5/2014 September | Oktober
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Das Magazin für Militärgeschichte
Clausewitz Peenemünde: Was von der „V2-Schmiede“ übrig blieb
1939: U 47 versenkt HMS ROYAL OAK
Wie Günther Prien Scapa Flow bezwang
Zweiter Golfkrieg
1990: Kampf um die Freiheit oder ums Öl? Schrecken der Briten: Günther Prien, erfolgreiche Kommandant von U 47 r
Weißenburg 1870 Der blutige Auftakt zu Preußens Triumph
MILITÄR & TECHNIK
Winston Churchill Hitlers härtester Feind
Militärlager im Feindesland: So schützten sich Roms Legionen
n e d n e g e L e t f ü L r e d
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, vor 75 Jahren gelang Günther Prien und seinen Männern von U 47 in der Bucht von Scapa Flow einer der spektakulärsten militärischen „Coups“ der Marinegeschichte. Priens U-Boot-Angriff traf die Seemacht England bis ins Mark: Nach der Versenkung des Schlachtschiffs „Royal Oak“ im Hauptstützpunkt der Royal Navy stand ganz Großbritannien regelrecht unter Schock. Der in Straßburg geborene Regisseur und Dramaturg Joachim Bartsch war sich sicher, dass die waghalsige Operation von Günther Prien und seiner Besatzung von U 47 Stoff für ein spannendes Drehbuch liefert. Bei seinem im Jahr 1958 uraufgeführten Kinofilm „U 47 – Kapitänleutnant Prien“ – führte der Österreicher Harald Reinl Regie. In dem viel beachteten Film spielt der Schauspieler Dieter Eppler den U-BootKommandanten Prien als Soldat zwischen Auftrag und Gewissenskonflikt, während Joachim Fuchsberger den Oberleutnant zur See Birkeneck gibt. Darüber hinaus sind zahllose Buchveröffentlichungen zu Prien, U 47 und dem U-Boot-Angriff auf Scapa Flow erschienen. Und dennoch: Bis heute bleiben wichtige Fragen unbeantwortet. Welches Kriegsschiff fiel neben der „Royal Oak“ den Torpedos von Prien zum Opfer? Warum machte die britische Admiralität ein so großes Geheimnis aus den Ereignissen jener Schicksalsnacht im Oktober 1939? In unserer Titelgeschichte erfahren Sie alles über die Hintergründe, den Verlauf und die Folgen der waghalsigen Operation von U 47, dem wohl bekanntesten U-Boot des Zweiten Weltkriegs. Eine kurzweilige Lektüre wünscht Ihnen
Dr. Tammo Luther Verantwortlicher Redakteur PS: Ab sofort gibt es CLAUSEWITZ für alle Abonnenten auch kostenlos digital (derzeit nur auf iOS). Mehr dazu auf S. 7
Clausewitz 5/2014
10. Folge Krieger, Söldner & Soldaten
Für Allah und den Propheten Die frühe Eroberungsphase des Islam im 7. und 8. Jahrhundert wird oft mit der Vorstellung von säbelschwingenden Reitern verbunden. Tatsächlich bilden zu jener Zeit die Fußkrieger das Rückgrat der arabischen Armeen. ie zunächst überwiegend aus Arabern und, etwas später, auch nordafrikanischen Berbern gebildeten frühislamischen Heere bestehen hauptsächlich aus mit Lanzen oder Bogen bewaffneten Fußkriegern. Die von der arabischen Stammesaristokratie gebildete Kavallerie stellt wegen des hohen Wertes der Pferde nur einen relativ geringen Anteil der Kämpfer dar. Dromedare dienen lediglich als Lasttiere und Transportmittel und spielen im Kampf keine Rolle mehr. In Bezug auf die Bewaffnung orientieren sich die Araber am Vorbild der vorherrschenden spätrömischbyzantinischen und der iranisch-sassanidischen Kultur. Qualitativ hochwertige Helme, Kettenhemden, Schuppen- beziehungsweise Lamellenpanzer und Schwerter stammen häufig aus dem Handel mit Byzanz, dem Iran sowie Indien. In der Regel bleibt diese kostbare Ausrüstung den Wohlhabenden vorbehalten. Ansonsten dienen unterschiedlich große Rundschilde aus Holz oder Leder dem Körperschutz. Die Bewaffnung wird durch Lanzen, Wurfspeere, Reflexbögen und meist relativ kurze, gerade, an einem Schultergurt getragene Schwerter gebildet. Der oft mit den Arabern assoziierte Säbel ist eine Waffe der türkischen Steppenvölker, und er erfährt erst ab dem 10. Jahrhundert in der islamischen Welt eine größere Verbreitung. Die allgemeine Verbesserung der Rüstung und Bewaffnung ändert sich schnell im Verlauf der siegreichen Feldzüge, durch die Unmengen von Beute, darunter natürlich auch Waffen und Pferde, in die Hände der Araber fallen. Die Kampftaktik der arabischen Eroberungsheere basiert auf einer festen, aus mit lanzenbewehrter Infanterie gebildeten Schlachtordnung, die als Ankerpunkt für den massiven Einsatz von Bogenschützen dient. Die oft nur leicht gepanzerte Kavallerie nimmt meist hinter der Infanterie oder an den Seiten Aufstellung, um von dort aus Flan-
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FAKTEN Zeit: 7./8. Jahrhundert Uniform: Kettenhemd, Schuppen- oder Lamellenpanzer, konischer Eisenhelm, Schwert, Rundschild, Turban, weite Hose (sirwal), lange Tunika, Übergewand (jubba) Hauptwaffe: Lanze oder Bogen Kampftaktik: Geschlossene Formation aus Lanzenkämpfern und Bogenschützen Wichtige Schlachten: Yarmuk 636, Siffin 657, Poitiers 732 Arabische Soldaten im Film: Mohammed – der Gesandte Gottes (1976)
ken- oder Umgehungsangriffe auf einen bereits geschwächten Feind durchzuführen. In dieser frühen Phase kommt es vor großen Schlachten auch noch zu Duellen feindlicher Elitekämpfer. Mit der Eroberung des Iran und des westlichen Zentralasiens werden auch verstärkt schwere iranisch-türkische Panzerreiter sowie berittene Bogenschützen Teil der islamischen Heere, wodurch sich seit dem 9. Jahrhundert deren Schwerpunkt auf die Kavallerie zu verlagern beginnt.
IM KAMPF FÜR EIN ISLAMISCHES IMPERIUM: Dieser arabische Krieger des 7. Jahrhunderts ist Angehöriger der umayyadischen Infanterie (Garde-Einheit). Unter seinem Turban trägt er einen Helm, unter dem farbenprächtigen Gewand eine Kettenrüstung. Die bevorzugte Kampfposition dieses gut ausgerüsteten Soldaten befindet sich inmitten eines Schildwalls. Abb.: Johnny Shumate
Inhalt Titelgeschichte
Titelthema Priens „Paukenschlag“.
Angriff von U 47 auf Scapa Flow
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Priens „Paukenschlag“
14. Oktober 1939: Mit der Versenkung des Schlachtschiffs HMS ROYAL OAK gelingt Kapitänleutnant Günther Prien und seiner Besatzung von U 47 ein spektakulärer „Coup“ gegen Englands Seemacht. Der Schock bei der Royal Navy und in ganz Großbritannien sitzt tief. Von Jörg-M. Hormann
Angriff von U 47 auf Scapa Flow.
Verschollen im Atlantik.
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RISKANTE OPERATION: Günther Prien an Bord von U 47. Das Boot läuft am 8. Oktober 1939 von Kiel zu einer streng geheimen Mission aus. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
Günther Prien: Kommandant von U 47.
Tödliche Torpedos.
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IN GEHEIMER MISSION: Kapitänleutnant Günther Prien, Kommandant von U 47, wird vom Befehlshaber der Unterseeboote, Konteradmiral Karl Dönitz, zu Kriegsbeginn mit einer besonders riskanten Operation betraut. Das Ziel des geplanten U-Boot-Angriffs heißt: Scapa Flow – Hauptflottenstützpunkt der Royal Navy, Foto 1940/41.
U 47 und die U-Bootwaffe 1939/40.
Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl
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Günther Prien und die Besatzung von U 47 laufen im Oktober 1939 zu einer riskanten Geheimmission gegen die Royal Navy aus. Foto: ullstein bild – ullstein bild
Magazin Neues zur Militärgeschichte, Ausstellungen und Bücher.
Operation „Wüstensturm“. ..................................................................................38 .....................
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Der Zeitzeuge
Das historische Dokument.
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„Totenschein“ für den Deutschen Orden: Der Friede von Thorn 1411.
Das deutsche Kettenkraftrad HK 101.
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Militär und Technik
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Die Schlacht bei Weißenburg 1870 – Blutiger Auftakt im Krieg von 1870/71. 4
Militärtechnik im Detail Die kompakte „Zugmaschine“ der Wehrmacht.
Schlachten der Weltgeschichte
„Mit vereinten Kräften!“
Kriegsgewitter am Persischen Golf 1990/91.
Von der See an die Küste.
Entwicklung und Aufgaben der Landungsboote von Bundes- und Volksmarine.
Schlachten der Weltgeschichte | Weißenburg 1870
Schlachten der Weltgeschichte | Zweiter Golfkrieg von 1990/91
Teuer erkaufter Sieg
„Mit vereinten Kräften!“ 4. August 1870: Die Schlacht bei Weißenburg bildet den Auftakt im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und wird zu einer harten Bewährungsprobe für die erstmals gemeinsam kämpfenden deutschen Soldaten. Von Christian Bunnenberg
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ls die Soldaten des Königs-GrenadierRegiments Nr. 7 am Vormittag des 4. August 1870 unweit der Stadt Weißenburg die französische Grenze überschreiten, stehen ihnen die Anstrengungen der letzten Tage bereits in die erschöpften Gesichter geschrieben. Nur wenige hundert Meter westlich von ihnen liefern sich mehrere bayerische Bataillone seit Stunden ein erbittertes Feuergefecht mit den Verteidigern der kleinen Grenzstadt. Und ebenso lange sehnen diese Bayern eine Entlastung durch die preußischen Einheiten herbei. Deren Kommandierender General, Hugo von Kirchbach, gibt unmittelbar nach dem Eintreffen auf dem Schlachtfeld den Befehl für den Sturm auf die Anhöhen im Süden Weißenburgs. Die Preußen sollen den Geisberg hinaufstürmen, in
das Zentrum der französischen Stellungen einbrechen und den Gegner dort werfen. Später wird es heißen, dass der Angriff „mit fliegenden Fahnen und lautem Trommelschall“ ausgeführt worden sei. Die „Königsgrenadiere“ aus Preußen zahlen bei diesem Unternehmen den höchsten Blutzoll. Aus ihren Reihen werden noch bis zum Nachmittag 329 Mann in der Schlacht bei Weißenburg fallen.
Truppenaufmarsch Wenige Stunden zuvor: Kurz nach Mitternacht, gegen 2:00 Uhr, brechen die preußischen Grenadiere das Biwak ab. In kleinen Gruppen stehen sie um die wenigen Feuer zusammen und warten auf den Befehl zum Abmarsch. Erholsam geschlafen hat nie-
mand. Es regnet schon die ganze Nacht. Übermüdet und in durchnässten Uniformen rücken die preußischen Soldaten um 4:00 Uhr gegen Frankreich vor. Was sie dort erwartet, wissen weder sie noch ihre Kommandeure. Seit der Kriegserklärung des französischen Kaisers Napoleon III. an Preußen am 19. Juli 1870 wird der Mobilmachungsplan für die norddeutschen Truppen ausgeführt. Auch die vier süddeutschen Staaten stehen zu den sogenannten „Schutz- und Trutzbündnissen“ und entsenden ihre Soldaten an die französische Grenze. In drei Armeen aufgegliedert nutzen die deutschen Truppen vor allem die Eisenbahn, um in ihre Versammlungsräume zu gelangen. Ein besonderer Militärfahrplan ermöglicht es, innerhalb relativ kurzer Zeit mit 900
ERFOLGREICH: Die preußisch-deutschen Truppen zwingen die Franzosen in der Grenzschlacht bei Weißenburg am 4. August 1870 zum Rückzug. Abb.: ullstein bild – imageBROKER/H.-D. Falkenstein
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Zugfahrten rund 460.000 Mann BERÜHMT: „Der Held von sowie Waffen, Material und PferWeißenburg“ (Kronprinz de an die Grenzregion zu FrankFriedrich Wilhelm), Farblithoreich zu transportieren. Dies graphie von Carl Offterdinger. stellt eine lang vorbereitete logisAbb.: picture-alliance/akg-images tische Meisterleistung dar. Schließlich stehen Anfang August 1870 die 1. Armee bei Saarlouis, die 2. Armee bei Böcklingen und Saarbrücken und die 3. Armee bei Landau und erwarten den französischen Angriff. Doch dieser bleibt bis auf einen halbherzig gegen Saarbrücken geführten Vorstoß aus. Aus den Beobachtungen berittener Fernpatrouillen schließen die deutschen Kommandeure, dass sich ein Teil der französischen Verbände im Elsass aufhalten muss. Am Abend des 3. August 1870 erhält die 3. deutsche Armee den Befehl, selbstständig den Grenzfluss Lauter in der Nähe von Weißenburg zu überschreiten und die Franzosen aus dem Elsass zurückzudrängen. Unter dem Kommando des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen bereitet sich der gesamtdeutsche Heeresverband auf den Einmarsch nach Frankreich vor. In den frühen Morgenstunden des 4. August 1870 marschieren drei Kolonnen auf Weißenburg zu. Das II. bayerische Korps nige Mühlen und kleinere Fabrikanlagen. nimmt den direkten Weg durch die südpfäl- Die Gleise verlaufen entlang der sogenannzische Ortschaft Schweigen Richtung Wei- ten „Weißenburger Linien“ – ehemalige Fesßenburg mit dem Ziel, die französische tungsanlagen, die allerdings seit der franzöStadt zu besetzen. sischen Revolution 1789 nicht mehr instand gehalten wurden. Südlich der Lauter steigt Überraschte Franzosen das Gelände zum Geisberg hin ebenfalls Das V. preußische Korps folgt der Straße von wieder stark an. Ebendort, unweit des Schweighofen nach Altenstadt, während das gleichnamigen Schlosses, entdecken die XI. preußische Korps zunächst weiter west- bayerischen Soldaten trotz des leichten Nielich die Lauter durchwatet und sich dann selregens aus der Ferne ein größeres Heerladurch den Niederwald annähert. Die Ver- ger der Franzosen. Nur wenige Minuten bände aus Baden und Württemberg stehen später werden die Bayern von einigen weniin der Nähe von Lauterburg, das I. bayeri- gen Turkos, leichten Infanteristen aus den sche Korps folgt mit einem Tagesmarsch Ab- nordafrikanischen Kolonien, die in den stand. Angesichts der Gefahr eines größeren Weinberghügeln zwischen Schweigen und Gefechtes oder einer Schlacht ergeht vor Weißenburg lagern, beschossen. Meldereiter dem Abmarsch noch der mündliche Befehl, galoppieren zurück und melden, dass die dass sich die Kolonnen bei Bedarf unterstüt- Stadt besetzt, die Tore verschlossen und die umliegenden Gehöfte von den Franzosen zen sollen. Um 8:00 Uhr erreichen die ersten Solda- zur Verteidigung eingerichtet seien. Diese Schüsse alarmieren auch die franten der bayerischen Vorhut die französische Grenze hinter Schweigen. Im Tal unter ih- zösischen Einheiten auf dem Geisberg. Denen liegt Weißenburg. Die ehemalige Fes- ren Kommandeur, General Charles Abel tungsstadt umschließen Wall und Graben, Douay, ist von dem plötzlichen Auftauchen mitten hindurch fließt die Lauter. Südöstlich des Feindes völlig überrascht. Da die franzöder Stadt befinden sich der Kopfbahnhof, ei- sischen Aufklärungseinheiten am frühen
Morgen ohne besondere Beobachtungen zurückgekehrt waren, kann Douay die gegnerischen Soldaten nur schwer einschätzen. Er lässt die französischen Einheiten in Bereitschaft versetzen und schickt zwei weitere Bataillone Turkos und eine Batterie der Artillerie hinunter zur Stadt und an die Weißenburger Linien. Der General agiert zunächst vorsichtig und zurückhaltend. In Weißenburg und rund um den Geisberg stehen ihm nur etwa 5.000 Soldaten zur Verfügung. Im Gegensatz zu dem deutschen Aufmarsch kämpfen die Franzosen seit Kriegsbeginn mit verschiedenen Problemen. Während die Deutschen ihre Verbände möglichst geschlossen mit der Ausrüstung aus den Kasernen an die Grenze verlegen, gibt es in Frankreich 1870 keinen vorbereiteten Plan für den Aufmarsch. Berufssoldaten und Reservisten reisen in kleinen Einheiten in unausgelasteten Zügen durch das Land, während Waffen, Munition, Material und Verpflegung aus den Depots herangeschafft werden. Das alles zu koordinieren, stellt die französische Armee vor eine fast unlösbare Aufgabe. Und so fehlen General Douay am Morgen des 4. August 1870 nicht nur Männer in den ihm zugeteilten Verbänden, sondern auch Verpflegung, Munition und sogar Karten.
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ie Augen der Welt sind auf das sich wiedervereinigende Deutschland gerichtet, als am 2. August 1990 irakische Truppen in Kuweit einfallen. Ihr Ziel besteht in der Vernichtung der staatlichen Existenz Kuweits, um das Land als 19. Provinz in den Irak einzugliedern. Saddam Hussein, brutaler Diktator des Irak seit 1979, glaubt dafür freie Hand zu haben: Sein Land ist seit dem Krieg mit dem Iran (Erster Golfkrieg von 1980 bis 1988) beim Nachbarn tief verschuldet. Kuweit weigert sich, diese Schulden zu erlassen. Zudem prägen Grenzstreitigkeiten das beiderseitige Verhältnis. Saddam greift zu einer Methodik, die im 20. Jahrhundert be-
se drei Kriege in der Golfregion „fein säuberlich“ voneinander getrennt betrachtet werden? Auf der taktisch-operativen Ebene mag dies angehen, auf der politisch-strategischen Ebene hingegen nicht. Wie bereits erwähnt, endet der Zweite Golfkrieg mit einer Niederlage Saddams, aber nicht mit dessem Ende. Die Vereinten Nationen haben gegen den Aggressor den Sieg davongetragen, wobei die USA als Treuhänder agieren: Sie schmieden eine Allianz von 34 Staaten für die Operation „Desert Storm“ (Wüstensturm) zur Befreiung Kuweits. Das ist nach der Epoche des Kalten Krieges etwas Neues: So wie Hitler-Deutschland
1990: Der irakische Diktator Saddam Hussein wagt mit der Eroberung Kuweits einen riskanten Zug. Hält die arabische Welt zu ihm? Wie reagiert Israel? Und vor allem: Lassen ihn die USA gewähren? Von Peter Andreas Popp
Übermächtige Angreifer Daher kann er zunächst nur abwartend beobachten, wie um 8:30 Uhr unter dem Schutz von eigenem Artilleriefeuer eine lange Schützenkette bayerischer Infanteristen auf Weißenburg zumarschiert. Dort haben die Verteidiger mittlerweile die alten Wälle besetzt und eröffnen ebenso wie die vor der Stadt eintreffenden Turkos das Feuer auf die Bayern. Weil die französischen Chassepotgewehre den deutschen Zündnadelgewehren in der Reichweite weit überlegen sind, können sich die wenigen französischen Kräfte erfolgreich gegen die Übermacht der Angreifer behaupten. Diesen geben die nachrückenden Einheiten allerdings die Gelegenheit, ihre starken Ausfälle auszugleichen. Immer mehr Soldaten können ins Gefecht geworfen werden. Die bayerischen Angriffe auf die Tore der Stadt brechen wiederholt im dichten Abwehrfeuer der Verteidiger zusammen. Auch die Artillerie kann zunächst kaum etwas gegen die durchweichten Wälle der Stadt ausrichten.
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Militär und Technik | Landungsboote
reits mehrfach mit unterschiedlichem Erfolg praktiziert worden war: Durch HitlerDeutschland und durch Japan in den 1930erJahren, durch China gegenüber Indien 1962 im Kaschmir-Konflikt. Saddam Hussein sollte sich täuschen: Dieser Zweite Golfkrieg geht am 28. Februar 1991 ganz anders zu Ende als erwartet, und der Irak sollte danach nicht mehr derselbe sein. Saddam regierte nach diesem Krieg zwar noch weiter, aber seine totalitär orientierte Herrschaft endet bekanntlich mit dem Dritten Golfkrieg im Frühjahr 2003. Und damit ist bereits ein methodisches Problem angerissen: Inwieweit können die-
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DIE NACHT WIRD ZUM TAG: Dieses Bild wird in den Medien oft präsentiert, um die alliierte Luftherrschaft zu belegen. Es zeigt irakisches Flugabwehrfeuer und explodierende alliierte Bomben in Bagdad in den frühen Morgenstunden Foto: picture alliance/AP Images des 18. Januar 1991.
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Uniformtafeln | Die Schlacht auf dem Peipussee
MEHRZWECKLANDUNGSBOOT: Das in den 1960er-Jahren gebaute L 793 FELCHEN („Butt“-Klasse) der Foto: Sammlung Kliem Bundesmarine.
Alexander Newski gegen den Deutschen Orden
Vernichtungsschlacht auf dem Eis
IMPOSANT: Die Form des Helms dieses Ritters geht auf Abbildungen aus der sogenannten Kreuzfahrerbibel zurück, die vermutlich um 1245 in Frankreich entstand. Die aufwendige Helmzier wurde im Kampf wahrscheinlich nicht getragen.
1242: Auf dem zugefrorenen Peipussee trifft der Deutsche Orden auf Kämpfer der Stadt Nowgorod. CLAUSEWITZ präsentiert Bewaffnung und Ausrüstung der beiden Armeen. AN DER KÜSTE: Ein Landungsboot der „Robbe“-Klasse der Volksmarine. Gut zu erkennen sind die Flugabwehrgeschütze Foto: Sammlung Mehl der Bordbewaffnung.
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eit dem 10. Jahrhundert versuchen Missionare, das Christentum auch an der südlichen Ostseeküste zu verbreiten. Im frühen 13. Jahrhundert werden die Ritter des Deutschen Ordens vom Kaiser und dem Papst mit der Besiedlung des Pruzzenlandes im Kulmer Land beauftragt. Innerhalb kürzester Zeit festigen die Brüder ihre Herrschaft mit einer Kette von Burgen und errichten einen schnell aufblühenden Staat. Eine zweite christliche Hochburg stellt das 1201 errichtete Bistum von Riga dar. Mit dem wenig später gegründeten Schwertbrüderorden verfügt auch der Bischof über einen militärischen Arm. Doch nachdem die Schwertbrüder 1237 in der Schlacht bei Schaulen aufgerieben werden, schließen sich die Reste des Ordens den Deutschrittern an,
Landungsboote von Bundes- und Volksmarine
Von der See an die Küste 1950er-Jahre: Beim Aufbau der Bundesmarine spielen Landungsboote eine wichtige Rolle. Auch in den Seestreitkräften der NVA werden sie seit 1960 eingeführt, um im Ernstfall an Küstenabschnitten des Gegners landen zu können. Von Eberhard Kliem
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nerwartet schnell muss sich die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland mit der Frage eines eigenen militärischen Beitrages an der Verteidigung Westeuropas beschäftigen. Dies zumindest erwarten die ehemaligen Kriegsgegner USA und Großbritannien. Im Kloster Himmerod in der Eifel versammeln sich auf Einladung von Bundeskanzler Konrad Adenauer im August 1950 hochrangige Militärs, um erste Überlegungen und Gedanken zu entwickeln. Es entsteht die „Himmeroder Denkschrift“, in der auch eine zukünftige deutsche Marine konzeptionell geplant wird. Auf dieser Grundlage werden in weiteren Denkschriften entsprechende Einzelheiten entwickelt. Mit der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 wissen die verantwortlichen Marineoffiziere, dass sie eine Randmeermarine aufbauen müssen, deren Hauptaufgaben in der Ostsee und der Nordsee liegen werden. Von Beginn an sehen die planenden Offiziere einen Bestand von 36 Landungsfahrzeugen vor. Diese haben die Aufgabe, durch „Landungen die russische Flankenempfind-
lichkeit besonders auszunutzen und durch (…) Landungen weit im Rücken der russischen Front Kräfte zu binden und Unsicherheit zu erzeugen“, so die Himmeroder Denkschrift. Es ist durchaus überraschend, dass in den westdeutschen Überlegungen ein relativ umfangreiches amphibisches Element eingeplant ist. Die Kriegsmarine dagegen hatte
sich kaum mit einer Kriegführung dieser Art beschäftigt. Die Landungen in Norwegen und Dänemark im Jahr 1940 waren durch Einlaufen und Absetzen der Truppen in Häfen durchgeführt worden. Und die geplante Invasion an der englischen Küste (Operation „Seelöwe“) wurde schließlich wieder fallengelassen. Auch der Bau und Einsatz von mehreren Hundert Marinefährprahmen
FÜHRUNGSSCHIFF: Das Landungsboot L 750 KROKODIL der Bundesmarine verfügt nach einem Umbau über einen besonderen Sanitätsbereich und ein Hubschrauberlandedeck.
(MFP) in der zweiten Hälfte des Weltkrieges 1939–1945 hatte nicht dazu geführt, Einsatzund Führungsgrundsätze der amphibischen Kriegführung zu entwickeln.
Erste Überlegungen Dass die bundesdeutsche Marine einen anderen Weg beschritten hat, geht vermutlich auf US-amerikanische Initiative zurück. Die US-Marine hatte insbesondere im Kampf gegen Japan die amphibische Kriegführung zu einer den Krieg entscheidenden Bedeutung entwickelt. Auch die alliierte Invasion in Frankreich im Juni 1944 wäre ohne einen entsprechenden Beitrag der USA undenkbar gewesen.
TECHNISCHE DATEN
Foto: Sammlung Kliem
Doch trotz „Rückenwind“ aus den Vereinigten Staaten läuft der organisatorische Aufbau der amphibischen Streitkräfte der Bundesmarine unkoordiniert, improvisiert und meist ohne vorausschauende Planung ab: Am 1. November 1958 wird zwar in Wilhelmshaven das „Kommando der Amphibischen Streitkräfte“ aufgestellt. Ihm unterstellt werden jedoch gleichzeitig die U-Bootlehrgruppe (ULG), die sich um den Aufbau der zukünftigen deutschen Unterseebootflotte kümmern muss, außerdem ein Küstenumschlagbataillon, ein Seebataillon und andere artverwandte Einheiten. Es verwundert somit nicht, dass sich dieser für die Bundesmarine neuartige See-
Übungen und Manöver Die folgenden Jahre sind geprägt von Umorganisation und Verlegungen in andere Standorte, aber auch von eifriger Manövertätigkeit mit dem Ziel, eindeutige Führungsund Einsatzgrundlagen zu erlangen. Langsam gewinnt die amphibische Seekriegführung innerhalb der Einsatzkonzeption der Bundesmarine und auch der übergeordneten NATO-Kommandobehörden an
„Butt”-Klasse
Typ
„Butt“-Klasse*
Länge Breite Tiefgang Verdrängung Beladung Bewaffnung Besatzung
40,0 m 8,81 m 2,10 m k.A. sechs mil. Fahrzeuge od. drei Leopard-Panzer 2 x 20 mm, Minenbeladung (bis zu 50 Ex.) 15–21
NEUE KONSTRUKTION: Seiten- und Aufriss eines Landungsbootes der in den 1960erJahren in Hamburg (Howaldtswerke) gebauten „Butt“Klasse.
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*alle Angaben nach Gerhard Koop/Siegfried Breyer: Die Schiffe, Fahrzeuge und Flugzeuge der deutschen Marine von 1956 bis heute, Bonn 1996.
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kriegsbereich nur schleppend weiterentwickelt. Dies ist aber nötig, denn schon vor Aufstellung des vorgesetzten Führungskommandos sind im fernen Charleston in den USA am 5. September 1958 vier ehemalige amerikanische Landungsboote LSM (Landing Ship, Medium) als „Eidechse“-Klasse und zwei LSMR (Landing Ship, Medium, Rocket) als „Otter“-Klasse in Dienst gestellt worden. Im Dezember 1958 laufen sie in Wilhelmshaven ein und werden als 2. Landungsgeschwader geführt.
wodurch deren Machtbereich weit nach Osten ausgreift. Auch die skandinavischen Königreiche Dänemark und Schweden unternehmen in den 1230er-Jahren militärische Vorstöße an die livländisch-lettische Küste, werden aber 1240 durch Alexander Jaroslawitsch, dem gewählten Fürsten der Handelsmetropole Nowgorod an der Newa, schwer geschlagen. Doch im selben Jahr vertreiben die Kaufleute den erfolgreichen Heerführer, der nun den Beinamen „Newski“ angenommen hat. Kurz darauf besetzt eine kleine Armee der Deutschritter die Stadt Pskov beim Peipussee. Für die orthodoxen Nowgoroder zeichnen sich jetzt zwei Gefahren ab. Aus dem Westen nähern sich ihnen Heere, die den römisch-katholischen Glauben verbreiten wol-
GUT GERÜSTET: Nur ein geringer Teil des deutschen Fußvolkes ist so gut bewaffnet wie dieser Speerträger. Neben dem schweren Kettenhemd trägt er einen Helm mit Maskenvisier, der zu dieser Zeit zunehmend vom Topfhelm verdrängt wird. Außerdem verfügt dieser Fußsoldat über ein Falchion, ein einschneidiges Schwert, das (vermutlich) besonders von der Infanterie verwendet wird.
Abb.: Sammlung Mehl
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len, aus dem Süden und Osten stürmt die Goldene Horde – mongolische Reiterscharen – heran. In ihrer Angst berufen die Nowgoroder Alexander Newski zurück, der sich zunächst den Heeren des Ordens entgegenstellt. Am 5. April 1242 kommt es auf dem Peipussee zur entscheidenden Schlacht. Das Heer des Ordens unter dem Befehl des Fürstbischofs Hermann I. von Dorpat besteht aus kaum mehr als 1.800 Bewaffneten, worunter sich noch viele ehemalige Schwertbrüder, dänische Ritter und Truppen des Rigaer Bischofs befinden. Alexander verfügt über 3.000 bis 4.000 Mann der Nowgoroder Miliz und der Druschina, seiner eigenen schwer bewaffneten Leibgarde. Die Schlacht beginnt mit einem Angriff der Ordensstreitmacht in Keilformation auf das russische Fußvolk, welches sich nahe der Insel Rabenstein postiert hat. Die Wucht der Attacke drängt die Nowgoroder vom zugefrorenen See auf die Insel zurück. Die Pferde der Ritter haben Probleme, die steilen Hänge zu erklimmen. In diesem Moment umgeht Alexanders Reiterei die Ordensarmee und greift sie in der Flanke und von hinten an. Die Nowgoroder Armee umzingelt ihren Feind und macht ihn nieder. Nur wenige Ordensritter können entkommen. Dass die schweren Reiter wie in Sergej Eisensteins Film „Alexander Newski“ (1938) auf dem Eis des Sees eingebrochen sein sollen, wird heute als Mythos betrachtet. Noch im selben Jahr schließen der Orden und Nowgorod ein Friedensabkommen, welches die Narwa zum Grenzfluss zwischen beiden bestimmt. Der weiteren Ostexpansion des Ordens ist damit dauerhaft ein Riegel vorgeschoben. CLAUSEWITZ rekonstruiert auf den folgenden Seiten detailliert die Kontrahenten, die bei der Schlacht auf dem Peipussee aufeinanderprallen…
Spurensuche
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Texte und historische Recherche zu den Zeichnungen: Alexander Querengässer Zeichnungen: Sascha Lunyakov
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Feldherren BIOGRAPHISCHE DATEN Winston Churchill (1874–1965)
Heeresversuchsanstalt Peenemünde
Zentrum der Raketenforschung
1874: Churchill wird am 30. November in Woodstock (England) geboren 1881–1892: Besuch verschiedener Internate 1893–1895: Kadett in Sandhurst 1895–1899: Leutnant im 4. Husarenregiment, nimmt an Feldzügen in Kuba, Indien und im Sudan teil 1899–1900: Kriegsberichterstatter im Burenkrieg 1900: Wird als Konservativer Mitglied des Unterhauses 1904: Übertritt zur Liberalen Partei 1908–1910: Handelsminister 1910–1911: Innenminister 1911–1915: 1. Lord der Admiralität
3. Oktober 1942: Die Flüssigkeitsgroßrakete mit der Bezeichnung „Aggregat 4“ verlässt den Prüfstand VII der Heeresversuchsanstalt und stößt in den Weltraum vor. Mit dem Beginn des Raketenzeitalters erreicht der Krieg eine neue Dimension. Von Tammo Luther
1915: Frontoffizier 1916: Abgeordneter 1917–1918: Munitionsminister 1918–1921: Kriegs- und Luftfahrtminister 1924: Wechsel zu den Konservativen 1924–1929: Schatzkanzler 1929–1939: Kein politisches Amt 1939: 1. Lord der Admiralität 1940–1945: Parteiführer der Konservativen und Premier- und Verteidigungsminister 1945–1951: Oppositionsführer 1951–1955: Premierminister 1953: Nobelpreis für Literatur 1965: Churchill stirbt in London (24. Januar)
SYMBOLHAFT: Der britische Premierminister Churchill verbreitet im Kriegsjahr 1943 lächelnd Optimismus mit dem „Victory“-Zeichen.
AUF DEM FREIGELÄNDE: Modell einer V1 des Historisch-Technischen Museums Peenemünde, im Hintergrund das Kraftwerk der ehemaligen Versuchs- und Erprobungsanstalten.
Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
Foto: picture-alliance/Eventpress Hoensch
Winston Churchill
Mit eisernem Willen M
it der später als „Vergeltungswaffe 2“ (V2) bezeichneten Fernrakete steht dem „Dritten Reich“ ab der Serienfertigung im Sommer 1944 eine Waffe zur Verfügung, für die es zu dieser Zeit keine wirksame Abwehrmöglichkeit gibt. Insgesamt mehr als 3.000 V2-Raketen werden bis Ende März 1945 auf Ziele in England, Belgien, Holland und Frankreich abgefeuert. Ihre tödliche Wirkung fordert Tausende von Opfern unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder.
Zehn Jahre zuvor: Mitte der 1930er-Jahre ist das Fischerdorf Peenemünde im Nordwesten der Ostsee-Insel Usedom eine 450Seelen-Gemeinde und besteht aus weniger als 100 Häusern und einer Dorfschule. Mit der Idylle der weitgehend unberührten Naturlandschaft ist es seit 1936 vorbei. Die Umgestaltung der moor- und grundwasserreichen Gegend in ein militärisches Sperrgebiet beginnt. Am Anfang steht die Erschließung des unwegsamen Terrains durch den Bau von Straßen und Gleisen sowie der
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Errichtung von Unterkünften für die Bauarbeiter der Forschungsstelle von Heer und Luftwaffe. Der erste Spatenstich für die künftige Heeresversuchsanstalt und die Erprobungsstelle der Luftwaffe Peenemünde wird im August 1936 gesetzt. Dem Baubeginn ging eine mehrmonatige Suche nach einem passenden Areal für die geplante Anlage voraus. Nach einem Hinweis von Raketeningenieur Wernher von Braun, dessen Vater passionierter Jäger war und der
seinem Sohn einst von der Abgeschiedenheit des Peenemünder Hakens erzählt hatte, entschieden sich die zuständigen Militärs schließlich für den Standort auf Usedom. Die Heeresversuchanstalt im brandenburgischen Kummersdorf hatte sich für die intensive Fernraketenforschung und -erprobung als ungeeignet erwiesen. Seit Sommer 1936 bis zum Ausbruch des Krieges im September 1939 arbeiten etwa 10.000 Arbeiter, darunter ein Großteil Angehörige der Organisation Todt (OT) und des
Reichsarbeitsdienstes (RAD), an der Errichtung der Versuchsanstalt in Peenemünde. Nach 1939 kommt eine wachsende Zahl ausländischer Zwangsarbeiter und Häftlinge aus den Konzentrationslagern hinzu. Die Bewohner Peenemündes mussten unterdessen ihr Dorf verlassen. Zwar wird ihnen eine Entschädigung zuteil, doch der Abschied fällt gerade den Alteingesessenen schwer.
8. Mai 1945: Winston Churchill ist am Ziel. Als erbitterter Widersacher Hitlers und des NSStaates trägt der für seinen starken Willen und besonderen Ehrgeiz bekannte britische Premierminister großen Anteil am alliierten Sieg über das „Dritte Reich“. Von Stefan Krüger
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ABGEHOBEN: Start einer A4-Rakete (V2) auf dem Versuchsgelände Peenemünde, vermutlich 1943. Foto: picture-alliance/akg-images
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IN SOWJETISCHER BEGLEITUNG: Churchill nutzt eine Pause während der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 für einen Abstecher in die Ruine der zerstörten Neuen Reichskanzlei in der Berliner Voßstraße. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
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Bildstrecke
Militär und Technik
Entscheidungsschlacht auf dem Peipussee. ...........................................................................................................58
Das römische Militärlager.
Alexander Newski gegen den Deutschen Orden 1242.
Mit eisernem Willen. 64
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Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf Usedom. Titelfotos: ullstein bild – Heinrich Hoffmann; ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl; picture alliance/Mary Evans Picture Library ; picture-alliance/akg-images; ullstein bild – imageBROKER/H.-D. Falkenstein; picture alliance/Everett Collection; picture-alliance/Arco Images GmbH
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Feldherren
Spurensuche
Zentrum der Raketenforschung.
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Antikes Meisterwerk der Technik und Logistik.
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Der britische Premier- und Kriegsminister Winston Churchill: sein Aufstieg und sein erbitterter Kampf gegen Hitler Vorschau/Impressum
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Titelbild: U-Boot-Kommandant Günther Prien auf dem Turm von U 47, mit dem er in die Bucht von Scapa Flow eindrang, erschienen in „Berliner Illustrirte Zeitung“ 44/1939.
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Magazin
„Sommer Vierzehn“ Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zeigt eine einzigartige Rauminszenierung mit Panoramaprojektion
Soldaten mit Gasmasken in einem Schützengraben, um 1916. Foto: Museen der Stadt Nürnberg, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
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em Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren widmet das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände vom 29. Juni bis zum 11. November 2014 eine ungewöhnliche Sonderschau unter dem Titel: „Sommer Vierzehn – Die Geburt des Schreckens der Moderne”. Die aufwendig gestaltete Rauminszenierung mit Panoramaprojektion soll den Betrachter an die Schrecken des industriellen Maschinenkriegs erinnern. Der Kontrast zu der im Rohbau verbliebenen Halle des NS-Baus „Kongresshalle“ könnte größer nicht sein, wähnt man sich doch parallel in einem der beliebten Strandcafés der Gegenwart: Liegestühle in weißem Sand und ein paar Strandkörbe, ein hölzerner Laufsteg. Allerdings begeben sich die Besucher in ein ebenso einladendes wie bedrohliches Szenario. Jenseits des Stegs verwandelt sich ein Ge-
treidefeld in ein Schlachtfeld: niedergetretener Weizen, hastig aufgestellte Maschinengewehre, aufgewühlte Erde bestückt mit Kriegsschrott. Mit Schaudern wendet sich der Betrachter ab, in Sorge darüber, was in der von den Kämpfen geschundenen Erde noch alles zu erwarten ist. Wellen branden an den sommerlichen Strand, ein Kind spielt im Vordergrund. Schnell vergisst man bei dem Blick auf ein fast 40 Meter breites filmisches Meerespanorama die über den Köpfen schwebenden Granaten und das von der Decke hängende, 36 Meter lange Rohr einer Fernkanone. Plötzlich fallen Schüsse. Sie reißen die Besucher aus der Vision der sommerlichen Idylle. Diese Mischung zwischen Zuversicht und Irritation, Schönheit und Schrecken kennzeichnet die ganze Inszenierung und das folgende Filmerlebnis. „Die Geburt des Schreckens der Moderne" läuft als
mehrteiliges Drama ab. Die 30-minütige Rauminszenierung soll daran erinnern, dass die zunächst in sommerlicher Unbeschwertheit schnell verhallenden Schüsse von Sarajevo im Juni 1914 ein risikoreiches diplomatisches Ränkespiel in einem militärisch hochgerüsteten Europa auslösten. Dem hoffnungsvollen Aufbruch in einen schnell und siegreich beendeten Krieg folgte die rasche Ernüchterung im industriell geprägten Krieg der Maschinen mit Millionen von Opfern. Hinweis: Die 30-minütige Inszenierung beginnt Mo.–Fr. zwischen 10 und 17 Uhr, Sa. & So. zwischen 11 und 17 Uhr jeweils zur vollen Stunde. Gruppen ab 15 Personen werden unter Tel. 0911/231 56 66 um Anmeldung gebeten. Nähere Informationen: www.museen.nuernberg.de/dokuzentrum
ENGLISCHSPRACHIGES
Populär: Der englische Abenteurer Edward „Bear“ Grylls (1974 geboren, im Bild bei einer PR-Aktion 2014) ist auch hierzulande durch verschiedene TV-Serien bekannt. 2005 verschlägt es ihn in die Wüste Nordafrikas in ein Trainingscamp der Fremdenlegion.
„Escape to the Legion“ Grundausbildung der Fremdenlegion im TV
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as passiert, wenn man eine Handvoll Männer in die Sahara zur „Grundausbildung“ der Fremdenlegion schickt? Der Survival-Experte und Ex-SAS-Reservist Bear Grylls will es im Jahr 2005 wissen und begleitet die Gruppe in ein Wüstenfort, in dem drei ehemalige Fremdenlegionäre als Ausbilder warten. Die „Rekruten“ werden physisch und psychisch stark beansprucht und an die Grenzen ih-
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rer Leistungsfähigkeit gebracht. Natürlich können drei Ex-Legionäre in einem TV-Camp nicht eine völlig realistische Fremdenlegionsausbildung bieten. Aber auch die Grundausbildung „light“ hat es in sich! Nicht alle halten bis zum Ende durch. Die vierteilige Reihe bietet gute Unterhaltung und vermittelt zumindest eine Ahnung vom Ab-
Foto: picture-alliance/empics
lauf einer Grundausbildung. Das Niveau der Produktion liegt über dem deutscher „Reality-Shows“. Besonders interessant sind die eingeschnittenen Interviews mit Veteranen der Legion, die Einblicke in das Funktionieren der Einheit, die Mentalität und die Eigendynamik
innerhalb einer Gruppe unter Belastung geben. „Escape to the Legion“ ist eine kurzweilige Einstimmung auf das nächste CLAUSEWITZ Spezial „Fremdenlegion“. Alle Teile sind in einem großen Videoportal im Internet vorhanden (Stand Juli 2014).
Foto: Museen der Stadt Nürnberg, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Stefan Meyer
AUSSTELLUNGSTIPP
BUNDESWEHR
„Multitool der Marine“ sätze so speziell, dass sie künftig nur von dem Seebataillon durchgeführt werden können. Soldaten der Marineinfanterie werden gesondert geschult und unterstützen zivile Schiffe bei der Abwehr von Piratenangriffen. Genauso können sie zur Sicherung von Hafenanlagen eingesetzt werden. Minentaucher übernehmen vor allem die Aufgaben der Kampfmittelabwehr. Hingegen sammeln die Aufklärungskräfte Soldaten des neu aufgestellten Seebataillons mit ihrer Ausrüstung. wichtige Informationen im Einsatzland und werten diese aus. n Eckernförde (Schleswig-Holstein) wurDa sich der neu aufgestellte Verband aus de am 1. April 2014 nach 1959 und 1988 unterschiedlichen Bestandteilen zusammendas mittlerweile dritte Seebataillon der setzt, sind „tailored missions“ (dt.: maßgeBundeswehr aufgestellt. Der bis zu 800 schneiderte Einsätze) möglich. Aufgrund der Männer und Frauen umfassende Verband vielen Fähigkeiten und der Vielseitigkeit der besteht aus vier Einsatzkompanien: Bord- Aufträge des Verbandes trägt er den Spitznaeinsatzkompanie, Küsteneinsatzkompanie, men „Multitool der Marine“. Aufklärungskompanie und Minentaucherkompanie. Hinzu kommt der Bereich Stab, Ausbildung, Weiterentwicklung und eine Unterstützungskompanie. Insbesondere bei internationalen Einsätzen zur Krisenbewältigung, Konfliktverhütung und Friedenssicherung befinden sich Einheiten der Deutschen Marine weltweit im Einsatz. Dabei gehört die Sicherung von Seewegen ebenso zu den Aufgaben wie etwa der Schutz von Schiffen und Häfen sowie Hilfs-, Rettungs- und Evakuierungseinsätze. Hinzu kommen die Bekämpfung von Kampfmitteln Fregattenkapitän Arne Krüger (re.) bei einer Zeremonie unter Wasser und an Land und der Schutz ge- in Eckernförde. Er übernimmt das Kommando über das gen terroristische Angriffe. Oft sind die Ein- neue Seebataillon.
ZEITSCHICHTEN
Foto: picture-alliance/dpa©dpa
I
Gebhard Leberecht von Blücher, genannt „Marschall Vorwärts“, nach der Schlacht von Waterloo (Belle-Alliance) 1815
In eigener Sache ePaper für Print-Abonnenten gratis
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b sofort können CLAUSEWITZ-Abonnenten ihre Zeitschrift kostenlos auf iPhone und iPad lesen. Alle Ausgaben seit Beginn Ihres Abos liegen in der App für Sie bereit. Die Vorteile: Sie haben alle Ausgaben von CLAUSEWITZ immer in der Tasche, können Weblinks, etwa zu Museen, direkt anwählen oder das Magazin mit der schnellen Volltextsuche durchstöbern. Das ePaper erscheint derzeit für die iOSPlattform, parallel zum gedruckten Heft. Ein ePaper-Abo ohne Printheft ist für 23,99 EUR (sechs Ausgaben) erhältlich. Einzelne Hefte sind zum Preis von je 4,49 EUR digital verfügbar. Eine Kurzanleitung für die App finden Sie unter www.clausewitz-magazin.de/epaper
Damals: Soldaten der Roten Armee ziehen 1941 durch eine Straße Moskaus, ausgerüstet mit Panzerbüchsen (zu den russischen Panzerbüchsen gehören z.B. die PTRD oder Simonow PTRS-41). Die Waffen mit relativ hoher Durchschlagskraft und Reichweite werden auch gegen Bunker, MG-Stellungen und ähnliche Ziele eingesetzt.
Die Fotocollage des russischen Fotografen Sergey Larenkov stellt eindrucksvoll visualisiert einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart her. www.sergey-larenkov.livejournal.com
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Heute: Das im Mittelalter gegründete Moskau ist eine gigantische Millionenmetropole des 21. Jahrhunderts und Hauptstadt der Russischen Föderation. Moskau, das auch als „Drittes Rom“ und „Heldenstadt“ (nach dem Zweiten Weltkrieg) bezeichnet wird, ist das wirtschaftliche, kulturelle sowie politische Zentrum Russlands.
www.sergey-larenkov.livejournal.com
Foto: picture-alliance/dpa©dpa
Seebataillon der Deutschen Marine aufgestellt
„Mögen die Federn der Diplomaten nicht wieder verderben, was das Volk mit großen Anstrengungen errungen!“
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Clausewitz
Magazin
MUSEUMSTIPP
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Burg und Festung Regenstein In Fels gehauene Wehranlage als Freilichtmuseum
Jahre ist es her, dass Claus Graf Schenk von Stauffenberg in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 im Hof des Berliner Bendlerblocks hingerichtet wurde. Einen Tag zuvor war ein von Stauffenberg und seinem Adjutanten Werner von Haeften durchgeführtes Attentat auf Adolf Hitler in dessen Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ in Ostpreußen misslungen. Stauffenberg wurde 36 Jahre alt, von Haeften starb im Alter von 35 Jahren. Blick auf den inneren Teil des „Regensteins“ bei Blankenburg im Harz.
ie markanten Reste der erstmals 1169 erwähnten Burganlage befinden sich auf einem weithin sichtbaren Felssporn unweit der Stadt Blankenburg im Harz. Die aus dem Sandstein herausgearbeitete Architektur mit ihren heute noch erhaltenen mehr als 30 Felsräumen und Gräben, die größtenteils besichtigt werden können, gilt als Besonderheit. Im Mittelalter verfügte die Anlage über zahlreiche Gebäude, vier Toranlagen und sieben Türme. Archäologisch nachgewiesen sind Warmluftheizungen an mehreren Stellen und eine etwa 20 Meter tiefe Zisterne. Die ältesten Funde stammen aus dem frühen 11. Jahrhundert. Der Regenstein war vom 12. bis 15. Jahrhundert Herrschaftsmittelpunkt der gleichnamigen Grafschaft. Im 15. Jahrhundert ist der Regenstein zugunsten Blankenburgs und Derenburgs aufgegeben worden. Nach fast zweihundertjährigem Verfall und Abbruch besetzten im späten 17. Jahrhundert Truppen Kurbrandenburgs infolge eines Territorialstreites
die alte Residenz. In relativ kurzer Bauzeit wurde eine Bergfestung mit fünf Hauptbastionen und mehreren Gebäuden, darunter Magazin- und Zeughäuser und Wirtschaftshäuser, errichtet sowie ein fast 200 Meter tiefer Brunnen und mehrere Toranlagen angelegt. Unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. wurde die Festung weiter ausgebaut. Nach der Beendigung einer französischen Besatzung während des Siebenjährigen Krieges sind die Festungsgebäude 1758 zerstört worden. Die gemauerten Bastionen und Erdwerke sowie die mächtige Toranlage sind jedoch noch gut sichtbar. Heute ist die ausgedehnte Anlage als Freilichtmuseum gestaltet und zugänglich. Öffnungszeiten: April bis Oktober: täglich von 10 bis 18 Uhr November bis März: mittwochs bis sonntags 10 bis 16 Uhr Bei schlechtem Wetter bleibt die Anlage geschlossen.
Panis militaris – Das römische Militärbrot
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ie Legionäre sind zahlreichen Strapazen ausgesetzt. Dazu gehören marschieren, kämpfen und die Arbeit mit Spitzhacke und Spaten (vgl. den Artikel zum römischen Militärlager). Ein grundlegender „Treibstoff“ für die hart arbeitenden Soldaten ist das berühmte Legionärsbrot. Wer eine kulinarische Zeitreise in die Antike antreten möchte, kann dies nun tun: Die Hefe mit warmem Wasser und 1 EL Honig ansetzen und etwa eine Viertelstunde gehen lassen. Danach Mehl, 1 EL Salz und Dinkel zur Hefe geben und ordentlich vermischen. Den so ent-
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standenen Teig abermals gute 15 Minuten ziehen lassen. Jetzt den Teig gut kneten und daraus einen (möglichst dünnen!) Brotfladen formen. Den Fladen ein weiteres Mal 15 Minuten gehen lassen und dann im Ofen bei 230 Grad zehn Minuten backen. Bei ausgeschaltetem Ofen das Brot nachbräunen lassen.
Zu t at e nl i s t e
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2 H ef e wür f e l H oni g S al z 50 0 g Di nke l ( ge mah l e n) - al t er nat i v ge ht au ch We i ze n - 50 0 g Ro gg e nme hl
Abenteuerlustige können das Brot auch auf einer offenen Feuerstelle zubereiten. Auf Ziegelsteinen wird ein kräftiges Holzkohlefeuer entfacht. Wenn die Steine heiß sind, Glut und Asche entfernen, den Brotfladen auflegen und mit einer flachen Tonschüssel bedecken (aufpassen, dass die Asche nicht mit dem Teig in Berührung kommt). AnMilitärbackofen: In den beschließend die Glut und die Asche über die festigten Lagern müssen Schüssel häufen. Bei dieser Methode ist naviele Legionäre satt gemacht werden, die großen türlich ein wenig Übung notwendig. Die Öfen können daher eine simple Mahlzeit ist gesund, nahrhaft und – entsprechende Menge an für das Militär besonders wichtig – transBrot produzieren. Der portabel. Genauere Einblicke sind zu finden Durchmesser eines Militärin: Marcus Junkelmann: Panis militaris. Die Erbrotes ist zudem größer als die zivile Version (bis knapp nährung des römischen Soldaten oder der über 30 cm Durchmesser). Grundstoff der Macht. Mainz 2006.
Bildnachweis: picture alliance / Mary Evans Picture Library
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Foto: picture alliance/Mary Evans Picture Library
Foto: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv
BUCHTIPP
Rastatter Frieden 1714 Packende Publikation zum Ende des Spanischen Erbfolgekrieges
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or 300 Jahren beendete der Rastatter Frieden (mit den Verträgen von Utrecht und Baden) einen Konflikt, der mehr als eine Dekade andauerte: Von 1701–1714 wütete der Spanische Erbfolgekrieg als innereuropäischer Machtkampf. Hiram Kümper hat im vorliegenden Buch die Geschichte dieses frühneuzeitlichen Großkonfliktes verständlich dargestellt. Er liefert allerdings keine detaillierten Schlachtenbeschreibungen auf taktisch-operativer Ebene, es geht vielmehr um die Einbettung des Vertragswerkes in das damalige Umfeld und seinen Rang als Stabilisator – Kümper betrachtet den Krieg nicht isoliert, sondern als
Fundiert recherchiert, packend erzählt!
„Kontinuum innerhalb einer Staatengeschichte Europas“. Das opulent Vielschichtig: Der Spaniaufgemachte Buch be- sche Erbfolgekrieg ist ein sticht neben den span- höchst komplexer Großnenden Texten durch konflikt. zahlreiche Bilder, KupAbb.: BadnerBuch-Verlag ferstiche, Stammtafeln und Karten. Zudem gibt es das Vertragswerk im französischen Original und einer deutschen Übersetzung. Eine lehrreiche Lektüre über eine fesselnde Phase europäischer Geschichte. Hiram Kümper: Rastatter Frieden. Rastatt 1714. Der Janustempel wird geschlossen. Rastatt 2014. 4/2014 JULI | AUGUST
€ 5,50
A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 SK, I: € 7,45 S: SKR 75 N: NOK 79 FIN: € 8,10
Das Magazin für Militärgeschichte
Briefe an die Redaktion
Clausewitz Vabanquespiel Schlieffenplan:
Zu „Napoléon III. als Mörder“ in CLAUSEWITZ 3/2014:
Marne 1914 dieses ist auch auf Ihder Novara durch Vizeadmiral Wilrer Abbildung zu erkenhelm von Tegettnen. Spätere Baulose hoff nach Triest hatten ein Kastenruder gebracht. Von dort und ein verbessertes wurde er im GalaTiefenruder. trauerwagen des Wolfgang Krüger, per EHofes nach Wien Mail überführt, wo er am 18. Januar 1868 in der Kapuzinergruft beige- Zum Magazinteil von CLAUSEWITZ 4/2014: setzt wurde. Édouard Manet malte „Die ErWie immer ist es erstaunlich, wie schießung Kaiser Maximilians von viele interessante Beiträge Sie Mexiko“ als eine Art Berichterstat- schaffen. ter mehrmals (1867 bis 1869). In Dass sich Ungenauigkeiten einder ersten Fassung (Museum Bos- schleichen, ist da einfach möglich. ton) hat das ErschießungskomDie Endhöhe der Siegessäule ist mando noch mexikanische Unifor- erst 1938/39 bei der Umsetzung men an, in der Mannheimer vom Platz vor dem Reichstag auf Fassung, die die Serie abschließt, den „Großen Stern“ entstanden. wird von Gardisten in französiHinzugefügt wurde dabei eine vierscher Uniform geschossen. te „Trommel", deren Einzelhöhe Thomas Pelzl, per E-Mail mir leider nicht bekannt ist. Albert Speer musste m. E. die ProportioZu „Militärtechnik im Detail“ in nen etwas verändern. Tscherkassy 1944 Ausbruch aus dem Kessel
Der vom Hinrichtungskommando erschossene Erzherzog Maximilian Joseph Maria von Österreich wurde als Sohn von Erzherzog Franz Karl, dem jüngeren Sohn von Kaiser Franz I., und Prinzessin Sophie von Bayern in Wien geboren. Er war der jüngere Bruder von Kaiser Franz Joseph aus dem Haus Habsburg. Während der Mexikanischen Interventionskriege wurde er von 1864 bis 1867 auf Betreiben Kaiser Napoléons III. von Frankreich als Kaiser von Mexiko inthronisiert. Der französische Kaiser Napoléon III. wollte in Mexiko ein militärisch und wirtschaftlich an Frankreich angelehntes Reich begründen. Seit 1861 hatte er dort bereits mit Truppen interveniert, weil Mexiko (unter seinem Präsidenten Benito Juárez) sowohl den spanischen CLAUSEWITZ 4/2014: M. Frenzel, per E-Mail Gesandten wie auch den päpstliIm Heft 4/2014 CLAUSEWITZ chen Legaten des Landes verwieIn eigener Sache schreiben Sie im Artikel über das sen hatte. Benito Juárez hatte die Kleinst-U-Boot „Seehund" (Seiten Zahlungen der 82 Mio. US-Dollar In Ausgabe 4/2014 wird auf S. 56 40/41), dass dieses zwar über eiSchulden, die von den Europäern „Rowlands Gill“ fälschlicherweise nen Propellerschutz, aber nicht gefordert wurden, für zwei Jahre als bürgerlicher Name von Chris über ein Tiefenruder verfügte. eingestellt. Ryan angegeben. Es handelt sich Vor der Erschießung versicherte Das ist aber falsch, der „Seehund“ dabei aber um dessen GeburtsMaximilian den Soldaten, dass sie verfügte über ein Hecktiefenruder, stadt im Nordosten Englands. nur ihre Pflicht täten, steckte ihnen Goldmünzen zu und ersuchte sie Schreiben Sie an: darum, genau zu zielen und sein
[email protected] oder Gesicht zu schonen, damit seine CLAUSEWITZ, Postfach 40 02 09, 80702 München Mutter seinen Leichnam identifiLeserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion zieren könne. Der einbalsamierte behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums sinnwahrend zu kürzen. Leichnam Maximilians wurde auf Spartas Ruhm
480 v. Chr.: Schlacht bei den Thermopylen
Spurensuche in Wilhelmshaven
Seit 150 Jahren Marinehafen
MILITÄRTECHNIK IM DETAIL
Fieseler Fi 103 V1 Hitlers „Wunderwaffe“
Kleinst-U-Boot „Seehund“: Gefährliche Verzweiflungswaffe
Clausewitz 5/2014
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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Titelgeschichte
Angriff von U 47 auf Scapa Flow
Priens „Paukenschlag“
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14. Oktober 1939: Mit der Versenkung des Schlachtschiffs HMS ROYAL OAK gelingt Kapitänleutnant Günther Prien und seiner Besatzung von U 47 ein spektakulärer „Coup“ gegen Englands Seemacht. Der Schock bei der Royal Navy und in ganz Großbritannien sitzt tief. Von Jörg-M. Hormann
RISKANTE OPERATION: Günther Prien an Bord von U 47. Das Boot läuft am 8. Oktober 1939 von Kiel zu einer streng geheimen Mission aus. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
IN GEHEIMER MISSION: Kapitänleutnant Günther Prien, Kommandant von U 47, wird vom Befehlshaber der Unterseeboote, Konteradmiral Karl Dönitz, zu Kriegsbeginn mit einer besonders riskanten Operation betraut. Das Ziel des geplanten U-Boot-Angriffs heißt: Scapa Flow – Hauptflottenstützpunkt der Royal Navy, Foto 1940/41. Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
TÖDLICHE WAFFE: Drei „Aale“ sind am 14. Oktober 1939 gegen 1:00 Uhr von U 47 verschossen, doch nur einer detoniert. Der vierte Torpedo steckt im Rohr fest. In dieser gefährlichen Situation wird ein neuer Anlauf gefahren, im Rekordtempo von knapp 20 Minuten sind zwei Rohre nachgeladen, der Rohrläufer wird gängig gemacht. Der tödliche Fächer für die ROYAL OAK wird auf den Weg geschickt. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Waghalsiges Unternehmen
FAKTEN
Deutsches Reich
U-Bootwaffe der Kriegsmarine Nach dem deutsch-britischen Flottenabkommen vom 18. Juni 1935 werden dem Deutschen Reich Seestreitkräfte zugebilligt, deren Stärke in einem bestimmten Verhältnis zur Royal Navy und den Flotten des Empire steht. Bei den U-Booten gesteht man Deutschland 45 Prozent zu und lässt die Möglichkeit offen, auf 100 Prozent zu gehen. Deutschlands Kriegsmarine ist bei Kriegsbeginn 1939 mit 57 U-Booten, auf sechs Flottillen verteilt, ausgerüstet.
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U 47 gehört zu den 22 atlantikfähigen U-Booten der Kriegsmarine, die ab September 1939 für Fernunternehmungen eingesetzt werden können. U-Boote des Typs VII B entstehen seit der 2. Hälfte der 1930er-Jahre bis 1940 bei der Germaniawerft in Kiel. Mit U-Booten vom Typ VII B werden während des Zweiten Weltkriegs bedeutende Versenkungserfolge erzielt. Ihren Anfang nimmt die vom Gegner gefürchtete „Erfolgsserie“ dieses Bootstyps mit dem Überraschungsangriff von U 47 auf Scapa Flow.
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
BITTERES ENDE: Nach der Torpedierung durch U 47 am frühen Morgen des 14. Oktober 1939 kentert das Schlachtschiff HMS ROYAL OAK und nimmt 833 Mann mit in ihr nasses Grab. Priens Überraschungsangriff auf den Flottenstützpunkt Scapa Flow zählt zu den schwärzesten Momenten in der Geschichte der Royal Navy. Auf der zeitgenössischen Illustration einer Zeitschrift kentert die ROYAL OAK allerdings zur falschen Seite. Abb.: ullstein bild – ullstein bild
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Schlag gegen die Royal Navy
FAKTEN
Großbritannien
Marinestützpunkt Scapa Flow der Royal Navy Eingerahmt von felsigen Inseln bietet die Bucht von Scapa Flow im Norden Großbritanniens den dort liegenden Schiffen seit Jahrhunderten natürlichen Schutz. Im deutschen Marinebewusstsein manifestiert sich der traditionsreiche Liegeplatz der „Grand Fleet“ im Jahr 1919 als Internierungs- und Selbstversenkungsplatz der Kaiserlichen Hochseeflotte. Fortan ist Scapa Flow ein besonderer Ort nicht nur in der britischen, sondern auch in der
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deutschen Marinegeschichte. Nach dem überraschenden Eindringen von U 47 in den durch eine Vielzahl von Minen-, Netz- und Blockschiffsperren stark gesicherten Hauptflottenstützpunkt der Royal Navy im Oktober 1939 sollte diese Aussage in noch viel stärkerem Maße zutreffen. Priens mit größter Präzision vorbereiteter, frühzeitiger „Paukenschlag“ bedeutet einen schweren Schlag für die Royal Navy und ist im ersten Kriegsjahr ein Schock für ganz Großbritannien.
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939 KOLOSS AUS STAHL: Voll ausgerüstet liegt die Wasserverdrängung von HMS ROYAL OAK bei 35.000 Tonnen. Das Schlachtschiff ist rund 189 Meter lang und fast 32 Meter breit, 1.198 Mann Besatzung sind an Bord. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Ü
ber das Kriegsgeschehen vom 14. Oktober 1939 bei den Orkney-Inseln an der schottischen Nordküste diskutieren Fachleute bis heute zum Teil sehr kontrovers, denn einige Fragen sind auch nach 75 Jahren immer noch nicht beantwortet. Fest steht jedoch: Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges sollen beim U-Boot-Einsatz der Kriegsmarine in erster Linie Erfolge gegen feindliche Kriegsschiffe erzielt werden, da der uneingeschränkte Einsatz von U-Booten gegen die Handelsschifffahrt aus politischem Kalkül von Hitler nicht gewollt ist. Der „Führer“ hofft auf ein – allerdings illusorisches – Einlenken der Engländer und will den US-Amerikanern keinen Anlass bieten – ähnlich wie im Fall der 1915 torpedierten „Lusitania“ – in den Krieg einzutreten.
Gewagte Operationsplanung Daher richtet sich der U-Boot-Einsatz zunächst nur gegen Kriegsschiffe. Über seine Operationsplanungen eines U-Boot-Angriffs gegen den britischen Hauptmarinestützpunkt Scapa Flow berichtet später der damalige Konteradmiral und Befehlshaber der Unterseeboote (B.d.U.) Karl Dönitz: „Seit Kriegsbeginn trug ich mich immer wieder mit dem Gedanken, eine U-Boot-Operation gegen Scapa Flow anzusetzen. Die Erinnerung an das Scheitern der beiden derartigen Unternehmungen des Kapitänleutnants von Hennig und des Oberleutnants zur See Emsmann im Ersten Weltkrieg sowie ihre GESTOCHEN SCHARF: Luftbild eines Luftwaffenaufklärers. An der Schiffsperre zwischen der Insel Lamb Holm und der Hauptinsel Mainland dringt U 47 auf nördlichem Kurs nach Scapa Flow ein und kommt auf der südlichen Route aus dem „Mauseloch“ wieder heraus. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
großen seemännischen und navigatorischen Schwierigkeiten ließen mich jedoch davon Abstand nehmen.“ Die Schwierigkeiten einer solchen Operation liegen vor allem in den außergewöhnlichen Stromverhältnissen
kommt, nur sieben Seemeilen in der Stunde beträgt und das nur für beschränkte Zeit, wird jedes Boot unter Wasser zum „Spielball“ der Strömung. Weiterhin muss davon ausgegangen werden, dass die Eingänge zur
„Als die ,Royal Oak’ im August 1939 in Scapa Flow einlief, fiel mir auf, dass die Sperrmaßnahmen anscheinend nicht so sicher waren wie im Ersten Weltkrieg.“ Captain R. F. Nichols, RN, Erster Offizier der HMS ROYAL OAK, in seinem Augenzeugenbericht aus dem Jahr 1968
B.d.U.: Der Befehlshaber der Unterseeboote Admiral Karl Dönitz (1891–1980) spricht zu einer U-Boot-Besatzung der Kriegsmarine. Foto: picture-alliance/akg-images
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um die Bucht von Scapa Flow herum. Zum Beispiel erreicht die Strömung im Pentland Firth eine Stärke von zehn Seemeilen in der Stunde. Da die höchste Unterwassergeschwindigkeit eines U-Bootes vom Typ VII B, das für das riskante Unternehmen in Frage
wichtigsten Flottenbasis der Royal Navy, durch Netz-, Minen- und Balkensperren sowie durch Blockschiffe unter weitgehender Bewachung gesperrt sind. Die in diesen Dingen erfahrene englische Admiralität und der Flottenchef der Heimatflotte („Home Fleet“)
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939 GEFÜRCHTET: Priens U 47, hier mit an Deck angetretener Besatzung, erzielt bis zum Frühjahr 1941 zahlreiche Versenkungserfolge. Foto: picture-alliance/WZ-Bilddienst
KARTE
Der Weg von U 47 in die Bucht von Scapa Flow
13./14.10.1939 werden alles unternehmen – besonders vor dem Hintergrund der deutschen Eindringversuche von 1914 und 1918 – den Liegeplatz der englischen Flotte zu sichern.
Wichtige Luftaufklärung
Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich
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Karl Dönitz bemerkte weiter zu dem Vorhaben: „Eine solche Operation schien also das kühnste aller kühnen Eindring-Unternehmen zu sein. Ich entsinne mich, dass ich, diese Frage prüfend, eines Tages wieder einmal vor der Scapa-Karte saß. Da fiel mein Blick auf den operativen Admiralstabsoffizier meines Stabes, den Kapitänleutnant Victor Oehrn, einem Mann von einer außergewöhnlichen Konzentriertheit im Wesen und Denken. Oehrn sagte zu mir aus der Überzeugungskraft seiner festen Art heraus: ‚Ich glaube, es wird sich doch eine Möglichkeit des Eindringens finden lassen.’ Dieser Ausspruch meines urteilsfähigen Admiralstabsoffiziers war für mich der letzte Anstoß, die Frage Scapa nun mit aller Gründlichkeit anzupacken.“ Schon mit Beginn der Feindseligkeiten 1939 werden von der Seekriegsleitung alle greifbaren Informationen über Scapa Flow zusammengetragen und in einer Ausarbeitung dem B.d.U. vorgelegt. In ihr sind alle vermuteten Sperren in den verschiedenen Eingängen zur Scapa-Bucht beschrieben. Am 11. September 1939 liefert die Luftaufklärung der 2. Luftflotte als wertvolle Ergänzung noch Luftaufnahmen, die die schweren und leichten Seestreitkräfte in der Scapa-Bucht zeigen. Ferner gibt der Kommandant von U 16, Kapitänleutnant Horst Wellner, der bei den Orkneys operiert, wertvolle Informationen über die dortige Bewachung, die Befeue-
Riskante Operation rung und die Stromverhältnisse. Er hält ein Eindringen nach Scapa durch den Hoxa Sund (auch: Sound) bei zufällig offener Sperre für möglich. Doch das reicht dem B.d.U. für seine Entscheidung nicht aus. Er lässt nochmals alle Sperren und Zugänge zur Scapa-Bucht von den Aufklärern der Luftwaffe fotografieren. Am 26. September hat er die ersehnten Luftbildaufnahmen auf dem Tisch. Dönitz entdeckt die Lücke, nach der er gesucht hat. Der Holm Sund ist ausschließlich durch zwei quer im Fahrwasser des Kirk Sundes liegende, anscheinend versenkte Dampfer, und ein an der Nordseite liegendes Schiff gesperrt. Südlich derselben klafft bis zum Lamb Holm in sieben Meter Tiefe eine Lücke von etwa 17 Metern Breite bis zum flachen Wasser. Auch nördlich der versenkten Sperrdampfer existiert eine kleine Lücke.
ANGETRETEN: Gemeinsam mit Generalleutnant Kurt Renner schreitet Günther Prien eine Ehrenformation des Heeres ab. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
Die Wahl fällt auf Prien Karl Dönitz äußert sich zu seinem Entschluss: „…hier hielt ich ein Eindringen nachts über Wasser bei Stauwasser ohne Weiteres für möglich. Die Hauptschwierigkeit lag auf navigatorischem Gebiet. Ich entschloss mich, den Versuch des Eindringens machen zu lassen. Meine Wahl fiel auf Kapitänleutnant Prien, Kommandant von U 47. Er hatte nach meiner Ansicht die für die Unternehmung erforderlichen soldatischen Eigenschaften und seemännischen Fähigkeiten. Ich gab ihm die Unterlagen für den Plan und stellte ihm frei, den Auftrag anzunehmen oder abzulehnen. Seine Entscheidung wollte ich nicht vor Ablauf von 48 Stunden
WEIT VERBREITET: Deckel des Taktikspiels „Mit ,Prien’ gegen England“ aus dem Jahr 1940/41, das während der Zeit des „Dritten Reiches“ Einzug in unzählige deutsche Haushalte gefunden hat. Foto: picture-alliance/dpa©dpa
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939 haben. Prien nahm nach gründlichem Studium der Operationsunterlagen und reiflicher Überlegung an.“ Jetzt erst informiert der Befehlshaber der Unterseeboote den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Großadmiral Erich Raeder in Berlin durch eine persönliche und allein mündliche Meldung. Größte Geheimhaltung ist oberstes Gebot für die äußerst riskante Operation.
Ruhe vor dem Sturm Für blasenfreie Torpedolaufbahnen werden G7e-Torpedos an Bord genommen. Ihr batteriegespeister Elektroantrieb zeigt über Wasser keine Blasenspur wie bei den pressluftbetriebenen Torpedos. Am 8. Oktober 1939 läuft Günther Prien mit U 47 und 40 Mann Besatzung aus Kiel aus, fährt durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal (heute: Nord-Ostsee-Kanal) und steht am 12. Oktober östlich der Orkney Islands. Um seinen Männern vor dem Angriff etwas Ruhe zu verschaffen, lässt Kapitänleutnant Prien sein Boot tagsüber auf den Grund der Nordsee herabsinken. In diesen Stunden wird vom Motorenpersonal ein kleinerer Schaden an einem der Dieselmotoren repariert. Nach dem Auftauchen am Abend läuft U 47 auf die Küsten zu, um seinen Schiffsort
IM HAFEN: Ende Oktober 1939 wird U 47 nach dem Einsatz in Scapa Flow in die Germaniawerft in Kiel verholt. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
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HINTERGRUND
U-Boot-Krieg 1939
Die britische Kriegserklärung an das Deutsche Reich am 3. September 1939 überrascht die deutsche Kriegsmarine in ihren Aufrüstungsplanungen. Hitlers Zusage gegenüber der Marine, keinen Krieg mit England vor Mitte der 1940er-Jahre zu beginnen, ist vom Tisch. Nun macht sich Bestürzung bei der Kriegsmarineführung breit. Nicht einmal die durch das Flottenabkommen von 1935 zugestandenen Schiffsmengen der verschiedenen Kriegsschiff-Klassen stehen zur Verfügung. Sie müssen erst noch gebaut werden. Die U-Boot-Waffe fährt mit 57 U-Booten, von denen nur 22 atlantikfähig
zu bestimmen. Diese Orientierung liest sich im Kriegstagebuch von U 47, verfasst vom Kommandanten, wie folgt: „…auf die Küste zugelaufen. Von 22.00 bis 22.30 Uhr sind die Engländer so freundlich, mir die gesamte Küstenbefeuerung einzuschalten, sodass ich genauesten Schiffsort bekomme.
Gespenstische Atmosphäre Obwohl seit Auslaufen aus Weg I keine Besteckmöglichkeit mehr bestand, so dass nur Koppelung und Lotung gefahren wurde, stimmte der Schiffsort auf 1,8 Seemeilen genau.“
sind, in den Krieg. „…aber von diesen Booten würden jeweils nur durchschnittlich fünf bis sieben U-Boote am Feind sein können. Die harte Wirklichkeit bewies später, dass diese Zahl sogar einmal auf nur zwei U-Boote herabsank“, erklärte Karl Dönitz später in seinen Erinnerungen. Bei Beginn der Feindseligkeiten sind die U-Boot-Kommandanten bei Angriffen auf die Handelsschifffahrt durch eine Reihe von besonderen Befehlen in ihrem Handeln eingeschränkt. Erst durch die Aufhebung dieser Befehle, Zug um Zug, ergibt sich später der uneingeschränkte U-Boot-Krieg
Nochmals geht es um 04:37 Uhr für gut zwölf Stunden auf Grund in 90 Metern Tiefe mit Ruhe im Boot. Nach dem Wecken und Frühstück beginnen um 17:00 Uhr die Angriffsvorbereitungen – dies bedeutet: Torpedos in Schnellladestellung vor die Rohre I und II platzieren und das Anbringen von Sprengkörpern bei den relevanten Stellen für den Fall einer Sprengung. Chronisten berichten von hervorragender Stimmung bei der Besatzung, und nach einem warmen Abendessen steigt die Spannung im Boot. Aufgetaucht beginnt der Marsch zum Holm Sund ab 19:15 Uhr. Nach kurzem Wegtauchen vor
In der Höhle des Löwen
DER „STIER“ VON SCAPA FLOW: Noch während der Rückfahrt in der Nordsee malt Oberleutnant Engelbert Endraß, 1. Wachoffizier auf U 47, den „schnaubenden Stier“ mit Ölfarbe an die Turmseiten. Das Maling wird nach der Versenkung des Bootes zum Wappen der 7. U-Boot-Flottille. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
einem Dampfer taucht U 47 um 23:31 Uhr wieder auf und fährt mit einlaufendem Strom in den Holm Sund hinein. Günther Prien beschreibt seine Eindrücke: „Die Sicht ist ganz übel. Unter Land ist alles dunkel, hoch am Himmel ist das flackernde Nordlicht, sodass die Bucht, die von
und Prien glaubt schon im Kirk Sund zu stehen und darauf zu zulaufen. Obersteuermann Wilhelm Spahr stellt anhand seiner Kopplung ein zu frühes Andrehen fest. Doch auch Prien erkennt seinen Fehler, und mit hartem Andrehen nach Steuerbord ist U 47 wenige Augenblicke später im Kirk Sund. Dann geht alles sehr schnell. Dazu Prien im Kriegstagebuch: „Es bewährt sich jetzt, dass ich die Karte vorher auswendig gelernt habe, denn die Durchfahrt geht mit unglaublicher Geschwindigkeit vor sich. Ich hatte mich inzwischen entschlossen, im Norden die Sperrschiffe zu passieren. Mit 270 Grad wird der Zweimastschoner, der mit Kurs 315 Grad vor der eigentlichen Sperre liegt, auf 15 Meter Abstand passiert. Im nächsten Augenblick wird das Boot vom Strom erfasst und nach Steuerbord gedreht. Gleichzeitig wird die im Winkel von 45 Grad nach vorn zeigende Ankerkette des nördlichen Sperrschiffes erkannt. Mit Backbord-Maschine stopp, Steuerbord-Maschine langsam voraus und hart Backbord Ruder dreht das Boot zunächst sehr langsam, berührt Grund. Die vorgefluteten Tauchbunker und Zellen werden ausgeblasen, das Boot dreht weiter. Das Heck berührt noch die Ankerkette, Boot ist frei, wird nach Backbord herumgerissen und lässt sich nur mit harten, schnellen Maßnahmen wieder auf Kurs bringen, aber wir sind in Scapa Flow!“
Torpedos jagen los Es ist 00:27 Uhr am 14. Oktober 1939 und widerlich hell, wie die Brückenbesatzung später berichtet. Die ganze Bucht ist fabelhaft zu übersehen. Südlich Cava liegen keine Schiffe. Bald ist das Bewachungsschiff beim Hoxa Sund zu sehen. In den nächsten Sekunden müsste U 47 für die Bewacher zur Zielscheibe werden. Also macht Prien kehrt und wendet sich der Küste von Mainland zu, an der entlang er nach Norden läuft. Es ist zwar
„Seit Kriegsbeginn trug ich mich immer wieder mit dem Gedanken, eine U-Boot-Operation gegen Scapa Flow anzusetzen…ihre großen seemännischen und navigatorischen Schwierigkeiten ließen mich jedoch davon Abstand nehmen.“ Großadmiral Karl Dönitz in seinen Lebenserinnerungen „10 Jahre und 20 Tage“ aus dem Jahr 1958.
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ziemlich hohen Bergen umgeben ist, direkt von oben beleuchtet wird. Gespenstisch wie Theaterkulissen stehen die Sperrschiffe in den Sunden.“ Beim Näherkommen ist der im Skerry Sund versenkte Dampfer sehr gut zu sehen
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stockdunkel, aber das flimmernde Nordlicht lässt die Brückenbesatzung zwei hintereinander liegende Schlachtschiffe und weiter unter Land Zerstörer vor Anker eindeutig erkennen. Der Angriff wird im Kriegstagebuch wie folgt geschildert: „…Angriff auf die bei-
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
BEJUBELT: Auf der Fahrt ins Berliner Hotel kann sich die Wagenkolonne kaum einen Weg bahnen. Alle wollen die „U-Boot-Helden“ von Scapa Flow sehen. Foto: picture-alliance/akg-images
den Dicken. Abstand 3.000 Meter. Eingestellte Tiefe 7,5 Meter. Aufschlagzündung. Ein Schuss auf den nördlichen, zwei Schuss auf den südlich liegenden losgemacht. Es detoniert nach gut dreieinhalb Minuten ein Torpedo an dem nördlich liegenden Schlachtschiff. Von den anderen beiden ist nichts zu sehen! Kehrt! Heckschuss…“ Auch dieser bleibt ohne Wirkung. Irgendetwas stimmt mit den Torpedos nicht. Da bei den angegriffenen Schlachtschiffen keinerlei Reaktion zu bemerken ist, werden in fieberhafter Eile im Bugraum zwei Rohre nachgeladen und der Rohrläufer gängig gemacht. Gegen 1:22 Uhr wird nach neuem Anlauf der Dreierfächer aus den Bugrohren losgemacht. Nach knapp drei Minuten Laufzeit schlagen
die Aale auf dem nähergelegenen Schlachtschiff ein. Es ist die HMS ROYAL OAK, die innerhalb weniger Minuten kentert und 833 Mann in den Tod reißt.
fliegen durch die Luft. Jetzt wird es im Hafen lebendig, Zerstörer haben Lichter, aus allen Ecken wird gemorst, an Land, etwa 200 Meter von mir ab, brausen Autos über die
„Der große Erfolg dieser Unternehmung, meisterlich geplant von Dönitz und von Prien brillant ausgeführt, strahlte auf die ganze U-Boot-Waffe zurück.“ Alexandre Korganoff, französischer Militärhistoriker, 1969
Prien beschreibt das Geschehen mit seinen „Brückenblick“: „…Da rollt, knallt, bumst und grummelt es gewaltig. Zunächst Wassersäulen, dann Feuersäulen, Brocken
Straßen. Es ist ein Schlachtschiff versenkt, ein weiteres beschädigt und drei Aale hat der Teufel geholt. Alle Rohre sind leer geschossen. Ich entschließe mich zum Auslaufen…“ Es sind keine weiteren Ziele in Sicht und das Nachladen der Rohre mit den noch weiteren vorhandenen fünf Torpedos an Bord würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, denn jetzt ist in der Bucht von Sapa Flow der Teufel los. Prien muss zusehen, dass er mit seinem U-Boot an den Sperrschiffen vorbei wieder heil aus der Bucht kommt. Diesmal wählt er die südliche Lücke bei den Sperrschiffen im Holm Sund. Sie wird mit großer seemännischer Leistung und ein wenig Glück im wahrsten Sinn des Wortes durchkämpft.
Versenkung bestätigt
STOLZERFÜLLT: Der „frischgebackene“ Ritterkreuzträger Günther Prien (Mitte) an Deck seines Unterseebootes U 47. Foto: picture-alliance/Artcolor
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Am 14. Oktober um 11:00 Uhr melden englische Stellen und die BBC, dass das Schlachtschiff ROYAL OAK vermutlich durch ein U-Boot versenkt worden sei – ohne die Erwähnung eines zweiten torpedierten Schiffes. Drei Tage später am 17. Oktober läuft U 47 in Wilhelmshaven ein. Nach Priens
Schock für die Briten
FREUDESTRAHLEND: Günther Prien nach seinem „Coup“. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
BEIM „FÜHRER“: Günther Prien wird am 18. Oktober 1939 von Adolf Hitler in der Berliner Reichskanzlei empfangen, links im Bild Großadmiral Erich Raeder. Foto: picture-alliance/akg-images
Wahrnehmung und seiner fünf Mann starken Brückenbesatzung, die das Geschehen beobachten konnte, haben sie die ROYAL OAK versenkt und ein zweites Schlachtschiff, vermutlich die REPULSE, am Vorschiff beschädigt. Um dieses zweite Schiff werden sich später Legenden ranken. Bis heute hat sich die britische Admiralität zu diesem Schiff nicht konkret geäußert. Von den Schlachtschiffen HMS REPULSE, HMS HOOD, dem Flottenflaggschiff der Skager-
rakschlacht 1916 HMS IRON DUKE bis zu dem Flugzeugmutterschiff HMS PEGASUS spannt sich der Bogen der Vermutungsmöglichkeiten.
HINTERGRUND
Aus der Sicht des Befehlshabers der Unterseeboote ergeben sich aus Priens Einzelangriff eine ganze Reihe von Aktionen mit entsprechenden Konsequenzen für die Royal Navy. Es ist nach dem Erfolg von U 47 klar,
Deutsche U-Boote in Scapa Flow
Als Kommandant Seiner Majestät Unterseeboot U 18 gelingt es Kapitänleutnant Heinz von Hennig getaucht im Heckwasser eines Frachtdampfers durch die Hauptzufahrt im Hoxa Sund nach Scapa Flow vorzudringen. Weil die Briten aber an diesem 22. November 1914 den Stützpunkt geräumt haben, findet U 18 kein lohnendes Ziel vor. Beim Rückzug aus der Bucht wird das Boot von einem Minensucher entdeckt und mehrmals gerammt. Daraufhin gibt Hennig den Befehl, das Boot zu versenken und gerät mit seiner Besatzung in Kriegsgefangenschaft. Der zweite Eindringversuch zählt zum Marinekapitel des letzten „Ehreneinsatzes“ der Hochseeflotte im Oktober 1918, der zur Matrosenrevolte in Kiel und Wilhelmshaven führt. Während die Hochseeflotte gar nicht mehr ausläuft, sind einige U-Boote mit freiwilligen Offiziersbesatzungen auf besonders wichtige
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Weitere U-Boot-Aktionen
strategische Ziele angesetzt und schon unterwegs. Das wichtigste Ziel – den Hafen der britischen Grand Fleet – wird Oberleutnant zur See Hans-Joachim Emsmann zugewiesen. Emsmann erhält den Befehl: „...möglichst in der Nacht vom 28./29., sonst 29./30.10., die englische Linienschiffsflotte in Scapa Flow unter vollem Bootseinsatz anzugreifen, um den Feind vor der Entscheidungsschlacht zu schwächen.“ Dieses Vorhaben misslingt, SMS UB 116 wird durch eine per Fernzündung ausgelöste Minensperre vernichtet und sinkt. Alle Besatzungsmitglieder finden den Tod. GESCHEITERT: Ein letzter Versuch mit einer freiwilligen Offiziersbesatzung in Scapa Flow einzudringen kostete Oberleutnant zur See Hans-Joachim Emsmann und seine Männer von SMS UB 116 im Oktober 1918 das Leben. Foto: picture-alliance/WZ-Bilddienst
dass die Engländer alle möglichen „Schlupflöcher“ gründlich untersuchen und diese Lücken schließen würden. Während dieser Zeit würde die Admiralität Scapa Flow räumen und der Heimatflotte einen anderen Liegeplatz zuweisen. Karl Dönitz nahm an, dass das Loch Ewe, der Firth of Forth und der Firth of Clyde hierfür in Frage kommen könnten. Infolgedessen werden entsprechende U-Boot-Unternehmungen dorthin angesetzt. Die U-Boote sind dieses Mal vorwiegend mit Minen ausgerüstet, weil bei diesen Ausweichplätzen zur Zeit des Eindringens der U-Boote nicht mit Sicherheit mit dem Vorhandensein der Flotte gerechnet werden kann. Die vor dem Loch Ewe von U 31 unter Kapitänleutnant Johannes Habekost geworfenen Minen beschädigen das Schlachtschiff HMS NELSON so schwer, dass es mehrere Monate lang nicht mehr einsatzfähig ist. Ebenso läuft der Kreuzer HMS BELFAST im Firth of Forth auf eine Mine, die ihm den Kiel bricht. Die Sperre war durch U 21 und Kommandant Fritz Frauenheim gelegt worden. Übrigens: Einen Tag nach Priens Eindringen in den Stützpunkt Scapa Flow trifft das Blockschiff ein, das genau die Lücke im Holm Sund schließen soll, durch die U 47 wenige Stunden vorher geschlüpft ist und der Royal Navy eine ihrer schwärzesten Stunden bereitet hat. Jörg-M. Hormann, Jg. 1949, Verantwortlicher Redakteur von SCHIFF CLASSIC und Sachbuchautor mit Schwerpunkten bei der deutschen Luftfahrt-, Marine- und Militärgeschichte mit über 40 Buchveröffentlichungen.
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
Günther Prien: Idol einer ganzen Generation
Verschollen im Atlantik
AUF EINEN BLICK: Die komplette Besatzung von U 47, geschart um ihren Kommandanten, im Kieler Hafen, Ende Oktober 1939. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Oktober 1939: Mit dem Eindringen nach Scapa Flow gelingt Prien und seiner Besatzung von U 47 eine seemännische „Meisterleistung“. Von der NS-Propaganda wird er als „Kriegsheld“ gefeiert. Doch sein kometenhafter Aufstieg findet ein abruptes Ende. Von Jörg-M. Hormann
B
eurteilungsberichte zu militärischen Persönlichkeiten gehören eher zu den seltenen Dokumenten, die über mehr als sieben Jahrzehnte hinweg bis in die Gegenwart hinein „überdauern“. Im Fall des Dokumentes „Laufender Beurteilungsbericht über den Kapitänleutnant Prien bei Wechsel des Flottillenchefs“ ist dies gelungen. Er befindet sich heute in Privatbesitz. Am 8. Januar 1940 schreibt Korvettenkapitän Ernst Sobe (1904–1942), Chef der 7. UBoot-Flottille „Wegener“, die Beurteilungen der Kommandanten seiner Flottillen-Boote. Ziel ist es, dem Nachfolger im Kommando, Korvettenkapitän Hans-Rudolf Rösing (1905–2004), einen Überblick über die „Qualität“ seiner ihm neu unterstellten U-BootKommandanten zu verschaffen.
Positive Beurteilung Im Beurteilungsbericht über Günther Prien schreibt Ernst Sobe: „Kapitänleutnant Prien ist seit dem 17. Dezember 1938 als Kommandant U 47 in der U-Flottille ,Wegener’ kommandiert. Gut begabter, sehr berufsbegeisterter Offizier, der durch seine Frische und seine stets unbekümmerte Fröhlichkeit besonders sympathisch wirkt. Abgeschlossener, ausgeglichener und fester Charakter. Vorbildlich in seiner Dienstauffassung, Pflichttreue und seinem Verantwortungsbewusstsein. Im Dienst nicht kleinzukriegen, körperlich sehr zähe und mit guten Nerven. Hat sich von Anfang an ohne jede Schwierigkeit in seine Kommandantenstellung hineingefunden. Tadelloser Seemann mit sehr gutem taktischen Blick und Instinkt. Ein Kommandant, der durch sein Können, seine klare und bestimmte, aber auch temperamentvolle Führung seine Leute vom ersten Tage ab hinter sich hatte. An seine Kriegsaufgaben ist Prien von Anfang an mit seiner gewohnten Frische herangegangen. Die vorbildliche innere Haltung bei der Durchführung der Unternehmung in Scapa Flow stellt dem Wagemut, dem Angriffs-
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geist und der Einsatzfreudigkeit dieses Kommandanten ein einzigartiges Zeugnis aus. Eine starke Führerpersönlichkeit, von der die Kriegsmarine noch viel zu erwarten hat. Ein U-Bootskommandant von bester und vollkommenster Prägung.“ Mit dieser Beurteilung können sich Admiral Wilhelm Marschall (1886–1976) – seinerzeit Flottenchef – und der Befehlshaber der Unterseeboote, Konteradmiral Karl Dönitz, nur einverstanden erklären. Beide haben den Beurteilungsbericht gegengezeichnet.
Wechsel zur U-Bootwaffe Am 16. Januar 1908 als ältester Sohn eines Richters in Osterfeld in Thüringen geboren, wächst Günther Prien mit zwei weiteren Geschwistern auf. Im Alter von 15 Jahren bricht er seine Schulausbildung ab und geht zur Handelsmarine. In acht harten, aber auch lehrreichen Dienstjahren erwirbt er sich herausragende seemännische Kompetenz, die er mit dem Kapitänspatent A6 auf Großer Fahrt als 24Jähriger krönt. Anfang 1933 öffnet sich die Reichsmarine der Handelsmarine, um Personalengpässe zu bewältigen. Prien tritt nun als Freiwilliger in die Reichsmarine ein und erfährt seine Ausbildung auf dem Leichten Kreuzer „Königsberg“. Im Oktober 1935 wird er als Leutnant zur See zur U-Bootwaffe überstellt. Vor der Indienststellung von U 47 im Dezember 1938 fährt Prien als Erster Wachoffizier auf U 26 unter Kapitänleutnant Werner Hartmann. Nach dem „Coup“ von Scapa Flow läuft U 47 am 17. Oktober 1939 um 11:00 Uhr unbeschadet in Wilhelmshaven ein. Mit „großem Bahnhof“ auf der Pier der III. Einfahrt wird die
SELTEN BENUTZT: Als U-Boot-Kommandant auf Feindfahrt hatte Günther Prien nur wenige Gelegenheiten, seine dunkelblaue Messejacke zum Großen Gesellschaftsanzug zu tragen. Foto: hermann historica.com
EHEPAAR: Ingeborg und Günther Prien vor der Eingangstür ihres Kieler Hauses Ende Oktober 1939. Nach ihrer damals einjährigen Tochter Birgit wird am 6. April 1940 Tochter Dagmar zur Welt kommen. Foto: ullstein bild – ullstein bild
Besatzung des Bootes von Großadmiral Erich Raeder, dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, sowie vom Befehlshaber der Unterseeboote Dönitz begrüßt. Die beiden Befehlshaber gehen an Bord und mit Handschlag wird dem „Stier von Scapa Flow“ gratuliert. Allen Männern der Besatzung überreicht Karl Dönitz das Eiserne Kreuz II. Klasse und denen, die diese Klasse bereits tragen, wird die I. Klasse auf der linken Brustseite angesteckt. Bei dieser Gelegenheit gibt Raeder die bereits vorgenommene Beförderung von Karl Dönitz zum Konteradmiral bekannt.
Triumphfahrt durch Berlin 24 Stunden später landet die „Grenzmark“, eine viermotorige Focke-Wulf Fw 200 „Condor“, auf dem Flughafen Tempelhof in Berlin. Adolf Hitler hat seine „Führermaschine“ geschickt, um die Besatzung von Wilhelmshaven über Kiel nach Berlin zum Empfang holen zu lassen. Der folgende Autokorso durch die Berliner Innenstadt zur Neuen Reichskanzlei wird zu einer reinen Triumphfahrt für Prien und seine Männer. Die Berliner wollen ihre neuen „Helden“ sehen und der „Führer“ auch. Als ersten U-Boot-Kommandanten des Zweiten Weltkrieges zeichnet Hitler Prien mit dem „Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes“ aus. Der symbolische Wert der Versenkung des Schlachtschiffs ROYAL OAK auf dem als sicher angesehenen Liegeplatz der britischen
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
BEIM EMPFANG: Reichspropagandaminister Joseph Goebbels mit der Besatzung (zum Teil mit Ehefrauen) von U 47 im Berliner „Wintergarten“ am 19. Oktober 1939. Kapitänleutnant Günther Prien (re.) im Gespräch mit Goebbels, links von ihm seine Frau Ingeborg Foto: ullstein bild – Heinrich Hoffmann
Flotte und dem seestrategisch wichtigsten britischen Hafen ist enorm. Diese äußerst riskante Operation von U 47 wird daher von der NS-Propaganda dankbar aufgegriffen, Prien wird zum idealtypischen „Kriegs- und Volkshelden“ stilisiert. Von besonderer Bedeutung ist der internationale Presseempfang, den Otto Dietrich (1897–1952), Reichspressechef und Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, am Vormittag des 19. Oktober 1939 veranstaltet. Dietrich ist gelehriger Schüler seines Chefs, Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, der am Abend im Berliner Wintergarten seinen Empfang gibt – dieses Mal mit Ehefrauen und begleitendem Musikkonzert. Am 23. Oktober ist die Besatzung schließlich mit ihrem Boot in Kiel zurück. Es folgen die dreifachen „Hurras“ aller Besatzungen von den Schiffen der Kriegsmarine, die in Kiel liegen und an denen U 47 entlangfährt.
Prien als Propaganda-Held Bei den Reden auf den Empfängen wird die Aktualität mit dem Selbstversenkungstag der Kaiserlichen Hochseeflotte in Scapa Flow am 21. Juni 1919 gern in Bezug gesetzt. So zum Beispiel durch Admiral Ludwig von Reuter (1869–1943), Kommandierender Admiral der internierten Flotte und Befehlsgeber der Selbstversenkung, in seiner Äußerung zu Prien: „Ihre Tat hat für mich eine
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ganz besondere Bedeutung. Sie haben eine der größten Schuftereien der Seekriegsgeschichte, die dem Reich aufgezwungene Überführung seiner Schiffe – nicht, wie zugesagt, in neutrale Häfen, sondern nach Scapa Flow – ein Wortbruch, wie er schändlicher nicht gedacht werden kann, blutig gerächt. Zudem noch an einem Schiff, der ,Royal Oak’, das sich am schändlichsten gegenüber den deutschen Besatzungen benommen hat. Jede Untat rächt sich auf Erden. Meine Freude ist so groß wie ihr Erfolg.“
ÜBERLEBT: Werner Lüddecke verlässt wegen einer Erkrankung Anfang 1941 U 47. Er entkommt dadurch dem tödlichen Schicksal der Besatzung. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Schiffe mit einer Gesamttonnage von mehr als 200.000 BRT, ehe das Boot vom Typ VII B ein bis heute nicht geklärtes Schicksal ereilt.
Tragisches Ende Seit dem 7. März 1941 gilt Günther Priens U 47 im Nordatlantik als verschollen. Viele Jahre lang gehen Historiker davon aus, dass der englische Zerstörer HMS WOLVERINE das Boot beim Angriff auf den Konvoi OB293 mit Wasserbomben zerstört hat. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass es
„Eine starke Führerpersönlichkeit, von der die Kriegsmarine noch viel zu erwarten hat.“ Korvettenkapitän Ernst Sobe in seiner Beurteilung über Prien aus dem Jahr 1940
Ein Nebeneffekt der gewaltigen Propagandawelle um Prien und U 47 ist der Zustrom junger Männer zu den U-Booten. Neu in Dienst gestellte Boote erhalten Besatzungen aus Freiwilligen. In Kiel sind die Männer von U 47 zunächst wieder unter Kameraden. Nach einer Werftliegezeit geht der Krieg für Boot und Besatzung weiter. Acht Feindfahrten absolviert U 47 in den folgenden Monaten unter Prien, erst von Kiel und dann vom U-Boot-Stützpunkt Lorient in Frankreich aus. Am 20. Oktober 1940 wird Günther Prien mit dem „Eichenlaub zum Ritterkreuz“ ausgezeichnet. Er versenkt rund 30
sich hierbei um das Unterseeboot „U A“ gehandelt haben muss, das seiner vollständigen Vernichtung am Ende schwer beschädigt entging. Über die Gründe für das spurlose Verschwinden von U 47 kann weiterhin nur spekuliert werden: Die Vermutungen reichen von einem Minenkontakt über eine Tauchpanne bis hin zur Vernichtung durch einen eigenen Torpedo, der durch einen Steuerungsdefekt zum Kreisläufer wurde. Ende Mai 1941 verkündet der Wehrmachtbericht schließlich, dass U 47 von seiner letzten Feindfahrt nicht zurückgekehrt ist.
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939
U 47 und die U-Bootwaffe 1939/40
Tödliche Torpedos Herbst 1939: Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges erringt die U-Bootwaffe der Kriegsmarine große Versenkungserfolge. Neben leistungsstarken U-Booten ist eine eingespielte Besatzung eine unabdingbare Voraussetzung. Von Jörg-M. Hormann
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endigkeit und Zuverlässigkeit seines U-Bootes vom Typ VII B sind für Kapitänleutnant Prien der Garant seines Operationserfolges von ScapaFlow – zusammen mit einer hervorragend eingefahrenen Besatzung. Besonders das Zurücklaufen nach dem erfolgreichen Angriff durch den Kirk Sund an dem südlichen Blockschiff vorbei und zwischen ihm und der Insel Lamb Holm hindurch stellt unter seemännischen Gesichtspunkten eine besondere Herausforderung dar. Dies macht ein Blick in das Kriegstagebuch von U 47 ganz deutlich: „…Mit zweimal „Halbe Fahrt Voraus“ auf Auslaufkurs gegangen. Zunächst ist bis Skaildaquoy Point alles einfach. Danach geht es wieder los. Der Wasserstand ist gefallen bei einlaufendem Strom. Mit „Langsamer Fahrt“ und „Kleiner Fahrt“ versuche ich rauszukommen. Ich muss im Süden durch die Enge wegen der Wassertiefe. Es geht die Wirbelei wieder los. Mit Kurs 58 Grad und „Langsamer Fahrt“ – gleich zehn Seemeilen stehe ich auf der Stelle. Mit „Halber Fahrt“ am südlichen Sperrschiff vorbeigequält. Der Rudergänger arbeitet vorzüglich. Mit zweimal „Halber Fahrt“ und zuletzt mit „Großer Fahrt“ und „Alle Kraft Voraus“ frei von der Schiffssperre…“
Rückgrat der U-Bootwaffe
VORBEREITUNG: Soldaten der Kriegsmarine beim Einfetten eines Torpedos an Deck eines U-Bootes vor dem nächsten Einsatz. Foto: picture-alliance/akg-images
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Mit weit über 600 gebauten und von der Kriegsmarine in Dienst gestellten Einheiten bilden die U-Boote vom Typ VII das Rückgrat der deutschen U-Bootwaffe im Zweiten Weltkrieg. Entwickelt wird die Baureihe maßgeblich von Friedrich Schürer und Fritz Bröking. Sie basiert auf den im Ersten Weltkrieg nicht mehr realisierten mittelgroßen Typen UF und UG sowie auf den bereits gesammelten Erfahrungen mit den Bootstypen I A und II. Bereits 1933 beginnt die Entwicklung der neuen hochseefähigen Bootsklasse. Im Frühjahr 1935 werden schließlich die Bauaufträge für die Boote der ersten Serie vom Typ VII A erteilt. Das herausstechende
BAUWERFT: Auf der Friedrich Krupp Germaniawerft in Kiel wird U 47 vom 1. April 1937 bis zum 17. Dezember 1938 gebaut. Hier läuft ein Boot vom Typ VII B zur Reparatur in den Werfthafen ein. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Merkmal dieser ersten Serie ist das am Rumpfende über der Wasserlinie gut sichtbare Hecktorpedorohr. Außerhalb des Druckkörpers platziert, bedeutet das erhebliche Nachteile beim Nachladen. Dies ist nur mit hohem Aufwand im aufgetauchten Zustand möglich. Da die Antriebsbatterien moderner elektrischer Torpedos regelmäßig aufgeladen werden müssen, kommen für das Hecktorpedorohr beim Typ VII A nur pressluftbetriebene G7a-Torpedos infrage. Bei den Einheiten des Typs VII handelt es sich um Einhüllen-Hochseeboote mit außen gelegenen Tauchzellen und Haupttauch-Regelzellen im Innern des Druckkörpers. Die Akkumulatoren sind in getrennten Abteilungen untergebracht, um bei einer Beschädigung oder einem Treffer nicht komplett auszufallen. Charakteristisches Merkmal des Typs sind die außen liegenden Satteltanks für den Brennstoff in den seitlichen Rumpfausbuchtungen. Die Ausgewogenheit ihrer Konstruktion machen die VII-A-Boote zu einer
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wirksamen Waffe. Ihre Vorteile sind die hohe Manövrierfähigkeit, eine kleine Silhouette sowie der relativ geringe Bauaufwand.
Viele Versenkungserfolge Mit der VII-B-Serie wird an die bewährten Vorgänger angeknüpft. Bei der Germaniawerft in Kiel entstehen zwischen 1938 und 1940 die Boote U 45 bis U 55 sowie U 99 bis U 102. Der Bremer Vulkan liefert U 73 bis U 76 in der zweiten Jahreshälfte 1940 ab. Später entstehen U 83 bis U 87 bei den FlenderWerken in Lübeck. Die VII-B-Einheiten sind zwei Meter länger und einen halben Meter breiter als die der A-Baureihe. Die Verdrängung nimmt – vor allem durch größere Treibstofftanks bedingt – um rund 100 Tonnen
ERINNERUNG: Das Schiffswappen des im Oktober 1939 von U 47 versenkten Schlachtschiffes HMS ROYAL OAK wird von den Symbolen Krone und Eichenlaub dominiert. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
zu. Durch ein Plus von 40 Tonnen Brennstoff kann die Reichweite um etwa 25 Prozent gesteigert werden. Es kommen nun Dieselmotoren mit einer erheblich gesteigerten Gesamtleistung zum Einsatz. Das Hecktorpedorohr wird in den Druckkörper verlegt. Dies wiederum macht eine Tandemruderanlage notwendig. Mit U-Booten vom Typ VII B werden bedeutende Erfolge erzielt, die mit der Versenkung der ROYAL OAK durch U 47 ihren Anfang nehmen. U 48 gilt sogar als das erfolgreichste U-Boot des Zweiten Weltkriegs. Seine Besatzung versenkt auf zwölf Feindfahrten mehr als 50 Schiffe mit einer Gesamttonnage von über 300.000 BRT. Erfolgreichster U-Boot-Kommandant der Kriegsmarine ist Korvettenkapitän Otto Kretschmer, der mit U 99 auf acht Feindfahrten insgesamt 38 Schiffe mit fast 245.000 BRT als Versenkungserfolge verbuchen kann.
Eingespielte Besatzung Doch was nützt das beste U-Boot, wenn die Besatzung nicht als Räderwerk funktioniert. Die Männer von U 47 sind seit der Indienststellung des U-Bootes am 17. Dezember 1938 ohne größeren Personalwechsel zusammen und entsprechend eingespielt. Die Besat-
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Titelgeschichte | Scapa Flow 1939 TYP VII RÜCKGRAT: Ein U-Boot vom Typ VII C. Gegenüber dem Typ VII B von U 47 wurden seit 1940 einige Modifizierungen durchgeführt.
Der Typ VII ist das meistgebaute und eingesetzte U-Boot des Abb.: Archiv Jörg-M. Hormann Zweiten Weltkriegs. 7
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Bugtorpedowaffe Bugraum für Mannschaften Offiziersmesse, Kommandantenraum, Horch- und Funkraum
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Akkuräume Brücke Angriffssehrohr Luftzielsehrohr
zung hat auch schon eine Feindfahrt vom 19. August bis zum 15. September 1939 hinter sich und ist mit drei Abschusserfolgen von zusammen 8.270 Bruttoregistertonnen (BRT) „belohnt“ worden. Das Vertrauen der Besatzung in die Fähigkeit ihres Kommandanten ist mit dem Kampfgeschehen gewachsen und das von Günther Prien in seine Männer ebenso. Nach dem erfolgreichen Torpedoangriff auf die ROYAL OAK notiert Prien in das Kriegstagebuch von U 47: „Bei der Unternehmung hat sich die Besatzung ganz ausgezeichnet bewährt. Am 13. Oktober morgens wurde im Schmieröl Wasser (78%) festgestellt. In fieberhafter Arbeit hat alles zugepackt, das Öl auszuwechseln, bzw. zu entwässern und die Leck-Stelle zu isolieren. Das Torpedopersonal hat mit bemerkenswerter Geschwindigkeit die Rohre
2-cm-Flak 8,8-cm-Kanone Unteroffiziersraum und Kombüse Dieselraum
nachgeladen. Das Boot war so in Form, dass ich es mir leisten konnte, in Scapa Ladung einzuschalten und Luft aufzupumpen.“ Demnach „kurvte“ U 47 zeitweise mit dröhnendem Diesellärm über Wasser im sichersten Kriegshafen der britischen Flotte herum.
Überraschte Briten Eine weitere Kriegstagebuch-Eintragung vom 17. Oktober ist bezeichnend für die mangelnde Achtsamkeit der Engländer in den ersten Kriegswochen: „Um 04.04 Uhr Weg I passiert. Von 04.04 bis 04.47 Uhr den Bewachungsfischdampfer Nr. 808 gejagt, dabei achtmal Erkennungssignal ohne Antwort abgegeben. Erst bei einer Entfernung von fünf bis sechs Hektometer und dem Gebrauch des Handscheinwerfers reagiert dieser Vogel! Bei solchen Bewachern kann sich
GEFÜRCHTET: U 47 unter Kapitänleutnant Günther Prien nach der Rückkehr von Scapa Flow. Die Anfangserfolge der deutschen U-Bootwaffe sind beträchtlich und besonders für die Royal Foto: ullstein bild – ullstein bild Navy ein Grund zur Sorge.
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E-Maschine Hecktorpedowaffe Tiefenruder Seitenruder (nach W. Frank, die Wölfe und der Admiral)
ein solcher Vorgang wie meine Unternehmung auch bei uns ereignen.“ Während sich Prien und U 47 davonschleichen, beginnen die Abwehrreaktionen und die Rettungsarbeiten in Scapa Flow eher zurückhaltend. Die aufgeschreckten Briten vermuten einen deutschen Luftangriff, denn es sind in der Totenstille – nach dem „Verschwinden“ der ROYAL OAK – deutlich Motorengeräusche zu hören. Alle Scheinwerferfinger „geistern“ hektisch am Himmel herum. Niemand kommt auf die Idee, die Ursache des Motorengeräusches auf der Wasserfläche von Scapa Flow zu suchen. Der Gedanke an einen U-Boot-Angriff wird sich erst langsam durchsetzen, man kann oder besser will eine solche Ungeheuerlichkeit nicht wahrhaben. Der Angriff gerade auf Scapa Flow und der Verlust der ROYAL
Schwerer Verlust OAK mit dem überwiegenden Teil ihrer Besatzung stellt einen der ersten großen „Kriegsschocks“ für die Royal Navy und die britische Öffentlichkeit dar. Über den Angriff und die Rettungsaktion der im Wasser treibenden Überlebenden des britischen Schlachtschiffs berichtet Captain R. F. Nichols, Erster Offizier der ROYAL OAK, im Jahr 1969: „…an diesem Abend blendeten wir das Schiff wie gewöhnlich ab und waren alarmbereit für Luftangriffe. Gegen 22.30 Uhr legte ich mich hin und wurde vier Minuten nach 01.00 Uhr durch eine heftige Erschütterung im Schiff geweckt. Ich warf mir einen Mantel über und ging an Deck, aber niemand konnte mir sagen, was geschehen war. Ich gab „Daisy II“ [ein Fischdampfer, der als Postschiff im Einsatz war] Befehl, Dampf aufzumachen und den Besatzungen des Verkehrsbootes und der Barkasse [die beide an der Backspier lagen] Anweisung, in die Boote zu gehen. (…) Genau 13 Minuten nach der ersten Explosion erfolgten drei fürchterlich heftige Stöße achteraus von uns an Steuerbordseite. Jede Explosion schüttelte das Schiff stark, alle Lichter gingen aus und das Schiff nahm sofort Schlagseite von etwa 35 Grad an. Mir war klar, was diesmal geschehen war und was jetzt weiter passieren würde. Aber wie um Himmels Willen war ein U-Boot durch die Sperren gekommen?“
Fatale Situation Neben den Explosionsschäden durch die Torpedos von U 47 und den folgenden Kontaktzündungen der Pulverladungen in den Munitionskammern der Mittelartillerie führt eine weitere fatale Situation zum schnellen Kentern der ROYAL OAK. Eine große Zahl der Bullaugen ist geöffnet und mit abgeschirmten Ventilatoren versehen. Die Bullaugen auf der Steuerbordseite sind jetzt unter Wasser und können gegen den Wasserdruck nicht mehr geschlossen werden. Durch den kompletten Stromausfall ist es unmöglich, weitere Beiboote auszubringen und die ganze Hoffnung der im kalten Wasser um ihr Leben kämpfenden Besatzungsmitglieder des Schlachtschiffs sind die DAISY II und die schon schwimmenden Beiboote, die Captain Nichols bemannen ließ. Wenige Minuten nach den Treffern des zweiten Torpedofächers von U 47 kentert die ROYAL OAK und sinkt. Es ist circa 1:30 Uhr am 14. Oktober 1939. Nichols berichtet über seine eigene Rettung nach dem Untergang: „(…) Etwa anderthalb Stunden später wurden wir, die wir uns bis dahin an ein Rettungsfloß geklammert hatten, von einem der „Pegasus“-Boote aufgenommen (...)“ Die britische Admiralität hat sich bis heute nicht offiziell zur zweiten schweren
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TECHNISCHE DATEN
U 47 (Serie U 45–U 55), Typ VII B
WEITERENTWICKELT: Der Typ VII B ist gegenüber dem Typ VII A technisch verbessert.
Bauwerft:
Friedrich Krupp, Germaniawerft, Kiel vom 21. November 1936 583 1. April 1937 29. Oktober 1938 17. Dezember 1938 7. U-Flottille „Wegener“
Bauauftrag: Baunummer: Kiellegung: Stapellauf: In Dienst: Flottille: Verdrängung: 753 ts über Wasser 857 ts getaucht Abmessungen: 66,5 m Gesamtlänge 49,4 m Druckkörperlänge 6,2 m Gesamtbreite 4,7 m Druckkörperbreite 9,4 m Höhe 4,7 m Tiefgang Antrieb: über Wasser (Dieselmotor) 2 x 1.400 PS MAN-Diesel getaucht (Elektromotor) 2 x 375 PS Elektro-Motor
Schiffseinheit – hinter der ROYAL OAK liegend – geäußert. Dieses Schiff haben die fünf Männer der Brückenwache von U 47 eindeutig als ein Schlachtschiff, vermutlich HMS REPULSE, angesehen. Auf keinen Fall ist es das Seeflugzeugmutterschiff HMS PEGASUS mit Handelsschiffsilhouette und wesentlich kürzer als die Schlachtschiffe. Fünf Augenpaare mit geschultem Blick können sich angesichts so unterschiedlicher Schiffs-
Geschwindigkeit: über Wasser (Dieselmotor) 17,2 kn getaucht (Elektromotor) 8,0 kn Fahrstrecke: über Wasser (Dieselmotor) 8.850 Sm bei 10 kn 6.500 Sm bei 12 kn getaucht (Elektromotor) 72 Sm bei 4 kn Brennstoffvorrat: 108 t Tauchtiefe: Gebrauch 120 m Gefecht kurzzeitig 200 m rechnerische Zerstörung 300 m Bewaffnung: Torpedorohre: im Bug 4 x Ø 53,3 cm im Heck 1 x Ø 53,3 cm Torpedos: in den Rohren 5 Reserve 9 Minen (alternativ) 15 Geschütze für Seeziele 1 x 8,8 cm L/45 Besatzung: 40 Mann gebaute Stückzahl VII B: 20
risse unter Nordlichtflimmern nicht irren. Dass die Boote von der PEGASUS weit mehr als eine Stunde benötigen, um bei den Überlebenden zu sein, spricht entschieden gegen einen Liegeplatz in der Nähe der ROYAL OAK. Die REPULSE liegt nachgewiesenermaßen zur Angriffszeit nicht in Scapa Flow. Die IRON DUKE hingegen schon. Das Flaggschiff von Admiral Jellicoe in der Skagerrakschlacht des Jahres 1916 ist zwar seit 1932 in der Klassifizierung herabgesetzt, befindet sich aber weiterhin als Artillerieschulschiff und als Poststation der Flotte in Scapa Flow im Einsatz. Auch wenn alle englischen Stellen behaupten, dass kein zweites Schiff torpediert wurde, hat der erste zündende Torpedo von U 47 nicht die ROYAL OAK sondern vermutlich das dahinter liegende Schlachtschiff getroffen – offensichtlich so wirkungsvoll, dass es wenige Tage später am 17. Oktober 1939 nach einem eher harmlosen Bombenangriff ohne direkten Treffer bei Lyness auf Grund gesetzt werden musste.
Schlag gegen die Royal Navy
IN GEDENKEN: Errichtet für die 833 Besatzungsmitglieder der ROYAL OAK, die am 14. Oktober 1939 in den Tod gerissen wurden. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Die bei Bekanntwerden dieses weiteren Verlustes zu erwartenden deutschen Propagandameldungen, auch noch das ehemalige Flaggschiff der „Grand Fleet“ aus der Skagerrakschlacht schwer getroffen zu haben, wollte die britische Admiralität 1939 unbedingt verhindern. Der Verlust von HMS ROYAL OAK und die Tatsache einer erfolgreichen deutschen U-Boot-Operation inmitten ihres Hauptflottenstützpunktes ist für die Briten schlimm genug.
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Das historische Dokument
Der Friede von Thorn 1411
„Totenschein“ für den
Deutschen Orden 1410: Das Heer des Deutschen Ordens reitet bei Tannenberg einer militärischen Katastrophe entgegen. Die polnisch-litauischen Sieger läuten daraufhin mit dem Frieden von Thorn den langsamen Untergang des Ordensimperiums ein. Von Stefan Krüger
M
ajestätisch ragt der imposante Backsteinbau am Ufer der Nogat in der fruchtbaren Ebene Westpreußens auf. Noch heute beherrscht die Marienburg diese malerische Region, zumindest in optischer Hinsicht. Politisch dient sie bis 1455 als Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens, ehe Hochmeister Ludwig von Erlichshausen die Burg verkaufen muss, um seine Söldner zu bezahlen. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Phase des Niedergangs, der mit der Schlacht von Tannenberg 1410 beginnt.
Beinahe 100 Jahre zuvor, nämlich 1309, ernennt der Orden die Marienburg zum neuen Hauptsitz. Im späteren Herzogtum Preußen hat der Orden bereits im 13. Jahrhundert Fuß gefasst. Er folgt damit ironischerweise einem Hilferuf der Polen, die sich von den heidnischen Litauern hart bedrängt fühlen. Hochmeister Hermann von Salza, der von 1210 bis 1239 die Gemeinschaft leitet, kommt dies sehr entgegen. Hat er doch schon zuvor in Siebenbürgen erfolglos versucht, einen unabhängigen Ordensstaat zu gründen. Mit
GNADENLOSES GEMETZEL: Diese Kampfszene von Richard Hook rekonstruiert einen Ausschnitt der verhängnisvollen Schlacht von Tannenberg am 15. Juli 1410. Polnisch-litauische Krieger greifen den linken Flügel des Deutschen Ordens an. Abb.: akg-images/Osprey Publishing/Tannenberg 1410/Richard Hook
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dem Fall der letzten Kreuzfahrerstützpunkte im Nahen Osten fokussieren sich die deutschen Ritter schließlich völlig auf Osteuropa, und sie vergrößern den neuen Staat rasch. Entscheidend ist 1308 der Erwerb Pommerellens. Dieser wertvolle Landstrich stärkt zwar den Ordensstaat, stürzt diesen jedoch in einen dauerhaften Konflikt mit dem polnischen Königreich, das ebenfalls Anspruch auf diese Region erhebt.
Preußisches „Wirtschaftswunder“ Zunächst geht es für die Deutschritter jedoch spürbar aufwärts. Denn sie erweisen sich als tüchtige Verwalter, die den Landesausbau zügig und erfolgreich vorantreiben. Auch militärisch dominieren die Ritter. So verschieben sie die Ostgrenze im Zuge mehrerer Feldzüge gegen Litauen bis nach Kaunas, das sie 1362 erobern, allerdings nicht halten können. Dem Ordensstaat kommt hierbei sein Status als geistliche Institution zur Hilfe. Denn nach dem Ende der Kreuzzüge strömen zahlreiche europäische Ritter ins Preußenland, um ihr Prestige zu stärken, indem sie die heidnischen Litauer bekämpfen. Diese „Litauenreisen“ genannten Kleinstfeldzüge kulminieren häufig in wüsten Raubzügen, bei denen die Ritter in Ortschaften einfallen, Männer erschlagen und Frauen, Kinder und sonstiges „Raubgut“ als Beute abführen. Den asketischen Ordensrittern ist das vergleichsweise ausschweifende Leben der weltlichen Ritter sicherlich ein Dorn im Auge. Auf der anderen Seite fügen sie den Litauern erheblichen Schaden zu. 1382 erleidet der geistliche Staat jedoch einen schweren Rückschlag, der den baldigen Niedergang ankündigt: Der litauische Großfürst Jogaila vermählt sich mit der
VERNICHTENDER VERTRAG: Der Friede von Thorn zwischen dem Deutschen Orden und Polen-Litauen leitet den Untergang des anachronistischen Ritterstaates ein. Das Vertragswerk stürzt den Ritterorden in eine finanzielle Krise. Die Abbildung zeigt die Ordensausfertigung der Urkunde (mit Siegeln versehene Handschrift auf Pergament). Foto: picture alliance/akg
Tochter des polnischen Königs und nimmt für sich und sein Volk den katholischen Glauben an. Darüber hinaus bilden Polen und Litauen nun einen gemeinsamen Staat. Damit verliert der Orden im Grunde seine Legitimation, denn nun gibt es an seinen Grenzen keine heidnischen Feinde mehr. Nur der verschämt anmutende Hinweis des Hochmeisters, dass die Litauer den neuen Glauben lediglich sehr oberflächlich praktizieren, hilft dem Orden, seinen Status zu wahren. Die jährlichen „Litauenreisen“ aber finden damit ihr Ende.
Fatales Fiasko 1409 bricht in Schamaiten, das der Orden erst 1398 Litauen hat abringen können, eine Rebellion aus, wobei Polen-Litauen auf Seiten der Aufständischen interveniert. Von der militärischen Dominanz der Deutschritter ist indes nicht mehr viel übrig. Längst haben die Litauer technisch und organisatorisch den Anschluss an Europa gefunden. Somit steht den Deutschen in der entscheidenden Schlacht von Tannenberg am 15. Juli 1410 ein qualitativ ebenbürtiger Gegner gegenüber. Zudem führt Polen-Litauen 39.000 Mann in die Schlacht, während der Orden nur 27.000 Streiter aufbieten kann. Die Deutschritter erleiden eine vernichtende Niederlage. Besonders schwer wiegt der Verlust nahezu der gesamten Führungselite inklusive des Hochmeisters Ulrich von Jungingen. Nach einer mehrtägigen Pause stoßen die Verbündeten nach und erobern einige Städte und Burgen im Preußenland. Die Marien-
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burg mit der reichen Ordenskasse jedoch können sie nicht mehr einnehmen. Da die Deutschritter zudem Hilfe von außerhalb erwarten, kommt es am 1. Februar 1411 zum Frieden von Thorn. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob der Orden mit einem blauen Auge davon kommt. Lediglich Schamaiten, Zakrzew und
ritter halten, ehe man am 7. Oktober 1414 einen Waffenstillstand vereinbart. Der Ordensstaat erholt sich von diesen Schlägen nicht mehr. Nicht zuletzt, weil seine Macht auch im Inneren bröckelt, da die Landstände und die Städte als Gegenleistung für die Steuern mehr Rechte fordern. 1455 verpfändet der Hochmeister die Ma-
„Wozu verbleibet ihr in den Wäldern und verberget euch, um dem Kampfe zu entfliehen … ?“ Mit diesen Worten forderte Hochmeister Ulrich von Jungingen den polnischen König bei Tannenberg 1410 zur Schlacht heraus
Dobrin muss er abtreten. Darüber hinaus verpflichtet er sich jedoch, 100.000 Schock böhmische Groschen als Kriegsentschädigung zu zahlen. Dies entspricht 22,2 Tonnen Silber – eine gewaltige Summe! Der neue Hochmeister Heinrich von Plauen ist deshalb gezwungen, die Steuern drastisch zu erhöhen, was große Unzufriedenheit hervorruft. Zwar gewähren die Polen eine viermalige Ratenzahlung zu je 25.000 Schock, doch können die Deutschen die Zahlungstermine nicht einhalten. Der Hochmeister strebt deshalb 1413 einen weiteren Waffengang an. Seine Mitbrüder stürzen ihn jedoch und wählen 1414 Michael Küchmeister zu ihrem neuen Herrn. Der polnische König ist nun allerdings entschlossen, die ausstehenden Raten mit Gewalt einzutreiben und fällt verheerend in Preußen ein. Lediglich ihre Burgen können die Deutsch-
rienburg an unbezahlte Söldner, die sie wiederum ausgerechnet dem polnischen König verkaufen. Der Ordensstaat selbst wandelt sich schließlich 1525 in ein weltliches Herzogtum um, das fortan zu Polen gehört. Auf den ersten Blick erscheint es, als ob der Friede von Thorn den Untergang des Deutschritterstaates verursacht hat. Wahr ist aber auch, dass dieser ein anachronistisches Gebilde darstellt, das seine Kraft aus dem Kreuzzugs- und Missionierungseifer schöpft. Doch dieses Schwert wird am Ende des 14. Jahrhunderts stumpf. Zugleich ist es den Hochmeistern nicht möglich, auf das Mittel der Hochzeit zurückzugreifen, um Bündnisse zu schließen, während Polen und Litauen genau dies tun. Mit dem Frieden von Thorn hat die Geschichte somit kein Todesurteil gefällt, sondern lediglich den Totenschein ausgestellt.
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Schlachten der Weltgeschichte | Weißenburg 1870
Teuer erkaufter Sieg
„Mit vereinten Kräften!“ 4. August 1870: Die Schlacht bei Weißenburg bildet den Auftakt im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und wird zu einer harten Bewährungsprobe für die erstmals gemeinsam kämpfenden deutschen Soldaten. Von Christian Bunnenberg
A
ls die Soldaten des Königs-GrenadierRegiments Nr. 7 am Vormittag des 4. August 1870 unweit der Stadt Weißenburg die französische Grenze überschreiten, stehen ihnen die Anstrengungen der letzten Tage bereits in die erschöpften Gesichter geschrieben. Nur wenige hundert Meter westlich von ihnen liefern sich mehrere bayerische Bataillone seit Stunden ein erbittertes Feuergefecht mit den Verteidigern der kleinen Grenzstadt. Und ebenso lange sehnen diese Bayern eine Entlastung durch die preußischen Einheiten herbei. Deren Kommandierender General, Hugo von Kirchbach, gibt unmittelbar nach dem Eintreffen auf dem Schlachtfeld den Befehl für den Sturm auf die Anhöhen im Süden Weißenburgs. Die Preußen sollen den Geisberg hinaufstürmen, in ERFOLGREICH: Die preußisch-deutschen Truppen zwingen die Franzosen in der Grenzschlacht bei Weißenburg am 4. August 1870 zum Rückzug. Abb.: ullstein bild – imageBROKER/H.-D. Falkenstein
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das Zentrum der französischen Stellungen einbrechen und den Gegner dort werfen. Später wird es heißen, dass der Angriff „mit fliegenden Fahnen und lautem Trommelschall“ ausgeführt worden sei. Die „Königsgrenadiere“ aus Preußen zahlen bei diesem Unternehmen den höchsten Blutzoll. Aus ihren Reihen werden noch bis zum Nachmittag 329 Mann in der Schlacht bei Weißenburg fallen.
Truppenaufmarsch Wenige Stunden zuvor: Kurz nach Mitternacht, gegen 2:00 Uhr, brechen die preußischen Grenadiere das Biwak ab. In kleinen Gruppen stehen sie um die wenigen Feuer zusammen und warten auf den Befehl zum Abmarsch. Erholsam geschlafen hat nie-
mand. Es regnet schon die ganze Nacht. Übermüdet und in durchnässten Uniformen rücken die preußischen Soldaten um 4:00 Uhr gegen Frankreich vor. Was sie dort erwartet, wissen weder sie noch ihre Kommandeure. Seit der Kriegserklärung des französischen Kaisers Napoleon III. an Preußen am 19. Juli 1870 wird der Mobilmachungsplan für die norddeutschen Truppen ausgeführt. Auch die vier süddeutschen Staaten stehen zu den sogenannten „Schutz- und Trutzbündnissen“ und entsenden ihre Soldaten an die französische Grenze. In drei Armeen aufgegliedert nutzen die deutschen Truppen vor allem die Eisenbahn, um in ihre Versammlungsräume zu gelangen. Ein besonderer Militärfahrplan ermöglicht es, innerhalb relativ kurzer Zeit mit 900
Zugfahrten rund 460.000 Mann BERÜHMT: „Der Held von sowie Waffen, Material und PferWeißenburg“ (Kronprinz de an die Grenzregion zu FrankFriedrich Wilhelm), Farblithoreich zu transportieren. Dies graphie von Carl Offterdinger. stellt eine lang vorbereitete logisAbb.: picture-alliance/akg-images tische Meisterleistung dar. Schließlich stehen Anfang August 1870 die 1. Armee bei Saarlouis, die 2. Armee bei Böcklingen und Saarbrücken und die 3. Armee bei Landau und erwarten den französischen Angriff. Doch dieser bleibt bis auf einen halbherzig gegen Saarbrücken geführten Vorstoß aus. Aus den Beobachtungen berittener Fernpatrouillen schließen die deutschen Kommandeure, dass sich ein Teil der französischen Verbände im Elsass aufhalten muss. Am Abend des 3. August 1870 erhält die 3. deutsche Armee den Befehl, selbstständig den Grenzfluss Lauter in der Nähe von Weißenburg zu überschreiten und die Franzosen aus dem Elsass zurückzudrängen. Unter dem Kommando des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen bereitet sich der gesamtdeutsche Heeresverband auf den Einmarsch nach Frankreich vor. In den frühen Morgenstunden des 4. August 1870 marschieren drei Kolonnen auf Weißenburg zu. Das II. bayerische Korps nige Mühlen und kleinere Fabrikanlagen. nimmt den direkten Weg durch die südpfäl- Die Gleise verlaufen entlang der sogenannzische Ortschaft Schweigen Richtung Wei- ten „Weißenburger Linien“ – ehemalige Fesßenburg mit dem Ziel, die französische tungsanlagen, die allerdings seit der franzöStadt zu besetzen. sischen Revolution 1789 nicht mehr instand gehalten wurden. Südlich der Lauter steigt Überraschte Franzosen das Gelände zum Geisberg hin ebenfalls Das V. preußische Korps folgt der Straße von wieder stark an. Ebendort, unweit des Schweighofen nach Altenstadt, während das gleichnamigen Schlosses, entdecken die XI. preußische Korps zunächst weiter west- bayerischen Soldaten trotz des leichten Nielich die Lauter durchwatet und sich dann selregens aus der Ferne ein größeres Heerladurch den Niederwald annähert. Die Ver- ger der Franzosen. Nur wenige Minuten bände aus Baden und Württemberg stehen später werden die Bayern von einigen weniin der Nähe von Lauterburg, das I. bayeri- gen Turkos, leichten Infanteristen aus den sche Korps folgt mit einem Tagesmarsch Ab- nordafrikanischen Kolonien, die in den stand. Angesichts der Gefahr eines größeren Weinberghügeln zwischen Schweigen und Gefechtes oder einer Schlacht ergeht vor Weißenburg lagern, beschossen. Meldereiter dem Abmarsch noch der mündliche Befehl, galoppieren zurück und melden, dass die dass sich die Kolonnen bei Bedarf unterstüt- Stadt besetzt, die Tore verschlossen und die umliegenden Gehöfte von den Franzosen zen sollen. Um 8:00 Uhr erreichen die ersten Solda- zur Verteidigung eingerichtet seien. Diese Schüsse alarmieren auch die franten der bayerischen Vorhut die französische Grenze hinter Schweigen. Im Tal unter ih- zösischen Einheiten auf dem Geisberg. Denen liegt Weißenburg. Die ehemalige Fes- ren Kommandeur, General Charles Abel tungsstadt umschließen Wall und Graben, Douay, ist von dem plötzlichen Auftauchen mitten hindurch fließt die Lauter. Südöstlich des Feindes völlig überrascht. Da die franzöder Stadt befinden sich der Kopfbahnhof, ei- sischen Aufklärungseinheiten am frühen
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Morgen ohne besondere Beobachtungen zurückgekehrt waren, kann Douay die gegnerischen Soldaten nur schwer einschätzen. Er lässt die französischen Einheiten in Bereitschaft versetzen und schickt zwei weitere Bataillone Turkos und eine Batterie der Artillerie hinunter zur Stadt und an die Weißenburger Linien. Der General agiert zunächst vorsichtig und zurückhaltend. In Weißenburg und rund um den Geisberg stehen ihm nur etwa 5.000 Soldaten zur Verfügung. Im Gegensatz zu dem deutschen Aufmarsch kämpfen die Franzosen seit Kriegsbeginn mit verschiedenen Problemen. Während die Deutschen ihre Verbände möglichst geschlossen mit der Ausrüstung aus den Kasernen an die Grenze verlegen, gibt es in Frankreich 1870 keinen vorbereiteten Plan für den Aufmarsch. Berufssoldaten und Reservisten reisen in kleinen Einheiten in unausgelasteten Zügen durch das Land, während Waffen, Munition, Material und Verpflegung aus den Depots herangeschafft werden. Das alles zu koordinieren, stellt die französische Armee vor eine fast unlösbare Aufgabe. Und so fehlen General Douay am Morgen des 4. August 1870 nicht nur Männer in den ihm zugeteilten Verbänden, sondern auch Verpflegung, Munition und sogar Karten.
Übermächtige Angreifer Daher kann er zunächst nur abwartend beobachten, wie um 8:30 Uhr unter dem Schutz von eigenem Artilleriefeuer eine lange Schützenkette bayerischer Infanteristen auf Weißenburg zumarschiert. Dort haben die Verteidiger mittlerweile die alten Wälle besetzt und eröffnen ebenso wie die vor der Stadt eintreffenden Turkos das Feuer auf die Bayern. Weil die französischen Chassepotgewehre den deutschen Zündnadelgewehren in der Reichweite weit überlegen sind, können sich die wenigen französischen Kräfte erfolgreich gegen die Übermacht der Angreifer behaupten. Diesen geben die nachrückenden Einheiten allerdings die Gelegenheit, ihre starken Ausfälle auszugleichen. Immer mehr Soldaten können ins Gefecht geworfen werden. Die bayerischen Angriffe auf die Tore der Stadt brechen wiederholt im dichten Abwehrfeuer der Verteidiger zusammen. Auch die Artillerie kann zunächst kaum etwas gegen die durchweichten Wälle der Stadt ausrichten.
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Schlachten der Weltgeschichte | Weißenburg 1870 Um 9:30 Uhr erreicht der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm die Anhöhe vor Schweigen und übernimmt die Führung. Fast gleichzeitig überqueren das V. und XI. Korps die Lauter und schwenken auf Weißenburg ein. Die Kommandeure lassen die Artillerie vorziehen und eröffnen das Feuer auf die französischen Stellungen am Geisberg. Dort wird schnell deutlich, dass die Kanonen der Franzosen nicht so weit reichen und die preußischen Artilleristen weitgehend ungestört agieren können.
Tod des Generals Douay Um die bayerischen Kräfte vor Weißenburg einerseits zu entlasten und gleichzeitig den Angriff zu bündeln, gehen preußische Infanteristen entlang der Bahnlinie auf die Stadt zu.
OHNE FORTUNE: Marschall Patrice de Mac Mahon (1808–1893) muss sich bei Weißenburg und kurz darauf bei Wörth im Unterelsass (6. August 1870) dem Gegner geschlaAbb.: picture-alliance/Prisma Archivo gen geben.
nachdem er sich entschließt, die Grenzstadt aufzugeben und die dort kämpfenden Einheiten zurückzunehmen, fügt ihm ein Granatsplitter eine schwere Verwundung zu. Französische Offiziere bringen den General noch bis in das Gehöft Schafbusch, wo Douay kurz darauf stirbt. An seine Stelle tritt als Rangältester General Pellé. Der führt allerdings das Gefecht vor den Toren Weißenburgs und erhält die Todesnachricht zusammen mit dem letzten Befehl Douays. Obwohl sich die Franzosen nur schwer vom Feind lö-
„Treu dem Allianzvertrage, für welchen ich mein Königliches Wort verpfändet, werde ich mit meinem mächtigen Bundesgenossen für die Ehre Deutschlands und damit für die Ehre Bayerns einstehen, wenn es die Pflicht gebietet.“ Ludwig II., König von Bayern, 1870
Dieses Unternehmen stockt aber auf der Höhe des Bahnhofs, wo die Turkos ebenfalls energisch Widerstand leisten. Mittlerweile ist auch General Douay über die ungefähren Ausmaße des Angriffs informiert. Ein junger französischer Offizier hatte sich alleine Richtung Altenstadt und Niederwald gewagt und war nur mit großem Glück wieder zurück zum Geisberg gelangt. Nach der erneuten Beurteilung der Lage reitet Douay die französischen Stellungen auf den Höhen südlich von Weißenburg ab und gibt Befehle zur Verteidigung. Unmittelbar
sen können, weichen die ersten Einheiten aus und werden von den Verbänden am Geisberg aufgenommen. Währenddessen versuchen die bayerischen Soldaten weiterhin, sich Zugang zu Weißenburg zu verschaffen. Durch das Ausweichen von Teilen der vor Weißenburg kämpfenden Franzosen und den entlastenden Angriff der Preußen auf den Bahnhof können die Bayern nun bis an die Stadttore vordringen. Auch ihre Artillerie wirkt immer effektiver gegen die Befestigungsanlagen. Trotzdem verwickeln die Turkos sowohl die
Bayern als auch die Preußen in blutige Nahkämpfe. Im Bahnhof ringen die Soldaten um jeden Meter. Erst gegen 14:00 Uhr gelingt es den Bayern, in die Stadt einzudringen und die Übergabe zu erzwingen. Die verbliebenen Franzosen geben sich schon nach kurzen Verhandlungen, erschöpft, ohne Munition und unter dem Druck der Bevölkerung, geschlagen.
Entscheidende Phase Auf den Hängen südlich von Weißenburg ist in der Zwischenzeit die Schlacht in ihre letzte Phase getreten. Französische Einheiten behaupten ihre Stellungen gegen die aus Norden und Westen anstürmenden Preußen. Schwerpunkte der Verteidigung bilden das Gehöft Schafbusch und das Schloss Geisberg. Die Eroberung beider Gebäudegruppen bezahlen die Deutschen mit erheblichen Verlusten. VORWÄRTS: Soldaten des V. preußischen Korps rücken bei Weißenburg im Elsass gegen die französischen Truppen vor. Abb.: ullstein bild – ullstein bild
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Blutiger Auftakt im Krieg 1870/71 Angesichts der drohenden Niederlage und der immer noch nachrückenden gegnerischen Verbände weichen die Franzosen aus. Da morgens kein Befehl zur Auflösung der Biwakplätze gegeben worden war, müssen sie einen Großteil ihrer Ausrüstung bei Weißenburg zurücklassen. Das gilt allerdings nicht für die Artillerie, die rechtzeitig aus dem Gefecht zurückgenommen und bereits in Sicherheit gebracht wurde. Zur Verfolgung der französischen Soldaten kommt es am 4. August 1870 nicht. Die preußische Kavallerie reitet in den Marschkolonnen hinter den Infanteristen und erreicht das Schlachtfeld nicht mehr rechtzeitig. Lediglich das schlesische Dragonerregiment Nr. 4 hält bis Sulz die Fühlung zum Gegner. Dadurch gelingt es den Franzosen, sich weitgehend einer Gefangennahme oder Zerschlagung durch die Deutschen zu entziehen. An den Toren und Wällen Weißenburgs, in den Hopfen- und Weinhängen vor der Stadt, auf dem Schlachtfeld am Geisberg und rund um den Bahnhof hinterlässt das mehrstündige Gefecht an diesem 4. August 1870 ein entsetzliches Bild und gibt den Überlebenden eine Ahnung davon, was sie in den kommenden Schlachten dieses Krieges erwarten wird. Hunderte Tote, zum Teil grausam verstümmelt, von Granaten zerfetzt auf blutgetränktem Boden, erschossene Pferde, beschädigte Munitionswagen, weggeworfene Waffen, Kleidungsstücke, Helme. Dazwischen kleine Gruppen von Gefangenen, bewacht von deutschen Soldaten.
KARTE
Schlacht bei Weißenburg 1870
Teuer erkaufter Sieg Immer mehr zeichnet sich ab, dass der „deutsche“ Sieg von Weißenburg teuer erkauft war. Um eine französische Division aus ihren Stellungen zu vertreiben, die höchstens zirka 5.000 Gewehre in die Schlacht führen konnte, mussten fast 30.000 Soldaten der 3. deutschen Armee auf das Schlachtfeld geführt werden. 20.000 von ihnen standen letztlich im Gefecht. Während die Verluste der Franzosen auf mehr als 1.000 Tote und Verwundete sowie eine ähnliche Anzahl an Gefangenen geschätzt werden, haben die Deutschen den Verlust von etwa 1.460 Mann durch Tod oder Verwundung zu beklagen. Am späten Nachmittag sucht der preußische Kronprinz das Gehöft Schafbusch auf und lässt sich den Leichnam des gefallenen
Literaturtipp Carl Bleibtreu: Schlacht bei Weißenburg am 4. August 1870, (Reprint der Ausgabe von 1903), Bad Langensalza 2009.
Clausewitz 5/2014
Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich
Generals Douay zeigen. In einem später von Anton von Werner angefertigten Historiengemälde sieht man Friedrich Wilhelm mit der Mütze in der Hand zusammen mit preußischen Offizieren vor dem provisorisch aufgebahrten Toten stehen. Dieses Bild wird maßgeblich die Erinnerung an die „Schlacht bei Weißenburg“ prägen, eine Schlacht, in der sich bereits das Grundmuster des Deutsch-Französischen Krieges abzeichnete: Starke deutsche Verbände kämpften gegen einen ebenfalls tapferen Gegner, dessen logistische und strategische Ausgangsposition zumindest in den Grenzschlachten in Elsass und Lothringen eine ungleich schlechtere war. Noch den ganzen Tag über sind die Straßen um Weißenburg und am Geisberg
von durchziehendem Militär verstopft. Weiterhin erreichen Verbände der 3. deutschen Armee das Schlachtfeld. Gegen Abend des 4. August 1870 wird Biwak befohlen und die erschöpften Soldaten fallen neben den noch nicht geborgenen Toten auf dem Geisberg in einen kurzen Schlaf. Zwei Tage später werden sie, keine 20 Kilometer entfernt, in Wörth erneut auf die Franzosen treffen. Diese Schlacht sollte noch um ein Vielfaches blutiger werden. Christian Bunnenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Universität DuisburgEssen, forscht u.a. zur Geschichts- und Erinnerungskultur der „Einigungskriege“.
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Schlachten der Weltgeschichte | Zweiter Golfkrieg von 1990/91
1990: Der irakische Diktator Saddam Hussein wagt mit der Eroberung Kuweits einen riskanten Zug. Hält die arabische Welt zu ihm? Wie reagiert Israel? Und vor allem: Lassen ihn die USA gewähren? Von Peter Andreas Popp
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ie Augen der Welt sind auf das sich wiedervereinigende Deutschland gerichtet, als am 2. August 1990 irakische Truppen in Kuweit einfallen. Ihr Ziel besteht in der Vernichtung der staatlichen Existenz Kuweits, um das Land als 19. Provinz in den Irak einzugliedern. Saddam Hussein, brutaler Diktator des Irak seit 1979, glaubt dafür freie Hand zu haben: Sein Land ist seit dem Krieg mit dem Iran (Erster Golfkrieg von 1980 bis 1988) beim Nachbarn tief verschuldet. Kuweit weigert sich, diese Schulden zu erlassen. Zudem prägen Grenzstreitigkeiten das beiderseitige Verhältnis. Saddam greift zu einer Methodik, die im 20. Jahrhundert be-
reits mehrfach mit unterschiedlichem Erfolg praktiziert worden war: Durch HitlerDeutschland und durch Japan in den 1930erJahren, durch China gegenüber Indien 1962 im Kaschmir-Konflikt. Saddam Hussein sollte sich täuschen: Dieser Zweite Golfkrieg geht am 28. Februar 1991 ganz anders zu Ende als erwartet, und der Irak sollte danach nicht mehr derselbe sein. Saddam regierte nach diesem Krieg zwar noch weiter, aber seine totalitär orientierte Herrschaft endet bekanntlich mit dem Dritten Golfkrieg im Frühjahr 2003. Und damit ist bereits ein methodisches Problem angerissen: Inwieweit können die-
se drei Kriege in der Golfregion „fein säuberlich“ voneinander getrennt betrachtet werden? Auf der taktisch-operativen Ebene mag dies angehen, auf der politisch-strategischen Ebene hingegen nicht. Wie bereits erwähnt, endet der Zweite Golfkrieg mit einer Niederlage Saddams, aber nicht mit dessem Ende. Die Vereinten Nationen haben gegen den Aggressor den Sieg davongetragen, wobei die USA als Treuhänder agieren: Sie schmieden eine Allianz von 34 Staaten für die Operation „Desert Storm“ (Wüstensturm) zur Befreiung Kuweits. Das ist nach der Epoche des Kalten Krieges etwas Neues: So wie Hitler-Deutschland
DIE NACHT WIRD ZUM TAG: Dieses Bild wird in den Medien oft präsentiert, um die alliierte Luftherrschaft zu belegen. Es zeigt irakisches Flugabwehrfeuer und explodierende alliierte Bomben in Bagdad in den frühen Morgenstunden Foto: picture alliance/AP Images des 18. Januar 1991.
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Schlachten der Weltgeschichte | Zweiter Golfkrieg von 1990/91 BRENNENDE WÜSTE: Der Zweite Golfkrieg wird vor allem mit lodernden Ölquellen (im Bild) assoziiert. Er ist aber auch ein „Weltkrieg im Kleinformat“, der als postindustriell-elektronischer Krieg der Zukunft und medial Foto: picture-alliance/empics global ausgefochten wird.
Herstellung des Zustandes von vor dem 2. August 1990. Dies geschah nicht in machtpolitischem Alleingang der USA, sondern in Kooperation mit der Weltgemeinschaft. Der Ausgang des Krieges hingegen war durch „klassisch militärisches Verhalten“ geprägt. So verlegten die USA über eine halbe Millionen Soldaten an den Golf, unterstützt von Großbritannien mit etwa 50.000 Soldaten. Widersprüchlich ist der Zweite Golfkrieg aus folgenden Gründen: (1) Geplant als Vernichtungsfeldzug und ausgefochten nach den traditionellen Prinzipien der Militärtheorie: Trotz Auftragserfüllung ist ein langfristig befriedigender Ausgang nicht gegeben. (2) Ein „High-Tech-Krieg par excellence“ mit erheblichen Defiziten im Bereich „umfassende Beurteilung anderer wichtiger Parameter, wie Feindpsyche oder ökologisches Umfeld“. (3) Eine auf halbem Wege stecken bleibende „Bestrafungsaktion“: Saddam ist auch danach zur Aggression noch fähig. (4) „Desert Storm“ erzwingt die anfänglich nicht vorgesehene Operation „Provide Comfort“, die Rettung der in den Nordirak geflüchteten Kurden ab Frühjahr 1991 vor deren physischer Vernichtung durch Saddam.
Fortsetzung auf Seite 45
und seine Verbündeten 1945 durch die damals gerade gegründeten Vereinten Nationen besiegt worden waren, so ergeht es jetzt Saddam – freilich mit dem Unterschied, dass seine Herrschaft eben nicht wie die Hitlers endet. Ein Vierter Golfkrieg steht bislang aus, wenngleich diese Region, die derzeit etwas mehr als die Hälfte der Welterdölvorräte birgt, alles andere als befriedet ist.
Zwingende Zusammenhänge? Die Ordnung, die von den USA seit 1990/91 im Nahen Osten und insbesondere in der Golfregion angestrebt wird, ist nicht stabil! Hier sei nur als Frage angerissen, ob aus dem Zweiten Golfkrieg zwingend der Dritte Golfkrieg entstehen musste? In rückschauender Perspektive spricht vieles dafür: Saddam hat, wenigstens gedanklich, nach 1991 keinen Abstand davon genommen, „seinen“ Irak als vorherrschende Großmacht in der Golfregion zu (re-)etablieren, um ihn dann als Führungsmacht in der arabischen Welt
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aufzubauen. Die USA – 1990/91 noch mit dem Mandat der Vereinten Nationen handelnd – erreichen 2003 genau das, was ihnen 1990/91 noch verwehrt geblieben war, und was sie möglicherweise damals noch nicht direkt angestrebt haben: den Sturz Saddams und seines Regimes durch Krieg. Im Frühjahr 2003 handeln die USA nicht einmal mehr als Treuhänder der Vereinten Nationen. Vielmehr beseitigen sie die Herrschaft des Tyrannen mittels einer „Koalition der Willigen“, selbstermächtigt durch die Formel „War on Terrorism“.
Konträrer Krieg Nach Auffassung des Schweizer Militärwissenschaftlers Gustav Däniker stellt der Zweite Golfkrieg einen „Anachronismus“ dar, da er „Wesenselemente aus zwei Epochen“ aufweise. Er belegt ein „neues strategisches Denken“ jenseits der bisherigen Handlungsmuster des Kalten Krieges. Es ging um die Befreiung Kuweits und die völkerrechtliche
ANGST VOR GIFTGAS: Mit Schutzmasken ausgerüstete französische Soldaten in der Nähe der irakischen Grenze. Foto: picture-alliance/dpa
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entsteht für Unter den Stufen oßer Stauraum. kleines Geld grro ist, Treppen kostbar ass der Raum unter HäuBewohner von wissen vor allem utzt . Richtig ausgen sern ohne Keller . Stattselten h jedoc er d wir und herausgeputzt meist zur ungeder Boden dort dessen mutiert ht zu erreihe, die nur schlec sehen. bten Abstellfläc eb lie umso besser einzu diechen ist aber dafür es für , denn Möbel gibt Nicht ohne Grund n. passend zu kaufe einfach se Flächen nicht hen Sac e h hräg auch sc Dabei kann man eine neue bauen. So zieht und günstig selbst der Treppe Stauraum unter – kein Ordnung mit viel latten konstruiert ein, die – aus Spanp ringt. Ungewohnt aber flage b Konto in Schie des Steigwindie Ermittlung kinderleicht ist ile übertrader auf einige Baute kels der Treppe, gen wir auf i e z , t h e g s e e i ss. W gen werden mu . den folgenden Seiten
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Stauraum
Die Schmalseiten Schmalseiten a abwinkeln bwinkeln Die vier senkrechten Teile erhalten auf ihrer Oberseite einen Schnitt, welcher der Steigung der Treppe entspricht
Richtig verbunden 11
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Schleifpapier, Holzleim, Umleimer.
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Baustoffe Die jeweiligen Holzbretter (hier sind es Spanplatten) für die (vier) Senkrechten, die Einlegeböden (mit Blenden) und für die Deckenplatte.
Um zu wissen, wie stark die Oberseiten der Bretter angeschrägt werden müssen, wird der Steigungswinkel der Treppe ermittelt – mit Lot oder Wasserwaage ist das leicht gemacht.
2 kel-Arretiierung schlittens kann die ppt werden.
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2 Mit dem Bleistift anschließend am Rand der Wange entlangfahren (auf der Rückseite des Brettes) und den Str ch aufs Sperrholz setzen.
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Die Oberseite des Brettes ist nun im selben Winkel wie die Treppensteigung angeschrägt.
as Bügeleisen nicht zu schnell über den Umleimer, damit der Schmelzkleber genug Zeit hat, sich en. Das Schneiden der Kanten sorgt bei Anfängern oft für Ärger – ein Kantentrimmer hilft.
2 er muss in seiner Breite so n, dass er beidseitig übersteht.
Bei mittllerer Temperatur wird der Kunststoffumleimer aufgeklebt. Eisen langsam führen.
berstand trennt das CuttermesBrett auf den Umleimer stellen.
Das Cuttermesser in einer gleichmäß gen Bewegung und parallel zum Brett führen.
3 Der aufge edrückte Holzklotz sorgt ans
3 Mit dem Geodreieck kann auf dem Sperrholzbrett der Steigungswinkel abgelesen werden. Er liegt hier bei circa 45 Grad.
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Mit dem Lot: Brettkante parallel zur Treppenwange halten. Das Lot genau über der Brettecke befestigen. Linie am Lot ziehen.
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Mit dem Anschlagwinkel wird die Führungsschiene der Säge auf dem Bauteil ausgerichtet.
Umleimer mer aufkleben und sc schneiden chneiden
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Eine dünne Sperrholzplattte senkrecht auf die Treppenwange setzen, sodass eine Ecke auf der Wa nkante zum Liegen kommt.
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Um 45 Grad haben wir die Maschine gekippt. Das entspricht dem Steigungswinkel der Treppe.
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Der Ste eigungswinkel ist hier der W nkel Zum Übertrragen aller Maße von oben nach zwischen der schmalen, rechten Seite des Brettes unten immer mit dem Lot arbeiten. Zum und der gezogenen Linie. Anzeichnen kommt Malerkrepp auf die Flächen.
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7 net sind Kantentrimmer, die beim Umleimer weiter andrücken. 2014
Mit feinem Schleifpapier (mind. 180er) werden die Kanten abschließend gebrochen.
gut zu wissen
Kantentrimmer D Die ie K Kanten anten vvon on Kunststoff-Umleimern Kunststoff-Umleimern kkönnen önnen mit mit (sauberen!) (sauberen!) Stechbeiteln, Stechbeiteln, Cuttermessern oder oder am am besten besten mit mit Cuttermessern Kantentrimmern (Foto) (Foto) abgeschnitten abgeschnitten Kantentrimmern werden. IIhre hre zzwei wei V orteile: SSie ie fführen ühren werden. Vorteile: d ie Klinge Klinge iim m rrichtigen chtigen Winkel W nkel u nd die und drücken d abei d en U mleimer ans ans Holz. Holz. drücken dabei den Umleimer (Das Gegenbeispiel Gegenbeispiel ssehen ehen Sie Sie zzur ur (Das V eranschaulichung iin n Foto Foto 5). 5). Im Im Veranschaulichung Gegensatz dazu dazu sollten sollten Echtholz-UmEchtholz-UmGegensatz iner Flachfeile Flachfeile leimer nur nur mit mit eeiner leimer (wegen der der gebrochen werden werden (wegen gebrochen Maserung im im Umleimer). Umleimer). Maserung
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Leseprobe TECHNIK
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TECHNIK
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Werkzeuge und Maschinen im Test Wir haben in dieser Ausgabe sechs Heckenscheren für Sie getestet: Lesen Sie, welche besonders leistungsstark, praktisch in der Handhabung und geräuscharm ist.
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108 x 23 x 25 3,5 28 / Schwarz 600 55 16 / 26 / 21 1,8 + 1,8 8 vorne 60; hinten 75
Schneiden Praxistest Schneiden Praxistest Schneiden frischer Austriebe Schneiden mehrjähriger Triebe Blockier-, Klemmneigung Note Praxistest Schneiden (45%)
+++ ++ gering Gut (2,1)
+++ +++ gering Sehr gut (1,3)
7 | 2014 Ha andhabung g Handhabung selber machen Gebrauchshinweise Ersstmontage g Handgriff mit Ein-/Aus-Schalter Bügelgriff mit Sicherheitsschalter Manövrieren beim Schneiden, Schneiden im Überkopfbereich Schnittführung vertikal und horizontal Ausbalancieren einigung Re R e Messerschutz Note Handhabung (40%)
++ +++ ++ o + ++ o + o Befriedigend (3,0)
+ +++ +++ +++ ++ +++ ++ ++ ++ Gut (1,9)
T echnik u nd S icherheit ((Laborprüfung) Laborprüfung) Technik und Sicherheit Hubzahl [min-1] Geräusch: Schalldruckpe p gel am Ohr ohne Last [dB(A)] W rksamkeit und Bedienung der Zugentlastungseinrichtung Wi Elektrische Sicherheit Stoppostion der Messer Selbsttätiges Abschalten nach Blockierung Note Technik und Sicherheit (15%)
1740 95 + Ok zufällig nein Ausreichend (4,0)
3080 95 + Ok zufällig (sichtbarer Messernachlauf) j ja Befriedigend (3,4)
Gesamtnote
Befriedigend ((2,8) 2,8) Befriedigend
Gut ((1,9) Gut 1,9)
Das modulare A Aufbewahrungsufbewahrungs- u und nd W Werkzeug-system erkzeug-system Blucave sorgt für Übersicht – und das zu fairen Preisen.
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enn alles seinen festen Platz hat, dann findet man es leicht wieder. Diesen Grundsatz setzt die niederländische Firma Batavia mit Blucave perfekt um: Ein aufeinander abgestimmtes Ablage- und Werkzeugsystem, das in Modulbauweise funktioniert. Ob Lampe, Ladestation oder 6er-Steinbohrer – alles hat seinen festen, passgenauen Platz. Wer mit Blucave Ordnung schaffen will, beginnt mit Koffern (je 34 Euro) und der Wandschiene mit vier Halterungen (29 Euro). Je nach Bedarf können Stück für Stück weitere Module und Geräte folgen. Zurzeit umfasst das System unter anderem sechs kabel- und zwei akkubetriebene Tools (Akkubohrer, Schwingschleifer, etc.). Dabei handelt e sich um Aufsätze, die jeweils auf einen stromgebenden Controller (Akk Netz) gesteckt werden. Die Zubehörliste reicht vom Wandregal (99 Euro) bis zur Schublade (5 Euro). Erhältlich bei www.blucave-shop.de oder www.westfalia.de
98 x 26 x 15 3,75 24 / Schwarz 500 55 17 / 24 /15 2,0 + 2,0 0 70
+++ +++ gering Sehr gut (1,3)
+++ +++ gering Sehr gut (1,3)
+++ ++ gering Gut (2,1)
end (2,5)
+ +++ ++ + ++ ++ + ++ ++ Gut (2,4)
+++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ ++ ++ Sehr gut (1,3)
+ +++ +++ ++ + +++ ++ ++ ++ Gut (2,1)
end (3,3)
2960 86 + Ok zufällig nein Befriedigend (3,2)
3510 95 ++ Ok verdeckt * nein Befriedigend (2,5)
1780 92 ++ Ok verdeckt * nein Befriedigend (3,0)
G ut ((2,1) 2,1) Gut
S ehr g ut ((1,4) 1,4) Sehr gut
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end ((2,5) 2,5) Befriedigend
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Schnitt Buchenhecke Das Schneiden der Buchenhecke ist eine der größeren Herausforderungen. Die fr schen Austriebe schaffen alle Geräte mühelos. Mehrjähr ge Triebe lassen sich am besten mit den Geräten von Bosch, Metabo und Stihl schneiden.
Schnitt Weidenholz Neben Heckenschnitt wurde auch geprüft wie die Testgeräte Hölzer schneiden. Weidenstöcke mit hren dichten Fasern sind ein bestens geeignetes Material.
Geräuschentwicklung Das Geräusch einer Heckenschere ist subjektiv weniger laut, doch die Messungen in der Akustikhalle zeigen Schalldruckpegel ähnlich denen von Bohrhämmern (Schallschutz tragen!), Ausnahme: Metabo.
digkeit zahlmessgerät wurde Messerzähne pro n. Eine hohe Hubzahl das Schneiden von m“ Gehölz.
Elektrrische Sicherheit Mit einem Hochspannungstestgerät wird die Isolationsfest gkeit der per Netzstrom betriebenen Geräte geprüft. Diesen Abschnitt absolvieren alle ohne Beanstandungen.
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Die kriterien
Wa Wandschiene ndschiene Die Wandschienen nehmen in ihren Halterungen die Koffer f Durch eine abschließbare e auf der Schiene kann Koffer-Reihe vor ubtem Zugriff schützen.
Modulbauweise Modulbauw we eise Ob Arbeitsleuchte (Foto) oder Akkubohrer: Alle Zubehörteile und Werkz uge des Systems n perfekt in die Aufngseinheiten.
Strom und d Licht Licht
Revolutionäre Idee Eine Innovation ist erst einmal „nur“ eine Neuheit. Benutzen wir dieses Wort in der Redaktion, meinen wir: nicht nur neu, sondern ein einzigartiger Ansatz – eine unerwartete Idee, die revolutionär sein kann oder mit bekannten Techniken etwas völlig Neues schafft – und diese Produkte werden von der Redaktion als „Innovation des Monats“ ausgezeichnet.
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dul liefert cht: Die kdose ist an are 6-Meterkoppelt. Im n steckt eine leuchte, r dem Bord den kann.
K Koffer offer mit mit Durchblick Die Koffer bild Sie können du unterteilt werd Systemschubl Blucave-Reihe ihren spezifisc untergebracht parenten Deck einem Blick de
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s Bord verfügt über vier integrierte Schubladen, in die alle Zubeh s des Systems passen (z. B. für Bohrer, Stichsägenblätter, etc.). A der Regalunterseite nehmen Halterungen diverse Systemwerkzeuge, -steckdosen und -leuchten auf (Foto r.).
Das Benotungssystem Die wichtigsten Kriter en bei der Beurteilung der Geräte waren der Praxistest Schneiden und die Handhabung – zunächst wurden die „klassischen“ Hölzer wie Buche und Weide geschnitten. Da lagen alle noch dicht beieinander. Bei den Anforderungen an die Handhabung lagen die Testteilnehmer dann weiter auseinander, entscheidend waren hier die Praxisanforderungen wie das Ausbalancieren und das Handling beim Schneiden.
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Au Ausstattungsmerkmale usstattungsmerkmale g Abmessungen: Länge x Höhe x Breite [cm] Gewicht [kg] Kabellänge [cm]/-farbe Leistung (Angabe) [W] Schnittlänge [cm] Schneiden: Anzahl/Öffnung/Tiefe [mm] Messerstärke unten + oben [mm] Schwertbreite [mm]
Einfach Einfach ausschneiden ausschneiden und und b bei ei IIhrem hrem Z Zeitschrifteneitschriftenhändler* h ändler* bis bis sspätestens pätestens 13. 13. A August ugust 2 2014 014 eeinlösen! inlösen!
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Biefkasten
Gut geschützt tt vor den Wetter einflüssen sind nicht nur die Briefe. Im oberen Fach lassen sich Zeitungen und Zeitschriften gut unterbringen, ohne dass ihre Umschlagblätter zerreissen. Auch Päckchen finden do trockenen dort Unterschlupf.
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Biefkasten mutter des Schlosses wird die Bohrung geführt und mit enstück verschraubt. Um hen zu verhindern, wird die e mit einem Schraubendreher
l dienen Als Baumateria tes Sperrwasserfest verleim holz und 20 x 20-mm ofile Aluminium-Winkelpr
Große Klappe – ste viel mtes Sperrholz, dahinterkelpr M ß siehe p ofile (Maße
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n zusägen aller Die Alu-Leisterbinde die Schnittkanten r und schützen dabei feine Note.
Das SSchloss Das chloss eeines ines B Briefkastens riefkastens iist st iim mmer Witterung darum mer der der W tterung ausgesetzt, ausgesetzt, darum sollten Qualität sollten Sie Sie hier hier nicht nicht an an der der Q ualität sparen. sparen. Einfache Einfache Möbelschlösser Möbelschlösser sind sind schon drei bis vier vier Euro Euro erhältlich. erhältlich. schon ffür ür d rei bis Doch die nach Doch d ie werden werden n ach sspätestens pätestens einem Winter und nicht einem W ein u nd n icht nter llädiert ädiert ssein mehr mehr rrichtig ichtig ffunktionieren. unktionieren. Achten in Schloss Schloss aus aus Achten Sie Sie darauf, darauf, eein Messing mit Messing m Oberfläche it vverchromter erchromter Oberfläche einzusetzen hält einzusetzen – das das h ält lange lange vor. vor.
ktion die n als Eckve Die Leisten diene sie der Holzkonstru – dabei verpassen vier Außenbretter
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ffe serfester Holzleim, zgrund, WetterschutzAhle, Hammer, Körner, chraubendreher, , Maulschlüssel, Senker , Schlüsselfeile, Pinsel,
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Die Öffnung fffnung ffür ür d den en B Briefeinwurf riefeinwurf und und der der Kastendeckel Kastendeckel
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Innenseiten linie in nur eine der dient als Eine Mittel lstrich den Bleistift großen VierkantholzesDie Säge anzeichnen. Für den Paralle inger drücken. Die Stirnseite eines isten. neiden der Alu-Le den (führenden) Mittelf wird’s gerade. auf Führung beim Zusch fläche führen, dann 31 entlang der Schnitt
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1 ch für die Briefeinwurf-Klappe orstnerbohrer (30 mm) seitlich Unterkante gebohrt.
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Senkung, den Schrauben entsprechend. Deren Köpfe dürfen keinesfalls überstehen, sonst liegen die Außenbretter nachher nicht sauber im Winkel.
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ägt überstehende Teile an den hrung ab, damit dort saubere en entstehen. Danach: schleifen.
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Die Lage e des Schlosses in Bezug auf die Oberkante hängt von der jeweiligen Bauform des Schlosses ab. Mindestens ein Dr ttel des Riegels sollte überstehen.
Ein 18er-Forstnerbohrer setzt das Loch zur Aufnahme des Schlosses (kann abweichen, je nach Schlosswahl). Achten Sie auf einen exakt mitt gen Sitz zwischen den Seiten.
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Selbermachen Se lbermachen M Media edia G GmbH, mbH, N Neumann-Reichardt-Straße eumann-Reichardt-Straße 2 27-33, 7-33, 2 22041 2041 Hamb Hamburg urg
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5 markiert mit zwei Einschnitten Ausschnitts. Lieber nachsägen zu tief zu sägen.
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Mit der Raspel wird anschließend der Raum zwischen den feinen Schnitten abgetragen. Je breiter die Raspel, desto einfacher gelingt es.
Das Dach wird mit Holzleim (umlaufend an der Kante) und Schrauben aus einer größeren und einer kleineren Platte zusammengesetzt.
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An Seilen sind unsere beiden Spielkonstruktionen in ihrem Mittelpunkt aufgehangen. Das erfordert Sorgfalt beim Messen.
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ntweder entspannen wir im Garten oder wir arbeiten in ihm. Aber warum wird das eigene Grün so selten zum Platz für unterhaltsame und spannende Spiele? Der Garten als Spielplatz: Damit meinen wir an dieser Stelle keine Flächen für die sportlichen Varianten mit Fuß- oder Federball, sondern die mit Köpfchen und Fingerspitzengefühl. Ein kleiner Platz unter dem starken Ast eines Baumes genügt, um Raum für unsere hier gezeigten Konstruktionen zu bieten. Die sind nicht nur schnell und kinderleicht gebaut, sie machen – und das ist ja entscheidend – extrem viel Spaß. Und das gilt nicht nur für jede Altersklasse! Das erste Spiel: Beim ‘schwebenden Teller’ kämpfen die Spieler gegeneinander und gegen die Erdanziehungskraft. Es gilt, die im Mittelpunkt aufgehängte Platte im Gleichgewicht zu halten – oder das Gegenteil herbeizuführen. Unsere zweite Spiel-Idee, das Kugel-Labyrinth mit den Lochfallen, kennen viele sicherlich als Indoor-Variante. Unsere Version in XXL ist schwebend aufgehängt und kommt dementsprechnd ohne hakeliges Gestänge aus (Bauanleitung ab Seite 80). Egal für was Sie sich entscheiden: außergewöhnlicher Spielspaß im Garten ist garantiert.
Physik zum Anfassen bietet die schwebende Platte. Das Hebelprinzip, das Gleichgewicht der Kräfte und die Erdanziehungskraft spielen in jeder Spiel-Variante mit.
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Händlerstempel
Weitere Themen in dieser Ausgabe: Neuer Glanz für Fassaden und Fenster, Welche Farbe eignet sich für welche Wand, Basiswissen Holz- und Zinken-Verbindungen und vieles mehr!
Gefährliches Machtgefüge am Golf
FAKTEN
Die Gegner
Irak: Wehrpflichtigenarmee von zirka einer Millionen Soldaten (150.000 Soldaten der Republikanischen Garde), Verluste: etwa 30.000 Gefallene
(5) Der Sieg löst entgegen der Meinung militärischer Traditionalisten eben nicht alle Probleme: „die Allianz war bereits ab Sommer 1991 wieder gezwungen, Streitkräfte für eine unter Umständen notwendige neue Intervention bereitzustellen.“
Kalter Krieg und schwarzes Gold Also ein Pyrrhussieg und ein Beweis für die Gültigkeit der These „den Krieg gewonnen, aber den Frieden verloren“? Die Antwort darauf fällt zwiespältig aus, gerade im Wissen darum, dass es noch einen Dritten Golfkrieg geben sollte! Für Saddam ist der Angriff auf Kuweit jedenfalls zwingend notwendig. Das Land ist erschöpft durch den achtjährigen Krieg gegen den Iran, den Saddam nur hatte gewinnen können, weil in der letzten Phase des Ost-West-Konflikts weder die westliche noch die östliche Seite daran interessiert war, dass der schiitisch geprägte Iran im Zeichen der „islamischen Revolution“ zur beherrschenden Macht in der Golfregion aufsteigt. Der Iran kann als staatliche und kulturelle Einheit auf eine Jahrtausende zählende Geschichte zurückblicken. Anders hingegen seine Nachbarn: Sowohl der Irak als auch Kuweit verkörpern Staatsneubildungen
Antiirakische Koalition: etwa 900.000 Soldaten auf dem Höhepunkt des Krieges (davon 539.000 USA, 45.000 Großbritannien), Verluste: rund 500 Gefallene
über Stammesgrenzen hinweg, die von den Siegern des Ersten Weltkrieges geschaffen worden waren, als es 1920 in Sèvres galt, das Osmanische Reich als Verlierer des Ersten Weltkrieges aufzulösen. Die staatliche Architektur der Golfregion entsprach britischer Herrschaftsambition. Es ging um den Schmierstoff der modernen Welt: um Erdöl. Die USA wurden in der Golfregion samt der arabischen Halbinsel erst während des Zweiten Weltkrieges vorstellig. Sie setzten nicht auf die massive Stationierung von Soldaten, sondern primär auf die Kooperation mit dem saudischen Königshaus, um sowohl ihren Alliierten, Großbritannien, vor kolonialpolitischen Eskapaden zu bewahren als auch für billiges Erdöl zu sorgen. Mit dem aufkommenden Kalten Krieg wurde für die USA zunehmend der Iran interessant, ja unersetzlich. Der Sturz des Schah-Regimes (1977) und die darauffolgende Etablierung eines schiitisch geprägten Gottesstaates schienen abrupt der massiven amerikanischen Einflussnahme in der Golfregion ein Ende zu bereiten. Ähnlich war es den Briten mit dem Irak seit Juli 1958 ergangen. Mit der Herrschaft der Baath-Partei wandte sich der Irak zunehmend vom Westen ab und driftete ins sowjetische Lager. Unter Saddam Hus-
DAS ENDE: Für diese irakischen Soldaten ist der Kampf vorbei. Sie wurden am zweiten Tag der Bodenoffensive gefangen genommen. Foto: picture-alliance/dpa
sein, seit 1979 an der Macht, schien der Irak zum Warschauer Pakt zu gehören. Eine Veränderung trat, wie gesagt, zögerlich ab dem Zeitpunkt ein, als zwischen dem angreifenden Irak und dem Iran ein achtjähriger Waffengang, der Erste Golfkrieg, anhob (22. September 1980). Durch die Unterstützung sowohl von Ost wie West und insbe-
VERBRANNTE ERDE: Irakische Truppen zerstören bei Ihrem Rückzug Ölquellen. Ein amerikanisches M998 HMMWV fährt durch die gespenstische Wüstenlandschaft. Foto: picture alliance/akg
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Schlachten der Weltgeschichte | Zweiter Golfkrieg von 1990/91
Größenwahnsinniger Tyrann Saddam Hussein Gehört Saddam Hussein (1937–2006) in dieselbe Kategorie wie Hitler, Stalin oder Mao Tse-tung? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Von der Zahl der Menschenopfer her betrachtet haben die drei ungleich mehr Blut an den Fingern kleben als Saddam Hussein. Aber: Saddam ging bei ihnen in die Schule des politischen Verbrechens. Sein Herrschaftsapparat orientiert sich an den terroristischen Herrschaftsgebilden dieser drei Massenmörder, unter besonderer Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten. Gestützt auf (1) seinen Familienclan und auf die Loyalität bestimmter Stämme unter den Vorzeichen des sunnitischen Islam, (2) ergänzt durch die Hilfe der Baath-Partei als monopolistische Massenpartei mit Deutungshoheit, also mittels Propaganda und Führerkult, und abgesichert (3) durch ein Regime miteinander konkurrierender Geheimdienste, errichtet der Diktator auf dem Gebiet eines künstlich von den Siegern des Ersten Weltkrieges geschaffenen Staates Strukturen, die eben diesem Staat namens Irak die Existenz sichern und ihn schließlich doch zerstören. Saddam ist kein Islamist, sondern ein brutaler weltlicher Herrscher, der den Faktor des sunnitischen Islam gegen die Schiiten und gegen die Kurden ganz gezielt einsetzt.
sondere durch deren Schweigen, als der Irak gegen den Iran wie auch gegen Teile der eigenen Bevölkerung C-Waffen einsetzte, fühlte sich Saddam in der Anschauung bestärkt, nicht nur im Innern, sondern auch gegenüber der Nachbarschaft agieren zu können, wie er wolle.
Anspruchsvolle Aufgabe Dem Diktator entgeht dabei völlig, dass sich mit dem sowjetischen Reformer Gorbatschow auch die Weltpolitik zu wandeln beginnt. Diese neue Sowjetunion, die der deutschen Einheit keine Steine in den Weg legt, ist nicht bereit, dem weltlich orientierten irakischen Regime einen machtpolitischen Blanko-Scheck auszustellen. Saddam realisiert offensichtlich auch nicht, dass mittlerweile in die Palästina-Frage Bewegung gekommen ist. Die Israelis und die gemäßigten Kräfte auf palästinensischer Seite gehen aufeinander zu. Hinzu kommt, dass ein machtpolitisch ambitionierter, noch dazu weltlich orientierter Irak auch nicht im Interesse der Saudis und der Golfstaaten liegt. Als Saddam den Angriff auf den Nachbarn Kuweit befielt, dokumentiert er zwar
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Seine Herrschaft gewährt kein Pardon, selbst gegenüber abtrünnigen Familienmitgliedern nicht! Als „Wohltäter auf Zeit“ wirkt er, insofern er die Alphabetisierung der Bevölkerung, die Emanzipation der Frau, die Industrialisierung des Landes vorantreibt. Davon profitieren nicht zuletzt die Christen im Irak. Sie sind als Instrumente von Saddams Herrschaft geduldet. Ganz anders die Juden. Sie werden vertrieben, weil sich so Saddams Irak am besten als Führungsmacht der arabischen Welt zu inszenieren glaubt. Der Diktator setzt gegen die Kurden wie auch gegen den Iran gezielt C-Waffen ein. Hätte er es im Zweiten Golfkrieg auch gegen Israel getan („nur“ Raketen trafen damals israelisches Territorium), Israel hätte nicht gezögert, die Staudämme am Oberlauf von Euphrat und Tigris zu sprengen. Saddams Ambitionen zielen auch auf den Besitz von Atomwaffen. Das nach dem Zweiten Golfkrieg einsetzende anglo-amerikanische Kontrollregime auf Grundlage von UN-Beschlüssen vereitelt dies. Erst der völkerrechtlich äußerst umstrittene Dritte Golfkrieg (2003), den die USA auf der
machtpolitische Ambitionen, legt zugleich aber auch Zeugnis ab für eine gigantische Fehleinschätzung der Lage. Tatsache ist aber auch, dass der amerikanische Kongress die Entsendung von Soldaten am 12. Januar 1991 nur mit knapper Mehrheit billigt (Senat: 52 pro, 47 contra; Repräsentantenhaus: 250 pro, 183 contra). Das heißt, die amerikanische öffentliche Meinung ist alles andere als kriegslüstern. Zu tief sitzt noch der Schock des Vietnam-Krieges. Zur effizienten Abwehr der irakischen Aggression ergeben sich daher aus amerikanischer Sicht mehrere Herausforderungen: (1) Den Krieg durch den Einsatz modernster Technik unbedingt kurz zu halten, (2) den Waffengang der Öffentlichkeit glaubhaft als „klinisch einwandfreie Operation“, durchzuführen durch Präzisionswaffen, darzustellen, (3) nach dem Motto „winning the hearts and minds“ Journalisten in das Kampfgeschehen „einzubetten“, auf dass der Krieg an der Heimatfront und auf internationaler Ebene publizistisch gewinnbar ist, (4) die machtpolitische Interessenlage der USA multilateral, also zusammen mit und
Grundlage gefälschter „Beweise“ für die Existenz von Massenvernichtungswaffen beginnen, bringt Saddams Herrschaft zu Fall. Am 30. Dezember 2006 wird er durch ein irakisches Tribunal verurteilt und anschließend hingerichtet. Wie und ob der Irak ohne ihn überlebt, bleibt abzuwarten. DER PATE VON BAGDAD: Während einer Parade posiert Saddam mit einem Gewehr vor seinen Truppen. Das Bild entstand Ende 2000, der verlorene Zweite Golfkrieg bringt den seit 1979 regierenden Diktator (noch) nicht um Foto: picture-alliance/dpa seinen Posten.
bewusst eingehend auf alte und neue Verbündete, umzusetzen. 1990 ist die US-Administration unter Präsident Georg Bush sen. noch davon überzeugt, dass sich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes eine neue internationale Ordnung auf der Basis eines gemeinsamen Menschenrechtsverständnisses abzeichnen würde. Gut zehn Jahre später – unter der Präsidentschaft des Sohnes – sollte dies nicht mehr der Fall sein.
Kurz und schmerzvoll Der Zweite Golfkrieg dauert in der Tat nicht lange, nämlich vom 2. August 1990 (Angriff des Iraks auf Kuweit) bis zum 28. Februar (Verkündung des Waffenstillstandes seitens der USA) beziehungsweise 3. März 1991 (Unterzeichnung des Waffenstillstandabkommens). Dieser Zeitraum ist seinerseits abgrenzbar in drei Perioden: (1) Vom irakischen Angriff bis zur Annexion Kuweits (2.–8. August 1990). (2) Vom Eintreffen der ersten amerikanischen Soldaten in Saudi-Arabien bis zum Abschluss der Operation „Desert Shield“, dem Aufmarsch der Koalitionskräfte (9. August 1990–16. Januar 1991).
Beginn der Bodenoffensive
ZUM NAHKAMPF BEREIT: Britische Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett während einer Übung in der saudischen Wüste im Januar 1991. Die Briten stellen nach den Amerikanern das größte Kontingent der alliierten Streitmacht. Anders als im Dritten Golfkrieg engagiert sich 1991 aber auch Frankreich Foto: picture-alliance/dpa (inkl. der Fremdenlegion).
(3) Der Operation „Desert Storm“, dem Angriff der Koalition, der Befreiung Kuweits und der Zerschlagung der irakischen Streitkräfte in Kuweit und dem südlichen Irak: Insgesamt 46 Kriegstage (17. Januar3. März 1991), wovon lediglich fünf Tage (24.–28. Februar 1991) der Bodenoffensive vorbehalten bleiben.
Bis zum Beginn der Bodenoffensive am 24. Februar 1991 haben die Alliierten ab dem 17. Januar rund 110.000 Luftangriffe auf den Irak und seine Stellungen in Kuwait geflogen und eine Last von 85.000 Tonnen an großteils präzisionsgesteuerten Bomben abgeworfen. Stealth-Tarnkappenbomber und elektronische Kampfführung zum Ausschal-
Siegreicher Soldat General H. Norman Schwarzkopf Die Bezeichnung „Haudegen“ gibt nur grob wieder, was die amerikanische Öffentlichkeit an General H. Norman Schwarzkopf (1934–2012) so liebte, und was viel besser ausgedrückt ist mit dem Spitznamen „Stormin’ Norman“: Der Generalssohn mit bulliger Erscheinung, grimmigem Blick und deutschstämmigen Wurzeln kommandiert die Koalitionstruppen im Zweiten Golfkrieg. Operation „Desert Storm“ macht das Vietnam-Trauma vergessen, und so zählt Schwarzkopf neben Patton und Eisenhower zu den populärsten amerikanischen Generalen des 20. Jahrhunderts. Zweifellos weiß sich „Stormin’ Norman“ gekonnt zu inszenieren. Hohe Intelligenz und künstlerische Sensibilität zeichnen ihn aus. Er, der Hochdekorierte, lehnt eine politische Karriere stets ab. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass er immer militärisch statt politisch denkt. Schwarzkopf ist kein Mann für Cocktail-Partys und nicht zu haben für politische Kompromisse. Ist er also zu geradlinig? Darüber kommen in zeitli-
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BÄRBEIßIG UND HEMDSÄRMELIG: General Schwarzkopf während einer Pressekonferenz im Königreich Saudi-Arabien am 10. Februar 1991. Der Amerikaner mit deutschen Wurzeln wollte die irakische Armee bereits 1991 völlig aufreiben. Foto: picturealliance/dpa
cher Distanz zum Zweiten Golfkrieg zunehmend Zweifel auf. Schwarzkopfs Memoiren stehen in eigenartigem Kontrast zur Studie von Michael R. Gordon und Bernard E. Trainor „The Generals’ War: The Inside Story of the Conflict in the Gulf”, erschienen 1995. Ungeachtet der dortigen Entzauberung eines hochdekorierten Truppenführers: Zu gern hätte Schwarzkopf im Frühjahr 1991 die irakischen Truppen völlig zerschlagen. Die Politik von Präsident George Bush sen. ließ es nicht zu. Militärisch wäre es durchaus möglich gewesen. Mehr als zehn Jahre später sollte Schwarzkopfs Wunsch in Erfüllung gehen – freilich zu einem anderen politischen Preis und nicht unter seiner militärischen Verantwortung.
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Schlachten der Weltgeschichte | Zweiter Golfkrieg von 1990/91 HIGHTECH-KRIEG: Als die antiirakische Allianz am 17. Januar 1991 mit dem Bombardement des Irak beginnt, ist dies der bis dahin größte Luftangriff der Geschichte. Flugzeugträger wie die hier gezeigte USS THEODORE ROOSEVELT (siehe Grafik unten) spielen dabei eine zentrale Rolle. Die gezeigte F-14 Tomcat (Foto) stammt von der Foto: picture alliance/Everett Collection ROOSEVELT.
GRAFIK
So funktioniert ein US-Träger
Abb.: picture-alliance/dpa Grafik
ten der irakischen Luftabwehr kommen effizient zum Einsatz. Dennoch sind sogenannte „Kollateralschäden“ unvermeidbar. Die Bodenoffensive ist untrennbar verbunden mit dem Namen von General Norman Schwarzkopf, der mit dem Spitznamen „Stormin’ Norman“ gewissermaßen das amerikanische Gegenstück zum preußischen „Marschall Vorwärts“ Blücher darstellt. Sie beginnt am 24. Februar 1991 um 4:00 Uhr. Marines dringen tief in irakisches Territorium ein und erringen erhebliche Erfolge gegenüber den demoralisierten irakischen Soldaten: 29 irakische Divisionen sind zerschlagen, etwa 3.008 Kampfpanzer außer Gefecht, 1.879 der 2.870 gepanzerten Fahrzeuge und 2.140 der 3.100 Artilleriegeschütze zerstört. 63.000 irakische Soldaten gehen in Kriegsgefangenschaft. Saddams republikanische Garden bleiben indessen intakt! Der Rückzug der Irakis aus Kuweit ab dem 26. Februar geschieht nach der Devise „verbrannte Erde“, was wiederum zur stundenlangen Bombardierung des irakischen Trosses auf der damit zum „Highway of Death“ umbenannten Verbindungstrasse zwischen Bagdad und Kuweit-City durch die Luftstreitkräfte der Allianz führt. 100 Stunden nach Beginn der Boden-invasion ist der Kuweit befreit.
Bitter enttäuschte Hoffnungen Die USA scheinen mit dem Zweiten Golfkrieg das „Trauma Vietnam“ endgültig überwunden zu haben. Propagandistisch verlor der Irak den Krieg bereits gleich zu Beginn. Stichwortartig seien als Beleg dafür nur ge-
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Das Ende als Anfang eines neuen Krieges
Literaturtipps Anmerkung: Eine militärhistorisch-kritische Darstellung des Golfkrieges steht bislang wegen der weithin noch unzugänglichen Militärakten aus. Die archivalische Sperrfrist in den USA und in GB beträgt 30 Jahre. Gleichwohl sind hervorzuheben die Leistungen des investigativen Journalismus (z.B. Atkinson oder Pollack). Titel aus unterschiedlicher US-amerikanischer Perspektive: Rick Atkinson: The untold story of the persian gulf war, Boston 1993. Norman Schwarzkopf: Man muss kein Held sein. Die Autobiographie, München 1993. U. S. News & World Report: Triumph without Victory. New York 1992. Deutschsprachige Literatur aus militärgeschichtlicher/militärpolitischer Perspektive: Gustav Däniker: Wende Golfkrieg. Vom Wesen und Gebrauch künftiger Streitkräfte, Frankfurt/M. 1992. Wolfgang Wolf: Der Golfkrieg. Eine erste militärpolitische und militärische Auswertung, Bonn 1992. Hartmut Zehrer (Hg.): Der Golfkonflikt. Dokumentation, Analyse und Bewertung aus militärischer Sicht, Herford u.a. 1992.
nannt: die als Geiseln genommenen Ausländer in Kuweit, die Zerstörung des kuweitischen Gesundheitswesens mit Brachialgewalt, das spätere Anzünden der kuweitischen Ölfelder und die unverhohlenen Drohungen, Israel durch den Einsatz von C-Waffen, legitimiert durch die Bezeichnung „Heiliger Krieg“, zu vernichten. Eine Solidarisierung der islamischen Welt mit dem Aggressor Irak tritt nicht ein, wiewohl die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland Sympathie mit Saddam zeigt und sich eben dadurch erhebliche Chancen für eine eigene, von Israel wirklich anerkannte Staatlichkeit verbaut. Dass die Bodenoffensive, unter dem militärischen Kommando von General Schwarzkopf durchgeführt nach dem „Cannae-Prinzip“, nur fünf Tage dauert und den Machtapparat des Irak im Kern nicht zerstört, ist nur dem Umstand geschuldet, dass das UN-Mandat ebendieses nicht vorsieht und die Allianz langsam markante Risse zeigt. Insbesondere die Anwesenheit der „Ungläubigen“ auf saudischem Boden erweist sich im Nachhinein als Inkubationszeit für den islamischen Terrorismus im Zeichen von al-Qaida. Das Regime des Irak ist gleich nach dem Ende der Operation „Desert Storm“ in der Lage, sich zu regenerieren. Den Kurden im Norden und den Schiiten im Süden droht nun der blanke Terror. Und so geht das Kalkül nicht auf, Saddam und seine Clique würden von Innen gestürzt werden können, und der Zweite Golfkrieg diene dafür als Initialzündung. Dr. Peter Andreas Popp, Oberstleutnant, ist Lehrstabsoffizier für Militärgeschichte und ständiger Mitarbeiter von CLAUSEWITZ.
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Militärtechnik im Detail Illustration: Jim Laurier
Kompakte Zugmaschine
Das deutsche Kettenkraftrad HK 101 Entgegengesetzt zur Fahrtrichtung Passagiere schauten nach hinten und waren Staub und Schlamm ausgesetzt. Das hier abgebildete Kettenkrad trägt die Markierungen der berühmten 21. Panzerdivision des Afrikakorps.
G
ebaut wurde die kleinste deutsche Zugmaschine besonders mit Blick auf deren Luftverlastbarkeit – dabei dachte man aber nicht an Fallschirmeinsätze –, deshalb waren deren Abmessungen so angelegt, dass man sie in Lastensegler und Ju-52-Transportmaschinen „quetschen“ konnte. Ein „Kettenkrad“, wie es die Landser nannten, war in der Lage, Material oder zwei Soldaten (neben dem Fahrer) und Anhänger oder Geschütze zu transportieren, Kabel zu verlegen oder sogar als Waffenträger zu fungieren. In der Endphase des Krieges half es durch seine Schleppdienste vor Düsenflugzeugen wie der Messerschmitt 262 und der Arado 234, auf den Rollbahnen der Luftwaffe Treibstoff zu sparen. Doch das eigentliche Lieblingselement dieses kleinen Wühlers war wohl der Dreck. „Wir haben das Kettenkrad geliebt“, sagt Afrikakorps-Veteran Heinrich Erichsen, dessen Kriegsgefangenschaft ihn in die USA geführt hatte, wo er schließlich amerikanischer Bürger wurde. „Im Frühjahr war Tunesien ein einziger morastiger Sumpf. Wir nutzten das Kettenkrad, um unsere Panzerabwehrkanonen (Pak) in Stellung zu ziehen“, sagt der heute in Houston, Texas ansässige Veteran. „Am Abend fuhr dann einer von uns ins Hauptlager, um Verpflegung zu besorgen. Die sehnsüchtig erwartete Kost kam dann meist auch noch heiß bei uns an“.
Mechanischer Muskelprotz Der Nutzlast von circa 310 Kilogramm, was bereits den Fahrer mit einschloss, stand eine Zugkraft von circa drei Tonnen auf Asphalt und circa 500 Kilogramm im Gelände gegenüber. Auf Basis des Kettenkrades (ein Laufrollenpaar mehr und Wegfall der Lenkradgabel etc.) wurde sogar ein ferngelenkter Ladungsleger („Springer“) entwickelt, der eine 330-Kilogramm-Sprengladung unter Panzerschutz an sein Ziel beförderte.
Auf diesem Bild lässt das Gefährt sein wichtigstes „Talent“ erkennen. Sein wannenförmiger Rumpf, der hochgelegene Auspuff sowie die gut 20 Zentimeter Bodenfreiheit erlaubten es dem Kettenkrad, sich durch flache Gewässer oder gut 40 Zentimeter tiefen Schlamm zu kämpfen. Foto: Thomas Anderson
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Wie bei den „schweren Jungs“ Das vollbeladen circa 1.560 Kilogramm schwere ungepanzerte Kettenkrad, das drei Meter lang und einen Meter breit war, nutzte die gleiche Schachtellaufwerksanordnung wie man sie bei schweren deutschen gepanzerten Gefechtsfahrzeugen (z. B. „Panther“ und „Tiger“) vorfand.
„Gangart“ Als Antrieb diente dem Kettenkrad ein wassergekühlter Vierzylindermotor, wie er beim Opel Olympia verwendet wurde. Das Getriebe bot drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang, zusätzlich gab es ein Vorgelege für den Gelände- und den Straßeneinsatz. Daher standen dem Fahrer sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge zur Verfügung. Die beiden Produktionsfirmen NSU in Neckarsulm und Stoewer in Stettin haben weit über 8.000 Einheiten produziert.
Kombinierte Lenkung Bei kleinen Lenkausschlägen unter acht Grad wurde das Kettenkrad mit Hilfe der Parallelogrammgabel und des Vorderrades gelenkt. Größere Lenkausschläge setzten eine Lenkbremse in Aktion, die die kurveninnere Kette abbremste.
Ein gewandter und geländeerprobter Fahrer konnte Gefälle von 24 Grad Neigung auf sandigem oder sogar 60 Grad Neigung auf festem trockenem Untergrund bewältigen. Die beiden 21-LiterTreibstofftanks des Kettenkraftrads verliehen ihm eine Reichweite von circa 250 Kilometern. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 70 km/h. Foto: Thomas Anderson
DIE MITBEWERBER: Das amerikanische M29 Weasel Gewicht: 2.375 Kilogramm Höchstgeschwindigkeit: circa 55 km/h Produktionszahl: 15.124 Stück Häufig für den Transport von Mannschaften und Material eingesetzt. Der britische Universal Carrier Gewicht: 3.400 Kilogramm Höchstgeschwindigkeit: circa 48 km/h Produktionszahl: 113.000 Stück Häufig irrtümlich als „Bren gun carrier“ bezeichnet. Dieses Fahrzeug ist das meistproduzierte gepanzerte Kampffahrzeug aller Zeiten. Die gepanzerte sowjetische T-20 Zugmaschine Gewicht: 3.170 Kilogramm Höchstgeschwindigkeit: circa 50 km/h Produktionszahl: 23.000 Stück Zog Feldgeschütze, Munitionsanhänger und transportierte Mannschaften. Die französische Renault UE Chenillette (Schlepper) Gewicht: 2.600 Kilogramm Höchstgeschwindigkeit: circa 30 km/h Produktionszahl: 5.300 Stück Nach der Eroberung Frankreichs nutzten die Deutschen die leichten gepanzerten Schlepper häufig als Selbstfahrlafetten für ihre 3,7-Zentimeter-Pak. Der deutsche Raupenschlepper Ost Gewicht: 2.700 Kilogramm Höchstgeschwindigkeit: circa 29 km/h Produktionszahl: 23.000 Stück Gebaut vornehmlich für die Ostfront. Bisweilen mit einer 7,5- oder sogar 8,8-Zentimeter-Pak versehen. Produktion: 101 Stück
Zur Not auch ohne Rad Die Vorderradgabel und das Vorderrad ließ sich sogar entfernen. Selbst dann noch konnte das Kettenkrad – bei niedriger Geschwindigkeit – allein mit Hilfe seiner 40-gliedrigen Ketten gefahren und gelenkt werden.
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In dieser Serie bereits erschienen: Kampfpanzer Sherman M4 (2/2013) Flugzeugträger Independent-Klasse (3/2013) Deutsches Schnellboot Typ S-100 (3/2013) Maschinengewehr (MG) 42 (4/2013) Amerikanische Haubitze M2A1 (5/2013) Fairey Swordfish (6/2013) Russischer Kampfpanzer T-34/76 (1/2014)
Japanischer Jäger A6M Zero (1/2014) Heinkel He 111 (2/2014) Amerikanischer Lastwagen GMC 6x6 (3/2014) Kleinst-U-Boot Typ 127 „Seehund“ (4/2014) Demnächst: Schwerer Bomber „Lancaster“ aus Großbritannien (6/2014)
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Militär und Technik | Landungsboote
AN DER KÜSTE: Ein Landungsboot der „Robbe“-Klasse der Volksmarine. Gut zu erkennen sind die Flugabwehrgeschütze Foto: Sammlung Mehl der Bordbewaffnung.
Landungsboote von Bundes- und Volksmarine
Von der See an 1950er-Jahre: Beim Aufbau der Bundesmarine spielen Landungsboote eine wichtige Rolle. Auch in den Seestreitkräften der NVA werden sie seit 1960 eingeführt, um im Ernstfall an Küstenabschnitten des Gegners landen zu können. Von Eberhard Kliem
U
nerwartet schnell muss sich die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland mit der Frage eines eigenen militärischen Beitrages an der Verteidigung Westeuropas beschäftigen. Dies zumindest erwarten die ehemaligen Kriegsgegner USA und Großbritannien. Im Kloster Himmerod in der Eifel versammeln sich auf Einladung von Bundeskanzler Konrad Adenauer im August 1950 hochrangige Militärs, um erste Überlegungen und Gedanken zu entwickeln. Es entsteht die „Himmeroder Denkschrift“, in der auch eine zukünftige deutsche Marine konzeptionell geplant wird. Auf dieser Grundlage werden in weiteren Denkschriften entsprechende Einzelheiten entwickelt. Mit der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 wissen die verantwortlichen Marineoffiziere, dass sie eine Randmeermarine aufbauen müssen, deren Hauptaufgaben in der Ostsee und der Nordsee liegen werden. Von Beginn an sehen die planenden Offiziere einen Bestand von 36 Landungsfahrzeugen vor. Diese haben die Aufgabe, durch „Landungen die russische Flankenempfind-
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lichkeit besonders auszunutzen und durch (…) Landungen weit im Rücken der russischen Front Kräfte zu binden und Unsicherheit zu erzeugen“, so die Himmeroder Denkschrift. Es ist durchaus überraschend, dass in den westdeutschen Überlegungen ein relativ umfangreiches amphibisches Element eingeplant ist. Die Kriegsmarine dagegen hatte FÜHRUNGSSCHIFF: Das Landungsboot L 750 KROKODIL der Bundesmarine verfügt nach einem Umbau über einen besonderen Sanitätsbereich und ein Hubschrauberlandedeck. Foto: Sammlung Kliem
sich kaum mit einer Kriegführung dieser Art beschäftigt. Die Landungen in Norwegen und Dänemark im Jahr 1940 waren durch Einlaufen und Absetzen der Truppen in Häfen durchgeführt worden. Und die geplante Invasion an der englischen Küste (Operation „Seelöwe“) wurde schließlich wieder fallengelassen. Auch der Bau und Einsatz von mehreren Hundert Marinefährprahmen
MEHRZWECKLANDUNGSBOOT: Das in den 1960er-Jahren gebaute L 793 FELCHEN („Butt“-Klasse) der Foto: Sammlung Kliem Bundesmarine.
die Küste (MFP) in der zweiten Hälfte des Weltkrieges 1939–1945 hatte nicht dazu geführt, Einsatzund Führungsgrundsätze der amphibischen Kriegführung zu entwickeln.
Erste Überlegungen Dass die bundesdeutsche Marine einen anderen Weg beschritten hat, geht vermutlich auf US-amerikanische Initiative zurück. Die US-Marine hatte insbesondere im Kampf gegen Japan die amphibische Kriegführung zu einer den Krieg entscheidenden Bedeutung entwickelt. Auch die alliierte Invasion in Frankreich im Juni 1944 wäre ohne einen entsprechenden Beitrag der USA undenkbar gewesen.
TECHNISCHE DATEN
Doch trotz „Rückenwind“ aus den Vereinigten Staaten läuft der organisatorische Aufbau der amphibischen Streitkräfte der Bundesmarine unkoordiniert, improvisiert und meist ohne vorausschauende Planung ab: Am 1. November 1958 wird zwar in Wilhelmshaven das „Kommando der Amphibischen Streitkräfte“ aufgestellt. Ihm unterstellt werden jedoch gleichzeitig die U-Bootlehrgruppe (ULG), die sich um den Aufbau der zukünftigen deutschen Unterseebootflotte kümmern muss, außerdem ein Küstenumschlagbataillon, ein Seebataillon und andere artverwandte Einheiten. Es verwundert somit nicht, dass sich dieser für die Bundesmarine neuartige See-
Übungen und Manöver Die folgenden Jahre sind geprägt von Umorganisation und Verlegungen in andere Standorte, aber auch von eifriger Manövertätigkeit mit dem Ziel, eindeutige Führungsund Einsatzgrundlagen zu erlangen. Langsam gewinnt die amphibische Seekriegführung innerhalb der Einsatzkonzeption der Bundesmarine und auch der übergeordneten NATO-Kommandobehörden an
„Butt”-Klasse
Typ
„Butt“-Klasse*
Länge Breite Tiefgang Verdrängung Beladung Bewaffnung Besatzung
40,0 m 8,81 m 2,10 m k.A. sechs mil. Fahrzeuge od. drei Leopard-Panzer 2 x 20 mm, Minenbeladung (bis zu 50 Ex.) 15–21
*alle Angaben nach Gerhard Koop/Siegfried Breyer: Die Schiffe, Fahrzeuge und Flugzeuge der deutschen Marine von 1956 bis heute, Bonn 1996.
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kriegsbereich nur schleppend weiterentwickelt. Dies ist aber nötig, denn schon vor Aufstellung des vorgesetzten Führungskommandos sind im fernen Charleston in den USA am 5. September 1958 vier ehemalige amerikanische Landungsboote LSM (Landing Ship, Medium) als „Eidechse“-Klasse und zwei LSMR (Landing Ship, Medium, Rocket) als „Otter“-Klasse in Dienst gestellt worden. Im Dezember 1958 laufen sie in Wilhelmshaven ein und werden als 2. Landungsgeschwader geführt.
NEUE KONSTRUKTION: Seiten- und Aufriss eines Landungsbootes der in den 1960erJahren in Hamburg (Howaldtswerke) gebauten „Butt“Klasse. Abb.: Sammlung Mehl
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Militär und Technik | Landungsboote
TECHNISCHE DATEN
Landungsboote der Volksmarine
Typ
„Labo“-Klasse*
„Robbe“-Klasse*
Länge Breite Tiefgang Verdrängung Zuladung
41,1 m 6,9 m 1,1 m 232 t 2 x Panzer plus aufges. Infanterie
Bewaffnung
4 x 25 mm
Besatzung
15
64 m 11,6 m 2,4 m 707 t 11 x Panzer o. vergleichb. mil. Stückgut plus aufges. Infanterie 2 x 57 mm 4 x 25 mm Minenbeladung mögl. 32
*alle Angaben nach Hans Mehl/Knut Schäfer: Die andere deutsche Marine, Berlin 1992.
EIGENE ENTWICKLUNG: Seiten- und Aufriss der in Wolgast gebauten „Labo“Klasse („Projekt 46“) der Volksmarine. Abb.: Sammlung Mehl
Bedeutung. Hinderlich für eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist aber das Fehlen von zugeordneten Heerestruppen, die – vergleichbar dem U.S. Marine Corps – darauf geschult sind, mit Landungsbooten an Strandabschnitten abgesetzt zu werden. Währenddessen schreitet in der DDR der Aufbau der Nationalen Volksarmee (NVA) weiter voran. Auf der Basis verschiedener Grundsatzdokumente des Ministers für Nationale Verteidigung und des Chefs der Verwaltung der Volkspolizei See wird aus der seit 1949 bestehenden Seepolizei die Volksmarine (VM) aufgebaut. In den ersten Planungen ist von einer Landungsbootkomponente nicht die Rede. Erst in einem schriftlich fixierten „Plan für den Aufbau der Seestreitkräfte der DDR für das Jahr 1956–1960“ vom 8. Juni 1955 wird der Bau „einer Abteilung Landungsboote mit zwölf Landungsbooten
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EIGENE ENTWICKLUNG: Ein Landungsboot der „Labo“-Klasse der Volksmarine. Markant ist der pontonartige Bootskörper. Foto: Sammlung Mehl
(80 t)“ angesprochen. In späteren, allerdings nicht verwirklichten Plänen aus den frühen 1960er-Jahren ist sogar von 36 bis 48 Landungsbooten die Rede.
Weiterentwicklungen In der Folge erhält das „Institut für Schiffbautechnik“ (ISW) in Wolgast den Auftrag, ein solches Boot zu entwickeln. Es entsteht das „Projekt 46“, dessen Nullboot (46.0) im Herbst 1960 fertig gestellt wird. Nach einer fast zweijährigen praktischen Erprobung beginnt schließlich der Bau von elf weiteren Booten mit geringfügigen Abweichungen und Verbesserungen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Projekt 46 als Typ „Labo“ (Landungsboot) bezeichnet. Es ist so ausgelegt, dass es zwei Panzer „T-34“ oder „Stalin“ mit aufgesessener Infanterie an Strandabschnitte bringen kann. Im Aufgabenkatalog der VM wird festgelegt, dass ihre Landungsbootkomponente ab 1964 in der Lage sein muss, ein verstärktes Mot.-Schützen-Bataillon an einen „nicht eingerichteten Strand“ (gemeint ist ein Strandabschnitt des Gegners) im Gebiet der Ostseeausgänge an-
UMBAU: Ein ehemaliges Landungsboot vom Typ LCM 8/521 der Bundesmarine wird in der Volkswerft Stralsund umgerüstet, Aufnahme aus dem Jahr 1995. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report
Amphibische Verbände zulanden. Ein solcher Einsatz wird auch in den offiziellen Anforderungen von Seiten des Vereinten Oberkommandos der Warschauer Vertragsstaaten von der Volksmarine gefordert. Eine spezielle Marineinfanterie besitzt auch sie nicht, deshalb wird das in Rostock stationierte Mot.-Schützenregiment 28 für diese Aufgabe ausgebildet und vorgesehen. Erst in den 1980er-Jahren wird diese Einheit als Küstenverteidigungsregiment 18 auch direkt der VM unterstellt.
Großes Potenzial Unmittelbar im Anschluss an die Auslieferung der zwölf „Labos“ erhält wiederum die Peene-Werft in Wolgast den Auftrag zur Konstruktion und zum Bau von insgesamt sechs „Mittleren Landungsschiffen“ des „Projekts 47“ – später als Typ „Robbe“ bezeichnet. Diese Landungsboote sind wesentlich größer und können in zwei Decks insgesamt
elf Panzer oder Schützenpanzer mit Infanterie und weiterem Material transportieren. In einer Zweitfunktion können sie auch zu Minenlegern umgerüstet werden. Die Landungsboote der Volksmarine werden im Laufe der Zeit wechselnden Flottillen zugeordnet. Letztlich bilden sie in der 1. Flot-
ten der Volksmarine. Zusammen mit den umfangreichen Landungsbootkomponenten der sowjetischen und polnischen Seekriegsflotten ist dies ein ernst zu nehmender militärischer Faktor. Auch in der Bundesmarine schreitet die Weiterentwicklung der amphibischen Streit-
„In den Seekriegsflotten haben die Kommandeure und Stäbe ihre praktischen Fähigkeiten bei der Planung und Durchführung des Anlandens von Landungstruppen (...) zu vervollkommnen.“ Aus der Direktive 0069 des Oberkommandos des Warschauer Paktes
tille in Peenemünde eine sogenannte Landungsbootbrigade. In den Jahren von 1970 bis 1975 stehen insgesamt zwölf Landungsboote der „Labo“-Klasse und sechs Landungsschiffe der „Robbe“-Klasse in Diens-
kräfte weiter voran. Die „US-Veteranen“ des Pazifikkrieges sind in die Jahre gekommen und müssen ersetzt werden. Es wird ein Plan entwickelt, der eine Konzentration auf nur drei Schiffstypen vorsieht und zudem
WEITERENTWICKLUNG: Seiten- und Aufriss eines Landungsschiffs der zwischen 1974 und 1980 auf der Peene-Werft in Wolgast gebauten Hoyerswerda-Klasse (NATO-Codename: „Frosch I“-Klasse) der Volksmarine. Abb.: Breyer/Lapp: Die Volksmarine der DDR.
IN FORMATION: Landungsschiffe der „Frosch“-Klasse im Rahmen eines Manövers der Seestreitkräfte der DDR. Foto: Sammlung Mehl
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Militär und Technik | Landungsboote
GEMEINSAME ÜBUNG: Landungsboote der „Frosch“-Klasse beim Anlanden von sowjetischen Schwimmpanzern. Foto: Sammlung Mehl
vorschlägt, die amphibischen Verbände in die Ostsee zu verlegen. Dort entsteht Anfang der 1960er-Jahre der neue Marinehafen Olpenitz bei Kappeln, der eine hervorragende Basis für den Einsatz der Landungsstreitkräfte in den Gewässern der dänischen und deutschen Ostseezugänge darstellt. Hier ist an eine Schwerpunktbildung und Verstärkung von Heereseinheiten, aber auch an Evakuierungsaktionen gedacht, die mithilfe der Landungsboote bewerkstelligt werden sollen. Auch die Abwehr von Angriffen auf vorerst unverteidigte Inseln in den Ostseezugängen soll mit Unterstützung amphibischer Verbände erreicht werden.
Neue Anforderungen Doch diese Pläne zerschlagen sich aus verschiedenen Gründen. Immerhin wird aber ein neuer Typ von Landungsbooten in Auftrag gegeben: das Mehrzwecklandungsboot (MZL) der Klasse 520 („Butt“-Klasse). Es ist eine deutsche Konstruktion, lehnt sich aber an die amerikanischen LCU (Landing Craft, Utility) an. Seit 1965 werden in schneller Fol-
TECHNISCHE DATEN
ge 22 MZL gebaut und dem 1. Landungsgeschwader in Wilhelmshaven – später verlegt nach Borkum – zugeführt. Die neuen Fahrzeuge bewähren sich bei vielen Einsätzen und Manövern. Insgesamt aber bleiben die Aufgaben der amphibischen Streitkräfte auch aus der Sicht des vorgesetzten Flottenkommandos undeutlich und letztlich zweitrangig. Zudem gibt es auch im Füh-
„Wohl kein Verband der Bundesmarine hat in der relativ kurzen Zeit seiner Existenz so viele und grundlegende Änderungen über sich ergehen lassen müssen.“ Adolf Graef: Die Geschichte der Amphibischen Verbände der Marine von1958–1992
rungsstab der Marine (FÜM) in Bonn divergierende Pläne und Vorstellungen zum Einsatz dieser Verbände. Dort geht man von dem Gedanken aus, dass im Verteidigungsfall die Zivilbevölkerung, aber auch alle militärischen Verbände in hohem Maße abhängig vom Nachschub aus Übersee sein werden. Dabei rechnet man mit der Zerstörung der bestehenden Hafenanlagen durch den
Typ
„Frosch“-Klasse* 90,7 m 11,1 m 3,4 m 1.744 t bis zu elf Fahrzeuge/Panzer Stückgut, ausgerüstete Infanterie 4 x 57 mm, 4 x 30 mm, 2 x 122 mm Raketenwerfer (40 Rohre) Minenbeladung 18
Besatzung
*alle Angaben nach Hans Mehl/Knut Schäfer: Die andere deutsche Marine, Berlin 1992.
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In der Volksmarine der DDR sind die Landungsfahrzeuge derweil zu einem integralen Bestandteil der Seekriegführung der Vereinigten Flotten der Warschauer-Pakt-Staaten geworden. Es gibt Überlegungen, für geplante Landungen an feindlich kontrollierten Stränden einen Einheitstyp zu schaffen, der die Standardisierungsprobleme bei derartigen Operationen mindern könnte. Die
Landungsboote der „Frosch”-Klasse
Länge Breite Tiefgang Verdrängung Beladung Bewaffnung
Gegner, sodass die Güter über den offenen Strand umgeschlagen werden müssen. Dies soll nun die Hauptaufgabe der amphibischen Verbände der Marine werden. Folgerichtig wird zum 1. Oktober 1969 die „Amphibische Gruppe“ in „Amphibische Transportgruppe“ umbenannt. Erneut muss umgedacht und umgeplant werden, um den neuen Einsatzanforderung gerecht zu werden.
VOLLE FAHRT VORAUS: Ein Landungsschiff der „Frosch“-KlasFoto: Sammlung Mehl se der Volksmarine im Manövereinsatz.
Höherer Gefechtswert Wahl fällt schließlich auf die polnische „Polnocny“-Klasse. Trotzdem erteilt die militärische Führung der Volksmarine Anfang der 1970er-Jahre (wiederum der Peene-Werft in Wolgast) den Auftrag zur Entwicklung eines „Mittleren Landungsschiffes“, das die verschlissenen Landungsschiffe der „Robbe“Klasse ersetzen soll. Es entsteht das „Projekt 108“, auch als „Frosch“-Klasse bezeichnet. Das erste Schiff (108.01), die „Hoyerswerda“, wird am 12. Dezember 1976 in Dienst gestellt. Bis zum Juni 1979 folgen weitere elf Einheiten. Die Volksmarine erhält damit ein Landungsschiff mit einem erheblich höheren Gefechtswert als die alte „Robbe“-Klasse. Die zwölf Einheiten der „Frosch“-Klasse stellen bis zur Auflösung der Volksmarine ein zuverlässiges und modernes amphibisches Potenzial dar. Im Zuge der Abrüstung und der sich verändernden Militärplanungen gegen Ende der 1980er-Jahre ändern sich die Einsatzvorstellungen für die Landungsschiffe.
MIT GEÖFFNETER BUGKLAPPE: Ein Landungsschiff der Volksmarine beim Beladen mit einem Schützenpanzerwagen. Foto: Sammlung Mehl
Grundlegender Wandel Anlandungen an Stränden des Gegners sind nicht mehr vorgesehen. Die Führung der Volksmarine plant den Umbau von vier Schiffen zu Minenlegern und drei Schiffen zu Aufklärungseinheiten. Doch die politische Entwicklung ist schneller: Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 werden alle zwölf Landungsschiffe außer Dienst gestellt.
Literaturtipp Friedrich Elchlepp, Walter Jablonsky (u.a.) Volksmarine der DDR. Deutsche Seestreitkräfte im Kalten Krieg, Hamburg (u.a.) 1999.
Für die amphibische Komponente der Bundesmarine hingegen wird der stete Wechsel hinsichtlich ihrer operativen Aufgaben fast zur einzigen Konstante. Die umfangreichen Veränderungen innerhalb der Bundeswehr, die die Wehrstrukturreform der Jahre 1972/73 festlegt, sehen die Auflösung der Umschlagkomponente der Bundeswehr vor. Damit ist die Existenz der „Amphibischen Transportgruppe“ der Marine und der ihr zugeordneten Einheiten gefährdet. Wiederum sucht man nach einer neuen Aufgabe, insbesondere für die 22 MZL – und entschließt sich für einen radikalen Neuansatz. Das 1. Landungsgeschwader mit entsprechendem Stab und einer verkleinerten
vorgesetzten Führungskomponente wird 1977 in die Ostsee nach Kiel-Stickenhörn (Plüschowhafen) verlegt und in „Landungsbootgruppe“ umbenannt. Neben den traditionellen Transport- und Verlegeaufgaben von Heereseinheiten über See werden die Landungsboote integral in die Verteidigungsaufgaben der Marine im Ostseebereich eingebunden. Durch Einbau von Minenschienen sind die MZL auch mit Minenlegeaufgaben betraut. Ab 1978 beginnt nach der Verlegung ein neuer Abschnitt in der Geschichte der amphibischen Einheiten der Bundesmarine. Intensiv werden die neuen Einsatzaufgaben zusammen mit den NATO-Verbündeten geübt. Doch beeinflusst die politische Situation die weitere Entwicklung. Im Rahmen der KSZE-Verhandlungen zur Reduzierung der Streitkräfte in Europa fasst man eine Verkleinerung der Bundesmarine ins Auge. Mit der sich abzeichnenden Wiedervereinigung verändern sich zudem die Einsatzaufgaben der Marine dramatisch. Amphibische Kräfte werden in der bisher gedachten Form nicht mehr benötigt. Am 30. September 1992 werden die „Amphibische Transportgruppe“ und das Landungsbootgeschwader aufgelöst, fünf Mehrzwecklandungsboote für Transportaufgaben bleiben in einer eingeschränkten Verfügbarkeit. Drei MZL werden bis 2003 außer Dienst gestellt, während die letzten zwei ihrer Klasse – LACHS und SCHLEI – bei den Spezialstreitkräften der Marine Verwendung finden. Eberhard Kliem, Jg. 1941, Fregattenkapitän a.D., zuletzt tätig im NATO-Hauptquartier Brüssel. Anschließend drei Jahre Geschäftsführer des Deutschen Marinemuseums in Wilhelmshaven.
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Uniformtafeln | Die Schlacht auf dem Peipussee
Alexander Newski gegen den Deutschen Orden
Vernichtungsschlacht auf dem Eis 1242: Auf dem zugefrorenen Peipussee trifft der Deutsche Orden auf Kämpfer der Stadt Nowgorod. CLAUSEWITZ präsentiert Bewaffnung und Ausrüstung der beiden Armeen.
S
eit dem 10. Jahrhundert versuchen Missionare, das Christentum auch an der südlichen Ostseeküste zu verbreiten. Im frühen 13. Jahrhundert werden die Ritter des Deutschen Ordens vom Kaiser und dem Papst mit der Besiedlung des Pruzzenlandes im Kulmer Land beauftragt. Innerhalb kürzester Zeit festigen die Brüder ihre Herrschaft mit einer Kette von Burgen und errichten einen schnell aufblühenden Staat. Eine zweite christliche Hochburg stellt das 1201 errichtete Bistum von Riga dar. Mit dem wenig später gegründeten Schwertbrüderorden verfügt auch der Bischof über einen militärischen Arm. Doch nachdem die Schwertbrüder 1237 in der Schlacht bei Schaulen aufgerieben werden, schließen sich die Reste des Ordens den Deutschrittern an,
wodurch deren Machtbereich weit nach Osten ausgreift. Auch die skandinavischen Königreiche Dänemark und Schweden unternehmen in den 1230er-Jahren militärische Vorstöße an die livländisch-lettische Küste, werden aber 1240 durch Alexander Jaroslawitsch, dem gewählten Fürsten der Handelsmetropole Nowgorod an der Newa, schwer geschlagen. Doch im selben Jahr vertreiben die Kaufleute den erfolgreichen Heerführer, der nun den Beinamen „Newski“ angenommen hat. Kurz darauf besetzt eine kleine Armee der Deutschritter die Stadt Pskov beim Peipussee. Für die orthodoxen Nowgoroder zeichnen sich jetzt zwei Gefahren ab. Aus dem Westen nähern sich ihnen Heere, die den römisch-katholischen Glauben verbreiten wol-
GUT GERÜSTET: Nur ein geringer Teil des deutschen Fußvolkes ist so gut bewaffnet wie dieser Speerträger. Neben dem schweren Kettenhemd trägt er einen Helm mit Maskenvisier, der zu dieser Zeit zunehmend vom Topfhelm verdrängt wird. Außerdem verfügt dieser Fußsoldat über ein Falchion, ein einschneidiges Schwert, das (vermutlich) besonders von der Infanterie verwendet wird. 58
len, aus dem Süden und Osten stürmt die Goldene Horde – mongolische Reiterscharen – heran. In ihrer Angst berufen die Nowgoroder Alexander Newski zurück, der sich zunächst den Heeren des Ordens entgegenstellt. Am 5. April 1242 kommt es auf dem Peipussee zur entscheidenden Schlacht. Das Heer des Ordens unter dem Befehl des Fürstbischofs Hermann I. von Dorpat besteht aus kaum mehr als 1.800 Bewaffneten, worunter sich noch viele ehemalige Schwertbrüder, dänische Ritter und Truppen des Rigaer Bischofs befinden. Alexander verfügt über 3.000 bis 4.000 Mann der Nowgoroder Miliz und der Druschina, seiner eigenen schwer bewaffneten Leibgarde. Die Schlacht beginnt mit einem Angriff der Ordensstreitmacht in Keilformation auf das russische Fußvolk, welches sich nahe der Insel Rabenstein postiert hat. Die Wucht der Attacke drängt die Nowgoroder vom zugefrorenen See auf die Insel zurück. Die Pferde der Ritter haben Probleme, die steilen Hänge zu erklimmen. In diesem Moment umgeht Alexanders Reiterei die Ordensarmee und greift sie in der Flanke und von hinten an. Die Nowgoroder Armee umzingelt ihren Feind und macht ihn nieder. Nur wenige Ordensritter können entkommen. Dass die schweren Reiter wie in Sergej Eisensteins Film „Alexander Newski“ (1938) auf dem Eis des Sees eingebrochen sein sollen, wird heute als Mythos betrachtet. Noch im selben Jahr schließen der Orden und Nowgorod ein Friedensabkommen, welches die Narwa zum Grenzfluss zwischen beiden bestimmt. Der weiteren Ostexpansion des Ordens ist damit dauerhaft ein Riegel vorgeschoben. CLAUSEWITZ rekonstruiert auf den folgenden Seiten detailliert die Kontrahenten, die bei der Schlacht auf dem Peipussee aufeinanderprallen… Texte und historische Recherche zu den Zeichnungen: Alexander Querengässer Zeichnungen: Sascha Lunyakov
IMPOSANT: Die Form des Helms dieses Ritters geht auf Abbildungen aus der sogenannten Kreuzfahrerbibel zurück, die vermutlich um 1245 in Frankreich entstand. Die aufwendige Helmzier wurde im Kampf wahrscheinlich nicht getragen.
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Uniformtafeln | Die Schlacht auf dem Peipussee
FARBENPRÄCHTIG: Hermann von Dorpats Heer setzt sich zu einem erheblichen Teil aus Kriegern zusammen, die nicht dem Deutschen Orden unterstehen, wie dieser Reiter aus Dorpat (Derpt). Er verfügt bereits über einen Topfhelm, und sein Pferd ist durch eine gesteppte Decke geschützt.
PERFEKTE PANZERUNG: Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Gerhard von Malberg, residiert 1242 noch im Heiligen Land. Zu dieser Zeit streiten sich die Brüder darüber, ob der Orden sich auf einen eigenen Staat oder Palästina konzentrieren soll. Gerhard trägt hier über dem Kettenhemd noch einen Plattenrock aus Metallplatten, der ihm zusätzlichen Schutz verleiht. Die Pferdeschutzdecke aus Kettengeflecht stellt zur Mitte des 13. Jahrhunderts ebenfalls eine Neuheit dar.
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Ordenskrieger IM NAMEN DES KREUZES: Bekannt werden die „Brüder der Ritterschaft Christi von Livland“ unter dem Namen „Schwertbrüderorden“. Der Name bezieht sich auf ihren weißen Waffenrock mit dem roten Schwertkreuz.
UNTERBESETZT: Zum Schutz des Bistums von Oliva vor heidnischen Stämmen wird 1228 auf Initiative des polnischen Herzogs Konrad von Masowien der Orden der „Brüder des Ritter-Dienstes Christi in Preußen“, kurz auch als „Brüder von Dobrin“ bekannt, gegründet. Konrad hat den Orden vor allem deswegen ins Leben gerufen, weil ihm die Deutschritter keine Hilfe im Kampf gegen die Pruzzen leisten wollen. Doch nur eine Handvoll Ritter aus dem Reich zieht sich den weißen Mantel mit dem roten Schwert und Stern über. Nie können die Brüder mehr als 35 Ritter und etwa 165 Bewaffnete ins Feld führen. 1235 schließen sich die meisten Dobriner dem deutschen Orden an, die übrigen fallen wenig später im Kampf.
IMPROVISATIONSTALENT: Dieser Kreuzritter hat sich für den glatten Untergrund eine Steighilfe unter die Schuhe geschnallt.
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Uniformtafeln | Die Schlacht auf dem Peipussee
SKANDINAVISCHES VERMÄCHTNIS: Die schwere Druschina-Reiterei entwickelt sich aus den Nachkommen wikingischer Einwanderer, die sich im Nowgoroder Raum angesiedelt haben. Daher zeigt sich in ihrer Ausrüstung ein starker nordischer Einfluss.
KOSTENGÜNSTIG: Da Schwerter auch im Mittelalter noch teure Waffen darstellen, ist das Fußvolk beider Seiten mehrheitlich mit Lanzen und Äxten bewaffnet, wie dieser gut ausgerüstete Krieger der Nowgoroder Milizen. Statt eines teuren Kettenhemds trägt er einen sogenannten Gambeson, eine textile Rüstung aus mehreren Lagen Stoff (oder teilweise auch Leder).
AUSRÜSTUNGS-MIX: Wenige Soldaten der Nowgoroder Miliz werden so schwer bewaffnet gewesen sein wie dieser Krieger, dessen Rüstung asiatische, westliche und nordische Einflüsse zeigt. 62
Newskis Kämpfer
EXOTISCHE OPTIK: Auch in Alexanders Armee macht die Reiterei nur einen kleinen Teil der Gesamtstreitkräfte aus. Die Bewaffnung seiner Druschina-Leibgarde lässt deutliche orientalische Einflüsse erkennen, angefangen von der Gestaltung der Rüstungen bis hin zur Nutzung von Reflexbögen. Die Hufeisen der Pferde besitzen eine Art „Spikes“, die im Winter einen besseren Halt auf dem glatten Boden geben.
NICHT FÜR DEN KAMPF: Alexander Newski trägt auf dieser Abbildung eine prachtvolle Zeremonienrüstung. Maskenhelme sind während des Mittelalters in Russland nicht unbekannt. Sie gehen sowohl auf nordische als auch, wie in diesem Fall, auf asiatische Einflüsse zurück. Auch der Schuppenpanzer ist unter den reichen Bevölkerungsschichten noch stärker verbreitet als in Westeuropa.
TÖDLICHE DISTANZWAFFEN: Über die Ausstattung der Nowgoroder Milizen ist wenig bekannt. Da Quellen jedoch immer davon berichten, dass der Ansturm der Kreuzritter durch einen Pfeilhagel aufgehalten wird, ist davon auszugehen, dass sich auch Bogen- und Armbrustschützen im russischen Zentrum befinden.
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Spurensuche
Heeresversuchsanstalt Peenemünde
Zentrum der Raketenforschung AUF DEM FREIGELÄNDE: Modell einer V1 des Historisch-Technischen Museums Peenemünde, im Hintergrund das Kraftwerk der ehemaligen Versuchs- und Erprobungsanstalten. Foto: picture-alliance/Eventpress Hoensch
M
it der später als „Vergeltungswaffe 2“ (V2) bezeichneten Fernrakete steht dem „Dritten Reich“ ab der Serienfertigung im Sommer 1944 eine Waffe zur Verfügung, für die es zu dieser Zeit keine wirksame Abwehrmöglichkeit gibt. Insgesamt mehr als 3.000 V2-Raketen werden bis Ende März 1945 auf Ziele in England, Belgien, Holland und Frankreich abgefeuert. Ihre tödliche Wirkung fordert Tausende von Opfern unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder.
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Zehn Jahre zuvor: Mitte der 1930er-Jahre ist das Fischerdorf Peenemünde im Nordwesten der Ostsee-Insel Usedom eine 450Seelen-Gemeinde und besteht aus weniger als 100 Häusern und einer Dorfschule. Mit der Idylle der weitgehend unberührten Naturlandschaft ist es seit 1936 vorbei. Die Umgestaltung der moor- und grundwasserreichen Gegend in ein militärisches Sperrgebiet beginnt. Am Anfang steht die Erschließung des unwegsamen Terrains durch den Bau von Straßen und Gleisen sowie der
Errichtung von Unterkünften für die Bauarbeiter der Forschungsstelle von Heer und Luftwaffe. Der erste Spatenstich für die künftige Heeresversuchsanstalt und die Erprobungsstelle der Luftwaffe Peenemünde wird im August 1936 gesetzt. Dem Baubeginn ging eine mehrmonatige Suche nach einem passenden Areal für die geplante Anlage voraus. Nach einem Hinweis von Raketeningenieur Wernher von Braun, dessen Vater passionierter Jäger war und der
3. Oktober 1942: Die Flüssigkeitsgroßrakete mit der Bezeichnung „Aggregat 4“ verlässt den Prüfstand VII der Heeresversuchsanstalt und stößt in den Weltraum vor. Mit dem Beginn des Raketenzeitalters erreicht der Krieg eine neue Dimension. Von Tammo Luther
seinem Sohn einst von der Abgeschiedenheit des Peenemünder Hakens erzählt hatte, entschieden sich die zuständigen Militärs schließlich für den Standort auf Usedom. Die Heeresversuchanstalt im brandenburgischen Kummersdorf hatte sich für die intensive Fernraketenforschung und -erprobung als ungeeignet erwiesen. Seit Sommer 1936 bis zum Ausbruch des Krieges im September 1939 arbeiten etwa 10.000 Arbeiter, darunter ein Großteil Angehörige der Organisation Todt (OT) und des
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Reichsarbeitsdienstes (RAD), an der Errichtung der Versuchsanstalt in Peenemünde. Nach 1939 kommt eine wachsende Zahl ausländischer Zwangsarbeiter und Häftlinge aus den Konzentrationslagern hinzu. Die Bewohner Peenemündes mussten unterdessen ihr Dorf verlassen. Zwar wird ihnen eine Entschädigung zuteil, doch der Abschied fällt gerade den Alteingesessenen schwer.
ABGEHOBEN: Start einer A4-Rakete (V2) auf dem Versuchsgelände Peenemünde, vermutlich 1943. Foto: picture-alliance/akg-images
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Spurensuche
STEINERNER ZEUGE: Ruine des Wachbunkers des KZ Karlshagen, in dem Häftlinge untergebracht waren, die Bau- und Montagearbeiten verrichten mussten. Foto: picture-alliance/dpa©dpa
IN TRÜMMERN: Ruine des Peenebunkers, vermutlich vorgesehen für auf Eisenbahnwaggons gelagerte Raketen oder zur Lagerung chemischer Stoffe. Für diese und andere Lagerzwecke wurden mehrere BunFoto: picture-alliance/ZB©dpa ker auf den Peenewiesen errichtet.
OPFERGEDENKEN: Erinnerungstafel des HTM Peenemünde. Foto: picturealliance/ZB©dpa
SPUREN DER VERWÜSTUNG: Der durch gegnerische Luftangriffe zerstörte Prüfstand VII der Heeresversuchsanstalt Peenemünde weist schwerste Schäden auf. Aufnahme aus dem September 1944.
tenfrage die Arbeiten an dem geplanten Hochtechnologiezentrum vorantreiben. Als das Reichsluftfahrtministerium infolge der verlustreichen „Luftschlacht um England“ im Herbst 1940 die der Heeresversuchanstalt zugesagten Finanzmittel zurückzieht, um das Geld für eigene Vorhaben einzusetzen, sinkt der Etat der Heeresversuchsanstalt jedoch deutlich. In dieser schwierigen Situation erhalten der militärische und organisatorische Leiter der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, Oberst Walter Dornberger (1895–1980), und ihr technischer Direktor Wernher von Braun (1912–1977), auf Albert Speers Vermittlung hin eine Möglichkeit zum Vortrag beim „Führer“.
Foto: ullstein bild – TopFoto
DETAILREICH: Luftbild eines britischen Aufklärungsflugzeugs vom Prüfstand VII. Luftbildauswerterin Constance Babington-Smith „entdeckt“ Mitte 1943 einen Raketenprüfstand. Foto: ullstein bild – TopFoto
Hochtechnologiezentrum
Als frühzeitig absehbar wird, dass der ursprünglich für März 1941 festgelegte Termin zum Abschluss der Bauarbeiten nicht eingehalten werden kann, übernimmt am 15. August 1940 der Generalbauinspektor für die Reichhauptstadt, Albert Speer (1905–1981), die Oberbauleitung in Peenemünde. Der spätere Rüstungsminister und Verfechter des A4-Raketenprojekts soll trotz einer noch schwankenden Haltung Hitlers in der Rake-
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Zwar ist Hitler auch nach dem Gespräch mit Dornberger und von Braun nicht vollends überzeugt, doch genehmigt der Diktator die Fortsetzung der Erprobung bis zur Einsatzfähigkeit der Rakete. Ein tragischer Unfall erweist sich als „Glücksfall“ für die Protagonisten der Raketenforschung. Nach dem Tod des Reichsministers für Bewaffnung und Munition, Fritz Todt, infolge eines mysteriösen Flugzeugabsturzes am 8. Februar 1942 tritt Albert Speer dessen Nachfolge an und lässt die Raketenforschung und den Ausbau der Versuchsstelle intensivieren. Bis 1942/43 entstehen in Peenemünde und Umgebung zahlreiche Gebäudekomplexe von unterschiedlicher Größe – ein zu dieser Zeit weltweit einzigartiges Hochtechnologiezentrum mit Forschungs-, Erprobungsund Produktionsstätten sowie Wohnsiedlungen. Während die Luftwaffenerprobungs-
Gezielte Luftangriffe
ÜBERBLICK: Luftaufnahme des Hafens von Peenemünde, links im Bild das gut erhaltene ehemalige Kraftwerk der Peenemünder Versuchsanstalten, davor im Hafenbecken das Kleine Raketenschiff HANS BEIMLER der Volksmarine der DDR. Aufnahme aus dem Jahr 2013. Foto: picture-alliance/ZB©dpa
stelle die Bezeichnung „Peenemünde-West“ erhält, wird die Heeresversuchanstalt intern unter „Peenemünde-Ost“ geführt. Als schließlich an jenem 3. Oktober 1942 die „A4-Rakete“ vom Prüfstand VII der Heeresversuchsanstalt aus in die Höhe schießt, liegt eine mehrjährige Forschungszeit mit zahlreichen Rückschlägen hinter dem vielköpfigen Forschungsstab. Sie alle haben auf diesen Tag gewartet. Nach dem erfolgreichen Start kennt der Jubel der Raketenforscher und der beteiligten Militärs keine Grenzen. Die A4 hat bei diesem Flug eine Gipfelhöhe von fast 85 Kilometern erreicht – und damit die Tür zum Weltraum aufgestoßen. Bis zur Serienfertigung wird jedoch noch viel Zeit vergehen. Auch die Tests der Flugbombe Fi 103 (V1) verlaufen Ende 1942 aus Sicht der Forscher und Militärs vielversprechend. Die Alliierten verfolgen die Aktivitäten auf der Insel Usedom mit Sorge. Ihnen bleibt trotz strengster Geheimhaltung vonseiten der Deutschen nicht verborgen, dass die Wehrmacht im Zuge der Raketenforschung wichtige militärische Großprojekte vorantreibt. Britische Aufklärungsflugzeuge ferti-
KONTAKT Historisch-Technisches Museum Peenemünde Im Kraftwerk 17449 Peenemünde Tel.: +49(0)38371/505-0 www.peenemuende.de Öffnungszeiten: April–September: 10.00–18.00 Uhr Oktober–März: 10.00–16.00 Uhr November–März: Montags geschlossen
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gen seit Frühjahr 1943 systematisch Luftaufnahmen der Versuchanlagen bei Peenemünde an, die unter anderem einen Raketenprüfstand erkennen lassen. Drei Monate später, Anfang Juli 1943, verleiht Hitler nach einem erneuten Vortrag von Dornberger und von Braun der neuen Waffe eine besondere Dringlichkeitsstufe. Ihr Rüstungsprogramm besitzt fortan oberste Priorität.
Im Visier der Alliierten Als Produktionsstätten der A4-Rakete sind unter anderem Werke in Friedrichshafen, Wiener Neustadt und als Versuchsserienwerk auch Peenemünde vorgesehen. Etwa zur gleichen Zeit ergeht in Großbritannien der Befehl zum Luftangriff auf die Anlagen auf der Insel Usedom. Doch bis zum Einsatz werden noch einige Wochen vergehen. Noch wartet man in London die weitere Entwicklung ab. Vielleicht liefern Angehörige der Polnischen Heimatarmee in der Zwischenzeit neue wichtige Informationen an den britischen Geheimdienst. In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 ist es schließlich so weit: Fast 600 Bomber der Royal Air Force (RAF) bewegen sich auf die pommersche Ostseeküste zu. Das Ziel der Operation „Hydra“ heißt: Peenemünde. Am nächsten Morgen wird das ganze Ausmaß des verheerenden Bombenangriffs sichtbar: Überall auf dem weitläufigen Gelände sind tiefe Krater zu sehen, zahlreiche Häuser sind bis auf die Grundmauern ausgebrannt, die Fertigungshalle F1 ist ebenfalls schwer getroffen. Mehr als 700 Menschen, darunter eine Vielzahl von Zwangsarbeitern, haben in dieser Nacht den Tod gefunden. Nur wenige Tage nach diesem ersten Luft-
DAUERAUSSTELLUNG: Blick ins Museumsinnere auf den im Jahr 2000 eingeweihten Abschnitt „Peenemünde – Himmel und Hölle“, im Vordergrund ein beschädigtes Oberteil der Brennkammer Baureihe A des „AgFoto: picture-alliance/dpa©dpa gregats 4“ (V2).
angriff entscheiden sich Hitler und Speer für eine Verlagerung der A4-Erprobung nach Osten. Ein Großteil der Versuche findet fortan auf dem SS-Truppenübungsplatz „Heidelager“ rund 100 Kilometer östlich von Krakau statt. Die A4-Produktion wird unterdessen in den Höhenzug Kohnstein im Harz verlagert. In einem seit 1917 im Zuge des Bergbaus erschlossenen und erweiterten Stollensystem („Mittelwerk“) wird die Fertigung der V2 und später auch der V1 von KZ-Häftlingen bis kurz vor Kriegsende unter extrem unmenschlichen Bedingungen vorgenommen. Von den Großbauten haben einzig das
AUFGERICHTET: Eine V2 auf einem der Prüfstände auf dem Versuchsgelände der Heeresversuchsanstalt. Heute sind neben den Umwallungen der Prüfstände vor allem Trümmerreste der Anlagen erhalten geblieben, die von der Natur „zurückerobert“ werden. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Ein kriegerisches k kriegerisches …
Spurensuche
NEU! U!
ZUR MAHNUNG: Das von dem Künstler Klaus Rößler entworfene und 1970 eingeweihte Denkmal für die Zwangsarbeiter und Opfer des Nationalsozialismus in der Gedenkstätte Karlshagen auf Usedom. Bucher B ucher im GeraMond Verlag Gm GmbH, bH Infanteriestraße 11a 11a, 80797 München
Foto: picture-alliance/dpa©dpa
Kraftwerk und das Sauerstoffwerk die Zeit überdauert. Das Kraftwerk wird nach dem Krieg weiterbetrieben, während andere Bereiche der Anlage demontiert und über den Hafen Swinemünde oder per Bahn in die Sowjetunion transportiert werden.
Nutzung durch die NVA
Über 1.000 Tagebücher und Briefsammlungen stan nden für dieses ehrgeizige Projek kt araus wählten die Autoren die bew n zur Verfügung. Da wegendsten aus: Aufzeichnungen von Krankenschwestern, Offizieren und Frontsolda aten, aber auch von bekannten Persönlichkeiten w wie Stefan Zweig, Manfred von Richthofen und Kurt Tucholsky. Ru und 300 verschollen geglaubte g Farbfotografien aus dem m Archiv von August Fuhrmann zeigen den Ersten n Weltkrieg, wie ihn bisher noch k keiner gesehen hat. 320 Seiten · ca. 300 Abb. A · 24,1 x 24,1 cm A] 38,10 · sFr. 49,9 € [A] 90 ISBN 978-3-7658-204 41-0
€ 36,99
In den 1950er-Jahren entsteht nach dem Abzug des sowjetischen Militärs in Peenemünde-Karlshagen der Stützpunkt der 1. Flottille der Volksmarine. Das im Vergleich mit der ehemaligen Heeresversuchsanstalt weitaus weniger von der Demontage betroffene Terrain der ehemaligen Luftwaffenerprobungsstelle („Peenemünde-West“) wird zu Beginn der 1960er-Jahre Standort des Jagdfliegergeschwaders 9 der Luftstreitkräfte der NVA. Er wird ebenso wie der Flottenstützpunkt nach der Wiedervereinigung zunächst von der Bundeswehr weiterbetrieben. Im Jahr 2014 ist ein Teil des weitläufigen Geländes als Außenanlage des HistorischTechnischen Museums Peenemünde begehbar. Ausgehend vom Museum ermöglicht ein im Laufe mehrere Jahre erweiterter Rundweg („Denkmal-Landschaft“) mit einer Länge von inzwischen 25 Kilometern und circa 20 Stationen die Besichtigung historisch bedeutsamer Relikte. Zu den „steinernen Zeugen“ zählen unter anderem das ehemalige Sauerstoffwerk und die sichtbaren Reste des KZ-Arbeitslagers Karlshagen I. „Station 4“ bildet der Flugplatz
Literaturtipps Volker Bode und Gerhard Kaiser: Raketenspuren. Peenemünde 1936–2004, Berlin 2004. Dietrich Gildenhaar und Sven Gildenhaar: Geheime Kommandosache „Peenemünde-Ost“. Eine dokumentierte Führung über das Gelände der ehemaligen Heeresversuchsanstalt und der Volksmarine-Flottenbasis, Ilmenau 2013.
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… Jahrhundert.
Peenemünde der LuftwafWenig später folgte die fenerprobungsstelle, auf V2-Rakete. Auch der Teil dem in den Jahren von eines Werkbahnzuges ist 1938 bis 1945 verschiedeim Außenbereich ausne Fernlenkwaffen sowie gestellt. Der Triebwagen Flugzeuge mit Raketenankann nach dem Abtrieb (darunter „Me 163“) schluss der aufwendigen getestet wurden. Restaurierungsarbeiten Ein großer Teil der „mimittlerweile wieder von litärischen Überreste“ in innen gut in Augenschein der Gemarkung Peenegenommen werden. münde wird dagegen seit Darüber hinaus kann Jahrzehnten von der Naman zum Beispiel die tur zurückerobert. Von Raketenkorvette HANS den während der BomBEIMLER – künftig in eibenangriffe der Jahre nem eigenen Ausstel1943/44 schwer in Mitleilungsbereich auf der gedenschaft gezogenen genüberliegenden Seite Prüfständen sind nach zu- FÜHRENDER WISSENSCHAFTLER: des Peenemünder Hasätzlich vorgenommenen Wernher von Braun im Kreise von fens – besichtigen. DieSprengungen der Nach- Offizieren der Wehrmacht in Peene- HANS BEIMLER zählte kriegszeit nur noch Trüm- münde. Von Braun wurde 1955 zu den Kleinen Raketenmerreste erhalten. schiffen der NVA (ProStaatsbürger der USA und überGroße Teile des Areals nahm später einen hohen Posten in jekt „1241 RÄ”). gelten noch immer als mu- der US-Raumfahrtbehörde NASA. Im Innern des Musenitionsbelastet und sind Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv ums befindet sich eine der Öffentlichkeit weiterumfangreiche Daueraushin nicht zugänglich. Außerdem befindet stellung. Sie informiert ausführlich über die sich hier heute ein ausgedehntes Natur- Geschichte von Peenemünde und seiner schutzgebiet mit vielen geschützten Tierar- Umgebung – vor allem während des „Dritten und Pflanzen. ten Reiches“ – und verfügt ebenfalls über eine Vielzahl besonderer Exponate. Sehenswertes Museum Mitte April 2014 wurde im HistorischHingegen bietet das Freigelände des Histo- Technischen Museum Peenemünde der neue risch-Technischen Museums seinen Besu- Abschnitt „Das Kraftwerk – Gebaut für die chern eine Vielzahl an technischen Großexpo- Ewigkeit...?“ eröffnet. Der Rundgang führt naten. Besonders sehenswert sind die Model- nun auch durch die Turbinenhalle und weile einer „A4“ sowie einer Flugbombe Fieseler tere Ebenen des Kesselhauses, die bisher für 103 („V1“) und der „Walther-Schleuder" (Ab- Museumsbesucher nicht zugänglich waren. schussrampe der Fi 103/V1). Die Erprobung der Fieseler 103 fand ab Dr. Tammo Luther, Jg. 1972, Verantwortlicher Redak1942 in der Erprobungsstelle der Luftwaffe teur von CLAUSEWITZ und freier Autor und Lektor in „Peenemünde-West“ statt. Ab Juni 1944 Schwerin mit Schwerpunkt „Deutsche Militärgeschichte kam sie als „Vergeltungswaffe 1“ gegen des 19. und 20. Jahrhunderts“. westeuropäische Großstädte zum Einsatz.
Clausewitz 5/2014
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Militär und Technik | Legionslager
Meisterwerk der Technik und Logistik
Das romische Militarlager
D
ie Armee besitzt eine herausragende Bedeutung für die immense politisch-militärische Macht und die gewaltige flächenmäßige Ausdehnung des Römischen Reiches. Neben einer ausgeklügelten Bündnispolitik ist es insbesondere der militärischen Stärke zu verdanken, dass sich der einstige Stadtstaat Rom ab etwa dem 1. Jahrhundert v. Chr. zu einem Weltreich entwickeln kann. Das alte römische Militärwe-
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sen besteht weitgehend aus einer Bürgermiliz, die sich selbst ausrüstet, für einen Feldzug zusammengerufen wird und nach dessen Ende wieder aus dem Dienst ausscheidet. Dieses Wehrkonzept reicht aber schon bald nicht mehr aus, um Aufstände im Reichsinneren niederzuschlagen und die Grenzen gegen äußere Feinde zu verteidigen. Hinzu kommt, dass die Feldzüge immer länger dauern, so dass man die Truppen für einen umfangrei-
cheren Zeitraum als lediglich für einen Sommer benötigt. Überdies wächst der Anteil der armen Bevölkerungsschicht: Diese kann eine eigene Ausrüstung für den Wehrdienst nicht finanzieren. An der Wende vom 2. zum 1. Jahrhundert v. Chr. werden diese Probleme beseitigt, denn es kommt zur Einführung einer dauerhaft verfügbaren, auch in Friedenszeiten einsetzbaren römischen Berufsarmee. Die Soldaten durchlaufen nun eine professionel-
Alle Abb.: akg-images / Peter Connolly
Antike: Das Römische Reich zeichnet sich nicht nur durch hervorragende Truppen und brillante Schlachtentaktiken aus. Auch im Bereich der militärischen Technik und Logistik ist es seinen Gegnern weit voraus. Von Daniel Carlo Pangerl
le und systematische Ausbildung und sind täglichem Drill ausgesetzt. Obgleich ihre Hauptaufgabe das Kämpfen ist, betätigen sie sich auch noch in anderen Bereichen: Beispielsweise übernehmen sie Polizeidienste sowie Bauarbeiten zur Errichtung von militärischer und ziviler Infrastruktur. Die Politik des Römischen Reiches ist auf ständige Expansion ausgerichtet. Die Truppen befinden sich meist in Bewegung, dringen in fremde Territorien ein und erobern diese. Zur Sicherung der militärischen Präsenz in den zu unterwerfenden oder bereits unterworfenen Gebieten entwickelt das Imperium ein ausgefeiltes Konzept: die Errichtung befestigter Militärlager (lateinisch: „castrum“). Hierbei kann man grundsätzlich zwei Typen unterscheiden: das Marschlager und das Standlager (Kastell).
GIGANTISCH: Diese Rekonstruktionszeichnung des Kastells der VII. Legion („Legio VII Claudia“) veranschaulicht die technischen und logistischen Leistungen des römischen Militärs besonders gut. Außerhalb der Mauern ist die Stadt Viminacium (heute Kostolac/Serbien) zu erkennen.
AUFBRUCH: Legionäre beim Abbau des Marschlagers. Die Marschlager werden jeden Tag abgebaut und bei Erreichen des Etappenzieles erneut errichtet. Die Soldaten tragen ihre Ausrüstung am Körper sowie an einer Stange über der Schulter. Normalerweise schlafen acht Legionäre in einem Zelt – für dessen Transport steht ihnen ein Maultier zur Verfügung.
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Militär und Technik | Legionslager
AUSGEKLÜGELT: Blick auf die rückwärtige Palisade des nordöstlichen Tores von Lager C des römischen Belagerungsringes bei „Alesia“ (heute Alise/Frankreich). Die schnell errichteten Lager der Römer können somit auch eine aktive Rolle in der Kriegführung der antiken Militärmacht spielen. Der Lagerbau gehört zur Grundausbildung eines römischen Soldaten, die Legionäre bauen aber auch die berühmten Heerstraßen sowie Brücken.
Das Marschlager In Zeiten von Feldzügen und Kriegen macht die römische Armee mobil. Nachdem die Truppen ihr tägliches Marschziel erreicht haben, errichten sie jeden Abend ein befestigtes Marschlager. Es gewährt ihnen Unterkunft sowie Schutz vor Diebstahl, feindlichen Kriegern und Wildtieren. Hinzu kommt der Effekt der psychologischen Kriegführung: Dem Gegner wird signalisiert, dass man über eine herausragende militärische Logistik verfügt und ständig sowohl kampf- als auch verteidigungsbereit ist. In der Regel existiert ein Marschlager nur einen einzigen Tag und wird am nächsten Morgen wieder abgebaut. Jedoch kommt es vor, dass ein solches Lager auch länger fortbesteht. Zum Beispiel kann es bei größeren militärischen Unternehmungen als Sammelpunkt für verschiedene Truppenteile fungieren, ehe diese gemeinsam weiterziehen.
Grundriss und Ausstattung Die römische Armee konstruiert ein Marschlager stets nach demselben Bauprinzip, insofern es die Geländeverhältnisse zulassen. Die Lagerkoordinaten werden kreuzförmig festgelegt, so dass sich als Grundriss ein Rechteck mit zwei sich kreuzenden Geraden ergibt. Als Geraden dienen die beiden Hauptstraßen, die von vorne nach hinten und von links nach rechts verlaufen und schließlich in die vier Lagertore einmünden. Die Straßen tragen die Namen „via praetoria“ (längs) und „via principalis“ (quer). Die Tore heißen „porta praetoria“ (vorne), „por-
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ta decumana“ (hinten), „porta principalis sinistra“ (links) und „porta principalis dextra“ (rechts). Der hintere Teil des Lagers wird durch eine zweite schmalere Querstraße („via quintana“) nochmals unterteilt. Die „via praetoria“ verbreitert sich vom Kreuz der Hauptstraße ab nach rückwärts zum „forum“. Dort sind das Zelt des Feldherren („praetorium“) sowie das Feldzeichen und
HINTERGRUND
ein Altar zu finden. Auf der Rückseite des „praetorium“ befindet sich ein freier Platz, wo die Soldaten zu Ansprachen versammelt werden können. Nahe der „porta decumana“ liegt das „quaestorium“, ein Zelt mit integrierter Schreibstube. Es beherbergt den Quästor, einen hochrangigen römischen Verwaltungsbeamten. Die Soldaten sind in den verbleibenden Bereichen des Lagers untergebracht. Ihre Einquartierung findet nach einem genau festgelegten Verteilungsplan statt. Aus Sicherheitsgründen lässt man
Ein Kastell im Detail – Abusina-Eining
Abusina ist eines der wichtigsten Römerkastelle entlang der Donau. Seine archäologischen Relikte befinden sich auf der Fläche des heutigen Dorfes Eining, eines Ortsteils von Neustadt an der Donau (Landkreis Kelheim, Niederbayern), etwa 45 km südwestlich von Regensburg. Das Kastell wird um 80 n. Chr. auf einer strategisch günstigen Anhöhe errichtet, wo die Flüsse Donau und Abens zusammenfließen. Es handelt sich um eine Holz-Erde-Konstruktion (Abmessung: 125 x 147 Meter) mit vier Toren sowie Eck- und Zwischentürmen. Kernstück des Kastells ist das teilweise beheizbare Verwaltungs- und Stabsgebäude („principia“). Es beherbergt u. a. Versammlungsräume für Offiziere und das Kriegsgericht, eine Waffenkammer, eine Soldkasse sowie ein Fahnenheiligtum mit einer Statue des amtierenden Kaisers und den Standarten der Einheit. Ergänzt wird dieser Gebäudekomplex durch eine Raststation und eine Thermenanlage. Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. gehört das Kastell zu den Grenzanlagen des Römischen Reiches zwischen Rhein und Donau: Es markiert den östlichen Endpunkt des
Obergermanisch-Raetischen Limes. Nachdem in Abusina zunächst wechselnde Truppen untergebracht sind, wird dort Mitte des 2. Jahrhunderts die 500 Mann starke Cohors III Britannorum equitata (3. berittene Britannierkohorte) dauerhaft stationiert. Zwischen 233 und 260 n. Chr. fällt der germanische Stamm der Alamannen in Abusina ein, vertreibt die römische Besatzung und zerstört das Kastell. Erst Anfang des 4. Jahrhunderts kehrt die Cohors III Britannorum equitata zurück: Sie errichtet an der Südwestflanke der Ruine ein neues spätantikes Kastell aus Stein (Abmessungen: 37 x 45 Meter). Dieses ist im Vergleich zum Vorgängerbau zwar deutlich kleiner, jedoch auch wesentlich stärker befestigt. Hinter den Grundmauern des alten Kastells bildet sich ein sogenannter „vicus“, eine Siedlung von römischen Zivilisten. Um 430 geht das Kastell infolge einer Brandkatastrophe endgültig unter. Zu gleichen Zeit endet auch der Grenzschutz der Donau durch die römischen Truppen. Heute dienen die Überreste des Kastells Abusina als Grundlage für ein Freilichtmuseum.
Meisterleistung römischer Militärtechnik einen breiten Streifen („intervallum“) zwischen den Gebäuden und dem Wall frei. Dieser Zwischenraum ermöglicht es den Soldaten, sehr rasch den Wall zu Verteidigungszwecken zu besetzen. Die römischen Verteidiger stehen dabei etwa zwei Meter höher als die Angreifer. Marschlager besitzen normalerweise weder Türme noch Geschützplattformen. Deren Errichtung wäre innerhalb der kurzen Zeit, die für den Lagerbau zur Verfügung steht, nur schwer möglich.
Die Bauweise Der Bau des Lagers ist eine Meisterleistung der römischen Militärtechnik, sowohl hinsichtlich der architektonischen Kunstfertigkeit als auch der zeitlichen Ökonomie. Er läuft im Regelfall wie folgt ab: Zunächst sendet man eine Vorhut aus, die einen adäquaten Übernachtungsplatz ausfindig machen soll. Diese Örtlichkeit wird dann vermessen und mit eindeutigen Markierungen versehen, so dass jede der ankommenden Marschabteilungen sogleich weiß, an welcher Stelle sie sich niederzulassen hat. Ein Teil der Truppen
GESCHÜTZT: Das Bild zeigt eines der Infanterielager (für zwei Legionen) während der Belagerung von Alesia durch Caesar 52 v. Chr. Gut zu erkennen sind die Zelte und die hölzerne Umwallung. Da dieses Marschlager Teil einer ausgeklügelten Blockadeanlage ist, verfügt es über zusätzliche – und normalerweise nicht übliche – „Features“, wie z. B. Türme.
metern Tiefe ausgehoben: Die Erde wird mit Hacke und Spaten aufgelockert, in Körben aus dem Graben herausgehoben und direkt dahinter zu einem etwa 60 Zentimeter hohen Wall aufgeschichtet. In die Oberkante dieses
„Wenn du Frieden willst, musst du zum Kriege rüsten.“ („Si vis pacem, para bellum.“) Zitat des römischen Kriegstheoretikers Flavius Vegetius Renatus, spätes 4. Jh. n. Chr.
übernimmt jetzt die Aufgabe, die Baustelle zu sichern. Zur selben Zeit errichtet der andere Teil eine Befestigung, die das gesamte Areal umschließt. Entlang der Befestigungslinien wird ein Graben von etwa 100 Zenti-
Walls rammt man hölzerne Palisadenpflöcke von etwa 100 bis 120 Zentimetern Höhe und verbindet sie mit Hilfe von Seilen. Die bei diesen Erdarbeiten entstandenen Grassoden (viereckige Stücke der ausgestochenen Gras-
narbe) werden zu Verteidigungszwecken verwendet: Man legt sie auf die Außenseite des Walls, damit Angreifer dort keinen Halt finden, sondern ausgleiten und hinunterstürzen. Nach Abschluss der Befestigungsarbeiten können die Zelte aufgestellt werden, die jeweils für bis zu sechs Mann Platz zum Schlafen bieten. Die Zelte bestehen aus Leder und sind dank einer raffinierten Nähtechnik, bei der die Lederhaut nach außen intakt bleibt, und einer regelmäßigen Imprägnierung mit Fett und Wachs wasserabweisend. Sobald der Morgen des nächsten Marschtages hereinbricht, baut man das Lager komplett ab und schüttet die Gräben zu. Die Palisadenpflöcke und die übrige zum Bau benötigte Ausrüstung werden auf Maultiere geladen. Nun setzt sich die Armee wieder in Bewegung und rückt weiter in Richtung des nächsten Etappenziels vor. Ehe das Tageslicht erlischt, machen die Truppen Halt, und es wiederholt sich derselbe Vorgang: Die Errichtung eines neuen Marschlagers, welches eine sichere Herberge für die Nacht bietet.
Das Standlager (Kastell)
GESCHÄFTIG: Blick in ein römisches Marschlager – das große Zelt im Hintergrund gehört dem Zenturio, das kleinere im Vordergrund beherbergt Legionäre. Römische Soldaten erhalten zudem eine recht abwechslungsreiche Nahrung (eine Kochstelle ist im Vordergrund zu sehen). Die beiden Soldaten am rechten Bildrand bereiten sich auf den Wachdienst vor.
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In der Frühzeit der Römischen Republik sind die Militärlager ausschließlich Marschlager, weil es noch kein stehendes Heer gibt. Deshalb besteht die Funktion des Militärlagers primär darin, eine geschützte nächtliche Unterkunft zu gewährleisten. Seit der Einführung der Berufsarmee in der Spätzeit der Republik (ab etwa 100 v. Chr.) werden auch Lager errichtet, welche den Soldaten als ständige Wohnorte dienen. Es handelt sich hierbei um Standlager, die man auch als „Kastelle“ bezeichnet. Während Marschlager in den noch nicht befriedeten Gebieten installiert werden, baut man Kastelle üblicherweise in Gebieten, die bereits von den Rö-
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Militär und Technik | Legionslager
mern erobert worden sind. Kastelle besitzen vor allem eine strategische Funktion als ständige Sicherung gefährdeter Positionen. Daher befinden sie sich oftmals unmittelbar hinter den Grenzen des Imperiums. Bekannte Beispiele hierfür sind die Kastelle, die am obergermanisch-raetischen Limes liegen: einem etwa 550 Kilometer langen Abschnitt der Außengrenze des Römischen Reiches zwischen Rhein und Donau, der sich von Rheinbrohl (Rheinland-Pfalz) im Westen bis Eining (Niederbayern) im Osten erstreckt. Zugleich fungieren Kastelle auch als logistische Knotenpunkte im Versorgungsnetz der Armee: Sie können zur Sammlung und Ausgabe von Waffen, Baumaterial und Vorräten genutzt werden, des Weiteren zur medizini-
HINTERGRUND
Grundriss und Ausstattung Das Kastell verfügt im Wesentlichen über denselben Bauplan wie das Marschlager: einen Grundriss in Form eines Rechtecks mit zwei Hauptstraßen und vier Lagertoren. Deutliche Unterschiede gibt es jedoch bei den Bauten, die sich innerhalb der Befestigungsanlage befinden. Ein Marschlager beinhaltet nur Gebäude, die von unmittelbarem Nutzen sind und rasch wieder abgebaut
werden können, also in erster Linie Zelte für den Feldherren und die Soldaten, Koppeln für Reit- und Lasttiere, Stellplätze für mitgeführte Wagen sowie Lagerräume. Dagegen besitzen Kastelle eine deutlich umfangreichere und aufwendigere Innenausstattung, was dem Umstand geschuldet ist, dass die Truppen dort für längere Zeit stationiert sind und sich entsprechend häuslich einrichten. Die Soldaten werden in Kasernen untergebracht, Reit- und Lasttiere in Ställen, Gerät-
Kastelle als Grundlage für moderne Städte
Das Erbe der römischen Militärlager ist auch in der Gegenwart noch unmittelbar zu erkennen. Kastelle/Standlager stellen nämlich oftmals die Grundlage für die Entstehung von Städten dar, die teilweise noch heute existieren. Die Entwicklung läuft in der Regel folgendermaßen ab: Unmittelbar vor den Mauern eines Kastells siedelt sich die Zivilbevölkerung an. Neben den Frauen der innerhalb des Kastells stationierten Soldaten sind dies hauptsächlich Gastwirte, Handwerker und Händler sowie Veteranen (ausgediente Soldaten, die im militärischen Bedarfsfall eingesetzt werden können). Eine solche Siedlung bezeichnet man im Lateinischen als „vicus“ (Plural: „vici“). Das Schicksal dieser „vici“ ge-
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schen Versorgung der Soldaten und zur Reparatur von militärischer Ausrüstung. Je länger ein Lager existiert und je größer seine Ausdehnung und Truppenstärke sind, desto mehr gewinnen diese logistischen Funktionen an Bedeutung.
KOMPLEX: Die römischen Standlager gleichen kleinen Städten – diese Abbildung zeigt die Wohnblocks (hinten) und Pferdeställe (vorne) der Kavallerie. Diese Rekonstruktion stützt sich auf Erkenntnisse, die durch Ausgrabungen eines römischen Kastells in Oberstimm bei Ingolstadt gewonnen wurden.
staltet sich sehr unterschiedlich. Wenn es zur Auflösung eines Kastells kommt, etwa weil es durch einen übermächtigen Feind bedroht oder nach erfolgreicher militärischer Mission funktionslos wird, hat dies meist auch das Ende der Siedlung zur Folge. Bleibt ein Kastell hingegen über ein langen Zeitraum in Gebrauch, so kann die zugehörige Siedlung wirtschaftlich prosperieren, sich einwohner- und flächenmäßig ausdehnen und zu einer befestigten Stadt (lateinisch: „civitas“) entwickeln. Eine Reihe dieser Städte überdauert die Antike sowie das Mittelalter und besteht auch gegenwärtig noch fort. Betrachtet man die Gebiete des heutigen deutschsprachigen Raumes, so kann man
feststellen, dass sich ebensolche „vici“ während der Römerzeit insbesondere in den Provinzen Obergermanien (südwestliches Deutschland sowie Teile der Schweiz) und Rätien (nördliches Alpenvorland zwischen südöstlichem Schwarzwald, Donau und Inn) herausbilden. Beispiele für Kastellsiedlungen, aus denen später Städte entstehen, sind Bonn („Castra Bonnensia“), Mainz („Castra Moguntiacum“), Neuss („Castra Novaesium“), Passau („Castra Batava“), Regensburg („Castra Regina“) und Remagen („Castra Rigomagus“). Wie diese Aufzählung veranschaulicht, leiten sich einige der modernen deutschen Städtenamen von den lateinischen Namen einstiger Kastelle ab.
Das Kastell als Kleinstadt
ÜBUNG FÜR DEN ERNSTFALL: In den Militärlagern finden regelmäßig Waffenübungen statt, um die Legionäre fit und auf einem hohen Kampfniveau zu halten. Hier wird mit Holzschwert und geflochtenem Weidenschild unter Anweisung eines Ausbilders geübt. Im Hintergrund trainieren Legionäre mit hölzernen Pila (Wurfspießen).
schaften in Lagerschuppen. Der Feldherr wohnt in einem repräsentativen Haus im mediterranen Stil. Auch den Offizieren stehen jeweils eigene Häuser zu. Als administratives und religiöses Zentrum des Kastells dient das Verwaltungs- und Stabsgebäude („principia“). Darin befinden sich das Fahnenheiligtum, die Truppenkasse sowie Arbeitspulte für Schreiber. In der „principia“ werden Lagebesprechungen durchgeführt, Verwaltungsakte wie Rekrutierungen oder Soldauszahlungen vollzogen und religiöse Feiern abgehalten. Zur medizinischen Versorgung der Truppen gibt es ein Lazarett („valetudinarium“). Das Grundnahrungsmittel der Soldaten, Getreide, wird in großen
UNERMÜDLICH: Die römische Armee ist bekannt für ihre Organisation und den ausdauernden Einsatz der Legionäre – auch mit Schaufel und Spitzhacke! Auf diesem Bild sind Soldaten beim Bau eines befestigten Heerlagers zu sehen. Da der Feind in der Nähe ist, bleiben die Rüstungen angelegt sowie Helme und Waffen griffbereit.
Vorratsspeichern aufbewahrt. In vielen Lagern betreibt man auch Werkstätten, die militärische Ausrüstung anfertigen oder reparieren. In umfangreichen und lange Zeit genutzten Kastellen finden sich auch Gebäude, die den Truppen einen gewissen Luxus ermöglichen, beispielsweise Badeanlagen (Thermen) und Ladenlokale, in denen Zivilisten den Soldaten zu erschwinglichen Preisen Speis und Trank anbieten. Überdies verfügen manche Kastelle sogar über eine Kanalisation.
Die Bauweise Sowohl beim Marschlager als auch beim Kastell setzt sich die Verteidigungsanlage grundsätzlich aus drei Komponenten zu-
VIELSEITIGE SOLDATEN: Neben dem Kampfeinsatz sind die Legionäre vor allem als Bauarbeiter tätig – hier bei der Errichtung des Hauptquartiers bzw. Stabs- und Verwaltungsgebäudes („principia“) sowie der Mannschaftsunterkünfte eines Kastells. Die Standlager werden im Gegensatz zu den Marschlagern für eine langfristige Nutzung errichtet.
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sammen: Graben, Wall und Palisade/Mauer. Jedoch wird bei der Errichtung des Kastells deutlich mehr Stein verwendet als beim Marschlager. Auf Grund der besseren Befestigung und Stabilität können Angreifer so effektiver abgewehrt werden. Zudem ist Stein ungleich witterungsresistenter als Holz, ein wichtiger Faktor bei Kastellen, die über eine lange Zeitspanne hinweg Bestand haben und ihre militärisch-logistischen Funktionen erfüllen sollen. Die Gräben sind beim Kastell mit zwei bis drei Metern mindestens doppelt so tief wie beim Marschlager. Einige Kastelle besitzen besonders ausgefeilte Verteidigungsanlagen mit doppelten Gräben. Die Anlage weist in der Regel mehrere Türme und Verteidigungsplattformen auf. Hinzu kommen Torbauten mit mehreren Durchgängen, die man mit Torflügeln und Fallgittern verschließen kann. Der Gesamtumfang ist von Kastell zu Kastell verschieden. Er schwankt im Regelfall zwischen 18 und 25 Hektar, was Seitenlängen von 400 bis 600 Metern entspricht. Mit diesen Maßen kann ein Kastell eine ganze Legion von etwa 5.000 Soldaten beherbergen. Manche bieten sogar zwei Legionen Platz, etwa das 56 Hektar große Castra Vetera in der Nähe der heutigen Stadt Xanten. Ebenso gibt es Militärlager, die wesentlich kleiner als die Norm sind: sogenannte Auxiliarkastelle („Hilfskastelle“) in der Größenordnung von 1,5 bis 6 Hektar. In ihnen werden meist Hilfstruppen der römischen Legionen stationiert, die aus Einwohnern der Provinzen oder aus verbündeten Völkern stammen. Dr. Daniel Carlo Pangerl, Jg. 1983, ist Historiker und Kulturwissenschaftler. Er promovierte 2011 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Mittelalter und Antike.
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Feldherren
Winston Churchill
Mit eisernem Willen 8. Mai 1945: Winston Churchill ist am Ziel. Als erbitterter Widersacher Hitlers und des NSStaates trägt der für seinen starken Willen und besonderen Ehrgeiz bekannte britische Premierminister großen Anteil am alliierten Sieg über das „Dritte Reich“. Von Stefan Krüger
IN SOWJETISCHER BEGLEITUNG: Churchill nutzt eine Pause während der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 für einen Abstecher in die Ruine der zerstörten Neuen Reichskanzlei in der Berliner Voßstraße. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
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BIOGRAPHISCHE DATEN Winston Churchill (1874–1965) 1874: Churchill wird am 30. November in Woodstock (England) geboren 1881–1892: Besuch verschiedener Internate 1893–1895: Kadett in Sandhurst 1895–1899: Leutnant im 4. Husarenregiment, nimmt an Feldzügen in Kuba, Indien und im Sudan teil 1899–1900: Kriegsberichterstatter im Burenkrieg 1900: Wird als Konservativer Mitglied des Unterhauses 1904: Übertritt zur Liberalen Partei 1908–1910: Handelsminister 1910–1911: Innenminister 1911–1915: 1. Lord der Admiralität
1915: Frontoffizier 1916: Abgeordneter 1917–1918: Munitionsminister 1918–1921: Kriegs- und Luftfahrtminister 1924: Wechsel zu den Konservativen 1924–1929: Schatzkanzler 1929–1939: Kein politisches Amt 1939: 1. Lord der Admiralität 1940–1945: Parteiführer der Konservativen und Premier- und Verteidigungsminister 1945–1951: Oppositionsführer 1951–1955: Premierminister 1953: Nobelpreis für Literatur 1965: Churchill stirbt in London (24. Januar)
SYMBOLHAFT: Der britische Premierminister Churchill verbreitet im Kriegsjahr 1943 lächelnd Optimismus mit dem „Victory“-Zeichen. Foto: picture-alliance/dpa©dpa-Bildarchiv
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Feldherren nicht länger als Klientelpartei der Oberschicht, sondern als Volkspartei begreift. Diese Erkenntnis verhilft ihm politisch zum Durchbruch. Doch so schnell wie dieser Stern aufsteigt, verglüht er auch wieder. Denn Churchill sitzt dem verhängnisvollen Irrtum auf, unersetzlich zu sein. Gänzlich unbeeindruckt vom politischen Absturz bleibt indes Randolphs größter Bewunderer, nämlich sein ältester Sohn Winston. Dieser kommt am 30. November 1874 zur Welt. Nun fahren in England nicht nur die Autos auf der „falschen“ Seite, auch das Adelsrecht ist anders ausgeprägt. So ist ausschließlich der älteste Sohn berechtigt, den Erbtitel zu führen. Die jüngeren Brüder hingegen dürfen sich lediglich mit der Bezeichnung „Lord“ schmücken. Den Söhnen dieser Titularlords wiederum bleibt auch dies verwehrt. Winston Churchill wird daher mit seinem bürgerlichen Namen in die Geschichte eingehen und nicht als Marlborough. FEINER ZWIRN STATT UNIFORM: Premierminister Lloyd George (re.) holt Winston Churchill 1917 als Munitionsminister in die Regierung zurück.
Beginn der Militärlaufbahn
Er ist somit nicht mit dem sprichwörtlichen silbernen Löffel im Mund geboren worden, zumal der exzentrische Vater mit der Zeit einen beeindruckenden Schuldenberg anhäuft. Dennoch soll Winston die InternatsAusbildung durchlaufen, wie es sich für eiFoto: picture-alliance/Farabola/Leemage nen Angehörigen des Hochadels gehört. Im spätviktorianischen England bedeutet das in Blick in die Ahnengalerie der Chur- des 19. Jahrhunderts macht wieder ein Marl- vor allem eines: Prügel. Das Bildungssystem chills zeigt, dass die Familie einige po- borough von sich reden: Lord Randolph offenbart hier keinen Fehler, sondern ein perlitisch und militärisch bedeutsame Per- Churchill ist einer jener Exzentriker, bei de- fides Kalkül. Die Erzieher möchten die Kinsönlichkeiten hervorgebracht hat, so etwa im nen sich die Zeitgenossen nie so ganz sicher der brechen, um aus den Splittern einen neufrühen 18. Jahrhundert: Damals können sind, auf welcher Seite der Grenze von Genie en Menschen zu formen: einen geschliffenen Großbritannien und seine Verbündeten er- und Wahnsinn sie gerade ihren „Hexentanz“ Kavalier. Erscheinungen wie Vater Randolph leichtert aufatmen. Für einen Augenblick hat aufführen. Doch allen Eskapaden zum Trotz sollen hingegen die Ausnahme bleiben. es tatsächlich so ausgesehen, als ob die auf- erkennt er mit ungewöhnlich viel Weitblick, Winston aber lässt sich nicht brechen, er verstrebende Kontinentalmacht Frankreich mit dass die konservative Partei, der er angehört, weigert sich völlig. Mehrmals bleibt er sitzen ihrem machthungrigen König und Allein- nur dann eine Chance hat, wenn sie sich und erträgt scheinbar stoisch die Prügel. Ratlos, was er mit seinem herrscher Ludwig XIV. an der SpitSohn anstellen soll, betritt der Vaze die Hegemonie in Europa errinter eines Tages das Kinderzimmer gen würde. Dass Frankreich nicht und sieht, dass der 15-Jährige mit die alles beherrschende VormachtZinnsoldaten spielt. Auf die Frastellung erlangt, haben sie vor alge, ob er denn zur Armee möchlem einem Mann zu verdanken: te, nickt Winston eifrig. Doch aufJohn Churchill. Er fügt den Frangrund der mangelhaften Schulzosen während des Spanischen bildung – Churchill hat das Erbfolgekrieges (1701–1714) in eiAbitur freilich nicht bestanden – nem brillanten Feldzug eine Reihe rasselt er zunächst zweimal von Niederlagen zu. Zum Dank durch die Aufnahmeprüfung, ehe erhebt ihn Königin Anne zum Hersich schließlich ein Husarenregizog. Sein Titel lautete fortan „1. ment seiner erbarmt. Das ist keiDuke of Marlborough“. ne Auszeichnung. Die Kavallerie Karriere des Vaters VATERFIGUR: Lord Randolph IN JÜNGEREN JAHREN: Aufnah- gilt als „Wühltisch“ der Taugenichtse aus dem Hochadel. me von Winston Churchill aus Nachdem sich die Churchills so Henry Spencer-Churchill (1849– Zur großen Verblüffung seiner eindrucksvoll in den Hochadel 1895), Winston Churchills Vater, dem Jahr 1905. „katapultiert“ haben, wird es auf- im Porträt. Foto: picture-alliance/ Familie fügt sich der trotzige und fällig still um sie. Erst am Ende Mary Evans Picture Library ewig renitente Winston problemFoto: picture-alliance/Everett Collection
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Polarisierende Persönlichkeit
LLothar othar Schuster
SICHER GELANDET: Churchill nach der Landung eines vom Piloten Major Gerrard geführten Militärflugzeugs im südenglischen Portsmouth, 1914. Foto: picture-alliance/PA Archive/Press Association Ima
los in die militärische Hierarchie. Mehr noch: Er liebt das Kriegshandwerk und die fünf Jahre, die er als Berufsoffizier verbringt, sind ohne Zweifel die glücklichsten seines bis dahin freudlosen Lebens. An fünf kleineren Kolonialkriegen nimmt er teil. Der letzte, in dem es gegen die Buren geht, macht ihn über Nacht zum „Nationalhelden“, als ihm eine spektakuläre Flucht aus der Gefangenschaft gelingt.
„Es gab Churchill, und so ist die Weltgeschichte anders verlaufen.“ Der Historiker und Schriftsteller Sebastian Haffner (1907–1999) über Winston Churchill
Mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein und Prestige im Gepäck nimmt er im Alter von 25 Jahren seinen Abschied von der Armee und wechselt in die Politik – selbstverständlich als „Tory“ (Konservativer). Sicherlich liebt er das Militär nach wie vor mehr als das schnöde politische Geschäft. Doch Churchill ist auch hungrig, hungrig nach Macht und Einfluss – und als Politiker verspricht er sich mehr Erfolg. Wie sehr er nach seinem Vater schlägt, zeigt Churchill nach nur drei Jahren als konservativer Abgeordneter im Unterhaus, in-
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dem er 1904 kurzerhand zu den Liberalen „überläuft“. In einem Land, in dem sich die politischen Lager so unversöhnlich gegenüberstehen, ist dies nicht nur ein Seitenwechsel. In den Augen der „Tories“ stellt dies Hochverrat dar. Vordergründig geht es um wirtschaftliche Fragen, tatsächlich aber wechselt der junge Abgeordnete die Partei, weil die Konservativen zu dieser Zeit im Niedergang begriffen sind. Bei den Liberalen hofft er, sein wenig gewinnbringendes Dasein als Hinterbänkler zu beenden. Und tatsächlich erringen die Liberalen 1906 einen Erdrutschsieg.
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Politischer Quergeist
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Doch wer geglaubt hatte, dass Churchill sich in seiner neuen politischen Heimat wenigstens auf dem rechten Flügel positionieren würde, sieht sich rasch getäuscht. Der Quergeist etabliert sich vielmehr als radikaler Linker, der beispielsweise fordert, die Rüstungsausgaben zu kürzen, um stattdessen die Sozialprogramme zu erweitern. Nicht einmal die neuen „Dreadnoughts“ möchte Churchill der Marine gönnen. Zusammen mit seinem „revolutionären“ Kollegen Lloyd George treibt er Konservative und Gemäßigte vor sich her. Wie weit würde Großbritannien noch nach links rücken? Dies fragt sich mit Sorgenfalten auf der Stirn auch der liberale Premierminister Herbert Henry Asquith. Dieser vollführt daraufhin einen der brillantesten politischen Schachzüge der britischen
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Die Entwicklung der Dienst- und Ausgehuniform
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mit freundlicher Genehmigung der Infanterieschule der Bundeswehr
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Clausewitz 5/2014
mit freundlicher Genehmigung von o Herrn Czarski vom Uniformenmuseum Nieder-Gemünden
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Feldherren mierminister Asquith eine Koalition mit den Konservativen ein und trennt sich obendrein von seinem Marineminister – die späte Rache der „Tories“ an dem „Verräter“ Churchill. „Ich bin erledigt“, kommentiert der geschasste Politiker sein Schicksal. Nach einem Intermezzo als Bataillonskommandeur an der Westfront kehrt Churchill zwar 1917 unter dem neuen Premierminister Lloyd George als Munitionsminister in die Regierung zurück. Doch geschwächt wie er ist, bleiben seine Möglichkeiten als Minister von Georges Gnaden sehr begrenzt. Immerhin erkennt er die immense Bedeutung gepanzerter Fahrzeuge und trägt dazu bei, dass der Tank als neue Waffengattung in die Massenproduktion geht.
Erneuter „Seitenwechsel”
ZUFRIEDEN: Winston Churchill mit heiterer Miene in einem Jeep im militärisch besiegten Deutschland, 1945. Foto: picture-alliance/United Archives/TopFoto
Geschichte: Er macht Churchill zum 1. Lord der Admiralität (Marineminister). Von den Sozialprogrammen möchte der ehrgeizige Jungpolitiker nun freilich nichts mehr wissen. Sein Marineministerium legt jetzt vielmehr einen Etatplan vor, der alles in den Schatten stellt, was Großbritannien und die Royal Navy bis dahin gesehen haben. Außerdem setzt der neue Marineminister durch, dass die Schiffe von der Kohlebefeuerung auf Öl umsteigen. Diese Maßnahme erweitert ihren Aktionsradius beträchtlich.
Strategische Begabung Als er dafür wirbt, das Tempo der Flottenrüstung zu steigern, möchte er allerdings nicht nur das Gewicht seines Ministeriums erhöhen. Der 1. Lord der Admiralität ist davon überzeugt, dass ein Krieg mit Deutschland nicht mehr abgewendet werden kann. Churchill ist kein Kriegstreiber. Doch diese fatalistische Haltung, die dem Frieden keine Chance einräumt, teilt er mit Politikern auf dem gesamten Kontinent, was der Katastrophe mit den Weg ebnet. Im Krieg selbst beweist Churchill mehr Weitblick. Er vermutet, dass Deutschland die belgische Neutralität missachten und mit einem starken rechten Flügel in Nordfrankreich einmarschieren würde, ehe die Angreifer nach Süden schwenken. Damit hat er den Schlieffenplan auf eine Weise vorausgeahnt, als hätte er zuvor mit am preußischen Kartentisch gesessen. Seine strategische Begabung bleibt aller-
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dings ungenutzt. Die Entente-Mächte begnügen sich damit, dem Krieg und den Deutschen hinterherzuhinken, anstatt die Initiative zu ergreifen. Der Konflikt erstarrt im Stellungskrieg. Churchill aber graust es davor, Millionen von Menschen durch einen gigantischen Fleischwolf zu drehen in der
Innenpolitisch können die Liberalen kein Kapital aus dem Sieg im Ersten Weltkrieg schlagen. Die Partei geht unter, Churchill versucht, sich zu retten: 1924 vollführt er seinen zweiten Seitenwechsel und nimmt wieder bei den Konservativen Platz. Dieser an Unverschämtheit grenzende Opportunismus sorgte schon bei den Zeitgenossen für Verwunderung. Im Unterschied zum ersten Wechsel spielen diesmal jedoch auch ideologische Gründe eine Rolle. Es ist die kommunistische Revolution in Russland, die den Enkel des Herzogs von Marlborough daran erinnert, wer er ist. Lebhaft plädiert er dafür, im russischen Bürgerkrieg zu intervenieren. ,,Frieden mit dem deutschen Volk, Krieg ge-
,,Dieser üble Mensch, diese Verkörperung des Hasses, dieser Brutherd von Seelenkrebs, diese Missgeburt aus Neid und Schande.“ Winston Churchill über Adolf Hitler
Hoffnung, dass den Deutschen als ersten das „Material“ ausgeht. Er plädiert dafür, auf dem Balkan eine neue Front zu eröffnen. Hier befindet sich mit dem Osmanischen Reich nicht nur das schwächste Glied in der Kette der Mittelmächte. Ein erfolgreicher Durchbruch zum Schwarzen Meer bietet zudem die Chance, Russland zu versorgen, denn der „Riese“ leidet unter gewaltigen Nachschubproblemen, die ihn am Ende auch zu Fall bringen sollten. Die Schlacht von Gallipoli (19. Februar 1915 bis 9. Januar 1916) gerät allerdings zu einem Debakel. Dieser Fehlschlag, der auch mit der Munitionskrise in Großbritannien zusammenfällt, stürzt die liberale Regierung in eine schwere Krise. Um sich zu retten, geht Pre-
gen die bolschewistische Tyrannei“, lautet eine seiner Losungen. Der Niedergang der Liberalen geht indes einher mit dem Aufstieg der Labour Party. Churchill verwischt hier bewusst die Grenzen zwischen Sozialdemokratie, Sozialismus und Kommunismus. Bewegungen, die er allesamt als „nationales Unglück“ brandmarkt. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass der bürgerliche Aristokrat zunächst eher erleichtert ist, als in Deutschland ein Mann an die Macht kommt, der sich als Todfeind des Kommunismus betrachtet. Hitler und Churchill haben neben einer mangelnden Schulbildung durchaus weitere Gemeinsamkeiten. Beide stellen „Fremdkörper“ ihrer Zeit dar, die sich nicht darum scheren, was der Rest der Welt von
Kampf gegen Hitler ihnen denkt und erwartet. Der Unterschied besteht freilich darin, dass sich der Brite trotz seines maßlosen Ehrgeizes ein weiches Herz bewahrt. Hitler hingegen degradiert die Menschen zu willenlosen Sklaven seiner Rassenideologie. Churchill ahnt dies und revidiert seine Haltung gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland. Er mahnt, fordert und warnt, doch es nimmt ihn schon lange niemand mehr ernst. Politisch scheint er bereits seit dem Ende der 1920er-Jahre erledigt. Als Premierminister Chamberlain schließlich vor dem Scherbenhaufen seiner unglücklichen „Appeasement-Politik“ steht, trifft er immerhin noch eine wichtige Entscheidung und ernennt den mittlerweile 64Jährigen zum Marineminister. „Winston ist zurück“, funkt der Admiralstab fröhlich. Doch auch Churchill kann nicht innerhalb weniger Wochen korrigieren, was man über Jahre hinweg versäumt hat. Während Polen im Herbst 1939 geschlagen ist, schmiedet Churchill den Plan, die norwegischen Häfen zu besetzen. Deutschland aber ist schneller. Auch Frankreich geht im Sommer 1940 unter und kapituliert. Chamberlain war indes schon vorher am Ende. Sein Nachfolger wird der streitbare „Tory“, der am 10. Mai eine Allparteien-Regierung bildet. Doch was soll er tun? Noch könnte Großbritannien aufgeben und mit einem blauen Auge davonkommen. Doch an diesem Punkt kommt wieder der trotzige Schüler in Winston hervor, der lieber Prügel kassiert als das Naheliegende zu tun. Er weiß, dass eine friedliche Koexistenz mit Hitler niemals möglich sein wird und beschließt, weiterzukämpfen. In seiner ersten Rede als Premierminister verspricht er seinen Landsleuten auch keinen Frieden, sondern „Blut, Schweiß und Tränen.“ Mit dem Sieg in der Luftschlacht um England 1940/41 kann er eine deutsche Invasion abwenden. Doch wie kann Großbritannien den Zweiten Weltkrieg gewinnen? In der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 einigen sich Churchill und der US-amerikanische Präsident Roosevelt auf die „Germany-First-Strategie“: Deutschland soll zuerst niedergerungen werden. DaVEREHRT: Denkmal zu Ehren Churchills in Paris. Winston Churchill gilt aber vor allem in seiner Heimat für viele Menschen als der bedeutendste Staatsmann des 20. Jahrhunderts, vor allem wegen seines energischen Widerstandes gegen Hitler und den NS-Staat. Foto: picture-alliance/akg-images
Clausewitz 5/2014
IM QUARTETT: Der französische General Giraud, US-Präsident Roosevelt, General de Gaulle und Premierminister Churchill am Rande der Konferenz von Casablanca im Januar 1943. Foto: picture-alliance/akg-images
bei spricht er sich, wenn auch vergebens, gegen die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation aus. Er fürchtet, dass dies den Rückhalt des Hitler-Regimes in Deutschland eher stärken als schwächen wird.
„Kommunistenfresser” Der amerikanische Präsident und der britische Premierminister unterscheiden sich darüber hinaus auch in einem weiteren Punkt voneinander: Während Roosevelt „Uncle Joe“, wie er Stalin beinahe liebevoll nennt, nach dem Krieg in die Weltgemeinschaft integrieren möchte, blitzt bei Churchill der „Kommunistenfresser“ durch. Er hält die Vorstellungen des Amerikaners schlicht für naiv und richtet seine Kriegführung zunehmend an dem von ihm erwarteten Konflikt mit der Sowjetunion aus. So ist es sein Ziel, die westlichen Alliierten über Italien hinaus nach Österreich vorstoßen zu lassen, allein um der Roten Armee zuvorzukommen. Stalin aber pocht auf der Konferenz
von Teheran Ende 1943 auf eine zweite Front in Frankreich. Roosevelt schließt sich ihm an. Die alliierte Invasion vom 6. Juni 1944 verläuft schließlich erfolgreich, doch mit Sorge registriert Churchill, dass der Vormarsch der Roten Armee nach Westen stark an Dynamik gewonnen hat. Bei einem weiteren Treffen in Jalta im Februar 1945 ist der britische Premierminister daher gezwungen, Stalin weitere Zugeständnisse zu machen. Faktisch beschließen die Staatsmänner die Aufteilung Europas, so wie sie bis 1989/90 Bestand haben sollte. Der inzwischen 69-jährige trotzige „Krieger“ ist allerdings nicht bereit, sich mit dieser Weltordnung abzufinden. Bereits im Mai 1945 ordnet er an, Operation „Unthinkable“ auszuarbeiten. Das Unternehmen sieht vor, die Sowjetunion in einem Feldzug mit deutscher Beteiligung niederzuwerfen. Freilich ist diese Option noch unrealistischer als die von ihm damals geforderte große Intervention im russischen Bürgerkrieg. Wie kriegsmüde Großbritannien längst ist, zeigt die Wahl vom Juli 1945: Während Churchill weiterhin Krieg predigt – noch ist Japan nicht bezwungen – verspricht die Labour Party Sozialprogramme und gewinnt die Wahl. Das „alte Schlachtross“ hat ausgedient. Zwar wird Churchill 1951 noch einmal Premierminister, doch fordert nun das Alter seinen Tribut, sodass er bereits 1955 zurücktreten muss. Er stirbt schließlich im Jahr 1965 im Alter von 90 Jahren. Stefan Krüger, M.A., Jg. 1982, Historiker aus München.
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Nr. 21 | 5/2014 | September-Oktober | 4.Jahrgang
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Die Nationale Volksarmee (NVA) Die Armee der Deutschen Demokratischen Republik 18. Januar 1956: Die Volkskammer der DDR beschließt einstimmig den Aufbau einer Nationalen Volksarmee. Bereits seit 1952 gab es bewaffnete und militärisch strukturierte Truppenteile in Gestalt der Kasernierten Volkspolizei. Doch als die DDR am 14. Mai 1955 dem Warschauer Pakt beigetreten ist, hat sie sich verpflichtet, eigene Verbände den Vereinten Streitkräften zur Verfügung zu stellen.
„Hunnensturm“ über Europa
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Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern
Schlacht um Aachen 1944 Kampf um Deutschlands westlichste Großstadt 2. Oktober 1944: Das erbitterte Ringen um Aachen beginnt. Zahlenmäßig weit überlegene US-Truppen treffen auf angeschlagene Verteidiger, darunter Tausende von Volkssturmangehörigen. Ein Kapitulationsangebot der Amerikaner wird vom Stadtkommandanten abgelehnt, denn es gilt Hitlers Befehl: „Halten bis zum letzten Mann!“
451 n. Chr.: Attila fällt mit seinen Kriegern über das Weströmische Reich her. Im Nordosten Galliens kann der Feldherr Flavius Aëtius den Eindringling stellen. Auf den Katalaunischen Feldern kommt es zu einer der berühmtesten Schlachten der Spätantike.
Außerdem im nächsten Heft: Ehrenbreitstein. Die imposante Festungsanlage am Rhein. Reinhard Scheer. Der berühmte Admiral der Kaiserlichen Marine. Und viele andere Beiträge aus den Wissengebieten Geschichte, Militär und Technik. Lieber Leser, Sie haben Freunde, die sich ebenso für Militärgeschichte begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser. Ihr verantwortlicher Redakteur CLAUSEWITZ Dr. Tammo Luther
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