FLUGZEUGCLASSIC
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Geheime Projekte
Messerschmitt P1110 So hätte die Luftwaffe 1946 ausgesehen
€ 5,90 Jan. 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLUGZEUG CLASSIC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
ZEITZEUGENBERICHT
1945: Riskante Tiefflugeinsätze
Restaurierte Supermarine Seafire Der neuer Star am Warbird-Himmel!
Fw-190-Pilot Werner Molge
Sturzbomber Douglas SBD Dauntless So entstand die »Furchtlose« der US-Navy
GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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Editorial E
r war Oberbefehlshaber der einst mächtigen Luftwaffe und entzog sich der Verantwortung durch Selbstmord. Im Ersten Weltkrieg erkämpfte er sich Orden und Ansehen. Er nannte das Fliegerass Ernst Udet seinen Freund. Nein, die Rede ist nicht von Hermann Göring. Dem Leben und der Laufbahn des letzten Ob. d. L. Robert Ritter von Greim hat sich der bekannte Autor Kurt Braatz gewidmet. Zahlreiche hochkarätige Biografien hat der Militärhistoriker bisher veröffentlicht, bekannte Jagdflieger wie Günther Rall, Walter Krupinski, Werner Mölders und Günther Lützow zieren sein Verlagsprogramm. Vier Jahre hat Braatz gebraucht, um v. Greims Nachlass zu ordnen und zu bewerten. Aus dem ersten Band seiner Lebensgeschichte präsentieren wir Ihnen, liebe Leser, exklusiv einen Auszug, auf Seite 30 geht es los! Ganz schön kalt ist es dieser Tage in Deutschland geworden, und schon begrüßen wir die ersten Schneeflocken – man möchte kaum glauben, dass es noch keine zwei Monate her ist, als der Spätsommer mit bis zu 30 Grad Celsius den September vergoldete. Ähnlich erging es auch dem neuseeländischen Jagdflieger Bryan Cox, der in seiner Heimat am Ende des Krieges heftige Schneestürme erlebte, während an der pazifischen Tropenfront drückende Hitze herrschte. Die Japaner hatten sich in diesen letzten Monaten indes rar gemacht – gefährlich waren stattdessen neben dem Klima technische Pannen und eine Verwechslung, die beinahe dazu geführt hätte, dass Cox und seine Kameraden einen eigenen General abgeschossen hätten. Wie es dazu kam, erfahren Sie ab Seite 68!
Der unbekante Ob. d. L. Können Flak-Soldaten und Flieger jemals so etwas wie Freunde werden? Noch dazu wenn sie auf der jeweils anderen Seite stehen? Und ob das geht! Hermann Zeitvogel diente als Flak-Kanonier an der Kanalküste und erlebte den Abschuss einer Spitfire, die daraufhin eine Bauchlandung hinlegte. Seine Kameraden nahmen den unverletzt gebliebenen Briten gefangen. Doch Zeitvogel ließ dieses Erlebnis auch nach dem Krieg nicht mehr los. Wer war dieser junge Brite, den sie gefangen genommen hatten? Eine abenteuerliche und verworrene Suche begann. Ich wünsche Ihnen reichlich Lesevergnügen mit dieser Ausgabe von Flugzeug Classic. Und wenn Sie das Gefühl nicht verlässt, dass irgendetwas anders ist als bisher: Stimmt, wir haben unser Logo und die Schriften auf dem Titel überarbeitet. Schreiben Sie uns, wie es Ihnen gefällt! Ihr Markus Wunderlich
Markus Wunderlich, Chefredakteur
Berühmter Fliegerheld im Schatten des Ruhms: Robert Ritter von Greim (in der Mitte), rechts Ernst Udet Foto Sammlung Kurt Braatz
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt: Das alte Jahr ist vorbei, die neue Saison steht vor der Tür. Dieses Jahr möchte ich …
22 % … auf jeden Fall mehr Airshows besuchen, vergangenes Jahr war ja doch sehr viel geboten.
48 % … mich endlich mal um einen Mitflug in einem Oldtimer kümmern – ein alter Traum von mir!
30 % … mal wieder ein Luftfahrtmuseum besuchen, das nicht gerade um die Ecke liegt. Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!
FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
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INHALT
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Flugzeug Classic 1-17
Eine Fw 190 »Dora«. Für den Jagdflieger Werner Molge, der solch eine Maschine im Jahr 1945 flog, hätte jeder Einsatz der letzte sein können
ZEITGESCHICHTE Flugzeugführer im letzten Aufgebot
TITELTHEMA
Kriegsende im Bombentrichter. . . . . . . . . 12 Der Krieg ging zu Ende und die Lage war hoffnungslos. Werner Molge leistete seinen Dienst trotzdem bis zuletzt und wurde zum Schluss vor eine schwere Entscheidung gestellt.
TECHNIK Douglas SBD Dauntless
TITELTHEMA
Präzisionsangreifer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Sie drehte die Schlacht bei Midway in nur sechs Minuten: die Douglas SBD Dauntless. Wir zeigen, wie sich diese Maschine zu dem gefürchteten Sturzkampfbomber entwickelte.
Im April 1945 entstand dieser Attrappenbau der P 1112 – zu spät:
38 die Innovation kam nur noch den Alliierten zugute
ZEITGESCHICHTE Robert Ritter von Greim
Der große Unbekannte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Als Pilot war Robert Greim ein Spätstarter – doch ab 1914 legte er eine fulminante Fliegerkarriere hin. Seine Passion zur Fliegerei blieb auch nach dem Krieg bestehen.
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE Messerschmitt P 1110–1112
TITELTHEMA
Die Luftwaffe im Jahr 1946 . . . . . . . . . . . . . 38 Um den drohenden Untergang aufzuhalten, entstanden in deutschen Luftwaffenschmieden bei Kriegsende Entwürfe, von denen manche zukunftsweisenden Charakter hatten …
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Bryan Cox hebt mit seiner Corsair ab, um über die grüne Hölle der
68 Salomonen zu fliegen – wo sich die Japaner verbissen hielten
Aufsteigen, um sich gleich wieder auf den Gegner zu stürzen:
Der Albatros D.III war Robert Greims erster Jäger. Mit ihm begann
20 Die Dauntless war eines der gefürchtetsten Sturzkampfflugzeuge 30 seine Laufbahn als Fliegerheld im Ersten Weltkrieg SERIE – ERSTER WELTKRIEG
ZEITGESCHICHTE
Fallschirme im Ersten Weltkrieg
Am seidenen Faden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Während des Krieges setzte sich langsam eine Entwicklung durch, die vielen Menschen das Leben rettete: der Fallschirm. Jedoch kam er für einige Flieger zu spät.
TITELTHEMA
Versöhnliche Geste
Wiedersehen nach 46 Jahren . . . . . . . . . . 56 Eine ergreifende Geschichte: Ein deutscher Flaksoldat und sein Sohn suchten nach Lebenszeichen eines englischen Piloten.
OLDTIMER Neuer Star am Warbird-Himmel
Rarität der Lüfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Im Juni 2015 geschah eine Sensation: Nach 66 Jahren stieg eine fast verschrottete Seafire wieder in die Lüfte – sie ist lediglich das zweite flugtüchtige Exemplar ihrer Art.
ZEITGESCHICHTE Bryan Cox und das Kriegsende
Über der grünen Hölle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Anfang 1945 erlebte der Corsair-Pilot Bryan Cox haarsträubende Einsätze im Pazifik und kam bis zum Kriegsende so manches Mal nur knapp mit dem Leben davon.
LESERALBUM
Flugzeuge in dieser Ausgabe Albatros D.III........................33 Boeing E 75...........................9 Chance Vought F4U..........9, 58 Commonwealth Boomerang...71 Consolidated B-24M.............71 Douglas SBD....................9, 20 Erco Ercoupe..........................8 Focke-Wulf Fw 44..................76 Focke-Wulf Fw 190................19 Fokker D.VII..........................35 Fokker Dr.I............................35
FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Heinkel He 162....................43 Iljuschin Il-2..........................11 Junkers W 34.......................79 Messerschmitt Bf 108..........76 Messerschmitt Bf 109......8, 74 Messerschmitt P 1110.........38 Northrop Delta-1D.................11 Northrop BT-1.......................28 Pfalz D.XII............................36 Supermarine Seafire.............62 Supermarine Spitfire.............56
Pilotenschulung bei der Luftwaffe
Aller Anfang ist schwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Bisher verborgene Bilder eines Bordmechanikers zeigen den Alltag von Nachwuchspiloten bei der Luftwaffe in Frankreich.
RUBRIKEN
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bild des Monats . . . . . . . . . . . . 6 Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Background . . . . . . . . . . . . . . 29 Wussten Sie, dass ... . . . . . . . 47 Termine/Bücher . . . . . . . . . . . 54 Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . 55 Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . 80 Vorschau/Impressum . . . . . . . 82
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FLUGZEUGCLASSIC
Deutsche Soldaten posieren vor einer abgeschossenen Spitfire.
56 So ein Bild verursachte Jahre später eine spannende Spurensuche
Geheime Projekte
Messerschmitt P1110 So hätte die Luftwaffe 1946 ausgesehen
€ 5,90 Jan. 2017 Österreich € 6,50 Schweiz sFr. 11,50 Luxemburg € 6,90 Italien € 7,50 Dänemark DKK 67
FLU UGZEUG CLASSIC IC Luftfahrt Zeitgeschichte Oldtimer
ZEITZEUGENBERICHT
Fw-190-Pilot Weerner Molge
Restaurierte Supermarine Seafire Der neuer Star am Warbird-Himmel!
Sturzbomber Douglas SBD Dauntless So entstand die »Furchtlose« der US-Navy
TITELBILD Profil: H. Ringlstetter Fw 190: Dietmar Hermann T-34: Ullstein Seafire: Richard Paver Dauntless: USN
TITELSEITE: Endzeit 1945 – für Werner Molge ging es darum, gefährliche Tiefflugeinsätze zu überleben
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BILD DES MONATS
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Die Letzten ihrer Art
Zwei Hurricane fegen im Oktober 2016 über die nordenglische Ortschaft Coningsby. Sturmwarnung muss deshalb aber nicht gegeben werden, es handelt sich nämlich um die Hurricane LF363 und PZ865, die sich im Besitz des RAF Battle of Britain Memorial Flight befinden. Die PZ865 ist eine wahre Rarität: Sie ist die letzte Hurricane, die je Hawkers Werkhallen verließ. Die LF363 musste als letztes Flugzeug dieses Typs noch Dienst bei der RAF ableisten. Text und Foto Richard Paver
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FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
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PANORAMA I
MESSERSCHMITT BF 109 G-12
Doppelsitzer gefällig?
Darf man für geschätzt etliche Millionen sein Eigen nennen: Bf 109 G-12 Foto Matthias Dorst/Hangar 10
s war 2016 die Sensation in Deutschland: der Rollout und Erstflug der ersten Bf 109 G-12 seit Kriegsende. Nun steht die extrem seltene Maschine aus dem Bestand der Air Fighter zum Verkauf. Auf deren Angebotsseite http://usedom-aircraftsales.com wird
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die Maschine gegen Angebot offeriert. Ursprünglich war das Flugzeug eine Buchón, Baujahr 1959. Nach einem Unfall brachte man im Mai 2014 die Maschine zu MeierMotors nach Bremgarten, um sie dort zu einem Zweisitzer umbauen zu lassen. Der Rumpf-
ausschnitt wurde verlängert, intern ein Tank für eine höhere Reichweite installiert und sie erhielt ein Doppelsteuer. Als Antrieb besorgte man einen DB-605-Motor aus Schweden. Die Bemalung orientiert sich an der Gelben »27« des JG 101. Alexander Müller ■
B-52H STRATOFORTRESS »NEANDERTHAL«
Tragisches Unglück m 19. Mai 2016 sind dramatische Szenen zu beobachten, als die B-52H Stratofortress 60-047 »Neanderthal« kurz nach dem Startabbruch auf der Andersen Air Force Base auf der Insel Guam in Flammen steht. Zur Zeit des Unfalls befand sich die Maschine auf einem Routine-Übungseinsatz, als vermutlich Vögel
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in eines oder mehrere Triebwerke eingesaugt wurden. Der 56 Jahre alte Veteran gehörte zur 69th Expeditionary Bomb Squadron auf Minot AFB, North Dakota. Keines der sieben Besatzungsmitglieder wurde verletzt, doch die Maschine musste komplett abgeschrieben werden. Roger Soupart ■
Die B-52H »Neandertal«, lichterloh brennend nach dem Startabbruch auf Foto USAF Guam
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»Miss Dolly« in USAAF-Farben
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Foto Roger Soupart
ERCO 415CD ERCOUPE PH-NCE
Frisch gestrichen eit 1949 steht die Erco 415CD Ercoupe PHNCE im niederländischen zivilen Zulassungsregister, länger als jedes andere niederländische Flugzeug. Während all dieser Jahre trug sie stets einen zivilen Anstrich. Nach einer umfangreichen Restaurierung weist die YO-55, wie die Militärversion der Ercoupe genannt wurde, jedoch ein USAAF-Schulflugzeug-Farbschema in Blau und Gelb auf und trägt den Namen »Miss Dolly«. Die YO-55 war das erste Muster mit Unterflügel-Startraketen. Die YO-55 tritt regelmäßig auf niederländischen Airshows auf. Roger Soupart ■
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Foto Lufthansa
Die SBD-5 Dauntless des NMNA wartet auf die letzten Feinarbeiten, bevor sie ins Museum nach New Orleans geht
CORSAIR F4U-1 »BIRDCAGE«/SBD-5 DAUNTLESS
Seltener Fund n den Werkstätten des National Museum of Naval Aviation (NMNA) in Pensacola kommen die Arbeiten an zwei historischen Flugzeugen der US Navy langsam, aber stetig voran. Eines der Flugzeuge, die seltene Corsair F4U-1 »Birdcage« (Bu-Nr. 03465), stürzte im Juni 1943 in den Michigansee. Das Rumpfheck trug dabei die stärksten Beschädigungen davon; Fanghaken und Spornrad wurden komplett abgerissen. Diese Teile fehlen noch immer und Hilfe wäre hier sehr willkommen. Ansonsten ist viel Arbeit in eine Neuanfertigung zu investieren. Einige Teile mussten bereits neu hergestellt werden, um diesen Bereich zu reparieren. Da es sich um ein frühes Modell der Corsair handelt, muss man mit Abweichungen in den Abmessungen rechnen – die verfügbaren Zeichnungen sind deshalb eher nur als »Vorschläge« anzusehen. Bei der SBD-5 Dauntless (Baunummer 36291)
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stehen Tragflächen und Fahrwerk dagegen kurz vor der Fertigstellung, ebenso der Motor, sodass lediglich noch das Cockpit fehlt. Somit ist dieses Flugzeug bis auf Teile der Bespannung an den Höhenrudern im Wesentlichen fertig. Der Sturzflugbomber hat die Farben erhalten, die er trug, als er als Schulflugzeug auf NAS Deland in Florida eingesetzt war. Nach dem derzeitigen Stand soll er ans National WWII Museum nach New Orleans gehen; dessen derzeitiges Exemplar ist eine Leihgabe und geht zurück nach Pensacola. Dave McDonald ■
Fotos (2) Dave McDonald
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Das Heck der »Birdcage«-Corsair in Pensacola während der Restaurierung. Es wurde komplett abgerissen, als die Maschine im Juni 1943 in den Michigansee stürzte
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BOEING E75 KAYDET
ie Boeing E75 Kaydet, 75-5809, N5323N, fliegt wieder. Der bullige Doppeldecker trägt jetzt ein attraktives und authentisches Vorkriegs-Farbschema, das die US Navy bei ihren Schulflugzeugen für die Grundschulung benutzte. Obwohl man von der Kaydet in Belgien wusste, wurde sie jedoch kaum gesehen. Angeblich soll sie 2006 aus dem Zulassungsregister gelöscht worden sein. Doch jetzt ist die Kaydet zurück und dürfte 2017 eine echte Augenweide darstellen. Roger Soupart ■
FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Foto Roger Soupart
Doppeldecker hebt ab D
E75 Kaydet: zurück zur Airshow-Szene
www.magazinwelt24.de/ geschenke
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PANORAMA
Man kann schon fast erkennen, was es werden soll: Die Bf 109 F-4/R1 »Gelbe 4« soll frisch restauriert ins PASM kommen Foto Dave McDonald
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MESSERSCHMITT BF 109
Das Flugzeug eines Fliegerhelden as Pima Air & Space Museum in Tucson, Arizona, wird in Kürze eine Bf 109 F-4/R1 erhalten. Die Maschine stammt von dem Wrack der Werknummer 13045, »Gelbe 4«, die das Fliegerass Lieutenant Theodor Weissenberger geflogen hat. Weissenberger beansprucht 208 Luftsiege. Er überlebte zwar den Krieg, kam jedoch bei einem Rennunfall auf dem Nürburgring im Juni 1950 ums Leben.
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Weissenberger war beim JG 5 an der Arktisfront eingesetzt, als sich am 22. Oktober 1942 auf einem Begleitschutzeinsatz westlich von Murmansk der Motor seines Jägers festfraß. Es gelang ihm noch, zu den deutschen Linien zurückzufliegen, bevor er absprang und zu seinem Verband zurückkehrte. Das Wrack wurde später geborgen und kam zu Malcolm Laing in Texas. Daraufhin übernahm
es Jason Hodge, der sich unverzüglich daran machte, es wiederherzustellen. So wurden in Deutschland neue Beplankungsteile beschafft und das Flugzeug enthält inzwischen rund 75 Prozent Originalteile einschließlich Propeller, Motorverkleidungen, Propellernabe, Spinner, Fahrwerk und DB 605. Die Tragflächen hat man unter Verwendung der Originalspante wiederhergestellt. Dave McDonald ■
Nur Geduld!
Prototyp der Beech Model 18
Foto Beech
Ordentlich Durchhaltevermögen, reichlich Überzeugungskraft und ein entsprechender Sturkopf – alles Eigenschaften, die Walter Beech hartnäckig an den Tag legt, wenn es um seine erste Zweimotorige geht: die Model 18 oder »Twin Beech«. Von Anfang an weit weniger auf preisgünstig denn auf Vielseitigkeit ausgelegt, feiert der zweimotorige Tiefdecker mit Platz für sechs Passagiere vor 80 Jahren am 15. Januar 1937 seinen Erstflug. Beech preist die 18-A, so heißt die erste Serienversion, besonders für Geschäftsreisende an. In seinen Augen klar die zukunftsträchtige Käu-
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ferschicht. Doch diese zu überzeugen, verlangt einen langen Atem. Gut, dass ihm bei jenem Geduldsspiel weder Mitinhaber oder, noch schlimmer, Aktionäre, im Genick sitzen. So kann Walter Beech seine »Twin« über die nächsten Jahre in aller Ruhe immer wieder anpassen lassen, ohne ständig auf Absatzzahlen achten zu müssen. Als sich 1940 mit der 18-D schließlich der wirtschaftliche Durchbruch für die Zweimotorige einstellt, wird auch das Militär darauf aufmerksam. Was folgt, ist eine Erfolgsstory sondergleichen, an der freilich der heraufziehende Krieg nicht ganz unschuldig ist. Army wie Navy wollen die »Twins« in allen möglichen Varianten – vom C-45-Transporter bis zum AT-11-Trainer. Mehr als 5000 Exemplare all dieser Militärausführungen werden insgesamt hergestellt. Dabei verliert Beech selbst in Zeiten des Krieges den zivilen Sektor nicht aus dem Auge: Schon im Herbst 1945 kommt die rundum erneu-
erte D-18-S für bis zu zehn Passagiere auf den Markt, die sich blendend verkauft. Letzter Spross ist 1954 dann die »Super H-18«, erneut moderner sowie mit Bugfahrwerk ausgerüstet. Obendrein lassen die US-Streitkräfte über 2200 ihrer Maschinen zwischen 1952 und 1961 grundüberholen und modernisieren. Erst am 26. November 1969 geht die Fertigung der Model 18 zu Ende – nach über 9000 Flugzeugen in 32 unterschiedlichen Versionen, verkauft in alle Welt. Ein paar Hundert davon sind bis heute in der Luft. Wolfgang Mühlbauer ■
Letzter Spross: die »Super H-18«
Foto Beech
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Luftfahrtkalender 2017 durch das Jahr Lassen Sie sich von 13 stimmungsvollen Fotos in die faszinierende Welt der Luftfahrt entführen. Sie umspannen die ganze Bandbreite von der Bücker Jungmann, über C-47 "Drag em oot", Tornado, F-15, F16A/MLU, Hawker Hunter F.58, C-130H, bis zur Mirage 2000D, von der Ju 52, über einen Blick aus dem Cockpit einer ATR-72 zur Boeing 737-700 und eine Bf 109 G-6 in 1:48. Wandkalender in Farbe, Format DIN A3, Wir-O-Bindung. 14,95 EURO
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II-2 »SHTURMOVIK«
Sensationsfund wird flugtauglich ie im Juni 2012 geborgene Il-2 »Shturmovik« (Ser.No. 1872452) soll flugtüchtig restauriert werden. Das Schlachtflugzeug lag seit 1943 auf dem Grund des Krivoe-Sees in Nordrussland und wird zurzeit von der in Nowosibirsk ansässigen Firma Retro Avia Tech instand gesetzt. Sie wäre dann das zweite flugfähige Exemplar dieses Typs weltweit. Die Il-2 gehörte zum 46. Schlachtregiment und ging am 25. November 1943 bei einem Angriff auf einen Luftwaffenplatz verloren, als sie ihr unerfahrener Pilot Skopintsev auf einem gefrorenen See notlande-
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te. Als man die Il-2 barg, zeigte sich, dass sie sich noch in relativ gutem Zustand befand. Statt des Original-Mikulin AM-38 soll ein Allison V-12 a das rare Flugzeug antreiben. Von Ersterem ist derzeit nämlich kein Einziger verfügbar. Es ist geplant, der Shturmovik die Originalfarben des 46. Schlachtregiments zu geben. Sie soll später Teil der immer größer werdenden Flotte Vadim Zadorozhnys aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs werden. Es gibt Pläne, sie am »Tag des Sieges« 2017 über Murmansk von ihrer Basis in Vaenga aus aufsteigen zu lassen. Dave McDonald
FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Jürgen Zapf
Band 10: Baden-Württemberg Insgesamt 77 Plätze von Bad Dürrheim bis Zarten: Dazu zählt auch wieder ein Platz, der mit einem „Waldwerk“ zur Fertigung des damals modernsten Turbinenstrahlflugzeugs Messerschmitt Me 262 in Verbindung stand. Zusätzlich werden auch die Geschichte der Fertigungsstätte der Tragflächen dieses Flugzeugs im Engelbergtunnel bei Leonberg, eine Anlage der Luftnachrichtentruppe und eine Luftmunitionsanstalt knapp beschrieben. 472 Seiten, 597 Fotos meist in Farbe, Karten, Skizzen, Großf. DIN A4, Hardcover, 59,00 EURO
Chronik Flugplatz Niedermendig nach 1945. Leo Schmitt In über 1600 Fotos wird die Geschichte der Soldaten und ihrer Maschinen des Flugplatzes Niedermendig von 1945 bis zu seiner Schließung wieder lebendig. Ihre Einsätze im In- und Ausland, bei Naturkatastrophen oder im UNO-Auftrag bei der Kurdenhilfe oder im Irak bis hin zu zivilen Hilfeleistungen, wenn große Bauteile auf hohe Gebäude nur mit Hubschraubern gebracht werden können, spiegeln ein vielschichtiges Bild dieser Einheit, deren Geschichte spannend, oft humorvoll und manchmal tragisch ist.Format DIN A4, Hardcover, 400 S., über 1600 überwiegend farbige Fotos 58,00 EURO
Flugplatz Niedermendig 1938-45 - Eine Chronik. Leo Schmitt Zu Beginn des Feldzuges gegen Frankreich herrschte auf dem Platz Hochbetrieb. Ruhiger wurde es, als die Luftschlacht um England begann. Es flogen nur vereinzelt Maschinen oder kleinere Einheiten den Flugplatz an. Das änderte sich schlagartig mit dem Einsetzen der Invasion im Juli 1944. Die Verbände im Westen mußten immer mehr auf zurückliegende Flugplätze ausweichen. Damit rückte der Flugplatz wieder ins Rampenlicht. Anhand zahlreicher Originalfotos zeichnet sich hier seine Geschichte nach. 180 S., 332 Abb., A4 HC.25,40 EURO
Jagdgeschwader 27 Reprint-Set bestehend aus 2 Büchern:
Delta gerettet
Mein Freund Marseille: 212 S., ca. 40 s/w Fotos, 22 x 24 cm, fester Einband.
Das Edu Neumann-Geschenkbuch: Farbfotoalbum Ca. 50 S., ca. 50 Farbfotos und Gemälde, Vorwort von Edu Neumann. 29,90 EURO
Foto Dave McDonald
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und was davon übrig blieb
Weitere Titel dieser Reihe finden Sie auf: www.VDMedien24.de
NORTHROP-DELTA-1D
nde Februar traf die seltene Northrop Delta 1D, Baunummer 28, im National Airline History Museum (NAHM) in Kansas City ein. Die Mitte 1937 als Geschäftsflugzeug an die Richfield Oil Corporation verkaufte Maschine erhielt die Zulassung Der historische Northrop-Delta-1D-Eindecker trifft NC13777 und den Namen »Rich- im National Airline History Museum ein field Eagle«. Anfang des Jahres 1938 wurde die Delta an Baker Oil Tools verkauft und nutzte sie als Sprühflugzeug. Weitere Beging im April 1941 an Charles H. Babb. sitzer folgten, bis sie ihr derzeitiger EigenDie Delta blieb in ihrer Rolle als Firmen- tümer Richard Davis 1974 restaurierte. Als flugzeug erst bei der Le Tourneau Co. in die FAA daraufhin einen GeschwindigGeorgia und danach bei Minneapolis Ho- keitsmessflug durchführte, musste das neywell Regulator Co. Ende 1946 wurde Flugzeug wegen Treibstoffmangels bruchsie an Max Conrad verkauft, der sie zehn landen. Die seitdem eingelagerte Maschine Jahre lang behielt. Der nächste Besitzer soll nun wieder in flugtüchtigen Zustand baute die Inneneinrichtung aus und be- restauriert werden. Dave McDonald ■
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Die-Cast Modell in 1:144 von Corgi (47109) Foto Dave McDonald
Die IL-2 wird im Juni 2012 aus dem Krivoe-See im Norden Russlands gefischt
E-Mail:
[email protected]
www.VDMedien24.de
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ZEITGESCHICHTE
Werner Molge
FLUGZEUGFÜHRER IM LETZTEN AUFGEBOT
Kriegsende im Zu Beginn des Jahres 1945 steht die Wehrmacht kurz vor dem Kollaps und der deutsche Luftraum schrumpft kontinuierlich zusammen. Der Pilot Werner Molge hält trotzdem weiterhin die »Stellung« – bis er kurz vor Kriegsende einen riskanten Entschluss fasst Von Peter Cronauer
Selbstbewusst schaut Molge in diesem Bild, obwohl die Alliierten bereits in Deutschland sind
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Bombentrichter E
s ging bereits dem Ende entgegen, dennoch mussten Werner Molge und seine Kameraden von Januar 1945 bis zum Kriegsende weiterhin ihre Pflicht tun. Ihre Aufgaben bestanden aus der freien Jagd, Jagdbomberbekämpfung im rückwärtigen Raum, Marauderjagd, Aufklärung für das Heer, Tiefangriffen auf feindliche Spitzen- und Nachschubkolonnen, Höhenschutz zum Beispiel für das JG 27, Platzschutz und Übungseinsätzen. Dabei behinderten vor allem im Januar und Februar ausgesprochen schlechte Wetterverhältnisse den Flugbetrieb, die Plätze waren häufig aufgeweicht, Spritmangel und Probleme bei der Wartung erschwerten den Jagdflieger-»Alltag« zusätzlich. Da die Gruppen des JG 26 dabei »fast immer auf überlegene Jagdverbände des Gegners« stießen, verschonte man die zahlreichen jungen und unerfahrenen Flugzeugführer häufig; bei vielen Flügen wurden sie gar nicht mitgenommen, während die
»alten Hasen« fast immer mit von der Partie waren. Aus Mangel an Unterlagen ist über die letzten Missionen der II. Gruppe, der auch Werner Molge angehörte, wenig bekannt. Laut einem seiner Kameraden, Unteroffizier Risky, flogen im März und April meistens Jabos Einsätze mit Spreng- und Splitterbomben. Einen dieser Einsätze schildert Werner Molge:
ren eigentlichen Flugauftrag erfüllt hatten, hieß es für uns meistens ›Freie Jagd‹. Doch in den letzten Apriltagen konnte davon keine Rede mehr sein: Längst waren wir die Gejagten und für uns ging es nur noch ums Überleben. Nach Tiefangriffen mit Bomben oder Bordwaffen auf die Vormarschstraßen der Britischen Rheinarmee machten wir uns im
Längst waren wir die Gejagten und für uns ging es nur noch ums Überleben. »In der zweiten Aprilhälfte 1945 verlegte die II./JG 26 – oder besser gesagt das, was noch davon übrig war – über Bissel, südlich von Oldenburg, und Hustedt bei Celle nach Uetersen im Nordwesten Hamburgs. Wenn wir als Jabos (Jagdbomber) unterwegs waren, agierten wir im Raum Soltau – Celle – Lauenburg – Rotenburg – Bremen. Wenn wir unse-
Tiefstflug aus dem Staub, gehetzt von Spitfire und Tempest, und wenn wir Glück hatten, warteten ausnahmsweise keine Feindmaschinen über unserem Platz. Eines Tages saßen wir in der Bereitschaftsbaracke unseres Liegeplatzes am Südrand des Fliegerhorstes in Uetersen und harrten der Dinge, die noch kommen sollten. Im Verlauf
Im Frühjahr 1945 wurden diese Fw 190 »Gelbe 2« der II./JG 6 mit 250-KilogrammBomben ausgestattet, um auch für Jagdbomberangriffe ausgerüstet zu sein
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ZEITGESCHICHTE
Werner Molge
Die zumeist sehr jungen und unerfahrenen Piloten der Anfang 1945 stark dezimierten Luftwaffe mussten nicht nur ihre eigene Angst überwinden, sondern auch Schnee und Eis trotzen, um zu ihrem nächsten EInsatz zu fliegen Foto Sammlung Ringlstetter
Die vierte Staffel des JG 26 posiert am 10. Dezember 1944 für eine kurze Besprechungsszene in einer Waldlichtung bei Fürstenau Foto Archiv Flugzeug Classic
des Tages hatten wir bereits im Raum Buchholz-Soltau zwei Tiefangriffe mit 250-Kilogramm-Sprengbomben und mit 250-Kilogramm-Abwurfbehältern (Splitterbomben) geflogen und nach dem Abwurf jeweils noch mit unseren Bordwaffen attackiert. Bei einer dieser Gelegenheiten überflog ich auf dem Rückweg noch schnell mein Elternhaus, das sich im Westen Hamburgs in den Elbvororten befand, etwa 18 Kilometer von Uetersen entfernt. Dort sah alles heil und unbeschädigt aus und meine Eltern ahnten nicht, dass ich in jener Maschine saß, die über unser Reihenhaus hinwegbrauste. Ich glaube, sie wussten noch nicht einmal, dass ich mittlerweile beinahe vor ihrer Haustür stationiert war. Telefon hatten wir nicht und die Post war nicht mehr sicher. Die Bombenangriffe auf Hamburg ließen zwar nach – der letzte hatte am 17. April 1945 stattgefunden –, dafür schossen die britischen Jagdbomber jetzt auf alles, was sich am Boden irgendwie bewegte. Das war die Lage in den letzten Tagen des Krieges.
Bomber wie diese amerikanischen B-26 warfen ihre Sprengkörper auf alles, was der Wehrmacht an kriegsrelevanter Infrastruktur in Deutschland geblieben war Foto Sammlung Ringlstetter/USAF
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An jenem Nachmittag näherte sich das Missionsende und wir bereiteten uns schon darauf vor, in unsere Unterkünfte zu gehen, als vom Gefechtsstand der Befehl kam, am morgigen Tag nach Rechlin zu verlegen, um von dort aus in den Raum Berlin zu fliegen. Zu diesem Zeitpunkt umzingelte die Rote Armee die Reichshauptstadt bereits weitgehend. Der Start sollte im Morgengrauen sein und im Morgengrauen ging es dann auch los. Noch im Dunkeln marschierten wir nach einem guten Frühstück über das Rollfeld zu unserem Liegeplatz. Die Focke-Wulf waren schon warm gelaufen und von den Warten abgebremst, der Start verlief gegen 8 Uhr. Nach etwa 45-minütigem Flug ohne ›Feindberührung‹ landeten wir ›ohne besondere Vorkommnisse‹ in Rechlin-Lärz, wo wir noch-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Dietmar Hermann
Im Ring um Berlin
Eine Messerschmitt Bf 109 K-4 des JG 27; Werner Molge und die Kameraden vom JG 26 gaben diesen Flugzeugen Höhenschutz Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
mals ein Frühstück bekamen. Danach begann dann der ernste Teil: Wir starteten um Viertel nach 11 Uhr, ich trug eine 250 Kilogramm schwere Bombe unter meinem Rumpf. ›Meine‹ 7. Staffel flog im vertrauten Gefechtsverband, am Horizont sahen wir die Silhouette von Berlin, wir flogen Richtung Oranienburg, unser Ziel befand sich dort in der Nähe, es ging um eine Brücke über den Havel-Kanal. In dem Moment, als die Brücke in Sicht kam und die ersten Maschinen in den Bahnneigungsflug übergingen, erfasste mich wieder jene außerordentliche Anspannung, die sich bei mir immer dann einstellte, wenn es zur Sache ging. Die Explosionen auf der Nachschubstraße vor, auf und hinter der Brücke waren nicht zu übersehen und auch ich hatte das Ziel im Revi, stürzte in das heftige Abwehrfeuer der sowjetischen Fliegerabwehr hinein, die Perlenschnüre der leichten Flak waren überall. In etwa 600 Meter Höhe drückte ich auf den B2-Knopf links am Steuerknüppelkopf und zog zugleich am Steuerknüppel, um die Maschine abzufangen. Das ging diesmal jedoch ungewöhnlich schwer, der Steuerdruck war extrem hoch, ich musste mit beiden Händen kräftig ziehen. Weil die Fw 190 nicht wie gewohnt reagierte, befürchtete ich schon das Schlimmste. Hatte es mich irgendwie erwischt? Dicht über den Kronen einer Baumreihe an der Straße bekam ich den ›Donnerbock‹ wieder in den Griff und verließ nun in Normallage und im Tiefstflug das Geschehen.
Fast unbehelligt konnten alliierte Flugzeuge wie diese Spitfire bei Kriegsende über Deutschland fliegen – dabei schossen sie auf alles, was ihnen vor die Rohre kam Foto Sammlung Ringlstetter/RAF
Nichts wie weg! Meine Kameraden sah ich hoch droben nur noch als ganz kleine Pünktchen und ich hätte nur zu gerne zu ihnen aufgeschlossen, war dafür aber viel zu langsam und gab es deshalb auch bald auf. Die Trägheit meines Flugzeugs konnte ich mir nicht erklären. Die Instrumente ließen nichts Ungewöhnliches FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
April 1945: britische Soldaten in Norddeutschland. Molge und seine Kameraden versuchten noch, durch Tiefangriffe auf Vormarschstraßen die britische Rheinarmee zu stoppen Foto picture-alliance
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ZEITGESCHICHTE
Werner Molge
Fw 190 D-9 starten einen Flug von einem improvisierten Fliegerhorst im Wald von Nordhorn-Clausheide; eine Folge der zerstörten Infrastruktur
erkennen – Drehzahl, Ladedruck, Kraftstoff, Öldruck und -temperatur, Kühltemperatur –, alles war vollkommen normal. Auch konnte ich keine Flaktreffer oder sonstige Beschädigungen erkennen, aber dennoch verhielt sich die Maschine nicht so, wie sie eigentlich sollte. Also flog ich mit Kompasskurs 335 Grad in Richtung Rechlin und erkannte in der Ferne schon bald den Müritz-See. Ein Kamerad, dessen Motor vor dem Einsatz nicht rechtzeitig angesprungen war und der deshalb dem Verband hinterherhinkte, entdeckte mich und schloss zu mir auf. Jetzt waren wir immerhin zu zweit, ansonsten war weit und breit niemand mehr zu sehen.
Kein Defekt
Britische Luftabwehreinheit beschützt einen Flussübergang in Norddeutschland vor Jagdfliegern wie Werner Molge und seinen Kameraden Foto picture-alliance
Nach der Attacke auf die Havel-Brücke sollten wir nicht mehr nach Rechlin zurückkehren, sondern ohne Zwischenlandung direkt nach Hause fliegen. Wir nahmen Kurs, und dabei kam mein Kamerad ganz dicht an mich heran und gestikulierte wild, als wollte er mir irgendetwas sagen. Per Funk war das nicht möglich, unsere Technik versagte, jedenfalls kam nur unverständliches Gekrächze aus dem Kopfhörer. Doch seine Handzeichen konnte ich auch nicht richtig deuten und so befiel mich jetzt ein ganz ungutes Gefühl. Zum wiederholten Mal kontrollierte ich die Anzeigen in meiner Maschine und als mein Blick den ZSK (Zünder-Schaltkasten) streifte, bekam ich einen gehörigen Schreck. Jetzt lief es mir ganz kalt den Rücken hinunter. Was war denn das? Hatte ich vor dem Angriff auf die Brücke tatsächlich vergessen, den ZSK einzuschalten? Vorstoßende Einheiten der Sowjetunion. Man hoffte, durch Luftangriffe den Sturm aus dem Osten irgendwie aufzuhalten Foto picture-alliance
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Unter der Gerätetafel befand sich der ZSK, der Molge Probleme machte. Foto Sammlung Ringlstetter
Für Bodeneinsätze ist diese D-9 »Gelbe 8« der 7./JG 301 mit AB-250-Abwurfbehältern ausgerüstet. Mit solch einer Maschine flog Molge seinen Angriff auf die Havel-Brücke im Kessel von Berlin
Glatt übersehen Josef »Pips« Priller war von Mitte Januar 1943 bis Ende Januar 1945 Kommodore des JG 26. In seinem im Jahr 1956 erstmals erschienenen Buch Geschichte eines Jagdgeschwaders. Das JG 26 (»Schlageter«) von 1937 bis 1945 erwähnt er Werner Molge nicht, auch nicht in den umfangreichen Personallisten. Allerdings weist Priller mehrfach darauf hin, dass zahlreiche Dokumente des JG 26 bei Kriegsende vernichtet wurden oder auf andere Weise verloren gingen, sodass seine Darstellung auf den erhaltenen und daher zwangsläufig lückenhaften Unterlagen sowie auf den Erinnerungen von Überlebenden basiert. Er räumt auch ein, dass sein Buch Lücken und sogar Fehler aufweisen könne. Womöglich ist Werner Molge eine jener Lücken; einer, der als junger Nachwuchsflieger im letzten Aufgebot in Vergessenheit geriet. I Molge verstarb im Jahr 2005.
Ich hatte! Der ZSK hatte seine diversen Schaltstellungen: ›Aus‹ – ›Senkrechtwurf‹ – ›Waagerechtwurf‹ – ›mit Verzögerung‹ – ›ohne Verzögerung‹. Der Schalter stand auf ›Aus‹ und das rote Warnlämpchen brannte hell und deutlich. In der Anspannung vor dem Angriff auf die Brücke bei Oranienburg hatte ich das Einschalten glatt vergessen und jetzt befand ich mich auf dem Rückflug und hatte die 250Kilogramm-Bombe immer noch unter dem FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Mit diesem Abwurfmechanismus war wohl auch die Fw 190 von Werner Molge ausgestattet, als er seine Bombe wegen einer Panne auf dem Müritz-See abwarf
Rumpf. Das erklärte, warum meine Maschine so lahmte und warum das Abfangen so schwer fiel. Direkt voraus lag ja der MüritzSee, da konnte ich die 250er gut loswerden. Also kurvte ich auf den See ein, ging auf etwa 50 Meter Höhe herunter, zog dann den Notwurfgriff links unter dem Instrumentenbrett – den Bowdenzug, der auch für den Abwurf des Zusatztanks eingerichtet war –, und ging sofort in eine Steilkurve, um beobachten zu kön-
nen, was aus dem Sprengkörper wurde. Er hüpfte über das Wasser und strandete am Ufer des Müritz-Sees. Mist, jetzt musste ich doch noch eine entsprechende Meldung machen! Aber nun ging es erst einmal nach Hause. Vom Müritz-See flog ich mit 270 Grad auf Kurs Hamburg, als ich im FT – also war wenigstens mein Empfänger doch in Ordnung – die Meldung eines Luftlage-Senders vernahm: ›Nördlich Hamburg kreisende Feindmaschinen.‹
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ZEITGESCHICHTE
Werner Molge
Kanadische Einheiten erbeuteten diese Fw 190 D-9 der 7./JG 26 im Mai 1945 in Schleswig. Interessant ist dabei die aufgemalte »2« auf der Radabdeckung
Jetzt ist es vorbei: Eine bauchgelandete D-9 nach Kriegsende. Auch das Flugzeug von Werner Molge ereilte ein ähnliches Schicksal – allerdings ohne Feindeinwirkung … Foto Sammlung Ringlstetter
Galt das uns Heimkehrern? Ich umflog die zerstörte Hansestadt in einem weiten nördlichen Bogen, schlich dann von Brunsbüttel die Elbe hinauf, um dann mit einem kurzen Sprung von Wedel her nach Uetersen zu gelangen. Dort machte ich dann zu allem Pech und wegen der zu weichen Grasnarbe einen Kopfstand, der aber weder mir, noch dem Flugzeug einen Schaden zufügte. Für mich war das ein völlig verkorkster Flug, der aber immerhin einigermaßen glimpflich endete. Unser Ziel, die Brücke bei Oranienburg, hatten meine Kameraden ge-
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troffen und zerstört. Insofern war der Einsatz dann noch noch erfolgreich, wenngleich ich selber nichts dazu beigetragen hatte. Auf den Ausgang des Krieges hatte das Ganze jedoch keinerlei Einfluss, wie heute selbstverständlich jeder weiß.
Der Sinn des Ganzen? Dass der Krieg zu Ende ging, war uns allen klar, aber darüber sprachen wir nicht. Eher schon über unsere persönliche Situation. Alle waren extrem verunsichert. Niemand wusste, wie es weitergehen sollte, unser Vorstel-
lungsvermögen reichte nicht über den heutigen Tag hinaus. Unser Vaterland lag in Trümmern, wurde täglich kleiner, und einige meiner Kameraden wussten nicht einmal, ob ihre Familien überhaupt noch am Leben waren und falls ja, wo sie sich mittlerweile befanden. Vor allem diejenigen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches waren ratlos und keiner konnte ihnen helfen. Mein Kamerad, Unteroffizier Walter S. aus Leipzig in Sachsen, sagte einmal zu mir: ›Wo soll ich denn hingehen? Bei mir zu Hause sind die Russen!‹ Andere sagten: ›Ich steige noch einmal
auf und lasse mich abschießen, dann habe ich es hinter mir!‹ Auch der NSFO (Nationalsozialistischer Führungsoffizier) wusste keinen Rat – woher auch? Also war es für uns eine beinahe logische Konsequenz, dass wir uns an dem festhielten, was wir noch hatten, und dass wir den gegebenen Befehlen bis zuletzt gehorchten; getreu dem Eid, den wir abgelegt hatten. Wir Fliegersoldaten waren zwischen 19 und 22 Jahre alt, wuchsen von unseren Kindertagen an im NS-Staat auf, hatten alle der Hitlerjugend angehört und bei der Flieger-HJ mit dem Fliegen angefangen. Alles andere erschien uns jetzt nur furchteinflößend und ungewiss.
Die letzte Entscheidung Das Missionsgebiet war nicht mehr so groß und da wir nur noch als Jagdbomber flogen und Luftkämpfe vermeiden sollten, waren wir meistens innerhalb einer knappen Stunde wieder zu Hause. Neben dem bereits geschilderten Angriff auf eine Brücke über den Havel-Kanal gab es noch zwei bis drei weitere Einsätze um Berlin herum und jedes Mal kehrten wir anschließend direkt wieder nach Uetersen zurück. Als wir schließlich auch Uetersen räumten und weiter nördlich nach Neumünster verlegten, standen die britischen Truppen bereits vor Hamburg, das kampflos übergeben wurde, und so zogen wir ohne Aktivität weiter von Neumünster aus nach Husum. Abgesehen von ein paar Aufklärungsmissionen sind mir hier keine Einsätze in Erinnerung geblieben. Allerdings hatten wir aus einem Wehrmachtsdepot in Neumünster noch einige schöne Dinge wie Kaffee, Scho-Ka-Kola und Cognac mitgenommen und schickten nun einen ganzen Lkw auf die Reise dorthin zurück, um noch mehr davon zu holen. Die Waren waren ohnehin dem Untergang geweiht, denn das Depot sollte gesprengt werden. Also flogen wir Begleitschutz für den Lastwagen. Eine Rotte, die mit dem Lkw in Funkverbindung stand, flog Aufklärung um ihn herum, und falls britische Truppen bereits in Neumünster stünden, wollten wir unsere Kameraden warnen und sie dann umkehren lassen. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Ich weiß nicht, wie dieses Vorhaben ausging, denn kurz nach dem Start in Husum explodierte in etwa 1500 Meter Höhe mein Motor, plötzlich und ohne jede Vorwarnung, und ich stieg schnellstens mit dem Fallschirm aus. Was zu dieser Explosion geführt hatte, war nicht mehr feststellbar. Feindeinwirkung? Nein. Flakbeschuss? Nein. Sabotage? Wer weiß … Eigentlich war es zu diesem Zeitpunkt auch schon längst egal, warum es den Antrieb zerriss. Der Krieg ging zu Ende, ich hatte mit viel Glück überlebt und war auch in diesem Fall noch mal mit heiler Haut davongekommen. Am 5. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht in Norddeutschland, an diesem denkwürdigen Tag ruhten ab 8 Uhr die Waffen. Wir aber hatten den Befehl, noch vor
Fw 190 D-9 der II./JG 26 im April 1945. Mit einem Flugzeug diesen Typs wagte es Molge, in den Bombentrichter hineinzurollen Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
schnallen half – ein alter Soldat, der mein Vater hätte sein können – sagte zu mir: ›Du bist doch ein Hamburger, du hast es von hier nicht weit bis nach Hause. Mein Rat an dich: Siehst du den weiß-roten Dachreiter da hinten auf dem Rollfeld? Direkt dahinter ist ein Bombentrichter. Wenn du da hineinrollst, ist der Krieg für dich zu Ende. Was soll das noch in Norwegen? Von dort aus marschiert ihr doch nur noch zu Fuß wieder hierher zurück …‹ Ich sagte erst einmal nichts dazu. Wenn ich in den Bombentrichter rollte, drohte mir das Kriegsgericht, eine Anklage wegen Sabotage. Was für eine Horrorvorstellung! Aber zu Fuß von Norwegen
Den Knall der zerbrechenden Luftschraube habe ich noch heute im Ohr. 8 Uhr nach Norwegen zu fliegen, um dort ›den Bolschewismus‹ weiter zu bekämpfen. Wir hatten nur noch acht bis zehn flugklare Fw 190 D-9. Der Wart, der mir beim An-
Werner Molge ungefähr 40 Jahre nach den Ereignissen – er hatte seitdem nie wieder ein Flugzeug betreten
wieder bis hierher? Der Gedanke daran war nicht minder fürchterlich! Ich entschied mich für den Bombentrichter. Den Knall der zerbrechenden Luftschraube und das Aufheulen des Motors habe ich noch heute im Ohr. Zwei nachfolgende Flugzeuge kamen nicht mehr an mir vorbei, weil meine Tragflächen den festen Weg versperrten und sie wegen des aufgeweichten Rollfeldes nicht um mich herumrollen konnten. Hatte ich das Richtige getan? Als ich mit schuldvoller Mine aus meiner Maschine kletterte, rechnete ich mit dem Schlimmsten, aber zu meiner großen Überraschung geschah nichts. Das war’s, ich saß nie wieder in einem Flugzeug.« Anmerkung: Abweichend von Werner Molges Erinnerung soll anderen Quellen zufolge am 5. Mai 1945 der Befehl vorgelegen haben, das JG 26 nach Prag zu verlegen, was letztlich sowjetische Kriegsgefangenschaft bedeutet hätte. Aufgrund der mit den Truppen Feldmarschall Montgomerys vereinbarten Waffenruhe kam es jedoch nicht mehr dazu. Alle noch vorhandenen Maschinen des JG 26 wurden auf dem Platz ausgerichtet und am 6. Mai enttankt. I
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TECHNIK
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Douglas SBD Dauntless
MODERNER STURZKÄMPFER FÜR DIE US NAVY
Präzisionsangreifer mit
Startschwierigkeiten Sie dreht den Kampf im Pazifik bei der Schlacht um Midway in nur wenigen Minuten nachhaltig. Doch bevor das Kriegsgeschick der Douglas SBD Dauntless überhaupt erst hold sein kann, sind manche Hürden zu meistern Von Wolfgang Mühlbauer
Unterwegs zur USS Enterprise: eine Formation SBD-2 der VS-6 Ende Oktober 1941. Die Flugzeuge tragen das erst kurz vorher für den Pazifikraum eingeführte grau-blaue Tarnschema Foto USN
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TECHNIK
Douglas SBD Dauntless Die Northrop XBT-1 – hier in ihrer ursprünglichen Form – fliegt erstmals im August 1935. Sie gilt als spätere Ausgangsbasis der Douglas SBD Dauntless Foto Northrop
A
m Vormittag des 4. Juni 1942 schallt ein Schreckensruf aus dem Brückenausguck des japanischen Flottenträgers Akagi: »Sturzkampfbomber!« Jeder, der ihn hört, hält unwillkürlich den Atem an und richtet sofort seine Blicke zum Himmel. Dorthin, wo sich gerade drei einzelne Dauntless unbehelligt auf die Schiffe der kaiserlichen Flotte herabstürzen. Kurz zuvor waren sie von der USS Enterprise gestartet, jetzt laden sie ihre tödliche Fracht ab. Eine ihrer Bomben sitzt Sekunden später genau im Ziel und entfacht ein Flammeninferno, welches das Ende der Akagi bald besiegelt. Den Trägern Kaga und Soryu ergeht es kaum anders. Beide werden zur selben Zeit von den SBDs der Enterprise beziehungsweise Yorktown vernichtend getroffen. In nur sechs Minuten ist die
Schlacht um Midway entschieden; drei der vier beteiligten japanischen Träger sind dem Untergang geweiht. Der Hiryu bricht die Dauntless am späten Nachmittag ebenso das Rückgrat. Zweifelsohne ein Wendepunkt im
mustern hat es bis zur Einführung der Dauntless gefehlt. So glaubt man bis weit in die Mitte der 1920er-Jahre, Sturzangriffe mit gängigen Jagdmaschinen ausführen zu können. Selbst wenn damals die Sturzwinkel 45 Grad
Bis zur Dauntless fehlt es an technisch voll einsatztauglichen Sturzkampfflugzeugen Pazifikkrieg, der dem Reich der aufgehenden Sonne die Initiative raubt. Eindrucksvoller lässt sich der Aufwand, den die US Navy in die Entwicklung ihrer Sturzkampfbomber gesteckt hat, kaum rechtfertigen. Praktisch seit 1919 hat man deren Konzept beharrlich verfolgt. Lediglich an technisch voll einsatztauglichen Flugzeug-
selten überschreiten, wird es beim Abfangen kritisch für die Festigkeit der Zelle bei so gut wie allen verwendeten Typen. Dass das Sturzkampfkonzept im Prinzip richtig ist, daran gibt es freilich nichts zu rütteln. Es ist seinerzeit die beste Methode, um schnell bewegliche Kriegsschiffe mit Erfolg zu bombardieren. 1928 wünscht das Bureau of Aeronautics (BuAer) der US Navy folglich ein neues Flugzeugmuster, das höhere Belastungskräfte aushält. Die großen BM-1/2-Doppeldecker von Martin, ab Frühjahr 1931 in Dienst, gehen hier als Sieger hervor. Wenngleich angemessen robust, sind sie unhandlich und nicht zuletzt gehandicapt durch die noch immer dominierende Vorstellung vom Mehrzweckflugzeug.
Grundlegende Probleme
Markantes Charaktermerkmal der Northrop BT-1 und ihrer Nachfolger: die als geteilte Klappe ausgelegte Sturzflugbremse und deren komplexe Betätigungshydraulik Foto USN
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Dass obendrein Geschwindigkeit und Reichweite des Heavy Dive Bomber weit von dem entfernt liegen, was die Navy will, diktiert im Wesentlichen die Kernpunkte seiner weiteren Entwicklung. Davon unabhängig gilt es etwa, die unter dem Rumpf angehängte Bombe so vom Flugzeug auszuklinken, dass sie danach nicht das feste Fahrgestell touchiert. Weshalb
Douglas SBD-1, BuNo 1603, der Marine Bombing Squadron 1 (VMB-1), Marine Air Group 11, Quantico 1940 Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
man sie nicht einfach weit genug nach außen unter die Flügel hängt? Weil das aus Gründen der Festigkeit nur mit den viel leichteren 45Kilogramm-Bomben geht. Denen aber fehlt die Durchschlagskraft, um Dickschiffe ernsthaft zu gefährden. Die Lösung ist Anfang 1931 eine Ablenkgabel, wie man sie später zum Beispiel auch bei der Junkers Ju 87 antrifft. Sie schwenkt die Bombe zunächst unter das Fahrwerk beziehungsweise den Propellerkreis, ehe sie endgültig freigegeben wird.
Erneuter Wettbewerb Martins BM-1 steht noch nicht richtig im Dienst, da läuft schon die Suche nach dem Nachfolger. Das Rennen macht wieder ein schwerer, im Vergleich zur BM-1 aber kleinerer Doppeldecker: die BG-1 der Great Lakes Aircraft Company. Gleichfalls nicht das Gelbe vom Ei, kommt sie ab Herbst 1934 zur Truppe. Kein Wunder, dass man beim BuAer bereits im selben Jahr den nächsten Entwurfswettbewerb für den Heavy Dive Bomber initiiert. Angesichts seiner bisherigen Leistungsschwäche unterteilt man ihn vorsichtshalber nun in zwei Untertypen: den Sturzbomber (VB) mit maximal 2722 Kilogramm Abfluggewicht und 454 Kilo Bombenzuladung sowie den Aufklärungsbomber (VSB) mit höchstens 2268 Kilo Startmasse, 454 Kilo Abwurflast und dafür größerer Reichweite. Lässt sich beides in einem Entwurf kombinieren, ist es auch recht. Die Maschinen müssen trägertauglich sowie in Ganzmetallbauweise mit Einziehfahrwerk ausgeführt sein; die Zelle hat Abfangmanöver mit bis zu 9 g auszuhalten. Ebenso obligatorisch sind Sturzflugbremsen. Uneinigkeit herrscht hingegen darüber, ob man Ein- oder Doppeldecker bevorzugen soll – die Ausschreibung, an der sechs Firmen teilnehmen, gilt deshalb für beides. Beim Bomber FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Vorläufer und Nebenbuhler der Northrop BT-1 Die ersten »schweren« Sturzbomber, die bei der US Navy in Dienst stehen, sind große Doppeldecker vom Typ Martin BM-1/2 oder Great Lakes BG-1. 1934 folgt die Ausschreibung für technisch modernere Nachfolger. Sie führt zum Bau der Northrop XBT-1 sowie der Brewster XSBA-1.
Schwer, groß und ziemlich unhandlich: Martin BM-2 Alle Fotos USN
Gleichfalls groß und kaum leistungsstärker: Great Lakes BT-1
Modern, doch mit zu großen Produktionsproblemen: Brewster XSBA-1
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TECHNIK
Douglas SBD Dauntless
In typisch farbenfroher Vorkriegslackierung steht Anfang 1941 eine BT-1 der Trägerstaffel VB-6 auf dem Flugdeck der USS Enterprise bereit zum Start Foto USN
stehen, gemäß der für Northrop typischen holmlosen Multi-Cellular-Bauweise, aus einzelnen freitragend beplankten Längskästen. Da Festigkeit an oberster Stelle steht, hat Heinemann das Fahrwerk entsprechend angepasst und darauf verzichtet, die Flügel klappbar zu gestalten.
Gefährliche Wirbel
Die XBT-2 präsentiert sich nach ihrer Umrüstung auf den stärkeren Wright R-1820 mit entsprechend größerer Motorverkleidung und diversen Detailänderungen Ende Juli 1938 im DouglasWerk El Segundo Foto USAF
(VB) setzen sich Brewster mit der XSBA-1 sowie Northrop mit der XBT-1 durch; beim Scout Bomber (VSB) hat Vought mit seiner XSB2U-1 die Nase vorn. Alle drei sind übrigens Eindecker.
Innovatives von Northrop Northrop liefert den technisch wohl innovativsten Entwurf. Die versierten Köpfe, die dahinter stecken, gehören Jack Northrop sowie seinem damaligen Entwicklungsleiter Ed
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Heinemann. Der eine stets auf neue Ideen aus, der andere mehr bodenständig, bringen sie ihre jeweiligen Konzepte bestens unter einen Hut – wie schon zuvor bei der Northrop A-17, einem aerodynamisch fortschrittlich gehaltenen Unterstützungsflugzeug für die Army. Auf ihm fußt die XBT-1, die jedoch kleiner ist und ein Einziehfahrwerk hat. Dass Letzteres nicht in die Flügel, sondern in zwei »Badewannen« darunter einfährt, hat mit dem Aufbau der Tragflächen zu tun. Sie be-
Besonders bemerkenswert ist die Sturzflugbremse. Sie verläuft unter dem Mittelflügel als Spreiz-, entlang der Außenflügel dagegen als geteilte Klappe, die im Sturzflug nach oben wie unten auffächert. Angetrieben von einem 750-PS-Pratt-&-Whittney-R-1535-Sternmotor, hebt die XBT-1 am 19. August 1935 erstmals ab. Alles passt an sich gut, bis die Sturzflugerprobung anläuft: Kaum ist der Sturzwinkel etwas steiler, beginnt das Leitwerk zu schütteln, zum Teil schwingen die Enden der Höhenflossen bis zu 60 Zentimeter auf und ab. Heinemann, der bei den Testflügen mit an Bord ist, rutscht mehr als einmal das Herz in die Hose. Ursache sind die starken Wirbelschleppen an den Hinterkanten der geöffneten Bremsklappen. Bleibt die Frage, was man dagegen tun soll. Die verblüffend simple Lösung kommt von Charles Helm, einem Berater der NACA. Er schlägt vor, den massiven Wirbel in viele kleinere aufzubrechen, indem zahlreiche Löcher in die Bremsklappen gebohrt werden.
Das funktioniert tatsächlich. Entgegen manchen Bedenken verliert die Maschine trotz der markanten »Lochbleche« kaum Auftrieb; die strengen Vorgaben für die Mindestabreißgeschwindigkeit lassen sich fast exakt einhalten. Nachdem man dem Vergaser in ähnlich gewagten Testflügen seine letzten Flausen ausgetrieben und der XBT-1 danach einen stärkeren Motor mit 825 PS spendiert hat, geht es im Dezember 1935 zur militärischen Erprobung. Obwohl weiterhin ein ganzes Stück von den Wunschvorstellungen entfernt, ist sie der Navy gut genug. Im September 1936 – im selben Monat, als Northrop seine Firmenanteile an Douglas verkauft – kommt grünes Licht zum Bau von 54 Serienexemplaren mit der Bezeichnung BT-1. Wie gesagt, gibt es Verbesserungsbedarf. Das zeigt sich besonders darin, dass die Navy Ende November unbürokratisch veranlasst, aus der zuletzt gebauten BT-1 ein Experimentalflugzeug mit voll einziehbarem Fahrwerk zu machen. Dazu ändern Heinemann und sein Team die Konstruktion der Tragflächen. Allem voran erhalten diese Schächte, um das Hauptfahrwerk aufzunehmen. Das Triebwerk – Hauptursache aller Leistungsschwäche – bleibt dafür das gleiche. Erstflug jener XBT-2 genannten Maschine ist am 22. April 1938. Er findet ohne Jack Northrop statt, der schon seit Jahresbeginn endgültig seiner eigenen Wege geht.
Permanente Verbesserungen Leider fliegt sie nicht so flott wie erhofft. Eine Bauchlandung am 5. Mai passt Heinemann darum ganz gut: Er drückt im Rahmen der nötigen Reparaturen die Umrüstung auf einen Wright R-1820-G133 mit 950 PS durch. Was neben einer größeren Motorenverkleidung auch nach sich zieht, dass man jetzt einen Dreiblattpropeller verwendet. Ende August 1938 kann die offizielle Testphase beim Militär starten, wo die »neue« XBT-2 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 429 km/h beeindruckt – 70 km/h mehr als die BT-1. Im folgenden Februar bringt man das Flugzeug zum großen Windkanal der NACA in LangFLUGZEUG CLASSIC 1/2017
ley. Hier tüftelt man weiter an seiner äußeren Gestalt, vor allem mit Blick auf eine verbesserte Flugstabilität. Denn die BT-1 verhält sich im Langsamflug labil um die Querachse, leidet dabei zusätzlich an der schlechten Ansprache der Ruder und kippt gern zur Seite weg, wenn der Pilot hurtig Gas gibt. Den Versuchen in Langley folgen zahlreiche Testflüge mit über 30 unterschiedlichen Leitwerkkonfigurationen. Die drei Mail Box
SBD-2 Dauntless, geflogen vom Commanding Officer der VS-5. Als Kommandeurs-Maschine trägt sie einen roten Antennenmast Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Slots – auffällige Schlitze im Außenflügel zur Auftriebshilfe –, eine verlängerte Ablenkgabel und andere Modifikationen kommen hinzu. Im Februar 1939 ändert sich die offizielle Bezeichnung der Maschine in XSBD-1. SB steht für Scout/Dive Bomber, D für Douglas. Zugleich spiegelt das Kürzel SB die endgültige
Aufwendiges Feintuning im großen Windkanal der NACA in Langley hilft maßgeblich dabei, Stromlinienform wie Flugstabilität der XBT-2 weiter zu verbessern Foto NASA
Technische Daten – Douglas SBD-2 Dauntless Länge Höhe Spannweite Tragflügelfläche Antrieb Max. Startmasse Höchstgeschwindigkeit Gefechtsreichweite Dienstgipfelhöhe Bewaffnung
Besatzung
9,79 m 4,14 m 12,66 m 30,20 m² 1 luftgekühlter Wright-R-1820-32-9-Zylinder-Sternmotor 1000 PS Startleitung 4699 kg 412 km/h 1970 km (bei voller Bombenlast) 8310 m zwei 12,7-mm-MG starr im Bug ein 7,62-mm-MG beweglich im Heckstand 454 kg Bombenlast am Rumpf, 90 kg Bombenlast an den Tragflächen zwei Mann
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TECHNIK
Douglas SBD Dauntless Die erste Serienausführung der Dauntless, die SBD-1, kommt nur bei einigen Staffeln des US Marine Corps zum Einsatz. Im Bild drei Maschinen der VMB-1, staFoto USN tioniert im Frühjahr 1941 in Quantico
Mit ihrer mäßigen Reichweite – voll beladen 1384 Kilometer – teilt man sie lediglich den landgestützten Verbänden des Marine Corps zu. Währenddessen arbeitet Douglas weiter fieberhaft daran, die Dauntless, wie der offizielle Beiname der SBD zwischenzeitlich lautet, endlich fit genug für den Einsatz vom Flugzeugträger zu machen.
Endlich auf See
Die SBD-2 wird als erste Version der Dauntless für den Einsatz vom Flugzeugträger aus akzeptiert. Hier »posiert« der Commanding Officer der Enterprise Air Group mit seinem Flugzeug Mitte Oktober 1941 für die Kamera Foto USN
Doppelrolle des Flugzeugs, ihrerseits ein Ausdruck des planerischen wie technischen Umbruchs, in dem die Navy seinerzeit steckt. Und der Hauptgrund, warum permanent an dem Vogel herumgedoktert wird, um den laufend wachsenden Anforderungen einigermaßen nachzukommen. Bloß kann niemand zaubern, was primär für die verlangte Reichweite von 2253 Kilometern gilt: Voll bestückt, kommt die XSBD-1 auf 972 Kilometer, mehr ist vorerst nicht drin.
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Im April 1939 ordert die Navy trotzdem 144 Serienmaschinen vom Typ SBD-1, um wenigstens ein paar moderne Sturzbomber in ihren Reihen zu wissen. Verbessert ist die SBD-1 unter anderem durch einen Wright-R1820-35-Motor mit 1000 PS, zwei zusätzliche Hilfszellen für jeweils knapp 57 Liter Treibstoff in den Tragflächen sowie zwei unbeweglich eingebaute MG als vordere Angriffsbewaffnung. Die erste SBD-1 fliegt am 1. Mai 1940. Allerdings werden nur 57 Stück fertig.
Mit dem Resultat, dass die Fertigung ab der 58. Maschine auf die SBD-2 umschwenkt. Durch den Einbau größerer Flächentanks, die 296 Liter Sprit fassen, beträgt die Reichweite mit voller Bombenlast nun 1970 Kilometer. Eine automatische Kurssteuerung, ebenfalls Ausrüstungsstandard, hilft beträchtlich bei den langen Flügen über offener See. Die Auslieferung der insgesamt 87 Flugzeuge beginnt Mitte Dezember 1940; bis zum folgenden Mai sind sie alle einsatzbereit. Etwa zeitgleich läuft die Umrüstung der ersten Trägerstaffeln an: VS-6 und VB-6 der USS Enterprise sowie VS-2 und VB-2 der USS Lexington. Quasi als sichtbarer Vorbote des heraufziehenden Krieges im Pazifik sind die bisher farbenfrohen Lackierungen der Trägermaschinen blaugrauen Tarnschemen gewichen. Wie sich die Dauntless bei der US Navy behauptet, erfahren Sie in einer kommenden Ausgabe von Flugzeug Classic. ■
Triebwerktechnik BACKGROUND
»Six turning and four burning« (»sechs drehen und vier brennen«): Die B-36 nutzte als Hybrid sowohl Jet- als auch Propellerantriebe. Der technische Aufwand war allerdings enorm
DIE KRAFT DER ZWEI ANTRIEBE
Hybridflieger H
ybrid (Duden: aus Verschiedenartigem zusammengesetzt) gibt es zum Beispiel bei Autos, in der IT oder in der Landwirtschaft, wo man aus zwei Rassen Hybridschweine züchtet. In den 1940er-Jahren kamen Flugzeuge mit Mischantrieb auf, der in bestimmten Phasen für mehr Dampf sorgen sollte. Auf alten Fotos sieht man meist Propellermaschinen mit zusätzlichen Jettriebwerken, doch es gibt noch andere Kombinationen: Jet plus Raketenantrieb (1966 beschleunigte eine F-104G in Lechfeld mit Booster in acht Sekunden von null auf 500 km/h), Raketen-/Atomantrieb, Turbine/Staustrahl (Beispiel: Lockheed SR-71) und Rakete/Staustrahl.
»NORMALE« ANTRIEBE WAREN STETS Kompromisse. Propellerflieger sind wirtschaftlich, aber langsam; Jets haben mehr Leistung, schlucken aber viel. Hybridtechnik eignet sich besonders gut fürs Militär, wo Sofort-Power bei guter Reichweite zählt – auf Knopfdruck, wie beim Nachbrenner. Versuchsträger wie die Suchoi Su-5 oder die zivile Hustler 400 von American Jet Industries verschwanden schnell in der Versenkung und bekannte Hybridflugzeuge lassen sich an einer Hand abzählen. Da ist das Jagdflugzeug MiG-13 (1945/46), ein bulliger Einsitzer mit vier 20-Millimeter-Maschinenkanonen. Der Tiefdecker mit dem weit hinten liegenden Cockpit und einem wassergekühlten 1455-PS-Klimov-V-Motor verfügte, Achtung Zungenbrecher, über ein integriertes 1350-PS-Cholschtschewnikow-Luftstrahltriebwerk, das den Kraftzwerg von 600 auf 825 km/h beschleunigte. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
DIE LOCKHEED P2-NEPTUNE war ein Seefernaufklärer und U-Boot-Jäger. Der Vogel, hässlich wie die britische Avro Shackleton, flog erstmals 1945 und zählte zu den weltweit am längsten eingesetzten Militärflugzeugen. Die Neptune konnte als einziges US-Navy-Flugzeug ihrer Gewichtsklasse dank JATO(Jet Assisted Takeoff)-Startraketen mit voller Bombenlast von einem Träger starten – freilich nicht wieder dort landen. Später rüstete man die Neptunes mit zwei zusätzlichen Strahltriebwerken aus. DER WOHL BEKANNTESTE Hybridflieger war die mächtige Convair B-36 »Peacemaker«, der größte jemals von der US Air Force geflogene Bomber. Er war Anfang der 1940er-Jahre entworfen worden, um europäische Ziele nonstop von den USA aus angreifen zu können. Die riesigen Convairs hatten entsprechende Kraftpakete: sechs Pratt-&-Whitney-R-4360-Druckpropellermotoren hinten in den Tragflächen mit zusammen 22 500 PS, dazu vier General-Electric-J47-GE-19-Jettriebwerke mit je 23,14 Kilonewton Schub in Zwillingsgondeln. Den Antriebsmix (»Six turning and four burning«) wählten die Piloten je nach Bedarf zum Start, für mehr Flughöhe oder Geschwindigkeit im Zielgebiet aus. Im Reiseflug waren die Turbinen meist abgeschaltet.
»Nun fliegt sie schon über 60 Jahre.«
AUCH HYBRIDAUTOS WIRD ES einmal so gehen wie der Boeing B-36, deren aufwendige Technik schnell überholt war. Mit acht Jettriebwerken schickte die Boeing B-52 den »Peacemaker« aufs Altenteil – nun fliegt sie schon über 60 Jahre. Rolf Stünkel I
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Robert Ritter von Greim
Hochdekoriert, geadelt – und arbeitslos. Im Krieg hat es Robert Ritter von Greim weit gebracht. Danach muss auch er sein Leben neu aufbauen
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Fotos Sammlung Dr. Kurt Braatz
ZEITGESCHICHTE
DER AUFRECHTE: ROBERT RITTER VON GREIM (1892–1945)
Ganze elf Tage ist er 1945 Herr über eine geschlagene Luftwaffe. Grimmige Ironie der Geschichte, nachdem der fliegerische Quereinsteiger im Ersten Weltkrieg eine bayerische Jagdstaffel bis zum letzten Tag angeführt hat. Zurück in ein unruhiges München, entzückt er 1919 seine Landsleute durch fingierte Luftkämpfe mit Ernst Udet Von Stefan Bartmann
W
er die überlieferten Selbstzeugnisse des Robert Ritter von Greim ordnet und bewertet, sieht sich mit einer ungeahnten Schwierigkeit konfrontiert: dem Materialberg aus nüchternen Dokumenten steht fast ein Nichts an persönlichen Aufzeichnungen gegenüber. Das Porträt muss unscharf bleiben, es dominiert das soldatische Berufsbild. Robert Greims Laufbahn in hohe und höchste Führungspositionen wurde weniger von ihm forciert als von den Umständen bestimmt. Seine mustergültige Karriere kannte nur eine Richtung – nach oben. In den Trümmern des fallenden Berlins brachte er es noch zum Generalfeldmarschall. In dieser Position beerbte er Hermann Göring, der sich anderswo als Reichsverweser zu generieren versuchte und zu gern die Hausschlüssel an die alliierten Nachmieter übergeben hätte, um seine Haut zu retten. Greims Charakter war solches Denken offenbar völlig fremd.
Fähnrich Greim entscheidet sich daraufhin für das Eisenbahn-Bataillon, eine hochtechnisierte Einheit. Im Frühjahr 1912 etablieren sich Bayerns Flieger in Oberschleißheim, Bayerns erstem Militärflugplatz. Bevor Greim fliegend sein Leben riskieren kann, wartet auf ihn die übliche Ochsentour des Aufstiegs. Seinem Fähnrichsjahrgang 1912/1913 wird noch ein vollständiger Lehrgang zuteil; dem folgenden wird bereits der ganz reale Krieg die Ausbildung verkür-
zen. Als dann Europas Großmächte übereinander herfallen, verlegt Greim mit dem 8. Feldartillerie-Regiment an die Westfront. Er ist einer von 1,6 Millionen deutschen Soldaten in sieben Armeen, die noch erkennen müssen, dass der Schlieffen-Plan nichts als reine Theorie war. Als Pilot ist Robert Greim ein Spätstarter, der erst per Umweg an den Steuerknüppel kommt. Schon bald werden sich die Armeen eingraben, hüben wie drüben. Im November
Spätstarter Geboren am 22. Juni 1892 in Bayreuth, kommt der Sohn eines bayerischen GendarmerieHauptmanns mit seinen Eltern schon bald nach München-Schwabing. Er absolviert die Bayerische Kadettenschule, dann die Offiziersschule, macht Abitur. Dem Fähnrich werden bei seinem Abgang eher unauffällige Charakterzüge attestiert. Ein in sich gekehrter junger Mann von 19 Jahren. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Noch posiert Leutnant Greim (links) im Sommer 1915 auf dem Flugfeld Marinbois als Beobachter vor einem bewaffneten LVG C.II. Das wird sich im folgenden Jahr ändern
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ZEITGESCHICHTE
Robert Ritter von Greim
Geschichte wird gemacht: Am Morgen des 21. Februar 1916 beginnt die Schlacht um Verdun. Die Geschütze donnern schon. Greim, als einziger ohne Mütze, blickt nach Osten. Um 9:30 Uhr ist auch sein Aufklärer in der Luft
darf sich Leutnant Greim das EK II. Klasse anheften. Überhaupt fällt er angenehm auf; er wird Ordonnanzoffizier, im März 1915 Abteilungsadjutant. Nur wenige Monate später, am 10. August, beginnt offiziell ein neuer und aufregender Abschnitt in dieser Musterkarriere: die Ausbildung als Beobachter zur Artillerieunterstützung bei der bayerischen Feldfliegerabteilung 3b. An diesem Tag macht Greim die erste Eintragung in seinem Flugbuch. Man fliegt zweisitzige bewaffnete Doppeldecker-Aufklärer von LVG und Albatros und den technisch bereits überholten Parasol-Hochdecker aus der Pfalz. Feldflugplatz Marinboin. Greims Aufgaben an Bord des Albatros C.I sind Photografieren, Bomben abwerfen und die Bedienung des Laffetten-MGs. Beim Rückflug von Nancy am 8. September rettet Pilot Alois Hosp sich selbst und seinen Beobachter Greim nach erledigtem Aufrag mit durchlöchertem Kühler hinter die eigenen Linien.
Seite des Luftkampfs bislang nicht erlebt. Aber er wird einen Zeitungsbericht darüber seinem Flugbuch einverleiben. Noch ist Greim als Beobachter zwischen Saint Mihiel und Verdun unterwegs. Geruhsam startet er ins Kriegsjahr 1916. Als am 21. Februar die Schlacht um Verdun anrollt, ist Greim mit einem Albatros C.II dabei. Nach 14 Treffern in seiner Maschine und einem verwundeten Piloten ist der Einsatz dieses Tages vorüber. Aber er wird noch oft in die Luft kommen bei diesem harten Ringen um die
Symbolstadt. Dabei wird er zunehmend von dem agilen Nieuport 17 behelligt. Als er im Juni von seinem Heimaturlaub zu seiner Einheit zurückkehrt, hat sich die Lage weiter zugunsten der Franzosen verschoben. Das wird auch nach der Versetzung zur Artilleriefliegerabteilung 204 bei Bapaume und dem Wechsel zur Rumpler C-Type nicht besser. Jetzt, im August 1916, nördlich des Flüsschens Somme, hat man es mit den Briten zu tun. Bis zur Frontlinie kommt Greim wegen des britischen Sperrfeuers gar nicht mehr
»Lichterloh brennend« Dramatische Steigerung am 10. Oktober: »Er stürzte lichterloh brennend auf der Höhe west. Deuxneuds.« So schildert Greim seinen ersten Abschuss, einen Farman MF 11 aus Verdun. Die beiden Flieger sind tot nach einem gruseligen Sturz aus 2800 Metern. In solcher Unmittelbarkeit hat Greim die tödliche
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September 1915: Schon Greims erster Feindflug in einem bewaffneten C-Typ endet mit einer Notlandung. Doch der angeschlagene Albatros schafft es noch zurück
Erstmals ein Jäger. Der Albatros D.III (2108/17) kommt nagelneu aus der Fabrik. Ein Spad wird im Mai 1917 Greims erster Abschuss Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
durch. Im September notiert er: »Engländer säuberten die Front von deutschen Flugzeugen!« Deutlicher kann man es kaum sagen. Im ungemütlichen Herbst desselben Jahres wird er die Seite des Cockpits wechseln; vom Beobachter zum Piloten. Der Fliegerarzt hat nichts einzuwenden. Über Greims Kurzsichtigkeit sieht man hinweg.
Vom Beobachter zum »Luftkutscher«. Ab dem Frühjahr 1917 sitzt Robert von Greim vorne – und nimmt Befehle entgegen
Veteran als Fluglehrer Die nächste Station: Fliegerersatzabteilung Schleißheim, nördlich von München. Dort, im Hauptquartier der Bayerischen Fliegertruppen, fügt der inzwischen 23-jährige Leutnant Robert Greim am 30. Oktober 1916 (zwei Tage nach dem Tod des Jasta-Schöpfers Oswald Boelcke) seinem Flugbuch die ersten Stunden als Flugschüler hinzu. Sein Fluglehrer ist gerade mal ein Jahr älter und doch bereits ein Veteran: Otto Linnekogel, der sich schon vor dem Krieg durch Flugrekorde einen Namen gemacht hat. Die Schulung in Schleißheim ist hart und effektiv. Nach 39 Starts rollt Greim zum ersten Alleinflug; guter Durchschnitt. Nach weiteren 31 Alleinflügen zum Erwerb des Flugzeugführer-Abzeichens beginnt seine Verfeinerung zum »Kampfeinsitzer« – reine Flugpraxis ohne Taktik. Die Wirklichkeit an der Front würde dies nachholen, so glaubt man zumindest noch.
Ende einer Caudron-Besatzung. Die langsamen und veralteten zweimotorige Flugzeuge sind leichte Beute für deutsche Jäger
alte bayerische Einheit in Marinbois auf ihn wartet; inzwischen hat man sie in Fliegerabteilung 46 umbenannt. Ungewohnt für Robert Greim ist die Arbeitsteilung im Flugzeug: Der Beobachter kommandiert den »Luftkutscher«.
Arbeitsteilung im Flugzeug: Der Beobachter kommandiert den ›Luftkutscher‹. In der Folgezeit fabriziert Greim seine ersten veritablen Brüche; die üblichen Kollateralschäden. Dann ist er endlich am Ziel – und Oberleutnant. Man gönnt dem neuen Feldflieger zwei Wochen Urlaub, ehe am 23. Februar seine FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Die Bayern haben die Bedeutung des Kampfeinsitzers jedoch noch nicht begriffen. Die Preußen sind da bereits weiter, und während Greim noch über Schleißheim in der Luft schaukelt, darf sich der Boelcke-Nachfolger
Manfred von Richthofen schon den »Blauen Max« umhängen. Im Winter 1916/17 ziehen die Bayern nach. Greims Laufbahn wird davon profitieren. Bereits am 10. März 1917 war Greim zum ersten Mal in einem D-Typ gestartet – also einem Jagdflugzeug. Der Flug rund um Metz scheint ihm vortrefflich gefallen zu haben; er ist mehr als eine Stunde mit dem Albatros D.I unterwegs. Eine Woche später bekommt er eine neue Bedrohung zu spüren: Flak, etwas ganz Neues im Kriegswaffenarsenal. Die Mama erfährt zu Hause nur Positives: »Komme nun in Bälde zu einer Jagdstaffel«, schreibt er.
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ZEITGESCHICHTE
Robert Ritter von Greim
Greims Albatros D.III. Nach seinem fünften Luftsieg wechselt er zum D.V. Doch die Alliierten ziehen bald mit stärkeren Motoren davon
Der 5. April führt ihn zur Jasta 34, einer (noch) preußischen Einheit. Seine Kameraden von der Fliegerabteilung 46 liefern ihn persönlich in Mars-la-Tour bei Metz ab; man lässt ihn ungern ziehen. Anführer der Jasta 34 ist ein Bayer, Eduard Dostler, mit drei Abschüssen. Er herrscht über 18 Flugzeuge. Schon am ersten Tag bekommt Greim, was er wollte: einen werkneuen Albatros D.III (2108/17), den er sich in Metz abholen darf.
Im Westen nichts Neues … Am folgenden Tag wird anderswo Geschichte geschrieben: Die USA treten in den europäischen Konflikt ein. Der Weltkrieg ist da, mithin der Anfang vom Ende. Greim fliegt an diesem dunstigen Tag seine Patrouille. Er ist allein am Himmel … im Westen nichts Neues. Am 24. April wird er über Saint Mihiel in einen heftigen Luftkampf mit einem Spad verwickelt. Ein Unentschieden. Kein Jagd-
17. Juni 1917: Bei einer Notlandung wegen Motorschadens fällt Greim ein Toilettenhäuschen zum Opfer
glück auch in den nächsten Tagen. Künftig geht man häufiger zu zweit oder dritt auf die Pirsch. Der kurzsichtige Greim braucht die Augen der anderen. Der Jasta 34 fehlen Erfolge und die Stimmung scheint nicht gut. Erst am Morgen des 24. Mai platzt der Knoten. Greim ist mit Staf-
Die Jasta erweisen sich Ende Juni 1917 als Vorstufe zum Jagdgeschwader. Das erste schafft Manfred von Richthofen, Staffelführer der Jasta 11, im flandrischen Marckebeeke. Es ist eine Reaktion auf die quantitative Überlegenheit des Gegners. Der geschlossene Großverband soll das Defizit schließen, hofft man. Greims Tagebuchaufzeichnungen werden knapper. Die Materialschwierigkeiten der deutschen Flugzeugindustrie werden deutlicher, ebenso der technische Vorsprung des Gegners. Nur einmal hat Greim in dieser Zeit etwas zu lachen. Als er am 17. Juni mit spuckendem Motor bei der Fliegerabteilung 39 notlandet, rollt er ein Toilettenhäuschen glatt über den Haufen. Das Foto ziert sein Flugbuch. Derweil wechselt Eduard Dostler zu Richthofens Jagdgeschwader 1. Sein Nachfolger bei der Jasta 34 wird Robert Greim. Mit einem denkbar lakonischen Eintrag vermerkt er diesen Karrieresprung in seinem Flugbuch am 19. Juni 1917. Der neue Staffelführer hält sich ran. Greim kommt auf zwei bis drei Einsätze täglich. Geflogen wird in Formationen zwischen zwei
Dämmerung in Berlin: Dieser Krieg könnte verloren gehen. felführer Dostler und einem weiteren Kameraden nach Süden gestartet. Über Mamey bekommt man es mit fünf Spad und einem Caudron zu tun. Greim braucht 150 Schuss, dann trudelt der Spad-Einsitzer ab. Erst eine Luftaufnahme, zu deren Entstehung Greim gehörig drängen musste, bringt die Bestätigung. Tags darauf erledigt er seinen zweiten Abschuss: einen Caudron.
und acht Begleitern. Die Verluste an Kameraden und Freunden im Juli machen ihm zu schaffen, wie er Jahre später protokolliert. Einsicht auch in Berlin. Dort dämmert den Verantwortlichen und den Parteien im Reichstag die Möglichkeit des schlimmsten Falles: Dieser Krieg könnte verloren gehen. Eine parlamentarische Friedensresolution vom 19. Juli bleibt wirkungslos. Es wird unübersichtlich.
Für die »Schau- und Kunstflüge« 1919 trägt der Fokker D.VII Greims Kriegsmarkierungen; mit einer Ausnahme: Die Balkenkreuze wichen seinem Namen Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Zerbombter Dreidecker. Greim ist froh, den Dr.I los zu sein
Flying Circus in Foucaucourt. Deutsche Flugplätze ziehen oft um…
Greims Favorit, der Fokker D.VII. Vom Juni 1918 bis Kriegsende wird er mit diesem erstklassigen Jäger 14 Abschüsse erzielen
An der Front bei der Jasta 34, an der Maas und an der Mosel, hat man andere Probleme. Aber im August 1917 steht man nicht übel da: neun Abschüsse ohne eigenen Verlust. Greims Bemühungen um Effektivität und Ge-
Französische Spad und Nieuport, britische Sopwith Camel und S.E.5 sind stärker motorisiert, schneller, wendiger. So zieht Eduard Schleich, Führer der Jasta 21, oft mit einem erbeuteten Spad in die Luftschlacht!
Deutsche Flieger blicken neidisch auf den Materialüberfluss in alliierten Flugzeugen. schlossenheit waren nicht vergebens gewesen. Bald spricht er stolz vom »Geschwader Greim«. Nichts machen kann er jedoch gegen den Vorsprung alliierter Luftfahrttechnik. Deutsche Flieger sehen den Feind davonziehen. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Von Materialsorgen ungetrübt, sind es harte Gegner für den mittlerweile betagten Albatros D.III, dessen Nachfolger D.V leistungsmäßig nichts Wesentliches mehr hinzufügen kann. Seit dem 6. August fliegt auch Greim diesen Typ. Am 28. Juli hatte er seinen 4. Luft-
sieg eingetragen. Wenn deutsche Flieger in den Trümmern alliierter Flugzeuge stochern, blicken sie oft neidisch auf den Überfluss an hochwertigem Stahl, Messing, Gummi. Bei Greim tobt es weniger schlimm als in Flandern, wo die Briten im Sommer 1917 die deutsche Westfront zerbröckeln wollen. Im Raum Verdun rangelt man um Anhöhen und Hügel: anonyme Chiffren auf den Karten der Generalstäbler. Zugleich wird die Jasta 34 strategisch neu aufgestellt. Die preußischen und bayerischen Jasta werden zu einer Jagdgruppe zusammengefasst mit dem Ziel der Luftherrschaft. Reine Illusion. Am 21. August muss die Jasta 34 die ersten beiden Gefallenen unter Greims Führung
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ZEITGESCHICHTE
Robert Ritter von Greim
Der Krieg ist verloren. Die Jasta 34 posiert noch eimal vor einer Pfalz D.XII
Tages löst sich der Nebel über dem Flugfeld auf. Die Jasta 34 gehört zur Jagdgruppe 10, Greim fliegt mit seinem Albatros D.V gegen den wendigen Sopwith. Diese »Große Schlacht an der Somme« verläuft nicht genau nach Plan, wird den Frontverlauf aber stark nach Südwesten ausbeulen. Als das Royal Flying Corps zurückschlägt, herrscht eine permanente Luftschlacht in widerlichem Wetter, das Mensch und Maschine zusetzt. Mitte Juli wird »Michael« die Luft ausgehen; es ist nicht der erhoffte Befreiungsschlag geworden. Schon Mitte Mai 1918 hat sich Greims angeschlagener Flugzeugpark durch drei abgeflogene Fokker Dr.I aus Richthofens Jagdgeschwader ergänzt. Seine Piloten knobeln um die ersten Flüge. Doch so richtig warm wird Greim nicht mit dem hektischen Dreidecker. Im Juni kommt etwas Besseres: der Fokker D.VII, das beste deutsche Jagdflugzeug des Krieges überhaupt, mit dem »Bayern-Motor« BMW IIIa. Diesem Typ wird Greim bis zum Waffenstillstand treu bleiben. Inzwischen führt er die aus drei Staffeln bestehende »Jagdgruppe Greim«. Bei einer nächtlichen Notlandung mit stehendem Motor am 2. Juli verletzt er sich schwer; sein D.VII hatte sich nur ein paar Hundert Meter vor dem Feldflugplatz Foucaucourt überschlagen. Greim knallt mit dem Kopf gegen die beiden MG. Bewusstlosigkeit, Schädelbasisbruch, schwere Gehirnerschütterung. »Ganze vier Wochen rein versäumt«, so seine Bilanz, als er wieder hinreichend hergestellt ist.
Persönliche Triumphe Eine von Greim abgeschossene D.H.9 im September 1918. Die Alliierten litten keine Materialnot
hinnehmen. Der Staffelführer malt zwei dunkle Kreuze in sein Flugbuch. Bis Kriegsende werden elf hinzukommen. Wenn es um die Leistungen seiner Jasta geht, schwanken seine Eintragungen in diesen kritischen Sommermonaten zwischen »miserabel« und »sehr gut geflogen.« Im insgesamt deprimierenden September 1917, der ohne einen einzigen Abschuss abgehakt werden muss, verlegt die Jasta 34 weiter nördlich, auf einen improvisierten Feldflugplatz, der den von den Briten geprägten Begriff des Flying Circus rechtfertigt. Greims Staffel wird noch häufiger umziehen müssen. Ein neuer Flugzeugtyp bereichert die Zelte und Schuppen: der Pfalz D.III in aufwendiger Schalenbauweise. Greim fliegt den Neuling zur Probe und ist alles andere als begeistert: »In jeder Hinsicht schlechter wie D.V.« Dennoch muss er bald mit sieben Exemplaren des bayerischen Jägers zurechtkommen. Im Oktober zieht die Jasta 34 weiter nach Norden, um den deutschen Rückzug abzusichern. Cuirieux ist
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ein 200-Seelen-Dörfchen. So geht für Greim das vierte Kriegsjahr langsam zu Ende. Weiter nach Chenois in Belgien. Die Front ist mittlerweile weit weg, die Flüge werden seltener.
Jagdgruppe 10 Der Waffenstillstand im Osten hat Kräfte für den Westen freigesetzt; der Generalstab brütet über einer Strategie im Norden der Westfront
Sein erster Flug nach der Verwundung (die Jasta 34 steht schon am rechten Ufer der Somme) ist ein glücklicher Moment in Greims Fliegerleben. In diesem Augustmonat kommt er mit 50 Feindflügen auf seine persönliche Rekordzahl. Es wird eng am Himmel für die deutschen Flieger. Das Heer ist schon im Zerfall begriffen. Die deutlich besser versorgten Fliegertruppen halten noch dagegen, doch ihre Flugfelder ziehen mit. Am 23. August schreibt Greim eine Fußnote in die Geschichte, als er mit panzerbrechender Munition einen Tank kampfunfähig
›Hittler‹ notiert sich Greim als Namen eines seiner Passagiere in das Flugbuch. im Frühjahr. So wird auch die Jasta 34 Teil einer massiven deutschen Offensive, die unter dem Decknamen »Michael« in die Geschichte eingehen wird. Anfang März steht man verladefertig da. Per Güterzug geht es zu unbekanntem Ziel. In Le Cateau ist die Reise zu Ende. »Michael« beginnt am 21. März und schwappt drei deutsche Armeen über 70 Kilometer Frontlinie. Erst am Nachmittag dieses
schießt. Derweil ist die Jasta 34 auf dem Rückzug. Am 12. September fallen bei Saint Mihiel 550 französische und 610 amerikanische Flugzeuge über die deutschen Stellungen her. Am Monatsende machen Hindenburg und Ludendorf beim Kaiser in Berlin entsprechende Geständnisse. Am 9. Oktober informieren zwei Telegramme Robert Greim über die Verleihung
des Pour le Mérite; er kann 27 Abschüsse vorweisen. Ein paar Wochen später wird ihm der Militär-Max-Joseph-Orden verliehen, was seinem Namen den nicht erblichen Titel »Ritter von« hinzufügt. Ebenfalls am 9. Oktober werden die ausgedünnten bayerischen Jasta zum Königlich Bayerischen Jagdgeschwader 4 vereinigt, angeführt von Eduard Ritter von Schleich. Reine Makulatur.
Verändertes Land Letzte Station der Jasta 34: Gosselies in Belgien. In Berlin wird revoltiert, die Matrosen meutern. Letzter Kampftag der Staffel ist der 10. November. Für Robert Ritter von Greim endet der Erste Weltkrieg höchst formell. Am 14. November überführt er seinen Fokker D.VII (577/18) von Neustadt/Pfalz ins vertraute Schleißheim und stellt die Maschine um 13:30 Uhr ab. Das war’s. Der inzwischen 26-jährige Greim kehrt in ein verändertes Land und in ein von der Revolution erschüttertes München zurück. Gut 16 Jahre später, 1935, als es um seinen Eintritt in die NS-Luftwaffe geht, wird er sich als aktiver Kämpfer gegen die Münchner »Räte- und Spartakistenherrschaft« darstellen. Das ist wohl geschwindelt. Tatsächlich ist er zum Jahresende beauftragt worden, die Luftpoststation München auf dem winterlich verschneiten Oberwiesenfeld einzurichten und zu leiten. Die Bayerischen Fliegertruppen werden derweil unter der Regierung Kurt Eisners allmählich demobilisiert und aufgelöst. Nach dessen Ermordung am 21. Februar 1919 raufen linke und rechte Kräfte um die Macht im Freistaat, während Greim mit Flugpost und den ersten Flugpassagieren beschäftigt ist. Zu einem ganz eigenen Streich gerät ihm das dreimalige Unterfliegen der Großhesseloher Isarbrücke mit einer Fokker D.VII im Mai. »Bemerkenswerte Fliegerleistung«, titelt die Münchner Presse. Es ist nur der Vorgeschmack auf das Luftkampfspektakel, das sich die Fliegerasse Greim (30 Abschüsse) und Ernst Udet (62 Abschüsse) im Sommer 1919 liefern werden. Da ist die Luftpoststation bereits aufgelöst. Am Stammtisch ehemaliger bayerischer Jagdflieger in München wird die Sache ausgeknobelt. Der Erlös soll der Kriegsgefangenen-Fürsorge zugute kommen. In Bamberg besorgen sich die beiden Ex-Jagdflieger die klassischen Jäger Fokker D.VII und D.VIII. Premiere ist am 10. August, ein herrlicher Sonntag. Der Luftkampf-Flugtag, als »Schauund Kunstflüge auf dem Oberwiesenfeld« beworben, ist miserabel organisiert – und gerät zum überwältigenden Erfolg. Die Heimatfront kannte den Luftkampf freilich nur aus der Propaganda. Was Udet und Greim da präsentieren, muss jetzt als heroische ReaFLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Asse unter sich. Für Robert Ritter von Greim ist die Schaufliegerei im Jahr 1919 nur eine Episode. Ernst Udet wird sie zu seinem Beruf erheben
lität am Himmel über der Westfront erscheinen. Es dürfte bei den gedemütigten Münchnern wie Balsam auf die wunde Seele gewirkt haben. Von der Begeisterung offenbar überrascht, gehen die beiden auf Kurztournee, einen schönen Spätsommer lang. Bei einem dieser Schauflüge klatscht Greim mit seinem D.VII in den Tegernsee, als er beim Ausleiten eines Loopings eine Hochspannungsleitung mitnimmt. Ihre nächsten Stationen sind Garmisch-Partenkirchen, Leipzig, Augsburg, Nürnberg und Landshut. Dann macht die internationale militärische Kontroll-Kommission ihrem »Fliegenden Zirkus« ein jähes Ende. Die harten Jahre an der Westfront und sein schwerer Flugunfall vom 2. Juli 1918 sind nicht spurlos an Greim vorübergegangen. Er ist gesundheitlich nicht voll flugtüch-
tig. Am 31. März 1920 wird er etwas brüsk aus dem Militärdienst ins Zivilleben abgewickelt. Robert Ritter von Greim muss sich um seine bürgerliche Existenz kümmern. Im März 1920 kommt er dennoch beim Edmund Rumpler-Luftverkehr in Augsburg unter, in obskurer Position. Drei Flüge stehen in seinem Flugbuch. Einer davon, am 17. März, bringt zwei schweigsame Männer zu den gescheiterten Kapp-Putschisten nach Berlin. »Hittler« notiert sich Greim als Namen eines seiner Passagiere. Er ist dem etwa gleichaltrigen schmalen Herrn bislang nicht begegnet … Aber man wird sich in späterer Zeit noch kennenlernen. Ein Vierteljahrhundert später, in den letzten Tagen im »Führerbunker«, überreicht derselbe Herr seinem Piloten von damals eine Zyankalikapsel. Der wird am 24. Mai 1945, im Lazarett in Salzburg, Gebrauch davon machen. I
Lichtwurf auf den Mann im Schatten des Ruhms Der Militärhistoriker Kurt Braatz ordnete und bewertete in vierjähriger Arbeit den Nachlass von Robert Ritter von Greim. Nun kann er den ersten Band der Lebensgeschichte des »großen Unbekannten« vorlegen. Das Buch wartet mit 179 größenteils unveröffentlichten Bildern auf und diente als Vorlage für diesen Artikel.
Braatz, Kurt: Robert von Greim. Band 1: Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. 288 Seiten, Hardcover, 179 Abbildungen. Verlag NeunundzwanzigSechs. ISBN 978-3-9818324-0-2. Preis: 39,80 € Bezugsquelle: www.neunundzwanzigsechs.de
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TECHNIK
Typengeschichte
MESSERSCHMITT P 1110, 1111 UND 1112
Die mögliche Luftwaffe im Jahr 1946 1944/45 entstanden bei Messerschmitt zahlreiche StrahljägerEntwürfe, mit denen man das Ruder noch einmal herumreißen wollte, darunter auch die zukunftsweisenden Projekte 1110, 1111 und 1112 Von Herbert Ringlstetter
Messerschmitts Strahljäger-Projekte besaßen ungeheures Potenzial und wären weitaus leistungsfähiger als die Me 262 gewesen. Hier Projekt P 1110 mit ringförmigem Lufteinlass und V-Leitwerk als fiktive Einsatzmaschine der Luftwaffe
In der Messerschmitt-Außenstelle Oberammergau begann kurz vor Kriegsende noch der Attrappenbau des P 1112. Im mittleren und unteren Bereich des Rumpfvorderteils sind die MK 108 zu erkennen
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raktisch hatte das Deutsche Reich den Krieg Ende 1944 verloren. Die alliierten Bomber und Jäger beherrschten den Himmel über Deutschland, während sich ein letztes Aufgebot der Luftwaffe gegen die erdrückende feindliche Übermacht stemmte.
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In Messerschmitts Projektabteilung am Ortsrand von Oberammergau arbeitete man indes an immer neuen und leistungsfähigeren Jagdmaschinen, mit denen die Luftherrschaft zurückerobert werden sollte. Dass diese realistisch betrachtet nicht mehr umgesetzt wer-
den konnten, spielte keine entscheidende Rolle. Zumindest aber achtete man darauf, bevorzugt möglichst rasch umsetzbare Entwürfe voranzubringen. Denn eines wusste auch die Messerschmitt-Mannschaft: Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Seit Mitte 1944 befand sich das Projekt 1101 in der Entwicklung, ein Strahljäger mit Einzeltriebwerk und versuchsweise in drei unterschiedlichen Pfeilstellungen arretierbaren Tragflächen. Für die Serie war das Flugzeug zunächst nicht geplant, es sollte vielmehr helfen, den Weg zum optimalen Jagdflugzeug zu finden. Gerade auch, weil sich mit dem Vorstoß in bisher unerreichte Geschwindigkeitsbereiche in aerodynamischer Hinsicht in vielerlei Hinsicht komplettes Neuland auftat.
Jägernotprogramm Ausgangspunkt war eine Mitte Juli 1944 herausgegebene Ausschreibung des Reichsluftfahrtministeriums (RLM). Dieses forderte für das Jägernotprogramm die Entwicklung eines modernen einstrahligen Jägers.
schneller verwirklicht werden könnte. Als Ergebnis dieser Ausschreibung startete bald schon Heinkels He 162 zum Jungfernflug.
Von Projekt 1106 zu 1110
Werkzeichnung des Projekts 1110 mit den wichtigsten Einbauten wie Triebwerk, Fahrgestell und Treibstoffbehälter. Im Bug ist die Bewaffnung aus drei MK 108 erkennbar. Die Tragflächen wiesen eine Pfeilung von 40 Grad auf und orientierten sich stark an denen der Versuchsmaschine P 1101
Zeichnung des Hochleistungs-Strahlflugzeugs P 1110 mit konventionellem Leitwerk und seitlichen Lufteinlässen als Jagdbomber mit 500-Kilogramm-Bombe unter dem Rumpf
Folglich erhielten die Flugzeugbaufirmen Heinkel, Focke-Wulf, Blohm & Voss und Messerschmitt den Auftrag, entsprechende Jagdflugzeuge zu entwerfen. Ein paar Monate später stieß auch Junkers hinzu. Leistungsmäßig sollte das Flugzeug die in der Einsatzerprobung befindliche zweistrahlige Me 262 deutlich übertreffen. Die Höchstgeschwindigkeit des geforderten Jagdflugzeuges sollte in 7000 Meter Höhe ungefähr 1000 km/h betragen. Mit dieser Vorgabe wollte man sicherstellen, dass zu erFLUGZEUG CLASSIC 1/2017
wartende erste alliierte Strahljäger möglichst unterlegen sein würden. Als Antrieb legte das Technische Amt im RLM ein Turbinen-Luftstrahltriebwerk (TL) des Typs Heinkel He S 011 fest, das zu dieser Zeit mit Abstand stärkste TL-Aggregat. Serienreif war das 011 allerdings noch nicht. Bereits im September 1944 orientierten sich die RLM-Verantwortlichen um und bezogen die prekäre Rohstofflage mit ein, was sie auf die Idee brachte, nun zusätzlich eine Art Sparjäger in Auftrag zu geben, der wesentlich
Bei Messerschmitt arbeitete man dagegen weiter am »richtigen« Jäger und unterbreitete dem RLM im September den überholten Entwurf des P 1101, der daraufhin am 13. des Monats zum Bau freigegeben wurde. Nachdem hinsichtlich des P 1101 verschiedene Probleme auftauchten, kam es im Laufe des Dezembers zum Projekt P 1106. Dabei handelte es sich um einen Entwurf mit weit hinten in erhöhter Position sitzendem Piloten. Messerschmitt reichte ihn zum nächsten Leistungsvergleich mit der Konkurrenz am 19. und 20. Dezember bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin ein. Die Fertigungsarbeiten an dem Experimentaljäger P 1101 liefen unterdessen weiter. Im Januar 1945 kam die Forderung des Luftwaffen-Generalstabes nach einer Bewaffnung aus vier Maschinenkanonen des Typs MK 108, Kaliber 30 Millimeter, hinzu, welche sich auch bei der Me 262 bewährt hatte. Die Flugzeit bei Vollschub sollte nunmehr genau zwei Stunden betragen. Mitte Januar 1945 legte Messerschmitt das aus dem Entwurf P 1106 abgeleitete Projekt 1110 vor, das einen völlig neuen Rumpf aufwies und folglich in mehreren Varianten besprochen wurde, darunter auch einer Version als Entenflügler mit einem zusätzlichen, wesentlich kleineren Flügelpaar am vorderen Rumpfbereich. Das größere Hauptflügelpaar setz-te weiter hinten als gewöhnlich an. Dies sollte die Langsamflugeigenschaften verbessern, wurde jedoch wieder verworfen. Außerdem zeichnete man den Jäger mit seitlichen Lufteinlässen wie auch einem ringförmig angelegten Einlass für das Triebwerk. Ebenso standen die Leitwerkausführungen in V-Form sowie in konventioneller Art zur Diskussion. Bezüglich letzterer Ausführung äußerten Vertreter der DLV flugmechanische Bedenken. Die Tragflächen erhielten eine 40-Grad-Pfeilung und wurden mit der Version P 1110/II vergrößert. Außerdem verwendete man ein anderes Profil. Grundsätzlich herrschte viel Unsicherheit über die Auswirkungen bezüglich der Zellengestaltung, die weitreichende Windkanaluntersuchungen und vor allem auch eine praktische Erprobung verlangten.
P 1111 und 1112 Hinzu kam im Februar ein neuer, als Projekt 1111 bezeichneter, schwanzloser Entwurf mit weit nach vorne gezogenen, 45 Grad gepfeilten Flächen, ähnlich der Me 163. Die größeren Flügel brachten naturgemäß eine erhebliche Senkung der Flächenbelastung. Die Flügel nahmen auch die dicht an den Rumpf geleg-
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TECHNIK
Typengeschichte
oben beide Zum Schutz des Flugzeugführers sollte der sehr flach gehaltene Windschutzaufbau mit einer starken Panzerglasscheibe versehen werden. Der Führerraum richtete sich nach dem neuesten Stand von Technik und Bedienfreundlichkeit. Der Pilot saß eingebettet in Instrumente, Schalter und Hebel
ten Lufteinlässe für das He S 011 auf, was strömungstechnisch von Vorteil war. Ende Februar 1945 kreierte das Messerschmitt-Projektbüro das P 1112 mit vereinfachtem Rumpf, bei dem die Führerkanzel nicht mehr abgesetzt teils über den Rumpf ragte, sondern aerodynamisch sauber in die Rumpfspitze integ-riert wurde. Dies ergab für den Piloten eine nochmals verbesserte Sicht nach vorne und zu den Seiten, aber mit zwangsweisen Einbußen nach hinten. Das Tragwerk übernahm man weitestgehend von P 1110, doch gab es auch einen Entwurf mit der großflächigen Auslegung des P 1111. Noch im April begannen die Arbeiten an der Rumpfattrappe des P 1112 bei der Messerschmitt-Außenstelle in Oberammergau, wo sich auch das Projekt 1101 in fortgeschrittenem Bauzustand befand.
Gemischtbauweise
links Der Projektentwurf P 1111 vom Februar 1945 kam ohne konventionelles Höhenleitwerk aus
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Der Aufbau der drei vielversprechenden Messerschmitt-Projekte war im Grunde gleich und trug der akuten Rohstoffknappheit zumindest teilweise Rechnung. So war für die Fertigung der Tragflächen Holz als Baumaterial vorgesehen. Neben den Landeklappen verliefen als zusätzliche Auftriebshilfen Vorflügel entlang der Flügelnasen. Negative Auswirkungen waren allerdings der durch diese Antriebshilfe erlittene Geschwindigkeitsverlust aufgrund des Profileinschnitts. Auch beim Leitwerk entschied man sich für die Holzfertigung. Für den überwiegend im Querschnitt kreisförmigen Rumpf wählte man dagegen eine Ganzmetall-Schalenbauweise. Der Flug-
Messerschmitt P 1110, 1111 und 1112
Messerschmitt P 1112, als fiktive Einsatzmaschine der Luftwaffe 1945/46 Mögliche Lackierung: RLM 81/82/76
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com
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TECHNIK
Typengeschichte
Während im Messerschmitt-Projektbüro an künftigen Strahljägern gefeilt wurde, arbeitete man in Oberammergau an der P 1101. Als Antrieb war ein Turbinen-Luftstrahltriebwerk Heinkel He S 011 (hier eine Attrappe) vorgesehen, das auch für die Projekte 1110, 1111 und 1112 geplant war
Mit der Me 163 befand sich 1944/45 bereits ein schwanzloser Foto US Air Force Jäger ohne konventionelles Höhenleitwerk im Einsatz
Die de Havilland DH 108 von 1946 erinnert stark an die Me 163 und P 1111. Alle drei HochgeschwindigkeitsVersuchsmuster der DH 108 stürzten im Laufe der Erprobung ab
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zeugführer saß in jedem Fall weit vorne in einer separaten Druckkabine und genoss ausgezeichnete Sichtverhältnisse. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit musste der Jäger für den Notausstieg mit einem Schleudersitz ausgestattet werden. Panzerplatten schützten den Piloten vor Beschuss von vorne und hinten. Der Windschutzaufbau des P 1112 erhielt an der Front 100 Millimeter starkes und an den Seiten 60 Millimeter starkes Panzerglas.
Vielfältige Bewaffnung Den Antrieb sollte nach wie vor ein 1300 Kilopond Standschub leistendes Strahltriebwerk He S 011 A leisten, das im Heck untergebracht war. Später plante man den Einbau des ebenfalls in der Entwicklung befindlichen He S 011 B mit 1500 Kilopond Schubleistung. Die am
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung H. Ringlstetter
Zu den Favoriten der Ausschreibung zählte neben der Ta 183 von FockeWulf der hier als Modell dargestellte Junkers-Entwurf EF 128
Rumpf entlanglaufende Grenzschicht saugten mit der Turbine gekoppelte Gebläse ab, um sie über Einlässe dem Triebwerk zuzuführen. Der schwerpunktnah zwischen Kabine und Motor platzierte, selbstdichtende Treibstoffbehälter fasste rund 1500 Liter des dieselähnlichen Strahlturbinen-Kraftstoffs J 2. Alle drei Beine des Bugradfahrwerks waren am Rumpf angeschlagen und verschwanden nach dem Einziehen vollends verkleidet im Rumpf. Wegen der geringen Spurweite beim P 1110 von nur 1,65 Metern favorisierte man jedoch an den Flügeln montierte, nach innen einziehbare Hauptfahrwerkbeine. Die Bewaffnung bestand beim P 1110 aus drei MK 108 und der Möglichkeit auf weitere zwei MK 108 aufzurüsten. Für die Projekte 1111 und 1112 waren vier MK 108 vorgesehen. Später sollte im P 1112 auch die Einrüstung einer MK 112, Kaliber 55 Millimeter, oder MK 214, Kaliber 50 Millimeter, möglich sein. Die schweren Kanonen sollten an den Seiten versetzt hinter dem Flugzeugführer im Rumpf angebracht werden, wobei der lange Lauf durch die Kanzelverglasung ragte.
Am Boden geblieben Keines von Messerschmitts Hochleistungsjäger-Projekten ließ sich mehr verwirklichen. Selbst der Versuchsträger P 1101 blieb zu 80 Prozent fertiggestellt am Boden. Bis zum Schluss wartete der Hersteller auf das He-S011-Triebwerk. Als einzige Neuentwicklung eines Jagdflugzeugs kam Heinkel mit seiner He 162 zum Zug, die aus der im September 1944 initiierten »Volksjäger«-Ausschreibung hervorgegangen war. Jedoch reichte die im Eilverfahren kurz vor Kriegsende noch in geringer
Technische Daten – Messerschmitt P 1110/1111/1112 Messerschmitt Einsatzzweck Besatzung Stand Haupttriebwerk Standschub Länge Spannweite Höhe Flügelpfeilung Streckung Flügelfläche Spurweite Rüstgewicht Startgewicht Kraftstoff Flächenbelastung Höchstgeschwindigkeit Anfangssteigleistung Startrollstrecke Landegeschwindigkeit Startstrecke Landerollstrecke Gipfelhöhe Reichweite Starrbewaffnung
P 1110 P 1111 P 1112/S 2 leichter Luftüberlegenheitsjäger und Jagdbomber 1 Mann 1 Mann 1 Mann Februar 1945 1945 30. März 1945 Turbinen-Luftstrahltriebwerk Heinkel He S 011 1300 kp 10,36 m 8,92 m 8,25 m 8,25 m 9,16 m 8,74 m 3,18 m 3,06 m 3,18 m 40° 45° 40° 4,29 3 3,5 15,86 m² 28,03 m² 22 m² 1,65 m 3,13 m 2,10 m 2812 kg 2740 kg 2290 kg 4290 kg 4282 kg 4673 kg 1250 kg/1500 l 1250 kg/1500 l 1550 kg/1900 l 271 kg/m² 153 kg/m² 246 kg/m² 902 km/h in 0 m 900 km/h in 0 m – 1015 km/h in 7000 m 995 km/h in 7000 m – 22 m/s 23,7 m/s – 790 m 600 m – 178 km/h 155 km/h – 790 m 600 m – 610 m 450 m – 14 000 m 14 000 m – 1500 m 1500 m ca. 1850 km 3 x MK 108 – 30 mm 4 x MK 108 – 30 mm 4 x MK 108 – 30 mm; mit 2 x 70 Schuss und mit je 100 Schuss auch möglich: 1 x 100 Schuss oder 1 x MK 214 – 50 mm oder 5 x MK 108 ohne 1 x MK 112 – 55 mm Außenlast mit 70 Schuss
Stückzahl an die Front gebrachte He 162 auf keinen Fall an die Leistungsfähigkeit modernster Konstruktionen wie den Messerschmitt-Entwürfen, dem Junkers-Projekt EF 128 oder auch der Ta 183 heran. Die vorhandenen Forschungsergebnisse zu den zu-
kunftsträchtigen Jagdmaschinen kamen schlussendlich in erster Linie den alliierten Siegermächten zugute. Messerschmitt nutzte die Arbeiten aus dieser Zeit für spätere Strahlflugzeug-Entwicklungen im Ausland. I
Das Ergebnis der Jäger-Ausschreibung zeigte sich letztlich in der Heinkel He 162, die in geringem Umfang noch zum Einsatz kam. Wenngleich es sich bei dem kleinen Jäger lediglich um eine rasch realisierbare Übergangslösung handelte
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TECHNIK
Cockpit
HEINKEL HE 70 ALS MILITÄRFLUGZEUG
Der Luftwaffen-Blitz Als Deutschland seine Luftwaffe neu aufbaute, entwickelte es zivile Maschinen, die es auch militärisch nutzen konnte. Die He 70 war eine solche Maschine, die schon bald ihre Feuertaufe erleben sollte Von Peter W. Cohausz
Rarität: historische Farbaufnahme einer He 70 F mit Tarnanstrich. Es handelt sich um die DB+LP des Luftdienstkommandos 62, die hier 1941 in Bad Zwischenahn steht Foto Sammlung Franz Selinger
Das stimmungsvolle Bild täuscht. Diese He 70 ist im Kriegseinsatz über Spanien
Foto Slg. Helmut Schmidt
Funktionelle Ausstattung
Die frühen He 70 der Luftwaffe hatten noch einen weitgehend zivilen Anstrich
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Zum scharfen Einsatz kamen die He 70 mit 28 Maschinen bei der Legion Condor. Die übrig gebliebenen landeten bei der spanischen Luftwaffe. Im Zweiten Weltkrieg kam der Typ nur noch in Schulen, bei Luftdienstkommandos oder als Reiseflugzeug zum Einsatz. Im Januar 1944 hatte die Luftwaffe noch 38 He 70 im Bestand. Das Kriegsende überstand keine He 70 in Deutschland. In Spanien dagegen wurde die letzte erst 1956 aus dem Bestand gestrichen. Leider dachte damals niemand
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter W. Cohausz
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ie He 70 C wurde zwar 1934 bei einem Feuer zerstört, ehe die militärische Ausrüstung eingebaut war, aber mit der He 70 E rollte dann die erste Militärversion des »Blitz« noch im gleichen Jahr aus der Endmontage. Die mit einem 750 PS BMW VI ausgerüstete Maschine hatte zwei bis drei Mann Besatzung und im Bereich der Passagierkabine konnten Bildgeräte oder Bombenmagazine eingebaut werden. Die Produktion der He 70 für die Luftwaffe steigerte sich; bis 1937 wurden insgesamt rund 270 Maschinen überwiegend in der Version F und G als Fernerkunder, Bomber, Scheibenschlepper und Reiseflugzeug für den Generalstab ausgeliefert.
Detailaufnahme des unteren Bereichs der Gerätetafel und des Steuerhorns Foto Sammlung Ott Die rechte Seite des Pilotensitzes mit dem großen Pumpenhebel für das Fahrwerk und den Pressluftflaschen für die Anlassanlage
Erläuterung der Instrumentierung beim Pilotensitz Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37
Gerät Anzeigebereich Gerätenummer Lüftungsklappe Schauzeichen für die Staurohrheizung Fl 32525-3 Kurszeiger für den Fernkompass Fl 23351 Anzeige für den Zielflug ZA.1 Fl 27001 Fahrtmesser 80–450 km/h Fl 22210 oder 60–550 km/h Fl 22211 Wendezeiger Fl 22402 Drehzahlmesser 300–1800 U/min Fl 20205 Führerkompass FK 6 Fl 23201 Empfindlichkeitsregler für den Wendezeiger Fl 22405 Feinhöhenmesser 0–1000 m Fl 22306 Grobhöhenmesser 0–8000 m Fl 22308 Horizont Fl 22426 Variometer –10/+10 m/s Fl 22370 Borduhr Junghans Fl 22600 oder Kienzle Fl 22602 Zündschalter ZSH 5/32 Fl 21112 Kursgeber für den Fernkompass Fl 23300 Außenluft-Temperaturanzeiger –40/+40° C Fl 20342-1 Vorratsanzeige für Kühlmittel 0–15 Liter Fl 2070? Kraftstoffdruckmesser 0–0,5 kg/cm² Fl 20505 Öldruckmesser 0–10 kg/cm² Fl 20606 Kühlstoffthermometer (Eintritt) 30–180° C Fl 20331 (je ein Gerät für Eintritt und Austritt) Ölthermometer 20–120° C Fl 20308(?) Kraftstoffvorratsanzeiger links und rechts 0–215 Liter Fl 20710 rechts daneben Ölvorratsanzeiger 0–40 Liter Fl ? Luftpumpen für die Kraftstoffvorratsanzeiger Fl 20742 Schauzeichen für die Anlasszündung Fl 32530 Anzeige für das Fahrwerk Fl 32526 darunter Ventil und Druckmesser für den Feuerlöscher Netzausschalter Fl 32315-2 Hebel für die Pumpenprüfung Behälterschaltung und Brandhahn Pumpenhebel Gemischhebel Gashebel Steuerhorn Anlasspumpe SUM ABP 8 mit Behälter 8-4506 A Seilzug für die Dekompression Handhebel für die Öldruckpumpe (Fahrwerk) Anlass-Druck-Zugschalter
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Instrumentierung der Heinkel He 70 F beim Pilotensitz
Das Cockpit mit der Führergerätetafel Foto Archiv Hafner
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TECHNIK
Cockpit
Die Instrumententafel des Funkers
Der Arbeitsplatz des Funkers. An der linken Seitenwand sind der Schaltkasten Sch.K.6 und der Zielflugempfänger EZ 3 zu erkennen
Foto Archiv Hafner
Foto Archiv Hafner
Erläuterung der Instrumentierung am Funkerplatz Nr. Gerät Anzeigebereich 1 Führerkompass FK 5 2 Schalter für Kompasslampe 3 Kurszeiger für den Fernkompass 4 Borduhr Junghans 5 Fahrtmesser 80–450 km/h 6 Kursgeber für den Fernkompass 7 Feinhöhenmesser 0–1000 m 8 Grobhöhenmesser 0–8000 m 9 Anzeige für den Zielflug ZA.1 10 Handlampe Darunter: Links der Schaltkasten Sch III/32 für die Luftbildgeräte und rechts der Schaltkasten für die Abwurfwaffen.
Instrumentierung der Heinkel He 70 F, Funkersitz
daran, sie für ein Museum aufzuheben. Bei der Militärversion der He 70 hatten Pilot und Funker ihren eigenen Arbeitsplatz. Vorne hatte der Pilot inzwischen eine Instrumentierung aus genormten Geräten, die in der Auslegung aber weitgehend der zivilen Variante mit dem Askania-Fernkompass entsprach. Auch die Bedienhebel für Gas, Gemisch, Fahrwerk und Landeklappen entsprachen denen bei den zivilen He 70. Der Drehzahlmesser Fl 20205 bis 1800 U/min
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Fl 38851
Die Auflistung wurde nach historischen Fotos zusammengestellt. Nicht alle Geräte waren eindeutig erkennbar.
Der Funker hatte hinten eine eigene Instrumententafel mit den wichtigsten Flugüberwachungs- und Navigationsgeräten. Hinzu kamen die Schaltkästen für die Bildgeräte und die Abwurfwaffen, von denen bis zu 300 Kilogramm mitgeführt werden konnten. Die Funkanlage Fa 3 (FuG VIII) mit Zielflugmöglichkeit befand sich an den beiden Seitenwänden. Links saßen der Zielflugempfänger EZ 3 (Fl 26600) und der Schaltkasten Sch.K.6
(Fl 26844) und rechts Sender S 7 KL (Fl 26841) und Empfänger E 6 KL (Fl 26599). Dazu konnte hinten ein bewegliches MG als Abwehrwaffe eingebaut werden.
Quellen: Koos, Volker: Ernst Heinkel Flugzeugwerke 1933–1945. Königswinter 2003 RLM Datenblätter Ausrüstungsgeräte Benzindruckmesser Fl 20505 bis 0,5 kg/cm²
Foto Jordan
Das bekannte »Vierlampengerät« Fl 32526 für die Fahrwerkanzeige
Gerätenummer Fl 23211 Fl 26851 Fl 23351 Fl 22600 Fl 22210 Fl 23300 Fl 22306 Fl 22308 Fl 27001 Fl 32272
Ein Öldruckmesser bis 10 kg/cm²
WUSSTEN SIE, DASS …
Wussten Sie, dass … … sich Ernst Udet 1934 zwei Curtiss Hawk II aus den USA liefern ließ, um damit spektakuläre Schauflüge zu absolvieren, die jedoch nichts mit der Stuka-Erprobung zu tun hatten? … die bis heute größten Prallluftschiffe der Welt von Goodyear für die US Navy gebaut und dort von 1958 bis 1961 als fliegende Frühwarnstationen eingesetzt wurden?
… das damals größte Passagierflugzeug der Welt, die Junkers G 38 der Luft Hansa, ab 1932 auf der Strecke Berlin–Amsterdam–London flog?
Zahl des Monats
… Flugzeugkonstrukteur Ernst Heinkel, ein Pionier im Katapultflugzeugbau, 1925 eine Abflugbahn auf dem japanischen Schlachtschiff Nagato installieren ließ? FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
12 000
Daimler D IIIa liefen zwischen 1916 und 1918 vom Band, was den 180PS-ReihenSechszylinder zum meistgebauten deutschen Motorentyp des Ersten Weltkriegs machte. 47
Fotos DEHLA, Goodyear, Sammlung Wolfgang Mühlbauer
... das erste »fliegende Auto«, Waldo Watermans Arrowbile, am 21. März 1937 seinen Jungfernflug hatte?
FALLSCHIRME IM ERSTEN WELTKRIEG
Am seidenen Ein Stück Stoff, das Leben rettet: der Fallschirm. Die Idee ist altbekannt, doch bei Flugzeugbesatzungen im Ersten Weltkrieg setzte sich der »Schirm für den Notfall« erst langsam durch. Einen deutschen Fliegerhelden kostete das das Leben – ein anderer wurde durch ihn noch gerettet … Von Peter Cronauer
E
nde Oktober 1916 erschüttert die Nachricht vom Tod Oswald Boelckes Militär und Öffentlichkeit des Deutschen Kaiserreichs. Der Überflieger der Nation, Träger des Ordens Pour le Mérite und mit 40 Luftsiegen erfolgreichster Jagdflieger seiner Zeit, war tödlich verunglückt. Was war geschehen? Ein junger und talentierter Nachwuchsflieger, den Boelcke von der Ostfront weg und in seine neu geschaffene Jagdstaffel an die Westfront geholt hatte, war Augenzeuge des Geschehens: »Wir flogen wieder einmal unter der Führung des großen Mannes gegen den Feind. Man hatte stets ein sicheres Gefühl, wenn er dabei war. Es gab eben nur einen Boelcke. Ein sehr stürmisches Wetter. Viele Wolken. Andere Flieger flogen an dem Tage überhaupt nicht, nur der Jagdflieger.« Die sechs deutschen Flieger begegneten zwei britischen, es kam zum Luftkampf. Aus etwa 200 Meter Entfernung beobachtete der junge Flie-
28. Juni 1914 Attentat von Sarajewo
1. August 1914 Deutschland erklärt Russland den Krieg
1914 48
Drei, zwei, eins und los: Fallschirmabsprung eines Artilleriebeobachters aus dem Fesselballon
Mai 1915 Erster Bombenangriff auf London durch Luftschiff
1915
August 1915 Beginn der »Fokker-Plage«
21. Februar 1916 Erster Abschuss eines Luftschiffes mit Brandmunition
1916
Faden Ohne Fallschirm hatten die Insassen abstürzender Flugzeuge kaum eine Chance
Zwei von vielen, die ein Fallschirm gerettet hätte: Hauptmann Oswald Boelcke …
ger seinen Staffelführer: »Es war wieder das übliche Bild. Boelcke schießt einen ab und ich kann zusehen. Dicht neben Boelcke fliegt ein guter Freund von ihm. Es war ein interessanter Kampf. Beide schossen, jeden Augenblick musste der Engländer stürzen. Plötzlich ist eine unnatürliche Bewegung in den beiden deutschen Flugzeugen zu beobachten. Es zuckt mir durchs Hirn: Zusammenstoß. Ich habe sonst nie einen Zusammenstoß in der
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… und Oberleutnant Max Immelmann, dessen Flugzeug in der Luft zerbrach
Luft gesehen und hatte mir so etwas viel anders vorgestellt. Es war auch kein Zusammenstoß, sondern mehr ein Berühren. Aber in der großen Geschwindigkeit, die so ein Flugzeug hat, ist jede leise Berührung ein heftiger Aufprall. Boelcke lässt sofort von seinem Opfer ab und geht in großem Kurvengleitflug zur Erde hinunter. Noch immer hatte ich nicht das Gefühl eines Absturzes, aber wie er unter mir durchgleitet, erkenne ich, dass ein Teil seiner
1918
Tragflächen abgebrochen ist. Was nun folgte, konnte ich nicht mehr beobachten, aber in den Wolken verlor er eine Tragfläche ganz. Da war das Flugzeug steuerlos und er stürzte ab, immer begleitet von seinem treuen Freund.« Der Verfasser jener Zeilen, Manfred Freiherr von Richthofen, wurde später selbst zu einem der bis heute populärsten Flugzeugführer des Ersten Weltkriegs. Nur wenige Wochen später erwischte es ihn beinahe selbst: »Wie ich meinen 18. abschoss, brach mir im Luftkampf in 300 Meter Höhe die eine Tragfläche durch. Wie durch ein Wunder erreichte ich die Erde, ohne dabei kaputtzugehen.« Ereignisse wie diese kamen während des Krieges bei allen beteiligten Luftstreitkräften vor und nur wenige Jahre später stiegen Piloten in derartigen Situationen mit dem Fallschirm aus. Doch weder von Richthofen noch Boelcke hatten einen solchen dabei, und auch nicht viele andere, die in ähnliche Notlagen gerieten.
Eine lange Geschichte Dabei gab es den Fallschirm schon lange vor Beginn des Krieges. Seine Entwicklungsgeschichte ist seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert nachweisbar, international hatten zahlreiche kreative und wagemutige Wegbereiter daran ihren Anteil. Aus deutscher Sicht
1919 49
Sensationell: Drei Fotos vom Fallschirmabsprung Pégouds aus seiner Blériot in Buc im August 1913
ist hier vor allem Katharina »Käthe« Paulus zu nennen, die selbst weit über 100 Fallschirmsprünge aus Ballonen absolvierte, bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert den zusammenfaltbaren Fallschirm erfand, permanent an der Weiterentwicklung feilte und im Ersten Weltkrieg als Fachfrau zur wichtigsten Beraterin der Heeresverwaltung und insbesondere des Ballonfahrerwesens wurde. Ab dem Sommer 1916 produzierte sie im Auftrag des Preußischen Kriegsministeriums Tausende ihrer selbst entwickelten Paketfallschirme samt den dazugehörenden Hüllen. Vor allem die Artilleriebeobachter profitierten von ihrer Arbeit, sie nutzten die außen am Ballonkorb aufgehängten Fallschirme. Viele abgeschossene Ballonfahrer verdankten Käthe Paulus ihr Überleben.
Ballon und Flugzeug Der Fallschirmabsprung aus einem Ballon hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits unzählige Male bewährt, der Absprung aus einem Flugzeug gestaltete sich ungleich schwieriger. Verglichen mit einem Flugzeug ist ein Ballon eine verhältnismäßig ruhige und stabile Absprungbasis – was insbesondere für gefesselte Artilleriebeobachtungsballone gilt – und die Fallrichtung geht in der Regel vertikal nach unten. Dabei war der Fallschirm in seiner
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gendes Ergebnis. Zwar entwickelte der Russe Gleb Jewgenjewitsch Kotelnikow ebenfalls schon vor dem Krieg einen am Körper getragenen Rucksackfallschirm, doch einer, der von seinem Träger selbst geöffnet werden konnte, wurde erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erstmals ausprobiert.
Keine Option? Also war der Fallschirm als potenzielles Rettungsmittel bei Beginn des Krieges durchaus bekannt. Von Ballonbeobachtern wurde er auch genutzt, von Fliegern hingegen anfangs gar nicht. Warum? Die Gründe hierfür sind vielfältig. Platzmangel im Flugzeug mag dabei eine Rolle gespielt haben, auch die Scheu vor dem zusätzlichen Gewicht, und mitunter sogar ein Pflichtverständnis und Ehrgefühl, das es dem Flugzeugführer untersagte, seinen wertvollen »Apparat« aufzugeben. Auch soll es Führungskräfte gegeben haben, die dem Einsatz von Fallschirmen skeptisch gegenüberstanden, weil sie befürchteten – oder unterstellten –, dass Flugzeugführer vorzeitig aussteigen und somit das Weite suchen könnten, wenn es ernst wurde. Andererseits setzte sich letztlich doch noch die Erkenntnis durch, dass das Leben eines gut ausgebildeten Flugzeugführers wertvoller ist als das kostspieligste Flugzeug. Im Jahr 1918 hing unter anderem auch Ernst Udets Leben am seidenen Faden; nördlich des Waldes von Villers-Gotterêts wurde er vom Beobachter einer französischen Bréguet abgeschossen: »Meine Fokker bäumt sich auf und fällt dann wippend nach unten durch. Das Höhenleitwerk zerschossen, Verwindung am Fuß des Knüppels getroffen, ein Kabel flattert lose im Propellerwind. Krank geschossen, lahm geschossen! Die Maschine hängt links, Steuerung unmöglich.
Fotos Sammlung Peter Cronauer
Auch Post in Deutsch-Südwest wurde bereits mit dem Fallschirm abgeworfen
Hülle außen am Ballonkorb angebracht, der Abspringende zog ihn im Fall heraus, und die Gefahr, dass er sich noch irgendwo verhedderte, war außerordentlich gering. Bei einem Flugzeug war die Lage genau umgekehrt: Hier gefährdeten Tragflächen, Fahr- und Leitwerk – und bei Maschinen mit Schubpropeller auch Luftschraube und Motor – den ungehindert freien Fall. Darüber hinaus besitzt ein Flugzeug eine hohe Eigengeschwindigkeit und das abspringende Besatzungsmitglied kann zunächst in jede beliebige Richtung geschleudert werden, bevor es in den vertikalen Sturz übergeht. Dass es jedoch grundsätzlich möglich ist, war schon vor dem Krieg bewiesen und bekannt: Der US-Amerikaner Albert Berry gilt als der erste Mensch, der von einem Flugzeug aus mit dem Fallschirm absprang. Allerdings tat er dies im Frühjahr 1912 in Saint Louis von einem speziell dafür angefertigten, trapezartigen Sitzgerüst aus, das unter einem BenoistDoppeldecker montiert war, der von Benoists Chefpilot Tony Jannus gesteuert wurde. Bei seinem Absprung aus rund 450 Meter Höhe zog Berry den Fallschirm aus seinem Behälter heraus, der ebenfalls unter dem Flugzeug angebracht war. Der Franzose Adolphe Pégoud war hingegen der Erste, der ein von ihm selbst gesteuertes Flugzeug im Flug verließ, um mit dem Fallschirm abzuspringen. Dessen Behälter war auf dem Rumpf des Blériot-Eindeckers angebracht, aus dem er Mitte August 1913 über Buc absprang und in einem Baum landete, während sein nun führerloses Flugzeug nach mehreren spektakulären Kapriolen am Boden zerschellte. Andere folgten Pégouds Beispiel und im Lauf der Zeit wurden diverse An- und Unterbringungsarten des Fallschirms am Flugzeug erdacht und erprobt, zunächst ohne befriedi-
Der rettende Schirm hängt neben dem sprungbereiten Beobachter am Korb
Ein Beobachter springt aus einem brennenden Fesselballon
Adolphe Pégoud stieg als Erster mit Fallschirm aus einem Flugzeug
Sie fliegt im Kreise, immerzu im Kreise.« Udet befand sich über feindlichem Territorium jenseits der eigenen Linien. »Plötzlich stellt sich die Maschine Kopf und saust senkrecht wie ein Stein auf die Erde zu. Fallschirm – Beine anziehen – auf den Sitz stellen! Im nächsten Augenblick schleudert mich der Luftdruck nach hinten. Ein Schlag im Rücken, ich hänge fest am Seitenruder. Der Fallschirmgurt, in der Eile des Starts zu locker geschnallt, hat sich am Ausgleichslappen festgehakt. Die stürzende Maschine reißt mich mit rasender Gewalt hinter sich her. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Inferno am Himmel: Hoffentlich konnte der Pilot sich noch retten
(…) Zugleich versuche ich mit aller Kraft, den Ausgleichslappen wegzubiegen. Es geht schwer, furchtbar schwer. Die Erde rast auf mich zu. Da – ein Ruck – ich bin frei! Die Maschine saust unter mir weg. Noch ein Ruck. Ein scharfer Riss geht durch den Leib, ich hänge wie ein Schwimmer im Fallschirmgurt. Gleich darauf ein Schlag – ich bin gelandet. Im letzten Augenblick hat sich der Fallschirm geöffnet. Der Schirm bauscht sich über mir. Um mich her krachende Einschläge. Ich kämpfe wie ein Ertrinkender unter Wasser gegen die weiße Leinwand. Endlich
komme ich frei.« Udet fand sich im Niemandsland zwischen den Fronten wieder. »Ich hake den Fallschirm aus und laufe.« I
Quellen: Udet, Ernst: Mein Fliegerleben. 1935. Hauptmann Bölckes Feldberichte. Verlag Friedrich Andreas Perthes 1916 Freiherr von Richthofen, Bolko: Der rote Kampfflieger. 1917 Schmitt, G./Schwipps, W.: Pioniere der frühen Luftfahrt. Gondrom Verlag 1995 51
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Deutsche Luftfahrttechnik 1930 - 1945 Ankauf von Originalunterlagen und Verkauf von Reproduktionen von Flugzeug-, Motoren-, Waffen- und Geräte-Handbüchern, Betriebsanleitungen, Ersatzteillisten, Bed.-Vorschriften, Luftschrauben-Anlagen, Montageanleitungen, Fl-Nummern-Listen
Luftfahrt-Archiv Hafner Tel. 07141 / 90 16 03
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GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München
Plastikmodellcenter Niederrhein Peter Meister Lindenstraße 2 47506 Neukirchen-Vluyn Tel. 02845/2911163 Internet: pmc.plastikmodellcenter.de eMail:
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TAKE-OFF model shop Bernd Weber Alexanderstr. 22 64653 Lorsch Tel. 06251/56829 Fax 06251/588728 Internet: www.take-off-lorsch.de eMail:
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Traudel's Modellbauladen Mannertstr. 22 80997 München Tel. 089-8929458 Internet: www.traudlsmodellbau.com eMail:
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MT-Propeller Entwicklung GmbH Flugplatzstr. 1, 94348 Atting Tel. 0942-994090 Fax 0942-98432 Internet: www.mt-propeller.com
Modellbau Koch Inh. Jürgen Pröll Wankelstr. 5 86391 Stadtbergen Tel. 0821-440180-0, Fax 0821-44018022 Internet: www.modellbau-koch.de
Aviation Megastore (Lucht vaart Hobby Shop) Molenweg 249, NL-1436 BV Aalsmeerderbrug Tel. +31/20/4460611 Internet: www.aviationmegastore.com eMail:
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Rückblick auf re lä u k ta k e sp r De Fliegerjahr und das vergangene k auf 2017: c li sb u A e ß ro g r de , Airshows. Termine, Events g 1939–1945 e ri k ft u L r e d u z Da
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TERMINE
TERMINE 2017
EUROPA
FÜR DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND SCHWEIZ APRIL 5.–8. April AERO, Messe für allgemeine Luftfahrt, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.aero-expo.com
MAI
30. Juni–2. Juli
17./18. März
MAI
Kavala Airsea Show, Kavala/Griechenland, www.kavala-airshow.com
Yuma Airshow, Marine Corps Air Station Yuma/Arizona/USA, www.yumacalendar.org
14. Mai
JULI
25./26. März
Air & Country Show, Abingdon Airfield (RAF)/Großbritannien, www.abingdonairandcountry.co.uk
27. Mai
Wales National Airshow, Swansea Bay/Großbritannien, www.walesnationalairshow.com
LA County Airshow, William J. Fox Airport, Lancaster/Kalifornien/USA, www.lacountyairshow.com
29. März–2. April
Skylive Airshow, Durham Tees Valley Airport/ Großbritannien, www.skyliveevents.co.uk
1./2. Juli
27./28. Mai
8./9. Juli
Int. Brazil Air Show, Flughafen Rio de Janeiro/Brasilien, www.internationalbrazilairshow.com
Flying Legends Airshow, Duxford Airfield/ Großbritannien, www.flyinglegends.com
APRIL
Duxford Air Festival, Duxford Airfield/ Großbritannien, www.iwm.org.uk/events/ iwm-duxford/airshows
17.–22. Mai
1./2. Juli
Fly-Fest Piotrkow/Polen, www.flyfest.pl
14.–16. Juli
4.–9. April
JUNI
Royal International Air Tattoo, RAF Fairford/ Großbritannien, www.airtattoo.com
Sun’n Fun Fly-In, Lakeland/Florida/USA, www.sun-n-fun.org
Klassikwelt am Bodensee, Messe & Flughafen Friedrichshafen, www.klassikwelt-bodensee.de
3./4. Juni
AUGUST
Classic Fighters Airshow, Omaka/Neuseeland, www.classicfighters.co.nz
20./21. Mai
Airshow, Oostwold Airport, Groningen/ Niederlande, www.oostwold-airshow.nl
SAR-Meet, Fliegerhorst Nordholz, www.rkflugdienst.com
19.–21. Mai
Torbay Airshow, Torbay/Großbritannien, www.torbayairshow.com
4./5. Juni
Flugtage, Verkehrslandeplatz Gera-Leumnitz, www.grossflugtage.de
JUNI
5. Juni Airshow, Helsinki/Finnland, http://ilmailumuseo.fi
9.–11. Juni Flugplatzkerb, Verkehrslandeplatz Gelnhausen, www.flugplatzkerb-gelnhausen.de
JULI
10. & 11. Juni Sola Airshow, Flughafen Stavanger/ Norwegen, https://solaairshow.no
Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg-Brandensteinsebene, www.aeroclub-coburg.de Tag der offenen Tür, NATO-Airbase, Geilenkirchen, www.e3a.nato.int
Flugfest Hagenbuch, Temporäres Flugfeld Hagenbuch/Schweiz, www.flugfest.ch
26./27. August Flugtag, Segelfluggelände Bensheimer Stadtwiesen, www.sfg-bensheim.com/flugtag
Wings over Illawarra Airshow, Illawarra Reg. Airport/Australien, www.wingsoverillawarra.com.au
Airshow, Roskilde/Dänemark, www.airshow.dk
WELTWEIT
6./7. Mai
JANUAR
JUNI
7./8. Januar
3./4. Juni
FEBRUAR
JULI
17. Juni
17.–19. Februar
24.–30. Juli
Wings over Wairarapa Airshow, Hood Aerodrome/Masterton/Neuseeland, www.wings.org.nz
Kuban Airshow, Krasnodar/Russland, www.kubanairshow.com
10.–13. August
18.–20. August
Airshow, Great Yarmouth/Großbritannien, www.great-yarmouth.co.uk/air-show
17./18. Juni
AUGUST
MAI
Rockford Airfest, Chicago Rockford Int. Airport, Illinois/USA, www.rockfordairfest.com
Weston Air Festival, Weston-Super-Mare/ Großbritannien, https://westonairfestival.wordpress.com
1./2. Juli
Moskau Airshow MAKS, Flughafen Zhukovsky/ Moskau/Russland, www.aviasalon.com
Great Easter Fly-In, Evans Head/Australien, www.greateasternflyin.com
15.–18. Juni
1./2. Juli
15.–20. August
14.–16. April
19.–25. Juni
28. Februar–5. März Australian International Airshow, Avalon Airport, Melbourne/Australien, www.airshow.com.au
Paris Airshow, Le Bourget/Frankreich, www.siae.fr
MÄRZ
24./25. Juni
Tico Warbird Airshow, Space Coast Reg. Airport, Titusville/Florida/USA, www.valiantaircommand.com
Airshow Ursel Avia, Ursel/Belgien, www.urselavia.be
10.–12. März
Oshkosh Airventure, Oshkosh/Wisconsin/ USA, www.eaa.org
AUGUST 4.–6. August Int. Airshow, Quesnel Reg. Airport/Kanada, www.quesnelskyfest.ca Alle Angaben sind ohne Gewähr. Kurzfristige Änderungen treten häufig ein, eventuell beim Veranstalter nachfragen! Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns diese bitte möglichst frühzeitig mit: Fax: 0951/4 28 23, E-Mail:
[email protected], Alexander Nüßlein, janluftfahrt.de
B Ü C HER A. LANDEWERS
DR. P.C. BOER
Ansprechend gestaltet, inhaltlich gut durchdacht sowie mit viel farbigem Bildmaterial unterfüttert, liefert dieses Heft eine kompakte Zusammenschau zu Entwicklung und Einsatz des leichten Jagdbombers Fiat G.91. Neben der willkommenen Auflistung der einzelnen Produktionslose mit Werknummern und Verbleib gibt es interessante Schlaglichter – etwa auf wichtige Erprobungsresultate oder ungewöhnliche Bewaffnungsversuche, unter anderem mit Sidewinder-Raketen. Ferner sind alle Unterversionen der ein- wie zweistrahligen Ausführung adäquat beschrieben; die Einsatzgeschichte selbst folgt den jeweiligen Betreiberländern. Fazit: gut geeignet für einen raschen Überblick. WM
Eines vorweg: Hier gibt es sehr viel zu lesen, doch eher wenig zu sehen. Dafür bietet das außergewöhnliche, fundiert recherchierte Buch hochinteressante Fakten und Hintergründe zum Thema. Die Darstellung ist, nach Typen geordnet, in drei Hauptabschnitte aufgeteilt. Für jedes Flugzeugmuster gibt es neben dessen Einsatzgeschichte, oft garniert mit Zeitzeugenberichten, alle relevanten Daten zu Lieferung, Werknummern und Lebensläufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich eher um Exoten wie etwa die Koolhoven Fk.51 oder populärere Vertreter wie zum Beispiel die Brewster Buffalo handelt. Reines Lesebuch, für Interessierte ein absolutes Muss! WM
Fiat G.91 Gina
Fiat G.91 Warplane No 10 In englischer Sprache 57 Seiten, 118 s/w- und Farbfotos. Lanasta. ISBN 978-90-8616-170-6. Preis: 13,95 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177 2882968. www.sound-bm.com
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In Fernost
Aircraft of the Netherlands East Indies Army Air Corps in Crisis and War Times February 1937–June 1942 In englischer Sprache 560 Seiten, gebunden, zirka 80 s/w Fotos. Batavian Lion International. ISBN 978-90-6707-685-2. Preis: 55 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089 703227. www.christian-schmidt.com
LESERBRIEFE
Leserbriefe Anmerkung der Redaktion Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrums unserer Leser sinnwahrend zu kürzen.
Polikarpow PO-2 »Panorama« in Heft 11/2016 Für das Foto auf S. 11 unten haben Sie in die falsche Bilderkiste gegriffen. Das Flugzeug vor der Ju 52 ist keine PO-2, eventuell eine Aero 45. Im Artikel sind noch mehr Fakten, die so nicht stimmen. Die Flugzeuge wurden 1967 in einem Tauschgeschäft mit dem Polnischen Aeroklub (gegen Jak-18-Schulflugzeuge) erworben und auf die damaligen Bezirksflugplätze (je zwei Stück) verteilt. Nach Riesa kamen die DM-WAH und DM-WAK, Typenbezeichnung CSS 13. Die WAH habe ich selbst am 29. Oktober 1967 von Schönhagen nach Riesa überflogen. Beide Flugzeuge wurden Anfang der 1970er-Jahre in einem
DEFA-Film (Mama, ich lebe) als Kulisse eingesetzt. Nach Ablauf der Betriebszeit sollten die Flugzeuge verschrottet werden. In meiner Verantwortung als Technischer Leiter habe ich gegen diese Weisung des Zentralvorstands der GST verstoßen. Das Flugzeug wurde im abgerüsteten Zustand erst in Riesa-Göhlis und einige Jahre später in RiesaCanitz eingelagert. Die WAK ist zirka 1975 einem Sturm zum Opfer gefallen. Übrigens wurde das Flugzeug am Flugplatz Jahndorf restauriert. Ich selbst habe 1954 mit dem Segelfliegen begonnen, war 1956 Teilnehmer am ersten Motorfluglehrgang der GST in Neuhausen bei Cottbus und von 1957 bis 1980 in verschiedenen Funktionen am Flugplatz Riesa-Göhlis tätig. Aufgrund der damaligen
In englischer Sprache 80 Seiten, 65 Fotos, 5 Farbprofile. Osprey Publishing. ISBN 978-1-4728-1467-7. Preis: 16 € Bezugsquelle: Sound. Tel. 0177 2882968. www.sound-bm.com
politischen Verhältnisse war damit auch meine fliegerische Tätigkeit zu Ende. Rolf Schumann, Riesa
Luftschiffe »Wussten Sie, dass …?« In Heft 11/2016 Seit Jahren lese ich schon Ihr tolles Magazin und bin von den Berichten immer wieder geflasht. In der November-Ausgabe haben Sie unter der Rubrik »Wussten Sie, dass …« das Bild eines Luftschiff-Spähkorbes veröffentlicht, welches zwar auch schon alt ist, aber rein der Phantasie des damaligen Illustrators entsprang. Wie die damaligen Spähkörbe tatsächlich ausgesehen haben (offen!), zeigt ein Foto aus dem Buch Auf Luftpatrouille und Welt-
fahrt von Ernst A. Lehmann. Dieser war vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg selbst Luftschiffkommandant und hat selbst mit solchen Körben gearbeitet. Leider wurde er als »Passagier« Opfer des HindenburgUnglückes in Lakehurst. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau: Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe. Christian Woisetschläger, Linz/Österreich
P. E. DAVIES
H. RABEDER
Osprey startet mit diesem Band eine neue Publikationsreihe, die sich Versuchsflugzeugen und reinen Prototypen widmet. Mag man hier zunächst durchaus skeptisch sein, ob das wirklich notwendig ist, so belehrt einen der Blick ins Heft schnell eines Besseren. Zeitgemäß im Layout, wirklich gut mit Fotos und Mehr-SeitenAnsichten illustriert, zudem fundiert recherchierte und durch Zeitzeugenberichte ergänzte Texte: Hier bekommt man praktisch alles an die Hand, was sich zur Bell X-1, X-1A, X-1B, X-1D und X-1E technisch wie geschichtlich zu wissen lohnt. Seien wir mal ganz ehrlich: Zu diesem Preis-Leistungs-Verhältnis hat es etwas in dieser Art bisher noch nicht gegeben. Weiter so, Osprey! WM
Fernaufklärer standen bei der Luftwaffe nie im Rampenlicht. Zu Unrecht, wie sich hier anhand der Geschichte der 1. Staffel der Aufklärungsgruppe 123 zeigt. Das Buch beginnt mit ihrer Aufstellung 1935 und endet im Mai 1945. Basierend auf deutschen und britischen Unterlagen, voll mit unveröffentlichten Fotos und kombiniert mit zahlreichen persönlichen Aufzeichnungen, verfolgt Rabeder den Weg dieser ungewöhnlichen Einheit bis zu deren letzten Aufklärungsflügen mit der Arado Ar 234 nach – akribisch, tief menschlich geprägt, facettenreich und zuletzt noch ergänzt durch die umfangreichen Verlustlisten. Ein Buch mit Vorbildcharakter, sehr zu empfehlen! WM
Bell-X-1-Reihe
Bell X-1 X-Planes No.1
Sie wollen uns schreiben? Flugzeug Classic GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a 80797 München
FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Die Unbekannten
Die Knullenkopfstaffel Fernaufklärung mit der 1. Staffel/Aufklärungsgruppe 123 über Frankreich, Großbritannien, dem Mittelmeer und über dem Reich 336 Seiten, gebunden, 380 s/w-Fotos, 10 Farbprofile. Verlagshaus Würzburg – Flechsig. ISBN 978-3-8035-0079-3. Preis: 49,95 € Bezugsquelle: Fachbuchhandlung Schmidt. Tel. 089 703227. www.christian-schmidt.com
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ZEITGESCHICHTE
Mervyn Andrews und Hermann Zeitvogel
VERSÖHNLICHE GESTE
Wiedersehen nach 46 Jahren Am 27. Juni 1941 gelang einem britischen Jagdflieger mit seiner angeschossenen Supermarine Spitfire eine Bauchlandung in der Nähe von Calais. Deutsche Flaksoldaten nahmen den unverletzten Piloten gefangen. Die dabei entstandenen Fotos ließen den Sohn eines der Beteiligten später nicht mehr los: Wer war jener britische Pilot? Was wurde aus ihm? Von Peter Cronauer
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Hätte die Uniform lieber nicht angezogen: Hermann Zeitvogel
Flight Lieutenant Mervyn Andrews im Jahr 1940/41, kurz bevor er in Gefangenschaft kam
Mit einer Flak der 5./Reserveflakabteilung 325 wurde Andrews Maschine getroffen
Trotz des deutlich sichtbaren Kennzeichens QV No. 7379 dauerte es Jahre, bis man den Piloten dieser Spitfire ausfindig machen konnte
N
orbert Zeitvogel bekam in den 1980erJahren von seinem Vater Hermann, der bei der Luftwaffe gedient hatte, ein paar Fotos gezeigt: zu sehen war die Gefangennahme eines RAF-Piloten. Wie hieß dieser Mann? War er vielleicht noch am Leben? Norbert Zeitvogel wollte es herausfinden. Für seinen am Geschehen beteiligten Vater begann die Geschichte im Jahr 1941 mit einem Eklat. Als selbstständiger Schlossermeister war Hermann Zeitvogel in und um Sinzheim herum unterwegs, baute Luftschutztüren ein, montierte Teleskoprohre in den zahlreichen Bunkerbauten des »Westwalls« oder errichtete Gewächshäuser für den Gemüseanbau. Seine Arbeit wurde als »kriegswichtig« eingestuft, was ihm Behörden von Offenburg und Karlsruhe mit der »Dringlichkeitsstufe 1« bescheinigten. Im Sinzheimer Rathaus sollten die Dokumente beglaubigt werden, doch der zuständige Beamte verweigerte die Unterschrift. Etwa weil Hermann Zeitvogel kein Parteigenosse war? Jedenfalls kam es zum Streit, am Ende zerriss Zeitvogel die Dokumente, warf die Fetzen dem Beamten seiner Heimatgemeinde auf den Schreibtisch und brüllte zurück: »Dann gehe ich eben in den Krieg, so wie andere auch!« Das hatte sein Gegenüber zuvor von ihm verlangt. Widerwillig tauschte der Vierunddreißigjährige seine Arbeitskluft gegen die Uniform und fand sich schließlich in der Nähe von Calais wieder. Monatelang hatte jene nordfranzösische Region im Zentrum der Ereignisse gestanden. Nach der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940 stand Großbritannien vorübergehend al-
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ZEITGESCHICHTE
Mervyn Andrews und Hermann Zeitvogel
Die abgeschossene Spitfire wurde zum beliebten Fotomotiv für die Flaksoldaten
leine auf weiter Flur, als einziger verbliebener Kriegsgegner des Deutschen Reiches auf dem europäischen Kontinent. Die deutsche Propaganda sprach sogar kurzzeitig von einem möglichen Friedensschluss. Doch stattdessen eskalierte der Schlagabtausch zwischen Luftwaffe und Royal Air Force, dessen Hochphase als »Luftschlacht um England« in die Annalen einging. Auch war von einer Invasion Großbritanniens die Rede; von Calais nach Dover war und ist es nur ein Katzensprung. Doch das »Unternehmen Seelöwe« wurde erst mehrfach vertagt und schließlich »auf unbestimmte Zeit verschoben«.
Treffer mit großen Folgen
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Dieses erst »später« entdeckte Foto von Mervyn Andrews Gefangennahme erwies sich als Glücksfall: Auf der Rückseite stand ein entscheidender Hinweis
ihre fliegerische non stop offensive gegen den jetzt zahlenmäßig deutlich unterlegenen Gegner jenseits des Kanals. Dort tat Hermann Zeitvogel Dienst. Als ein Akteur von vielen. Man hatte ihn der 5./ Reserve-Flakabteilung 325 zugewiesen, einer schon länger bei Calais stationierten schweren »Acht-acht«-Flakbatterie. Vom ersten Tag an gehörte er zur Bedienungsmannschaft von Geschütz »C« (»Cäsar«), und da er keinerlei Vorkenntnisse besaß, wurde er im Kriegsalltag ausgebildet. Dieser war zermürbend und
vor allem laut: Nächtelang richtete die Batterie die Rohre ihrer Geschütze in einem Neigungswinkel von 80 Grad in den Nachthimmel hinauf und feuerte eine Granate nach der anderen ab. Das ungezielte Sperrfeuer sollte Angreifer verjagen. Die Ereignisse des 27. Juni geschahen jedoch am helllichten Tag: Zahlreiche Supermarine Spitfire begleiteten britische Aufklärungsflugzeuge über den Kanal in Richtung Frankreich. Deutsche Messerschmitt Bf 109 verwickelten die englischen Flieger in heftige
Fotos Samlung Norbert Zeitvogel
Währenddessen veränderte sich die militärische Großwetterlage. Der Balkan und Nordafrika wurden zum Kriegsschauplatz, im Atlantik tobte ein erbittert geführter UBoot-Krieg und spätestens am 22. Juni 1941 richteten sich alle Blicke nach Osten, beim Angriff der Wehrmacht und ihrer Verbündeten auf die Sowjetunion. Über das »Unternehmen Barbarossa« geriet die »Kanalfront« ein wenig aus dem Blick, zumal die meisten der zuvor in Holland und Nordfrankreich stationierten deutschen Jagd- und Kampfgeschwader nach Russland abgezogen waren. Das bedeutete jedoch nicht, dass die Region um Calais zur Ruhe kam. Im Gegenteil! Dank des gut funktionierenden britischen Geheimdienstes war das Oberkommando der RAF über die deutschen Dislozierungen bestens informiert und um die verbündete Sowjetunion zu entlasten, begann sie Anfang Juni
Die von Mervyn Andrews geflogene Spitfire Mk IIA der No 19 Squadron im damaligen grünbraunen Tarnanstrich. Die Nummer ist spekulativ Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
Spitfire bei der damals noch üblichen Formation; so könnten auch Andrews und seine Kameraden angeflogen sein, als die deutsche Flak sie traf
Luftkämpfe und diejenigen, die trotzdem das französische Festland erreichten, nahm dann die Flak unter Beschuss. So auch die 5./ Res.Flak-Abt. 325 mit Kanonier Hermann Zeitvogel. Dieser sah an jenem Tag drei abgeschossene britische Flieger in den Kanal stürzen. Einem vierten gelang mit zerschossener
Die Bedienmannschaft von Geschütz »C« beim Transport durch Frankreich; Hermann Zeitvogel ist als Zweiter von links zu sehen
die ihm geblieben waren. Vier davon zogen Sohn Norbert völlig in ihren Bann: Auf dreien ist die abgeschossene Spitfire zu sehen, auf dem vierten der britische Pilot bei seinem Gang in den Unterstand. Der von der Seite aufgenommene junge Engländer wirkt verstört, verängstigt, mit nachdenklichem Ge-
Ich erinnere mich noch gut an ihn … vor allem an seine Großzügigkeit. Maschine eine Bauchlandung in der Nähe von Geschütz »C«. Deutsche Flaksoldaten näherten sich dem Wrack, holten den unversehrt gebliebenen Insassen heraus, führten ihn in den Befehlsbunker und von dort aus verschwand er in die Ungewissheit der deutschen Kriegsgefangenschaft. Der britische Pilot und die deutschen Flaksoldaten verloren sich wieder aus den Augen. Auf den ersten Blick wirkt das Ereignis vergleichsweise banal. Solche und ähnliche Szenen ereigneten sich während des Krieges auf allen Seiten zuhauf, und womöglich wäre das Geschehen schon längst in Vergessenheit geraten, hätte damals nicht irgendjemand fotografiert. Und da diese Fotos den Krieg und die Nachkriegsjahre überdauerten, wurde aus der scheinbar alltäglichen Geschichte am Ende eine ganz außergewöhnliche. Später erzählte Hermann Zeitvogel seinen Söhnen vom Krieg und zeigte ihnen Fotos, FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
sicht. Er schien sich zu fragen, was nun auf ihn zukomme, wie das Ganze weitergehe und was die Deutschen mit ihm machen werden. Die Frage nach dem Schicksal des Piloten ging Norbert Zeitvogel nicht mehr aus dem Sinn. Als Vater Zeitvogel auf die 80 zuging und auch sein Sohn inzwischen deutlich älter war als jene, die auf den Fotos zu sehen waren, wollten Vater und Sohn das schier Unmögliche versuchen. Zumindest den Namen des jungen Briten musste man doch ermitteln können … und wer weiß, vielleicht war er ja noch am Leben. Aber wie und wo sollten sie suchen? Vater Zeitvogel erinnerte sich an keine brauchbaren Details. Gaben die Fotos Aufschluss? Norbert Zeitvogel ließ Vergrößerungen anfertigen, suchte mit der Lupe nach irgendwelchen Hinweisen. An Rumpf und Heck der havarierten Maschine waren Buchstaben und Zahlen zu erkennen. Ließe sich damit etwas anfangen?
40 Jahre nach Kriegsende wandten sich die Zeitvogels an die britische Botschaft in Bonn. Monate vergingen, dann kam die ernüchternde Antwort: Man könne ihnen kein Material aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zur Verfügung stellen, sie sollten sich an das Imperial War Museum in London wenden. Dieses antwortete, dass man weder über genügend Personal noch sonstige Ressourcen verfüge, um anhand von ein paar alten Fotos einen einzelnen Flieger zu ermitteln. Außerdem sei noch nicht einmal gesichert, ob dies überhaupt ein Brite sei, denn seinerzeit flogen auch Piloten anderer Nationalitäten für die RAF. Womöglich stamme er nicht aus Großbritannien. Man möge sich mit AIRMAIL in Verbindung setzen, dem Magazin der Royal Air Force Association.
Erste Spur Dieses veröffentlichte in der April-Ausgabe des Jahres 1986 eine Suchanfrage mit Foto: »Wer kennt diesen Mann?« Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Wallace »Jack« Cunningham erkannte seinen einstigen Kameraden Mervyn »Bunny« Andrews wieder. Gemeinsam hätten sie der 19. Squadron in Duxford angehört, rund einen Monat nach »Bunnys« Verschwinden sei auch er abgeschossen worden und in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten. Dort sahen sie sich dann wieder. »Ich erinnere mich noch gut an ›Bunny‹. Vor allem an seine Großzügigkeit.
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ZEITGESCHICHTE
Mervyn Andrews und Hermann Zeitvogel
Am 19. Dezember 1987 waren Norbert Zeitvogel, Mervyn Andrews und Hermann Zeitvogel (v. l. n. r.) zu Gast im Fernsehstudio des Südwestfunks. Der Titel der von Sigi Harreis moderierten Sendung: »Versöhnung nach 46 Jahren«
Wie selbstverständlich teilte er mit uns seine spärlichen Rationen, bis der Hunger gestillt war, den wir aus dem vorangegangenen Lager mitbrachten.« Später hätten sie sich jedoch völlig aus den Augen verloren, er wisse nicht, ob »Bunny« noch lebe, und wenn ja, wo. Falls man ihn fände, solle man ihn jedoch herzlich grüßen.
Entscheidender Hinweis Immerhin gab es jetzt einen Namen und die Gewissheit, nicht sonst wo auf der Welt suchen zu müssen. Leider erinnerte sich der aus Glasgow stammende »Jack« nicht mehr daran, aus welcher Region »Bunny« stammte. Da kam »Kommissar Zufall« zu Hilfe. Ein in Bad Waldsee wohnender Kriegskamerad Hermann Zeitvogels war im Besitz einer bislang unbekannten Aufnahme von Mervyn Andrews Gefangennahme. Hier war die Szenerie von vorne zu sehen: Der lachende Batteriechef vorneweg, gefolgt von Mervyn Andrews und dahinter Flaksoldaten. Das Wichtigste fand sich jedoch auf der Rückseite des Fotos, ein handschriftlicher Vermerk: »Abgeschossener englischer Pilot aus Bristol.« Mitte Juni 1986 nannte die Stadtverwaltung Bristol die Adressen zweier im Stadtgebiet gemeldeter Mervyn Andrews. Beide wurden angeschrieben, nur einer antwortete: Er sei leider nicht der gesuchte Mervyn Andrews, aber sein Buchhalter gleichen Namens sei im Krieg Spitfire-Pilot bei der 19. Squadron gewesen und abgeschossen worden. »Ich übergebe ihm Ihr Schreiben und dann wird er sich mit Ihnen in Verbindung setzen.« Das tat jener andere Mervyn Andrews aber nicht. Auch der handschriftliche Brief eines hochrangigen Offiziers der »Royal Canadian Legion« in Söllingen, der die Suche der Zeitvogels in-
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Zwischen diesen beiden Aufnahmen von Mervyn Andrews liegen rund 46 Jahre. Nach dem Krieg arbeitete der englische Jagdflieger lange Zeit für ein Hamburger Unternehmen
zwischen unterstützte, blieb unbeantwortet. Norbert Zeitvogel fragte sich, warum. »Wovor hatte der Mann Angst? Wollte er mit all dem nichts mehr zu tun haben? War auch er nicht der gesuchte Mervyn Andrews? Dann könnte er uns das doch wenigstens sagen.« Wieder geriet die Suche ins Stocken, doch dann ergab sich zufällig eine Konstellation, die jegliches kriegsbedingte Schubladendenken über den Haufen wirft: Der einstige deutsche Flaksoldat und sein Sohn bekamen Schützenhilfe von einem einstigen britischen Flaksoldaten. Dieser war während des Krieges bei Dover stationiert, also gegenüber von Calais, hatte nach dem Krieg eine Deutsche geheiratet und lebte nun in der Nähe der Familie Zeitvogel. Als Muttersprachler bot er an, zum Telefon zu greifen. Schon der erste Versuch glückte. Am anderen Ende der Leitung bejahte Mervyn Andrews die Frage, ob er die Briefe der Familie Zeitvogel erhalten habe. Je-
doch wisse er nicht, was er davon halten solle, warum die Deutschen Fotos von ihm und seiner abgeschossenen Maschine besäßen und was sie von ihm wollten. Mister Chambers, so hieß der einstige britische Flaksoldat, skizzierte Norbert Zeitvogels Anliegen: Krieg – Vater – Flakstellung – Fotos – jahrelange Suche. Das Eis begann zu schmelzen.
Erster Kontakt Ende November 1986 erhielt Familie Zeitvogel dann den ersten von vielen handschriftlichen Briefen des »richtigen« Mervyn Andrews; ihre Auftaktanfrage an die Britische Botschaft in Bonn lag inzwischen fast zwei Jahre zurück. Detailfragen, die nur der Gesuchte beantworten konnte, lieferten den letzten Beweis. Und obwohl seine Erinnerungen inzwischen etwas verblasst seien, zeugten seine Unterlagen von seiner damaligen Maschine: Spitfire Mark II, No. 7379, Kennzeichen
»QV«. Mervyn Andrews ließ sich nun davon überzeugen, dass der ihm unbekannte Deutsche nichts Böses vorhatte. Eine Beschreibung der langjährigen Suche, deren Beweggründe und Kopien der gesamten Suchkorrespondenz wurden von Sinzheim nach Bristol geschickt, von dort kamen dann der militärische Werdegang Mervyn Andrews und die Schilderung seiner Gefangenschaft zurück.
Lang ersehntes Ziel Im März 1987 kam es dann zu einem ersten Treffen. In einem Schweizer Wintersporthotel stand Norbert Zeitvogel endlich jenem Mann gegenüber, der ihn in Gedanken einen Großteil seines Lebens begleitet hatte. Auch Mervyn Andrews war von der Begegnung so beeindruckt, dass er eine Gegeneinladung nach Bristol aussprach. Selbst das Britische Fernsehen wollte über Norbert Zeitvogel, seinen Vater, Mervyn Andrews und deren zweifellos nicht alltägliche Geschichte berichten. Das scheiterte jedoch an Hermann Zeitvogel, der Zeit seines Lebens nie ein Flugzeug betreten hatte, das auch nicht mehr tun wollte und sich den Strapazen einer solchen Reise ohnehin nicht mehr gewachsen fühlte. Also drehten die Zeitvogels das Vorhaben kurzerhand um. Wenige Tage vor Weihnachten 1987 wurde Mervyn Andrews am Stuttgarter Flughafen abgeholt. Über Jahre hinweg hatte die Suche Norbert Zeitvogels Freunde und Familie elektrisiert. Die Aufmerksamkeit, die das erfolgreiche Ende der Suche jetzt erregte, reichte weit über das familiäre Umfeld hinaus. Zahlreiche Gäste bereiteten dem Gesuchten in der Internationalen Spielbank Baden-Badens einen fürstlichen Empfang, doch am darauffolgenden Tag kam es zum eigentlichen Höhepunkt:
Mervyn Andrews und Hermann Zeitvogel, die einst Feinde sein sollten, aber keine waren, hatten sich viel zu sagen: Es entstand eine enge Freundschaft Zwei eigens angefertigte Krüge erinnern an die Begegnung von Andrews und Zeitvogel
Feinde sein sollten, aber keine waren. Hermann Zeitvogel berichtete dem Gast aus England, dass er lieber Schlosser geblieben als Soldat geworden wäre, zeigte ihm einige selbst geschmiedete Arbeiten. Mervyn Andrews erzählte von seinen deutschen Freunden, mit denen er sich regelmäßig treffe, dass er beruflich und privat häufig im Ausland unterwegs sei, lange Zeit für ein Hamburger Unternehmen gearbeitet habe und nicht zuletzt sogar ein deutsches Auto fahre, das er im Vorjahr erst erworben habe. Und selbstverständlich kehrten die Gespräche immer wieder zu jenem 27. Juni 1941 zurück, um das beiderseitige Davor und Danach. Mervyn Andrews meldete sich am 23. September 1939 freiwillig bei der RAF, gut drei Wochen nach Kriegsbeginn, beschrieb die unterschiedlichen Stationen seiner fliegerischen Ausbildung, dass er von Anfang November 1940 bis zu seiner Gefangennahme der
Es blieb noch genügend Zeit für den persönlichen Austausch der beiden. 46 Jahre nach ihrer ersten unfreiwilligen Begegnung bei Calais standen sich Hermann Zeitvogel und Mervyn Andrews in Sinzheim wieder gegenüber. Der einstige Flaksoldat und der ehemalige Jagdflieger reichten sich die Hände. Ein Kamerateam des Südwestfunks filmte das Ereignis, der Bürgermeister kam zu Besuch und im weiteren Verlauf des Tages schilderte das Trio im Fernsehstudio die ungewöhnliche Vorgeschichte ihrer denkwürdigen Zusammenkunft. Es blieb noch genügend Zeit für den persönlichen Austausch der beiden, die einst FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
19. Squadron angehörte, von Duxford und West Malling aus Einsätze über dem Kanal und Frankreich sowie im Nachthimmel über London flog, aber auch hin und wieder von diversen Flugplätzen in Norfolk aus Einsätze über der Nordsee. Am 27. Juni 1941 endete schließlich sein Jagdfliegerdasein: »109er-Messerschmitts mit gelben Propellerhauben verwickelten mich in mehrere heftige Kurbeleien, schon dabei erhielt meine Maschine einige Treffer.« Das endgültige Aus brachte jedoch ein Flakvolltreffer im Motor. In der Nähe einer Flakstellung gelang ihm die bekannte Bauch-
landung, deutsche Flaksoldaten nahmen ihn dann gefangen, im Unterstand gab man ihm einen Cognac zur Linderung des Schreckens.
Gemeinsame Geschichte Dies deckte sich mit Hermann Zeitvogels Erinnerung, der seinem Gast nun einen riesigen Cognacschwenker mit der Gravur »Nur die Menschlichkeit kann siegen!« überreichte. Zwar konnte damals von einem feuchtfröhlichen Gelage keine Rede sein, aber die so gar nicht feindseligen Flaksoldaten habe Mervyn Andrews als freundlich und zuvorkommend in guter Erinnerung. Und wie ging die Geschichte weiter? Die 5./Reserve-Flakabteilung 325 verlegte später an die Ostfront. Hermann Zeitvogel selbst kam nicht nach Osten, sondern zunächst zu einer Werkschutz-Batterie der Leuna-Werke bei Halle an der Saale, wurde dann auf die neue 10,5-Zentimeter-Flak umgeschult und fand sich schließlich im nordafrikanischen Bizerta wieder, wo er den wichtigsten Nachschubhafen des Afrikakorps vor den täglichen Luftangriffen der Alliierten schützen sollte. Dort geriet dann auch er in Gefangenschaft. Ein riesiger Geleitzug brachte ihn als abgemagerten Kriegsgefangenen in die USA, später folgte noch ein halbjähriger Zwangsaufenthalt in Großbritannien, im Dezember 1946 kehrte er daraufhin zu seiner Familie zurück. Auch Mervyn Andrews durchlief in Deutschland mehrere Gefangenenlager, bis ihn am 2. Mai 1945 Panzer der 2. Britischen Armee in Lübeck befreiten. Nach fast vier Jahren Gefangenschaft kehrte er an Bord einer Lancaster nach Großbritannien zurück, am 9. Mai war er wieder zu Hause. Die Erfahrungen Hermann Zeitvogels und Mervyn Andrews ähnelten sich: Hunger, Willkür und das ohnmächtige Gefühl des Ausgeliefertseins. Sie fanden lediglich unter anderen Vorzeichen statt. Die beiden wurden und blieben Freunde. Hermann Zeitvogel verstarb im Jahr 1993, Mervyn Andrews folgte ihm elf Jahre später. Ihre gemeinsame Geschichte aber bleibt. I
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Supermarine Seafire
NEUER STAR AM WARBIRD-HIMMEL
Rarität der Lüfte D
urch den großen Erfolg der frühen Spitfire-Versionen in Diensten der RAF wurde Anfang der 1940er-Jahre mit Studien begonnen, um die Möglichkeiten zu prüfen, die Spitfire in eine Marineversion umzubauen. Sie sollte in der Lage sein, von den Flugzeugträgern der Royal Navy aus zu operieren. Diesen Plan realisierte man allerdings erst Ende 1942, als eine komplett neue Tragfläche entwi-
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ckelt und montiert wurde, die manuell geklappt werden konnte (siehe Flugzeug Classic 12/16) . Mit dieser Neuerung wollte man Raum am Trägerdeck sparen und somit eine größere Anzahl an Flugzeugen auf den Flugzeugträgern der Royal Navy unterbringen. Die neue Tragflächenkonstruktion umfasste zwei faltbare Teile – einen nach oben, innenbordseitig von den Kanonenhalterungen,
und einen zweiten an den Flügelspitzen. Sie wurden so entworfen, dass sie nach unten geklappt werden konnten, um die Höhe der Klappflügel zu reduzieren. Die Deckmannschaft musste die Flügel selbst in schweißtreibender Arbeit ein- und ausklappen, denn für diesen Mechanismus gab es keine Hydraulikunterstützung. Der Faltflügel enthielt zwei Bordkanonen (in jedem Flügel eine) mit mo-
Fotos Sammlung Richard Paver
Die Seafire – von ihr gibt es derzeit nur zwei flugfähige Exemplare auf der Welt. Eines der beiden Flugzeuge hat eine bewegende Geschichte hinter sich. Anstatt heute abzuheben, hätte es seine letzten Tage beinahe auf dem Schrottplatz verbracht Von Richard Paver
In 7000 Fuß Höhe von ihrer besten Seite präsentiert: Es ist kaum zu glauben, dass dieses seltene »Prachtexemplar« in Frankreich beinahe abgewrackt wurde
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Supermarine Seafire Typisch Seafire: Richard Grace und seine Ingenieure setzen ihre ganze Kraft ein, um den Flügel zu klappen
difizierter Munitionsgurtzuführung. Dadurch wiesen die Kanonen ein niedrigeres Profil als beim C-Flügel der Standard-Spitfire auf, die über zwei Kanonen je Fläche verfügte. Deshalb waren auch die tropfenförmigen Kanonenverkleidungen kleiner und aerodynamisch vorteilhafter als bei der Spitfire-Standardtragfläche – was eine Leistungssteigerung zur Folge hatte. Die Flügelfaltanlage erhöhte das Flugzeuggewicht lediglich um 56,7 Kilogramm und hatte deshalb keine negativen Auswirkungen auf die Leistung der Maschine. Die ersten Produktionsmodelle der Seafire erhielten die Bezeichnung Seafire III und wurden bei Westland Aircraft in Yeovil und auch bei Cunliffe Owen in Eastleigh mit Lizenz von Supermarine hergestellt. Als Antrieb diente das Merlin-55-Triebwerk mit Vierblattpropeller; spätere Versionen verfügten über ein verstärktes Fahrwerk und Fanghaken für Träger-Katapultstarts.
Spitzenjäger der Flotte Mit ihrem außerordentlich starken Merlin-55Motor und dem Vierblatt-Propeller war die Seafire III ein hochagiles, -manövrierfähiges und leistungsstarkes Marine-Jagdflugzeug, das, wenn es einmal in der Luft war, sein volles Potenzial als Spitzenjäger der Flotte beweisen konnte. Die Seafire war schneller als die F6F-3 Hellcat bis in eine Höhe von 14 000 Fuß und etwa gleichwertig mit der
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Dave Puleston vollführt mit der über 70 Jahre alten und nunmehr restaurierten Seafire allzu gern Kunststücke, um ihr ganzes Potenzial zu zeigen
F4-U1A Corsair bis auf 10 000 Fuß. Es gab jedoch zwei bedeutsame Rückschläge, die ihre Wirksamkeit im Einsatz einschränkten. Erstens erforderte ihre relativ geringe Reichweite, dass man Kraftstoffaußentanks mitführen konnte, um sie in die Lage zu versetzen, über die großen Entfernungen in Atlantik und Mittelmeer zu patrouillieren, innerhalb derer die Flotte operierte. Zweitens basierte die Grundkonstruktion der Zelle rein auf der Spitfire und war deshalb relativ kritisch – der
Einsatz von den weniger problematischen RAF-Grasplätzen aus unterschied sich doch sehr von den äußerst anspruchsvollen Trägerdeckeinsätzen. Besonders das kleine, schmalspurige Fahrwerk stellte das größte Problem dar. Problematisch waren auch die Trägerlandeeigenschaften, da sie zu vielen Unfällen führten und die Maschine des Öfteren nicht einsatzfähig machten. Spätere Versionen verfügten zwar über ein verstärktes Fahrwerk;
Die Seafire mit ihrer aktuellen Bemalung im August 2016 auf dem Sywell Airfield. Die Maschine wurde gerade aus dem Hangar gebracht, um sie startklar zu machen
Kriegsschauplätzen. Erfolgreichster SeafirePilot war Sub Lieutenant R. H. Reynolds von der 894 Squadron. Während heute immer mehr frisch restaurierte Spitfire fliegen, ist die Seafire ein äußerst seltenes Flugzeug mit lediglich einer flugtüchtigen Maschine in Großbritannien (Tim Mannas Seafire Mk 17 G-KASK) und einer weiteren mit der Bezeichnung Seafire III PP972 (UK-Zulassung G-BUAR). Diese war eine von 250 zwischen Juli 1943 und September 1944 bei Westland in Yeovil produzierten LFIII. Sie wurde im November 1944 an das 809 RN Squadron ausgeliefert und kam auf den Begleitflugzeugträger HMS Stalker als Teil der Ostindienflotte der Royal Navy. Die HMS Stalker wurde 1942 in den USA als leichter Begleitflugzeugträger gebaut und erhielt ursprünglich den Namen USS Hamlin. Jedoch übergab man sie aufgrund des Leih- und Pachtvertrags im Zweiten Weltkrieg an die Royal Navy. Im Juli 1943 nannte man den Flugzeugträger dann HMS Stalker.
Vielfach eingesetzt Nach der Rettung vom Schrottplatz tauchte die Seafire in St. Marcel mit den Markierungen der Flottille No. 1 und dem Verband 1. F.9. auf, dem sie Ende der 1940er-Jahre kurz angehörte
Bei Kriegsende kam die PP972 zur 767 Squadron, No. 1 Operational Flying School, mit dem Kennzeichen MW-120 nach Lossiemouth (Schottland). 1948 wurde sie nach Frankreich verkauft
1984 erhielt die PP972 die Originalmarkierungen der 809 Squadron aus der Zeit in Südostasien
trotzdem gab es noch immer hohe Verluste, da die Sicht des Piloten über die mächtige Cowling beim Endanflug auf einen Flugzeugträger praktisch bei null lag. Die Seafire III war mit 1220 Exemplaren die am meisten gebaute Version aus einer GeFLUGZEUG CLASSIC 1/2017
samtproduktion von 2334 Seafire und kam zum ersten Mal im November 1942 in Einsatz. Insgesamt erzielten Seafire-Piloten 39 Luftsiege und darüber hinaus leisteten die Seafire umfangreiche Luftunterstützung sowohl auf den atlantischen als auch auf den pazifischen
Ihre Rolle als Teil der Operation »Tiderace« sah Flugeinsätze zur Unterstützung des Krieges zur Befreiung von Singapur vor. Anschließend flog die Staffel Einsätze zur Unterstützung alliierter Landungen in Rangun und Malaysia. Die HMS Stalker war Teil einer Flotte von sechs leichten Begleitflugzeugträgern zur Unterstützung der Einsätze in Singapur. Die PP972 flog 1944 eine Anzahl von Einsätzen zur Unterstützung von Angriffen auf japanische Küstenbasen. Außerdem überwachte sie in vielen Einsätzen bis zur Kapitulation Japans im September 1945 den Luftraum über Singapur. 809 Squadron flog auch kurzzeitig Missionen von der HMS Attacker aus, kehrte jedoch im März 1945 wieder auf die HMS Stalker zurück. Im Oktober 1945 kam die HMS Stalker nach Großbritannien zurück und die PP972 patrouillierte kurzzeitig landgestützt von der Royal Naval Air Station Nutts Corner in Nordirland aus über der Irischen See. Im Januar 1946 löste sich die RN 809 Squadron auf und die PP972 verlegte als Schulflugzeug zur 767 Squadron No. 1 Operational Flying School in Lossiemouth, Schottland. Dort flog sie von dem Ausweichplatz in Milltown aus und blieb mit dem Verbandskennzeichen 120 dort, bis sie 1948 an die französische Marine verkauft wurde. 1948 erwarb die französische Marine 65 überzählige Seafire von den britischen Marinefliegern. Die PP972 ging nach Hyeres nahe Marseille an der französischen Mittelmeerküste, wo sie mit Flottille No. 1 mit dem Kennzeichen 1.F.9. flog. In Frankreich verrichtete sie ihren Dienst mit dem Kennzeichen 12.F.2 bei der Flottille 12. Allerdings nahmen
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Supermarine Seafire Diese beeindruckende Air-to-air-Fotografie zeigt die Seafire mit ihrer aktuellen Bemalung im vergangenen Jahr
die Verantwortlichen die Maschine nach nur etwa zwölf Monaten im Jahr 1949 wieder aus dem Flugbetrieb und funktionierten sie zu einem Ausbildungsflugzeug um. Danach endete sie auf einem Schrottplatz neben dem Flugfeld in Hyeres. Schwer heruntergekommen von der jahrelangen Lagerung im Freien fehlte zwar der Motor, aber sie war noch immer im Wesentlichen vollständig, als sie 1970 von dem örtlichen Enthusiasten Jean Frelaut gekauft und damit vor dem Verschrotten bewahrt wurde. Zu diesem Zeitpunkt litt die Seafire, bedingt durch ihre Einsatzgeschichte bei der Marine, unter starkem Rost und Frelaut unternahm alle möglichen Anstrengungen zur Korrosionsbekämpfung, um das Flugzeug vollständig zu erhalten. Dabei entdeckte er, als er
den Farbanstrich vorsichtig ablöste, die Staffelmarkierungen. Frelaut brachte die Seafire nach VannesMeucon, wo sie auf statischen Ausstellungsstandard mit den Markierungen der No. 1 Flotille restauriert wurde. Ab dem Jahr 1982 wurde die Seafire im Musée de la Résistance Bretonne in St. Marcel ausgestellt. Daraufhin erhielt sie 1984 wieder ihre originalen FleetAir-Arm-Markierungen und der bekannte britischen Spitfire-Sammler Doug Arnold legte einige Pfund auf den Tisch, um dieses Schmuckstück zu erwerben.
Cockpit der Seafire – ein Platz, den die Flieger Grace und Puleston jetzt öfters sehen
Details der Schnittstelle, an der die Flügel der Seafire hochgeklappt werden – der Mechanismus kommt ganz ohne Hydraulik aus, dafür braucht es aber Muskelkraft
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Wiedergeburt Die ersten Arbeiten, um die Flugtüchtigkeit wiederherzustellen, begannen im Jahr 1989 bei Aerofab Restorations in Thruxton. Doch
im Mai 1992 wurde die Maschine zu Trent Aero nach Castle Donington verlegt. Am 21. Januar 1992 erhielt sie die britische Zivilzulassung G-BUAR und ging im November 1993 in den Besitz von Wizzard Investments über. Es folgten noch weitere Restaurierungsversuche an verschiedenen Standorten in Großbritannien, um die »alte Schönheit« wieder in flugtüchtigen Zustand zu bringen. Der Verfasser sah die Seafire erstmals im Sommer 2000, als die Restaurierungsarbeiten bei Hawker Restorations bereits gute Fortschritte gemacht hatten (siehe Foto S. 67). Doch dann zeigte sich, dass die Zelle der Seafire sich verwunden hatte und damit nicht mehr flugtüchtig war. Obwohl die Maschine zu der Zeit bis zu den Bodenprüfläufen fertiggestellt war, hätte sie ohne vollständiges Zerlegen der Zelle
und Neuaufbau nicht geflogen werden können. Zu diesem Zeitpunkt war sie in einem neuen Farbschema des South East Asia Command (SEAC) ohne Kennzeichen gestrichen. Die Arbeiten an der Zelle fanden zwar statt, doch die derzeitigen Besitzer entschlossen sich dazu, die Maschine auf Greenham Common einzulagern. Sie verblieb dort, bis 2013 die Entscheidung getroffen wurde, sie wieder zum Fliegen zu bringen. Aus diesem Grund schloss man einen Vertrag mit Richard Graces Firma Air Leasing und brachte das Flugzeug auf die ehemalige USAAF-Basis Bentwaters in Suffolk, wo die Arbeiten 2013 begannen. Richard Grace ist der Sohn von Carolyn Grace, Besitzerin und Halterin der Spitfire ML407, und seine Firma Air Leasing Ltd. ist spezialisiert auf Wartung, Betrieb und Restaurierung von Warbirds. Air Leasing Ltd. schloss
Die PP972 während der Restaurierung im Sommer 2000 ohne Rumpfkennzeichen. Nur noch die verwundene Zelle verhinderte damals, dass die Maschine abheben durfte
und war die herausragende Attraktion auf der Duxford Flying Legends Airshow. Die Seafire führt jetzt exakt die Markierungen, die sie bei der 809 Squadron der Fleet Air Arm getragen hätte. Diese Staffel ist eine der
Die Seafire ist ein seltener Warbird mit gerade mal zwei flugtüchtigen Exemplaren weltweit.
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die Wiederherstellung der PP972 in flugtüchtigen Zustand im Juni 2015 vollständig ab. Richard Grace war es dadurch möglich, die Seafire erstmals nach 66 Jahren am 15. Juni 2015 in Bentwaters zu fliegen. Im Juli 2015 trat sie zum ersten Mal auf einer Flugschau auf
berühmtesten der Fleet Air Arm, war den gesamten Zweiten Weltkrieg über im Einsatz und flog auch 1982 Kampfeinsätze im Falklandkrieg mit der Sea Harrier. Erst vor Kurzem kam die Ankündigung, dass die 809 Squadron als erste Staffel der Royal Navy mit
der F-35 Lightning ausgerüstet wird und 2023 auf den modernsten Flugzeugträgern der Queen-Elizabeth-Klasse fliegen soll. Anfang 2016 ist die Firma Air Leasing in größere Geschäftsräume auf Sywell Airfield in Großbritannien umgesiedelt. Die Seafire ist jetzt dort beheimatet und wird von Richard Grace und Dave Puleston geflogen. Beide sind in dem Kunstflugteam Trig Aerobatic aktiv. Die Air-to-air-Fotos wurden im Herbst 2016 in 7000 Fuß Höhe über Sywell mit Dave Puleston in der Seafire aufgenommen. Als Kameraflugzeug diente die von Robert Davies geflogene Harvard GTVIJ. Die Seafire ist ein seltener Warbird mit nur einem einzigen weiteren bekannten flugtüchtigen Exemplar. I
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ZEITGESCHICHTE
Veteran aus Neuseeland
BRYAN COX’ LETZTE KÄMPFE IM PAZIFIK
Über der grünen von Bougainville Anfang 1945 toben erbitterte Kämpfe auf den Salomonen. Der 20-jährige Corsair-Pilot Bryan Cox ist mittendrin und macht Jagd auf U-Boote und versteckte japanische Stellungen. Gleich mehrmals entgeht er nur knapp einem Absturz – und feiert das Ende des Krieges Von Gerhard Schmid
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arbird-Airshows sind beliebte Treffpunkte für Piloten und Fliegerfreunde aus unterschiedlichen Generationen. Auf diesen Treffen begegnet man jedoch immer seltener den Veteranen, die damals Maschinen wie die Kittyhawk oder die Corsair noch im Krieg geflogen sind. Ich bin auf der Classic Fighters Airshow in Neuseeland und neben mir steht Bryan Cox. Er war Corsair-Pilot bei der Neuseeländischen Luftwaffe und überlebte die verlustreichen Kämpfe gegen die japanischen Streitkräfte im Pazifik. Das ist jetzt mehr als 70 Jahre her, aber Bryans Erinnerungen sind so detailreich, als wäre er erst gestern von seiner letzten Mission heimgekehrt. Augenblicklich schließt er an die haarsträubenden Ereignisse an seinem 20. Geburtstag an, als er dem Tod von der Schippe gesprungen war, aber sieben Kameraden und Freunde in nur einer einzigen Nacht verlor (siehe Flugzeug Classic 9/2016).
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»Die Wochen in den Tropen setzten uns gesundheitlich zu. Ich nahm immer mehr ab, viele von uns bekamen Hautausschläge. Zur Malariaprophylaxe mussten wir Atabrin-Tabletten einnehmen und nach ein paar Monaten bekamen wir davon alle eine gelbe Hautfarbe.
Warten auf den Feind Wir flogen nun Geleitschutz für gemischte amerikanisch/neuseeländische Bomberangriffe. Acht B-25 Mitchell der Amerikaner, ausgerüstet mit den neuen Norden-Bombenzielgeräten, formierten sich mit sieben Lockheed Ventura der RNZAF. Begleitet wurden die 15 Bomber von einer amerikanischen Catalina, falls eine Besatzung notwassern musste. Üblicherweise flogen wir dann im Zickzack über der Catalina, manchmal flankierten wir sie auch mit ausgefahrenen Landeklappen und Fahrwerk, die Nase steil nach oben, was die Besatzungen dann etwas aufheiterte,
Hölle weil es wohl ziemlich komisch aussah. Bei diesen Escort-Missionen hofften wir immer auf eine Begegnung mit Zeros – ein Wunsch, der nie in Erfüllung ging. Überhaupt sahen wir gegnerische Flugzeuge immer nur am Boden, wenn wieder eine Insel von unseren Alliierten eingenommen wurde und die Japaner ihre Flugzeuge zerstört zurückließen. Am 7. Februar flogen wir Richtung Rabaul. Jede unserer Corsair trug eine Daisy-CutterBombe mit 1000 Pfund Gewicht unter dem Rumpf. Plötzlich machte meine Maschine einen Satz um mehrere Meter nach oben, heraus aus der Formation. Ich hatte meine Bombe verloren. Sie war einfach ausgelöst. So etwas passierte gelegentlich. Zum Glück nicht beim Start, dachte ich erleichtert. Dann plötzlich ein aufgeregter Ausruf im Kopfhörer: ›Bogey! Fünf bis zehn Meilen entfernt, auf 12 Uhr,
hoch!‹ Ein feindliches Flugzeug. Endlich! Einer von uns hatte diesen winzigen Punkt gesehen. Wir schoben die Gashebel nach vorn und stiegen auf das langsam größer werdende Ziel zu. Nach einigen Minuten waren wir dicht genug, um den ›Feindflieger‹ als B-24 zu erkennen. Es war die persönliche Liberator des australischen Generals Blamey, der auf dem Weg nach Bougainville war. Wir hatten ihn in Gedanken schon vom Himmel geholt!
Für ein paar Wochen in Sicherheit Eine Woche später ging unsere erste Tour zu Ende, ich freute mich auf den ersten Heimaturlaub. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass ich die lange Flugreise über Guadalcanal, Espiritu Santo und Norfolk Island nach Whenuapai statt im Frachtraum einer Dakota auf dem Copilotensitz einer bei Weitem schnelleren Lockheed Lodestar verbringen durfte. Flight Lieutenant Steel, der Pilot, erklärte mir kurz nach dem Start die Funktionsweise des Autopiloten, um mir dann sogleich die Maschine zu übergeben. Er selbst verbrachte daraufhin die über drei Tage verteilten 13,5 Stunden Flugzeit größtenteils mit dem Lesen von Paperbacks und blickte nur kurz auf, wenn der Navigator ins Cockpit kam, um Kurskorrekturen zu besprechen.«
Daheim angekommen, hatte Bryan das Gefühl, eine fremde Welt zu betreten, wie er mir erzählt. In Neuseeland war alles ganz friedlich, während nur 13 Stunden Flugzeit entfernt der Tod allgegenwärtig war. Nach einem vollen Monat im Kreis der Freunde und Verwandten wurden Bryan und seine Kameraden zurück nach Ardmore berufen. Das Geschwader wurde frisch zusammengestellt, neue Piloten nahmen die Plätze derjenigen ein, die von der ersten Tour nicht wieder nach Hause zurückgekehrt waren. »Wir bildeten das ›Onyx‹-Squadron und ich war in der Section ›Black‹ die Nummer zwei nach dem Leader. Mein Rufzeichen war fortan ›Onyx Black Two‹. Bevor es wieder zurück an die Front ging, trainierten wir zwei Wochen lang Sturzangriffe mit Bomben und das Strafing, also das Beschießen von Bodenzielen mit Bordwaffen. Am 1. April 1945 bestiegen wir eine Dakota nach Espiritu Santo.
Mögen Sonne und Palmen in manchen Menschen auch Urlaubsgefühle wecken – für die Männer und Flugzeuge auf dem Piva North Airstrip auf Bougainville waren die Einsätze dort Anfang 1945 alles andere als Erholung
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ZEITGESCHICHTE
Veteran aus Neuseeland
Start zum Geleitschutzeinsatz. Flugfelder auf den Salomonen waren meist großzügig planiert und mit Stahlmatten befestigt
Vier Wochen verbrachten wir in der tropischen Hitze, die wir uns mit Eiscreme, Coca Cola und Root Beer aus den Kühlschränken der amerikanischen PX Shops erträglich machten. Geflogen wurde kaum, die meiste Zeit verbrachten wir am Strand oder bei den Kameraden der neuseeländischen Catalina-Seenotrettungsbasis. Unser nächstes Ziel, Guadalcanal, kannte ich schon von der ersten Tour. So führte mich mein erster Weg zu den RNZAF-VenturaBombern, die sich über das Wiedersehen so sehr freuten, dass sie mich einluden, als Copilot an einer U-Boot-Jagd teilzunehmen. Neugierig nahm ich das Angebot an. Wir flogen 800 Meilen zwischen den Salomonen hindurch, sahen jedoch kein U-Boot. Alles in allem ein entspannter Ausflug – bis zur Landung. Wir befanden uns über dichtem Dschungel im Endanflug auf Henderson Field, als plötzlich und ohne irgendeine Vor-
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Das 16. Fighter Squadron beim Ende der Auffrischung in Ardmore. Bryan Cox befindet sich in der hinteren Reihe als Zweiter von rechts
ankündigung der Steuerbordmotor stehen blieb. Und das mit der vollen Ladung Wasserbomben im Bombenschacht unter uns. Colin West, der Pilot, meisterte die Situation souverän, aber ich war doch erleichtert, als ich festen Boden unter den Füßen spürte.«
Boomerangs markieren die Ziele Zwei Tage später, am 26. April, flogen Bryan und seine Kameraden zu ihrem nächsten Einsatzort, Bougainville. Die sechs Grad südlich des Äquators gelegene und mit 204 Kilometer Länge und 64 Kilometer Breite recht große Tropeninsel markiert das nördliche Ende der Inselgruppe der Salomonen. Ende April 1945 befanden sich noch 22 000 japanische Infanteristen auf Bougainville. Sie besetzten etwa drei Viertel der Insel, wurden aber von australischen Bodentruppen zurückgedrängt. Bryan und seine Kameraden vom ›Onyx‹-Squadron sollten sie aus der Luft unterstützen.
»Mit bis zu 44 Corsair flogen wir von unserem Flugfeld Piva North, einem ehemaligen Bomberstützpunkt, Bomben- und Tiefflugangriffe. Informationen über die Angriffsziele lieferten die wackeren australischen Boomerang-Piloten der Luftaufklärung. Die Aussie-Piloten hatten am Funk das Rufzeichen ›Smoky Joe‹, weil sie Ziele mit Rauchbomben markierten, was sehr gefährlich war. Auch die eingeborenen Inselbewohner leisteten uns unschätzbare Dienste, denn sie wollten uns dabei helfen, die Japaner zu vertreiben. Während die australischen Bodentruppen gegen die Japaner vorrückten, markierten sie mit Mörser-Rauchgranaten die versteckten japanischen Stellungen und wir warfen dort unsere 500 und 1000-Pfund-Daisy-Cutter-Bomben ab. Flog man weiter hinten in der Formation, konnte man eindrucksvoll die Druckwellen der ersten Explosionen sehen – und spüren. So manche unserer Corsair brachte neben Be-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Royal New Zealand Airforce Museum
Guter Rat ist teuer. Was verursachte die Motorausfälle der Corsair kurz nach dem Start, die bereits einen Piloten das Leben kosteten?
Die Consolidated B-24M Liberator (A72-189). Sie war General Blameys »persönliche« Maschine Zeichnung Juanita Franzi
Zwei CA-12 Boomerang: Die australischen Boomerang-Piloten genossen höchste Bewunderung, weil sie heftigem Abwehrfeuer ausgesetzt waren
schädigungen von der leichten japanischen ack ack (Flak) auch noch Löcher von den Schrapnellen unserer eigenen Bomben mit nach Hause. Wieder zurück in Piva North, übergaben wir unsere Maschinen den Mechanikern – und die leisteten einen großartigen Job. Meist arbeiteten sie nachts, denn tagsüber waren die Maschinen durch die Sonne so aufgeheizt, dass man sie nicht anfassen konnte. Am 8. Mai 1945 wurden alle Mann vor dem Open-Air-Kino zusammengerufen. Der Platz war dicht gefüllt mit Piloten und Bodenpersonal, als Wing Commander ›Harry‹ Wigley, der spätere Sir Henry Wigley und Gründer der Mount Cook Airlines, das Ende des Krieges in Europa verkündete. In unserem Teil der Welt sah es hingegen noch nicht so aus, als würde Japan kapitulieren. Ganz im Gegenteil – die Japaner wurden nicht müde, immer wieder Flugzettel (mit der Aufforderung, sich zu ergeben) über den alliierten Truppen abzuwerfen. FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
Am 9. Juni erlebte ich eine Schrecksekunde, als ich mit der Corsair NZ5394 in einer Zwölferformation zu einem Einsatz startete und etwa fünf Meilen nach dem Start in etwa 150 Meter Höhe über dem dichten Dschungel der Motor ausfiel. Zum Aussteigen war ich zu
Landebahn und war froh, als ich das laute Scheppern der Räder auf den Stahlplatten der Runway hörte. Sofort übernahmen die Mechaniker, doch sie konnten nichts finden. Am nächsten Tag flog mein Kamerad Cliff Brady die Maschine – kurz nach dem Start setzte
>Mit krachenden Fehlzündungen erreichte ich die Landebahn.< tief und an eine Bruchlandung im Regenwald mit einer 325-Pfund-Bombe unter mir mochte ich gar nicht denken. Wilde Flüche gingen mir durch den Kopf, als der Pratt-&-WhitneyDoppelsternmotor mit einem lauten Knall wieder zum Leben erwachte. Unverzüglich flog ich über das offene Meer, warf die Bombe ab und stieg auf sichere Höhe, um bei Bedarf auszusteigen. Aber der Motor lief weiter. Mit krachenden Fehlzündungen erreichte ich die
auch bei Cliff, genau wie am Vortag bei mir, der Motor aus. Auch diesmal sprang der Motor wieder an und Cliff konnte landen. Wieder suchten die Mechaniker vergeblich nach der Ursache und tauschten versuchsweise den Vergaser aus. Drei Tage später stieg mein guter Freund Graham Howie, mit dem ich schon seit der Grundausbildung zusammen war, in das Cockpit von NZ5394. An diesem Tag fiel er-
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Veteran aus Neuseeland
Wieder wurde eine Corsair bei einem Übungsflug stark in Mitleidenschaft gezogen – doch das machte nichts, denn dank der boomenden Kriegsindustrie gab es genug Nachschub
Die hohe Sitzposition im Cockpit der Corsair ermöglicht einen guten Überblick
neut der Motor aus, doch dieses Mal erwachte er nicht wieder zum Leben. Graham warf noch seine Bombe ab, überlebte jedoch die heftige Bruchlandung im dichten Urwald von Bougainville nicht. Es war der feine Kalkstaub der Korallen, der vom Turbolader beim Start angesaugt wurde und den Ansaugtrakt verstopfte. Drei Monate nach Grahams Absturz brachte Pratt & Whitney eine Modifikation für alle R-2800-Motoren heraus.«
Zurück in die Heimat Etwas mehr als eine Woche nach dem tragischen Tod seines Freundes, am 22. Juni, durfte Bryan wieder in eine Dakota steigen; es ging zurück in die Heimat. 34 Einsätze und 125 Flugstunden konnte er auf seiner zweiten Einsatztour im Pazifik in sein Flugbuch schreiben. Seinen Eltern hatte er schon zuvor seine Heimkehr angekündigt – mit dem ver-
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schlüsselten Satz: »Bereitet geräucherten Fisch für das Frühstück am 24. Juni vor.« Die Wiedersehensfreude war riesengroß. »Wir waren gerade in der Heimat angekommen, da verbreitete sich auch schon ein Gerücht wie ein Buschfeuer: Wir sollten nach Borneo geschickt und mit P-51 Mustang ausgestattet werden, wie sie die RAAF (Royal Australian Air Force) flog. Zuerst aber stand ein großes Familienfest an. In Bougainville hatte mich die Einladung zur Hochzeit meiner Cousine Helen erreicht, das Timing war perfekt. Auch ihre Schwester Noeline war rechtzeitig aus Fidschi gekommen, wo sie bei der WAAF (Women’s Auxiliary Air Force) diente. In der Nacht vor der Hochzeitsfeier fegte ein Schneesturm mit bis zu 150 km/h über Christchurch hinweg und hinterließ neben vielen Sturmschäden auch mehr als einen halben Meter Schnee. Kinder lieferten sich Schneeballschlachten und bewarfen die fahrende Trambahn mit Schneebällen. Was für ein Kontrast zu der Hitze von Bougainville. Am 17. Juli versammelten wir Piloten uns wieder in Ardmore. Das neue Geschwader für den bevorstehenden Einsatz formierte sich. Zum Kommandanten bestimmte man Tony Mills aus Auckland. Er flog zuvor Brewster Buffalo in Singapur. Einige Piloten verließen uns, neue Kameraden kamen dazu, darunter einige Fluglehrer aus der Ausbildung für die Tiger Moth und die Harvard. Obwohl ich mich noch immer im Rang eines Flight Sergeant befand, wurde ich Section Leader (Rottenführer). Pikanterweise waren meine No. 2 Max Hope und No. 3 Bill Ziesler Offiziere. So hatte ich zwar in der Luft das
Kommando, am Boden musste ich die beiden jedoch mit ›Sir‹ ansprechen und grüßen.« Bryan deutet auf die P-51 im static display. »Das Gerücht, wir würden auf Mustang umgeschult und nach Borneo versetzt, hat sich schnell in Luft aufgelöst. Wir behielten unsere Corsair und begannen drei Tage nach unserer Ankunft in Ardmore mit dem Auffrischungstraining.« Mit einem Grinsen und einem Augenzwinkern präsentierte mir Bryan daraufhin seine nächste Geschichte:
Erste Hilfe für Schwester Barbara »Der erste unserer Übungsflüge begann mit Formationstraining. Meine Cousine Barbara war Krankenschwester und wohnte in einem kleinen Haus, 200 Meter vor der Schwelle der Runway 03. Sie hatte mich noch nie fliegen gesehen und so hatte ich sie am Morgen angerufen, dass heute die Gelegenheit günstig wäre. Wir starteten mit zwölf Corsair auf der Runway 03 und flogen eine komplette Platzrunde, um dann mit hoher Geschwindigkeit über Barbaras Haus zu donnern und im Hochziehen die Formation aufzulösen. Ich war gerade am höchsten Punkt meiner Kurve angelangt und konnte schräg unter mir das Haus sehen, als ich eine Corsair bemerkte, die just in diesem Augenblick direkt neben dem Haus auf dem Boden aufschlug, eine Hecke niedermähte und an einer Böschung kurz vor der Landebahn in einer gigantischen Staubwolke zum Stehen kam. Es war Flying Officer Don Moore, der versehentlich den Tankwahlschalter auf ›Reservetank‹ geschaltet und diesen leer geflogen hatte. Barbara war im Badezimmer, als sie den Lärm hörte. Nur halb
Ca-19 Boomerang (A46-222) der RAAF 5 Squadron, die Ende 1944 auf Bougainville aktiv ist Zeichnung Juanita Franzi
lerdings behielt er sich noch einige Teile des Asphalts als Andenken zwischen Haut und Knöcheln seiner Hand.« Was für eine Quote, denke ich bei mir, als ich die Corsair von Keith Skilling so betrachte. Zwölf Maschinen gestartet, davon zwei Verluste. Ohne Feindeinwirkung! Aber das war der Alltag in dieser Zeit. Die beiden Piloten waren okay, Flugzeuge konnten leicht ersetzt werden, die Rüstungsindustrie in Amerika lief auf Hochtouren.
Zerstörung einer ganzen Stadt
Die Gluthitze auf den Salomonen zwang die Mechaniker, ihre schweißtreibende Knochenarbeit bei Nacht zu tätigen, weil sie sich sonst an den aufgeheizten Maschinen die Finger verbrannt hätten
bekleidet, rannte sie aus dem Haus auf die verunfallte Maschine zu. Als sie an der bauchgelandeten Maschine ankam, in deren Cockpit sie ja mich vermutete, war sie so aufgeregt, dass Don Moore, der bei dem Unfall unverletzt blieb, Barbara erste Hilfe leisten musste.
sich dabei überschlagen. Die Maschine lag noch immer auf dem Rücken, mit Gordon im Cockpit. Es dauerte eine gute halbe Stunde, ehe ein Kran herbeigeschafft wurde, der die Corsair anhob, sodass der Pilot aus dem Cockpit befreit werden konnte. Bell war ein ziemlich langer Kerl und schnell war klar,
Unvorstellbar, dass eine Bombe mehr Zerstörung als 1000 Bomberangriffe bringt. Als ich gelandet war, erwartete mich schon einer unserer Mechaniker: ›Hast du den Crash gesehen?‹, rief er mir aufgeregt entgegen. ›Ja, auf der Wiese hinter der Straße‹, antwortete ich. ›Nein, direkt auf der Runway. Sie liegt noch immer dort‹, entgegnete er und wies mir die Blickrichtung. Und tatsächlich – ich hatte es nicht mitbekommen, weil es in meinem Rücken passiert war – einer unserer Nachwuchspiloten, Flight Lieutenant Gordon Bell, war direkt nach mir gelandet und hatte FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
dass er mit seinen langen Beinen beim Aufsetzen in den Bremsen stand, was zum sofortigen Überschlag führte. Der offizielle Unfallbericht sah dann aber etwas anders aus. Dort stand zu lesen, dass seine Maschine in meine Wirbelschleppen geraten war, was einen Strömungsabriss mit anschließendem Absturz aus etwa sieben Meter Höhe verursacht hatte. Als Verletzungen gab Bell an, dass er bis auf eine Gehirnerschütterung und Abschürfungen am rechten Handrücken wohlauf sei. Al-
»Am Abend des 7. August 1945 fuhr ich gerade in einer Tram auf der Queen Street in Auckland, als ich in fünf Zentimeter großen Buchstaben auf der Titelseite einer Abendzeitung las: ›Atombombe über Japan abgeworfen – Explosion löscht Großstadt aus‹. Niemand hatte etwas davon geahnt, noch hätte man sich vorstellen können, dass eine einzige Bombe mehr Tod und Zerstörung bringen könnte als die 1000 Bomberangriffe auf deutsche Städte. Bei einem dieser Angriffe fand mein Bruder Grant als Pilot einer Lancaster mit seiner Besatzung den Tod. Schnell kannte jeder den Namen der japanischen Stadt, die für immer unauslöschlich in die Geschichtsbücher eingehen sollte: Hiroshima. Drei Tage später kam der zweite Atomschlag – Nagasaki. Und plötzlich war klar, dass es für Japan keinen anderen Ausweg gab, als sofort die Waffen niederzulegen. Fünf Tage später verbreiteten sich die ersten Gerüchte über die Kapitulation und überall begann man zu feiern. Ich traf mich mit ein paar meiner Pilotenkameraden, einigen Krankenschwestern und einem US-Marineinfanterist auf dem Platz vor dem War Memorial Museum. Wir tranken, sangen und tanzten bis in den Morgen.« Der Krieg war vorbei und Bryan gehörte zu den Überlebenden. Dass Bryan Cox im weiteren Verlauf noch japanischen Boden betreten würde, das ahnte er in diesem Moment noch nicht. Und noch weniger hatte er eine Vorstellung davon, was ihn an jenem Ort erwarten sollte. I
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Der Pilot dieser Maschine legte eine Bauchlandung hin und verbog seine Luftschraube. Der Bordmechaniker, der dieses Fotoalbum hinterlassen hat, gehörte einer Ausbildungsstaffel an – somit verwundert das »Kleinholz« auf den Bildern nicht
PILOTENSCHULUNG BEI DER LUFTWAFFE
Aller Anfang ist schwer
Bislang verborgene Fotos zeigen ganz nah und aus einer besonderen Perspektive die 2. Staffel der Jagdgruppe Ost in Frankreich. Es ist die Sicht eines Bordmechanikers, der mit tollen Aufnahmen Momente seiner Staffel festhalten konnte Von Peter W. Cohausz
B
evor junge Nachwuchspiloten ihren Platz in den Einsatzstaffeln der Luftwaffe finden, müssen sie erst einmal darauf vorbereitet werden. Grundlagenarbeit leisten zunächst die Jagdfliegerschulen. Dann aber wird es langsam ernst, wenn es anschließend direkt zu den Ausbildungsstaffeln der
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Jagdverbände geht. Eine dieser Staffeln ist die 2./Jagdgruppe Ost. Der Obergefreite Dieter Erlenkötter, der als Flugzeugmechaniker genau zu dieser Ausbildungseinheit gehörte, hielt besondere Momente des Staffelalltags fotografisch fest. Diese Bilder sind allemal mehr als sehenswert.
Bei Kriegsbeginn besitzen die deutschen Jagdflieger ein hohes Ausbildungsniveau und das will man auch so für die nachrückenden jungen Nachwuchsflieger beibehalten. Und was ist da besser, als wenn sie direkt von den Einsatzverbänden geschult werden, um so von der Kampferfahrung der Frontpiloten
Übung macht bekanntlich den Meister. Eine Bf 109 der Staffel im Landeanflug
Zwei unbekannte Mitglieder der 2. Staffel der Jagdgruppe Ost führen ein Gespräch vor einer Bf 109. Vielleicht ist der lnke Mann Ausbilder und instruiert gerade seinen Nachwuchspiloten
Auch das gab es während der Ausbildung: Es wurden Jabo-Einsätze geübt. Hier ist man gerade dabei, eine Übungsbombe unter dem Rumpf der Bf 109 zu befestigen
Vier Bf-109-Schulmaschinen stehen hier auf dem Rollfeld von La Rochelle-Laleu
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LESERALBUM
Diese Fw 44 Stieglitz hat es schwer erwischt. Zwischen Bf-109-Jägern steht sie mit abgerissenem linken Flügel in der französischen Halle und wartet auf ihre Reparatur
Das OktanDreieck auf dem Rumpf macht deutlich: Der Motor dieser Bf 109 braucht C3-Kraftstoff Als Zubringerflugzeug steht eine Bf 108 mit atypischer X-Kennung auf dem Rumpf der Staffel zur Verfügung
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profitieren zu können. Deshalb übernehmen diesen wichtigen Ausbildungsabschnitt anfangs die einzelnen Jagdgeschwader selbst. Dafür gibt es extra Ergänzungsgruppen. Allerdings bestehen diese Ergänzungsgruppen eigentlich nur aus zwei Staffeln, einer Ausbildungsstaffel für die »Einsteiger«-Piloten und einer Einsatzstaffel für die fast fertigen Jagdflieger. Der Vorteil dieser Art der Ausbildung ist, dass sich die jungen Piloten relativ schnell an die Gepflogenheiten ihres neuen Geschwaders gewöhnen können. Dieses Konzept ist
Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Bei der Wartung der »Braunen 13« in der Halle sind die Lichtverhältnisse nicht gerade üppig
Eine Bf 109 F mit aufgeklappter Motorverkleidung – sicherlich eine tägliche Arbeit für die beiden Monteure
Monteure befestigen Ösen mit Stahlseilen an dem Motorbock, um die Bf 109 aufzurichten. Im Hintergrund befinden sich die Gebäude und Hallen von La Rochelle-Laleu
richtig, solange die räumliche Nähe zum Geschwader erhalten bleibt. Doch seit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion im Juni 1941 dehnt sich der Frontverlauf immer weiter nach Osten aus. Die dortigen Einsatzgeschwader wie das JG 51, JG 52 und JG 54 entfernen sich so immer weiter von ihren Ergänzungsgruppen. Das wird zunehmend zum Nachteil, vor allen Dingen dann, wenn der Frontverlauf ständig in Bewegung ist und die Gruppen des Geschwaders ihre Einsatzplätze in kurzer Zeit immer wieder wechseln FLUGZEUG CLASSIC 1/2017
müssen. Anfang 1942 zeichnet sich an der Ostfront ab, dass der Krieg kein Blitzkrieg werden wird. Die Jagdgeschwader operieren täglich bis an ihre Leistungsgrenze. Folgerichtig werden sie jetzt von ihren Ausbildungsaufgaben entlastet.
Luftwaffe strafft die Ausbildung Die Ausbildung des Nachwuchses wird jetzt zentralisiert und unter ein eigenes Kommando gestellt. Am 27. Januar 1942 beginnt die Aufstellung der neuen Ergänzungs-Jagd-
gruppe Ost (Erg. JGr Ost). Sie soll jetzt für den Pilotennachwuchs im Osten sorgen. Gebildet wird die Gruppe genau aus den vorhandenen Ausbildungsstaffeln der einzelnen Geschwader. Die erste Staffel kommt vom JG 51, die zweite vom JG 52, die dritte und vierte Staffel vom JG 54 beziehungsweise JG 77. Die noch vorhandenen Einsatzstaffeln der Geschwader bilden den Grundstock komplett neuer Einsatzgruppen. So wird beispielsweise die JG 51 Einsatzstaffel zur 12./JG 1 oder die E-Staffel vom JG 51 zur neuen 9./JG 1. Ähnliches pas-
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Man möchte gar nicht so recht glauben, dass Krieg herrscht, wenn man wie hier Bilder fröhlicher, junger Menschen sieht
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siert auch bei Einsatzgeschwadern im Westen und Süden. Auch hier entstehen mit den Ergänzungs-Jagdgruppen West und Süd komplett neue Schulverbände. Bis September 1942 ist für die Erg. JGr Ost noch Krakau der Liegeplatz der Einheit. Dann werden die einzelnen Staffeln zur Schulung nach Frankreich verlegt. Die 2. Staffel wechselt anfangs von Gleiwitz nach St. Jean d’Angely, einem Platz bei Paris. Im November 1942 ändert sich die Gruppenbezeichnung. Der »Ergänzung«-Zusatz fällt weg und man heißt jetzt nur noch Jagdgruppe Ost. Im Februar 1943 wird La Rochelle-Laleu für fast genau ein Jahr der neue Liegeplatz der Staffel. So gut wie alle Bilder sind dort entstanden. Täglich geübt wird in der Regel mit Jagdflugzeugen, die zwar technisch in Schuss gehalten werden, aber nicht mehr up to date sind. In der Regel sind das ältere Modelle der
Bf 109. Die Bf-109-F-Version ist 1943 bei den Westgeschwadern schon längst kein Thema mehr und völlig aus dem Einsatz verschwunden. Sie hat Platz machen müssen für die neue Fw 190. Doch zu Ausbildungszwecken taugt sie noch allemal.
Ein verlustreicher Monat Ab dem Sommer 1943, mit Zunahme der alliierten Luftangriffe über Frankreich, beginnt man auch die Ausbildungsstaffeln aktiver im Kampfgeschehen einzusetzen. Am 4. Juli 1943 schießt Leutnant Gerhard Schindler als erster Flugzeugführer der 2./JGr Ost einen amerikanischen viermotorigen B-17-Bomber in fünf Kilometer Höhe bei Rochefort ab. Er war bislang Einsatzpilot bei der III./JG 52 und ist erst seit dem 30. April als Fluglehrer bei der Staffel. Bis Ende 1943 bleiben solche Einsätze aber eher die Ausnahme. Als am 31. Dezember die
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Dieter Erlenkötter
Bei dieser Bf 109 F wird der laufende DB-601Motor mit komplett abgenommener Motorverkleidung vom Monteur genauer in Augenschein genommen
Irgendwo war sie immer anzutreffen: eine Junkers W 34 der einzigen Fluglehrerschule der Luftwaffe aus Brandenburg-Briest als seltener Gast in Frankreich
Ausgelassen sitzen hier drei Bordmechaniker auf der Tragfläche der Ar 96
Auch für die jungen Flieger der Schulungsstaffel gehörten die Front und der Tod zum Alltag
8. US-Luftflotte massiv die deutschen Flugplätze in Frankreich attackiert, stellen sich auch die Ausbildungsstaffeln der JGr West und Ost den Angreifern. Auch wenn die Staffeln den ein oder anderen Abschuss erzielen, so sind dabei aber auch Verluste zu beklagen. Der Dezember wird zum verlustreichsten Monat der Gruppe. Es ist alles andere als der richtige Weg, noch nicht vollständig ausgebildete Flugzeugführer gegen hervorragend trainierte Feindpiloten einzusetzen. Des Weiteren zeigen die Vorfälle noch etwas: Frankreichs Flugplätze sind keine sicheren Orte mehr für die Ausbildung der noch unerfahrenen Nachwuchspiloten. Jederzeit ist hier ein direktes Aufeinandertreffen mit Feind-
flugzeugen möglich. Die richtige Entscheidung wird getroffen, es geht wieder zurück in den Osten. Um den 21. Februar 1944 verlässt die Staffel endgültig Frankreich und verlegt nach Weidengut, einen Ort in Schlesien. I
Immer schön lässig bleiben: Dieser Luftwaffenangehörige blickt sinnierend durch ein Tarnnetz. Ob er an den nächsten Heimaturlaub denkt?
SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: FLUGZEUG CLASSIC, Infanteriestraße 11a, 80797 München
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UNTERHALTUNG
Das Bilderrätsel Hundert Jahre Luftfahrtgeschichte – erkennen Sie die hier abgebildeten Typen? Lösung: 1 Northrop BT-1 2 Beech C-45 3 Airspeed AS.51 Horsa 4 Blume Bl 502 5 Dassault Mirage IIIC
Franz Kafka, mit seiner übersteigerten Wahrnehmung, entgeht nichts an diesem Samstag, dem 11. September 1909. Sein Urlaub hat ihn an den Lago di Garda geführt – und von dort weiter zur Flugwoche von Brescia. In einer Gruppe von Piloten und Ehrengästen erspäht er den feurigen Schriftsteller Gabriele d’Annunzio: »Klein und schwach«, notiert Kafka nüchtern. Interessiert verfolgt er d’Annunzios zudringliche Bemühungen, bei einem Piloten einen Mitflug zu ergattern. Glenn Curtiss, der spröde Amerikaner, tut ihm schließlich den Gefallen. Der Italiener (mit Gamaschen und blütenweißen Handschuhen) darf neben ihm auf der Tragfläche Platz nehmen. Doch für mehr als einen kurzen geraden Luftsprung reicht es nicht. Gabriele d’Annunzio wird bald den ersten Roman aus der Welt der Fliegerei veröffentlichen: Vielleicht – vielleicht auch nicht. Auch Franz Kafka, der Versicherungsangestellte aus Prag, publiziert etwas: eine pfiffige Zeitungsreportage mit dem Titel Die Aeroplane in Brescia. Stefan Bartmann
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Foto Peter Demetz
Kafka macht Ferien
Fundstücke
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neu König, Christian
Adler über See
Bordflugzeug und Küstenaufklärer Arado Ar 196
Beliebter Abzählreim deutscher Kinder um 1909, während die Zeitungen den greisen Grafen mit seinen höchst empfindlichen Starr-Luftschiffen zum Nationalmythos erheben. Der Abzählreim ist technisch realistischer.
204 Seiten, Großformat, Hardcover, fest geb., 70 Zeichnungen, 291 Bilder, 3 Diagramme; ISBN 978-3-86933-163-8
39,90 € Neulen, Hans Werner
Die Adler des Kaisers im Orient 1915-1919
Unser Freund, der Feind Foto Reclams Universum 1913
241 Seiten, Großformat, Hardcover, fest geb., 236 Fotos und 3 Karten; ISBN 978-3-86933-159-1
neu
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… vertraut Robert Greim, Führer der Jasta 34, im Sommer 1917 seinem Flugbuch an. Der künftige Ritter Robert von Greim hat ein Problem: Er ist kurzsichtig, weshalb er bevorzugt mit Kameraden im Verband fliegt. Aber er ist offenbar souverän genug, diese kleine Episode nicht für sich zu behalten. Bis Kriegsende wird er es trotz seines Handicaps auf 30 Abschüsse bringen.
So verteidigt Flugpionier Hermann Dorner um 1911 seinen originellen Eindecker T-III. Pilot und Passagier sitzen nebeneinander unter der Tragfläche. Eine lange Fernwelle mit Kette treibt den Druckpropeller an. Ein störanfälliges System; die Fliegertruppe bestellt woanders. Im Frühjahr 1913 muss die Dorner Flugzeug GmbH in Berlin-Johannisthal Konkurs anmelden. FLUGZEUG CLASSIC 2/2016
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Waiss, Walter / Breuer, Falk
„Richthofen braucht Nachfolger!“
Das kurze Fliegerleben des Josef van Endert (1898-1918)
106 Seiten, Hardcover, fest geb., 116 Abb., 28,7x21 cm; ISBN 978-3-86933-145-4
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Überlebenschance gleich Null
Vom sinnlosen Sterben der Torpedoflieger
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Nr. 187 I 1/17 I Januar I 18. Jahrgang
FLUGZEUG CLASSIC
VORSCHAU
Die Jet-Legende
Foto Sammlung Hans-Heiri Stapfer
Die Me 262 gehört ohne Zweifel zu den technisch bedeutsamsten Flugzeugkonstruktionen der Luftfahrtgeschichte. Sie markiert erstmals auf breiter Basis den erfolgreichen Übergang vom Kolben- zum Strahltriebwerk und wird weltweit als erster Strahljäger serien- wie einsatzreif. Verpassen Sie nicht den Beginn unserer großen und ausführlichen Entstehungsgeschichte des »Turbo« bei Messerschmitt!
Navy’s eigene Liberator
Internet: www.flugzeugclassic.de vereinigt mit Redaktionsanschrift Flugzeug Classic Infanteriestr. 11a, 80797 München Tel. +49 (0 ) 89.13 06 99.720 Fax +49 (0) 89.13 06 99.700
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[email protected] Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 27, gültig ab 1.1.2017 Litho ludwigmedia, Zell am See, Österreich Druck Severotisk, Usti nad Labem, Tschechien Verlag
Foto USN
U-Boot-Jagd und Seeaufklärung statt Flächenbombardierung: Mit der Consolidated PB4Y-1 erhält die US Navy eine eigene Version der B-24 Liberator, die das Aufgabenspektrum des schweren Bombers bedeutend erweitert. Obwohl nie dafür konzipiert, zeigt er sich den neuen Herausforderungen gut gewachsen.
GeraMond Verlag GmbH Infanteriestraße 11a, 80797 München www.geramond.de Geschäftsführung Clemens Hahn Leitung Marketing und Sales Zeitschriften Andreas Thorey Vertriebsleitung Dr. Regine Hahn Vertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim Im selben Verlag erscheinen außerdem: AUTO CLASSIC TRAKTOR CLASSIC TRAKTOR XL FLUGMODELL STRASSENBAHN MAGAZIN LOK MAGAZIN BAHN EXTRA MILITÄR & GESCHICHTE
Leserservice, Kundenservice GeraMond-Programm Tel. 0180 – 532 16 17 (14 Cent/Min.) Fax 0180 – 532 16 20 (14 Cent/Min.)
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