Bo’Bo’ + 2’2’ + 2’2’ + 2’2’ 74.750 mm
2.000 mm 1.800/2.000 mm 810 mm 810 mm 685 mm 685/810 mm 8 4 260 kN 140 kN 2.800 kW (Wechselstr.) 1.400 kW 24 24 76 + 14 Klappsitze 156 + 22 Klappsitze 122 t 113 t 100 km/h 100 km/h ab 2010 ab 2013
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Technische Daten ABe 8/12 3501–15 ZweisystemTriebzüge Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’
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Die „Flügel-Triebzüge“
ABe 4/16 3111–46 „Flügeltriebzüge“ Bo’Bo’+ 2’2’ + 2’2’ + 2’2’ 76.440 mm 2.000 mm 1.800/2.000 mm 810 mm 685/810 mm 4 150 kN 1.400 kW 35 137 + 7 Klappsitze k.A. 120 km/h ab 2019
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Perspektiven
| TIBERT KELLER UND DIE RHÄTISCHE BAHN
Von der RhB geprägt Seit der Kindheit begeistert sich Tibert Keller für die Eisenbahn. Die Rhätische Bahn nimmt dabei einen besonderen Platz ein: als Hobby, als Arbeitsplatz, als Fotomotiv. Eindrücke aus einem Bündner Lebenslauf mit sehr viel Bahnbezug
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Mystische Ruinaulta rund um den „Glacier Express“: Im April 2011 hat der Zug den Chrummwagtunnel passiert und erreicht gleich die Station Versam-Safien Aufnahmen des Beitrags, wenn nicht anders angegeben: Tibert Keller
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Perspektiven
| TIBERT KELLER UND DIE RHÄTISCHE BAHN
Kühe sind unberechenbar – mal neugierig, mal scheu, gelegentlich auch angriffig. Dies erschwert die optimale Kombination mit einem Zug, der irgendwann ins Bild tritt, und man hofft, die Tiere sind bis dahin nicht abgetrottet. Aufnahme am Albula-III-Viadukt im Juni 2012
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Im November 2011 wechselt RhB-Krokodil 407 in Bergün den Standort – in drei Teilen und nach 25 Jahren Abstellzeit nicht ohne Hindernisse. Das Fahrwerk rollt nicht; erst viel Kriechöl macht es wieder funktionsfähig
Der neue „Glacier Express“ anlässlich der Medienfahrt vom 10. Mai 2006 während eines Fotohalts in der Einfahrt von Disentis/Mustèr. Dieses Bild, das weltweit Verwendung fand, stammt aus einem von Tibert Kellers letzten Diafilmen
Verpflegung der Bahndienstgruppe im Mannschaftswagen X 9063, einem ehemaligen Seitengangwagen der Polsterklasse von 1903. Das Bild wurde im Januar 2006 in Trin aufgenommen. Seit November 2015 steht der Wagen vor dem Bergüner Bahnmuseum
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| TIBERT KELLER UND DIE RHÄTISCHE BAHN
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Räumung des Gleisstumpens von Alp Grüm am 26. Dezember 2009. Im Einsatz ist Schneeschleuder X rot et 9219 mit schiebender und stromspeisender Lok Gem 4/4 802 im Dieselbetrieb. Zwischenzeitlich hat die Matterhorn Gotthard Bahn die Schleuder übernommen und auf Dieselbetrieb umbauen lassen
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Perspektiven
| TIBERT KELLER UND DIE RHÄTISCHE BAHN
Die Arosabahn fährt wie ein Tram durch den Kantonshauptort Chur. Zwei Mal im Jahr muss sie sich dabei mit Straßenfesten arrangieren: während der Schlagerparade im Herbst und gegen Ende des Winters beim Fasnachtsumzug. Beim Obertor rollt Allegra-Triebzug 3513 am 1. März 2014 an der Fasnachtsgemeinde vorbei
Ein von Tirano kommender Zug auf der Berninastrecke kurz vor der Landesgrenze, die rechts oben mit einem Schild markiert ist. Ihn begleiten Büsche in Italien, gemähte Wiese auf Schweizer Boden (Oktober 2008)
Medieninformation in der Kaverne bei Kilometer 1.3 des neuen Albulatunnels am 25. Juni 2014, dem Tag des Spatenstichs. Von hier aus nahm man im Winter 2016/17 die Durchörterung der RaiblerRauwacke-Störzone per Gefrierverfahren vor
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Ein von der RhB oft und weltweit eingesetztes Bild des Landwasserviadukts, aufgenommen am 30. Januar 2007. Es war gar nicht so einfach, Standort, Wahl der Brennweite und Bildausschnitt in der Form zu kombinieren BAHN EXTRA 3/2017
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Perspektiven
| TIBERT KELLER UND DIE RHÄTISCHE BAHN
Während der letzten Schuljahre verbrachte ich viel Freizeit auf dem Bahnhof Chur. Dies ist meine zehnte mit einer billigen Instamatikkamera gemachte Aufnahme; sie stammt von 1973 und zeigt Be 4/4 513, noch mit zwei Führerständen
Leben mit der RhB: Tibert Keller eine ersten 15 Jahre verbrachte ich in Chur. Ein Privileg, wenn einen die Eisenbahn schon von Kindheit an interessiert. Die Erinnerungen gehen auf die Einsätze der „Heidi“-Dampflok im Rangierdienst zurück. Das Wissen kratzte ich damals aus den wenigen mir zugänglichen Publikationen zusammen, bis ich mir 1973 auch das zweiteTriebfahrzeugbuch von Peter Willen leistete. Die beiden Bände, aufgeteilt nach Normal- und Schmalspur, zählen noch immer zu den hervorragendsten Publikationen im Eisenbahnbereich, die ich kenne.
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23 Jahre bei der RhB 1974, bereits ein Jahr vor Ende der obligatorischen Schulzeit, hatte ich den Lehrvertrag zum Betriebsdisponenten (Bahnhofsdienst) bei der Rhätischen Bahn in der Tasche. Während gut 23 Jahren arbeitete ich an über 50 Dienststellen der RhB. An einigen davon kam ich nur einen Tag lang als Ablöser zum Einsatz. Meine längste Präsenz betrifft den Bahnhof Bever, wo ich sechs Jahre als Stationsvorstand tätig war. Für mich war diese Berufswahl ideal. Die Tätigkeit erwies sich als enorm abwechslungsreich und bescherte
1998 wagte ich den Schritt von der RhB hin zur Selbstständigkeit mir einen facettenreichen Einblick in den Bahnalltag, auch wenn sich die Arbeit vom Hobby stark unterschied. Mit dem Lehrabschluss leistete ich mir die erste Spiegelreflexkamera, die das billige, qualitativ miserable Knipsi ersetzte. Schon damals bediente ich Eisenbahn-Medien mit ersten Meldungen und Bildern. Meine Freizeitaktivitäten nahmen immer mehr Raum ein, so dass ich mich für einen Teilzeitposten in der Marketingabteilung entschied. Der Tod meinesVaters und die damit ins Bewusstsein gerückte Endlichkeit des Lebens motivierten mich 1998 zum Schritt in die Selbstständigkeit als Fotograf, Reiseleiter und Journalist. Eine Entscheidung, die ich nie bereut habe, auch wenn der Markt inzwischen härter geworden ist. So gelingt es mir immer wieder, die RhB mit Aufnahmen zu bedienen, die in der Werbung Verwendung finden. Nicht nur wegen der Publikationstätigkeit stehe ich mit der RhB bzw. ihren Mitarbei-
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Den Winter 1976/77 leistete ich in Davos Wolfgang Dienst, um den gesundheitlich angeschlagenen Stationsvorsteher zu entlasten. Erstmals durfte ich selbstständig den Zugsverkehr betreuen, wozu die Bedienung des VES-Schalter-Stellwerks zählte (heute im Bahnmuseum Bergün ausgestellt). Gäste der Hochgebirgsklinik sorgten für regen Gepäckverkehr nach Deutschland. Während der ruhigen Zeit hatte ich begonnen, mit Bleistift Sujets aus Eisenbahnbüchern abzuzeichnen, was auf dem Pult erkennbar ist
tern in stetem, vorwiegend sehr gutem Kontakt. Als Nichtautofahrer nutze ich die Bahn entsprechend oft, unter anderem, um neue Fotostandorte zu erforschen. Dabei verzichte ich auf Positionen, wo bereits „Mitbe-
Fotograf und Journalist Tibert Keller, geboren 1959 in Chur, arbeitet heute wie erwähnt als Fotograf, Journalist und Reiseleiter. Unter anderem ist er als Führer im Bergüner Bahnmuseum, Baustellenführer Albulatunnel II und spezieller Stadtführer bei Chur Tourismus tätig. Kellers Aufnahmen finden Verwendung bei der RhB sowie in Büchern, Kalendern und Magazinen.
werber“ lauern. Damit steigt die Anforderung, alternative und attraktive Stellen anzugehen. Favoriten sind außergewöhnliche Züge, Ereignisse oder Situationen, bei denen Bilder dokumentarischen Wert erhalten.
Tibert Keller in Aktion: hier in der Rolle des Stadtführers „Gion-Gieri“ in seiner RhBOriginaluniform. Nur die Zugführertasche passt nicht ganz dazu B. Kalberer/ Slg. Tibert Keller
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Schon im Sommer 1979 war ich alleine für die Station Alp Grüm zuständig. Schätzte die Selbständigkeit und übte mich in der Werbung am Billettschalter (u.), erforschte die Stationsglocke und hielt fest, als der „Bernina Express“ wegen schwacher Stromversorgung in Dieseltraktion den Berg rauf gefahren kam (l.)
Dank glücklichen Umständen konnte ich – während eines dienstfreien Tags – der Räumung der BreitrüfiLawine unterhalb Wiesen beiwohnen (April 1982)
Das „Abwägen“ von Rindern im Güterschuppen von Küblis war während meiner Tätigkeit bei der RhB durchaus normal. Die Arbeit hatte das Flair einer längst vergangenen Eisenbahnepoche (Foto von 1983)
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Strecken und Betrieb
| KOMBINIERTE „PERSONEN-GÜTERZÜGE“
Die Triebwagen ABe 4/4 487 und 481 stehen am 29. Juli 1985 als Personenzug nach Arosa auf dem Bahnhofsvorplatz von Chur bereit. Diesmal nehmen sie auch noch einige Schüttgutwagen mit – derart gemischte Züge gab und gibt es bei der Rhätischen Bahn des öfteren. Technisch noch interessant: Wagen 487 trägt Einholm-, Wagen 481 Scherenstromabnehmer Peter Schiffer/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Bündner Mischungen Personenwagen im Güterzug oder Güterwagen angehängt an Personenzüge: Die gemeinsame Beförderung von Frachten und Reisenden in ein und demselben Zug wurde bei der Rhätischen Bahn ausgiebig praktiziert. Die Gründe dafür waren sehr verschieden. Auch heute noch kommen solche Züge zum Einsatz ie Versorgung des Engadins geschieht seit über 100 Jahren fast ausschließlich über die schmalspurigen Gleise der Rhätischen Bahn. Vor der Eröffnung des 19 Kilometer langenVereinatunnels im Jahr 1999 mussten alle Güterzüge durch die Kehren der Albulabahn geleitet werden. Das nahm die RhB zum Anlass, diese Züge noch für weitere Zwecke zu verwenden.
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Güterzüge mit Personenwagen Insbesondere in den frühen Morgenstunden führten einige Durchgangsgüterzüge auf der Albulabahn Personenwagen mit. Im Kursbuch waren die Fahrzeiten abgedruckt und mit einem „G“ gekennzeichnet, das gemäß der Legende die folgende Bedeutung hatte: „Güterzug ohne Gewähr für Anschlüsse und
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Einhaltung des Fahrplans“. Die spätere Kennzeichnung mit einem „M“ war lediglich die Folge der sprachlichenVereinheitlichung im SBB-Kursbuch (französisch: „train de marchandise“). Da unterwegs keine Güterwagen an- oder abgekuppelt wurden und sich die Zwischenhalte auf Thusis, Filisur und Bergün (Preda und Spinas nach Bedarf) beschränkten, war die Fahrzeit bis Samedan sogar mit jener der Schnellzüge vergleichbar. Der auch mit einem „G“ gekennzeichnete Postzug hingegen hatte an fast allen Stationen der Strecke mehrminütige Aufenthalte zur Be- und Entladung, so dass seine Fahrzeit rund eine Stunde mehr in Anspruch nahm. Viel beliebter bei den Touristen und insbesondere bei den Eisenbahnfreunden war der werktägliche „Sammler“ auf der Albulabahn,
der nur abschnittweise im Kursbuch verzeichnet war, aber über die Gesamtstrecke von Chur bis St. Moritz Reisende mitnahm. Hinter einem der berühmten Rhätischen Krokodilchen (Ge 6/6 I) konnte man die normalerweise nur zwei Stunden und zehn Minuten dauernde Fahrt bei gleichem Fahrpreis auf sieben Stunden inklusive einer 90-minütigen Mittagspause in Thusis ausdehnen. So hatte der Reisende viel mehr Zeit, die einzigartige Landschaft und die Schönheiten der Albulabahn mit all ihren bautechnischen Besonderheiten zu genießen. Auch auf den anderen Strecken des Wechselstromnetzes führten die Sammler stets einen Personenwagen meist älterer Bauart für das Zugpersonal mit, da die RhB keine Güterzugbegleitwagen besaß und der Führerstand auf der
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Auf der recht ebenen Verbindungsstrecke zwischen Samedan und Pontresina konnten die kräftigen Triebwagen der Serie ABe 4/4 („Fliegender Rhätier“) neben dem Steuerwagen sogar ein halbes Dutzend mit Holz beladene ZweiachsSchemelwagen mitnehmen Dr. Dietmar Beckmann
Am 3. August 1984 hat ein Rhätisches Krokodil Ge 6/6 I einen Güterzug auf der Albulabahn übernommen und führt auch einen Personenwagen mit. Bei diesem Zug haben die Reisenden mehr Zeit, die Schönheiten der Strecke zu erleben – wie soeben den Landwasserviadukt Harald Schönfeld
Der Sammler-Güterzug von Landquart nach St. Moritz – Zug Nummer 4537 – ist im Sommerkursbuch von 1990 zwischen Thusis und Samedan verzeichnet Slg. Dr. Dietmar Beckmann BAHN EXTRA 3/2017
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Strecken und Betrieb
| KOMBINIERTE „PERSONEN-GÜTERZÜGE“
Die oftmals recht schweren „Sammler“ auf der Unterengadinerbahn wurden zeitweise mit modernen Lokomotiven bespannt. Am 8. August 1988 zieht eine bereits rot lackierte Ge 4/4 II den GmP 6556 aus ScuolTarasp zurück nach Samedan; Bild bei Zernez Dr. Dietmar Beckmann
Mit dem üblichen, direkt hinter der Lok eingereihten Plattformwagen zieht Ge 6/6 I 403 am 27. August 1981 den GmP 4717 von Chur nach Disentis bei Trun bergwärts Dr. Dietmar Beckmann
Lok zu wenig Platz bot. Selbst wenn die stets tagsüber verkehrenden Züge nur in vereinzelten Fahrplanperioden im Kursbuch verzeichnet waren, wurde die Mitfahrt mit gültiger Fahrkarte in der Regel geduldet.
Personenzüge mit Gütern Neben diesen Güterzügen mit Personenbeförderung praktiziert die RhB bis heute auch die umgekehrte Betriebsform, und zwar den Personenzug mit Güterbeförderung (PmG). Dabei werden den planmäßig verkehrenden Reisezügen abschnittsweise oder über die
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gesamte Strecke einzelne Güterwagen beigestellt. Im Gegensatz zum GmP diente der PmG vorrangig dem Personenverkehr und musste den veröffentlichten Fahrplan einhalten. Mitgenommen wurden nicht nur Expressgutwagen, sondern auch Containerwagen, Schiebewandwagen oder sogar Kesselwagen, wenn sie nicht mit Gefahrgut gefüllt waren. Besonders umfangreich gestaltete sich über viele Jahrzehnte derTransport von Holz aus den Wäldern des Engadins zu den Abnehmern in Italien. In Pontresina stand stets eine ausreichende Anzahl Holzwagen
bereit, um sie nach und nach insbesondere den kurzen Reisezügen in den Tagesrandlagen beizugeben. Auf der Berninastrecke wurden die Züge „ausgelastet“, das heißt, es wurden so viele Güterwagen an die Reisezüge nach Tirano angehängt, wie die Triebwagen neben den Personenwagen den Berg hinauf schleppen konnten bzw. durften. Die Grenzlast für zwei ABe 4/4 in Doppeltraktion beträgt 140Tonnen, für den Allegra sogar 160 Tonnen, wobei nicht die Zugkraft der Triebwagen, sondern die Zugfestigkeit der Kupplung maßgebend ist. So trugen (und tragen) gemischte Züge bei der Rhätischen Bahn zu einer wirtschaftlichen Nutzung von Triebfahrzeugen und Infrastruktur bei. Und nicht nur das: Die Fotofreunde dürfen sich damit auch auf fotogene Zuggarnituren freuen. Bis heute. Dr. Dietmar Beckmann
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Strecken und Betrieb
| TUNNELSANIERUNG UND -NEUBAU
Arbeit an der Röhre Insgesamt 115 Tunnel gibt es im Streckennetz der RhB. In den nächsten Jahren muss die Hälfte davon aus Altersgründen saniert werden. Auch ein großer Neubau steht ins Haus ie meistenTunnel bei der Rhätischen Bahn stammen vom Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts. Da verwundert es nicht, dass in absehbarer Zeit eine Sanierung ansteht.
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„Normalbauweise Tunnel“ Um die Arbeiten effizienter und kostengünstiger zu gestalten und um sie bei laufendem Verkehr durchzuführen, hat die RhB die „Normalbauweise Tunnel“ entwickelt. Sie soll den Sicherheitsstandard erhöhen und die durchschnittliche Betriebsdauer der Tunnel von derzeit 30 bis 50 Jahre auf 70 bis 100 Jahre anheben. Bei dem neuen Bauverfahren werden die Tunnelwände vollständig ersetzt und nicht mehr – wie bisher – „nur“ wiederhergestellt. Dazu senkt man das Gleis ab und erweitert den Tunnelquerschnitt oben und an den Seiten mittels Sprengungen, die in den Betriebspausen geschehen. Der Tunnel erhält eine neue Entwässerung und Betonfertigelemente als Wände. Die Portale entstehen aus Steinen neu. Zusätzlich schafft man neben dem Gleis sicherere Fluchtwege.
Das Verfahren wurde zunächst in einem 40 Meter langen Tunnel im Versuchsstollen Hagerbach bei Flums (St. Gallen) getestet. Den ersten „Betriebseinsatz“ gab es beim Glatscherastunnel nahe Bergün (2014–2017). Es folgte der Sasslatschtunnel I zwischen Susch und Sagliains (2016/17); als nächstes geht man den Mistailtunnel zwischen Solis und Tiefencastel an (2017–2020).
Neubau Albulatunnel II Schon 2006 hat die Rhätische Bahn beim Albulatunnel einen großen Sanierungsbedarf ermittelt. Mehr als die Hälfte der 5.865 Meter langen Tunnelröhre befindet sich in einem schlechten Zustand, Flucht- und Rettungsmöglichkeiten entsprechen nicht mehr den Vorschriften. Im Jahr 2010 entschied die RhB, den Tunnel neu zu bauen. Das ist nur geringfügig teurer als die Instandsetzung, erbringt aber eine wesentlich höhere Qualität und ein besseres Sicherheitsniveau. Zusätzlich lässt sich das schneller realisieren und verursacht kaum fahrplanrelevante Einschränkungen. Auf beiden Seiten des Tunnels entstand je ein Baubahnhof bei den bestehenden Bahn-
Seit 2016 baut die RhB einen neuen Albulatunnel. Im Bild die „Kaverne“, eine große, für den Tunnel neu ausgebrochene Kammer (18. November 2016) Dr. Hans-Bernhard Schönborn BAHN EXTRA 3/2017
höfen, so dass das Baumaterial großteils auf der Schiene befördert wird. Das Ausbruchmaterial dient als Rohstoff für die Beton- und Schotterproduktion und wird in Preda aufgearbeitet. Das nicht brauchbare Material wird im Gebiet „Las Piazettas“ bei Preda deponiert. DerTransport des Ausbruchmaterials von Spinas nach Preda geschieht mit dem „Albula-Sprinter“, der aus zwei Elloks Ge 4/4 I in Doppeltraktion, vier Transportund dem „Pilotwagen“ Xa 99801 besteht. In nordöstlicher Richtung verschoben, verläuft der neue Tunnel parallel zum alten in einem Abstand von 30 Metern. Er wird mit diesem durch zwölf Querschläge verbunden, drei davon können auch Rettungsfahrzeuge
Von 2021 an soll der neue Albula-Tunnel für den Zugbetrieb bereit stehen befahren. Der 5.860 Meter lange Neubau hat einen Querschnitt von 31,4 Quadratmetern, erhält eine feste Fahrbahn und eine Deckenstromschiene; die Höchstgeschwindigkeit wird 120 km/h betragen. Der Tunnel wird größtenteils in einschaliger Spritzbeton-Bauweise errichtet. In den Portalbereichen, auf den Lockergesteinstrecken und in den geologisch ungünstigen Zonen mit Raibler Rauwacke arbeitet man in zweischaliger Bauweise mit Abdichtung und Innenschale. Im Bedarfsfall ist auch ein Sohlgewölbe geplant. Im Jahr 2021 soll der Neubau in Betrieb gehen; die alte Röhre will man dann als Rettungsstollen nutzen. Dr. Hans-Bernhard Schönborn
Der neue Albulatunnel erhält ein größeres Tunnelprofil und auch eine feste Fahrbahn Slg. Dr. Schönborn
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Service
| „CLUB 1889“ UND MITSTREITER
Überblick Kurz vor Ospizio Bernina am Lago Bianco mit der Wasserscheide ist am 16. Oktober 2016 ein Extrazug des „Club 1889“ mit dem „Bernina-Krokodil“ unterwegs. Vereinsmitglieder halfen Ende der 1990er-Jahre bei der Restaurierung der Ellok mit Karl-Wilhelm Koch
Die Bündner Museumsbahner Eine Reihe vonVereinen unterstützt die RhB bei der Erhaltung von Nostalgiefahrzeugen. Einer davon ist der „Club 1889“; im 21. Jahr seines Bestehens blickt er bereits auf beachtliche Leistungen zurück nlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Rhätischen Bahn 1989 fuhr ein 100 Jahre alter Zug zwischen Samedan und St. Moritz. Er bestand aus der Dampflok G 3/4 1, „Rätia“, zwei zweiachsigen Personenwagen und einem Gepäckwagen. Im Sommer 1992 kam bei einigen Eisenbahn-Enthusiasten die Idee auf, einen Club zu gründen, der solch historische Fahrzeuge der RhB restauriert. Am 14. März 1996 wurde dieser Club in Samedan geschaffen. Bei der Frage nach dem Namen des Vereins entschied sich die Mehrheit der Mitglie-
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der für den Jahrgang des Wagens C 2012, den der Club als ersten restaurierte, nämlich das Jahr 1889 – der „Club 1889“ war entstanden. Das Logo des Clubs zeigt auch den C 2012, und die Schrift auf dem Logo umschreibt den Vereinszweck: „Wir erhalten historische Fahrzeuge der Rhätischen Bahn“. Es werden also ausschließlich Fahrzeuge der RhB bzw. ihrerVorgängerbahnen restauriert, und zwar in freiwilliger Arbeit mit viel handwerklichem Können und Fachwissen, guten Ideen sowie der (finanziellen) Unterstützung zahlreicher Gönner.
Fahrzeuge des Club 1889 Der „Club 1889“ hat bisher folgende Projekte abgeschlossen (in zeitlicher Reihung): • Personenwagen C 2012 (1996–1999) • Personenwagen C 114 „La Bucunada“, • Wagen „Filisurerstübli“ B 2138 • Personenwagen BC 110 „Mesolcinese“ • Langholzwagen N 1513/1520 • Güterwagen K 5615 • Postwagen Z 26 • Ellok Ge 4/4 182 („Bernina-Krokodil“) • Dampflok G 3/4 11, „Heidi“ (auf Ölfeuerung umgebaut) • Gepäckwagen F 4004 • offener Hochbordwagen L3 6603 Aktuell in der Aufarbeitung befindet sich Wagen C 2026. Der Wagen D 4052 wurde mit einer Inneneinrichtung versehen, Wagen K1 5563 bekam einen ersten Anstrich. Die Wagen D 4052 und K1 5563 werden durch den „Verein Dampffreunde der RhB“ bewirtschaftet.
Mit der Rhätischen Bahn sind die Museumsbahner kooperativ verbunden. Die von den Clubmitgliedern aufgearbeiteten Wagen gehören nach wie vor der RhB, sie setzt diese auch ein. Die instand gesetzten Fahrzeuge werden zudem der RhB zur Verfügung gestellt. Der „Club 1889“ gehört zusammen mit weiteren fünf Vereinen und einer Stiftung
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Stichwort
„historic RhB“
Seit 2016 steht dem „Club 1889“ eine Halle in Samedan als Unterstand für Museumsfahrzeuge zur Verfügung. Dort hat man unter anderem den Personenwagen BC 110 (l.), den Postwagen Z 26 (M.) und den Langholzwagen N 1513/1520 (r.) untergebracht Dr. Hans-Bernhard Schönborn
Dampflok G 3/4 11 „Heidi“ erhielt bei der Restaurierung durch die Vereinsmitglieder eine Ölfeuerung. Damit ist die Brandgefahr geringer und die Lok leichter bei Sonderfahrten einsetzbar
Im Juni 2003 wurde der gemeinnützige Verein „historic RhB“ gegründet, der die Anliegen und Interessen von sechs museal tätigen Vereinen und einer Stiftung koordiniert und vertritt. Die Vereine sind im Einzelnen der „Albula-Bahn-Club Bergün“, der „Club 1889“, die „Freunde der Schmalspurbahnen“, die „Interessengemeinschaft Zügen – Landwasser“, der „Verein Dampffreunde der Rhätischen Bahn“, der „Verein pro Salonwagen RhB“ sowie die Stiftung „Bahnmuseum Albula, Bergün“. Auf gemeinnütziger Basis bezweckt „historic RhB“, historische Fahrzeuge der RhB zu erhalten, betriebsfähig zu restaurieren und im RhB-Netz einzusetzen. Das Ausstellungsgut und die dazugehörigen dokumentarischen Unterlagen, sofern diese von historischem oder besonderem technischen Interesse sind, sollen erhalten werden. Außerdem koordiniert und initiiert der Verein Fahrten mit eisenbahnkundlichem Charakter. Er arbeitet dabei eng mit der RhB zusammen.
aufwendiger Detailarbeit restauriert. Nach Abschluss der Arbeiten wird sie jetzt von Mitgliedern der Gruppe unterhalten und steht für Extrafahrten bereit. Am 13. Oktober 1999 entstand die „Gruppe Chur“, die sich zunächst im Depot Sand in Chur vor allem mit der Restaurierung von Güterwagen beschäftigte. Im Jahr 2012 allerdings musste die Werkstatt in Chur geräumt werden, weil die RhB Eigenbedarf für das
Seit 2016 hat der Club eine Remise für die historischen Fahrzeuge
Depot anmeldete. Daher werden für die „Gruppe Chur“ andere Aufgaben gesucht. 2016 konnte der Club endlich eine neu errichtete zweigleisige Remise aus Holz in Samedan in Betrieb nehmen, deren Gleise 304 Karl-Wilhelm Koch und 305 jeweils rund 50 Meter lang sind. Darauf können die Vereinsmitglieder die wertvollen Fahrzeuge geschützt vor dem Wetter abstellen. Die historischen Triebfahrzeuge, darunter eine Dampflok G 4/5, die Dampflok G 3/4 11 „Heidi“, eine Ellok Ge 6/6 I, die Ellok dem „Dachverein“ „historic RhB“ an, der gaben angingen. Am 17. Juli 1999 wurde die Ge 4/6 353 und der Triebwagen ABe 4/4 501, 2003 gegründet wurde. Dieser fungiert als „Gruppe Poschiavo“ gegründet, welche Fahr- „Fliegender Rhätier“, stehen in der DepotBindeglied zwischen der Rhätischen Bahn zeuge der Berninastrecke betreut. Im Novem- werkstätte. Diese kann der Club für seine und den Museumsbahnern (siehe Kasten). ber 1999 kam die elektrische Lokomotive Restaurationsarbeiten mit benutzen. Über Ge 4/4 182, auch als „Bernina-Krokodil“ be- seine Aktivitäten informiert derVerein regelArbeit in diversen Gruppen zeichnet, aus dem französischen Grenoble mäßig im Internet. Unter www.club1889.com Im Laufe der Jahre bildeten sich im Club 1889 zurück in ihre alte Heimat. In der Depotwerk- kann man die Aktivitäten verfolgen. Dr. Hans-Bernhard Schönborn regionale Gruppen, die vor Ort spezielle Auf- stätte in Poschiavo wurde das Fahrzeug in BAHN EXTRA 3/2017
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Galerie
| RHÄTISCHE BAHN EINST UND JETZT
Bergwelten und Talstationen Früher wie heute hat der Betrieb der Rhätischen Bahn seine Attraktionen. Ob auf den hochalpinen Strecken oder in den Eisenbahnknoten, ob im Stil der Moderne oder auf den Spuren der Vergangenheit – es gibt immer etwas zu entdecken
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Eisenbahn-Abenteuer verspricht die Mitfahrt im offenen Aussichtswagen auf der Strecke Preda – Bergün. An diesem Sommertag im August 1999 ist die Zahl der Reisenden gering; nahezu freier Blick also auf die spektakulären Bauwerke der Albulabahn Andreas Mampel
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Die größte Alpenbahn … der Schweiz nennt sich die Rhätische Bahn und verweist auf ihr umfangreiches, in den Bergen gelegenes Streckennetz. Der Betrieb dort vereint seit jeher Schönheit und Schwierigkeit Alpenreisen fast wie in vergangenen Zeiten: Mit einem Pullman-Sonderzug rollt die Ellok Ge 6/6 I 415 im September 2011 bei Sils im Domleschg talwärts. Die Fahrt führt über die Albulastrecke und verläuft gerade zwischen Tiefencastel und Thusis Florian Martinoff
Mitte: Wenn man die großen Knoten- (und Umsteige)punkte der Rhätischen Bahn erwähnt, darf Chur nicht fehlen. Meterspurzüge der RhB und Normalspurzüge der SBB (l.) stehen hier nur wenige Meter voneinander entfernt Tibert Keller
In den Jahren 1946/47 erneuert die Rh.B. die Oberleitung in der Rheinschlucht: Die Holzmasten müssen Differdinger-Masten weichen. Zum Einsatz kommt dabei der Turmwagen Xm 2/2 9015 von 1929, auch „Motor-Leitungs-Wagen“ genannt Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
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Landquart wurde einer der wichtigsten Standorte der Rhätischen Bahn: Die Luftaufnahme zeigt unter anderem das RhB-Depot mit Ringlokschuppen und Drehscheibe (in Bildmitte) sowie den Bahnhof von RhB und Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Das hiesige Depot ist das größte der RhB Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
In Gestalt einer Ge 4/4 III hat sich 2005 die „Kleine Rote“ des „Glacier Express“ angenommen. An dritter Stelle im Zug läuft der blau lackierte „Jumbo-Speisewagen“ WR 3816-3817; er wurde 2015 nach Frankreich verkauft Christian Schmidt BAHN EXTRA 3/2017
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Am 17. Juli 1985 ist der Ferienverkehr auf der Strecke Reichenau-Tamins – Disentis/Mustèr in vollem Gange. In Ilanz laden Velofahrer und Kanuten ihre fahr- bzw. schwimmbaren Untersätze aus dem Personenzug, den Ellok Ge 4/4 I 607 bespannt. Auch wenn die RhB inzwischen rote Farben favorisiert, kann man noch stilreine Garnituren „im alten Grün“ erleben Peter Schiffer/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Rangierfahrt mit dem „Kroki“, genauer, mit Krokodillok 407 im Bahnhof Chur im August 1969. Damals wie heute verwendet die RhB die Mittelpufferkupplung Harald Schönfeld
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Ein klares Kerngebiet … hat die RhB für ihre Aktivitäten umrissen. Gemeint ist die langjährige Praxis: als wichtiger Verkehrsträger für Graubünden und dessen Gäste zu fungieren
Etwas abseits der anderen Strecken lag die Misoxer Bahn: Im zeitgenössischen RhB-Dunkelgrün stehen im März 1959 die Triebwagen ABFe 4/4 452 und 454 im Endbahnhof Mesocco Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Die urigen Kasten-Elloks Ge 2/4 verwendet man in den frühen 1990erJahren noch für Museumszüge und Rangierdienste – zum Beispiel im Oberengadin. Im Bild Lok 221 in Samedan, Oktober 1992 Harald Schönfeld
Die Elektrotraktion herrscht vor, die RhB besitzt aber auch Dieselund Zweikraftlokomotiven. Zu Letzteren zählen die beiden Gem 4/4, die im August 2012 mit einem kurzen Güterzug den SolisViadukt auf der Albulabahn passieren Florian Martinoff BAHN EXTRA 3/2017
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Faszinierend anders … will die RhB nach ihren Worten mit den Reiseangeboten unterwegs sein. Und so viel steht fest: Strecken, Fahrzeuge und Betrieb verleihen der Bahngesellschaft eine eigene Note. Sogar in der an nicht alltäglichen Bahnen reichen Schweiz
Mehrere Verkehrssparten der Rhätischen Bahn zeigt das Bild bei Pontresina vom Juli 1987: Holztransporte im Güterverkehr, den Salonwagen vom Touristikverkehr sowie einen Personenzug, hier als Triebwagen-Wagen-Komposition Harald Schönfeld
Um 1930 steht Ellok Ge 4/6 354 im neuen Durchgangsbahnhof Klosters. Das Bild zeigt die Bahnanlagen von der Südwestseite Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
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Vornehme Gastlichkeit erwartet die Reisenden im MitropaSpeisewagen des frühen 20. Jahrhunderts. Vermutlich handelt es sich um einen der auf der Berninastrecke eingesetzten Saalwagen Archiv RhB/Slg. Dr. Schönborn
Mitte: „Durch diese hohle Gasse muss er kommen ... „ Das Zitat aus „Wilhelm Tell“ spielt zwar eigentlich im Kanton Schwyz, gilt aber ähnlich für den Personenzug auf der Berninabahn, der im Oktober 1988 die Ortsdurchfahrt in San Antonio passiert Ulrich Neumann/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Eine Dampf-Extrafahrt hat Lok 108 im März 1980 nach Scuol gebracht. Wie in alten Zeiten wendet man die Maschine auf der dortigen Drehscheibe von Hand, bevor es zurück nach Samedan geht Harald Schönfeld
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Service
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Auf nach Graubünden Sie möchten wissen, wie und wo Sie am besten mit der Rhätischen Bahn unterwegs sind? Was sich in deren Netz zu sehen lohnt? Bitte sehr: Bahn Extra hat Tipps und Termine für Ihre Reise zusammengetragen u allen Jahreszeiten gibt es bei der Bahnfahrt mit der RhB etwas zu sehen. Sei es im Frühling und Sommer mit dem spannenden Kontrast zwischen sattgrünen Wiesen und schneebedeckt-felsigen Höhen, sei es im Herbst mit dem bunten Laub oder im Winter, wenn ein weißer Mantel die ganze Landschaft bedeckt. Wer dabei günstig im Zug fahren möchte, hat mehrere Angebote zur Auswahl. „GraubündenPASS“ heißt das „Generalabo“ für den Kanton Graubünden, mit dem man in einer Woche an zwei oder in zwei Wochen an fünf Tagen fahren kann. Das Abonnement gilt für eine Region (Nord/Süd) oder für ganz Graubünden; im Preis sind unter anderem Fahrten mit der RhB, den SBB (Chur – Bad Ragaz), der MGBahn (Disentis/Mustér – Oberalppass), dem PostAuto-Netz sowie
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mehreren Verkehrsbetrieben enthalten. Mit dem „GraubündenPASS Bike“ kann man sein Fahrrad während eines Tages auf dem ganzen RhB-Netz transportieren. Der „UNESCO Welterbe Pass“ erlaubt zweiTage lang Fahrten auf den StreckenThusis – St. Moritz und St. Moritz – Tirano. Daneben gelten auch schweizweite Angebote wie der „SwissPass“, das Halbtax- und das Generalabonnement sowie der Swiss Travel Pass oder SwissTravel Pass Flex für Personen, die außerhalb der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein wohnen.
Streckenwanderungen Ebenso lohnend ist es, an den Bahnverbindungen entlang zu wandern. Im Berninagebiet zum Beispiel gibt es zwei Wege, die Eisenbahnfans viel bieten. Beide beginnen
Unzählige Viadukte gibt es im Netz der Rhätischen Bahn zu entdecken. Für die Bahnfahrt bietet die RhB durchaus günstige Sonderangebote an Tibert Keller
an der Station Bernina Suot. Der eine führt talwärts an der 70-Promille-Rampe der Bahn und dem imposanten Wasserfall der Ova da Bernina vorbei nach Morteratsch. Wer möchte, kann weiter an der Strecke bis Pontresina wandern. Der andere Weg verläuft in Richtung Ospizio und unter anderem an der Galerie Arlas, der Wasserscheide Adriatisches Meer/Schwarzes Meer sowie dem Lago Bianco vorbei. Über den Bahnhof Ospizio Bernina hinaus geht es noch hinab nach Alp Grüm – Cavaglia – Poschiavo. Den Weg kann man in Bernina Suot, Bernina Diavolezza, Ospizio Bernina, Alp Grüm, Cavaglia und Poschiavo beginnen oder enden lassen.
Wanderwege führen zu Albula-Bahn, BerninaBahn und Rheinschlucht Ebenfalls sehr interessant ist der „Bahnlehrpfad“ an der Albulastrecke, ein Wanderweg von Preda über Bergün bis Filisur. Der Weg beginnt beim Bahnhof Preda und führt zu zahlreichen Kunstbauten und Fotomotiven; Erklärungstafeln informieren über die Bahn. Wer übrigens die tagesaktuellen Lokeinsätze erfahren möchte, kann im Bahnhof Filisur bei der Stationshalterin für ein kleines Entgelt die Einsatzpläne beziehen.
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Zum musealen RhB-Bestand zählt die Dampfschneeschleuder Xrot d 6/6 9213, 1910 von der Bernina Bahn in Betrieb genommen. Heute in Pontresina stationiert, wird sie zum Teil noch bei Fotofahrten eingesetzt (Bild in Untervaz bei Landquart, Oktober 2006) Sven Klein
Überblick
Gemischte Züge und Extrazüge Güterzüge mit Personenbeförderung Die RhB setzt auch heute noch „Güterzüge mit Personenbeförderung“ ein. Diese fahren meistens in den Tagesrandlagen, sind aber anders als früher „flott“ unterwegs. Teilweise dienen die Fahrten dazu, Fahrzeuge zu überführen. Im Kursbuch erkennt man die Züge an einer „4“ an der ersten Stelle. Anbei eine Auswahl von Zügen; einige nehmen nur bedarfsweise Güterwagen mit: 4307 4011 4718 4109 4601 4605 4609 4653 4657 4661 4626 4672 4676 4680
Landquart – Vereina – St. Moritz Landquart – Davos Platz Ilanz – Chur Chur – Samedan Poschiavo – Tirano Poschiavo – Tirano Pontresina – Tirano St. Moritz – Poschiavo St. Moritz – Poschiavo St. Moritz – Poschiavo Poschiavo – St. Moritz Tirano – St. Moritz Tirano – Poschiavo Tirano – Poschiavo
Mo–Fr Mo–Fr Mo–Fr Mo–Sa täglich täglich Mo–Sa
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Extrafahrten/spezielle Planzüge Alpine Classic Pullman Express Seit 2010 werden unter diesem Namen von der Rhätischen Bahn und der Matterhorn Gotthard Bahn (MGB) bestimmte historische Fahrzeuge in streckentypischen Angeboten vermarktet. Die Fahrzeugflotte umfasst • Triebwagen ABe4 30 und 34 (nur Berninastrecke) • Ellok Ge 4/4 182 (nur Berninastrecke) • Ellok Ge 2/4 222 (nur Stammnetz) • Ellok Ge 4/6 353 (nur Stammnetz) • Elloks Ge 6/6 414 und 415 (nur Stammnetz) • Ellok HGe 4/4 15, 32, 36 (Zahnrad- und Adhäsionsloks der MGB, Lok 15 nicht betriebsbereit) • Salonwagen As 1141 – 1144 • Salonwagen As 1161 • Salonwagen As 1154
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• Piano-Bar-Wagen WR-S 3820 • Gepäckwagen D2 4051 • Speisewagen WR 3810–3812
Bahn-Paradies Graubünden: In Samedan hat der rhätische Tiger im Juni 2013 die Fahrzeuge für Regel- wie Extrafahrten inspiziert und wendet sich nun den Bahnfans zu Heiko Güttel
Damit gibt es 2017 folgende Fahrten: Glacier Pullman Express: St. Moritz – Zermatt: 23./24.06., 21./22.07., 01./02.09.; Zermatt – St. Moritz: 25./26.06., 23./24.07., 03./04.09. Rhätia Pullman Express (Ellok Ge 6/6 I + Salonwagen + Piano-Bar-Wagen): Landquart – Davos – St. Moritz u.z. 06.–08.07., 13.–15.07., 31.07–02.08. Swiss Alps Classic Express: Zermatt – St. Moritz: 11.07., 08.08.; St. Moritz – Zermatt 13.07., 10.08. Bernina Nostalgie Express (mit zwei Oldtimer-Triebwagen und einem Salonwagen): 12.07., 09.08.
Dampffahrten Zusätzlich veranstalten die RhB und/ oder verschiedene Vereine Extrafahrten mit Dampfloks. Geplant sind 2017: Muttertagsfahrt Landquart – Chur – Filisur – Davos – Landquart: 14.05. Sommer-Dampffahrt Landquart – Davos – Filisur – Chur – Landquart: 17.06. (mit zwei Loks), 05.08. Herbst-Dampffahrt Surselva Landquart – Sumvitg-Cumpadials u. z.: 10.09. Engadiner Dampffahrt Samedan – Scuol-Tarasp u. z.: 15.10.
Schlittelfahrten Ab Mitte Dezember 2017 ist die AlbulaPassstraße Preda – Bergün wieder für den Autoverkehr gesperrt und als „Schlittelbahn“ geöffnet. Dann setzt die RhB wieder Sonderzüge ein, um Schlittenfahrer nach oben zu bringen. Alle Angaben entsprechen dem Stand vom 15. März 2017.
Eine dritte Möglichkeit bietet der Wanderweg von Reichenau-Tamins entlang des Vorderrheins durch die Ruinaulta, den „Grand Canyon der Schweiz“. Dieser Weg führt teilweise direkt an der Bahn entlang, bietet also gute Fotografiermöglichkeiten.
Museum und sonstiges Die historische RhB ist auf verschiedene Weise präsent. Zum einen gibt es Sonderfahrten („Extrafahrten“) mit Nostalgiefahrzeugen – siehe Kasten –, zum anderen das Bahnmuseum Albula in Bergün (www.bahnmuseum-albula.ch). Täglich außer montags zeigt es in multimedial gestalteten Räumen und mit rund 600 Ausstellungsobjekten Geschichte wie Gegenwart der Albulabahn. Ergänzt werden die Informationen unter anderem durch einen Fahrsimulator in der Ellok Ge 6/6 I 407 vor dem Museum; dessen Nutzung kostet einen Zusatzpreis. Von Juli bis September gewährt die RhB bei Baustellenführungen Einblicke in die Arbeiten am Albulatunnel II. Die Führungen gibt es mittwochs (ab 10:45 Uhr) und sonntags (ab 13:45 Uhr); sie dauern jeweils zirka 90 Minuten. Zu Sonderangeboten, (Online-)Tickets sowie dem Zugangebot informiert die Rhätische Bahn im Internet unter www.rhb.ch. Dort gibt es zudem einen „Fundus für Bahnfreunde“ (als Untergruppe beim Reiter „Unternehmen“ ); über diesen kann man gratis Lokdienstpläne und gegen Entgelt Gleispläne von Bahnhöfen und Baupläne von Bahngebäuden der RhB beziehen. HBS/GM
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Vorschau
Impressum
| IM NÄCHSTEN HEFT
Ab
3/2017 | Mai/Juni 28. Jahrgang | Nummer 148
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Internet: www.eisenbahnwelt.de
Juni
Redaktionsanschrift: BAHN-EXTRA Postfach 40 02 09 l 80702 München Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax -700 E-Mail:
[email protected] Chefredakteur: Michael Hofbauer Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud Redaktion: Martin Weltner, Florian Dürr Junior Producer: Amira Füssel Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber Layout: Ralf Puschmann, Sebastian Valbuena Mitarbeit: Dr. Dietmar Beckmann, Friedhelm Ernst, Heiko Güttel, Michael Hubrich, Tibert Keller, Sven Klein, Andreas Mampel, Florian Martinoff, Christian Schmidt, Dr. Hans-Bernhard Schönborn, Harald Schönfeld, Joachim Schröter, Georg Wagner u.v.m.
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ISSN 0937-7174 l ISBN 978-3-95613-127-1 Zeitungskennzahl 12126 Erscheinen und Bezug: BAHN EXTRA erscheint alle zwei Monate jeweils Mitte eines geraden Monats. Sie erhalten BAHN EXTRA in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriftenkiosken, im Fachhandel sowie direkt beim Verlag. © by GeraMond Verlag München. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand ist München. Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Thomas Hanna-Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Thomas Perskowitz; beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.
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