4/2015 Juli | August
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Das Magazin für Militärgeschichte
Clausewitz ADMIRAL SCHEER Die Einsätze des Panzerschiffs
Solferino 1859 Entscheidungsschlacht für Italiens Einheit
Hiroshima 1945
So verlief der erste Atombomben-Abwurf
Westfeldzug Rekonstruiert Das waren Armeniens „Eiserne Krieger“
Blitzkrieg 1940 Wie die Wehrmacht Frankreich überrannte MILITÄR UND TECHNIK
Abschreckung pur Die frühe Raketenartillerie von NVA und Bundeswehr
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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, der amerikanische Historiker William L. Langer (1896–1977) umschrieb die militärische Katastrophe der Alliierten im Westen im Kriegsjahr 1940 mit den Worten: „Seit Napoleons Blitzfeldzug gegen Preußen 1806 war keine militärische Großmacht so schnell und so unerbittlich zermalmt worden.“ Und tatsächlich: Wenn man versucht, sich in die Lage der damaligen Zeit hineinzuversetzen, dann muss es für Deutschlands Kriegsgegner und weite Teile der Weltöffentlichkeit 1940 ein absoluter Schock gewesen sein, mit welcher Wucht und Schnelligkeit Hitlers Panzer durch das von Großbritannien unterstützte Frankreich stießen. Denn der zermürbende Stellungskrieg von 1914–1918 lag noch nicht sehr lange zurück und war mit seinen erbitterten Kämpfen an den „zu Tode erstarrten Fronten“ fest in den Köpfen der Menschen verankert. Doch dieses Bild sollte sich mit Beginn der deutschen Großoffensive im Mai 1940 schlagartig ändern. Warum endeten die deutschen Angriffsoperationen mit den Tarnnamen „Fall Gelb“ und „Fall Rot“ innerhalb kürzester Zeit mit einem in dieser Form nicht für möglich gehaltenen „Triumph“ der Angreifer? In unserer aktuellen Titelgeschichte „Albtraum für die Alliierten“ erfahren Sie ab Seite 10 alles Wissenswerte über den Verlauf der Kämpfe und die Gründe für den nach dem Feldzug in Polen zweiten „Blitzkrieg“ der deutschen Wehrmacht. Ich möchte Sie auch auf unser großes GeraMond-Gewinnspiel auf den Seiten 40/41 aufmerksam machen, bei dem es attraktive Preise zu gewinnen gibt. Machen Sie mit, es lohnt sich! Eine abwechslungsreiche Lektüre und viel Spaß beim Gewinnspiel wünscht Ihnen
Dr. Tammo Luther Verantwortlicher Redakteur
Clausewitz 4/2015
15. Folge Krieger, Söldner & Soldaten
Für Beute und Ruhm! Das Söldnerwesen spielt im antiken Griechenland eine große Rolle – die Einsatzgebiete der Söldner erstrecken sich aber bis nach Ägypten und Persien.
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it dem Aufkommen der schwerbewaffneten Hopliten im 8. Jahrhundert v. Chr. geht in Griechenland die Entstehung des Söldnerwesens einher. Zunächst formieren sich die Leibwachen der Herrscher aus Söldnern. Bald kommen sie ebenfalls in den Kämpfen zwischen den Stadtstaaten zum Einsatz. Die professionellen schweren Infanteristen dienen ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. auch den Pharaonen Ägyptens gegen Nubier und Babylonier. Die Perser nehmen seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. griechische Söldner in ihre Dienste, um ihren Mangel an schwerer Infanterie auszuglei-
chen. Für die Söldner spielt es keine Rolle gegen ihre Landsleute zu kämpfen. Sie setzen sich meist aus Männern zusammen, die aus armen Regionen Griechenlands stammen – ihr Ziel ist die Überwindung der Armut durch den Verkauf ihrer militärischen Fähigkeiten. Dabei entwickeln sie neben einer Art Standesbewusstsein vor allem den Stolz auf ihre professionelle Kampfkraft, die derjenigen der Bürgersoldaten meist überlegen ist. Neben den schwer bewaffneten Hopliten gibt es noch andere Arten von Söldnern, die sich auf bestimmte Kampfweisen spezialisiert haben. Einen Höhepunkt erlebt das Söldnerwesen im Peloponnesischen Krieg. Den berühmtesten Einsatz stellt allerdings der von Xenophon verewigte „Marsch der Zehntausend“ dar, in dessen Verlauf sich ein griechisches Söldnerheer den Weg von Mesopotamien bis an den Hellespont freikämpft. Die Söldner stellen noch bis zum Ende der Diadochenreiche einen sehr bedeutenden Anteil der hellenistischen Heere.
FAKTEN Zeit: Spätes 8. bis 2. Jahrhundert v. Chr. Uniform: Chiton (Gewand), Bronzehelm, Brustpanzer aus Bronze oder Leinen, Beinschienen aus Bronze, großer Rundschild oder leichter kleiner Schild Hauptwaffen: Lanze, Bogen, Schleuder, Wurfspeer Kampftaktik: Phalanx oder leichte Infanterietaktik Wichtige Schlachten: 605 v. Chr. Karkemisch, 401 v. Chr. Kunaxa 331 v. Chr. Gaugamela Griechische Söldner im Film: Alexander (2004)
ANTIKER ABENTEURER: Dieser griechische Söldner trägt einen mit Pferdehaar geschmückten Bronzehelm, eine bronzene Rüstung, sowie einen mit Bronze überzogenen Abb.: Johnny Shumate Schild.
Inhalt Titelgeschichte
Westfeldzug 1940
Titelthema Albtraum für die Alliierten. .............................................................................................10 Westoffensive der Wehrmacht 1940.
Albtraum für die Alliierten 10. Mai 1940: Die Welt hält den Atem an! Hitlers Armeen überschreiten auf breiter Front die Grenzen gen Westen. Der gegen Frankreich gerichtete Großangriff entwickelt sich zu einem rasanten „Blitzkrieg“ – mit fatalen Folgen für die Alliierten. Von Tammo Luther
Sieger und Besiegte. ......................................................................................................................24 Die Kriegsgegner zwischen Erfolg und Misserfolg.
Haupt- oder Hilfswaffe?
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TRÜMMERWÜSTE: Deutsche Grenadiere rücken im Schutz eines Schützenpanzerwagens vor und passieren eine von den schweren Kämpfen stark in Mitleidenschaft gezogene französische Ortschaft. Die Angreifer drängen seit Beginn des Unternehmens „Fall Gelb“ unaufhaltsam gen Foto: picture-alliance/akg-images Westen.
Einsatz der Panzer an der Front. 10
Clausewitz 4/2015
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Eine Wehrmachtkolonne passiert aufgegebene französische Panzer. Große Teile der deutschen Artillerie sowie des Transportwesens sind 1940 bespannt. Die Angreifer verfügen keineswegs über eine „Blitzkrieg“-Armee – Foto: von Aufseß umso erstaunlicher ihr schneller Erfolg.
Magazin Neues zur Militärgeschichte, Ausstellungen und Bücher.
Militär und Technik ......................
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Menschen & Geschichten
Atomare Artillerie.
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Feldrakete „Honest John“ und Raketenkomplexe „Luna“ und „Elbrus“.
Lichtstrahl statt Kanonendonner. .........................................................32 Britischer Kriegsveteran berichtet über Geheimwaffe im Zweiten Weltkrieg.
Schlachten der Weltgeschichte
Apokalypse Japan....................................................................................................................48 Der Atombombenabwurf über Hiroshima 1945.
Schlachten der Weltgeschichte
„Ein Sieg für Italien!“. ......................................................................................................34
Militärtechnik im Detail
Die Schlacht von Solferino 1859.
Stinson L-5 „Sentinel“.
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Amerikas „fliegender Jeep“. CLAUSEWITZ präsentiert:
Das große Jubiläums-Gewinnspiel.....................................................40 4
Titelbild: Deutsche Siegesparade 1940 in der Nähe des Arc de Triomphe
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Militär und Technik | Raketensysteme
Schlachten der Weltgeschichte
MACHTDEMONSTRATION: Während einer Militärparade rollen die Startfahrzeuge 2P16 des Raketenkomplexes 2K 6 „Luna“ mit taktischen Raketen über die Straßen Ost-Berlins, Aufnahme aus den 1960er-Jahren. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report
Die Schlacht von Solferino Österreich
„Ein Sieg für Italien!“
Truppenstärke: 119.783 Mann Infanterie, 9.420 Kavalleristen, 429 Geschütze
FEUERSCHWEIF: Mit Qualm und Gedröhne macht sich eine „Honest John“ auf den Weg. Noch hat sie den Abschussbaum des Werfers nicht verlassen. Der Raketenstart ist sehr auffällig und empfiehlt den sofortigen Foto: picture-alliance/Klaus-Dieter Heirler Stellungswechsel.
Frankreich
Verluste: zirka 22.000 Mann
Truppenstärke: 82.935 Infanteristen, 9.162 Kavalleristen, 240 Geschütze
Sardinien Truppenstärke: 37.174 Infanteristen, 1.562 Reiter, 80 Geschütze Verluste: zirka 17.000 Mann (inklusive Franzosen)
24. Juni 1859: Französische und piemontesisch-sardische Truppen treffen in Norditalien auf österreichische Verbände. Der Zusammenprall wird zur blutigsten Schlacht seit Waterloo – und zur Geburtsstunde des Roten Kreuzes. Von Alexander Querengässer
Feldrakete „West” und Raketenkomplexe „Ost”
Atomare Artillerie 1960er-Jahre: Die Militärs in West und Ost setzen in ihren Einsatzszenarien auch auf taktische Atomschläge. Ergänzend zur Rohrartillerie führen Bundeswehr und NVA Raketensysteme ein, die im „Ernstfall“ nukleare Sprengköpfe verschießen können. Von Jörg-M. Hormann
I BLUTIGER KAMPF UM ITALIEN: Französische Truppen beim Vormarsch auf dem Schlachtfeld von Solferino, südlich des Gardasees. Der Kampf, der unglaublich viele Tote und Verwundete fordert, veranlasst den Augenzeugen Henri Dunant später zur Gründung des Roten Kreuzes Abb.: picture alliance/Leemage in Genf.
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wehrraketen Typ MIM-23 „Hawk“. Ich fragte mich damals: Warum die Flugabwehrraketen gerade hier? Die „Hawks“ haben eine effektive Reichweite von 25 Kilometern und können gerade mal einen gegnerischen Jagdbomber in mittlerer Angriffshöhe erreichen. Bis zum „Eisernen Vorhang“ sind es gut 120 Kilometer Luftlinie. Warum also eine Luftabwehr im 25-Kilometer-Radius um Lemke? Soll dieser Abwehrschirm die zwei Kilometer entfernte Bundeswehrkaserne in Langendamm schützen? Der Vorort von Nienburg beherbergt – übrigens auch heute noch – eine der größten Bundeswehrgarnisonen
Nukleare Aufrüstung Da ist ein anderer Punkt mit dem Bezug auf den „Hawk“-Abwehrschirm weitaus schlüssiger: In der Eickhofer Heide bei Liebenau, etwa 15 Kilometer südwestlich von Nienburg und gut sieben Kilometer von Lemke entfernt, befindet sich seinerzeit ein streng gesichertes und weitläufig abgesperrtes Waldareal. Unter dem Decknamen „Karl“
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Clausewitz 4/2015
n einem 80-Seelen-Dorf in der Nähe von Nienburg an der Weser erlebte ich meine Jungenjahre. Ich kann mich noch genau erinnern: Eines Tages, in den 1960er-Jahren, geistert ein Gerücht durch den kleinen Ort: „Die Amerikaner bauen am ‚Lemker Berg‘ eine Raketenstellung!“ Das ist rund sieben Kilometer entfernt und interessiert mich damals Zwölfjährigen nur am Rande. Dann bekommt Lemke eine Umgehungsstraße und fortan führt die Bundesstraße 6 ganz in der Nähe der sich drehenden Radarschirme vorbei. Es stellt sich heraus: Es handelt sich um eine stationäre Raketenstellung mit Flugab-
Norddeutschlands. Am 15. März 1959 wird das schwere Artilleriebataillon 140 des Heeres aufgestellt. Es ist als erstes Raketenartilleriebataillon (RakArtBtl) der Bundeswehr mit Standort Nienburg Langendamm vorgesehen. Im Oktober 1964 folgt die Umbenennung zum RakArtBtl 12, ausgerüstet mit der taktischen Feldrakete M-50 „Honest John“ oder auch Feldartillerie Raketenwerfer (FRWf) 762 genannt. Doch der Raketenluftabwehrschirm von Lemke, betrieben von den Amerikanern, kann eigentlich nicht allein den „Honest Johns“ der Bundeswehr in Langendamm gelten.
entstand dort während des Zweiten Weltkriegs eine der großen Munitionsanstalten (MunA) des Chemie- und Rüstungsunternehmens EIBIA GmbH. Nach dem Krieg wird ein kleiner Teil des Geländes Munitionslager und von März 1963 bis Juni 1992 ein Special Ammunition Site (SAS), oder kurz auf Deutsch, ein Atomwaffendepot der 32. US-Feldartillerie-Division. Von dort aus hat sich das RakArtBtl 12 im Ernstfall mit Sprengköpfen für ihre „Honest John“ und Nachfolgeraketen zu versorgen – falls nötig auch mit Atomsprengköpfen. Damit bekommen die amerikanischen Flugabwehrraketen am „Lemker Berg“ einen Sinn. Die nukleare Aufrüstung des Heeres der Bundeswehr für den taktischen Einsatz beginnt 1960. Im Rahmen der Heeresstruktur 2 erhalten alle Felddivisionen, mit Ausnahme der 9. Luftlandedivision, jeweils ein Raketenartilleriebataillon als Divisionstruppe. Diese Bataillone verfügen über fünf Batterien, von denen drei mit jeweils zwei Raketenwerfern für die „Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John“, so die Systembezeichnung 1960, ausgerüstet sind: Also sechs Raketen pro Bataillon und Division. Letztlich führt die Feldraketenkomponente des Heeres zu einem Einsatzbestand von 88 „Honest John“-Ra-
keten bei der Bundeswehr im Jahr 1965 und damit zum höchsten Bestand eines NATOStaates in Europa. Selbst die Amerikaner haben damals nur 44 Raketen im Einsatz. Bei allen NATO-Staaten zusammen sind 244 Systeme stationiert. Allein für die bundesdeutsche Seite bedeutete das im Totaleinsatzfall 88-mal atomare Verstrahlung und Sprengkraft von jeweils 40 Kilotonnen TNT. Zum Vergleich: Die „Hiroshima“-Bombe im Jahr 1945 besaß eine Sprengkraft von zirka 13 Kilotonnen TNT. „Gegenüber einem atomar gerüsteten Gegner bedeutet die Ausrüstung des Heeres mit dieser Mehrzweckwaffe eine erhebliche Steigerung der Verteidigungskraft. Aufgabe
der Raketen-Batterien bei Korps und Divisionen wird es sein, in ständiger Wirkungsbereitschaft dem Truppenführer zu mächtigen Feuerschlägen zur Verfügung zu stehen und das Feuer der Rohr-Artillerie zu verstärken…“ So lauten die markigen Sätze aus der Zeitschrift „Soldat und Technik“ von Dezember 1959 über die „Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John“.
Verstärkung der Rohrartillerie Und weiter heißt es: „Feuerkraft, hohe Beweglichkeit und große Reichweite sind die Kennzeichen der Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John, die als Mehrzweckwaffe zur Unterstützung der Bodentruppe bestimmt ist. Diese ungelenkte Boden-BodenRakete wird die Feuerkraft der Rohrartillerie verstärken, ohne sie jedoch zu ersetzen. Mit einer Mindestentfernung von 8,5 km und einer Schussweite von über 25 km ist sie zur Bekämpfung von Zielen bestimmt, die bisher nur mit den Kanonen des schwersten Flachfeuers erreicht GEFECHTSKOPF: Einstellungen durch Spezialisten. Der größte Nuklearsprengkopf der „Honest John“-Rakete hatte die Sprengkraft von 40 Kilotonnen TNT.
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Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER
Schlachten der Weltgeschichte
Panzerschiff ADMIRAL SCHEER
Der Atombombenabwurf über Hiroshima
Raeders „Hoffnungsträger“ 1. April 1933: Die ADMIRAL SCHEER läuft in Wilhelmshaven vom Stapel. Der aus der Not geborene Panzerschiff-Neubau soll Deutschlands Flotte stärken und seine nach 1918 geschwächte „Seegeltung“ wieder ausbauen. Von Eberhard Kliem
6. August 1945: Es ist eine der schwärzesten Stunden der Menschheitsgeschichte – die Amerikaner machen mit ihrer „Superbombe“ Hiroshima dem Erdboden gleich. Ein Schicksal, dem deutsche Großstädte nur knapp entgangen sind. Von Alexander Querengässer
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m Sommer 1941 beginnen die Amerikaner ihr Projekt zum Bau einer Atombombe massiv voranzutreiben. Den Anlass hierfür liefern Spionageberichte über den Fortschritt des deutschen „Uranprojekts“. Schon 1939 hat Albert Einstein in einem Brief an den Präsidenten davor gewarnt, dass die Deutschen ein eigenes Atomwaffenprogramm besitzen könnten und gefordert, dass auch die Amerikaner sich damit auseinandersetzen müssen. Die Ausgangslage der Deutschen zur Herstellung einer Atombom-
TOTALE ZERSTÖRUNG: Diese Aufnahme entsteht kurz nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima. Das Grauen, das sich zu diesem Zeitpunkt am Boden abspielt ist unbeschreiblich. Am 6. August jährt sich die Katastrophe zum 70. Mal.
be ist alles andere als schlecht. Im erzgebirgischen Joachimstal werden große Mengen Uran abgebaut, und im besetzten Norwegen die Produktion von schwerem Wasser (H2O2) gesteigert. Dennoch überschätzen die Amerikaner die Gefahr. Die Deutschen sind auch am Ende des Krieges weit davon entfernt, eine funktionstüchtige Atombombe zu bauen, denn es ist ihnen noch nicht gelungen, Uran235 herzustellen. Im Juli 1941 erhält Roosevelt von seinem „Uran-Komitee“ ein Gutachten, welches ihn
FÜRS PICKNICK UNGEEIGNET: Im US-Bundesstaat New Mexico liegt das gut bewachte Zentrum der amerikanischen Atomforschung – Los Alamos. Abb.: picture-alliance/United Archives/TopFoto
Abb.: picture alliance/newscom
VATER DER BOMBE: Robert Oppenheimer neben einer Fotografie der „Hiroshima-Explosion“. Als führender Atomphysiker der USA leitet er das Manhattan-Projekt. Später wandelt er sich zum Gegner von Atomwaffen. Abb.: picture-alliance/dpa
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darüber in Kenntnis setzt, dass ein Atomprogramm nicht nur machbar, sondern auch kriegsentscheidend sein könnte. Auch die Briten arbeiten an einer Atombombe. Doch 1942 erkennt Churchill, dass das Empire zwar über ausgezeichnete Wissenschaftler verfügt, aber nicht mehr über die finanziellen Mittel, um ihre Forschungen voran zu treiben. Daher vereinen die Briten und Amerikaner ihre Bemühungen im ManhattanProjekt.
FÜHRUNGSSTARK: Als Chef der Marineleitung seit 1928 bemühte sich Admiral Erich Raeder trotz der Einschränkungen des Versailler Vertrages um den Aufbau einer kampfkräftigen und modernen Marine. Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Die „Superbombe“ aus Los Alamos Zwei Milliarden Dollar steckt die US-Regierung in die Forschungen, an denen zeitweise 120.000 Menschen beteiligt sind. Robert Oppenheimer, ein international anerkannter Kernphysiker, wird damit beauftragt, sämtliche Spezialisten auf diesem Gebiet zusammen zu holen. Es sind ausgerechnet zwei „Reichsdeutsche“, der Berliner Rudolf Preierl und der Wiener Otto Robert Frisch, deren Arbeiten den Weg bereiten. Beide waren zunächst nach Großbritannien emigriert und haben dort das Frisch-Preierl-Memorandum erstellt. Darin erklären sie, wie eine „Superbombe“ durch Kernspaltung gebaut werden könnte. Grundlage hierfür bildet das seltene Uran-235. Frisch und Preierl schildern in ihrem Memorandum jedoch auch die Folgeerscheinung durch radioaktiven Niederschlag und eine langfristige Kontaminierung des Zielgebietes. Oppenheimer verlegt die Forschung schließlich in die Wüste von New Mexico. In der Nähe von Los Alamos wird eine Forschungseinrichtung aufgebaut, wo sowohl waffenfähiges Uran-235 als auch Plutonium hergestellt werden sollen. Schließlich wird die erste funktionsfähige Bombe „The Gadget“ gebaut und am 16. Juli 1945 gezündet.
SCHLICHT: Das Bugwappen der ADMIRAL SCHEER zeigt das Wort „Skagerrak“. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo
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Kriege, Krisen und Konflikte
Generalluftzeugmeister Ernst Udet
Flieger-Ass im freien Fall
Die UdSSR braucht die CSSR HOFFEN AUF EINE BESSERE ZUKUNFT: Tschechoslowakische Demonstranten in Prag. Abb.: picture-alliance/dpa
ERSCHÜTTERUNG DES SOWJETIMPERIUMS: Als Reformer in der Tschechoslowakei einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ wagen, schickt Moskau Truppen um den Aufstand niederzuschlagen. Das Bild zeigt russische Panzer in der Innenstadt von Prag, denen sich einige mutige Zivilisten entgegenstellen. Abb.: picture-alliance/dpa
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21. August 1968: Die Augen der Welt sind auf die tschechoslowakische Hauptstadt gerichtet. Wird der „große Bruder“, die Sowjetunion, den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ in Prag dulden oder ihn mit Waffengewalt beseitigen? Von Peter Andreas Popp
as Zwanzigste Jahrhundert weist vier Epochenjahre auf, nach denen die Welt nicht mehr so war wie sie zuvor gewesen ist: 1917 – das definitive Ende des „Alten Europa“ mit dem Kriegseintritt der USA und dem Beginn des „sozialistischen Experiments“ in Russland; 1945 – das Ende des bisher schrecklichsten aller Kriege, des Zweiten Weltkriegs; 1989/90 – das Ende des „Kalten Kriegs“ und des „Eisernen Vorhangs“. Das vierte Jahr, 1968, wäre fast ein Epochenjahr im positiven Sinne gewesen. Nämlich dann, wenn die Hoffnungen in West und Ost auf wirkliche Freiheit in Erfüllung gegangen wären. Leider bleibt es bei einer nur in Teilen geglückten gesellschaftlichen Veränderung. Und – jetzt verengt sich der Blick – dies betrifft im Augenblick des Geschehens nur die
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Mit Panzern gegen Reformen
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Menschen & Geschichten kritisierte Establishment oder in das Umfeld des Linksterrorismus ab. Was im „Westen“ gerne ausgeblendet wird: Ein „1968“ gibt es auch im Osten. Doch es ist ein anderes – jedenfalls auf den ersten Blick. Denn die Vorgänge in der Tschechoslowakei sind einerseits auf komplexe Weise mit dem gesellschaftlichen Umbruch im Westen verbunden. Sie haben aber andererseits auch ihre eigenen Wurzeln, die erklärbar sind angesichts der Tatsache, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sowjetische Truppen „als Befreier vom Faschismus“ im Land stehen.
„Prager Frühling“ 1968
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westliche Welt. „1968“ steht hier für das Jahr des Aufruhrs gegen die „Generation der Alten“ und ihr Wertesystem. Der Protest der Jungen gegen das „Establishment“ im Zeichen von Pop-Kultur, „Flower Power“ und der Forderung nach „antiautoritärer“ Erziehung bildet eine Grunderfahrung, die die gesamte westliche Welt erstmals gemeinsam macht. Um das Jahr „1968“ im Westen ranken sich Politheldenlegenden. Alles scheint möglich. Der „Katzenjammer“ kommt erst nach dem Yom-Kippur-Krieg (Oktober 1973) zwischen Israel und seinen arabischen Gegnern. Fortan wird Energie teuer, und ein Teil der Achtundsechziger driftet entweder ins
HINTERGRUND
Geostrategisch gesehen bildet die Tschechoslowakei für die Sowjetunion den Schlüssel, der ihr Herrschaftsgebiet in Ostmitteleuropa zusammenhält. Die Faktoren dafür sind vielfältig: Wie die Aufstände in der DDR 1953 sowie in Polen und Ungarn 1956 zeigen, hat es die Sowjetunion hier mit unruhigem Terrain zu tun. Ungarns Stabilität gründet auf dem Prinzip des „Gulasch-Kommunismus“: Marktwirtschaft im Kleinen und ein kommunistisches Selbstverständnis nach dem Motto „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“ Diese Art des kommunistischen „Gesellschaftsvertrages“ gilt nicht für die DDR und – bis 1964 – auch nicht für die Tschechoslowakei. Dass er in der DDR nicht gilt, liegt auf der Hand: Das SED-Regime ringt kläglich um die Deutungshoheit in der deutschen Frage. Es ist besonders beflissen, sich ausdrücklich nicht als sowjetisch besetztes Gebiet gegenüber der „eigenen“ Bevölkerung
UNBEQUEM: Ernst Udet lässt sich nur widerwillig für den NSMachtapparat einspannen. Dieses späte Foto zeigt, dass die Aufputschmischung aus Pervitin und Alkohol ihre Spuren hinterlassen haben. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Die Breschnew-Doktrin
Die sogenannte Breschnew-Doktrin legitimiert das Interventionsrecht der Sowjetunion bei abweichendem Verhalten eines Mitgliedes des Warschauer Pakts. Die zentralen Passagen sind: „Die KPdSU setzte sich immer dafür ein, dass jedes sozialistische Land die konkreten Formen seiner Entwicklung auf dem Wege zum Sozialismus unter Berücksichtigung der Eigenart seiner nationalen Bedingungen selbst bestimmte. Aber bekanntlich […] gibt es auch allgemeine Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus, und ein Abweichen von diesen Gesetzmäßigkeiten könnte zu einem Abweichen vom Sozialismus im Allgemeinen führen.“ „Und wenn innere und äußere dem Sozialismus feindliche Kräfte die Entwicklung eines sozialistischen Landes zu wenden und auf eine Wiederherstellung der kapitalistischen Zustände zu drängen versuchen, wenn also eine ernste Gefahr für die Sache des Sozialismus in diesem Lande, eine Gefahr für
die Sicherheit der ganzen sozialistischen Gemeinschaft entsteht […] dann wird dies nicht nur zu einem Problem für das Volk dieses Landes, sondern auch zu einem gemeinsamen Problem, zu einem Gegenstand der Sorge aller sozialistischen Länder.“ „Begreiflicherweise stellt militärische Hilfe für ein Bruderland zur Unterbindung einer für die sozialistische Ordnung entstandenen Gefahr eine erzwungene außerordentliche Maßnahme dar. Sie kann nur durch direkte Aktionen der Feinde des Sozialismus im Landesinnern und außerhalb seiner Grenzen ausgelöst werden: Durch Handlungen, die eine Gefahr für die gemeinsamen Interessen des sozialistischen Lagers darstellen.“ Vier sozialistische Länder wiesen diesen Hegemonialanspruch zurück: China, Albanien, Rumänien und Jugoslawien. Erst Michail S. Gorbatschow hebt die Doktrin definitiv am 25. Oktober 1989, also am Vorabend des Falls der Berliner Mauer, auf.
17. November 1941: Ernst Udet – einst erfolgreicher Jagdflieger und Fliegeridol – begeht Selbstmord. Es ist das tragische Ende einer schillernden Persönlichkeit, die am Intrigengeflecht der Nationalsozialisten scheitert.
Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl
S
eit dem 13. August 1932 flimmert die deutsch-französische Koproduktion „Das Mädel vom Montparnasse“ über die Leinwände deutscher Lichtspielhäuser. In der Hauptrolle brilliert die 28-jährige Schauspielerin Ehmi Bessel neben dem damals sehr populären Fritz Schulz. Auch das deutsche Fliegeridol der Zeit und selbst populärer Akteur in der Kinowelt, Ernst Udet, sieht seine „Kollegin“ und ist fasziniert. Er bittet seinen Freund Carl Zuckmayer, ein Treffen mit der attraktiven Ehmi Bessel zu arrangieren. Zuckmayer und Udet kennen sich seit 1918. Zuckmayer, als Artilleriebeobachter eingesetzt, soll im Sommer des letzten Kriegsjahres das Aufklären und Beobachten aus dem Flugzeug kennenlernen. Für einige Tage zum Jagdgeschwader „Freiherr von Richthofen“ Nr. 1 kommandiert, begegnet ihm dort „ein kleingewachsener, quirliger, drahtiger, temperamentvoller und außerordentlich witziger, sogar geistreicher Fliegerleutnant: Ernst Udet. Wir mochten uns nach den ersten paar Worten, soffen unsere erste Flasche Cognac zusammen aus und verloren uns bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aus den Augen“, schreibt Zuckmayer in seiner Autobiographie.
quenterweise bindet sich Udet den „Pour le Mérite” ab, der unterhalb seiner weißen Piqué-Frackfliege ins Auge sticht, und steckt ihn in die Hosentasche. Auf den „Blauen Max“, wie die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung des Weltkrieges auch genannt wird, ist Udet
wirklich stolz. Diesen Orden hat er sich im wahren Wortsinn am Himmel über Frankreich „zusammengeschossen“. Am 26. April 1896 in Frankfurt geboren, wächst der Sohn eines Zivilingenieurs und Fabrikanten in München auf. Den jugendlichen Ernst Udet interessiert nur eine Sache
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Auch den berühmten Berliner Presseball am Abend des 28. Januar 1933 besuchen Udet und Zuckmayer gemeinsam. Im Laufe der Nacht erreichen sie einen Zustand, in dem sie kein Blatt mehr vor den Mund nehmen: „Schau dir die Armleuchter an“, sagt Udet zu seinem Freund und deutete in den Saal, „jetzt haben sie alle schon ihre Klempnerläden aus der Mottenkiste geholt. Vor einem Jahr war das noch nicht à la mode.“ Tatsächlich sind reichlich Bändchen und Kreuze der Kriegsdekorationen auf den Fräcken zu sehen, die während der 1920er-Jahre niemand auf einem Berliner Presseball trug. Konse-
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wirklich, die Fliegerei. Mit seinen aviatikbegeisterten Freunden aus dem Wohnhaus gründet er 1909 den „Aero-Club München“. Das zum Abschluss der Mittleren Reife vom wohlhabenden Vater geschenkte Motorrad benutzt der für den Militärdienst zu kleinwüchsige „Ernie“ als freiwilligen Einstieg in
GRUPPENFOTO: JagdflugzeugVergleichsfliegen in Berlin Adlershof im Oktober 1918. Die „Vergleichsflieger“ von links: Ernst Udet, Bruno Loerzer und Josef Carl Jacobs.
Ungleiche Freunde
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LUFTAKROBAT: Udet beim Kunstflug während der Dreharbeiten zum Spielfilm „Wunder des Fliegens“ im Frühjahr 1935.
Von Jörg-M. Hormann
Foto: ullstein bild – ullstein bild
VERLOBUNGSFOTO: Oberleutnant Ernst Udet, seit 9. April 1918 Träger des Ordens „Pour le Mérite“, mit seiner Braut Eleonore Zink, Tochter des wohlhabenden Nürnberger Kommerzienrates Zink, September 1918. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Clausewitz 4/2015
Militär und Technik
Meinung
Raeders „Hoffnungsträger“................................................................................56
Ulysses S. Grant vs. Robert E. Lee. ...................................................72
Das Panzerschiff ADMIRAL SCHEER. Entwicklung, Einsätze, Ende.
Wer war der bessere Bürgerkriegsgeneral? Menschen & Geschichten
Bildstrecke
Die „eisernen Krieger“ Armeniens.
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Flieger-Ass im freien Fall. ......................................................................................74
Detaillierte Computerrekonstruktionen einer vergangenen Epoche.
Generalluftzeugmeister Ernst Udet – sein steiler Aufstieg, sein tiefer Absturz.
Krisen, Kriege und Konflikte
Spurensuche
„Prager Frühling“ 1968.
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„Wiege der preußischen Marine“.
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Mit Waffengewalt gegen Reformen.
Die Insel Dänholm vor Stralsund und das Marinemuseum.
Titelfotos: Slg. Leonard Royston; picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo; picture-alliance/Isadora/Leemage; USAF; 2013-2015 ArmanAvakan; Slg. Dirk Krüger; Slg. J.-M. Hormann
Vorschau/Impressum............................................................................................................................82 5
Clausewitz 4/2015
Magazin AUSSTELLUNGSTIPP
Der sowjetische Schriftsteller Jewgeni Dolmatowski (1915– 1994) in Berlin mit einer Hitler-Büste unter dem Arm.
Exponate der Sonderausstellung des DHM.
die Situation bei Kriegsende sowie in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei, Polen, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und der Sowjetunion. Kernfragen der Ausstellung sind: Wie ließen NS-Regime, Besatzung und Kriegsgeschehen die Länder zurück? In welchem Zustand befanden sich Gesellschaft und politisches System am Ende des Krieges? Wie bewältigten die Menschen diese Lebenssituation angesichts der erlittenen Traumata, der Verluste und Zerstörungen? Rund 500 Exponate aus den Beständen des DHM und von 150 Leihgebern aus 14 Ländern veranschaulichen die Themenbreite der Sonderschau, zu der ein vielfältiges Begleitprogramm und eine umfangreiche Publikation angeboten wird. Kontakt: Deutsches Historisches Museum Ausstellungshalle Unter den Linden 2 10117 Berlin www.dhm.de
BUCHTIPP
NEUERSCHEINUNG
Kampf um Rom
Luftwaffe und Luftkrieg
Interpretationen im Wandel der Zeit
Studie zur Geschichte der Deutschen Luftwaffe
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Abb.: Verlag Klett-Cotta
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och bis 25. Oktober 2015 zeigt das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin eine beeindruckende Sonderausstellung anlässlich des Kriegsendes 1945 in Europa. Am 8. Mai 1945 endete mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht der Zweite Weltkrieg auf dem europäischen Kontinent. Sechs Jahre Krieg haben Millionen von Opfern gefordert. Krieg, Besatzungsregime und Massenverbrechen, Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlungen prägten Länder und Menschen nachhaltig. Anlässlich des 70. Jahrestags der deutschen Kapitulation präsentiert das DHM die Ausstellung „1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang. Zwölf Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg“. Sie thematisiert
ie Worte „Kampf um Rom“ lassen wohl die meisten von uns an Felix Dahns bekannten Historienroman von 1876 denken – oder doch zumindest an dessen Verfilmung aus dem Jahr 1968. In dem vorliegenden Werk geht es konkret um die Plünderung der „Ewigen Stadt“ durch die Westgoten. Genaugenommen steht die Deutung und Interpretation dieses geschichtlichen Großereignisses, das die Zeitgenossen ebenso sehr beschäftigte wie die Historiker nachkommender Generationen im Zentrum. Die beiden Autoren spannen einen weiten Bogen vom Jahr 410 bis ins Jahr 2009 und untersuchen, wie vielschichtig und unterschiedlich in dem dazwischenliegenden Zeitraum vom „Fall Roms“ berichtet wurde. Es geht also nicht
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Eine Frage der Deutung: Die Plünderung Roms 410 wurde stets neu – und oft mit bestimmten Absichten – interpretiert.
um das Ereignis selbst, sondern darum, welche Wandlungen die Interpretation durchlebt hat. Der Leser erfährt, wie „Geschichte“ entsteht. Das Buch ist geistreich, tiefsinnig und dennoch wunderbar flüssig und spannend zu lesen. Mischa Meier und Steffen Patzold: August 410 – ein Kampf um Rom. Stuttgart 2010. 259 Seiten, 19,95 EUR.
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ie Rolle der Luftstreitkräfte in der heutigen Kriegführung ist eine besondere: Sie sind schnell verlegbar und können auf größere Distanzen auch abstandsfähig wirken. Damit besitzen sie für die militärische Führung wie auch für die Politik, die den Einsatz von Streitkräften verantwortet, eine spezielle Bedeutung. Der neue Band „Luftwaffe und Luftkrieg“ behandelt mit dem Einsatz von Luftstreitkräften verbundene Aspekte, die bisher weniger betrachtet wurden. Dabei werden auch Spannungsfelder wie gesellschaftliche Akzeptanz, völkerrechtliche Fragen und rüstungswirtschaftliche Aspekte berührt. Eberhard Birk, Heiner Möllers (Hrsg.): Luftwaffe und Luftkrieg, Berlin 2015, 268 Seiten, mit Abbildungen, Preis: 19,90 EUR
Foto: Carola Hartmann Miles-Verlag
Sonderausstellung des Deutschen Historischen Museums
Fotograf: Jewgeni Chaldej; Foto: © Sammlung Ernst Volland und Heinz Krimmer, Stiftung Deutsches Historisches Museum Ministère D’État; Foto: © CDRF (Foto: Christof Weber); Foto: © Stiftung Deutsches Historisches Museum
„1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang.“
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RAF Museum Neues aus dem Royal Air Force Museum Laarbruch-Weeze Enthüllung des Hörsteins durch Liberation-Projektleiter Peter Kruk und den Weezer Bürgermeister Ulrich Francken.
m Standort des heutigen Flughafens Weeze existierte von Anfang März bis Ende April 1945 das erste britische Airfield auf deutschem Boden. Es diente als Basis für die taktische Luftunterstützung der alliierten Operationen „Plunder“ (Rheinüberquerung im Raum Rees-Wesel-Dinslaken) und „Varsity“ (Luftlandung im Raum Hamminkeln). Vom Feldflugplatz „B.100 Goch“ aus griffen britische und kanadische Kampfflugzeuge in die schweren Kämpfe kurz vor Kriegsende 1945 ein. Aus diesem Anlass wurden Ende März 2015 in feierli-
cher Form und als deutsch-niederländisches Gemeinschaftsprojekt – gefördert durch EUREGIO – ein „Hörstein“ zur „Liberation-Route“ enthüllt und eine Sonderausstellung im Royal Air Force Museum Laarbruch-Weeze eröffnet. Diese wird bis zum 27. September 2015 im Rahmen eines Museumsbesuchs zu sehen sein. Der neue „Hörstein“ erinnert in Wort, Bild und Ton an die Ereignisse vor nunmehr 70 Jahren. Weitere Informationen zum RAF Museum und zur Sonderausstellung im Internet unter: www.laarbruch-museum.net
NEUERSCHEINUNG
60 Jahre Bundeswehr Zum Jahrestag der Gründung
Abb.: Archiv CLAUSEWITZ
Clausewitz 4/2015
9,90
A: € 10,90 CH: sFr 19,80
BeNeLux: € 11,40
Italien: € 12,85
ISBN 978-3-86245-458-7
BUNDESWEHR
BUNDESWEHR
enaugenommen handelt es sich bei trocknete Erbsen zu einem Pulver zerder Erbswurst gar nicht um eine mahlen (dafür kann eine ausrangierte Wurst, sondern um in Wurstform ge- Kaffeemühle verwendet werden). Dann presstes Erbsenpulver. Von dieser mit der Instantbrühe vermengen, und „Wurst“ können je nach Bedarf Stücke zwar etwa im Verhältnis zwei Teile Erbabgeschnitten, im Wasser aufgelöst und sen, ein Teil Instantpulver. Nun können erhitzt werden – voilà, fertig ist eine noch Salz, Kräuter und Gewürze nach mehr oder weniger schmackhafte Erb- Belieben hinzugegeben werden. Das so sensuppe! Klar, dass ein so kostengüns- entstandene Gemisch ein wenig in Form tig herzustellendes und einfach zu pressen und dann langsam im Backofen handhabendes Produkt die Armee auf gründlich trocknen. Das fertige Produkt den Plan ruft. Noch dazu, wenn es sich kann dann in Schraub- oder Einweckdabei um ein besonders lang haltbares gläsern aufbewahrt werden. Beim und sehr nahrhaftes Erzeugnis handelt. nächsten „Einsatz“ einfach in Wasser Ihr militärisches Debüt feiert die Erbs- auflösen und erhitzen. Ideal für die wurst als „eiserne Ration“ im preußi- nächste Expedition in die Antarktis schen Heer während des Deutsch-Fran- (oder den nächstgelegenen Stadtpark). zösischen Krieges 1870/71. Ab 1889 pro- CLAUSEWITZ wünscht guten Appetit. duziert Knorr die Erbswurst – und Einfache Kost: Die macht dies bis heute. Die Herstellung ist Erbswurst mag nicht sonderlich nichts für den Sonntags- oder kompliziert und e t s i l n e Zu t a t Festtagstisch sein. kann auch zu Hause e Aber fürs Wandern leicht ausgeführt - ge t r oc knet ist sie bestens geEr b s e n werden. CLAUSEeignet. e üh r b t an t ns - I WITZ verrät, wie: Geer t äu Kr & - Ge wür ze
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Das Magazin für Militärgeschichte
Clausewitz Spezial oran soll man den Erfolg einer Armee Jahre messen? An ihren Erfol- 60 Die Chronik Wiederbewaffnung gen im Gefecht oder vielKalter Krieg Auslandseinsätze leicht an den Schlachten, die sie nie schlagen musste, allein weil sie schlicht existierte und Gewehr bei Fuß stand? Dies gilt in besonderem Maße für die Bundeswehr. CLAUSEWITZ widmet sich anlässlich ihres 60. Geburtstages in seinem neusten Sonderheft der ersten deutschen Parlamentsarmee. Das Magazin schlägt dabei einen Bogen von den schwierigen Anfängen in der unmittelbaren Nachkriegszeit über die bedrückende Ära des Kalten Krieges bis hin zur Zeit der großen Reformen, als sich die Bundeswehr neu erfinden musste. Seltene und teils unveröffentlichte Aufnahmen machen die Lektüre zu einem außergewöhnlichen Lesevergnügen – ein Muss, nicht nur für Geschichtsfreunde, sondern vor allem auch für alle ehemaligen Wehrpflichtigen. Clausewitz Spezial Bundeswehr Wiederbewaffnung – Kalter Krieg – Auslandseinsätze 96 Seiten, ca. 150 Abbildungen. Preis: 9,90 EUR. ISBN: 978-3-86245-458-7 Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de Clausewitz Spezial
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Clausewitz Spezial
W „Eiserne Ration“ par excellence: Die Erbswurst
Foto: picture-alliance/landov
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Jahre liegt das Ende des Sezessionskrieges zurück. Am 23. Juni 1865 endeten die letzten Kampfhandlungen. Der Amerikanische Bürgerkrieg zwischen Nordund Südstaaten forderte seit seinem Beginn im April 1861 bis zur Einstellung der Kämpfe insgesamt schätzungsweise 620.000 Tote. Die Nordstaaten behielten die Oberhand in dem blutigen Konflikt mit der Konföderiertenarmee.
BUNDESWEHR
Foto: Gemeinde Weeze
MUSEUMSTIPP
Die Bundeswehr entsteht
Mit US-Ausrüstung und dem Erbe der Wehrmacht
Im Kalten Krieg
Zwischen „Gammeldienst“ und NATO-Alarm?
Weltweiter Einsatz
Wie sich die Bundeswehr neu erfand
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Magazin
KURIOSES
Wagemutig oder Wahnsinnig? Marschall Michel Ney - Napoleons „Hassliebe“ as Verhältnis von Napoleon zu Ney ist ambivalent. Während des alptraumhaften Rückzuges aus Russland 1812 führt Ney persönlich die Nachhut an – und spornt die Soldaten durch seinen draufgängerischen Mut zu beinahe übermenschlichen Leistungen an. Als er abgeschnitten wird, kämpft er sich zur Truppe zurück und wird dafür von Napoleon als der „Tapferste der Tapferen“ bezeichnet. Er hält die Brücke über die Memel solange, bis der letzte napoleonische Soldat über dem Fluss ist und geht dadurch als der „letzte Franzose auf russischem Boden“ in die Militärgeschichte ein. Anderer-
ZEITSCHICHTEN
Der Stoff, aus dem Legenden sind: Ney mit Muskete an der eisigen Front gegen die Russen!
www.sergey-larenkov.livejournal.com
Abb.: picture-alliance / Mary Evans Picture Library
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seits dient seine hitzköpfige Reiterattacke während der Schlacht bei Waterloo Napoleon nachträglich dazu, den loyalen Ney als Sündenbock für die Niederlage anzuprangern. Fakt ist, dass Ney ein „Draufgänger“ ist – selbst für die Maßstäbe der an „Husarenstücken“ nicht gerade armen Zeit: Mehrmals wird er verwundet, bei Waterloo schießt man ihm sogar viermal das Pferd „unterm Hintern“ weg! Danach wird Ney vor ein Erschießungskommando gestellt. Die angebotene Augenbinde lehnt er ab. Im Angesicht des sicheren Todes verlässt ihn nicht der Mut. „Soldaten! Wenn ich das Kommando gebe, schießt direkt auf mein Herz!“, ruft er den Todesschützen zu.
Die Fotocollage des russischen Fotografen Sergey Larenkov stellt eindrucksvoll visualisiert einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart her. www.sergey-larenkov.livejournal.com
Damals: Nach dem Ende des „Dritten Reiches“ ist Berlin von den Alliierten besetzt. Unter dem Brandenburger Tor treffen drei amerikanische Soldatinnen auf eine russische Verkehrspolizistin. Während des Kalten Krieges markiert der frühklassizistische Bau die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin. Heute: Das Brandenburger Tor ist ein Bauwerk von nationalem Rang. Heute ist es Anziehungspunkt für zahlreiche Berliner und Touristen. Das ehemalige Symbol der Teilung in Ost- und Westblock hat sich zu einem Wahrzeichen der Vereinigung Deutschlands und Europas gewandelt.
„1914 war der Generalstab auf den Krieg von 1870 vorbereitet und 1940 auf den von 1914.“ Guy La Chambre, französischer Luftfahrtminister von 1938 bis 1940
MUSEUMSTIPP
Französisch-bayerische Liaison Ausstellung über Napoleon und Bayern
Blick in einen Ausstellungsraum: Wertvolle Exponate, gekonnte Installationen. Rechts das Plakat.
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as wäre Bayern heute ohne Napoleon? Fast schon ein wenig vergessen ist die französische „Entwicklungshilfe“, die das bayerische Kurfürstentum in die Moderne katapultierte. Dieses Kapitel ist Auftakt der Ausstellung im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt, die gelungen das ambivalente Verhältnis der Bayern zu dem Kaiser zeigt, dem sie sich auf Gedeih und Verderb auslieferten: Bayerische Königskrone, Gebietszuwächse und die erste liberale Verfassung bezahlten die Bayern unter anderem mit zehntausenden Soldaten, die Napoleons Feldzüge mitfochten und starben. Eine Vielzahl von Exponaten, präsentiert in einem mordenen und faszinierenden Ausstellungskonzept, versprechen einen kurzweiligen Besuch. Tipp: Buchen Sie eine Führung! „Napoleon und Bayern“ ist ein weiteres Highlight in der Reihe der Bayerischen Landesausstellung. Bis 31. Oktober 2015 im Bayerischen Armeemuseum im Neuen Schloss Ingolstadt, täglich geöffnet von 9–18 Uhr, weitere Inormationen unter www.hdbg.de
Schießt nur virtuell: 6pfündige Feldkanone „Arco Carl“.
Thöner von Wolffersdorff GbR, Augsburg, Bayerisches Armeemuseum, Ingolstadt
Clausewitz
3/2015 Mai | Juni
€ 5,50
A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 FIN: € 8,10
Das Magazin für Militärgeschichte
Clausewitz
Briefe an die Redaktion
Vor 200 Jahren
Zu „Das Boot“ in CLAUSEWITZ 2/2015: So richtig entfaltet sich die Klasse dieses Filmes erst nach mehrmaligem Sehen, besonders in der ausführlicheren sechsstündigen Fernsehfassung. In der bedrückenden Enge des U-Bootes spiegelt eine eindringliche Dramaturgie und Kameraführung auf den Gesichtern der noch blutjungen U-Bootfahrer deren Ängste und Zweifel bis hin zu Entschlossenheit und Euphorie auf eine eindrucksvolle Weise. Besonders herausragend in diesem aufwendigen und spannenden Filmprojekt ist die Verkörperung des U-Boot-Kapitäns durch Jürgen Prochnow, dem es einzig und allein darum ging, sich und seine Mannschaft heil durch dieses Kriegsinferno zu bringen. Für die NS-Machthaber hatte er im Grunde nur Verachtung übrig. Auch dadurch hob sich „Das Boot“ von den Kriegsfilmklischees der meist heroischen Landserballaden früherer Jahre deutlich ab. Manfred Radina, per Brief Zu „Die sowjetische Maschinenpistole PPSh-41“ in CLAUSEWITZ 3/2015: In dem im Betreff genannten Artikel ist
Waterloo
war in ihren Abmessungen fast identisch, Zuerst einmal meinen ein Fehler bei der Ka- Otto Carius So wurde er zum Tiger-Ass Preußisch-britischer hatte aber einen höheren Gasdruck als herzlichen Glückwunsch liberangabe. Triumph über Napoleon die 7,62 mm Tokarew. Diese +200 bar für Ihr immer sehr infor1956 war diese MP Langemarck matives und sehr gut ge- mehr bei der deutschen Patrone spielten in der NVA meine bei der grobschlächtigen Ausführung und machtes Magazin. Ich persönliche Waffe. Werner von Fritsch den Toleranzen der PPSh allerdings kaum freue mich jedesmal auf Kaliber 7.62 *25 Toeine Rolle. Die C96 (Construktion 96) im den Erscheinungstermin; karew. nach der Lektüre gebe ich Kaliber 7,63 mm Mauser war nie offizielle Einst (1946) wunWaffe der Wehrmacht; sie wurde im Erses an meinen Vater, der derte ich mich, dass Okinawa 1945 Afghanistan ten Weltkrieg ersatzweise an die Soldaten 84 Jahre alt ist weiter, die sowjetischen Ofaufgrund von Kurzwaffenmangel ausgewelcher es ebenso „verfiziere, die eine Maugeben. Allerdings wurde sie hier vorher schlingt“ wie ich. ser C96 trugen, immer Munitionsnachauf das Kaliber 9 mm Luger geändert und In der CLAUSEWITZ 3/Mai-Juni 2015 schub hatten, bis ich feststellte, dass die mit einer roten 9 auf den Griffschalen verist Ihnen ein Fehler unterlaufen, indem 7.62 *25 Tokarew ein Nachbau der Mausehen, um eine Verwechselung der MuniSie schreiben, dass man die PPSh41 mit ser 7.63*25 ist. tion zu vermeiden. Es befand sich also zu der 9 mm Luger der Mauserpistole verInteressant wäre für mich auch die keiner Zeit deutsche Munition im Kaliber Munitionsbeschaffung für die Beutewaffe sorgen konnte. Die PPSh hat das Kaliber 7,62 x 25 mm Tokarew. Mit der Waffe, auf 7,62/7,63 mm auf den Schlachtfeldern in der Wehrmacht. Wird wahrscheinlich außer evtl. speziell für Beute-PPSh geferdie Sie sich hier beziehen, ist wohl die aus eroberten Depots stammen. Obwohl tigte Patronen. Mauser C96 im Kaliber 7,63 mm Mauser die Mauser 7.63 auch in Deutschland Theodor Hartwig, per E-Mail (7,63x25 mm) gemeint. Diese Patrone produziert wurde, ich denke aber in geringen Stückzahlen. Eine Umrüstung von Beutewaffen auf Schreiben Sie an: 9 mm Luger halte ich für
[email protected] oder lich. Eine 9 mm Tokarew ist mir auch CLAUSEWITZ, Postfach 40 02 09, 80702 München nicht untergekommen, aber eine mit Kaliber .22! Die hatten wir zum Training. Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums Rudolf Boehm, per E-Mail sinnwahrend zu kürzen. ()
Mythos und Realität: Was wirklich geschah
Vater der Wehrmacht, Opfer der Nazis
KRIEGE, KRISEN & KONFLIKTE
Der große Test für den japanischen D-Day?
Warum alle Großmächte im wilden Bergland scheiterten
Numismatische Sammlerliteratur und Bücher zur Geschichte
Geschichte erleben, Werte erkennen und bewahren
Rainer Ostermann Kriegsende in der Oberpfalz
Rosenberg/Grabowski: Die deutschen Banknoten ab 1871
Hans-Ludwig Grabowski Das Geld des Terrors
Peter Schmoll: Die Messerschmitt-Werke im Zweiten Weltkrieg
Kurt Jaeger: Die deutschen Münzen seit 1871
Jörg u. Anke Nimmergut: Deutsche Orden und Ehrenzeichen 1800–1945
2. Auflage 2015, Format 17 x 24 cm, 192 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86646-315-8 Preis: 19.90 EUR
19. Auflage 2013, Format 14,8 x 21 cm, 640 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86646-553-4 Preis: 24.90 EUR
1. Auflage 2008, Format 17 x 24 cm, 456 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86646-040-9 Preis: 19.90 EUR
3. Auflage, Format 17 x 24 cm, 232 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-931904-38-8 Preis: 20.50 EUR
23. Auflage 2014, Format 11,5 x 18,5 cm, 928 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86646-554-1 Preis: 24.90 EUR
20. Auflage 2014/2015, Format 12,5 x 19 cm, 1000 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86646-110-9 Preis: 39.90 EUR
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Titelgeschichte
Westfeldzug 1940
Albtraum für die Alliierten 10. Mai 1940: Die Welt hält den Atem an! Hitlers Armeen überschreiten auf breiter Front die Grenzen gen Westen. Der gegen Frankreich gerichtete Großangriff entwickelt sich zu einem rasanten „Blitzkrieg“ – mit fatalen Folgen für die Alliierten. Von Tammo Luther
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TRÜMMERWÜSTE: Deutsche Grenadiere rücken im Schutz eines Schützenpanzerwagens vor und passieren eine von den schweren Kämpfen stark in Mitleidenschaft gezogene französische Ortschaft. Die Angreifer drängen seit Beginn des Unternehmens „Fall Gelb“ unaufhaltsam gen Foto: picture-alliance/akg-images Westen.
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
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Erfolgreiche Panzerwaffe
IM GEFECHT: Ein deutscher Panzer nimmt ein Ziel unter Beschuss. Die Panzerwaffe der Wehrmacht hat entscheidenden Anteil am schnellen Vormarsch der Angreifer, deren „Bewegungskrieg“ den Gegner Foto: ullstein bild – Sobotta überrascht.
FAKTEN
Deutsches Reich
Oberbefehlshaber Heeresgruppe B: Generaloberst Fedor von Bock Oberbefehlshaber Heeresgruppe A: Generaloberst Gerd von Rundstedt Oberbefehlshaber Heeresgruppe C: Generaloberst Ritter von Leeb Italien tritt am 10. Juni 1940 an der Seite des Deutschen Reiches in den Krieg ein. Truppenstärke (Mai 1940): 135 Divisionen (einschließlich 42 Reservedivisionen) Panzer: zirka 2.450 (Kampfpanzer) Artillerie: zirka 7.400 Flugzeuge: zirka 3.600 tatsächlich vorhandene Kampfflugzeuge („Ist-Stärke“) an der Front und im Hinterland Verluste: zirka 27.000 Gefallene, 18.000 Vermisste, 110.000 Verwundete
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
TRUGSCHLUSS: Frankreich fühlt sich hinter den starken Mauern der Maginot-Linie sicher. Doch die deutschen Angreifer umgehen das gewaltige Verteidigungsbollwerk und setzen auf Bewegung. Das Festhalten der Alliierten an einer „statischen Kriegführung“ mündet in Foto: ullstein bild – Weltbild ein militärisches Debakel.
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Hinter Betonmauern
FAKTEN
Alliierte
Oberbefehlshaber der Streitkräfte in Frankreich: General Maurice Gamelin (am 19. Mai 1940 entlassen); Nachfolger: General Maxime Weygand Oberbefehlshaber der britischen Expeditionsarmee (British Expeditionary Force): General Lord Gort Oberbefehlshaber der niederländischen Streitkräfte: General Henri Gerard Winkelman Oberbefehlshaber der belgischen Armee: König Leopold III. Truppenstärke: 151 Divisionen Panzer: zirka 4.200 (Kampfpanzer) Artillerie: zirka 14.000 Flugzeuge: zirka 4.500 tatsächlich vorhandene Kampfflugzeuge („Ist-Stärke“) an der Front und im Hinterland Verluste (nur Frankreich und Großbritannien): Franzosen: zirka 120.000 Gefallene und Vermisste sowie 240.000 Verwundete; Briten: zirka 70.000 Gefallene, Verwundete und Gefangene
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
IN AUFLÖSUNG: „Für sie ist der Krieg zu Ende“, lautet die Bildunterschrift des „Aktuellen Bilderdienstes, Leipzig“ zu diesem Foto von belgischen Soldaten aus Foto: picture-alliance/RMR dem Jahr 1940.
HINDERNIS: Ein leichter Panzer (PzKpfw II) überquert einen der zahlreichen Flüsse im Westen. Der Aufbau von Pontonbrücken ist die vielleicht wichtigste Aufgabe der PionierFoto: NARA truppe.
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Hitlers „unabänderlicher Entschluss“
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und zwei Jahrzehnte nach Beendigung der blutigen Kämpfe von 1914–1918 wird Europa erneut von einem heftigen militärischen Erdbeben erschüttert. Nach dem „Blitzsieg“ gegen Polen im Herbst 1939 und dem Beginn des Unternehmens „Weserübung“ – der deutschen Besetzung Dänemarks und Norwegens – erteilt Hitler im Mai 1940 den Befehl zum Angriff im Westen. Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) vermeldet am 10. Mai 1940 den Grenzübertritt im Westen „auf breitester Front.“ Der „Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht“ selbst habe sich an die Front begeben, „um die gesamten Operationen der Wehrmacht zu leiten“. Ursprünglich wollte der deutsche Diktator bereits Ende 1939 eine Großoffensive im Westen starten. Ziel der geplanten Operation war es, nach Polen auch Frankreichs Streitmacht in einem Feldzug niederzuwerfen und die Regierung Großbritanniens zu einem Friedensschluss mit Deutschland zu bewegen. In einer Geheimrede vor den militärischen Oberbefehlshabern Ende November 1939 begründete Hitler seinen Angriff auf Deutschlands westliche Nachbarstaaten wie folgt: „Wir können Russland nur entgegentreten, wenn wir im Westen frei sind. (...) Mein Entschluss ist unabänderlich. Ich werde Frankreich und England angreifen zum
KARTE
günstigsten und schnellsten Zeitpunkt. Verletzung der Neutralität Belgiens und Hollands ist bedeutungslos.“
Mansteins „Sichelschnitt-Plan” Der Angriffstermin für die Großoffensive unter der Tarnbezeichnung „Fall Gelb“ wurde schließlich mehrfach auf die erste Maihälfte 1940 verschoben. „Fall Gelb“ basiert auf einem von Generalleutnant Erich von Manstein entworfenen Operationsplan. Er sieht einen Angriff der
und französischen Truppen vom übrigen Frankreich abzuschneiden („SichelschnittPlan“). Die strategische Zielsetzung der Offensive definiert ein Befehl des Oberkommandos des Heeres (OKH) mit folgendem Wortlaut: „Der Angriff ,Gelb’ bezweckt, durch rasche Besetzung Hollands das niederländische Hoheitsgebiet dem Zugriff Englands zu entziehen, durch Angriff über belgisches und luxemburgisches Gebiet möglichst starke Teile des französisch-englischen Heeres
„Der Erfolg liegt in der Schnelligkeit. Es kommt darauf an, ohne Rücksicht auf Rechts und Links schnell in die Tiefe durchzustoßen...“ Aus dem Angriffsbefehl der Panzergruppe Kleist vom 21. März 1940
Heeresgruppe (HGr.) B unter Generaloberst Fedor von Bock auf die neutralen Staaten Belgien und Niederlande und einen Vorstoß der HGr. A unter Generaloberst Gerd von Rundstedt durch die Ardennen auf die französische Kanalküste vor. Die weiter südlich gegenüber der stark befestigten Maginot-Linie stehenden HGr. C soll vor allem Feindkräfte binden. Ziel der Operation ist es, die nördlich der Somme stehenden britischen
zu schlagen und damit die Vernichtung der militärischen Machtmittel des Feindes anzubahnen.“
Wuchtiger Angriff Die belgischen und niederländischen Streitkräfte sind von der Wucht des am 10. Mai 1940 einsetzenden Großangriffs überrascht und geraten sofort unter Druck. Bereits am ersten Angriffstag werden Maastricht und
Vorstoß der Wehrmacht bis zur Kanalküste, Mai 1940
AUF ANGRIFF GEDRILLT: Die Entschlossenheit, mit der die Wehrmacht vorgeht, überrascht den defensiv eingestellten Gegner. Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
Überfordert
COUP GELANDET: Deutsche Fallschirmjäger haben das stark befestigte Fort Eben Emael bei Lüttich in einer handstreichartigen Aktion erobert. Foto: BArch, Bild 146-1971-011-27/Büttner
Malmedy von deutschen Verbänden genommen. Die Luftwaffe fliegt zudem seit dem 11. Mai massive Angriffe gegen Flugplätze des Gegners. Dieser geht davon aus, dass der deutsche Hauptstoß – wie bereits im Jahr 1914 – aus dem Norden kommt. Die Alliierten und ihr Oberbefehlshaber General Maurice Gamelin rechnen mit einer Art Wiederholung des „Schlieffen-Plans“ und liegen mit dieser Einschätzung völlig falsch.
General Maurice Gamelin, französischer Oberbefehlshaber, schätzt die Lage im Mai 1940 falsch ein und lässt seine Truppen – wie von den Deutschen erwartet – nach Norden vorrücken. Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Ohne Fortune Lord John Gort, Oberbefehlshaber des britischen Expeditionskorps, muss sich ebenfalls zurückziehen, kann sich immerhin mit einem Großteil seiner Soldaten über den Kanal nach England retten.
Stoß durch die Ardennen Denn das Hauptaugenmerk der Deutschen liegt auf dem aus Sicht des Gegners unwahrscheinlichen Durchbruch durch die waldreichen Ardennen, durch die ihre Panzerkräfte tagelang nahezu unbemerkt von der alliierten Aufklärung vorstoßen können. Auf diese Weise erringt die Wehrmacht nach den handstreichartigen „Coups“ in den Benelux-Staaten auch in Frankreich rasch Erfolge. Den Panzerverbänden der HGr. A gelingt es, durch ihren überraschenden Vorstoß nördlich der Maginot-Linie durch Luxemburg und die unwegsamen Ardennen den
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Foto: picture-alliance/ Mary Evans Picture Library
DOKUMENT
Gegner frühzeitig massiv in Bedrängnis zu bringen. Besonders verheerend wirkt sich für die Alliierten der deutsche Erfolg in der Schlacht von Sedan aus. Am 12. Mai erreichten die Spitzen des XIX. Armeekorps die mit Bunkerlinien befestigte Stadt an der Maas. Der Fluss stellt ein großes Wasserhindernis dar, das es für die deutschen Angriffsverbände zu überwinden gilt. Dies gelingt schließlich bereits am 13. Mai nach massiven Luftschlägen und dem gezielten Einsatz von Stoßtrupps. Sie sollen in die gegnerische Verteidigung eindringen und einen Brückenkopf am gegenüberliegenden Maasufer errichten. Die dortigen Bunkeranlagen sind zum Teil noch nicht fertig gestellt und werden von deutschen Pionieren vielfach im Nahkampf mit Handgranaten und Flammenwerfern ausgeschaltet. Nach heftigen Gefechten setzen Einheiten der Wehrmacht schließlich über den Fluss und können sich auf der anderen Seite des Maasufers behaupten. Beson-
Tagesbefehl Hitlers vom 10. Mai 1940
„Soldaten der Westfront! Die Stunde des entscheidenden Kampfes für die Zukunft der deutschen Nation ist gekommen. Seit 300 Jahren war es das Ziel der englischen und französischen Machthaber, jede wirkliche Konsolidierung Europas zu verhindern, vor allem aber Deutschlands Schwäche und
Ohnmacht zu erhalten. (...). Da ist die Stunde nun für Euch gekommen. Der heute beginnende Kampf entscheidet das Schicksal der deutschen Nation für die nächsten 1.000 Jahre. Tut jetzt Eure Pflicht. Das deutsche Volk ist mit seinen Segenswünschen bei Euch.“ (Auszug)
„Wunder von Sedan“ ders bitter für die Verteidiger: Am 14. Mai rollt eine Vielzahl deutscher Panzer über die bei Gaulier errichtete Pontonbrücke. Stundenlang versuchen alliierte Flugzeuge vergeblich, den Behelfsübergang zu zerstören und das Übersetzen der motorisierten Kräfte des Gegners zu unterbinden. Dessen Heeresgruppen-Verbände überqueren mit dem XIX. Armeekorps (1., 2. und 10. Pz.Div.) unter General der Panzertruppe Heinz Guderian schließlich die Maas, um im Anschluss tief nach Nordwesten in Richtung Ärmelkanalküste und somit in den Rücken der gemäß dem alliierten „Dyle-Plan“ nach Belgien vorgerückten britischfranzösischen Truppen vorzustoßen. Der erfolgreiche Ausgang der Schlacht von Sedan Mitte Mai 1940 bildet einen bedeutenden, wenn nicht gar den wichtigsten Baustein des deutschen Plans zur Einkreisung und Abschnürung der alliierten Armeen in Belgien und im Nordosten Frankreichs. Von nun an können die motorisierten Verbände ihre Wirkung erst richtig entfalten und den Gegner mittels eines für unmöglich gehaltenen Bewegungskrieges noch stärker unter Druck setzen. Jetzt treiben die Deutschen mit ihren gebündelten Panzerkräften die Einschnürung der – wie von Manstein erwartet – nordwärts nach Belgien vorgerückten alliierten Verbände voran.
Unterdessen kann die nördlich operierende HGr. B mit der Einnahme wichtiger strategischer Punkte entlang des Albert-Kanals (Fort Eben Emael) und der Maas sowie mit dem Durchbruch durch die „Dyle-Stel-
Nachfolger
General Maxime Weygand übernimmt in der zweiten Maihälfte 1940 an Stelle des glücklosen Gamelin den Oberbefehl über die Streitkräfte. Auch er kann die schwere Niederlage gegen die Deutschen nicht verhindern. Foto: picture-alliance/akg-images
Erfolgreich Ewald von Kleist (1881–1954) – die nach ihm benannte Panzergruppe bildet mit ihren Panzerdivisionen die Spitze der deutschen Angriffsarmee im Westen.
lung“ bedeutende Etappensiege erzielen. Am 15. Mai 1940 verkündet das OKW triumphierend: „Die Festung Holland hat kapituliert“. Auch Belgien ist der enormen Wucht der deutschen Angriffsoperationen militärisch nicht gewachsen. Trotz örtlich erbitterten Widerstandes stehen die belgischen Truppen unter dem Oberbefehl von König Leopold III. schnell am Rand einer Niederlage. Bereits am 18. Mai 1940 weht die Reichskriegsflagge mit dem Hakenkreuz über Antwerpen.
Enorme Geländegewinne Nicht nur die Alliierten, sondern auch die deutschen Militärs sind von der Durchschlagskraft und Schnelligkeit des Angriffs der Wehrmacht überrascht. Während im Ersten Weltkrieg an der Somme in einem monatelangen und verlustreichen Stellungskrieg um jeden Meter Boden gerungen wurde, erreichen die Spitzen der 2. Panzerdivision des XIX. Armeekorps (A.K.) unter General Guderian bereits am 20. Mai 1940 die Atlantikküste bei Noyelles unweit Abbéville – nur zehn Tage nach Beginn des Westfeldzuges. Entscheidenden Anteil an den enormen Geländegewinnen und dem zügigen Erreichen der
Foto: picture-alliance/ United Archives/TopFoto
ANGRIFF AUS DER LUFT: Sturzkampfbomber der Luftwaffe werden mit Bomben beladen. Das erfolgreiche Zusammenwirken von Luftwaffe und Bodentruppen im Zuge der Angriffsoperationen ist ein entscheidender Grund für Foto: picture-alliance/akg-images den „Blitzsieg“ von 1940.
Clausewitz 4/2015
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
AUS DER NÄHE BETRACHTET: Ein deutscher Soldat untersucht einen während der Kämpfe um Boulogne ausgeschalteten Panhard-Spähpanzer. Foto: picture-alliance/picture-alliance
Sommemündung trägt die Panzergruppe Kleist. In diesem schlagkräftigen Großverband sind neben fünf Panzerdivisionen auch drei motorisierte Infanteriedivisionen zusammengefasst. Erstmals wird die Panzerwaffe damit operativ selbstständig einge-
KARTE
setzt – damals ein Novum in der Kriegsgeschichte. Die Alliierten müssen sich hingegen mit Teilerfolgen zufrieden geben: So verhindern sie mit einem Gegenangriff bei Arras immerhin, dass die wichtigen Kanalhäfen Calais und Dünkirchen vorzeitig von
Die Vorstöße der Wehrmacht („Fall Rot”) im Juni 1940
GEFANGEN GENOMMEN: Französische Soldaten werden von einem Soldaten der Wehrmacht durchsucht. In Frankreichs Streitkräften dienten viele Afrikaner. Foto: picture-alliance/akg-images
Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich
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der Wehrmacht erobert werden. Dennoch verschlechtert sich die Gesamtlage der Verbündeten zusehends – auch unter dem neuen Oberbefehlshaber General Maxime Weygand, der am 20. Mai auf den überforderten Maurice Gamelin folgt.
Kannicht, Joachim
Hitlers „Halt-Befehl“ Denn die britische Expeditionsarmee unter Lord Gort sowie starke französische Kräfte befinden sich entlang der Kanalküste bei Dünkirchen mit dem Rücken zum Meer. Für sie besteht die große Gefahr, dem massiven Druck der HGr. B im Norden und der HGr. A im Süden nicht standhalten zu können. Damit drohen Hunderttausende alliierte Soldaten ausgeschaltet oder gefangengenommen zu werden. Am 22. Mai starten die Panzer Guderians den Angriff in Richtung Calais. Sie sind bereits zwei Tage später weniger als 20 Kilometer von Dünkirchen entfernt – getreu dem Leitspruch: „Wo die Panzer sind, ist immer vorn.“
Stopp vor Dünkirchen Doch Guderian wird ausgebremst: Ein Befehl von höchster Stelle sorgt dafür, dass die stark angeschlagenen Franzosen und Engländer Zeit zum Durchatmen erhalten. Denn am 24. Mai 1940 trifft Hitler eine folgenreiche Entscheidung: Zu diesem Zeitpunkt hat die Wehrmacht die Hafenstädte Boulogne und Calais eingenommen und steht dicht vor Dünkirchen. Guderian fordert daher, sofort mit den Panzerverbänden weiter vorzustoßen, um durch die Einnahme auch dieser Hafenstadt die Einkesselung des Gegners zu vollenden. Das OKH unter Generaloberst Walther von Brauchitsch und seinem Stabschef General der Artillerie Franz Halder spricht sich ebenfalls für eine Fortsetzung des Vorstoßes auf Dünkirchen aus. Der „Führer“ entscheidet jedoch anders: Er gibt schließlich am 24. Mai 1940 den Be-
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158 Seiten, fest geb. mit Schutzumschlag, 44 Abb.; ISBN 3-978-939208-64-9 fehl, den Vormarsch auf Dünkirchen anzuhalten. Hitlers bis heute in der Geschichtswissenschaft kontrovers diskutierter „HaltBefehl“ gibt Briten und Franzosen wertvolle Zeit, um einen wirksamen Verteidigungsring um Dünkirchen zu errichten. Sie können groß angelegte Maßnahmen zur Einschiffung ihrer Truppen ergreifen. Insgesamt werden im Rahmen der Operation „Dynamo“ bis zur Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen am 4. Juni 1940 etwa 340.000 Mann, darunter rund ein Drittel Franzosen, über den Kanal nach England gebracht.
Schlacht um Frankreich Zu diesem Zeitpunkt haben auch die belgischen Streitkräfte ihren längst aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt und kapituliert. König Leopold III. wird nahe Brüssel unter Arrest gestellt, sieht sich selbst als Kriegsgefangenen. Mit der Besetzung der Niederlande und Belgiens ist die erste Phase des Westfeldzuges abgeschlossen. Dieser tritt Anfang Juni in seine zweite Phase. Nun beginnt der Kampf um das Zentrum Frankreichs, denn bisher befindet sich nur ein kleiner Teil im Nordosten des Landes in deut-
Korpsbefehl von Gen. Guderian, 26. Mai 1940
„Soldaten des XIX. Armeekorps! Siebzehn Kampftage in Belgien und Frankreich liegen hinter uns. Ein Weg von rund 600 km trennt uns von der Grenze des Reiches. Die Kanalküste und der Atlantische Ozean sind erreicht. Ihr habt auf diesem Wege die belgischen Befestigungen durchstoßen, den Maas-Übergang und den Durchbruch durch die Maginot-Linie auf dem denkwürdigen Schlachtfeld von Sedan erzwungen, das wichtige Höhenmassiv von Stonne genommen und alsdann in schnellem Zufassen über St. Quentin und Péronne die untere Somme bei Amiens und Abbéville er-
Clausewitz 4/2015
ZEITGENÖSSISCH: Signiertes Porträt des populären Generals Heinz Guderian (1888– 1954) mit dem von ihm gewählten Leitspruch: „Wo die Panzer sind, ist immer vorn“. Er gilt als einer der „Väter der deutschen Panzerwaffe“.
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kämpft. Durch die Eroberung der Kanalküste mit den Seefestungen Boulogne und Calais habt Ihr Euren Taten die Krone aufgesetzt. Ich hatte Euch aufgefordert, 48 Stunden nicht zu schlafen. Ihr habt 17 Tage durchgehalten. Ich hatte Euch gezwungen, Flankenund Rückenbedrohungen auf Euch zu nehmen. Ihr habt nie geschwankt. In vorbildlichem Selbstvertrauen und im Glauben an die Erfüllbarkeit Eures Auftrages seid Ihr jedem Befehl mit Hingabe nachgekommen. Deutschland ist stolz auf seine Panzer-Divisionen, und ich bin glücklich, Euch zu führen (...).“ (Auszug)
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940 ZEICHEN DES SIEGES: Deutsche Soldaten passieren den Pariser Arc de Triomphe nach dem Ende des Westfeldzuges während einer Parade im Sommer 1940. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo
ren Panzerverbänden innerhalb weniger Tage bis zur unteren Seine bei Rouen vor. Der Vormarsch gestaltet sich jedoch schwieriger als erwartet, da der keineswegs demoralisierte Gegner vielerorts zähen Widerstand leistet. Aufhalten können die Alliierten die Angreifer jedoch nicht. Auch die Verbände der HGr. A unter Generaloberst Gerd von Rundstedt sind nicht zu stoppen. Sie treten am 9. Juni 1940 zum erneuten Angriff an und erreichen nach der Überquerung der Aisne schließlich die Marne-Linie.
Einzug in Paris
scher Hand. Mansteins „Sichelschnitt-Plan“ sieht neben dem ersten großen Schwenk in Richtung Nordwesten zur Kanalküste eine Art zweiten „Sichelschnitt“ vom Raum Sedan ausgehend bis zur Grenze der Schweiz vor („Fall Rot“). Ziel war es, die dort stehenden französischen Kräfte „im Rücken der Maginot-Linie zu einer Schlacht mit umgekehrten Fronten“ (E. Manstein: Verlorene Siege, S. 124) zu zwingen. Während die Alliierten durch die Evakuierungsaktion nach England zwischenzeitlich personell stark geschwächt sind, können die Deutschen nun
Literaturtipps Frieser, Karl-Heinz: Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940, (=Operationen des Zweiten Weltkrieges, Bd. 2, hrsg. v. Militärgeschichtlichen Forschungsamt), 4. Aufl., München 2012. Umbreit, Hans: Der Kampf um die Vormachtstellung in Westeuropa. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg Bd. 2, hrsg. v. Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart 1979, S. 235–327.
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auf eine Übermacht an Mensch und Material setzen. Die Franzosen stehen nach dem für die alliierte Seite katastrophalen Kriegsverlauf mit dem Rücken zur Wand. Um den weiteren feindlichen Vormarsch aufzuhalten, lässt der alliierte Befehlshaber General
Am 14. Juni marschieren Einheiten der 18. Armee unter Generaloberst Georg von Küchler in die von der französischen Regierung zur „offenen Stadt“ erklärte Hauptstadt an der Seine ein. Mit dem „Fall“ von Paris ist zwar kein bedeutender militärischer Sieg errungen, aber er stellt einen immens wichtigen Prestigeerfolg für die deutsche Seite dar. Der erfolgreiche Durchbruch der Wehrmacht macht es den Alliierten schließlich unmöglich, im nördlichen Frankreich eine neue geschlossene Abwehrlinie aufzubauen. Von der NS-Propaganda wird er frühzeitig als „Stoß ins Herz des Feindes“ gefeiert. Hinzu kommt, dass die Gegenwehr der durch mangelnden Nachschub zusätzlich geschwächten Franzosen nun zusehends an Intensität verliert. Nun ist nicht mehr zu übersehen, dass der im Ersten Weltkrieg von den Deutschen nicht bezwungene Gegner einer vernichtenden Niederlage entgegentaumelt. Hitler spricht bereits in der ersten Junihälfte vom „berühmtesten Sieg in der Geschichte“. Und tatsächlich häufen sich die Hiobsbotschaften für die alliierte, insbesondere die
„Wir sind geschlagen ... Der Weg nach Paris ist frei.“ Der französische Ministerpräsident Paul Reynaud am 15. Mai 1940 zum britischen Premierminister Winston Churchill
Maxime Weygand entlang der Flüsse Somme und Aisne eine improvisierte Abwehrfront („Weygand-Linie“) errichten. Anders als bei der stark befestigten Maginot-Linie handelt es sich um eine eher schwache Verteidigungslinie, deren Ausbau mit feldmäßigen Mitteln zwei bis drei Wochen zuvor begonnen wurde. Sie beginnt an der Kanalküste, folgt dem Lauf der Somme und der Aisne und stößt bei Montmédy auf die Maginot-Linie. Seit dem 5. Juni 1940 rückt die HGr. B unter Generaloberst Fedor von Bock mit ih-
französische Seite. Mitte Juni bricht die französische Front zwischen Ärmelkanal und der Maginot-Linie bei Montmédy südöstlich von Sedan förmlich in sich zusammen. Mit dem Wegbrechen dieses Eckpfeilers des französischen Verteidigungsbollwerkes im Osten des Landes setzt ein Frontalangriff von Verbänden der HGr. C auf die in der Zwischenkriegszeit mit erheblichem Aufwand errichtete Befestigungslinie ein. Der 1. Armee gelingt im Raum Saarbrücken schließlich der Durchbruch durch die Magi-
Franzosen in der Falle not-Linie, ebenso Einheiten der 7. Armee weiter südlich am Oberrhein bei Breisach. Unterdessen ist Italien am 11. Juni an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten. Mussolini verspricht sich von dieser Entscheidung einen Anteil am „Kuchen“ nach der zu erwartenden militärischen Niederwerfung Frankreichs. Allerdings können die italienischen Angriffe auf die Befestigungen im Alpenraum von den dort zahlenmäßig unterlegenen französischen Truppen abgewehrt werden. Auch an vielen Abschnitten der Maginot-Linie leisten die Franzosen trotz der mittlerweile aussichtslosen Gesamtsituation erbitterten Widerstand. Diese punktuellen Erfolge sind angesichts des unaufhaltsamen Vordringens des Gegners in die Weiten des französischen Kernlandes allerdings nicht viel wert. Zuführungen von Verstärkungen auf dem Seewege sind ebenfalls wenig vielversprechend und, wie etwa am 12. Juni bei Cherbourg, häufig zum Scheitern verurteilt. Am 17. Juni 1940 erreichen Guderians Panzertruppen schließlich die Schweizer Grenze, Mansteins Plan des zweiten „Sichelschnitts“ geht auf. Ungläubig nimmt Hitler Guderians entsprechende Meldung entgegen. Der Diktator glaubt sogar an einen Irrtum, doch der
TÖDLICHE FLAMMEN: Eine deutsche Einheit geht unter anderem mit Flammenwerfern gegen einen Bunker der Maginot-Linie vor. Das in der Zwischenkriegszeit mit enormem Aufwand errichtete Befestigungsbollwerk spielt während der Kämpfe von 1940 eine untergeordnete Rolle. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo
„Schnelle Heinz“ versichert ihm: „Bin selbst in Pontarlier an der Schweizer Grenze.“ Das französische Fiasko ist perfekt. Ein Großteil des französischen Heeres ist kurz darauf eingeschlossen: Hunderttausende von Soldaten der 3., 5. und 8. Armee sitzen im „Kessel von Lothringen“ quasi in der Falle.
Zu diesem Zeitpunkt ist der Feldzug im Westen endgültig entschieden. Das weiß auch der greise französische Ministerpräsident Henri Philippe Pétain. Er folgte auf den glücklosen Reynaud und ersucht als eine seiner ersten Amtshandlungen um einen Waffenstillstand.
Unerwarteter „Blitzsieg”
AN HISTORISCHER STÄTTE: Hitler und hochrangige Repräsentanten von Wehrmacht, Partei und SS, darunter Göring (re.), Keitel (hi.) und Himmler (li.), am 22. Juni 1940 im Wald von Compiègne, wo an diesem Tag der Waffenstillstand unterzeichnet wird. Foto: picture-alliance/akg-images
Clausewitz 4/2015
Am 21. Juni 1940 empfängt Hitler mit seinen Begleitern aus Militär und Politik die französische Delegation unter General Charles Huntziger im Wald von Compiègne. Im historischen Eisenbahnschlafwagen, in dem Marschall Ferdinand Foch und General Maxime Weygand im November 1918 die Deutschen empfingen, findet einen Tag später mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandvertrags der letzte Akt des Feldzuges statt. Der am 25. Juni 1940 in Kraft getretenen Waffenruhe folgt die Teilbesetzung Frankreichs, insbesondere im Norden und Westen. Nach eineinhalb Monaten Kampf schweigen damit die Waffen in der „Schlacht um Frankreich“. Diese verlief ganz anders, als von deutscher Seite ursprünglich geplant. Es entwickelte sich ein Bewegungskrieg mit einer besonderen Eigendynamik: Vor allem der schnelle Durchbruch der deutschen Panzertruppen bei Sedan Mitte Mai und das Gelingen des ersten und zweiten „Sichelschnitts“ schufen die Voraussetzungen für den unerwarteten „Blitzsieg“ der Wehrmacht. Dr. Tammo Luther, Jg. 1972, verantwortlicher Redakteur von CLAUSEWITZ und freier Autor und Lektor in Schwerin mit Schwerpunkt „Deutsche Militärgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“.
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
Die Kriegsgegner zwischen Erfolg und Misserfolg
Sieger und Besiegte Mai 1940: Der schnelle Vorstoß der Deutschen über die Schlachtfelder des Krieges von 1914–1918 überrascht alle Beteiligten. Während die Wehrmacht von Erfolg zu Erfolg eilt, geraten die alliierten Truppen massiv unter Druck. Von Tammo Luther
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ass die zahlenmäßig überlegenen Alliierten von der Wucht des deutschen Angriffs förmlich überrollt werden, passt nicht zur bis dahin vorherrschenden Siegeszuversicht der französischen Militärs. Sie rechneten noch am Vorabend des Zweiten Weltkriegs im Falle eines erneuten Krieges mit dem Deutschen Reich fest mit einem alliierten Erfolg. General Maxime Weygand erklärte im Sommer 1939 selbstbewusst: „Die französische Armee ist stärker als jemals in ihrer Geschichte; sie besitzt eine Ausrüstung bester Beschaffenheit, Befestigungen ersten Ranges, eine ausgezeichnete Moral und ein hervorragendes Oberkommando. Keiner von uns wünscht Krieg, aber wenn man uns zwingt, einen neuen Sieg zu erringen, werden wir ihn erringen.“ Diese Zuversicht gründete sich vor allem auf die
stark ausgebaute Maginot-Linie an der Grenze zu Deutschland im Osten Frankreichs. Die Franzosen unter ihrem damaligen Oberbefehlshaber General Maurice Gamelin sahen in der gewaltigen Befestigungslinie ein unüberwindliches Bollwerk, an dem sich die Deutschen die Zähne ausbeißen würden. Auch rechnete die militärische und politische Führung der Alliierten mit einer Art Wiederholung des „Schlieffen-Plans“ und daher mit einem deutschen Hauptstoß durch Belgien in Richtung Paris. Und als im Januar 1940 ein nach Belgien verirrtes deutsches
IN GEFANGENSCHAFT: Ein Soldat der Wehrmacht durchsucht die Taschen von sichtlich fassungslosen französischen Gefangenen. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo
AUFGEGEBEN: Zwei Panzer vom Typ Hotchkiss H-39 am Wegesrand. Viele Soldaten der französischen Armee sind nach den ersten Niederlagen demoralisiert. Foto: Sammlung Anderson
IN DER REICHSKANZLEI: Hitler im Kreise von Generälen der Wehrmacht, die er nach dem Sieg im Westen im Juli 1940 zu Generalfeldmarschällen befördert hat, darunter auch die Heeresgruppenchefs Gerd von Rundstedt, Fedor von Bock und Ritter von Leeb. Foto: picture-alliance/ASSOCIATED PRESS
Flugzeug bei Maasmechelen notlandet und Teile der damals aktuellen Aufmarschpläne für den Angriff im Westen in alliierte Hände fallen, sehen sich die Militärs und Politiker in ihrer Annahme bestätigt. Doch würden die Deutschen nach dem Verlust dieser Pläne beziehungsweise ihrem Bekanntwerden nicht mit einer Abänderung reagieren? Auf diese Idee scheinen die führenden Köpfe in Paris und London nicht gekommen zu sein. Sie machen sich jedenfalls keine ernsthaften Gedanken darüber, welche Maßnahmen der Gegner nach dem Verlust der Geheimdokumente ergreifen würde und gehen weiterhin von einer „Neuauflage“ der alten deutschen Angriffspläne aus.
Fehleinschätzung mit Folgen Diese fatale Fehleinschätzung ist ein bedeutender Grund für den „Blitzsieg“ der Wehrmacht: Deren Soldaten können an vielen Frontabschnitten enorme Geländegewinne in zum Teil atemberaubender Geschwindigkeit erzielen. Vor allem die motorisierten
Clausewitz 4/2015
Einheiten und die Panzerkräfte stoßen schnell ins Landesinnere Frankreichs vor und schaffen die Grundlage für den Erfolg über die militärische Großmacht Frankreich. Der Panzerdurchbruch bei Sedan Mitte Mai 1940 veranlasst Hitler zu dem Ausspruch: „Es ist ein Wunder, ein ausgesprochenes Wunder!“ Wunder vollbringen die Soldaten von Wehrmacht und Waffen-SS während des Westfeldzuges nicht gerade. Aber sie können den Gegner mit ihrem Angriffsschwung überraschen und dass, obwohl die deutschen
Verbände in ihrer Gesamtheit längst keine „BlitzkriegArmee“ darstellen und der französisch-britischen Streitmacht zahlenmäßig sogar unterlegen sind. Lediglich die auf deutscher Seite eingesetzten zehn Panzerdivisionen und sechs motorisierten Infanteriedivisionen können als ausgesprochene „Elitedivisionen“ bezeichnet werden. Der weitaus größte Teil der deutschen Divisionen war aufgrund mangelnder Motorisierung für schnelle Angriffsoperationen weniger geeignet.
Überraschende Erfolge Dennoch: Die Einnahme des stark befestigten Sperrforts Eben Emael bei Lüttich durch wenige Fallschirmjäger, die teilweise ohne Flankenschutz vorgetragenen Panzervorstö-
DOKUMENT
Tagesbefehl von Generaloberst Franz Halder vom 20. Juni 1940 „Frankreichs Wehrmacht ist zerschlagen. In Vorbereitung und Durchführung der Operationen, mit denen dieses Ziel in knappen sechs Wochen erreicht wurde, hat der Generalstab des Heeres die ihm gestellte Aufgabe erfüllt.
Ich danke allen Angehörigen des Generalstabs für ihre Pflichterfüllung. Treu unserer Überlieferung haben wir der Truppe, der unsere Arbeit und unser Herz gehört, den Weg zum Siege bereitet.“
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Titelgeschichte |
Westfeldzug 1940
MIT SYMBOLKRAFT: Ein deutscher Soldat präsentiert eine erbeutete Regimentsfahne, Juni 1940. Foto: ullstein bild – ullstein bild
reichs, Großbritanniens, Belgiens und der Niederlande zum Zeitpunkt des deutschen Angriffs denen der Wehrmacht nicht nur im Hinblick auf die Zahl der Divisionen, sondern auch in Bezug auf die Anzahl der Panzer und der Artillerie überlegen sind.
Alliierte Katastrophe
ße und das erfolgreiche Zusammenwirken von Luftwaffe und Bodentruppen lehren den vielfach mit der Situation überforderten Gegner das Fürchten. Dieser muss schnell erkennen, dass der Stellungskrieg der Vergangenheit angehört und sich in Frankreich stattdessen ein operativer Bewegungskrieg entwickelt.
Überrumpelte Franzosen Ein Unteroffizier einer deutschen Pioniereinheit schildert seine Eindrücke und Gedanken angesichts der nicht selten vollkommen überrumpelten Verteidiger: „Rings um uns, an der Straße, auf dem Hügel und überall lag verlassenes Kriegsmaterial herum in unübersehbaren Mengen. Einige herrenlose Franzosenpferde weideten dazwischen. An uns vorbei aber quoll immer noch der Strom der Gefangenen, fast die ganze Straße füllend, und ab und zu hüben und drüben ein deutscher Soldat im Stahlhelm, das Seitengewehr aufgepflanzt. Endlos! – Endlos! Das Heer der Besiegten!“ Tatsächlich wirkt sich das in alten Mustern verhaftete Denken der fran-
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zösischen Spitzenmilitärs verheerend auf die Situation der Alliierten aus. „Wir sind mit einer Armee von 1918 gegen eine deutsche Ar-
Der alliierte Misserfolg kommt in dieser Deutlichkeit für die Zeitgenossen überraschend: Der französische Historiker Marc Bloch (1886–1944) überschreibt seine unter dem Eindruck des deutschen Sieges vom Juni 1940 verfasste Studie mit dem Titel „Die seltsame Niederlage“ (frz.: L’étrange Défaite). Fest steht: Die militärische Katastrophe der Alliierten in Frankreich ist in hohem Maße auf Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen ihrer militärischen und politischen Entscheidungsträger zurückzu-
„Wir sind mit einer Armee von 1918 gegen eine deutsche Armee von 1939 in den Krieg gezogen. Das ist reiner Wahnsinn.“ General Weygand gegenüber Ministerpräsident Reynaud am 25. Mai 1940
mee von 1939 in den Krieg gezogen. Das ist reiner Wahnsinn“, äußert der damals neu ernannte französische Oberbefehlshaber General Maxime Weygand gegenüber Ministerpräsident Paul Reynaud am 25. Mai 1940. Da nützt es den Verbündeten auch wenig, dass die Streitkräfte FrankMONUMENT: Französisches Denkmal im Wald von Compiègne, das an den Ersten Weltkrieg und die Unterzeichnung des Waffenstillstandes Frankreichs und Großbritanniens mit Deutschland am 11. November 1918 erinnert. Foto: picture-alliance/maxppp
führen. Bloch bezichtigt diese gar der Unfähigkeit, „den Krieg zu denken“. Am Ende des Feldzuges stehen die Deutschen schließlich – anders als 1918 – nur wenige Wochen nach Beginn der Großoffensive als Sieger und die von den Briten unterstützten Franzosen als Besiegte da. Der „Führer“, der mit dem überraschend schnellen Triumph über Frankreich die „Schmach von Versailles“ endlich als getilgt ansieht, „bedankt“ sich am 19. Juli 1940 bei seinen führenden Generälen mit ihrer Beförderung zu Generalfeldmarschällen. Derweil kündigt Premierminister Winston Churchill die Fortführung des Kampfes gegen das „Dritte Reich“ an und prophezeit den alliierten Gegnern Hitlers in ihrer Stunde der Niederlage, dass „ihre größte Stunde“ noch kommen wird.
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
GERINGER KAMPFWERT: Der Renault R-35 ist eine Weiterentwicklung des alten Infanterie-Panzers FT-17. Die Panzerung ist mit 45 Millimetern recht stark, die Bewaffnung (37 mm, 1 MG) jedoch nicht mehr zeitgemäß. Foto: Sammlung Anderson
Einsatz der Panzer an der Front
Haupt- oder Hilfswaffe? Mai 1940: Als die deutsche Westoffensive beginnt, verfügen die Angreifer über deutlich weniger Panzer als die Alliierten. Doch gerade die Panzerverbände der Wehrmacht sind extrem erfolgreich – wie war dieser „Triumphzug“ auf Ketten möglich? Von Thomas Anderson
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er Zweite Weltkrieg wird oft auch als „Krieg der Panzer“ bezeichnet. Diese Einschätzung wird durch die anfangs großen militärischen Erfolge der deutschen Panzerwaffe begründet. Doch anders als das Deutsche Reich haben insbesondere Großbritannien und Frankreich bereits während des Ersten Weltkriegs eine beachtliche Panzerwaffe aufgebaut. Mehr als 6.000 Panzer unterschiedlichster Bauart wurden produziert. Zwar setzte zwischen den Kriegen eine Zeit der Abrüstung ein, da die große Depression der 1920er-Jahre zu Einsparungen zwang. Doch das sollte sich bereits in den 1930er-Jahren wieder ändern. Sowohl England als auch Frankreich investieren nun in neue Entwicklungen. Auch im Deutschen Reich beginnt im Geheimen die Arbeit an den Grundlagen einer eigenen
Panzerwaffe. Der technische Fortschritt beeinflusst und begünstigt die Fähigkeiten der Panzerkampfwagen: Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit, Geländegängigkeit, Reichweite, Panzerschutz und nicht zuletzt ihre Feuerkraft – alles kann laufend verbessert werden. Aufgrund dieser Entwicklung eröffnen sich Schritt für Schritt neue Einsatzmöglichkeiten.
Erweiterte Fähigkeiten Diese erweiterten taktischen Fähigkeiten der Panzer werden von den sich 1940 gegenüberstehenden Kriegsparteien allerdings vollkommen unterschiedlich bewertet. Dies liegt auch daran, dass den Bodentruppen ebenfalls wirkungsvolle Panzerabwehrmittel zur Verfügung stehen. Teilweise beginnt sich gar die Überzeugung durchzusetzen, der Panzer hätte angesichts dieser Abwehrwaffen seine
Anderson
VERWANDT: Der Hotchkiss H-39 entstammt derselben Entwicklungslinie wie der Renault R-35. Das Fahrwerk ist jedoch leistungsfähiger, die Beweglichkeit höher. Trotz einer stärkeren 37-mm-Kanone besitzt auch dieser Panzer Foto: Sammlung Anderson einen eher geringen Kampfwert.
VERLASSEN: Der Char D1 zeigt ein ähnliches Konzept wie der R-35. Er ist mit einer kurzkalibrigen 47-mm-Kanone ausgestattet, die Besatzung wurde um einen Funker verstärkt.
KAMPFSTARK: Mit einem 75-mm-Geschütz in der Wanne sowie der 47-mmKanone im Turm verfügt der B1 über eine bemerkenswert gute Bewaffnung. Foto: Sammlung Anderson
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massenhafte Daseinsberechtigung verloren. So räumt das französische Militär der Infanterie auch bei Kriegsausbuch 1939 und im Kriegsjahr 1940 noch immer besondere Priorität ein. Mittlere Panzer dienen den Fußtruppen der Franzosen als untergeordnete Unterstützungswaffe, um den Soldaten auf breiter Linie den Durchbruch durch die feindlichen Stellungen zu ermöglichen oder aber ihre eigenen Stellungen zu verteidigen. Schwere Kampfpanzer sollen – ähnlich wie Schlachtschiffe – die Kämpfe „überwachen“. Nur wenige Offiziere stellen diese offizielle Doktrin in Frage. Unter ihnen ist Charles de Gaulle (1890–1970), dessen visionäre Vorstellungen vom französischen Generalstab, darunter Gamelin und Weygand, jedoch abgelehnt werden. Dagegen soll sich in Großbritannien ein vorausschauender Offizier zumindest in Teilen durchsetzen. John Fuller, der Planer der Panzeroffensive von Cambrai im Jahr 1917, propagiert den Nutzen großer eigenständiger Panzerformationen, die hochmobil und selbständig eingesetzt werden können. Anfang der 1930er-Jahre findet in England ein erstes Großmanöver statt, das das „alte Denken“ grundlegend in Frage stellen sollte. In den darauffolgenden Jahren werden schnelle, gut bewaffnete Panzer eingeführt, mit denen raumgreifende Operationen möglich sind.
Clausewitz 4/2015
Anders als bei seinen westlichen Nachbarn werden sich im Deutschen Reich die Befürworter des Bewegungskrieges durchsetzen. Die Offiziere Oswald Lutz (1876–1944) und Heinz Guderian (1888–1954) haben die Thesen Fullers und die erbitterte Diskussion in Frankreich mit Interesse verfolgt und ziehen schließlich ihre eigenen Schlüsse.
Weitere Aufrüstung Unter dem Eindruck leerer Staatskassen werden ähnlich wie in Großbritannien zunächst leichte MG-Träger (PzKpfw I) entwi-
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ckelt. Mit dem PzKpfw II wird bald darauf ein etwas größeres Fahrzeug eingeführt, das neben einem Maschinengewehr noch eine 2-cm-Kanone trägt. Mit diesen Waffen lassen sich bis 1936 insgesamt drei Panzerdivisionen aufbauen. Diese leichten Panzer können trotz ihres geringen Kampfwerts wichtige Dienste beim Aufbau der Panzertruppe leisten. Tausende Panzerbesatzungen werden am Gerät geschult. Der Einsatz großer Formationen wird auf den Truppenübungsplätzen im Deutschen Reich geprobt.
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TROPHÄE: Viele französische Panzer werden unbeschädigt erbeutet. Dieser auf den schönen Namen „Mysterieux“ getaufte R-35 wurde wohl bald umlackiert und seiner neuen Bestimmung in deutschen Diensten übergeben. Foto: Sammlung
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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940
WIEDER ZU HAUSE: Männer des PzRgt 6 (3. PzDiv) feiern das Ende des Feldzuges gegen Frankreich. Der vordere Panzer ist Foto: Sammlung Anderson ein PzKpfw IV.
IM GEFECHT: Eine gemischte Vorausabteilung. Zwei PzKpfw III sichern zu den Seiten, 2-cm-Flak auf Selbstfahrlafette sucht nach einem Ziel. Ein Kradmelder versucht gebückt, die Kompanieführung zu Foto: Sammlung Anderson erreichen.
MITTLERER PANZER: Dieser PzKpfw IV der 1. PzDiv wurde an einem Waldrand Foto: Sammlung Anderson untergezogen.
ÜBERHOLT: Die Deutschen verfügen über eine Vielzahl leichter Panzer. Mit zwei MG ausgerüstet, waren diese für das Gefecht nicht mehr geeignet. Hier passiert ein PzKpfw I Ausf B einen FCM 36, ein leichter französischer Panzer, der 1940 ebenfalls veraltet war. Foto: NARA
In der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre entwickelt man in Deutschland kampfkräftigere Panzer. Der PzKpfw III soll als Hauptkampfpanzer mit seiner 3,7-cm-Kanone den direkten Kampf gegen gegnerische Panzer aufnehmen können. Seine 3,7-cm-Kampfwagenkanone (KwK) kann panzerbrechende Granaten und Explosivgeschosse verschießen. Dem technisch ähnlichen PzKpfw IV fällt hingegen die Aufgabe eines Unterstützungspanzers zu. Er soll mit seinem kaliberstärkeren 7,5-cm-Geschütz den Vormarsch der eigenen Panzerkompanien decken und die Infanteriewaffen des Gegners ausschalten oder niederhalten. Aufgrund begrenzter Finanzmittel verläuft die Einführung dieser mittle-
INFO
Artilleristische Aufgabe Schließlich fließen immer mehr mittlere Panzer in die Panzerkompanien. Standen in Polen 1939 auf deutscher Seite neben 2.200 leichten Panzern nur weitere 500 mittlere Panzer zur Verfügung, so sollte sich das Ver-
hältnis ein halbes Jahr später deutlich ändern. In Frankreich sind zirka 1.500 leichte und 950 mittlere Panzer im Einsatz. Folgender Gefechtsbericht veranschaulicht einen eher untypischen Einsatz eines PzKpfw IV, als am 24. Mai 1940 Vorausabteilungen des Panzer-Regiments 1 (PzRgt 1) die Kanalküste erreichen: „Bericht der 8./Panzer-Regiment 1 über das Gefecht bei St. Folouin am 24. Mai 1940 – Aufgabe: Ein Zug der 4. Kompanie, der 8. Komp. unterstellt, soll den Schützen bei Erweitern des Brückenkopfes vorwärtshelfen. (...) Durchführung: Der erste Kanal, der schon am Tage vorher von uns genommen war, wird ohne Schwierigkeiten überwunden. Die Panzer geben den Schützen Feuerschutz,
Technische Daten
Gewicht Motorleistung Leistungsgewicht Besatzung Bodenfreiheit Bodendruck Höchstgeschwindigkeit Max. Panzerung Front Hauptbewaffnung
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ren Panzer vor dem Kriegsausbruch im Jahr 1939 nur langsam. Doch als im Zuge der Eingliederung des Sudetenlandes im Oktober 1938 und der Errichtung des „Reichsprotektorates Böhmen und Mähren“ im Frühjahr 1939 dem Deutschen Reich eine leistungsfähige Rüstungsindustrie zufällt, können mit den Panzern aus tschechischer Produktion weitere Divisionen der Wehrmacht ausgerüstet werden.
PzKpfw II Ausf A
PzKpfw IV Ausf D
PzKpfw 38 (t)
8,9 t Otto 140 PS 16 PS/t 3 0,35 m 0,73 kg/cm² 39,5 km/h 35 mm 2 cm
20 t Otto 265 PS 13,2 PS/t 5 0,40 m 0,83 kg/cm² 42 km/h 30 mm 7,5 cm L/24
9,7 t Otto 125 PS 12,8 PS/t 4 0,40 m 0,57 kg/cm² 42 km/h 25 mm 3,7 cm L/48.7
Renault R-35
Somua S-35
9,8 t 20 t Otto 82 PS Otto 190 PS 8,4 PS/t 9,5 PS/t 2 3 0,32 m 0,42 m 0,86 kg/cm² 0,85 kg/m² 19 km/h 37 km/h 32 mm, Turm 45 mm 35 mm, Turm 55 mm 37 mm L/21 47 mm L/32
Cruiser Mk II A 14,5 t Otto 150 PS 10,3 PS/t 5 0,44 m 0,94 kg/m² 28,7 km/h 30 mm 40 mm L/52
Ernstzunehmende Gegner um sie an den zweiten Kanal herankommen zu lassen. Dann fahren die Panzer bis an den Kanal heran und geben den Schützen vom diesseitigen Ufer und zum Übersetzen und zum Erweitern des Brückenkopfes Feuerschutz. (...) Die PzKpfw IV schießen inzwischen ein Haus nach dem anderen, in denen sich die Franzosen mit ihren MGs eingenistet haben (...) zusammen. In diesem Unternehmen haben die PzKpfw IV eine absolut artilleristische Aufgabe im engsten Zusammenarbeiten mit den Schützen übertragen bekommen. Die Aufgabe ist in vollem Umfange erfüllt worden (...)“
Tödliche Bedrohung Die erwähnten Panzer verschießen Sprenggranaten, deren Zünder auf Verzögerung gestellt sind. So durchbrechen sie die Hauswände, um im Innenraum zu detonieren. Allerdings stellt die schwache Panzerung schnell ein Problem für die Panzertruppe dar. Laut ihres taktischen Auftrages sollen die PzKpfw IV aus der Ferne wirken, das heißt außerhalb der Reichweite feindlicher Panzer oder Panzerabwehrkanonen (Pak). Im Zuge des sich während des Westfeldzuges entwickelnden Bewegungskrieges erweist sich dies jedoch schnell als illusorisch: Die 30-mm-Frontpanzerung wird bereits durch die leichte 25-mm-Pak auf bis zu 500 Meter, von der 47-mm-Pak auf bis zu 1.500 Meter durchschlagen. Überhaupt stellt die alliierte Panzerwaffe trotz der großen militärischen Anfangserfolge der Deutschen weiterhin eine tödliche Bedrohung für die Angreifer dar. So zeigt sich am 6. Juni 1940 auf dem Weg nach Amiens,
PzKpfw 38 (t) 2-Mann-Turm
Foto: Sammlung Anderson
125-PS-Motor
Leistungsfähiges Laufwerk für hohe Geschwindigkeiten
Clausewitz 4/2015
AUF DEM VORMARSCH: Ein Panzer III der Wehrmacht in Frankreich im Juni 1940. Foto: ullstein bild – Süddeutsche ZeitungPhoto/Scherl
dass massierte gegnerische Panzerangriffe für die deutschen Verbände durchaus Probleme schaffen können. Ein Auszug aus dem Kriegstagebuch des PzRgt 35 zeigt dies deut-
Kp ist es unmöglich, bei diesem ungleichen Kampf von allen Seiten das Dorf zu halten.“ Es zeigt sich: Die moderneren französischen Panzer sind ernstzunehmende Gegner. Oft gelingt es nur der Feldartillerie oder der gefürchteten 8,8-cm-Flak ihrer Herr zu werden. Aber: Die Alliierten zeigen sich kaum in der Lage, örtliche Erfolge auszunutzen. Es fehlt häufig an kompetenter Führung von vorderster Front aus. Auch das Fehlen einer Funkverbindung in den meisten Panzern wirkt sich negativ aus. Dennoch: Der deutsche Großangriff im Westen ist aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit der deutschen Panzerwaffe ein riskantes Unternehmen. Zumal den Alliierten eine erhebliche Anzahl an modernen Panzern zur Verfügung steht. Frankreich al-
„Das Gelingen unseres Angriffs kam mir (...) fast wie ein Wunder vor.“ Heinz Guderian in seinen „Erinnerungen eines Soldaten“, Ausg. v. 1951, S. 95
lich. Dort heißt es unter anderem: „Der Morgen des 6. Juni beginnt damit, dass es aus allen Häusern von Fonches schießt. Ein Angriff der 2. Kp, unterstützt durch 1. Kp SchtzRgt 12 und eine Flakbatterie ist nötig, um den Widerstand zu brechen. (...) Die Ortschaft gleicht einer Festung. Auch Pak schießt. Lt. Reese wird beim Beobachten aus dem Turm tödlich verletzt. Trotzdem wäre Wegnahme der Ortschaft gelungen. Da greifen 14 Somua PzKpfw die 8. Kp von hinten an. Den wenigen schweren Wagen der
Sehr gute Beobachtungsmöglichkeiten 3,7 cm KwK 4 Mann Besatzung mit klarer Aufgabenverteilung
schwacher Panzerschutz durch genietete Konstruktion
lein kann 400 mittlere Panzer von Typ S-35 sowie 400 schwere Panzer vom Typ B1 aufbieten. Das Britische Expeditionskorps verfügt neben einer großen Zahl an leichten Panzern auch über 150 Cruiser Tanks und 23 „Matilda II Infantry Tanks“.
„Motor als Waffe” In weitaus größerem Maße als während des Feldzuges in Polen soll sich im Lauf des Westfeldzuges bei den Angreifern jedoch die Auffassung des modernen Bewegungskrieges durchsetzen, der eine besondere Eigendynamik während der Kämpfe entwickelt. Die deutschen Gefechtsfahrzeuge sind mit Funk ausgerüstet. Auf die kleinste Veränderung der Lage kann man sofort reagieren. Die Zusammenarbeit mit der Luftwaffe funktioniert. Gebündelte Angriffe in Schwerpunkten durchbrechen die gegnerischen Linien. Nach dem Durchbruch fächern die motorisierten Verbände auf. Die Franzosen hingegen haben ihre Panzerwaffe vor allem auf die Frontverbände aufgeteilt. Dem überraschend wuchtigen Ansturm der Deutschen haben sie daher nur wenig entgegenzusetzen. Gegenangriffe sind kaum möglich, da die eigenen Kräfte weit verstreut sind. Dagegen kann die Wehrmacht unter Ausnutzung der Durchschlagskraft ihrer Panzer und deren Einsatz als operative Waffe im Westen einen in dieser Form nicht für möglich gehaltenen militärischen Erfolg erringen. Thomas Anderson, Jg. 1958, ist als freier Autor tätig.
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Menschen & Geschichten
Panzerkommandant berichtet über Geheimwaffe
Lichtstrahl statt Kanonendonner Leslie Scull ist wahrscheinlich der letzte Zeitzeuge, der über den Einsatz dieser sonderbaren Geheimwaffe berichten kann: den „Canal Defence Light“-Panzer der britischen Armee. Von Ulrich Pfaff
PORTRÄT: Leslie Scull als Corporal im 49th RTR 1941. Das Ärmelabzeichen oberhalb der Winkel weist ihn als Fahrzeugfunker aus. Foto: Scull
V
on dem „Canal Defence Light“, abgekürzt CDL, versprechen sich die britischen Truppen einen besonderen taktischen Vorteil. Leslie Scull ist einer der wenigen britischen Panzerkommandanten, die im Zweiten Weltkrieg einen solchen Spezialpanzer zur Gefechtsfeldbeleuchtung befehligen. Leslie Victor Scull tritt 1938 als 16-Jähriger in die britische Armee ein. Als der Zweite Weltkrieg im September 1939 ausbricht, ist er Funker im 44th (Batallion) Royal Tank Regiment (RTR), das mit genau zwei Exemplaren des veralteten „Vickers Medium Mk. II”Panzers ausgerüstet ist. Als die britischen Expeditionsstreitkräfte sich im Mai 1940 aus Dünkirchen in Nordfrankreich über den Kanal zurückziehen, wird Scull zum 49th RTR versetzt. Der Verband ist zunächst nur mit Klein-Lkw (Austin Utility Truck) ausgerüstet – schließlich erhält das Bataillon die aktuellen Matilda Infantry Tanks („Matilda II”) mit dem 2-Pfünder-Geschütz. Diese Fahrzeuge sind es auch, die im Januar 1942 dem Bataillon eine neue Rolle geben: Statt eines Geschützes mit einem Hochleistungsscheinwerfer ausgerüstet, sollen sie unter dem Tarnnamen „Canal Defence Light“ taktische Vorteile auf dem Gefechts-
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feld schaffen. Den Panzersoldaten wird dies auf einem Übungsgelände im Norden Englands vorgeführt: „Wir erkannten das vertraute Quietschen der ,Matilda’-Ketten in der Dunkelheit. Im selben Moment wurden wir als Zuschauer geradezu an unseren Platz gebannt, als sechs blendend helle Lichter aus einer nicht erkennbaren Entfernung die Stellung taghell erleuchteten“, berichtet Scull. „Es gab einem das fürchterliche Gefühl absoluter Nacktheit.“
Höchste Geheimhaltung Die übungsmäßig geforderten Verteidigungsmaßnahmen seien kaum möglich gewesen, erinnert sich Scull: „Man konnte die Visiereinrichtungen nicht koordinieren. Ein plötzlicher Wechsel der Lichtstrahlen in einen An-Aus-Rhythmus machte es dem Auge unmöglich, irgendetwas einigermaßen zuverlässig zu erkennen. Diese erschreckende
Erfahrung wurde noch verstärkt durch einen plötzlichen Druck auf der Brust. Er kam von den Bajonetten der Infanterie, die unerkannt bis zu unserer Stellung vorgedrungen war.“ Die effektive Waffe, die das „Canal Defence Light“ offensichtlich darstellt, sollte in den kommenden zweieinhalb Jahren Leslie Sculls Dienst bestimmen. Sein Bataillon wird auf dem Stützpunkt Lowther Castle bei Penrith im Lake District auf einen späteren Einsatz bei der alliierten Landung auf dem europäischen Festland vorbereitet. Mit einer größeren Zahl an umgerüsteten „Matilda II” übt das Bataillon den Umgang mit den Hochleistungsscheinwerfern und die Befehlsstruktur für den taktischen Einsatz. „Langsam aber sicher wurden die Panzerbesatzungen zu Kreaturen der Nacht“, berichtet Scull. „Wir kamen von den Übungsbahnen vor der Morgendämmerung zurück, und die gepanzerten Monster und ihre ge-
IM TURM: Der vertikale Schlitz ist die Austrittsöffnung für den Lichtstrahl des CDL. Rechts daneben befindet sich die Kugelblende für ein 7.92 mm Besa-MG. Foto: Scull
heime Ausrüstung genossen bei Wartung und Fehlerbehebung absolute Priorität.“ Die Geheimhaltung habe sich stets auf höchstem Level befunden – „aber unsere Aktivitäten waren während der nächtlichen Übungen kaum zu verbergen: Der immense weiße Lichtstrahl erleuchtete die gesamte Umgebung und wurde in den Nachthimmel reflektiert, was meilenweit zu sehen war. Die Polizei in Newcastle upon Tyne, 60 Meilen entfernt, wurde mit ängstlichen Nachfragen aus der Bevölkerung überhäuft.“
„Grant” ersetzt „Matilda”
HINTERGRUND
„Canal Defence Light“ (CDL)
BESONDERHEIT: Das einzige erhaltene Exemplar eines CDL auf Basis des „Matilda II Infantry Tank“ befindet sich heute im Tank Museum in südenglischen Bovington.
Im August 1942 ist die neue Waffe so weit einsatzbereit, dass für Premierminister Winston Churchill eine Vorführung organisiert wird. Im Frühjahr 1943 verlegt das Bataillon an die englische Ostküste in der Nähe von Newcastle. Die engen und langsamen „Matildas” werden von amerikanischen „M3 Grants” abgelöst – deren Vorteil ist vor allem eine zusätzliche Bewaffnung: Die „M3 Grants” verfügen über ein 75-mm-Geschütz in der Wanne, eingebaut in einem seitlichen Erker. Als am 6. Juni 1944 die alliierte Landung in der Normandie beginnt, sind die Soldaten des 49th RTR enttäuscht, nicht daran teilzunehmen, wie andere Verbände ihrer 79th Armoured Division. Erst am 11. August wird das Bataillon mit der gesamten 1st Army Tank Brigade nach Frankreich verlegt und bezieht ein Lager in der Nähe von Tilly-sur-Seulles in der Normandie. Die CDL warten auf einen Einsatz. „Unter uns herrschte eine furchtbare Atmosphäre von Inaktivität und Langeweile“, beschreibt Scull die Situation in Frankreich. Verantwortlich dafür ist die akribische Geheimhaltung: Aus mangelndem Wissen über die Existenz des CDL berücksichtigen die Stäbe und Truppen-Kommandeure die „Licht-Waffe“ nicht in ihren Einsatzplanungen. Hinzu kommt der schnelle
Vormarsch der alliierten Truppen, die nach dem Ausbruch aus der Normandie zum Bewegungskrieg übergehen. Die Geheimwaffe kommt zwar bei den Kämpfen im Westen 1944/45 mehrfach zum Einsatz und erweist sich bei Sicherungsaufgaben als nützlich, sie kann aber im Gefecht keine entscheidende Wirkung erzielen. Sergeant Scull und die vier Besatzungen seines Troops verlangen schließlich – zusammen mit weiteren Soldaten des 49th RTR – am 7. Oktober ihre Versetzung zur kämp-
MINIATUR: „Gander“ lautete der Name, den Sergeant Scull und seine Crew ihrem „Grant CDL“ gaben, den sie ab 1943 nutzten. Das Modell im Maßstab 1:35 entstand nach den Schilderungen von Scull. Foto: Autor
ALTE KAMERADEN: Leslie Scull (li.) mit Cecil Newton von der B-Squadron der 4th/7th Royal Dragoon Guards. Beide wurden bei Gefechten im Februar 1945 in ihren „Sherman“-Panzern schwer verwundet. Foto: Autor
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Aufgabe des CDL ist es, feindliche Truppen während des Vorrückens zu blenden und so den eigenen Einheiten einen Sichtschutz bis zum Erreichen der gegnerischen Stellungen zu bieten. Das Hauptmerkmal des CDL ist eine Kohlenbogenlampe mit einer Lichtleistung von 13.000 Kerzenstärken (1 candela entspricht 1 Lux auf 1 Meter Entfernung) und einem Hohlspiegel, rechts im Turm des Panzers montiert. Der daraus erzeugte Lichtstrahl, der durch einen 60 x 5 cm großen, elektrisch zu öffnenden Schlitz in der Turmfront projektiert wird, ist auf eine Entfernung von 914 Metern 320 Meter breit und 2,75 Meter
hoch. Bei einer geschlossenen Licht-Front auf 914 Metern sieht der taktische Einsatz einen Abstand der Fahrzeuge von 27 Metern vor. In diesen Lücken sollen die Einheiten aufgestellt werden, die dann auf die feindlichen Stellungen vorrücken. Die 1st Army Tank Brigade der 79th Armoured Division besteht 1942 aus den drei Bataillonen: 11th, 42th und 49th RTR mit insgesamt 162 „M3 Grant CDL“. Diese drei Bataillone erhalten im Oktober 1944 neue Aufgaben und werden umgerüstet. Zum Einsatz kommen die CDL in Stärke einer Kompanie beim Rheinübergang bei Wesel im März 1945 und später bei Sicherungsaufgaben an der Elbe.
NAHAUFNAHME: Das Herzstück des CDL ist eine leistungsstarke Kohlenbogenlampe mit Hohlspiegel, heute ein Museumsstück im Tank Museum in Bovington. Fotos (2): Scull
fenden Truppe, der noch am selben Tag entsprochen wird. Die neue militärische Heimat der 20 Männer: ein kampferfahrenes Panzerregiment, das schon bei der Landung am „D-Day” in der ersten Welle mit dabei war – die 4th/7th Royal Dragoon Guards, ausgerüstet mit „Sherman”-Panzern. Scull bildet in der B-Squadron mit seinen Leuten erneut einen Troop von vier Panzern. Er selbst kommandiert einen „Firefly“, eine „Sherman”-Version mit dem gefürchteten 17Pfünder-Geschütz, das auch deutsche „Tiger“ knacken kann. Sculls aktive Teilnahme am Zweiten Weltkrieg endet am 23. Februar 1945 auf einem Bauernhof bei Goch am Niederrhein: Die Hohlladung einer Panzerfaust detoniert am Turm seines Panzers. Sergeant Scull überlebt mit schweren Kopfverletzungen. Im Lazarett erfährt er, dass er die „Military Medal”, eine der höchsten Tapferkeitsauszeichnungen der britischen Armee, erhalten hat.
Ulrich Pfaff, Jg. 1965, ist Redakteur und hat sich als freier Journalist unter anderem auf Themen zur Militärgeschichte spezialisiert.
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Schlachten der Weltgeschichte
Die Schlacht von Solferino
„Ein Sieg für Italien!“ 24. Juni 1859: Französische und piemontesisch-sardische Truppen treffen in Norditalien auf österreichische Verbände. Der Zusammenprall wird zur blutigsten Schlacht seit Waterloo – und zur Geburtsstunde des Roten Kreuzes. Von Alexander Querengässer
BLUTIGER KAMPF UM ITALIEN: Französische Truppen beim Vormarsch auf dem Schlachtfeld von Solferino, südlich des Gardasees. Der Kampf, der unglaublich viele Tote und Verwundete fordert, veranlasst den Augenzeugen Henri Dunant später zur Gründung des Roten Kreuzes Abb.: picture alliance/Leemage in Genf.
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Österreich Truppenstärke: 119.783 Mann Infanterie, 9.420 Kavalleristen, 429 Geschütze Verluste: zirka 22.000 Mann
Frankreich Truppenstärke: 82.935 Infanteristen, 9.162 Kavalleristen, 240 Geschütze
Sardinien Truppenstärke: 37.174 Infanteristen, 1.562 Reiter, 80 Geschütze Verluste: zirka 17.000 Mann (inklusive Franzosen)
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Schlachten der Weltgeschichte | Solferino 1859 LIEBLICHE LANDSCHAFT MIT GRAUSAMER GESCHICHTE: Das Schlachtfeld von San Martino heute. Der Kampf der piemontesisch-sardischen Truppen findet hier parallel zur Abb.: Autor Schlacht der Franzosen bei Solferino statt.
HINTERGRUND
I
n den Abendstunden des 4. Juni 1859 stürmt die Infanterie des II. französischen Korps unter General MacMahon das kleine Dörfchen Magenta östlich des Ticino. Nach diesem hart umkämpften Sieg marschiert die vereinigte französisch-sardische Armee auf Mailand, das die Österreicher kampflos preisgeben müssen. Die österreichischen Truppen ziehen sich nach Osten zurück, tief in das scheinbar unüberwindliche Quadrilatero hinein. Hier, zwischen den Festungen Peschiera, Mantua, Verona und Legnago, hat bereits Feldmarschall Radetzky 1848 die sardischen Streit-
SCHLAG INS GESICHT: Die Niederlage der Österreicher führt zum Verlust der Lombardei.
Der Sardinische Krieg
Der Krieg ist ein Produkt des sardischen Außenministers Camillo di Cavour, dem es 1858 gelingt, ein Bündnis mit Frankreich zu schließen. 1859 provozieren er und Napoleon III. Österreich zu einem Präventivschlag, wodurch für Frankreich der Bündnisfall eintritt. Durch Ausnutzung der Eisenbahnlinien können die Franzosen ihre Truppen rasch ins Piemont verlegen und die
kräfte geschlagen. Kaiser Franz Joseph, der sich mit frischen Truppen zu seiner Armee nach Italien begibt, hofft, diesen Erfolg wiederholen zu können. Am 17. Juni tritt Feldzeugmeister Gyulai formal vom Oberbefehl über die österreichischen Truppen zurück, die nun direkt vom Kaiser befehligt werden. Ihm zur Seite steht Franz von Schlick, ein erfahrener General, der in der Völkerschlacht bei Leipzig ein Auge verloren hat. Die Truppen werden in zwei Armeen organisiert. Jede umfasst vier Infanteriekorps und eine Kavalleriedivision. Am 20. Juni ziehen sich beide Armeen über
Der Verlierer: Franz Joseph I. (1830–1916) Für den jungen Kaiser stellt Solferino nur einen ersten Schritt in der Destabilisierung des gewaltigen Vielvölkerstaates dar, den er seit 1848 regiert. Nach der Schlacht wird der Kaiser nie mehr selbst eine Armee kommandieren. Mit zunehmendem Alter erstarren seine politischen Ansichten und sein Staat. Außenpolitisch sind seine letzten Regierungsjahre von zunehmenden Konflikten auf dem Balkan geprägt. Als er 1916 mitten im Ersten Weltkrieg stirbt, hinterlässt er ein ausgehöhltes Reich. Abb.: picture-alliance/akg-images/Erich Lessing
Österreicher in einer Reihe von Gefechten und Schlachten schlagen. Nach Solferino ziehen diese sich ins Quadrilatero zurück und nehmen kurz darauf Friedensverhandlungen auf. Im Frieden von Zürich verliert Österreich die Lombardei, die von Napoleon III. im Austausch gegen Nizza an das wachsende Königreich Vittorio Emmanueles übergeben wird.
den Mincio zurück, ein breiter, aber flacher Fluss, der die Festungen Mantua und Peschiera am Gardasee verbindet.
Aufmarsch der Kontrahenten Die verbündeten Franzosen und Italiener folgen ihnen sehr vorsichtig. Die französische Armee besteht aus fünf gemischten Korps und der Garde. Sie bietet einen sehr bunten Anblick. Unter den Regimentern Napoleons III. befinden sich die exotisch anmutenden Zuaven, leichte Truppen in weiten Pluderhosen, kurzen Jacken und mit einem Fez auf dem Kopf. Das Marschgepäck der Linieninfanterie ist vom Kaiser erleichtert worden. Die schweren Tschakos und die alten Uniformröcke bleiben in Frankreich. Die Männer tragen stattdessen nur ihre dunkelblauen Mäntel und leichte, rote Képis, eine Uniform, die sich bis in den Ersten Weltkrieg hinein wenig ändert. Die französische Artillerie ist die erste der Welt, die über eine große Anzahl gezogener Geschütze verfügt. Napoleon III. führt diese Waffe auf dem Schlachtfeld ebenso beweglich wie sein berühmter Onkel. Die sardische Armee besteht aus fünf Infanterie- und einer Kavalleriedivision und ist nach französischem Vorbild aufgestellt. Auch sie verfügt
Zufälliges Zusammentreffen AUF EXPANSIONSKURS: Napoleon III. unterstützt Sardinien-Piemont gegen Österreich und gewinnt so Gebiete für Frankreich: Nizza und Savoyen. Abb.: picture alliance/Leemage
Der Sieger: Napoleon III (1808–1873) Der Neffe Napoleons I. wird im Zuge der Revolution von 1848 Präsident der II. Republik. Nach einem Staatsstreich errichtet er 1851 das Kaiserreich seines Onkels von neuem. Napoleon III. hat zwar keine militärische Ausbildung genossen, ist aber ein aufgeschlossener Autodidakt. Er entwickelt selbst neues Geschützmaterial. Allerdings fehlen ihm der strategische Weitblick und das taktische Geschick seines Vorfahren. Im Sardinischen Krieg hat er zwar den Oberbefehl über die französische Armee, die wahre Führung liegt jedoch bei seinen Generalen. Im Deutsch-Französischen Krieg wird er 1870 in der Schlacht bei Sedan gefangen genommen und stirbt drei Jahre später im Exil.
über speziell ausgebildete leichte Infanterieverbände, die Bersaglieri, die einen breitkrempigen Hut mit Hahnenfedern tragen und mit einem gezogenen Karabiner bewaffnet sind. Als klar ist, dass die Österreicher sich über den Mincio zurückgezogen haben, rücken die Verbündeten an den Chiese vor, einen weiter westlich verlaufenden Fluss. Die Sarden marschieren auf dem linken Flügel auf, die Franzosen auf dem rechten. Am 22. Juni ziehen sie vorsichtig weiter nach Osten und bleiben zwischen den beiden Flüssen stehen. Das Gelände südlich des Gardasees wird von sanften Hügeln und tiefen Geländefalten durchzogen und ist nicht leicht einzusehen. Am 23. Juni lassen die Franzosen einen Heißluftballon aufsteigen. Zwar können die Beobachter stärkere österreichische Kolonnen ausmachen, diese werden jedoch als Patrouillen interpretiert. Die französischen Marschälle und Generale können sich nicht vorstellen, dass die Österreicher, nachdem sie den Chiese kampflos preisgegeben haben, nun ausgerechnet am Mincio die Schlacht suchen würden. Doch genau das hat Franz Joseph vor. Am 22. Juni schlägt er alle Warnungen seiner Generale in den Wind und befiehlt einen Ge-
genstoß über den Mincio. Er hofft, die gegnerische Armee beim Übergang über den Chiese angreifen und einen taktischen Erfolg erringen zu können. Die zweite Armee unter dem persönlichen Befehl von Franz Graf Schlik steht auf dem rechten, die erste Armee unter Franz von Wimpffen auf dem linken Flügel. Die beiden Armeen rücken am 23. Juni auf einen Höhenzug vor, der sich zwischen dem Mincio und dem Chiese erstreckt. Dieser Höhenzug zieht sich von dem kleinen Hügel San Martino, etwa vier Kilometer vom Gardasee entfernt, bis zum Dorf Solferino. Er wird von kleinen Einschnitten und Tälern durchzogen. An den Hängen haben die Bauern Wein, Oliven und Maulbeerbäume gepflanzt. Westlich von Solferino erhebt sich ein alter mittelalterlicher Burgturm, der Spia d’Italia, von dem sich das gesamte Schlachtfeld einsehen lässt. Südlich von Solferino wird das Gelände hingegen flacher und offener. Der österreichische Plan sieht vor, dass die Kavallerie diese Ebene durchstreifen und die beiden Armeen sich bei Montechiaro vereinen sollen.
Umkämpfter Friedhof Obwohl die beiden Armeen am Abend des 23. Juni nur wenige Kilometer voneinander trennen, haben die Österreicher keine genauen Vorstellungen, wie weit östlich sich die Gegner befinden. Sie treffen keinerlei Vorsichtsmaßnahmen. Auch Napoleon III. befiehlt für den Folgetag einen weiteren Vormarsch nach Osten. Die Marschziele, die den Korps angewiesen werden, sind jedoch bereits von den Österreichern besetzt. Die Franzosen verfügen über das I., II., IV. und Teile des III. Korps, sowie die Garde. Sie besitzen nur halb so viele Geschütze wie die Österreicher, aber diese haben dafür eine wesentlich höhere Reichweite und Zielgenauig-
keit. Die Sarden führen vier Divisionen und Teile ihrer Kavallerie in den Kampf. Die Schlacht, die sich in den frühen Morgenstunden des 24. Juni 1859 entwickelt, ist so von keiner Seite geplant worden. Beide Armeen rennen fast blind ineinander. Gegen sechs Uhr stößt die Vorhut des französischen I. Korps westlich von Solferino auf österreichische Vorposten und treibt sie auf die Hügel zurück. Anschließend versuchen die Franzosen, die Höhen um den Spia d’Italia und den Friedhof von Solferino zu stürmen, werden aber mehrere Stunden lang durch das Feuer von zwei österreichischen Brigaden abgewiesen. Gegen elf Uhr beordert Napoleon III. frische Kräfte nach vorn, doch sie werden abgewehrt. Allerdings machen sich nun erste Auflösungserscheinungen bei den Österreichern bemerkbar. Teile des weiter südlich liegenden I. österreichischen Korps werden nach Solferino verlegt, was jedoch die linke Flanke schwächt. Hier ist in den Vormittagsstunden das französische II. Korps unter MacMahon, der auf dem Schlachtfeld von Magenta zum Marschall befördert worden war, aufmarschiert. MacMahon soll die Stellungen halten, bis das IV. Korps auf dem Schlachtfeld eingetroffen ist, und danach den Angriff im Zentrum verstärken. Doch gegen 8.30 Uhr, vom IV. Korps ist noch nichts zu sehen, tauchen zwei österreichische Korps im Nebel auf. Es handelt sich um das IX. und III. Korps unter General Franz von Schaffgotsche und Feldmarschallleutnant Edmund zu Schwarzenberg. Die Österreicher sollen über die offene Ebene auf Castiglione marschieren. MacMahon bereitet sich darauf vor, den Angriff abzuwehren. Ein heftiges Artillerieduell beginnt, bei dem die DER TRAUM VON ITALIEN: Der Sieg Vittorio Emmanueles ist ein wichtiger Schritt hin zu einer geeinten Nation.
Der Verbündete: Vittorio Emmanuele II. (1820–1879) Im Ersten Italienischen Unabhängigkeitskrieg 1848/49 kämpft der savoyische Prinz als General. Nach der Abdankung seines Vaters wird er 1849 König von Sardinien-Piemont. Er erweist sich als liberaler Herrscher und trennt die Kirche vom Staat. Nach dem Sardinischen Krieg beginnt er seinen Traum von der Vereinigung Italiens in die Tat umzusetzen. Nach vielen Feldzügen kann Vittorio Emmanuele 1870 schließlich Rom erobern. Abb.: picture-alliance/akg-images/Cameraphoto
Clausewitz 4/2015
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Schlachten der Weltgeschichte | Solferino 1859 MITTEN IM SCHLACHTGETÜMMEL: Napoleon III. während des Kampfes. Im Hintergrund ist der Spia d’Italia zu sehen. In der Schlacht von Solferino gelingt den Franzosen und den verbündeten Italienern der entscheidende Abb.: Slg. A. Querengässer Sieg über Österreich.
gezogenen französischen Geschütze mehrere der glattläufigen österreichischen Kanonen ausschalten können. Schließlich tauchen südlich des Kampffeldes Divisionen der französischen Gardekavallerie auf, die einige berit-
III. Korps treffen auf dem Schlachtfeld ein, sodass MacMahon seine Truppen nun ins Zentrum verlegen kann. Hier tobt nach wie vor ein heftiger Kampf um die Hügel vor Solferino. Das österrei-
„Da sind einige, bei denen Mantel, Hemd, Fleisch und Blut eine unbeschreibliche, schauervolle Mischung bilden [...].“ Henry Dunant über die Szenen, die sich in den provisorischen Lazaretten auf dem Schlachtfeld abspielen
tene Batterien in Stellung bringen und die Österreicher unter Kreuzfeuer nehmen. Eine österreichische Batterie, die vorrückt, um den Rückzug der eigenen Geschütze zu decken, verliert fünf von sechs Kanonen, bevor diese in Stellung gehen können.
Kampf um San Cassiano Kurz darauf erscheint das IV. Korps auf dem Schlachtfeld. Die französische Kavallerie geht zum Angriff über, kann die österreichischen Reiter zurückdrängen und Teile der feindlichen Infanterie isolieren, die von der eigenen nachrückenden leichten Infanterie gefangen genommen wird. Auch Teile des
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chische VII. Korps verstärkt die Verteidiger, die von ihren vorteilhaften Stellungen am Spia d’Italia einen Angriff nach dem anderen abwehren. Auch die französische Gardeinfanterie trifft jetzt auf dem Schlachtfeld ein und marschiert hinter dem erschöpften I. Korps auf. Zwischen 13 und 14 Uhr stürmt die 2. Gardedivision den Friedhof von Solferino und den Spia d’Italia. Die Franzosen strömen weiter ostwärts den Hügel hinab und dringen in Solferino ein. Die Österreicher fliehen vom Feld. MacMahons Infanterie trifft nun vor San Cassiano ein und versucht die abgeschnittenen und geschwächten Verteidiger des öster-
reichischen V. Korps ebenfalls zum Rückzug zu bewegen. Doch die Österreicher wehren sich tapfer und schaffen es, die ersten französischen Vorstöße durch Gegenangriffe abzuwehren. Doch als die französischen Kanonen ihr Feuer aufnehmen, fällt auch San Cassiano. Die Franzosen folgen den Trümmern der drei Korps in Richtung Mincio und erobern gegen 15.30 Uhr Cavriana, wo Franz Joseph kurz zuvor noch sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
Ein Sturm beendet die Schlacht Auch auf der Ebene südlich von Solferino wendet sich das Blatt zugunsten der Franzosen. General Niel hat die Lücke, die zwischen seinem und dem abziehenden Korps MacMahons entstanden ist, durch eine gewaltige Batterie aus 42 gezogenen Geschützen geschlossen, die die unkoordinierten Angriffe der Österreicher abwehren. Die Masse der österreichischen Kavallerie räumt kampflos das Schlachtfeld. Schwarzenbergs und Schaffgotsches Divisionen sind miteinander vermengt. Ein Versuch, die französische Flanke südlich von Rebecco zu umgehen, wird abgewehrt. Die Österreicher sind Niel zahlenmäßig überlegen, können diesen Vorteil allerdings nicht ausnutzen. Am Nachmittag macht sich bei den Franzosen
Überlegene Franzosen Erschöpfung bemerkbar. Doch nun treffen neue Brigaden des III. Korps ein, weswegen Niel einen Angriff auf das von den Österreichern gehaltene Dorf Guidizzollo vortragen lässt. Auch dieser scheitert an massiver Gegenwehr. Die Kämpfe wogen bis zum Einbruch der Nacht, ohne dass die eine oder andere Seite entscheidende Geländegewinne erzielen kann. Ein plötzlich hereinbrechender Sturm beendet die Schlacht.
Schlacht bei San Martino Derweil kämpft die sardische Armee im Norden ihre eigene Schlacht. Auf dem Hügel San Martino steht das österreichische VIII. Korps unter dem jungen Feldmarschallleutnant Ludwig von Benedek. Das Gelände vor ihm fällt sanft ab, ist aber für die Infanterie nicht leicht zu erklimmen. Einzelne Bauerngehöfte liegen verstreut auf dem Hügel und bieten den Verteidigern gute Deckung. Benedek entfaltet vier seiner sechs Brigaden in vorderster Linie. Die heranmarschierenden Italiener sind ihm im Verhältnis 5:4 überlegen. Doch auch sie verzetteln ihre Kräfte. Gegen neun Uhr versucht eine Brigade der 3. Division den Hügel zu stürmen, wird aber durch einen österreichischen Bajonettangriff zurückgetrieben. Einem zweiten Angriff durch die 5. Division gelingt es eine Stunde später eines der Farmhäuser im Zentrum der österreichischen Stellungen zu nehmen. Doch Benedek lässt dreißig Geschütze gegen
HINTERGRUND
GESPENSTISCH: Die Schädel im Beinhaus von San Martino vermitteln das Grauen des Krieges unmittelbar – noch heute, eineinhalb Jahrhunderte später, lassen diese ehemaligen Opfer der Schlacht den Betrachter erschauern. Abb.: Autor
das Gebäude in Stellung bringen. Auf kurze Distanz erweist sich selbst das Feuer der glattrohrigen österreichischen Kanonen als verheerend. Die Italiener fliehen. Doch da Benedek nicht weiß, wie sich die Kämpfe weiter südlich entwickeln, unterlässt er eine Verfolgung. Vittorio Emmanuele, König von Sardinien, beordert nun Teile der 2. Division nach San Martino. Gegen 16 Uhr erneuern die Italiener ihre Angriffe mit drei Brigaden. Benedek hat inzwischen vom Zusammenbruch des österreichischen Zentrums erfahren. Er muss eine Brigade nach hinten schicken, um seinen Rückzugsweg zu sichern. Diese Regimenter werden kurz darauf ange-
Henry Dunant und das Rote Kreuz
Der Schweizer Kaufmann hält sich zufällig auf dem Schlachtfeld von Solferino auf und richtet noch am Abend des 24. Juni ein Lazarett in Castiglione ein. Erschüttert von den unzureichenden Versorgungsmöglichkeiten beschließt er, eine internationale Krankenorganisation zu gründen. Um auf seine Ideen aufmerksam zu machen, veröffentlicht er
ein Buch unter dem Titel „Eine Erinnerung an Solferino“. 1863 begründet er das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege. In Anlehnung an die Flagge der Schweiz wird das rote Kreuz auf weißen Grund zum Symbol der Organisation. Trotz seiner unschätzbaren Dienste stirbt Henry Dunant in Armut.
griffen. Benedek erkennt, dass er sich zurückziehen muss. Zwischen 16 und 17 Uhr entsteht eine Gefechtspause, als der Sommersturm mit aller Heftigkeit über das Schlachtfeld braust, und dichter Regen niedergeht. Dann setzen die Italiener ihren Vormarsch auf San Martino fort. Die österreichische Artillerie feuert auf Kernschussweite, aber dennoch nähern sich die feindlichen Brigaden mehr und mehr der Spitze des Hügels. Bei Sonnenuntergang erhält Benedek schließlich den Befehl zum Rückzug und räumt seine hart umkämpften Stellungen. Der Einbruch der Dunkelheit beendet die Kämpfe auch hier. Die Franzosen und Italiener sind viel zu erschöpft, um eine Verfolgung aufzunehmen. Bis drei Uhr morgens haben sich die letzten österreichischen Verbände über den Mincio zurückgezogen. Napoleon III. schlägt sein Hauptquartier in Cavriana auf und schläft in demselben Bett wie am Tag zuvor Kaiser Franz Joseph.
Geburtsstunde des Roten Kreuzes Die Schlacht bei Solferino ist ein klarer französischer Sieg. Es hat sich gezeigt, dass die Franzosen mit ihren drei Waffengattungen viel geschickter agieren als die Österreicher und zudem ihre Korps flexibler umgruppieren können. Die Italiener betrachten San Martino als eigenständige Schlacht und beanspruchen einen Sieg, da sie den Hügel letztendlich nehmen können. Die Österreicher feiern dagegen Benedek als Sieger, der seine Position bis zum Rückzugsbefehl verteidigt hat. Nach der Schlacht werden 60 österreichische Generale aus dem Dienst entlassen. Benedek hingegen wird Chef des Generalquartiermeisterstabes und übernimmt sieben Jahre später den Befehl über die österreichische Nordarmee, die bei Königgrätz gegen die Preußen kämpft. Am 2. Juli nehmen die Österreicher Verhandlungen auf, die fünf Tage später in einen vorläufigen Waffenstillstand münden. Solferino gilt als die blutigste Schlacht seit Waterloo. Die Österreicher verlieren schätzungsweise 22.000 Tote und Verwundete, die Verbündeten 17.000. In den folgenden Jahren finden italienische Bauern immer wieder menschliche Gebeine auf den Feldern. 1869 beginnen die betroffenen Gemeinden Komitees zu bilden und die Überreste systematisch zu bergen. Innerhalb eines halben Jahres werden 9.492 Skelette geborgen. Sowohl Napoleon III. als auch Franz Joseph stiften Gelder zur Errichtung von Beinhäusern. Alexander Querengässer, Jahrgang 1987, ist Militärhistoriker und Autor aus Dresden.
Abb.: picture alliance/Prisma Archivo
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künftiger Abgas-Vorschriften: Fortan werden sich auch John-Deere-Fahrer an einen zweiten Tank und dessen regelmäßige Befüllung mit Harnstofflösung gewöhnen müssen, denn ohne selektive katalytische Reduktion (SCR) waren die geforderten Grenzwerte nicht zu erreichen. John Deere kombiniert diese Technik mit extern gekühlter Abgasrückführung (EGR), Oxidationskatalysator (DOC) und Partikelfilter (DPF). Ein Vorteil dieser Lösung besteht laut Hersteller im geringen Kraftstoffverbrauch bei bestmöglicher Abgasqualität. Außerdem muss relativ wenig Harnstofflösung zugeführt werden, so dass der Zusatztank klein ausfallen kann. Konkurrent CNH kommt allein mit SCR aus und kontert mit dem Gegenargument, komplexere Systeme wür-
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Militär und Technik | Raketensysteme MACHTDEMONSTRATION: Während einer Militärparade rollen die Startfahrzeuge 2P16 des Raketenkomplexes 2K 6 „Luna“ mit taktischen Raketen über die Straßen Ost-Berlins, Aufnahme aus den 1960er-Jahren. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report
Feldrakete „West” und Raketenkomplexe „Ost”
Atomare Artillerie 1960er-Jahre: Die Militärs in West und Ost setzen in ihren Einsatzszenarien auch auf taktische Atomschläge. Ergänzend zur Rohrartillerie führen Bundeswehr und NVA Raketensysteme ein, die im „Ernstfall“ nukleare Sprengköpfe verschießen können. Von Jörg-M. Hormann
I
n einem 80-Seelen-Dorf in der Nähe von Nienburg an der Weser erlebte ich meine Jungenjahre. Ich kann mich noch genau erinnern: Eines Tages, in den 1960er-Jahren, geistert ein Gerücht durch den kleinen Ort: „Die Amerikaner bauen am ‚Lemker Berg‘ eine Raketenstellung!“ Das ist rund sieben Kilometer entfernt und interessiert mich damals Zwölfjährigen nur am Rande. Dann bekommt Lemke eine Umgehungsstraße und fortan führt die Bundesstraße 6 ganz in der Nähe der sich drehenden Radarschirme vorbei. Es stellt sich heraus: Es handelt sich um eine stationäre Raketenstellung mit Flugab-
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wehrraketen Typ MIM-23 „Hawk“. Ich fragte mich damals: Warum die Flugabwehrraketen gerade hier? Die „Hawks“ haben eine effektive Reichweite von 25 Kilometern und können gerade mal einen gegnerischen Jagdbomber in mittlerer Angriffshöhe erreichen. Bis zum „Eisernen Vorhang“ sind es gut 120 Kilometer Luftlinie. Warum also eine Luftabwehr im 25-Kilometer-Radius um Lemke? Soll dieser Abwehrschirm die zwei Kilometer entfernte Bundeswehrkaserne in Langendamm schützen? Der Vorort von Nienburg beherbergt – übrigens auch heute noch – eine der größten Bundeswehrgarnisonen
Norddeutschlands. Am 15. März 1959 wird das schwere Artilleriebataillon 140 des Heeres aufgestellt. Es ist als erstes Raketenartilleriebataillon (RakArtBtl) der Bundeswehr mit Standort Nienburg Langendamm vorgesehen. Im Oktober 1964 folgt die Umbenennung zum RakArtBtl 12, ausgerüstet mit der taktischen Feldrakete M-50 „Honest John“ oder auch Feldartillerie Raketenwerfer (FRWf) 762 genannt. Doch der Raketenluftabwehrschirm von Lemke, betrieben von den Amerikanern, kann eigentlich nicht allein den „Honest Johns“ der Bundeswehr in Langendamm gelten.
Nukleare Aufrüstung Da ist ein anderer Punkt mit dem Bezug auf den „Hawk“-Abwehrschirm weitaus schlüssiger: In der Eickhofer Heide bei Liebenau, etwa 15 Kilometer südwestlich von Nienburg und gut sieben Kilometer von Lemke entfernt, befindet sich seinerzeit ein streng gesichertes und weitläufig abgesperrtes Waldareal. Unter dem Decknamen „Karl“
FEUERSCHWEIF: Mit Qualm und Gedröhne macht sich eine „Honest John“ auf den Weg. Noch hat sie den Abschussbaum des Werfers nicht verlassen. Der Raketenstart ist sehr auffällig und empfiehlt den sofortigen Foto: picture-alliance/Klaus-Dieter Heirler Stellungswechsel.
entstand dort während des Zweiten Weltkriegs eine der großen Munitionsanstalten (MunA) des Chemie- und Rüstungsunternehmens EIBIA GmbH. Nach dem Krieg wird ein kleiner Teil des Geländes Munitionslager und von März 1963 bis Juni 1992 ein Special Ammunition Site (SAS), oder kurz auf Deutsch, ein Atomwaffendepot der 32. US-Feldartillerie-Division. Von dort aus hat sich das RakArtBtl 12 im Ernstfall mit Sprengköpfen für ihre „Honest John“ und Nachfolgeraketen zu versorgen – falls nötig auch mit Atomsprengköpfen. Damit bekommen die amerikanischen Flugabwehrraketen am „Lemker Berg“ einen Sinn. Die nukleare Aufrüstung des Heeres der Bundeswehr für den taktischen Einsatz beginnt 1960. Im Rahmen der Heeresstruktur 2 erhalten alle Felddivisionen, mit Ausnahme der 9. Luftlandedivision, jeweils ein Raketenartilleriebataillon als Divisionstruppe. Diese Bataillone verfügen über fünf Batterien, von denen drei mit jeweils zwei Raketenwerfern für die „Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John“, so die Systembezeichnung 1960, ausgerüstet sind: Also sechs Raketen pro Bataillon und Division. Letztlich führt die Feldraketenkomponente des Heeres zu einem Einsatzbestand von 88 „Honest John“-Ra-
Clausewitz 4/2015
keten bei der Bundeswehr im Jahr 1965 und damit zum höchsten Bestand eines NATOStaates in Europa. Selbst die Amerikaner haben damals nur 44 Raketen im Einsatz. Bei allen NATO-Staaten zusammen sind 244 Systeme stationiert. Allein für die bundesdeutsche Seite bedeutete das im Totaleinsatzfall 88-mal atomare Verstrahlung und Sprengkraft von jeweils 40 Kilotonnen TNT. Zum Vergleich: Die „Hiroshima“-Bombe im Jahr 1945 besaß eine Sprengkraft von zirka 13 Kilotonnen TNT. „Gegenüber einem atomar gerüsteten Gegner bedeutet die Ausrüstung des Heeres mit dieser Mehrzweckwaffe eine erhebliche Steigerung der Verteidigungskraft. Aufgabe
der Raketen-Batterien bei Korps und Divisionen wird es sein, in ständiger Wirkungsbereitschaft dem Truppenführer zu mächtigen Feuerschlägen zur Verfügung zu stehen und das Feuer der Rohr-Artillerie zu verstärken…“ So lauten die markigen Sätze aus der Zeitschrift „Soldat und Technik“ von Dezember 1959 über die „Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John“.
Verstärkung der Rohrartillerie Und weiter heißt es: „Feuerkraft, hohe Beweglichkeit und große Reichweite sind die Kennzeichen der Feldartillerie-Rakete 762 mm Honest John, die als Mehrzweckwaffe zur Unterstützung der Bodentruppe bestimmt ist. Diese ungelenkte Boden-BodenRakete wird die Feuerkraft der Rohrartillerie verstärken, ohne sie jedoch zu ersetzen. Mit einer Mindestentfernung von 8,5 km und einer Schussweite von über 25 km ist sie zur Bekämpfung von Zielen bestimmt, die bisher nur mit den Kanonen des schwersten Flachfeuers erreicht GEFECHTSKOPF: Einstellungen durch Spezialisten. Der größte Nuklearsprengkopf der „Honest John“-Rakete hatte die Sprengkraft von 40 Kilotonnen TNT. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
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Militär und Technik | Raketensysteme
STARTVORBEREITUNG: Die Startrampe 8U218 einer NVA-Raketenbrigade ist in ihrer Feuerstellung positioniert. Der Ausleger mit der Flüssigtreibstoffrakete 8K 11 wird gerade aufgerichtet. Foto: Sammlung Dirk Krüger
werden konnten…“. Hier wird zur Verschleierung die damals aktuelle Schussentfernung von knapp 40 Kilometern unterschlagen und die atomare Komponente mit keinem Wort erwähnt. Im Gegensatz zur Rohrartillerie, die sich auf ein Ziel einschießen und ihr
EINSATZVERLAUF
762-mm-Feldrakete „Honest John“
Abb.: Sammlung Jörg-M.Hormann
Die Raketenteile werden vom Transport-, Montage- und Prüfzug (TMP) mit dem Lkw vom Korpsversorgungspunkt abgeholt und unter entsprechender Sicherung zum Montageplatz transportiert. Jeder Lkw kann einen kompletten Raketensatz, jeweils verpackt in drei Kisten, für den Gefechtskopf, Raketenmotor und vier Stabilisierungsflossen, aufladen. Auf dem Montageplatz werden die Kisten entladen und die Teile mit Hilfe eines Kranwagens zur kompletten Rakete montiert und auf einem Anhänger abgesetzt. Nach dem Anbringen von Heizdecken und Halteklammern folgen elektrische Tests. Verantwortlich sind hier der TMP-Zugführer und der Raketenprüfer.
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Wirkungsfeuer daher auf das Einschießergebnis aufbauen kann, wird bei der Raketenartillerie sofortige Treffgenauigkeit gefordert. Die Genauigkeit bei der Vermessung der Feuerstellung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Treffsicherheit der Rakete.
Weiter wird die montierte Rakete auf dem Anhänger zum Ladeplatz gefahren und mit einem Kran auf das Werferfahrzeug umgesetzt und mit Halteklammern auf dem Abschussbaum festgezurrt. Hier ist für alle Arbeiten der Werferzugführer verantwortlich. Jetzt fährt der geladene Werfer an den Bereithalteplatz und erwartet dort das Feuerkommando der Feuerleitstelle. Nach dem Eintreffen des Feuerkommandos bezieht die Werfergruppe eine nahegelegene, bereits vermessene und vorbereitete Feuerstellung um bei „X-Zeit“ die Rakete zu starten. Danach muss ein sofortiger Stellungswechsel vorgenommen werden.
Das eigentliche Zielen der Rakete geschieht durch entsprechende Richteinstellung des Abschussbaumes. Die genaue Seiten- und Höhenrichtung wird mithilfe normaler artilleristischer Richtmittel bestimmt. Jede Batterie ist voll motorisiert und bis Ende der 1960er-Jahre mit zwei Abschussrampen und den dazugehörigen Sonderfahrzeugen ausgestattet und sowohl bei Nacht als auch bei Schlechtwetter voll einsatzfähig. Ihre Geländegängigkeit entspricht der Beweglichkeit der mittleren Feldartillerie. Da es sich bei dem „Feldartillerie Raketenwerfer 762“ um ein ungelenktes Flugkörpersystem handelt, ist für die Soldaten dieser Waffe eine spezielle technische Qualifikation zu Beginn der Ausbildung nicht erforderlich. Die Ausbildungsdauer ist die gleiche wie bei der konventionellen Artillerie.
Startlärm und Rauchschweif Der Einsatzraum einer „Honest John“-Batterie unterscheidet sich von dem konventioneller Artillerie-Verbände durch den wesentlich größeren Raumbedarf im Gelände. Hier sind besondere Sicherheitsabstände zwischen Montageplatz und Ladeplatz einerseits und Ladeplatz und Feuerstellung andererseits zu beachten. Ebenso wichtig sind die Abstände zwischen den einzelnen Feuer- und Ausweichstellungen. Hieraus lässt sich bereits das Einsatzschema ablesen. Nach dem Transport der Raketenteile von unterschiedlichen Lagerplätzen zum Montageplatz wird dort die Rakete montiert und auf einem Anhänger zum Ladeplatz gefahren. Ein Kranwagen hebt die Rakete, die immerhin fast 2,5 Tonnen wiegt, auf den Abschussbaum des Werferfahrzeugs. Danach fährt der Werfer in die Bereitstellung und auf Feuerbefehl in eine bereits vermessene Feuerstellung. Dort muss
Hohes Abschreckungspotenzial
ÜBERPRÜFUNG: Vor dem Start einer „Honest John“-Rakete müssen Tests und Einstellungen an der Rakete vorgenommen werden. Foto: ullstein bild – ullstein bild
der Werfer nach dem Abschuss der Rakete sofort wieder „verschwinden“. Der Startlärm und der schwarze Rauchschweif der abbrennenden Pulverrakete verrät jede noch so gut getarnte Feuerstellung einer „Honest John“Batterie. Also stellen vorbereitete Wechselstellungen ein wichtiges Einsatzelement zum Eigenschutz dar.
„Die ‚Honest John‘ steht dem Truppenführer für mächtige Feuerschläge in ständiger Wirkungsbereitschaft und zur Verstärkung des Feuers der Rohr-Artillerie zur Verfügung.“ Aus der (westdeutschen) Zeitschrift „Soldat und Technik“, Ausgabe vom Dezember 1959
Außerdienststellung Bereits Ende der 1960er-Jahre werden zwei Raketenwerfer „Honest John“ je Bataillon außer Dienst gestellt. Jetzt bekommt die Raketenartillerie massive konventionelle Sprengkraftaufrüstung durch die Einführung des leichten Artillerieraketensystems „Lars 1“ mit dem Mehrfachraketenwerfer 110 SF. Im Zuge der vierten Heeresstrukturreform am Ende der 1970er-Jahre werden die letzten „Honest John“ in den Raketenartilleriebataillonen außer Dienst gestellt.
TECHNISCHE DATEN
Das zuvor beschriebene Einsatzschema für „Honest John“ trifft übrigens in ähnlicher Weise auch für die von der NVA eingesetzten und als „Raketenkomplex“ bezeichneten Waffensysteme zu. Für die Herstellung ihrer Einsatzfähigkeit wird eine Vielzahl von Fahrzeugen benötigt, die noch weiter zunimmt, wenn in einem Raketenkomplex wie beim R11 M „Elbrus” mit der „Scud-A“ eine flüssigkeitsgetriebene Rakete verschossen wird – Tank- und Hilfsfahrzeuge, die auf den Mi-
Waffensysteme von Bw und NVA
Raketenkomplex 762-mm-Feldrakete 2K 6 „Luna“ (NVA) „Honest John“ (Bw) 3 R 10 762-mm-Feldrakete M-50 Bezeichnung „Frog-3“ SRBM „Honest John“ NATO-Code MGR-1-B einst. Feststoffrak. einstufige Feststoffrak. Raketentyp ungelenkt, drallstabilisiert ungelenkt, drallstabilisiert Lenksystem 1961 (UdSSR) 1958 (USA) Indienststellung 10,60 m 7,58 m Länge 0,415 m 0,76 m Durchmesser 1,00 m 1,37 m Spannweite 2.287 kg 2.136 kg Startmasse 767 m/s 1,5 Mach Geschwindigkeit 32,2 km 4,5 bis 37,0 km Reichweite 503 kg 580 kg (W31) Gefechtskopf 3, 10, 20 kT TNT 2, 20, 40 kT TNT Gefechtskopf nuklear 1.200–2.000 m 830 m Trefferradius (CEP)
Clausewitz 4/2015
litärparaden in Ost-Berlin nicht dabei sind. Im Gegensatz zur westdeutschen Raketenartillerie, die von Anfang an auf Rädern ins Gelände fährt, liefert der „Große Bruder“ Sowjetunion seinen NVA-Kampfgenossen die Startrampen für die Raketen der jeweiligen Raketenkomplexe auf den Ketten modifizierter Panzerfahrgestelle. Gut vergleichbar mit dem „Honest John“-Feldraketensystem – im
Raketenkomplex R11 M „Elbrus”(NVA) 8K11 „Scud-A“
GERICHTET: Per Justierung des Abschussbaumes wird die Rakete auf das Ziel ausgerichtet, hier im Manöver. Foto: ullstein bild – dpa
einst. Flüssigtreibstoff Trägheitsnavigation 1958 (UdSSR) 10,34 m 0,88 m 1,51 m 5.409 kg 1.440 m/s 190 km 600 kg 50 kT TNT 3.000 m
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Militär und Technik | Raketensysteme
PRÄSENTATION: Anlässlich einer Parade im Jahr 1965 werden die 8U218-Startfahrzeuge des Raketenkomplexes R11 M „Elbrus“ erstmals öffentlich gezeigt. Foto: Sammlung Dirk Krüger
Hinblick auf die taktische Wertigkeit – ist der Raketenkomplex 2K6 „Luna“, der 1962 bei der NVA eingeführt wird. Die Startrampe 2P16 baut auf einem speziellen Fahrgestell des PT-76 auf, einem Schwimmpanzer.
merkenswert ist der überkalibrierte Gefechtskopf der Rakete 3R10. Der Gefechtskopf hat einen größeren Durchmesser als das Feststofftriebwerk und transportiert atomare Sprengkraft von drei, zehn oder zwanzig Kilotonnen TNT maximal 32 Kilometer weit. Wie im Westen die Amerikaner haben im Osten die Russen den Daumen auf der Verfügbarkeit atomarer Sprengköpfe. Parallel zu ihren taktischen Feldraketen 3R10 kauft die Staatsführung der DDR für die NVA bei den Sowjets einen weiteren Raketenkomplex, zu dem ein ganz anderer Ra-
Atomare Sprengkraft Die Startrampe 2P16 ist für die taktischen Raketen 3R9 oder 3R10 sowie die Übungsrakete 3R11 ausgelegt. Die ungelenkten Pulverraketen mit Stabilisatoren und Splitter-Spreng-Gefechtskopf stabilisieren sich während des Fluges durch Drehung um die Längsachse. Be-
STARTRAMPE 8U218 (1965) 1 2 3 4
Ausleger Gefechtskopf Greifer Oxydatorbehälter mit Salpetersäure AK 271 (in der Rakete) 5 Rakete 8K11 („Scud-A“) 6 EWZ-Satz (Ersatzteile Werkzeug Zubehör)
Foto: Sammlung Jörg-M.Hormann
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7 Brennstoffbehälter mit Traktorkerosin TM 185 (in der Rakete) 8 Druckluftflasche 9 Kraftstoffbehälter 10 Raketenheckteil 11 Hebe Hydraulikzylinder 12 Stabilisator 13 Starttisch 5
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14 Schaltschrank 15 Pult Vorstart Wartung 16 Behälter für Startbrennstoff TG 02 17 Laufwerk 18 6 Mann Besatzung 19 2 Mann Besatzung
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ketentyp gehört. Die operativ taktischen Raketen 8K11 mit der NATO-Bezeichnung „Scud-A“ werden von der Startrampe 8U218 gestartet und haben eine Reichweite von 190 Kilometern mit Nuklearsprengköpfen von bis zu 50 Kilotonnen TNT Sprengkraft.
Neue Raketeneinheiten Mit den beiden Raketenkomplexen werden die neu gebildeten Raketeneinheiten der NVA ab 1962 ausgerüstet. Die Raketentruppen sind den Chefs der Artillerie der Militärbezirke III und IV unterstellt. Sie setzen sich zusammen aus einer selbstständigen Artilleriebrigade pro Bezirk, die später in Raketenbrigade umbenannt werden und die anfangs mit jeweils sechs Startrampen ausgerüstet sind. Zusätzlich zu den Raketenbrigaden erhalten die vier motorisierten Schützendivisionen und die zwei Panzerdivisionen der NVA jeweils eine taktische Raketenabteilung. Eine Abteilung besteht aus vier Startrampen und dazu gehörenden raketentechnischen Truppen. Alle Raketen sind mit konventionellen Splitter-Sprengköpfen ausgerüstet, die sich nach der Explosion in etwa 16.000 Splitter zerlegen. Ab 1967 rollen die Startrampen der NVARaketenkomplexe wie im Westen nur noch gummibereift über Straßen und Wege. Bis zum Ende der NVA im Jahr 1990 sind jeweils modernisierte Rakentenkomplexe bei den Raketentruppen im Einsatz. Mit ihnen wird der Start konventionell bewaffneter Artillerieraketen geübt. Jörg-M. Hormann, Jg. 1949, Verantwortlicher Redakteur von SCHIFF CLASSIC und Sachbuchautor mit Schwerpunkten bei der deutschen Luftfahrt-, Marine- und Militärgeschichte mit über 40 Buchveröffentlichungen.
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Schlachten der Weltgeschichte
TOTALE ZERSTÖRUNG: Diese Aufnahme entsteht kurz nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima. Das Grauen, das sich zu diesem Zeitpunkt am Boden abspielt ist unbeschreiblich. Am 6. August jährt sich die Katastrophe zum 70. Mal. Abb.: picture alliance/newscom
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Der Atombombenabwurf über Hiroshima
6. August 1945: Es ist eine der schwärzesten Stunden der Menschheitsgeschichte – die Amerikaner machen mit ihrer „Superbombe“ Hiroshima dem Erdboden gleich. Ein Schicksal, dem deutsche Großstädte nur knapp entgangen sind. Von Alexander Querengässer
I
m Sommer 1941 beginnen die Amerikaner ihr Projekt zum Bau einer Atombombe massiv voranzutreiben. Den Anlass hierfür liefern Spionageberichte über den Fortschritt des deutschen „Uranprojekts“. Schon 1939 hat Albert Einstein in einem Brief an den Präsidenten davor gewarnt, dass die Deutschen ein eigenes Atomwaffenprogramm besitzen könnten und gefordert, dass auch die Amerikaner sich damit auseinandersetzen müssen. Die Ausgangslage der Deutschen zur Herstellung einer Atombom-
be ist alles andere als schlecht. Im erzgebirgischen Joachimstal werden große Mengen Uran abgebaut, und im besetzten Norwegen die Produktion von schwerem Wasser (H2O2) gesteigert. Dennoch überschätzen die Amerikaner die Gefahr. Die Deutschen sind auch am Ende des Krieges weit davon entfernt, eine funktionstüchtige Atombombe zu bauen, denn es ist ihnen noch nicht gelungen, Uran235 herzustellen. Im Juli 1941 erhält Roosevelt von seinem „Uran-Komitee“ ein Gutachten, welches ihn
FÜRS PICKNICK UNGEEIGNET: Im US-Bundesstaat New Mexico liegt das gut bewachte Zentrum der amerikanischen Atomforschung – Los Alamos. Abb.: picture-alliance/United Archives/TopFoto
VATER DER BOMBE: Robert Oppenheimer neben einer Fotografie der „Hiroshima-Explosion“. Als führender Atomphysiker der USA leitet er das Manhattan-Projekt. Später wandelt er sich zum Gegner von Atomwaffen. Abb.: picture-alliance/dpa
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darüber in Kenntnis setzt, dass ein Atomprogramm nicht nur machbar, sondern auch kriegsentscheidend sein könnte. Auch die Briten arbeiten an einer Atombombe. Doch 1942 erkennt Churchill, dass das Empire zwar über ausgezeichnete Wissenschaftler verfügt, aber nicht mehr über die finanziellen Mittel, um ihre Forschungen voran zu treiben. Daher vereinen die Briten und Amerikaner ihre Bemühungen im ManhattanProjekt.
Die „Superbombe“ aus Los Alamos Zwei Milliarden Dollar steckt die US-Regierung in die Forschungen, an denen zeitweise 120.000 Menschen beteiligt sind. Robert Oppenheimer, ein international anerkannter Kernphysiker, wird damit beauftragt, sämtliche Spezialisten auf diesem Gebiet zusammen zu holen. Es sind ausgerechnet zwei „Reichsdeutsche“, der Berliner Rudolf Preierl und der Wiener Otto Robert Frisch, deren Arbeiten den Weg bereiten. Beide waren zunächst nach Großbritannien emigriert und haben dort das Frisch-Preierl-Memorandum erstellt. Darin erklären sie, wie eine „Superbombe“ durch Kernspaltung gebaut werden könnte. Grundlage hierfür bildet das seltene Uran-235. Frisch und Preierl schildern in ihrem Memorandum jedoch auch die Folgeerscheinung durch radioaktiven Niederschlag und eine langfristige Kontaminierung des Zielgebietes. Oppenheimer verlegt die Forschung schließlich in die Wüste von New Mexico. In der Nähe von Los Alamos wird eine Forschungseinrichtung aufgebaut, wo sowohl waffenfähiges Uran-235 als auch Plutonium hergestellt werden sollen. Schließlich wird die erste funktionsfähige Bombe „The Gadget“ gebaut und am 16. Juli 1945 gezündet.
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Schlachten der Weltgeschichte | Hiroshima 1945 Das nukleare Brennmaterial von „The Gadget“ besteht aus Plutonium und entwickelt die Sprengkraft von 21 Kilotonnen TNT.
Eine Atombombe für Dresden Eigentlich ist die Atombombe für einen Einsatz über Deutschland entwickelt worden. Im US-Verteidigungsministerium werden Mannheim, Ludwigshafen und Berlin als mögliche Ziele genannt. Auch Dresden taucht auf der Liste potenzieller Ziele immer wieder auf. Aber als „The Gadget“ schließlich gezündet wird, ist der Kampf in Europa seit neun Wochen beendet. Der Krieg im Pazifik tobt jedoch mit unverminderter Härte weiter. Im Juni sind die Kämpfe um Okinawa zu Ende gegangen. Knapp 12.000 Amerikaner sind dabei ums Leben gekommen (siehe CLAUSEWITZ 3/2015). Der militärische Berater des Präsidenten rechnet noch im selben Monat aus, dass beim Angriff auf Kyushu, die südlichste der japanischen Hauptinseln, 268.000 Amerikaner fallen würden. Andere Strategen beziffern die Höhe der möglichen Opfer auf eine Million. Allerdings hat die Kapitulation Deutschlands gewaltige Kräfte freigesetzt, um dem
DEN TAUSENDFACHEN TOD AN BORD: Paul Tibbets vor der „Enola Gay“. Der Airforce-Pilot stirbt 2007 im Alter von 92 Jahren im US-Bundesstaat Ohio. Die Asche des Toten wird, gemäß Tibbets Willen, über dem Ärmelkanal ausgestreut. Er entschied sich gegen eine Erdbestattung, da er Proteste und Vandalismus Abb.: picture alliance/Everett Collection an seinem Grab befürchtete.
UNSCHEINBAR: Die Atombombe „Little Boy“ kurz vor der Verladung in die „Enola Gay“. Es ist schwer vorstellbar, aber diese Bombe löscht in einem einzigen Augenblick Zehntausende von Menschenleben aus – ein erschreckendes Vernichtungspotenzial! Abb.: picture-alliance/Judaica-Sammlung Richter
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Die Japaner setzen auf Stalin erschöpften Japan den Todesstoß versetzen zu können. Seit März 1945 sind die Amerikaner außerdem bereits 250 konventionelle Bombenangriffe auf japanische Städte geflogen. Und wovon die Japaner nichts wissen: Auch Stalin hat die Eröffnung einer Front in Asien für den August 1945 zugesagt. Haben die Russen erst einmal China eingenommen, bricht die wirtschaftliche Grundlage des Kaiserreiches zusammen. Am 4. Juli beschließen die Amerikaner, den Einsatz von Atomwaffen als Warnsignal an die japanische Regierung zu verschieben. Der Grund hierfür ist allerdings nicht zwin-
die USA über ganz neue technische Mittel zur Bombardierung von Städten verfügen. Die in Einzelteile zerlegten Bomben werden inzwischen auf die Pazifikinsel Tinian gebracht. Am 26. Juli läuft die USS INDIANAPOLIS im Hafen der Insel ein und liefert Teile von „Little Boy“. Auf der Weiterfahrt nach Leyte wird der Schwere Kreuzer von einem japanischen U-Boot versenkt. Weil man jedoch den Kurs des Schiffes geheim gehalten hatte, verzögert sich die Suchaktion. Von den 1.196 Mann der Besatzung kommen annähernd 300 durch die Explosion der Munitionskammer um. Die 900 Überlebenden
„Die Bombe, die Sie abwerfen werden, ist die zerstörerischste Waffe, die je gebaut wurde“ Colonel Tibetts an die Besatzung der Enola Gay, 5. August 1945
gend in moralischen Bedenken zu suchen. Nach den Trinity-Tests haben die Amerikaner nur noch zwei einsatzbereite Bomben. „Little Boy“ ist mit Uran-235 gebaut worden und verfügt über halb so viel Sprengkraft wie „The Gadget“, die plutoniumgespickte „Fat Man“ etwa über die gleiche. Auf der Potsdamer Konferenz zieht Truman schließlich Churchill ins Vertrauen und berichtet über die erfolgreichen Tests. Auch Stalin gegenüber macht er Andeutungen über eine revolutionäre Waffe. In seinem Tagebuch vermerkt er: „Ich glaube, dass die Japsen klein beigeben werden, ehe die Russen eingreifen.“ Dieses Zitat erklärt die Motivation des Präsidenten. Er möchte nicht warten, bis eine russische Offensive einen Zusammenbruch Japans hervorruft. Er will den Krieg beenden und dem Kontrahenten im bereits heraufdämmernden Kalten Krieg die Macht der USA demonstrieren.
Schiffskatastrophe im Pazifik Am 25. Juli befiehlt Truman General Carl Spaatz, dem Oberbefehlshaber der amerikanischen Luftstreitkräfte im Pazifik, den Einsatz der ersten amerikanischen Bombe vorzubereiten. Der Abwurftermin wird auf den 3. August festgelegt. Spaatz hat freie Hand bei der Auswahl seiner Ziele, nur die alte Hauptstadt Kyoto soll wegen ihres kulturellen Wertes verschont werden. Der amerikanische Verteidigungsminister Henry Stimson hat die Stadt auf seiner Hochzeitsreise besucht und überzeugt Truman, von einer Zerstörung derselben abzusehen. Einen Tag später fordern die USA Japan zur Kapitulation auf. Im Weigerungsfall möchte Truman die Bombe endlich einsetzen. Doch das Schreiben enthält keinerlei Warnung, dass
Clausewitz 4/2015
treiben mehrere Tage lang im Pazifik und sterben durch Dehydration, Sonnenstiche und eine immer größer werdende Anzahl Haie, die die Schiffbrüchigen umkreist. Nur 316 Mann werden schließlich lebend aus dem Wasser geborgen.
Angriffsziel: Hiroshima In Japan wird das amerikanische Ultimatum derweil wenig ernst genommen. Die Regierung ist davon überzeugt, dass es sich lediglich um ein Vorzeichen der Invasion der Hauptinseln handelt. Zudem sind sich die Japaner nicht bewusst, dass die Sowjetunion eine Offensive in der Mandschurei vorbereitet. Nachdem es in dieser Region bereits
HINTERGRUND
1938/39 zu Kämpfen zwischen Japanern und Sowjets gekommen war, haben beide Seiten 1941 ein geheimes Neutralitätsabkommen geschlossen. Die Japaner hatten sich während des Unternehmens Barbarossa an den Pakt gehalten und keine zweite Front gegen die Sowjetunion eröffnet. Jetzt hoffen sie, dass Stalin ihnen den gleichen Gefallen erweisen und womöglich sogar einen Kompromissfrieden aushandeln könnte. Sie lehnen das amerikanische Ultimatum ab. General Spaatz hat bereits ein Ziel für die erste Bombe gewählt. Die Hafenstadt Hiroshima auf Shikoku ist bisher noch nicht ins Visier der amerikanischen Bomberraids geraten. Wie die meisten japanischen Städte besteht Hiroshima überwiegend aus flachen, leichten Häusern in traditioneller japanischer Bauweise. Anders als in westlichen Städten ist Holz immer noch das wichtigste Baumaterial. Zudem gibt es in Hiroshima keine Kriegsgefangenenlager. Dafür ist das Hauptquartier der 2. Japanischen Armee in der Stadt eingerichtet. All diese Faktoren machen Hiroshima zu einem „idealen“ Erstschlagziel. Als Alternativen werden Nagasaki und Kokura in Betracht gezogen. Am 31. Juli ist „Little Boy“ einsatzbereit. Doch über Tinian fegt ein schwerer tropischer Taifun hinweg. Die schweren viermotorigen B-29 Superfortress können bei diesem Wetter nicht starten. Der Einsatz wird auf den 6. August verschoben.
Flieger der Apokalypse Am 4. August wird Colonel Paul Warfield Tibbets darüber informiert, dass er den Angriff durchführen wird. Tibbets B-29 ist
Gojira
1954 gerät das japanische Fischerboot DAIGO FUKURYU-MARU in einen nuklearen Regenschleier, der vom Atombombentest im Bikini-Atoll ausgeht. Als wenig später einer der Fischer stirbt, ist die Empörung in Japan groß. Den Regisseur Ishirō Honda, ein Freund Akira Kurosawas, inspirieren diese Vorfälle zu seinem Monsterfilmklassiker „Godzilla“ (im japanischen Original „Gojira“). Hondas Film ist ein tricktechnisch ausgetüfteltes Remake des amerikanischen Films „Panik in New York“ (1953). Obwohl die Kritik den Film wegen seiner expliziten Bezugnahme auf die Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki, sowie dem Unfall der DAIGO FUKURYU-MARU eher verhalten aufnimmt, wird er von den japanischen Zuschauern gefeiert. Innerhalb weniger Wochen sehen neun Millionen Japaner den Film. Die erste von insgesamt 27 offiziellen Fortsetzungen wird in Auftrag gegeben. In Hondas Original ist das Monster aus dem Meer eine Parabel
auf die Folgeerscheinung von Atomwaffentests. Nachdem es schließlich dank einiger Wissenschaftler besiegt ist, fordert einer von ihnen: „Wenn wir weiter Atomtests machen, taucht womöglich wieder ein Godzilla irgendwo in der Welt auf.“
GODZILLA BEI DER „ARBEIT“: Das Monster (Szene aus „Die Rückkehr des Monsters“) zerstört als Chiffre für die AtomAbb.: picture alliance bombe ganze Städte.
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Schlachten der Weltgeschichte | Hiroshima 1945 bereits in den Staaten mit einer speziellen Aufhängevorrichtung ausgestattet worden, die die 4,5 Tonnen schwere Bombe tragen kann. Außerdem sind außer den Heckkanonen alle Bordwaffen demontiert worden (siehe dazu FLUGZEUG CLASSIC 6/15 „Projekt Silverplate“). Der Dreißigjährige aus Illinois hat die Maschine nach seiner Mutter benannt: Enola Gay. Der Name wird am 5. August auf den Rumpf geschrieben. Die Wetterprognosen für den 6. August 1945 sagen einen wolkenlosen Himmel voraus. Um 2:45 Uhr hebt die Enola Gay vom Startfeld in Tinian ab. An Bord befinden sich zwölf Besatzungsmitglieder, vier mehr als üblich. Durch das Gewicht der Bombe und die 7.000 Liter Benzin hat die Maschine 7.000 Kilogramm Übergewicht. Der Bomber nimmt zunächst Kurs auf Iwo Jima, wo er
sich um 6:05 Uhr mit zwei weiteren B-29 trifft, die ihn nach Japan begleiten sollen. Erst auf dem Flug klärt Tibbets seine Crew darüber auf, dass sie eine neue Superwaffe geladen haben. Um 7:30 Uhr wird „Little Boy“ scharf geschaltet. Seit einer halben Stunde hat das japanische Radar die drei Maschinen auf dem Schirm. Bereits um 7:09 Uhr wird in Hiroshima Fliegeralarm ausgelöst. Doch da die japanischen Luftstreitkräfte unter massivem Benzinmangel leiden, werden keine Abfangjäger gegen den kleinen Verband ausgeschickt. Um 7:31 Uhr gibt es für die Stadt Entwarnung. Um 7:41 Uhr beginnt Tibbets einen sanften Steigflug, um die richtige Abwurfhöhe zu erreichen. Neun Minuten später kann er von seinem Cockpit aus die Südspitze der Insel Shikoku erkennen.
Seit zirka 7:30 Uhr kreist bereits die einzelne B-29 „Straight Flush“ über Hiroshima und funkt Tibbets den Wetterbericht durch. Der Himmel über der Stadt ist klar. Die viertel Million Menschen ahnen nichts von dem apokalyptischen Flieger, der sich ihnen nähert. „Raten zu Ziel eins“ funkt die Straight Flush an die Enola Gay. Hiroshima also.
Feuersturm Um 8:09 Uhr kommt die Stadt in das Blickfeld der Bomberbesatzung. Vier Minuten später übernimmt Thomas Ferebee, der 26jährige Bombenschütze, das Kommando über die Enola Gay. Die Maschine hat die berechnete Abwurfhöhe von 9.450 Metern erreicht. Ferebee orientiert sich an der AioiBrücke, die kurz darauf in sein Visier kommt. Um 8:15 Uhr und 17 Sekunden ist AUSGELÖSCHT: Hiroshima nach dem Atombombenabwurf – eine Stadt, die es nicht mehr gibt. Der Name der japanischen Stadt ist seither zum Symbol für das Potenzial der Menschheit geworden, sich selbst vernichten zu können. Abb.: picture alliance/Photoshot
Radioaktive Ruinen der schicksalsträchtige Moment gekommen: „Little Boy“ wird ausgeklinkt. Im selben Moment übernimmt Tibbets wieder die Kontrolle über sein Flugzeug. Sofort reißt er das Steuer herum und wendet die behäbige Viermot auf einen Kurs von 155 Grad. Die Mannschaft setzt Spezialbrillen auf, die verhindern sollen, dass sie durch den Blitz erblindet. „Little Boy“ rast mit 335 Metern pro Sekunde, etwas schneller als der Schall, auf die Shima-Klinik zu, die einen viertel Kilometer von der Aioi-Brücke entfernt liegt. Dreiundvierzig Sekunden dauert der Fall. Dann explodiert die Bombe in 580 Metern Höhe. Es entsteht ein Feuerball, der im Inneren mehrere Millionen Grad Celsius heiß ist. Auf den Erdboden trifft der Feuerball immer noch mit etwa 6.000 Grad. Alle Menschen im Hypozentrum „verdampfen“ einfach. Noch
ZEITZEUGE: Diese Armbanduhr wird aus den Trümmern Hiroshimas geborgen. Sie blieb exakt um 8.15 stehen – dem Zeitpunkt der Explosion der Atombombe. Die Uhr ist ein eindringliches Artefakt dieser menschlichen Katastrophe. Abb.: picture alliance/Everett Collection
nung geht das alltägliche Leben in der Stadt weiter. Die Männer sind bei der Arbeit, die Kinder spielen auf den Schulhöfen. In Hiroshima sterben innerhalb von Sekunden mehr als 70.000 Menschen. Im Hypozentrum, dem Ort direkt unter dem Explosionspunkt, verbrennen die Menschen, während der Atomblitz ihre Schatten in die Wände der wenigen stehen gebliebenen Häuser brennt. Alle, die sich außerhalb eines Radius von 500 Metern befinden, werden entweder von der Druck-
„Ein einziger Knall? Die Stadt zerstört? Lächerlich!“ Kommentar eines japanischen Offiziers über die Zerstörung Hiroshimas
in einem Kilometer Entfernung ist die Hitze so enorm, dass sie Granit zum Schmelzen bringt. Die asphaltierten Straßen fangen zu brennen an. Einzig eine Handvoll Stahlbetonbauten wiedersteht den Temperaturen. Doch da Hiroshima auf einer Ebene liegt, ziehen die ausbrechenden Brände die umgebende Luft an. Ein Feuersturm bricht aus.
Die Hölle von Hiroshima Gleichzeitig braust eine gewaltige Druckwelle mit 1.500 Stundenkilometern über die Stadt hinweg, zerstört 70.000 der 76.000 Häuser, saugt den Menschen die Augen aus dem Schädel oder zerreißt sie förmlich. Für einige Wenige bedeutete die Druckwelle Glück im Unglück. Sie werden von ihr zu Boden geschleudert, kurz bevor der Feuerball über sie hinwegbraust. Die Enola Gay wird etwa eine Minute nach der Explosion von der Druckwelle erfasst, die vom Epizentrum ausgeht. Kurz darauf rüttelt eine zweite Welle die Maschine durch. Diese war vom Boden abgeprallt und wieder in den Himmel geschossen. Aus den zu Staub zerfallenen Trümmern der Stadt und radioaktiven Teilchen steigt ein 13 Kilometer hoher Atompilz in den Himmel. Die Männer der Enola Gay können ihn noch etwa anderthalb Stunden sehen, dann gerät er außer Sichtweite. Die Menschen in Hiroshima sind auf den Angriff nicht vorbereitet. Nach der Entwar-
Clausewitz 4/2015
welle oder dem Feuerball erfasst. Augenzeugen berichten, dass sie sich im Moment der Explosion gebückt haben, sodass ihnen der Feuerball „nur“ die Haut vom Rücken brennt. Auch in den folgenden Tagen sterben noch Tausende von Menschen, die eine tödliche Dosis radioaktiver Strahlung abbekommen haben. Unmittelbar nach dem Angriff setzt ein Massenexodus aus der Stadt ein. Doch innerhalb weniger Tage kehren viele Menschen wieder zurück, in der Hoffnung, überlebende Verwandte zu finden. Andere wollen wieder zur Arbeit, denn die wichtigsten Industrieanlagen am Rande der Stadt sind von dem Feuersturm kaum betroffen. Dabei setzen sie sich
Literatur- und Filmtipps Buttgereit, Jörg: Monster aus Japan greifen an. Godzilla, Gamera & Co. München 1998. Coulmas, Florian: Hiroshima: Geschichte und Nachgeschichte. München 2010. Kanon, Joseph: Die Tage vor Los Alamos. München 1997. (Kriminalroman vor dem Hintergrund des Manhattan Projekts.) Hiroshima: dreiteiliger japanisch/kanadischer Fernsehfilm von 1995, circa 180 Minuten Laufzeit, englische und japanische (mit englischen Untertiteln) Sprache.
selbst der Strahlung aus. Wie viele Menschen an den Folgen des Abwurfs gestorben sind, lässt sich bis heute schwer schätzen. Einen Tag nach dem Abwurf fordert Präsident Truman Japan erneut zur Kapitulation auf. Doch da die Nachrichtenverbindung zwischen der vernichteten Hafenstadt und Tokio stark eingeschränkt ist, kann sich die japanische Regierung kein Bild von den Ausmaßen der Zerstörung machen und lehnt ab. Noch immer hofft man auf die Vermittlung Stalins. Aber diese Illusion zerplatzt weitere vierundzwanzig Stunden später, als am 8. August die sowjetische Offensive in der Mandschurei beginnt. Doch noch immer weigern sich die japanischen Militärs die Konsequenzen zu ziehen und in eine bedingungslose Kapitulation einzuwilligen.
Ein japanisches Trauma Am 9. August fällt die zweite Bombe „Fat Man“ über Nagasaki. Die Stadt stand zunächst nicht auf der Liste potenzieller Ziele, ist aber als Ersatz für Kyoto hinzugefügt worden. Das ursprüngliche Ziel, die Mitsubishi-Werke, werden verfehlt. Stattdessen explodiert „Fat Man“ direkt über der Stadt. 25.000 Menschen sterben. Da Nagasaki in einem Talkessel liegt, verhindern die umliegenden Berge ein weiteres Ausgreifen der Druckwelle. Obwohl das nukleare Arsenal der USA vorerst erschöpft ist, löst der zweite Abwurf Panik in der japanischen Regierung aus. Aus Angst vor einem atomaren Angriff auf Tokio willigt Japan schließlich in die bedingungslose Kapitulation ein, die am 2. September 1945 auf dem im Hafen Tokios ankernden Schlachtschiff USS MISSOURI unterzeichnet wird. Mit dem Kriegsende und der Besetzung Japans werden auch Hiroshima und Nagasaki durch das amerikanische Militär umfassend untersucht. Alle Film- und Fotodokumentationen der japanischen Behörden werden vorerst beschlagnahmt. Obwohl die Amerikaner die langfristigen Folgen durch die radioaktive Belastung negieren, prägen die Atombombenabwürfe und die Kontaminierung die japanische Nachkriegskultur entscheidend. Apokalyptische Visionen sind allgegenwärtig, von den Schwertkampffilmen eines Akira Kurosawa, der den Untergang japanischer Samurai durch westliche Feuerwaffen thematisiert, bis hin zu den heute noch populären Godzillafilmen. Doch selbst in Hiroshima setzt sich am Ende das Leben durch. 800 Meter vom Hypozentrum entfernt bringt ein verkohlter Ginkgo-Baum ein Jahr nach der Katastrophe neue, gesunde Triebe aus. Die Strahlenbelastung in der Stadt ist heute auf einen normalen Wert gesunken.
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Militärtechnik im Detail
Der „Kampf-Käfer“
Illustration: Jim Laurier
Die amerikanische Stinson L-5 „Sentinel“ Abgestrebter Hochdecker Die 10,36 Meter Flügelspannweite erlaubte der „Sentinel“ eine Dienstgipfelhöhe von etwa 4.800 Meter.
D
ie L-5 war eines der wichtigsten Aufklärungsflugzeuge des Zweiten Weltkriegs und ist wegen ihrer vorzüglichen Start- und Landeeigenschaften selbst auf kurzen Pisten unter dem Spitznamen „Grashüpfer“ bekannt geworden. Fast 4.000 „Sentinels“ waren bei den Marines, der U.S. Army und der U.S. Navy im Einsatz: als VIP- und Kriegsgefangenentransporter, Post-, Medikamenten- und Munitionslieferant, Begleitflugzeug, Artilleriebeobachter, Verwundetenretter, Aufklärer und PestizidSprüher. Und das sind nur ein paar Beispiele für die Einsatzmöglichkeiten dieses überaus vielseitigen Flugzeuges. Die Stinson L-5 war ursprünglich eine reine Zivilmaschine, die erst ab 1938 die Aufmerksamkeit des Militärs erregte – und nach und nach für Kriegseinsätze modifiziert wurde. Aus den bescheidenen Anfängen entwickelte sich eines der allgegenwärtigsten Flugzeuge des Krieges.
Power-Boxer Der Lycoming O-435-A Motor hatte 185 PS und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h.
Fixiertes Fahrgestell Wenn die Crew Luft aus den Reifen ließ, waren der Start und die Landung auch auf matschigen Pisten möglich. Im Winter wurden Kufen verwendet, um bei Eis und Schnee einsatzfähig zu sein. Eine „Sentinel“ („Wächter“) des „1st Air Commandos“ patrouilliert im März 1945 über Burma.
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Leichtbauweise Der Rumpf einer L-5 bestand aus einer Stahlgitterkonstruktion. Mit voller Zuladung (916 kg) hatte die Maschine eine Reichweite von knapp 600 Kilometer.
Leutnant Elbert L. Davis posiert vor seiner L-5 „Straw Boss“ im März 1945 in der Nähe von Scarperia, Italien. Die Aufnahme entstand kurz vor seinem 500. Kriegseinsatz mit dem zuverlässigen Flugzeug. Fotos: National Archives
„Fliegender Jeep“ Die Besatzung einer L-5 bestand aus Pilot und Beobachter. General Dwight D. Eisenhower, regelmäßiger Sentinel-Fluggast, hätte die Maschine auch selbst steuern können: Er hatte einen Pilotenschein und 600 Stunden in seinem Flugbuch.
In dieser Serie bereits erschienen: Kampfpanzer Sherman M4 (2/2013) Flugzeugträger Independent-Klasse (3/2013) Deutsches Schnellboot Typ S-100 (3/2013) Maschinengewehr (MG) 42 (4/2013) Amerikanische Haubitze M2A1 (5/2013) Fairey Swordfish (6/2013) Russischer Kampfpanzer T-34/76 (1/2014) Japanischer Jäger A6M Zero (1/2014) Heinkel He 111 (2/2014) Amerikanischer Lastwagen GMC 6x6 (3/2014) Kleinst-U-Boot Typ 127 „Seehund“ (4/2014) Deutsches Kettenkraftrad HK 101 (5/2014) Britischer Lancaster-Bomber (6/2014) Deutscher Panzer „Tiger“ (1/2015) Amerikanisches „Higgins-Boot“ (2/2015) Sowjetische MPi PPSh-41 (4/2015)
Insel-Stützpunkt Die hier abgebildete L-5 wurde von Sergeant Walter James vom „25th Liaison Squadron“ geflogen, das auf Neuguinea stationiert war.
Metall-Minimalist Lediglich das Querruder, die Fahrwerkssowie Triebwerksverkleidung und einige andere wichtige Teile waren aus dem nur knapp vorhandenen Aluminium gefertigt. In Stoff gehüllt Die Außenhaut der L-5 bestand aus einem verstärkten Baumwollgewebe – dünn, aerodynamisch und nach einem Durchschuss leicht zu flicken.
Mess-Mechanismus Um die Fluggeschwindigkeit zu ermitteln, verließen sich die L-5 Piloten auf ein Pitotrohr (Staudrucksonde). Dies wird auch bei modernen Flugzeugen noch so gemacht.
DIE KONKURRENZ
Fieseler Fi 156 „Storch“ Besatzung: 2 Mann Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h Reichweite: 386 km Dienstgipfelhöhe: 4.600 m Produktion: 2.900 Stück Der bekannteste Einsatz war die Verwendung bei der Befreiung von Mussolini durch Otto Skorzeny und deutsche Fallschirmjäger 1943.
Clausewitz 4/2015
Polikarpow Po-2 Besatzung: 1 Mann Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h Reichweite: 630 km Dienstgipfelhöhe: 3.000 m Produktion: 30.000 Stück Die Sowjets verwendeten ihr geflügeltes „Zugpferd“ für alle möglichen Kriegseinsätze. Die Po-2 wurde zum Beispiel von den legendären „Nachthexen“ als Bomber eingesetzt.
Westland Lysander Besatzung: 2 Mann Höchstgeschwindigkeit: 340 km/h Reichweite: 965 km Dienstgipfelhöhe: 6.500 m Produktion: 1.650 Stück Das Flugzeug der Wahl, um Sondereinsatztruppen (SOE-Agenten) hinter feindlichen Linien im von der Wehrmacht besetzten Europa abzusetzen.
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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER
„ FÜHRUNGSSTARK: Als Chef der Marineleitung seit 1928 bemühte sich Admiral Erich Raeder trotz der Einschränkungen des Versailler Vertrages um den Aufbau einer kampfkräftigen und modernen Marine. Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
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Panzerschiff ADMIRAL SCHEER
Raeders „Hoffnungsträger“ 1. April 1933: Die ADMIRAL SCHEER läuft in Wilhelmshaven vom Stapel. Der aus der Not geborene Panzerschiff-Neubau soll Deutschlands Flotte stärken und seine nach 1918 geschwächte „Seegeltung“ wieder ausbauen. Von Eberhard Kliem
SCHLICHT: Das Bugwappen der ADMIRAL SCHEER zeigt das Wort „Skagerrak“. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo
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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER BEI KRIEGSAUSBRUCH: So sah das Panzerschiff 1939 aus. Gut erkennbar das nun an Bord befindliche Bordflugzeug. Foto: Archiv DGSM Brennecke
TECHNISCHE DATEN Einsatzverdrängung: Länge: Breite: Tiefgang: Antrieb:
ADMIRAL SCHEER
15.900 ts 187,90 m 21,30 m 7,3 m 8 x 9 Zylinder zweifachwirkende Zweitaktdieselmotoren mit zwei Wellen
Geschwindigkeit: Fahrbereich: Besatzung: Bewaffnung:
(Stand 1940)
26,0 kn 21.500 sm /10 kn bis zu 1.150 Mann 6 x 28-cm-Geschütze 8 x 15-cm-Geschütze 6 x 10,5-cm-Flak Bis zu 28 Flakgeschütze (4 und 2 cm) 8 Torpedorohre
URSPRÜNGLICH: So sah das Panzerschiff unmittelbar nach der Indienststellung aus – ohne Schornsteinklappe und „Atlantikbug“ Abb.: Sammlung Kliem
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dmiral Erich Raeder, seit 1928 Chef der Marineleitung, nimmt während seiner Taufrede der ADMIRAL SCHEER am 1. April 1933 Bezug auf die Erfolge der Kaiserlichen Marine während des Ersten Weltkriegs: „So soll denn dieses stolze Schiff, das vor uns steht als ein Zeugnis trefflichen deutschen Ersinnens und Könnens und als beredter Zeuge ungebrochenen deutschen Lebenswillens (...) den Namen des Siegers von Skagerrak tragen. (...) Glückhaft in Sturm und Wetter sei allezeit deine Fahrt, sieghaft in Not und Gefahr, sei stets bereit, alle Kraft einzusetzen für das Vaterland, für seine Geltung zur See!“ Rückblick ins Jahr 1919: Durch den Versailler Frieden wird die Marine des Deutschen Reiches auf eine unbedeutende Küstenmarine „degradiert“. Bei den Überlegungen zu möglichen Ersatzbauten ab 1920 erweisen sich die Bestimmungen des Washingtoner Flottenvertrages aus dem Jahr 1922 jedoch unverhofft als vorteilhaft für die deutsche Seite. Hier hatten sich die Siegermächte Großbritannien, USA, Frankreich, Italien und Japan zu einschneidenden Rüstungsbegrenzungen verpflichtet.
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Die den Deutschen in Versailles auferlegten Bestimmungen bleiben unberücksichtigt. So legt die deutsche Marineleitung stillschweigend bei der Festlegung der Tonnage der Neubauten das günstigere „Washington Deplacement“ zugrunde, das als Maßeinheit die englische Einheit „tons“ (ts) eingeführt hat und bei einem voll ausgerüsteten Schiff die Brennstoffvorräte nicht mitrechnet. Bei der Artilleriebewaffnung wiederum bleiben die günstigeren – weil unbestimmten – Kaliberangaben des Versailler Vertrags die deutsche „Richtschnur“.
Quadratur des Kreises Über den operativen Einsatz der „Ersatzbauten“ wird in den militärischen Führungsstellen und im Konstruktionsamt der Reichsmarine frühzeitig nachgedacht. Wegen der drastischen Tonnage-Beschränkung auf 10.000 ts liegen die Probleme hier mehr als deutlich auf der Hand. Die nun für die Siegermächte zugelassene Höchsttonnage liegt bei 35.000 ts. Unter diesen Bedingungen ein „konkurrenzfähiges“ schweres Kriegsschiff zu planen und zu bauen, erscheint als Quadratur des Kreises. Die
Überlegungen machen schnell deutlich, dass von den drei bestimmenden Faktoren eines Kriegschiffs – nämlich Bewaffnung, Standfestigkeit (Panzerung) und Geschwindigkeit – ein Faktor zugunsten der anderen vernachlässigt werden muss. In den Jahren bis 1926 werden insgesamt 18 Entwürfe und Entwurfsplanungen von der Konstruktionsabteilung der Reichsmarine nach verschiedensten Parametern technisch durchgerechnet und geplant. In der Flottenabteilung unter der Führung des Kapitäns zur See Wilfried von Loewenfeld (1879–1946) hat sich mittlerweile die Ansicht durchgesetzt, dass „Ersatz Preußen“ – so der Planungsbegriff für das neue Schiff – angesichts der akuten Gegnerschaft von Frankreich und Polen so ausgelegt sein muss, dass es als Hauptaufgabe Handelskrieg gegen die französischen Nachschublinien sowohl vor der gegnerischen Küste als auch im atlantischen Seeraum zu führen hat. Als weitere, nachgeordnete Aufgaben sieht die Flottenabteilung noch den Einsatz in einer Kampfgruppe modernen Zuschnitts auf hoher See und die Bekämpfung von gegnerischen Einheiten im Küstenvorfeld von Polen vor.
„Coup“ der deutschen Schiffbauer
VERÄNDERT: Der Seitenriss zeigt den Schweren Kreuzer in seinem Aussehen 1945 mit Schornsteinklappe und geändertem Gefechtsmast. Abb.: Sammlung Kliem Der Decksplan dokumentiert das Schiff mit Stand 1940.
Am 11. Juni 1927 entscheidet der damalige Chef der Marineleitung, Admiral Hans Zenker (1870–1932), den Bau eines Panzerschiffes von 10.000 ts mit zwei 28-cm-Drillingstürmen, acht 15-cm-Einzeltürmen, 26 bis 27 Knoten Geschwindigkeit und einer maximalen Panzerung von 100 Millimeter. Mit dem Entwurf des Panzerschiffes wird die Konstruktionsabteilung des Marinekommandoamtes beauftragt. Die Konstrukteure nutzen unter dem Zwang der in Versailles festgelegten Einschränkungen nun alle möglichen und verfügbaren technischen Neuerungen. Die Antriebsanlage besteht zum ersten Mal bei einem Kriegsschiff dieser Größe aus einem reinen Diesel-Motorenantrieb der Firma M.A.N. aus Augsburg. Insgesamt 54.000 PS ermöglichen eine Höchstgeschwindigkeit von 29 Knoten. Der Dieselvorrat erlaubt eine Fahrtstrecke von 10.000 Seemeilen bei 20 Knoten beziehungsweise 18.000 Seemeilen bei 13 Knoten. Neben diesen Einsatzmöglichkeiten bietet der Dieselantrieb den weiteren Vorteil, in allen Gefechtsituationen in kürzester Zeit von „Null“ auf volle Leistung zu kommen.
Revolutionäre Neuerung Erstmalig wird eine Artillerie-Feuerleitanlage eingebaut, die vom Vormars aus die gesamte schwere Artillerie zentral einsetzen
kann – damals eine Revolution in der Gefechtsführung. Am 5. Februar 1929 findet die Kiellegung, am 19. Mai 1931 schließlich der Stapellauf statt, bei dem Reichspräsident Paul von Hindenburg das Schiff auf den Namen DEUTSCHLAND tauft. Am 1. April 1933 stellt er das Panzerschiff in Wilhelmshaven unter dem Kommandanten Kapitän zur See
Neuartiger Turmmast Die ADMIRAL SCHEER wird am 12. November 1934 in Dienst gestellt. Die Besatzung stellt das zuvor außer Dienst gehende Linienschiff HESSEN. Die bei der Erprobung
„Außer dem Kommandanten wusste kein Offizier oder Mann der Besatzung, dass nun für lange Zeit, vielleicht für immer, die Verbindungen mit der Heimat unterbrochen waren.“ K.z.S. Theodor Krancke, Kommandant der ADMIRAL SCHEER vor dem Auslaufen am 28. Oktober 1940
Hermann von Fischel (1887–1950) in Dienst. Nicht ohne Hintersinn läuft am selben Tag das nächste Schiff der Klasse – die ADMIRAL SCHEER – vom Stapel. Recht schnell wird erkannt, welchen konstruktiven „Coup“ die deutschen Schiffbauer gelandet haben, denn die aus der Not geborene Konstruktion ist geeignet, das maritime Gleichgewicht zumindest unter den europäischen Seemächten heftig zu stören. Die neuen Panzerschiffe werden in der FachWEIHNACHTEN IM EINSATZ: „Alle Mann achteraus“, Weihnachten 1940 im Südatlantik während des Einsatzes des Panzerschiffes im Handelskrieg. Foto: DGSM Archiv Brennecke
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presse teils bewundernd, teils spöttisch als „Westentaschenschlachtschiffe“ (engl.: „pocket battleships“) bezeichnet.
der DEUTSCHLAND gewonnenen Erkenntnisse fließen nutzbringend bei dem zweiten Schiff der Serie ein. So bekommt die ADMIRAL SCHEER – das Erkennungssignal des Schiffes ist „S/C“– einen charakteristischen, neu konstruierten pyramidenförmigen Turmmast, der die wichtigsten Führungs-, Waffen- und Fernmeldesysteme sowie die Admirals- und Navigationsbrücke enthält. Ansonsten bleibt der Grundentwurf – so wie für die DEUTSCHLAND konstruiert – erhalten. Der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs im Juli 1936 sollte in den folgenden drei Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Marine des Deutschen Reiches haben. Besitzt diese anfänglich die Aufgabe, für den Schutz von deutschen Staatsbürgern und deutschen Besitzungen zu sorgen, so werden später die Schiffe und Boote des „Befehlshabers der Seestreitkräfte vor Spanien“ innerhalb der Internationalen Kontrollkommission zur Überwachung des Schiffsverkehrs und für allgemeine Kontrollaufgaben eingesetzt.
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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER UNTER BESCHUSS: Am 31. Mai 1937 eröffnet das Panzerschiff ADMIRAL SCHEER das Salvenfeuer auf die spanische Hafenstadt Almeria, Gemälde von Claus Bergen. Abb.: Sammlung Jörg-M. Hormann © VG Bild-Kunst 2015
Die ADMIRAL SCHEER wird unter wechselnden Befehlshabern insgesamt sechs Mal in spanische Gewässer entsandt. Der Einsatz ab dem 9. Mai 1937 ist der ereignisreichste. Am 29. Mai wird das Panzerschiff DEUTSCHLAND vor Ibiza von Flugzeugen der republikanischen Regierungstruppen überraschend angegriffen und mehrfach getroffen. Es gibt erhebliche personelle Verluste und Schäden am Schiff. Als Reaktion auf den Angriff erhält die ADMIRAL SCHEER den Befehl, die befestigte Hafenstadt Almeria zu beschießen, in deren Hafen das Linienschiff JAIME I. liegen soll – eine Fehlinformation. Frühdunst und mangelnde Aufklärung der Ziele an Land machen den Beschuss militärischer Ziele durch die 28-cm-Türme ziemlich wirkungslos. Tragisch: Die Zivilbevölkerung hat Todesopfer und Verletzte zu beklagen.
den Atlantik durch. Während der folgenden Monate führt das Schiff außerordentlich erfolgreich Handelskrieg im gesamten Atlantik und im Indischen Ozean. Geschickt vermeidet der Kommandant Kapitän zur See Theodor Krancke jegliches Gefecht mit überlegenen gegnerischen Überwasserstreitkräften. Bei einem Angriff am 6. November auf einen nur schwach gesicherten Konvoi kann die ADMIRAL SCHEER den sichernden eng-
Umklassifizierung des Schiffes
lischen Hilfskreuzer JERVIS BAY trotzt tapferer Gegenwehr versenken. Weiterhin werden sechs Handelschiffe vernichtet. Im Dezember 1940 verlegt man das Operationsgebiet in den Südatlantik , im Februar 1941 stößt der Schwere Kreuzer dann bis zu den Seychellen vor. Im März 1941 beginnt
Bei Kriegsausbruch 1939 liegt das Panzerschiff vor Wilhelmshaven auf Schillig-Reede und wird hier am 4. September von britischen Bombern erfolglos angegriffen. In den folgenden Monaten bis etwa Mitte des Jahres 1940 stellt man durch Übungen in der Ostsee die Kriegsbereitschaft des Schiffes her. Bei kürzeren Werftliegezeiten werden Maschinenstörungen beseitigt und ein neuer Gefechtsmast ähnlich dem des Schwesterschiffes DEUTSCHLAND eingebaut. Auch die Bugform wird verändert. Ab dem Sommer liegt das nun zum „Schweren Kreuzer“ umklassifizierte Schiff in Gotenhafen (Gdingen), wo man die Ausrüstung für einen „Handelskrieg“-Einsatz vornimmt. Zu diesem läuft es am 27. Oktober 1940 aus der Elbe aus, erreicht am folgenden Tag Stavanger und bricht von dort aus am 31. Oktober durch die Dänemarkstraße unbemerkt in
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der Rückmarsch in die Heimat, am 1. April läuft das Schiff in den Kieler Hafen ein. Es ist nach fast sechs Monaten Einsatz ohne jede Hafenliegezeit immer noch voll einsatzfähig – ein Beweis für einen taktisch und operativ gelungenen Einsatz. Hinzu kommt eine herausragende Führung der Besatzung von mehr als 1.150 Mann. Das Schiff hat sich für die Handelskriegführung als bestens geeignet erwiesen. In 161 Tagen Einsatz hat die
„Als das Schiff über 28 Grad hinaus stetig weiter krängte, gab ich aus eigenem Entschluss den Befehl an beide E-Werke: Maschinen laufen lassen, Schiff verlassen…“ Oberleutnant zur See (Ing.) Strempel, Wachhabender Ingenieuroffizier am 9. April 1945, Quelle: Auszug aus dem Kriegstagebuch
Literaturtipps Strohbusch, Erwin: Kriegsschiffbau seit 1848, Bremerhaven 1977. Hildebrandt, H.-H.; Röhr, A; Steinmetz, H.-O.: Die Deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart, Bd. 1, Herford 1980. Hanschmann, W. u. Thienert, G.: Dokumente zum Untergang des Schweren Kreuzers ADMIRAL SCHEER, in: Schiff und Zeit, Ausgabe 8, Seite 61-68.
ADMIRAL SCHEER insgesamt 46.419 Seemeilen zurückgelegt und 17 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 113.223 BRT versenkt oder aufgebracht. Nach einer Werftliegezeit in Kiel wird die ADMIRAL SCHEER der „Baltenflotte“ mit dem Flaggschiff TIRPITZ zugeteilt, die mit Beginn des Russlandfeldzuges 1941 einen möglichen Ausbruch der sowjetischen Flotte aus der Ostsee verhindern soll. Im Herbst 1941 löst man den Verband auf, da eine derartige Gefahr nicht mehr besteht. Der Schwere Kreuzer wird für eine Verlegung nach Norwegen vorbereitet, da nun in den dortigen Stützpunkten die verbliebenen großen Einheiten der Kriegsmarine konzentriert werden sollen. Immer noch hofft die Seekriegsleitung auf eine Fortführung des Handelskrieges im Atlantik mit schweren Einheiten, obwohl dieser nach dem Untergang des Schlachtschiffs BISMARCK im Mai 1941 immer riskanter wird.
Der Schwere Kreuzer kentert BITTERES ENDE: Die ADMIRAL SCHEER liegt gekentert und kieloben an der Ausrüstungspier der Deutschen Werke Kiel. Auch an Land steht nach den alliierten Luftangriffen kaum ein Stein auf dem anderen. Foto: Archiv
Fundiert recherchiert, packend erzählt!
DGSM Brennecke
befiehlt Hitler die Außerdienststellung nahezu aller großen Schiffe. Dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Vizeadmiral Karl Dönitz (seit Januar 1943 Großadmiral) war es gelungen, einige der Schiffe zumindest als Ausbildungseinheiten in Dienst zu halten – dazu gehört auch die ADMIRAL SCHEER. Sie wird nach Beendigung einer weiteren Werftliegezeit im April 1943 in die Ostsee verlegt und füllt die Aufgabe als Ausbildungsschiff bis Oktober 1944 aus. In den dann folgenden Monaten setzt man den Riskante Operation Schweren Kreuzer in verschiedenen KampfIm Sommer 1942 bildet die Seekriegsleitung gruppen zum Landzielbeschuss der längs die „Kampfgruppe I“ mit TIRPITZ und AD- der ostpreußischen Küste vorrückenden Roten Armee ein. MIRAL HIPPER und die Da durch die intensive „Kampfgruppe II“ mit ADNutzung der schweren und MIRAL SCHEER und LÜTmittleren Artillerie deren ZOW. Zugeteilt werden auch Rohre ausgeschossen und daentsprechende Sicherungsmit kaum noch nutzbar sind, einheiten. Geplant ist ein Anverlegt das Schiff im März griff auf einen britischen nach Kiel. Dort wird die ADKonvoi nach Murmansk, der MIRAL SCHEER am 9. April wichtige Rüstungsgüter für 1945 von englischen Bomberdie sowjetische Armee transverbänden angegriffen und portiert. Doch schon einen durch direkte Voll- und durch Tag nach dem Auslaufen der Kampfgruppen – am 5. Juli – AUSGESTELLT: Schiffsglocke Nahtreffer so schwer beschäwird die Operation abgebro- im Deutschen Marinemuseum digt, dass das Schiff an der chen, da überlegene britische Wilhelmshaven. Foto: Slg. Kliem Pier kentert. Im Sommer 1945 beginnen Streitkräfte gemeldet werden und die Seekriegsleitung kein Risiko einge- Abbrucharbeiten, die 1950 so weit fortgehen will. Am 18. August 1942 läuft das Schiff schritten sind, dass am Abwrackplatz des jedoch alleine zur Operation „Wunderland“ Schiffes nur noch ein Schiffsskelett übrig aus Narvik in die Barentssee aus, stößt wei- bleibt, das mit Trümmerschutt verfüllt und ter nach Osten in die Karasee vor, versenkt ei- planiert wird. Erhalten hat sich nur die nen Eisbrecher, beschießt Fort Dickson und Schiffsglocke der ADMIRAL SCHEER, die kehrt auf Befehl der Seekriegsleitung schon heute im Deutschen Marinemuseum Wilam 30. August zurück nach Narvik. Ohne helmshaven ausgestellt ist. weiteren Einsatz verlegt der Schwere Kreuzer Ende des Jahres nach Wilhelmshaven. Eberhard Kliem, Jg. 1941, Fregattenkapitän a.D., zuDort sollen umfangreiche Instandsetzungs- letzt tätig im NATO-Hauptquartier Brüssel. Anschließend drei Jahre Geschäftsführer des Deutschen Mariarbeiten durchgeführt werden. nemuseums in Wilhelmshaven. Mitarbeit an verschieAls Ende des Jahres ein Einsatz schwerer denen Museumsprojekten; zahlreiche maritime Einheiten gegen einen englischen Konvoi – Fachbeiträge. die Operation „Rösselsprung“ – misslingt,
Am 20. Februar 1942 läuft das Schiff zusammen mit dem Schweren Kreuzer PRINZ EUGEN und unter Sicherung von Torpedobooten und Zerstörern nach Norwegen aus und erreicht am 23. Februar den vorgesehen Liegeplatz im Trontheimfjord. In den nächsten Monaten gibt es keinen Einsatz. Zumeist fehlen leichte Einheiten als Sicherungsstreitkräfte gegen die immer aggressiver vorgehenden englischen U-Boote. Auch der Mangel an Heizöl macht sich bemerkbar.
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Bildstrecke
Am Computer zu neuem Leben erweckt:
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rmenien ist ein Land mit einer langen und blutigen Geschichte. Der kleine Staat im kaukasischen Bergland liegt heute, aus europäischer Sicht, abseits – „eingeklemmt“ zwischen Aserbaidschan, Georgien, dem Iran und der Türkei. Die Vergangenheit Armeniens mit all ihren Kriegen und Tragödien ist uns Westeuropäern größtenteils unbekannt. In der Antike ist das Land Puffer zwischen dem Römischen Imperium und dem Partherreich. Später wird es mehrfach geteilt oder größeren Mächten „zugeschlagen“, zum Beispiel Byzanz, den Mongolen, dem Osmanischen Reich und Russland. Besonders die Antike und das Mittelalter sind permanent von lokalen Kämpfen, zwischenstaat-
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SORGFÄLTIG REKONSTRUIERT: Diese Abbildung zeigt, wie viele unterschiedliche Quellen in die Darstellung der Krieger einfließen. Die intensive historische Recherche ist ein zentraler Bestandteil – und mindestens ebenso aufwendig wie die künstlerische Komponente.
lichen Konflikten und brutalen Kriegen geprägt. CLAUSEWITZ zeigt, wie der Künstler Arman Avakan die glanzvollen armenischen Krieger dieser Zeit durch spektakuläre Computergrafiken zu neuem Leben erweckt, und gewährt somit neue Einblicke in eine weit zurückliegende Epoche.
Alle Grafiken: 2013-2015 ArmanAvakan
Die „eisernen Krieger“ Armeniens
BEEINDRUCKENDER „EISEN-KRIEGER“: Dieser armenische Ayrudzi-Kataphrakt gehört der hellenistisch geprägten Dynastie der Artaxiden an, die Großarmenien von 189 v. Chr. bis 12 n. Chr. regieren. „Ayr-u-Dzi“ heißt wörtlich „Mann-und-Pferd“, und die aus dem Griechischen kommende Bezeichnung für schwer gepanzerte Reiterei, „Kataphrakt“, kann mit „in Eisen gekleideter“ übersetzt werden. Antike Quellen erwähnen die komplett in Eisen gehüllten Pferde. Die Rekonstruktionsgrafik gibt einen guten Eindruck von der imposanten Erscheinung, die solche Panzerreiter auf dem Schlachtfeld erzeugt haben müssen – zumal wenn sie zu tausenden auftraten.
ZUM WIDERSTAND BEREIT: Armenien wird immer wieder von fremden Mächten erobert und besetzt. Und jedes Mal kommt es zu Aufständen – die beiden abgebildeten Krieger sind an einer Rebellion gegen die Sassaniden beteiligt und entstammen dem Zeitraum von etwa 350 bis 500 n. Chr.
TÖDLICHER LANZENWALL: Die stark gepanzerten „Lanzenmänner“ dieser armenischen Phalanx wirken martialisch und unaufhaltsam. Sie sind Teil der Armee König Tigranes – das Wappen der Artaxiden ist über den Köpfen der zweiten Reihe zu erkennen. Krieger dieser Art werden etwa von 70 v. Chr. bis 200 n. Chr. eingesetzt.
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Bildstrecke | Armenische Krieger ARISTOKRATISCHER ARMENIER: Dieser stolze und mit teuren Waffen ausgestattete Krieger ist Angehöriger der Adelsschicht. Um 700 errichten Araber ihre Herrschaft über das Land – der lokale Adel wehrt sich in mehreren Aufständen vergeblich dagegen.
BEDROHLICH: Diese beiden angsteinflößenden armenischen Kämpfer entstammen dem Zeitraum von etwa 885 bis 1045. Sie stehen auf den Mauern von Ani, der ehemaligen Hauptstadt Armeniens. Der Ort ist heute verfallen und hat das „Flair“ einer Geisterstadt – doch viele der ehemaligen Anlagen, darunter die Stadtmauer, sind als Ruinen in der kargen Berglandschaft erhalten geblieben.
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Ein von Kriegen und Konflikten geplagtes Land
IM NAMEN DES KREUZES: Das Christentum war und ist stark in der armenischen Kultur verwurzelt. Armenier sind deshalb – und aufgrund der geographischen Lage ihres Landes am Schnittpunkt von Orient und Okzident – an den Kreuzzügen des Mittelalters beteiligt. Armenien gilt als erster christlicher Staat der Welt, da das Christentum bereits im Jahr 301 offizielle Religion wird. Die Grafik zeigt einen schweren Reiter aus dem 13. Jahrhundert.
AUF POSTEN: Ein Infanterist hält Wache in einem Bauwerk des „Armenischen Königreiches von Kilikien“, das von 1198 bis 1375 existiert. Das Wappen auf dem Schild zeigt den roten Löwen der Rubeniden-Dynastie, die das Königreich bis 1342 regiert. Heute ist das historische Kilikien Teil des türkischen Staates.
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Kriege, Krisen und Konflikte
„Prager Frühling“ 1968
Mit Panzern gegen Reformen 21. August 1968: Die Augen der Welt sind auf die tschechoslowakische Hauptstadt gerichtet. Wird der „große Bruder“, die Sowjetunion, den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ in Prag dulden oder ihn mit Waffengewalt beseitigen? Von Peter Andreas Popp 66
kritisierte Establishment oder in das Umfeld des Linksterrorismus ab. Was im „Westen“ gerne ausgeblendet wird: Ein „1968“ gibt es auch im Osten. Doch es ist ein anderes – jedenfalls auf den ersten Blick. Denn die Vorgänge in der Tschechoslowakei sind einerseits auf komplexe Weise mit dem gesellschaftlichen Umbruch im Westen verbunden. Sie haben aber andererseits auch ihre eigenen Wurzeln, die erklärbar sind angesichts der Tatsache, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sowjetische Truppen „als Befreier vom Faschismus“ im Land stehen.
Die UdSSR braucht die CSSR HOFFEN AUF EINE BESSERE ZUKUNFT: Tschechoslowakische Demonstranten in Prag. Abb.: picture-alliance/dpa
ERSCHÜTTERUNG DES SOWJETIMPERIUMS: Als Reformer in der Tschechoslowakei einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ wagen, schickt Moskau Truppen um den Aufstand niederzuschlagen. Das Bild zeigt russische Panzer in der Innenstadt von Prag, denen sich einige mutige Zivilisten entgegenstellen. Abb.: picture-alliance/dpa
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as Zwanzigste Jahrhundert weist vier Epochenjahre auf, nach denen die Welt nicht mehr so war wie sie zuvor gewesen ist: 1917 – das definitive Ende des „Alten Europa“ mit dem Kriegseintritt der USA und dem Beginn des „sozialistischen Experiments“ in Russland; 1945 – das Ende des bisher schrecklichsten aller Kriege, des Zweiten Weltkriegs; 1989/90 – das Ende des „Kalten Kriegs“ und des „Eisernen Vorhangs“. Das vierte Jahr, 1968, wäre fast ein Epochenjahr im positiven Sinne gewesen. Nämlich dann, wenn die Hoffnungen in West und Ost auf wirkliche Freiheit in Erfüllung gegangen wären. Leider bleibt es bei einer nur in Teilen geglückten gesellschaftlichen Veränderung. Und – jetzt verengt sich der Blick – dies betrifft im Augenblick des Geschehens nur die
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westliche Welt. „1968“ steht hier für das Jahr des Aufruhrs gegen die „Generation der Alten“ und ihr Wertesystem. Der Protest der Jungen gegen das „Establishment“ im Zeichen von Pop-Kultur, „Flower Power“ und der Forderung nach „antiautoritärer“ Erziehung bildet eine Grunderfahrung, die die gesamte westliche Welt erstmals gemeinsam macht. Um das Jahr „1968“ im Westen ranken sich Politheldenlegenden. Alles scheint möglich. Der „Katzenjammer“ kommt erst nach dem Yom-Kippur-Krieg (Oktober 1973) zwischen Israel und seinen arabischen Gegnern. Fortan wird Energie teuer, und ein Teil der Achtundsechziger driftet entweder ins
HINTERGRUND
Geostrategisch gesehen bildet die Tschechoslowakei für die Sowjetunion den Schlüssel, der ihr Herrschaftsgebiet in Ostmitteleuropa zusammenhält. Die Faktoren dafür sind vielfältig: Wie die Aufstände in der DDR 1953 sowie in Polen und Ungarn 1956 zeigen, hat es die Sowjetunion hier mit unruhigem Terrain zu tun. Ungarns Stabilität gründet auf dem Prinzip des „Gulasch-Kommunismus“: Marktwirtschaft im Kleinen und ein kommunistisches Selbstverständnis nach dem Motto „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“ Diese Art des kommunistischen „Gesellschaftsvertrages“ gilt nicht für die DDR und – bis 1964 – auch nicht für die Tschechoslowakei. Dass er in der DDR nicht gilt, liegt auf der Hand: Das SED-Regime ringt kläglich um die Deutungshoheit in der deutschen Frage. Es ist besonders beflissen, sich ausdrücklich nicht als sowjetisch besetztes Gebiet gegenüber der „eigenen“ Bevölkerung
Die Breschnew-Doktrin
Die sogenannte Breschnew-Doktrin legitimiert das Interventionsrecht der Sowjetunion bei abweichendem Verhalten eines Mitgliedes des Warschauer Pakts. Die zentralen Passagen sind: „Die KPdSU setzte sich immer dafür ein, dass jedes sozialistische Land die konkreten Formen seiner Entwicklung auf dem Wege zum Sozialismus unter Berücksichtigung der Eigenart seiner nationalen Bedingungen selbst bestimmte. Aber bekanntlich […] gibt es auch allgemeine Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus, und ein Abweichen von diesen Gesetzmäßigkeiten könnte zu einem Abweichen vom Sozialismus im Allgemeinen führen.“ „Und wenn innere und äußere dem Sozialismus feindliche Kräfte die Entwicklung eines sozialistischen Landes zu wenden und auf eine Wiederherstellung der kapitalistischen Zustände zu drängen versuchen, wenn also eine ernste Gefahr für die Sache des Sozialismus in diesem Lande, eine Gefahr für
die Sicherheit der ganzen sozialistischen Gemeinschaft entsteht […] dann wird dies nicht nur zu einem Problem für das Volk dieses Landes, sondern auch zu einem gemeinsamen Problem, zu einem Gegenstand der Sorge aller sozialistischen Länder.“ „Begreiflicherweise stellt militärische Hilfe für ein Bruderland zur Unterbindung einer für die sozialistische Ordnung entstandenen Gefahr eine erzwungene außerordentliche Maßnahme dar. Sie kann nur durch direkte Aktionen der Feinde des Sozialismus im Landesinnern und außerhalb seiner Grenzen ausgelöst werden: Durch Handlungen, die eine Gefahr für die gemeinsamen Interessen des sozialistischen Lagers darstellen.“ Vier sozialistische Länder wiesen diesen Hegemonialanspruch zurück: China, Albanien, Rumänien und Jugoslawien. Erst Michail S. Gorbatschow hebt die Doktrin definitiv am 25. Oktober 1989, also am Vorabend des Falls der Berliner Mauer, auf.
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Kriege, Krisen und Konflikte | „Prager Frühling“ 1968
NICHT NUR PRAG: Die ganze Tschechoslowakei ist von der sowjetischen Militärintervention betroffen (siehe Karte). Hier rollen Panzer in Preßburg/ Bratislava ein. Abb.: picture alliance
zu präsentieren. Diese sitzt bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 zu einem guten Teil auf gepackten Koffern. Gleichwie, die Einheitssozialisten in der DDR wollen unter dem Motto „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“ zu den Siegern des Zweiten Weltkriegs gehören – im deutschen Fall ein besonderes Problem, denn östlich von Elbe und Thüringer Wald ist eine Diktatur durch die andere ausgetauscht worden. Die tschechischen Genossen haben es da leichter! Für die Sowjetunion ist das Industriepotenzial der DDR und der Tschechoslowakei unerlässlich, wenn sie die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung angesichts der
WILL EIGENE WEGE GEHEN: Alexander Dubc ˇek möchte in seinem Land ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchsetzen. Die Tschechoslowakei besitzt am Vorabend der sowjetischen Intervention zudem eine kritische Öffentlichkeit. Abb.: picture-alliance/dpa
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permanenten Hochrüstung und der ineffizienten Wirtschaft einigermaßen stillen will. Vor diesem Hintergrund also scheint eine Veränderung des Sozialismus in der Tschechoslowakei genau so wenig möglich wie in
jetisch-chinesischen Entzweiung seit 1958 und der nationalkommunistischen Alternative in Form des jugoslawischen Staatsgebildes seit 1945 kein sowjetischer Führer in den Verdacht kommen wollte, die Existenz der Sow-
„Zu lange haben wir im Dunkeln gelebt, treten wir ins Licht.“ Alexander Dubcˇek (1921–1992), Politiker und Galionsfigur des „Prager Frühlings“
der DDR. In Prag sitzen im übrigen seit dem kalten Staatsstreich von Februar 1948 Hardliner, sprich Stalinisten, an den Schaltstellen der Macht. Sie verlieren ihre absolute Herrschaftsposition erst in den Jahren 1962 bis 1964. Und zwar just zu dem Zeitpunkt, als Nikita Chruschtschow – ausgerechnet der sowjetische Parteiführer, der in seiner geheimen Rede vom 25. Februar 1956 die Verbrechen Stalins angesprochen hatte! – machtpolitisch bereits „auf dem absteigenden Ast“ ist. Man kann darüber spekulieren, ob es sonst im August 1968 tatsächlich zur sowjetischen Intervention gekommen wäre.
Wiederholt sich Geschichte? Tatsache ist, dass nach dem Austritt des von sowjetischen Truppen nicht besetzen Albanien aus dem Warschauer Pakt 1961, der sow-
jetunion aufs Spiel zu setzen. Das heißt konkret: Die Stellung als Supermacht mit der Fähigkeit raumgreifender Operationen in Westmitteleuropa darf nicht verloren gehen! Dies muss festgehalten werden, weil Michail S. Gorbatschow ab Mitte der 1980erJahre mit seiner Politik im Zeichen von „Glasnost“ und „Perestroika“ genau das tut, was der impulsive Nikita Chruschtschow und der idealistische Sozialist Alexander Dubček auf Grund innerer und äußerer Rahmenbedingungen in ihren beiden „Bruderländern“ nicht vermögen. Das Ergebnis ist bekannt: das Ende der Teilung des Kontinents und das Ende der kommunistischen Herrschaft mit all ihren noch zu bewältigenden Spätfolgen in Ostmitteleuropa. Und: Gorbatschow zählt in den Augen der meisten heutigen Russen nicht zu den „Großen des 20. Jahrhunderts“!
DDR-Truppen nach Prag?
KARTE
Militäroperation in der CSSR
Die sowjetische Militärintervention in der Tschechoslowakei am 21. August 1968
Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich
Vergleicht man die gegenwärtige Lage in der Ukraine mit der militärpolitischen Situation der Tschechoslowakei im Jahre 1968, so fallen interessante Parallelen auf: In beiden Fällen argumentiert Moskau mit dem „Schreckgespenst NATO“ und dem Wirken „faschistisch-revanchistischer Kräfte“, gegen die es aus Perspektive des Kreml einzugreifen gilt. Das heißt, heute wie damals gibt Moskau einem Nachbarstaat nicht die Chance, einen abweichenden Kurs einzuschlagen. Damals hieß es „Schutz des Sozialismus“, heute spricht man vom „Schutz für die Russen auf ukrainischem Boden“.
1968 rollen die sowjetischen Panzer, bevor inner-tschechoslowakisch die Machtfrage gestellt wird. Mit anderen Worten: Bis zum militärischen Eingreifen ist die „führende Rolle der Partei“ noch nicht in Frage gestellt, geschweige denn eine markante Reorganisation der Planwirtschaft in Richtung Marktwirtschaft vorgenommen worden. Im Frühsommer 1968 kann man in Prag westliche Zeitungen kaufen. Die Intellektuellenszene blüht auf. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auf die Formulierung von Forderungen deren Umsetzung folgen würde. Die Intervention findet gerade noch zu einem Zeitpunkt statt, als mit dem Mittel des
Militärs, kombiniert mit dem „Austausch“ des tschechoslowakischen Führungspersonals, eine Verselbstständigung der Vorgänge unterbunden werden kann. Dazu bedarf es natürlich eines planerischen Vorlaufes sowie gewisser Rahmenbedingungen. Die Organisationsstrukturen des Warschauer Paktes bieten den Rahmen. Konsequent umgesetzt würde dies bedeuten, dass ab einer bestimmten Eskalationsstufe auch ostdeutsche Verbände marschieren müssten. 1968 ist die Sowjetunion trotz Drängen von SED-Chef Walter Ulbricht und seiner Genossen nicht willens, die Nationale Volksarmee der DDR – das heißt die 11. motorisierte Schützendivision – gen Prag marschieren zu lassen. Zu deutlich wäre die Parallele zu den Jahren 1938/39. Die NVA leistet hingegen erhebliche logistische und fernmeldetechnische Hilfe im DDR-Hinterland. Mit der sowjetischen Intervention in der Tschechoslowakei steigt auf alle Fälle die Bedeutung der DDR für den Zusammenhalt des Warschauer Paktes.
Passive NATO Für die Sowjets ist – rational betrachtet – die NATO kein unkalkulierbarer Faktor. Für die NATO-Staaten ist klar, dass eine Intervention nicht in Frage kommt – so wie es 1953 und 1956 schon nicht der Fall gewesen ist. Aber: Die Verteidigungsszenarien auf westlicher Seite gingen immer davon aus, dass die WPTruppen aus einer laufenden Bewegung heraus, etwa mittels eines grenznahen Großmanövers in Kombination mit gezielten Provokationen, auf NATO-Gebiet vordringen könnten. Damit hätten sie zum Beispiel bestimmte „Faustpfänder“ auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland in die Hände
Literaturtipps Pauer, Jan: Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes. Bremen 1995. Karner, Stefan u.a.: Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968. Köln u.a. 2008. Tu˚ma, Oldrˇich: Intervention in der Tschechoslowakei 1968. In: Heiner Timmermann: Militärische Interventionen in Europa im 20. Jahrhundert. Berlin 2008. Bange, Oliver: Das Ende des Prager Frühlings 1968 und die Neue Ostpolitik. In: Bernd Greiner u.a.: Krisen im Kalten Krieg. Hamburg 2008.
CHAOS: Ein brennender Bus mitten in Prag. Der Begriff „Prager Frühling“ stammt aus westlichen Medien und bezeichnet sowohl die Reformversuche der tschechoslowakischen Regierung, als auch deren Niederschlagung durch die Sowjetunion. Abb.: picture-alliance/dpa
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Auf der Internetseite des Deutschlandfunks (www.deutschlandfunk.de) gibt es außerdem ein sehr interessantes Interview mit General a.D. Eisele. Im Suchfeld oben rechts einfach die Begriffe „General Eisele“ und „Prager Frühling“ eingeben (zuletzt aufgerufen am 28.4.2015).
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Kriege, Krisen und Konflikte | „Prager Frühling“ 1968 nung zwischen Ost und West seit 1963, alles tat, die Dinge nicht eskalieren zu lassen? Die Gefahr einer Verschärfung hätte durch eine vorzeitige Informierung der Streitkräfte auf der mittleren und unteren Führungsebene durchaus bestanden. Erst in dem Moment, als sich die Intervention vollzieht, wird die Bundeswehr in Alarmbereitschaft versetzt. Die Fernmeldeaufklärung der Bundeswehr weiß sehr genau, was auf operativ-taktischer Ebene in jenen Augusttagen auf tschechoslowakischem Territorium passiert.
Der Anfang vom Ende Die Sowjetunion geht ein begrenztes Risiko ein. Hierbei spielt natürlich auch die „friedensstiftende“ Existenz von Atomwaffen auf beiden Seiten im Sinne wechselseitiger Abschreckung eine deeskalierende Rolle – zumindest in dieser konkreten Situation. Von österreichischer Seite muss sie erst recht nichts befürchten. Das Bundesheer unseres neutralen Nachbarn zieht sich zurück. Was bleibt als Fazit? Die Sowjetunion besetzt am 21. August 1968 mit 27 Divisionen, also 300.000 Soldaten, 7.500 Panzern und mehr als 1.000 Flugzeugen ein „Bruderland“. Erkennbar beteiligt an dieser Streitmacht sind die Armeen der Volksrepubliken Polen, Ungarn und Bulgarien. Die tschechische Bevölkerung leistet zivilen Widerstand. Berühmt sind die Szenen von Prag, die dem Betrachter des Geschehens aufzeiMACHTDEMONSTRATION: Die Sowjetunion lässt die Muskeln spielen. Ein Blick aus einem Fens- gen, wie Diktaturen ihre Soldaten behandeln: Sie „segnen“ sie mit Unwissenheit; die ter in Prag am 21. August 1968 zeigt die einrollenden Fahrzeuge der Roten Armee. Widerstand jungen Soldaten der Roten Armee in ihren scheint bei dieser gewaltigen Militärpräsenz von vornherein zwecklos. Abb.: picture-alliance/dpa Panzern meinen, es gehe um die Abwehr eibekommen können. Und was würde gesche- muss: Das Gipfeltreffen der Staats- und Par- nes NATO-Eingriffes. Militärisch gesehen ist die Intervention eihen, wenn auf NATO-Seite eine verkehrte teichefs der WP-Staaten in Dresden (März Wahrnehmung der Vorgänge zu einem un- 1968) kommt einem Scherbengericht für ne beeindruckende Operation. Der Westen bedachten Handeln auf Bataillons-, Brigade- Dubc˘ ek gleich. Wie sich die Sowjetunion al- ist fortan taktisch-operativ mehr denn je dalerdings in der Stunde der Intervention tat- rauf bedacht, konventionelle Ungleichgeoder gar Divisionsebene führen würde? sächlich verhalten würde, ist niemandem im wichte aufzufangen. Politisch gesehen ist die Der Westen schweigt Westen wirklich bekannt. Die westlichen Operation ein Desaster: Jetzt ist der GedanDie Intervention der Sowjets im August 1968 Quellen jedenfalls suggerieren durchaus, ke eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zwar nicht tot, aber niedergewalzt kommt für den Westen überraschend – aber „die NATO habe nichts gewusst“. Doch kann es nicht auch sein, dass „die von sowjetischen Panzern. Tschechen und nicht völlig aus dem Nichts. Politischen Beobachtern ist klar, dass die sowjetische Füh- NATO“ nichts wissen wollte? Könnte es Slowaken entfremden sich, indem sie sich rung unter Leonid Breschnew und Alexan- nicht sein, dass „der Westen“ mit Blick auf ins Private und voneinander zurückziehen. der Kossygin über kurz oder lang handeln die langsam Fahrt aufnehmende Entspan- 1989/90 ist die sozialistische Alternative dann tatsächlich keine mehr, und damit gilt: 1968 hat die Sowjetunion eine „Schlacht im HYPOTHESE Alternativszenario Klassenkampf“ gewonnen. Den Kalten Wenn die Sowjetunion damals ihren „Bru- möglich, dass Deutschland dann heute eiKrieg verliert sie eben dadurch 1989/90. Ob derländern“ gestattet hätte, einen eigenen nen Status wie die zweite österreichische das heutige Russland daraus gelernt hat, ist Weg zum Sozialismus zu gehen, dann hätte Republik besäße – oder sogar immer noch zu wünschen und zu hoffen. Russland heute vermutlich nicht das westli- aus zwei Staaten bestünde: Westdeutschche Bündnis direkt vor der Haustür. In Ost- land als Teil eines hochintegrierten „Kerneumittel- und Südosteuropa würde mit hoher ropa“ sowie einer neutralen DDR ohne das Dr. Peter Andreas Popp, Oberstleutnant, ist LehrWahrscheinlichkeit eine „neutrale“ Zone Machtmonopol der SED. stabsoffizier für Militärgeschichte und ständiger Mitarexistieren. Es wäre außerdem durchaus beiter von CLAUSEWITZ.
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Meinung
Wer war der bessere General?
Von Robert Riemer
MEISTER DES MATERIALS: Grant ist kein Feldherrengenie – aber er nutzt die zahlenmäßige und wirtschaftliche Überlegenheit des Nordens aus, um den Süden durch eine Ermattungsstrategie zu erschöpfen. Abb.: picture alliance/ landov
obert Edward Lee ist der Sohn von George Washingtons Lieblingsleutnant, dem späteren Gouverneur von Virginia Henry „Light-Horse Harry“ Lee. Außerdem ist er Zweiter seiner Klasse an der Militärakademie in Westpoint, und vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865) der kommende Mann in der Armee. Es ist unzweifelhaft: Lee ist in einer sehr guten Ausgangsposition bezüglich der Frage, ob er oder Grant der bessere General sei. Was hat Ulysses Simpson Grant dagegen vorzuweisen? Der Sohn eines Gerbers und Sattlers schließt Westpoint als 21. seiner Klasse ab. Danach dient er einige Zeit in der Armee, bevor er diese auch wegen seines übermäßigen Alkoholkonsums verlassen muss – und im zivilen Leben scheitert. Wenn wir an diesem Punkt unseren Vergleich der beiden Herren abbrechen, dann ist das Ergebnis eindeutig. Beziehen wir dagegen den Krieg und die nachfolgenden Jahre mit ein, wird schnell deutlich, dass Grant ordentlich aufholt: Er ist der erste seit Washington, der in der US-Armee den regulären Rang eines Generalleutnants erreicht (Winfield Scott trägt vor ihm diesen Rang „nur“ ehrenhalber). Und er ist der erste VierSterne-General der amerikanischen Geschichte sowie acht Jahre Präsident der Vereinigten Staaten – wenngleich in letztgenannter Position unglücklich agierend. Lee kann Grant seine Erfolge im Bürgerkrieg entgegen setzen, große Siege, die er trotz oftmals zahlenmäßiger Unterlegenheit aufgrund seines taktischen Geschicks erringt. Seit Ende Januar 1865 ist er Oberbefehlshaber der konföderierten Armee, hat aber bereits zuvor den Präsidenten der Konföderierten Staaten von Amerika, Jefferson Davis, beraten. Als der Bürgerkrieg im Juni 1865 endet, geht Lee als der bis heute vielleicht meist geachtete amerikanische General in die Geschichte ein – doch Grant hat den Krieg gewonnen. Er ist der Sieger des Amerikanischen Bürger-
krieges – ein gewichtiges Argument im Vergleich beider Generale, wenn es um die Frage nach dem Besseren geht. Ob damit allerdings die im Titel gestellte Frage bereits eindeutig beantwortet ist, bleibt zunächst offen, denn die Bewertung eines Generals speist sich nicht allein aus Sieg oder Niederlage im Krieg. Auch die Ergebnisse einzelner Schlachten müssen ausgewertet werden. Wir haben insofern Glück, als Grant und Lee ab 1864 auf dem östlichen Schauplatz des Bürgerkrieges direkt gegeneinander kämpfen; Grant als Oberbefehlshaber aller Unionstruppen hat sein Hauptquartier bei der PotomacArmee von George Gordon Meade, Lee kommandiert die Nord-Virginia-Armee. Wir werden allerdings schon etwas weiter zurückschauen und auch die Schlachten mit einbeziehen, die beide Generale zuvor unabhängig voneinander schlugen. Dies ist bedeutsam, da sich hier bereits Eigenschaften zeigen, die später auch im direkten Kampf gegeneinander zum Tragen kommen.
„Spatenkönig“ und „Supersoldat“ Was ist zu Beginn des Krieges passiert? Der scheidende Oberbefehlshaber der US-Armee, General Winfield Scott, empfiehlt Präsident Abraham Lincoln, Oberst Lee das Kommando über die US-Armee zu übertragen. Mitte April 1861, wenige Tage nach den ersten Schüssen des Krieges auf Fort Sumter, lässt Lincoln Lee ein entsprechendes Angebot übermitteln. Lee bittet sich etwas Bedenkzeit aus – und in diesem Moment tritt Virginia aus der Union aus und wird Teil der Konföderation. Lee, der selbst der Sklaverei und der übermäßigen Betonung der einzelstaatlichen Souveränität skeptisch gegenüber steht, hat keine Wahl. Aus Verbundenheit mit seinem Heimatstaat sagt er Lincoln ab und stellt sich Präsident Davis zur Verfügung. Zu dieser Zeit bereitet Grant seine Rückkehr zur Armee der Union vor, die ihn als Westpoint-Absolventen gern wieder aufnimmt – trotz des in den 1850er-Jahren erzwungenen Abschieds wegen seines Alkoholkonsums. Im Auftrag des Gouverneurs von Illinois beteiligt sich Oberst Grant an der Truppenaufstellung und übernimmt das Kommando über das 21. Infanterieregiment von Illinois. Die US-Armee, vor dem Krieg nur rund 15.000 Mann stark und vornehmlich mit dem Schutz der „Frontier" im heutigen Mittleren Westen beauftragt,
wächst schnell zu einer großen Armee an. Die Truppe besteht aus regulären Soldaten und Freiwilligenverbänden. Erfahrene Männer wie Grant, der Ende der 1840erJahre am Mexikokrieg teilgenommen hat, werden dringend benötigt. Besonders auch deswegen, weil sich herausragende Militärs auf die Seite der Konföderation stellen, unter ihnen Lee selbst, James Longstreet (der wichtigste von Lees Generalen und ein Freund Grants) und Albert Sidney Johnston (ein Westpoint-Kamerad von Davis und Oberbefehlshaber der Konföderation auf dem westlichen Kriegsschauplatz). Lee dient zu Kriegsbeginn in Virginia als Oberbefehlshaber der Staatstruppen, ist dann für die Verteidigung der konföderierten Hauptstadt Richmond verantwortlich und erhält im Herbst 1861 sein erstes Feldkommando (wo er im westlichen Virginia nur sehr mäßigen Erfolg hat). Die erste Hälfte des Jahres 1862 verbringt Lee als Militärberater seines Präsidenten wieder in Richmond und übernimmt zur Jahresmitte die Nord-Virginia-Armee. Hier ist er anfangs aufgrund seiner eher defensiv ausgerichteten Taktik als „Oma Lee“ und „Spatenkönig“ bekannt, reißt aber schnell die Initiative an sich und kann die Virginia-Armee (Nordstaaten) von John Pope in der zweiten Schlacht von Bull Run/Manassas sowie mehrfach die Potomac-Armee unter den Generalen George Brinton McClellan (zugleich Nachfolger Scotts), Ambrose Everett Burnside und Joseph „Fighting Joe“ Hooker schlagen. Die Siege bei Manassas sowie in der Sieben-Tage-Schlacht, am South Mountain, bei Harpers Ferry und die Rettung der Armee gegen den weit überlegenen Feind am Antietam begründen seinen Ruf als scheinbar unbesiegbarer Feldherr. Sein „Meisterstück“ liefert Lee im Winter/Frühjahr 1862/63 ab, als er bei Fredericksburg und Chancellorsville überwältigende Siege aus unterlegener Position mit einer außergewöhnlichen Taktik erzielt.
Grant glänzt im Gefecht Grant ist zu diesem Zeitpunkt noch auf dem westlichen Kriegsschauplatz beschäftigt. Ihm gelingen kleinere, aber in der Öffentlichkeit stark beachtete Siege bei Fort Henry am Tennessee und Fort Donelson am Cumberland. Hier stellt er erstmals seine berühmte Forderung nach bedingungsloser Kapitulation, die passend zu seinen Vornamensinitialen zu seinem Spitznamen wird (U.S.: unconditional surrender). Der erfolgreiche General – inzwischen Kommandeur der Tennessee-Armee und weiterhin siegreich – hat trotzt erneuter Alkoholprobleme die Rückendeckung Lincolns, da Grant in für die Union schwierigen Zeiten wichtige Erfolge liefert. Dem kämpfenden und siegenden Grant stehen die unglücklich agierenden Kommandeure im Osten gegenüber, darunter der „zaudernde Napoleon“ McClellan, ein glänzender Organisator und Motivator, der allerdings im Feld Lee in keiner Weise gewachsen ist. Die „Krönung“ gelingt Grant im Sommer und Herbst 1863, als er am Unabhängigkeitstag (4. Juli) die lange Belagerung der strategisch bedeutsamen Stadt Vicksburg am Mississippi und viereinhalb Monate später die Schlacht von Chattanooga für den Norden entscheidet. Damit ist der Krieg im Westen letztlich gewonnen. Grant erreicht damit die Beförderung zum Generalleutnant und geht
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in den Osten als Oberbefehlshaber der Unionsarmee gegen Lee, der zu Recht als gefährlichster militärischer Gegner gilt.
Titanen-Treffen Lees strategisch bedeutendster Fehlschlag, resultierend aus Selbstüberschätzung und taktischen Fehlentscheidungen wider besseren Rat, ist die Schlacht von Gettysburg (1. bis 3. Juli 1863). Seine Serie brillanter Siege in Unterzahl endet hier mit der letztlich kriegsentscheidenden Niederlage gegen die Potomac-Armee unter Meade. Trotz seines Rücktrittsgesuchs an Davis behält Lee sein Kommando und steht im Frühjahr 1864 erstmals direkt Grant gegenüber. Und es kommt wie erwartet: Grant verliert das erste Treffen gegen Lee, der das schafft, was ihm bereits bei Grants Vorgängern möglich ist: Er kann seinen Gegner richtig beurteilen, dessen Entscheidungen antizipieren und sich daher durchsetzen. Unerwartet ist Grants Reaktion, denn erstmals marschiert die Unionsarmee trotz einer Niederlage vorwärts. Nach den Schlachten in der Wilderness und von Cold Harbor graben sich die Armeen vor Petersburg, östlich von Richmond, ein. Es beginnt eine mehrmonatige Belagerung inklusive Grabenkrieg, der einen Vorgeschmack auf den Ersten Weltkrieg bietet. Erst Ende März, nach achteinhalb Monaten Stellungskampf, weicht Lee nach Osten aus. Vor 150 Jahren, am 9. April 1865, kapituliert Lee vor Grant im Appomattox Court House. Für den ranghöchsten konföderierten Soldaten mit der wichtigsten Armee der Südstaaten ist der Krieg beendet und für die Konföderation wenige Wochen später endgültig verloren. Und es ist damit für uns an der Zeit, die Frage nach dem besseren General mit einem dezenten Vorsprung zu Gunsten des letztlich im Krieg unterlegenen Lee zu beantworten: Die taktischen Meisterleistungen, der oft belohnte Mut zum Risiko und zahlreiche Siege in Unterzahl negieren die auch Lee unterlaufenen Fehler. Dieses Maß an Improvisationstalent muss Grant wegen der besseren materiellen und personellen Ausstattung der Nordstaatenarmee kaum zeigen, er tritt aber Lee in der direkten Auseinandersetzung 1864/65 auf Augenhöhe entgegen. Lee hat die Gabe, seine Gegner zu verstehen, und kann diese „Einblicke“ in große Siege umsetzen. Dies gelingt ihm zunächst auch bei Grant – daher dessen Niederlage beim ersten Aufeinandertreffen. Doch Grant ist hartnäckig und unbeirrbar, so dass Lee als der bessere General den Krieg dennoch verliert.
„SUPERSTAR“ DES SÜDENS: Lee wird von vielen als der fähigste Befehlshaber der amerikanischen Geschichte angesehen. Im Gegensatz zu Grant stehen ihm nur begrenzte Mittel zur Verfügung, und sein Vorhaben, den Krieg in den Norden zu tragen, scheitert. Abb.: picture-alliance/akg
Dr. Robert Riemer forscht und lehrt am Historischen Institut der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Außerdem unterrichtet er Militärgeschichte an der Offizierschule des Heeres in Dresden.
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Menschen & Geschichten
Generalluftzeugmeister Ernst Udet
Flieger-Ass im freien Fall UNBEQUEM: Ernst Udet lässt sich nur widerwillig für den NSMachtapparat einspannen. Dieses späte Foto zeigt, dass die Aufputschmischung aus Pervitin und Alkohol ihre Spuren hinterlassen haben. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
S
eit dem 13. August 1932 flimmert die deutsch-französische Koproduktion „Das Mädel vom Montparnasse“ über die Leinwände deutscher Lichtspielhäuser. In der Hauptrolle brilliert die 28-jährige Schauspielerin Ehmi Bessel neben dem damals sehr populären Fritz Schulz. Auch das deutsche Fliegeridol der Zeit und selbst populärer Akteur in der Kinowelt, Ernst Udet, sieht seine „Kollegin“ und ist fasziniert. Er bittet seinen Freund Carl Zuckmayer, ein Treffen mit der attraktiven Ehmi Bessel zu arrangieren. Zuckmayer und Udet kennen sich seit 1918. Zuckmayer, als Artilleriebeobachter eingesetzt, soll im Sommer des letzten Kriegsjahres das Aufklären und Beobachten aus dem Flugzeug kennenlernen. Für einige Tage zum Jagdgeschwader „Freiherr von Richthofen“ Nr. 1 kommandiert, begegnet ihm dort „ein kleingewachsener, quirliger, drahtiger, temperamentvoller und außerordentlich witziger, sogar geistreicher Fliegerleutnant: Ernst Udet. Wir mochten uns nach den ersten paar Worten, soffen unsere erste Flasche Cognac zusammen aus und verloren uns bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aus den Augen“, schreibt Zuckmayer in seiner Autobiographie.
Ungleiche Freunde Auch den berühmten Berliner Presseball am Abend des 28. Januar 1933 besuchen Udet und Zuckmayer gemeinsam. Im Laufe der Nacht erreichen sie einen Zustand, in dem sie kein Blatt mehr vor den Mund nehmen: „Schau dir die Armleuchter an“, sagt Udet zu seinem Freund und deutete in den Saal, „jetzt haben sie alle schon ihre Klempnerläden aus der Mottenkiste geholt. Vor einem Jahr war das noch nicht à la mode.“ Tatsächlich sind reichlich Bändchen und Kreuze der Kriegsdekorationen auf den Fräcken zu sehen, die während der 1920er-Jahre niemand auf einem Berliner Presseball trug. Konse-
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17. November 1941: Ernst Udet – einst erfolgreicher Jagdflieger und Fliegeridol – begeht Selbstmord. Es ist das tragische Ende einer schillernden Persönlichkeit, die am Intrigengeflecht der Nationalsozialisten scheitert.
LUFTAKROBAT: Udet beim Kunstflug während der Dreharbeiten zum Spielfilm „Wunder des Fliegens“ im Frühjahr 1935.
Von Jörg-M. Hormann
Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl
quenterweise bindet sich Udet den „Pour le Mérite” ab, der unterhalb seiner weißen Piqué-Frackfliege ins Auge sticht, und steckt ihn in die Hosentasche. Auf den „Blauen Max“, wie die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung des Weltkrieges auch genannt wird, ist Udet
wirklich stolz. Diesen Orden hat er sich im wahren Wortsinn am Himmel über Frankreich „zusammengeschossen“. Am 26. April 1896 in Frankfurt geboren, wächst der Sohn eines Zivilingenieurs und Fabrikanten in München auf. Den jugendlichen Ernst Udet interessiert nur eine Sache
wirklich, die Fliegerei. Mit seinen aviatikbegeisterten Freunden aus dem Wohnhaus gründet er 1909 den „Aero-Club München“. Das zum Abschluss der Mittleren Reife vom wohlhabenden Vater geschenkte Motorrad benutzt der für den Militärdienst zu kleinwüchsige „Ernie“ als freiwilligen Einstieg in
GRUPPENFOTO: JagdflugzeugVergleichsfliegen in Berlin Adlershof im Oktober 1918. Die „Vergleichsflieger“ von links: Ernst Udet, Bruno Loerzer und Josef Carl Jacobs. Foto: ullstein bild – ullstein bild
VERLOBUNGSFOTO: Oberleutnant Ernst Udet, seit 9. April 1918 Träger des Ordens „Pour le Mérite“, mit seiner Braut Eleonore Zink, Tochter des wohlhabenden Nürnberger Kommerzienrates Zink, September 1918. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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Menschen & Geschichten | Ernst Udet mit „Udet-Flugzeugbau“ in München-Ramersdorf von 1922 bis 1926 gehört zu den weniger durchleuchteten Kapiteln seiner Biografie. Mit amerikanischem Geld firmiert er die Bayerischen Albatros-Werke um und lässt auch ein „Volksflugzeug“ bauen, von dessen Absatzmöglichkeiten man sich auf beiden Seiten des Atlantiks viel verspricht. Udet war lediglich die populäre Galionsfigur des Unternehmens und in erster Linie für das Einfliegen der Flugzeugtypen von U-1 bis U-12 zuständig.
Erinnerungsstück Geschenk für Udet von seinem Geschwaderchef Fliegervorbild Manfred Freiherr von Richthofen wenige Tage vor dessen Fliegertod am 21. April 1918. Foto: Hermann-Historica/Sammlung Jörg-M. Hormann
den Kriegsdienst 1914. Meldefahrer für die Westfront werden dringend gesucht und die einzige Voraussetzung der Einsatzverwendung ist ein mitzubringendes Motorrad. Aus dem Meldefahrer wird schnell ein leidlich guter und dann einer der besten Frontflieger der deutschen Fliegertruppe im Ersten Weltkrieg. Mit dem „Pour le Mérite“ ausgezeichnet, erlebt Oberleutnant Udet als Flieger-Ass mit 62 Abschüssen das Ende des Ersten Weltkriegs. Die Fliegerei sieht er jetzt erst recht als Sinn des Lebens, denn nur das kann er perfekt. Er zeigt es der Öffentlichkeit im Rahmen von Flugtagen nach dem Weltkrieg. Die meisten kennen Flieger und Flugzeuge damals nur vom Hörensagen und staunen mit
offenem Mund, wenn Udet mit Fliegerkameraden den Luftkampf simuliert oder atemberaubende Flugzeugakrobatik vollführt. Hunderttausende erleben den Kunst- und Privatflieger Ernst Udet auf unzähligen Flugshows bis in die 1930er-Jahre hinein. Udet wird zum Inbegriff für die neue Faszination „Fliegen“. Er lebt sein Leben aus Ungebundenheit, Fliegen und Luxus. Viel Geld gibt er aus, so wie es hereinkommt. Die Presse ist über seinen ausschweifenden Lebensstil gut informiert. Er ist ganz einfach populär. Auch weil die begeisterten Menschen seine Fliegerkunst in den Spielfilmen „Die weiße Hölle von Piz Palü“ (1929) „Stürme über dem Mont Blanc“ (1930) oder „SOS Eisberg“ (1933) in den Lichtspielhäusern bewundern können. Sein nicht allzu glückliches Engagement als Unternehmer in der Flugzeugproduktion ERSTER ABSCHUSS: Ernst Udet, der kleine Bayer bei den Preußen in der Feldfliegerabteilung 68, hier im Fliegerdress als Vizefeldwebel mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse nach seinem ersten Abschuss vom 18. März 1916. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Erfolgloser Unternehmer Mit seiner U-12 „Flamingo“ vollbringt er auf den legendären Flugtagen der Zeit grandiose fliegerische Kunststücke. Das macht ihm bedeutend mehr Spaß, als sich um das Unternehmen mit seinem Namen zu kümmern. Am 30. Juni 1926 wird der Betrieb, inzwischen in Augsburg angesiedelt, schließlich eingestellt. Mit Reichsgeldern und Willy Messerschmitt als technisch kreativem Kopf entstehen dann aus dem Udet-Flugzeugbau die Bayerischen-Flugzeug-Werke (BFW) und eine gewisse Vorliebe des späteren Generalluftzeugmeisters für die Flugzeugtypen aus Augsburg. Am 1. Februar 1933 feiert der „Aero Club” von Deutschland sein 25-jähriges Bestehen mit festlichem Bankett und anschließendem Tanz in der Berliner Krolloper. Göring, frischernannter „Reichskommissar für die Luftfahrt“, hat seinen Auftritt zusammen mit Karl Bodenschatz, seinem ehemaligen Adjutanten beim „Richthofen-Geschwader”, und mit Lufthansa-Chef Erhard Milch, neuer Staatssekretär seiner Reichsbehörde. Wäh-
IM GESPRÄCH: General der Flieger Erhard Milch und Ernst Udet im Herbst 1937. Der Bürokrat und der Luftakrobat werden nach Kriegsbeginn erbitterte Kontrahenten. Milch wird Udet als Generalluftzeugmeister beerben. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann
Verhängnisvolle Entscheidung
VOR DEM ABFLUG NACH PARIS: Berlin Tempelhof am 4. Oktober 1937. Von links: Oberst Hanesse, Luftfahrtattaché in Paris, Oberst von Witzendorf, Generalmajor Ernst Udet, Staatssekretär General der Flieger Erhard Milch, der französische Botschafter François-Poncet und Colonel de Gefrier (vordere Reihe). Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo
rend des Abends nimmt Göring seinen Kameraden aus Kriegstagen Udet zur Seite und fordert ihn auf, bei der „Bewegung“ mitzumachen. Udet zeigt sich reserviert. Er verstehe nichts von Politik, das Tragen von Uniformen sei er nicht mehr gewohnt, so seine Begründung. Außerdem wolle er nur fliegen – wann, wie und wo es ihm beliebt. Doch als Göring im das Geld für zwei Maschinen vom Typ „Curtiss-Hawk” in Aussicht stellt, zündet der Funke bei Udet.
Göring „ködert” Udet Bereits im Herbst 1931, anlässlich eines USABesuches, sieht Udet den sturzflugfähigen amerikanischen Doppeldecker von Curtiss mit dem treffenden Namen „Habicht“ in Aktion. Es ist ein ideales Flugzeug für spektakuläre Akrobatikeinlagen. Der ehemalige Jagdflieger ist vollauf begeistert. Jedoch ist die Maschine für ihn als Privatmann nicht finanzierbar. Dies will nun Göring übernehmen. Dafür muss Udet allerdings „mit den Wölfen heulen“. Am 1. Mai 1933 wird er zwangsläufig Parteigenosse und bekommt die NSDAP-Mitgliedsnummer 2.010.976 zu-
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gewiesen. Nach dem Parteieintritt beschafft ihm der „Reichskommissar für Luftfahrt“ die finanziellen Mittel zum Kauf der beiden heiß begehrten Maschinen. Nach der Lieferung aus den USA sollen sie Udet zur Verfügung stehen.
parat des neuen Reichsluftfahrtministeriums (RLM) mit populären Köpfen zu besetzen. Auf diese Weise „überzeugt“, bewirbt sich Udet für eine Laufbahn in der im Aufbau befindlichen Luftwaffe. Der ehemalige Oberleutnant wird als Oberst am 1. Juni 1935
„Man muss um der Fliegerei willen auch mal mit dem Teufel paktieren. Man darf sich nur nicht von ihm fressen lassen.“ Ernst Udet im Jahr 1936 zu seinem Freund Carl Zuckmayer nach dessen Frage, warum er in NS-Deutschland bleiben will
Als Fliegervizekommodore des Deutschen Luftsport Verbandes (DLV), der getarnten Aufbauorganisation der Luftwaffe, beginnt Udets zweite Militärkarriere. Sein letzter Kommandeur im Ersten Weltkrieg und damals Chef des Jagdgeschwaders „Richthofen“ lockt ihn mithilfe eines Flugzeuges zurück in die Uniform und in eine höchst verantwortliche Position. Göring braucht Vertraute, um den ausufernden Ap-
reaktiviert. Das Überspringen von drei Dienstgraden, zumal ohne Stabsoffiziersausbildung, ist auch damals eine unübliche Prozedur. Doch für solch unkonventionelle Vorgehensweisen ist Hermann Göring berühmtberüchtigt. Es folgt ein kometenhafter Aufstieg von Ernst Udet im Dunstkreis seines „Duzfreundes“ Hermann Göring. Im Februar 1936 ist Udet Inspekteur der Jagd- und Sturzkampf-
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Menschen & Geschichten | Ernst Udet SELBSTIRONIE: Sich und andere mit Spontankarikaturen „durch den Kakao“ zu ziehen, zeugte von echter künstlerischer Begabung: neben dem Fliegen Udets zweite große Leidenschaft. Abb.: Sammlung Jörg-M. Hormann
November 1937 noch nicht dieser Ansicht. Doch dies soll sich in den darauffolgenden Jahren erheblich ändern. Schließlich werden beide zu erbitterten Kontrahenten im RLM.
Tragischer Tod
INFORMATION FÜR DEN „FÜHRER“: Ernst Udet (re.) im Gespräch mit Hitler während eines Manövers der Luftwaffe und der Flakartillerie an der Küste Vorpommerns am 13. Juni 1938. Foto: ullstein bild – ullstein bild
flieger. Am 3. Juni 1936 kommt Generalmajor Walther Wever, Chef des Generalstabes der Luftwaffe, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Mit dem folgenden Personalrevirement schiebt Hermann Göring Oberst Ernst Udet in eine für diesen ungeeignete Position. Als Chef des Technischen Amtes im RLM ist der Flieger Udet für die Koordinati-
HINTERGRUND
Gravierende Fehlentscheidungen Udets?
In seiner Position als Leiter des Technischen Amtes der Luftwaffe und Generalluftzeugmeister sind Ernst Udet die Fäden für die strategisch-taktische und technische Entwicklung der Luftwaffe und seiner Flugzeuge seit Mitte der 1930er-Jahre in die Hand gegeben. Seine Idee, eine große Bombe mit dem stürzenden Flugzeug ins Ziel zu lenken, ruft seinerzeit bei den Luftkriegstaktikern Kopfschütteln hervor. Dies würde eine unmögliche Grenzbelastung für die Flugzeugbesatzung und die Maschine bedeuten, so die Kritiker. Doch mithilfe der Rückendeckung von Göring setzt sich Udet durch. Er erhält seinen Sturzkampfbomber „Stuka“ Ju 87 mit infernalischem Sirenengeheul. Die erfolgreiche „Blitzkrieg“-Waffe scheint Udets Ansicht,
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on der technischen Entwicklung und die industrielle Produktion aller Flugzeuge für die deutsche Luftwaffe zuständig. Aufgrund mangelnden technischen Wissens fühlt sich Udet den Aufgaben nicht gewachsen, wie er später gegenüber Freunden bemerkt. Sein direkter Vorgesetzter Erhard Milch, Staatssekretär im RLM, ist in seiner Beurteilung vom
Letztendlich scheitert Udet, seit Februar 1939 Generalluftzeugmeister und seit Juli 1940 Generaloberst der Luftwaffe, an den hohen Anforderungen an seine verantwortungsvolle Position – und an dem Intrigengestrüpp innerhalb des RLM. Der Mann, der sein ganzes Leben nur Flieger sein will und die Schreibtischarbeit geradezu hasst, zieht im Alter von 45 Jahren schließlich die Konsequenzen: „Eiserner, Du hast mich verlassen!“. Diese mit unsicherer Hand und roter Signierkreide an das Kopfende seines Bettes geschriebenen Worte sind der letzte Satz von Ernst Udet für diejenigen, die ihn in seiner Berliner Villa am Morgen des 17. November 1941 leblos auffinden. Es ist offensichtlich seine ganz persönliche „Abrechnung“ mit Hermann Göring bevor sich Udet mit seinem mexikanischen Colt eine Kugel in den Kopf schießt.
nach der alle Bomber stürzen müssen, recht zu geben. Doch parallel dazu ist der ehemalige Jagdflieger „blind“ für die notwendige strategische Komponente einer Horizontalbomberwaffe. „Wir sind der Hammer des Heeres und sind da, wo der Weg gebahnt werden muss“, lautet sein Credo. Schon während der Luftschlacht um England und beim Beginn des Russlandfeldzuges wirkt sich der Mangel an Bombern negativ für die deutsche Seite aus. In dieser Hinsicht ebenfalls gravierend ist sein „Lächeln“ über die neuen Strahltriebwerke. Udet sieht in ihnen nicht die Lösung des deutschen Dilemmas bei den leistungsschwachen Kolbenmotoren. Durch jahrelanges Bauverbot hat die deutsche Motorenindustrie hier viel Zeit „verschenkt“. Der tech-
nologische Wettbewerb um die Strahltriebwerke zwischen Heinkel, Messerschmitt und Daimler-Benz bekommt dafür alle Zeit der Welt, um sich auf den Bürofluren des RLM „auszutoben“. Aus denen flüchtet Udet sich gern hinter die Steuerknüppel neu zu erprobender Flugzeugmuster. Mehr als einmal fliegt er sich dabei fast um „Kopf und Kragen“. Hitler und Göring belegen ihn daher schon vor Kriegsbeginn mit absolutem Flugverbot als Flugzeugführer. Als Udet Mitte 1940 den für ihn vermeintlich gewonnenen Krieg auf seine Art beendet, indem er viele Produktions- und Entwicklungsschrauben zurückdreht, wird es für ihn eng innerhalb des NS-Machtapparates. Seine Fehlererkenntnis steigert sich zur Panik und letztlich zur Konsequenz des Freitodes.
Pakt mit dem Teufel Udets Suizid wird auf Befehl Hitlers und Görings vor der Öffentlichkeit vertuscht. Das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB) meldet, Udet habe „bei der Erprobung einer neuen Waffe“ einen tödlichen Unfall erlitten. Adolf Hitler ordnet ein Staatsbegräbnis für die Fliegerlegende an. Im „Ehrensaal“ des RLM spricht Reichsmarschall Hermann Göring zur versammelten Prominenz. Eine Passage seiner Trauerrede lautet: „(...) und dann kam die Stunde dort drüben in meinem Arbeitszimmer, da wir im gegenseitigen Gedankenaustausch eine neue Waffe schufen. (…) Du vertratest Deine Auffassung, dass auch der Kampfflieger seine Bomben nicht aus unendlicher Höhe, sondern aus kürzester Entfernung und mit größter Kraftwirkung dem Feinde entgegenschleudern müsste. Damals sprachst Du zum ersten Male vom Sturzkampfflieger. (…) Aus diesen Gedanken erwuchs der Entschluss, eine neue Waffe zu schaffen. Die Meisterung die-
MIT SKEPTISCHEM BLICK: Reichsmarschall Göring blickt auf ein Dokument seines Generalluftzeugmeisters, Generaloberst Udet scheint in Erklärungsnöten zu sein, März 1941. Foto: picturealliance/akg-images
nen Teil des „Versagens“ der Luftwaffe im Krieg und besonders im Feldzug gegen die Sowjetunion entscheidende Verantwortung zugeschoben werden. Hat der Generalluftzeugmeister Udet die geeigneten Flugzeuge
„…General Udet hat sich sehr gut in den soldatischen Verwaltungsdienst hineingefunden, ohne im geringsten Bürokrat zu werden.“ Staatssekretär Erhard Milch in Ernst Udets militärischer Jahresbeurteilung vom 16. November 1937
ser neuen Aufgabe konnte ich nur Dir anvertrauen. Damit habe ich Dir die Entwicklung der gesamten Technik unserer Waffe übertragen (...)“
Heuchelei an Udets Sarg Während Göring mit pathetischen Worten seine Trauerrede hält, ist sein Ministeriumsapparat dabei, ein Kriegsgerichtsverfahren gegen Udet vorzubereiten. Ihm soll für sei-
HEUCHLERISCH: Hitler bei der Kranzniederlegung an Udets Sarg. Vorher hat er bei Udets Mutter und seiner Schwester kondoliert. Sie erfuhren erst Tage nach dem Staatsakt hinter vorgehaltener Hand von den Todesumständen des Fliegeridols. Foto: ullstein bild – ullstein bild
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für diesen Krieg bauen lassen – nachdem alle Maschinen, die Bomben werfen auch stürzen müssen? Zudem mangelt es an Langstreckenbombern und schnellen Jägern, die Flugzeugproduktionszahlen stimmen nicht. So stehen auf der Liste seiner Fehlentscheidungen auch die verfügten Aussetzungen der Neu- und Weiterentwicklungen von Flugzeugtypen. In überschwänglicher Ver-
kennung der Kriegslage, nach dem militärischen Erfolg im Frankreichfeldzug im Sommer 1940, verkündet Udet im RLM, dass der Krieg gewonnen sei. Doch Göring erkennt, dass er selbst beim Suchen nach „Ross und Reiter“ des Versagens der Luftwaffe nicht ungeschoren davon kommt: So verfügt er am 15. Juni 1943: „Der Herr Reichsmarschall hat entschieden, dass der Generalluftzeugmeister-Prozess einzustellen ist!“
Beisetzung in Berlin Ernst Udet wird auf dem Berliner Invalidenfriedhof unweit des Grabes des im Kriegsjahr 1918 gefallenen Manfred von Richthofen beigesetzt. Der hochdekorierte Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs, Werner Mölders, verunglückt auf dem Flug zu dem Staatsbegräbnis bei einem Absturz in Breslau am 22. November 1941. Er wird „Kopf an Kopf“ zu Udets Grabstelle beerdigt. Die Nachricht vom Tode Udets erreicht auch den Dramatiker Carl Zuckmayer im Exil in den USA. Dass sein alter Freund – wie offiziell von der NS-Propaganda dargestellt wird – „in Erfüllung seiner Pflicht dahingegangen“ sei, mag er nicht glauben. Denn bei ihrem letzten Treffen hat ihm Udet 1936 geraten: „Schüttle den Staub dieses Landes von Deinen Schultern. Hier gibt es keine Menschenwürde mehr.“ Doch der Flugzeugnarr selbst hatte sich weiter als Idol der Massen von den Nationalsozialisten instrumentalisieren lassen. Udets Begründung für seinen Verbleib in Deutschland und seine Tätigkeit im NS-Apparat: „Man muss um der Fliegerei willen auch mal mit dem Teufel paktieren. Man darf sich nur nicht von ihm fressen lassen.“ Seine Zweifel an der offiziellen Todesversion inspirieren Zuckmayer zu seinem 1946 in Zürich uraufgeführten Drama „Des Teufels General“. Die Figur des Generals Harras, in der späteren Verfilmung (1955) von Curd Jürgens gespielt, ist an Udet angelehnt.
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Spurensuche
Die Insel Dänholm bei Stralsund
„Wiege der preußischen Marine“
HINGUCKER: Hubschrauber vom Typ „Mi-8TB“ der Volksmarine der DDR, der auch von der Bundesmarine nach 1990 noch eine Zeit lang genutzt wurde. Foto: picturealliance/ZB©ZB-Fotoreport
Die im Strelasund zwischen Stralsund und Rügen gelegene Insel Dänholm weist eine lange und spannende Geschichte auf. Sie gilt als „Geburtsstätte“ der preußischen Marine und beherbergt ein sehenswertes Marinemuseum. Von Tammo Luther
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as der Hansestadt Stralsund vorgelagerte idyllische Eiland Dänholm wurde im Mittelalter von Dänen als Basis für Eroberungszüge genutzt und verdankt ihren Namen seither vermutlich dieser „Nutzung“ durch die Nordgermanen. Zuvor trug sie den Namen „Strale“ oder „Strela“. Seefahrende Völker wissen die Lage der Insel, die eine Art natürlichen Hafen bildet, seit jeher zu schätzen. Doch weniger der Handel prägt die Geschichte des kleinen Eilandes als vielmehr das Militär. Jahrhunderte alte Dokumente belegen, dass der „Dänholm“ zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) durch Befestigungsanlagen gesi-
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chert war. Ihre Errichtung geht auf einen Befehl Wallensteins aus dem Jahr 1628 zurück, der im Auftrag des deutschen Kaisers die Ostseehäfen schützen ließ. Während ihrer „schwedischen Zeit“ im 17., 18. und frühen 19. Jahrhundert werden die Befestigungen ausgebaut.
Ausbau des Militärareals Als die Insel 1815 aufgrund der Bestimmungen des Wiener Kongresses an Preußen fällt, wird Stralsund zur preußischen Festung und die seeseitige Sicherung der Ha-
fenstadt verstärkt. Auch die Befestigungsanlagen auf der Insel Dänholm werden nach 1815 erneuert und erweitert, die „Sternschanze“ wird errichtet. Mitte des 19. Jahrhunderts erwirbt das preußische Kriegsministerium die Insel durch Kauf. Kurz darauf starten die Arbeiten zum Bau eines Hafens. 1860 beginnt die „PICKELHAUBE“: Schaustück der 2014 eröffneten Sonderausstellung „Der 1. Weltkrieg 1914– 1918 und die Garnisonsstadt Stralsund“. Foto: picture-alliance/ZB©dpa
REIZVOLLE LAGE: Luftbild der Insel Dänholm im Strelasund aus dem Jahr 2005, damals befindet sich die neue Rügenbrücke noch im Bau. Gut zu erkennen sind der Hafen und viele ehemalige KasernenFoto: ullstein bild – EUROLUFTBILD.DE gebäude.
HISTORISCH: Postkarte aus der Zeit um 1900 mit einem der vielen Kasernengebäude, die im 19. und 20. Jahrhundert auf der Insel Dänholm Foto: picture-alliance/ZB©dpa errichtet wurden.
KONTAKT Marinemuseum Dänholm Zur Sternschanze 7 18439 Stralsund www.marinemuseum-daenholm.de Öffnungszeiten: täglich von 10.00 bis 17.00 Uhr; 1. Mai bis 31. Oktober Anfahrt Stralsund: Über Zubringer oder von Stralsund kommend, auf B96 in Richtung alter Rügendamm/Dänholm, ab Schranke rechts abbiegen, von Bojen leiten lassen. Anfahrt Rügen: In Richtung B96 alter Rügendamm/Dänholm, ab Schranke links abbiegen, von Bojen leiten lassen. Besucher können auch über die neue Rügenbrücke in Richtung Stralsund fahren und dann der Ausschilderung zum Dänholm folgen.
Stationierung von Ruder- und Dampfkanonenbooten sowie Avisos (kleine Kriegsschiffe). Der Ausbau der Militäranlagen und des Hafens schreitet weiter voran. In der Phase des Aufbaus einer preußischen Flotte entsteht ein Marine-Depot, das nach der Konzentrierung der Marine auf die Häfen in Kiel, Wilhelmshaven und Danzig bereits im „Reichsgründungsjahr“ 1871 wieder aufgelöst wird. Dennoch gilt der „Dänholm“ aufgrund seiner frühen Nutzung durch die Marine Preußens als deren „Wiege“ oder „Geburtsstätte“. Die Militärkasernen werden im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts von dem in der Hansestadt stationierten Infanterie-Regiment genutzt. Im Jahr 1910 findet ein Jubiläumsfest zu Ehren des Infanterie-Regimentes „Prinz Moritz von Anhalt-Dessau“ (5. Pommersches) Nr. 42 statt. Im Ersten Weltkrieg
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dient die Insel zunächst als Kriegsgefangenenlager, später als Durchgangs- und Auffanglager für deutsche Heimkehrer. Die maritime Geschichte der Insel reicht bis in die Gegenwart hinein. Die Entwicklung der preußischen Marine ist ebenso fest mit der Insel verbunden, wie die Geschichte der Reichsmarine seit 1920, der Kriegsmarine (militärische Ausbildung des Offiziernachwuchses) seit Mitte der 1930er-Jahre und der Seestreitkräfte der DDR seit den ausgehenden 1950er-Jahren. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands findet die Räumung durch die Bundesmarine schließlich im Frühjahr 1991 statt. Mit der Entmilitarisierung der Insel beginnt die Öffnung für Besucher, die eine Vielzahl militärgeschichtlicher Spuren aus verschiedenen Epochen vorfinden. Darüber hinaus lädt die kleine Insel aufgrund ihrer Lage und ihres reichen Baumbestandes zu einem ausgedehnten Spaziergang ein.
SEHENSWERT: Das Marinemuseum Dänholm verfügt über eine beeindruckende Uniformsammlung zur deutschen Marinegeschichte. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report
Seit 1992 befindet sich in der denkmalgeschützten „Sternschanze" das überaus sehenswerte Marinemuseum Dänholm. In der reizvoll gelegenen Außenstelle des Kulturhistorischen Museums Stralsunds kann man die maritime und militärische Geschichte der Insel Dänholm, der Hansestadt Stralsund und der Region sowie darüber hinaus anhand einer Vielzahl interessanter Klein- und Großexponate nachvollziehen.
Museum zur Marinegeschichte Das Marinemuseum erforscht, sammelt und präsentiert historisch maritime Aspekte der Stadt Stralsund, speziell als langjährige Seefestungs- und Garnisonsstadt. Die enge Verflechtung mit der deutschen Marinegeschichte wird den Museumsbesuchern anschaulich, sach- und fachgerecht vermittelt. Die besonders beeindruckende Uniformsammlung vermittelt einen detaillierten Eindruck von der Vielfalt deutscher Marineuniformen. Ergänzend werden Sonderausstellungen, darunter im vergangenen Jahr zur Geschichte Stralsunds als Garnisonsstadt während des Ersten Weltkriegs, gezeigt. Die genannte Ausstellung wird derzeit überarbeitet und soll auch 2015 zu sehen sein. Dr. Tammo Luther, Jg. 1972, Verantwortlicher Redakteur von CLAUSEWITZ und freier Autor und Lektor in Schwerin mit Schwerpunkt „Deutsche Militärgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“.
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Nr. 26 | 4/2015 | Juli-August | 5. Jahrgang
Vorschau „Legion Condor“ Deutsche Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg 1936: Zur Unterstützung von General Francisco Franco treffen „deutsche Freiwillige“ in Spanien ein und kämpfen an der Seite des Putschisten. Welche Gründe stecken hinter dem Einsatz der Legion Condor und welchen Anteil hatte der unter strengster Geheimhaltung aufgestellte Sonderverband am späteren Erfolg Francos?
Schlacht bei Chancellorsville
Fotos: ullstein bild – ullstein bild, picture-alliance/Everett Collection, picture-alliance/akg-images
1863: Chancellorsville geht als General Lees „perfekte Schlacht“ in die Geschichte ein. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit kann er den Unionstruppen durch gewagte taktische Kabinettstückchen eine herbe Niederlage beibringen. Doch dafür muss er einen hohen Preis zahlen!
Außerdem im nächsten Heft: „Panzerjäger“. Gefürchtete „Panzerjägertruppe“ der Wehrmacht. Bernard L. Montgomery. Der berühmteste britische Feldherr des Zweiten Weltkriegs. Und viele andere Beiträge aus den Wissengebieten Geschichte, Militär und Technik. „Hessen“
in Amerika
Deutsche Söldner im Unabhängigkeitskrieg
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Nero-Befehl 1945
ler Kopf nnsweilsberg Hartmaum im Elsass den Schicksa 1914–1916: Kampf
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1945: Der letzte Erfolg der Wehrmacht
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