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. Bild 1: Schöne . TUI-FerienExpreß mit 110 330 bei Edesheirn zwischen Hannover und Göttingen (Oktober 1989). Abb.: W. K l e e Bild 2: Wie alles begann: der erste UriauberSonderzug in Ruhpolding irn Jahre 1933. Abb.: Sammlung Ga11
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1s an Pfingsten 1933 erstmals ein Urlauberzug Pauschalreisende in den bayerischen Ferienort Ruhpolding gebracht hatte, war dem organisierten Schienentourismus der Weg bereitet. Nach mehreren erfolgreichen Jahrzehnten gingen in den letzten Jahren Nachfrage, vor allem aber Angebote von Reiseveranstaltern und Bahn deutlich zurück. Wer nun mit dem Zug in die Ferien fahren wollte, war in den allermeisten Fällen auf das reguläre Fernverkehrsangebot der DB AG angewiesen. Dies soll künftig wieder anders werden: Mit einem zeitgemäßen und speziell auf die Erfordernisse von Urlaubsreisen zugeschnittenen Zug versucht die Bahn, verlorenes Terrain auf dem Touristiksektor wettzumachen. Wir blicken zurück und schauen nach vorn.
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Erste Touristikzüge bei DRG und Bundesbahn Urlaubsreisen waren in den dreißiger Jahren ein Vergnügen für wohlhabendere Kreise. Bei der Deutschen Reichsbahn stand diesen ein gut ausgebautes Fernverkehrssystem zur Verfügung, das dem gegenüber heute verschwindend geringen Potential
recht wurde. Wer Luxus liebte und bezahlen wollte, der konnte auf bestimmten Routen auch entsprechende Züge besteigen, sei es den “Rheingold” oder einen der L-Züge wie den “Karlsbad-Expreß. Am unteren Ende der Angebotspalette rollten für den Fernverkehr die Beschleunigten Personenzüge (BP) - langsam, aber zuschlagfrei. Daneben gab es schon zu Zeiten der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft DRG erste Turnus-Sonderzüge. Aber für private Anbieter wie den sozial engagierten TouristikzugPionier Dr. Carl Degener (vormals Bremer Arbeitsamts-Direktor und später maßgeblich beteiligt an DERTTOUROPA) und sein Berliner Reisebüro oder quasi-staatliche wie “Kraft durch Freude” blieb mit der Ausweitung des Zweiten Weltkriegs auch auf der Schiene immer weniger Raum. w-
Ernstlich in Zugzwang geriet die bislang praktisch konkurrenzlose Bahn erst in den Zeiten des “Wirtschaftswunders”. Eine Urlaubsreise wurde nun zwar für immer mehr Menschen erschwinglich; dasselbe galt aber auch für den Pkw, mit dem die ganze Familie über neue Autobahnen gen Süden oder an die See reisen konnte. Sicherlich war die Autofahrt oft anstrengend, aber sie war - wenn man denn schon ein Auto hatte - relativ billig: und obendrein seltsamerweise prestigeträchtigerals eine Bahnfahrt. Daneben erschien als völlig neuer Wettbewerber der Reisebus. Pauschalreisen per Bus, so anstrengend sie oft auch sein mochten, wurden innerhalb kürzester Zeit zum ganz großen Renner auf dem Reisemarkt - und dies bis heute. Die Schiene hielt mit Komfort dagegen. Die Wagen des ersten DER-Ferienexpreß, der 1949 Ruhpolding erreichte, waren mit Polstersitzen ausgestattet - zu dieser Zeit alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Übrigens war Ruhpolding im Mai 1933 als erstes oberbayerisches Pauschalreiseziel vom Reisebüro Dr. Degener angefahren worden. Um die langen Fahrzeiten - die zumeist aus Hamburg oder Dortmund kommenden Urlaubszüge rollten in der Regel über Nacht - erträglich zu gestalten, wurden zu dieser Zeit auch Hängematten in den Zügen angeboten; siewaren stets ausgebucht. Aber angesichts der Konkurrenz
konnte die BahnTochter DER bzw. in deren Nachfolge ab Ende 1950 die TOUROPA (eine Arbeitsgemeinschaft von DER, Hapag-Lloyd und Amtlichem Bayerischem Reisebüro ABR) sich nicht damit begnügen, für ihre Ferienzüge aufbereitetes Vorkriegs-Wagenmaterialeinzusetzen. Als die Bundesbahn ihr 26,4-m-Schnellzugwagen-Programm aufstellte, trat auch die TOUROPA auf den Plan und orderte speziell für ihre Zwecke ausgerüstete Fahrzeuge. Statt der sechs Einzelsitze wie bei den normalen Abteilwagen mit Seitengang wurden Sitzbänke eingebaut, die rasch in Liegen umgewandelt werden konnten. Zudem wurde eines der 13 Abteile wahlweise als Friseur-, Wirtschafts- oder Gepäckabteil eingerichtet. Äußerlich unterschieden sich die TOUROPA-Liegewagen (Bc) von den Bundesbahn-eigenenschon durch die blaue Farbgebung, die Seitenschürzenzwischen den Drehgestellen und den erhabenen TOUROPA-Schriftzug.Die erste - aus acht Wagen gebildete - Zuggarnitur wurde im Mai 1953 fertiggestellt.
Die TOUROPA blieb nicht lange alleine. Auch die Firmen SCHARNOW und Hummel setzten auf das Turnusgeschäft (von 1957 bis 1960 fuhren sie zusammen als SCHARNOW-Hummel-Expreß),zudem die Reisebüro-Fahrgemeinschaft FrankfurVM. mit ihrem “Alpen-See-Expreß (siehe Kasten Seite 12 und 13) sowie ein weiterer Reisebüro-Zusammenschluß aus dem Rhein-Main-Raum mit dem “NibelungenExpreß. Bis 1958 wurden an diese Firmen folgende 26,4-m-Wagen geliefert: TOUROPA 108 Bc (Liegewagen) SCHARNOW-Hummel 92Bc “Alpen-See-Expreß” 20Bc “Nibelungen-Expreß 13B4ü (Sitzwagen) Das Geschäft mit den neuen Urlaubszügen boomte. Waren im ersten Fahrplanjahr 1949/50 in 216 Turnuszügen 54000 Personen befördert worden, so waren es 1956/57 in 3050 Zügen schon 690 000. Neben die traditionellen oberbayerischen Ziele traten bald auch österreichische, schweizerische und italienische. Aber der Boom hielt nicht lange vor. Nach dem Rekordiahr 1962 mit insgesamt 835 000
Bild 3: Aus den Pioniertagen der Bahntouristik: Werbung fürs erste Pauschalreiseziel (um 1935). Bilder 4 bis 9 (rechte Seite): Blütezeit der
Bahntouristik: SCHARNOW-, TOUROPA und DER-Wagen. TOUROPASonderzüge mit
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Olching westlich von München) und “im Griff der 85 007 und 008 auf dem Ravenna-
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Bild 10: Neue Wagen: 1979180 stellte die TU1 ihren eigenen FerienExpreß in Dienst - hier mit 110 105 auf der Tauernbahn in Mallnitz (1989). Bild 11 (Mitte links): Alte “Marken”: Auch zu TUIZeiten wurden die bekannten Namen, wie hier SCHARNOW, noch länger beibehalten. Abb.: W. Dürnckel Archiv Ritz Bild 12 (Mitte rechts): Auch das gab’s: Der D 13761 nach Waging war als Flügel eines in Traunstein geteilten Ferienzugs planmäßig mit einer V 60 bespannt (1979). Abb. 10 und 12: Ch. Kirchner Bild 13 (unten): Kraftakt: V 100Doppeltraktion mit SCHARNOWFerienzug im Bahnhof ForbachGausbach auf der Murgtalbahn (1970). Abb.: M. Maier Bild 14: TUI-Szene: Trier Hbf (1984). Abb.: J. Ceyietth
touristen” ließ das Interesse an den Urlaubszügen rasch nach. In der Folgezeit traten Auto und Flugzeug noch deutlicher in den Vordergrund. Der veränderte Markt erforderte eine Konzentration der Anbieter. Zum 1. November 1968 schlossen sich daher TOUROPA, SCHARNOW, Hummel und Dr. Tigges-ReiSen zur Touristik Union International TU1 zusammen. Allerdings wurden die altbekannten Marken teilweise erst in den Jahren 1990/91 aufgegeben. An der TUI, Deutschlands Urlaubs-Branchenprimus, hält übrigens derzeit die Deutsche Bahn AG 20% der Anteile (via DERTTouropa), 20% die Schickedanz-Gruppe (“Quelle”) und jeweils 30% Hapag-Lloyd und die Westdeutsche Landesbank.
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Der TUI-FerienExpreß Trotz der großen Erfolge anderer Sparten wollte sich die TU1 aus der Bahn-Touristik mit eigenen Fahrzeugen nicht zurückziehen. Mit den alten Bc-Liegewagen aus den fünfziger Jahren war allerdings kein Staat mehr zu machen. Mit ihren 13 Abteilen eines mehr als bei den gleichaltrigen 2.Klasse-Wagen der 26,4-m-Bauart - galten sie für “Sitzreisende” inzwischen als recht unbequem, und das Spotiwort vom “KnieScheiben-Expreß machte die Runde. Auch die nicht sehr “Üppigen” sanitären Anlagen stießen auf immer deutliche-
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Z/B 11. Sie waren für Tages- und NachtreiSen gleichermaßen konzipiert, verfügten über zehn Abteile mit Sitzen und Liegen für je vier Erwachsene und ein Kind, zwei Waschräume, zwei WC, einen Serviceraum für den Betreuer und natürlich über einen Seitengang. Die Fahrzeuge waren erheblich komfortabler als ihre Vorgänger; das Raumangebot je Fahrgast entsprach dem damals üblichen 1.-Klasse-Standard in ICZügen. Wurden die alten Turnuszüge noch per Speisewagen bewirtschaftet (was stets nur von einem Teil der Reisenden genutzt werden konnte), so stellte man dies im neuen TUI-FerienExpreß so um, daß die Versorgung der Fahrgäste mit kleinen Mahlzeiten und Getränken an den Sitzplätzen erfolgte. Trotzdem sollte auf einen “Servicewagen” im Zug nicht verzichtet werden, I da man die Möglichkeit eines Raum- und Platzwechsels während der Fahrt sowie die Möglichkeit, andere Reisende zu treffen, als bedeutenden Wettbewerbsvorsprung der Bahn gegenüber anderen Verkehrsmitteln einschätzte wie es auch heute noch so gesehen wird. So wurde, basierend auf dem UIC-Einheitswagen Typ Z, der “TUI-Treff-Wagen” als neuer Wagentyp konzipiert (WTmh) und in drei Exemplaren gebaut. Im Mittelpunkt standen dabei eine Bar, kombiniert mit Kiosk und Infothek, sowie der Gesellschaftsraum (mit Projektionswand), der mit bis zu 32 Drehsesseln und bis zu zehn Tischen bestückt werden konnte. Die neuen Fahrzeuge liefen anfangs zumeist in drei “reinen” Garnituren im Turnusgeschäft. Bald wurden sie aber immer häufiger mit normalen DB-Wagen gemischt eingesetzt. Weil das neue Angebot im Laufe der Zeit immer mehr an Attraktivität einbüßte, bot man ab 1986 den ‘TUI-FerienExpreß auch als Autoreisezug an. (Die Autoreisezüge der DB bewährtensich nämlich gut.) Von Düsseldorf und Hannover wurden für PauschalreisendeFahrten nach
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re Kritik. Hinzu gesellten sich Probleme, die nicht von der Bahn hausgemacht waren, wie zunehmende Pkw-Dichte, Ausbau des Straßennetzes und des Charter-LuftVerkehrs. Kurzum: Obwohl der Markt der Pauschalreisen insgesamt weiter florierte, verloren die Turnuszüge von 1962 auf 1978 etwa die Hälfte ihrer Reisenden. Ganz aufgeben wollte die TU1 das Marktsegment jedoch nicht. Also entschloß man sich zur Beschaffung moderner Fahrzeuge für den TUI-FerienExpreß. 1977 wurden von der TU1 bei der Waggon-Union in Berlin 30 Sitz-/Liegewagen sowie drei sogenannte Treff-Wagen geordert und 1979180 in Dienst gestellt. Die 30 neuen “Reisewagen” mit der Kurzbezeichnung WCmh basierten auf den Grundrissen des UIC-Einheitswagens Typ
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TURNUS/uNd TounisiikvERkEkn r Turnusverkehr galt stets als Bestandteil des allgemeinen Reiseverrs, stand also im Prinzip zu den angebotenen Zeiten und Zielen
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’sm--siszüge zunächst als Bedatfszüge behandelt, so erklärte
tisch über längere Zeiträume - eben in der keisesaison - an bestimmte1 oder gar allen Tagen regelmäßig. Die somit vorgehaltenen Fahrplantrassen mußten nur noch an die einzelnen Veranstalter (TOUROPA etc.) vergeben werden. Für den Betriebsdienst erleichterte das die Behandlung der turnuszüge ganz erheblich. Normal ausgelastete Turnuszüge bestanden aus zehn Bc-Wagen und einem Speisewagen, die Höchstgeschwindigkeit betrug zwischen 100 und 120 kmlh. Fahrtbeginn war meistens am späten Nachmittag oder am frühen Abend, so daß die letzten Zusteigehalte noch vor Mitternacht erreicht werden konnten. Vor der Zielregion wurden - beispielsweise in Treuchtlingen oder Rosenheim - Wagengruppen der aus Dortmund und Hamburg kommenden Züge getauscht, damit zielrein zum Urlaubsort gefahren werden konnte. Bei einigen Zielen und in weniger gefragten Zeiten war es auch üblich, daß TOUROPA oder SCHARNOW-Hummel ihre Wagen in reguläre Reisezüge der Bundesbahn einstellten, etwa wenn es nach Paris, Port Bou oder zu bestimmten italienischen Zielen ging. WK
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Bozen, Narbonne und Ljubljana angeboten. Die Preise lagen etwas niedriger als bei Fahrten in einem “normalen” Autoreisezug. Aber auch das konnte den TUI-FerienExpreß letztlich nicht retten. Pauschalreisen und Automitnahme - irgendwie paßte das ja auch nicht zusammen. Schließlich zog sich die TU1 aus dem Bahn-Tourismusgeschäft mit eigenen Fahrzeugen ganz zurück. Anfang 1994 wurden die “Reisewaaen” des TUI-FerienExDreß an die nieder-
Das neue Produkt FD, auch “Die Ferienzüge der Bahn” genannt, wurde zum Sommerfahrplan 1983 mit insgesamt neun Zugpaaren eingeführt. Ausgangsorte von sechs der Züge waren - wie schon bei den damaligen Turnuszügen - Hamburg und Dortmund (KÖNIGSSEE und BERCHTESGADENER LAND nach Berchtesgaden, WÖRTHERSEE nach Klagenfurt, DONAUKURIER nach Wien, BODENSEE nach Konstanz, ALLGÄU nach Oberstdorf). Hinzu kamen drei internationale Verbindungen, nämlich FD MOZART zwischen Wien und Paris, BAVARIA zwischen München und Zürich sowie der namenlose FD 256/257 zwischen L Frankfurt/M. und Paris. Die Züge waren also aus schon früher “name nt Iich bekannten” Zügen hervorgegangen (und existieren noch heute als EC bzw. IC). Neu waren bessere Anschlüsse untereinander, neu war auch der “Kinderland-Wagen, der im FD KÖNIGSSEE eingeführt wurde. Schon nach kurzer Zeit wurde das FD-Angebot immer wieder durcheinandergewürfelt. Neue Züge kamen hinzu, andere wurden zu EC/IC aufgewertet. Jedenfalls wurde mit zwölf FD-Paaren im Sommer 1989 der Höchststand erreicht. (Auf die Einzelheiten soll hier nicht näher eingegangen werden; eine detaillierte Beschreibung der zehnjährigen Geschichte des FD-Angebots bietet der Beitrag “Abschied vom F D in EJ 5/1993.) Einige Worte zu den Fahrzeugen. Von der DB wurden in den FD die damals gängigen Wagen des D-Zug- und IC-Dienstes eingesetzt, also auch noch nicht modernisierte Schnellzugwagen. Für das leibliche Wohl wurden vier Vollspeisewagen und 14 Quick-Pick-Wagen mitgeführt. Für den FD KÖNIGSSEE, der Über die Neubaustrecke Hannover - Würzburg geleitet wurde, wurden aus IC-Großraumwagen der 2. Klasse druckdichte “Kinder1and”-Wagen gebaut, wie natürlich der ganze KÖNIGSSEE mit modernen, druckdichten Wagen gefahren wurde. Da er zudem (zumeist) komplett in der auch für die FD vorgesehenen Produktfarbe Blau rollte (von den jeweiligen Loks an der Zugspitze abgesehen), hob er sich für einige Zeit von den rot-lichtgrauen IC auf der Schnellfahrstrecke deutlich ab. Das FD-Experiment dauerte nicht lange. Wie erwähnt, wurden schon nach kurzer Zeit erste Züge anderen Kategorien zugeteilt. Und mit insgesamt maximal zwölf Paaren blieb der FD letztlich stets eine “Splittergattung” - was bei der DB bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt ist. Mit der
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Bild 15: Paßte irgendwie nicht zusammen: Pauschalreisen und Automitnahme - hier D 1528 HOHENSALZBURG nach Düsceldorf mit 110 406 bei Traunstein im Mai 1995. Abb.: A. Ritz
Iändischen Eisenbahnen verkauft, wo sie im normalen Reisezugverkehr eingesetzt werden. Die drei Treff-Wagen allerdings sollen nun wieder in ihr angestammtes Geschäftsfeld zurückkehren und nach Umbau im neuen DB AG-Touristikzug rollen.
Mit FD-Zügen in den Urlaub Der Fahrplanwechsel 1983 brachte für den Tourismusverkehr bei der Bundesbahn einige bemerkenswerte Änderungen. Als einziger TEE-Zug verblieb der RHEINGOLD im Angebot. Dieser Zug war schon damals weniger ein Topangebot für Geschäftsreisende als vielmehr ein Zug für wohlhabende ausländische Touristen (weswegen er 1987 sogar auf die Route seines bisherigen Flügelzuges über Heidelberg, Stuttgart und München nach Salzburg umgestellt wurde). Für “normale” Urlaubsreisende weit interessanter war jedoch die Einführung sogenannter FD-Züge als Ferienzüge. Mit den bis dahin bekannten FD, die als neue “Qualitätszüge” 1923 von der Deutschen Reichsbahn eingeführt und ab 1948 kurzzeitig wiederbelebt worden waren, hatte das 1983 reaktivierte Kürzel FD jedoch wenig zu tun und war obendrein unsinnig: Schließlich sollte es sich ja um Fern-Expreß-Zügehandeln, nicht um Fern-D-Züge; denn gerade vom herkömmlichen D-Zug wollte man ja nun abkommen.
Der wohl namhafteste Touristikzug war der “Alpen-See-Expreß, ins Leben gerufen von der Reisebüro-Fahrgemeinschaft Frankfurtl Main. (Dahinter stand eine Arbeitsgemeinschaft von rund 20 Reisebüros bzw. im Tourismus tätigen Organisationen.) Berühmt geworden ist der Zug nicht wegen eigener Fahrzeuge, sonern weil als “Alpen-See-Expreß” ab 1979 die hemaligen TEE-Triebzüge der Baureihe 601 zu Ehren kamen; ein entsprechendes Emblem -m Speisewagen wies darauf hin. .Ilerdings: Die 601 wurden nicht nur für die leisebüro-Gemeinschaft “Alpen-See-Expreß n Turnusverkehr eingesetzt, sondern auch für ie TU1 oder gelegentlich für andere Besteller (iür große Kegeltouren beispielsweise). Aber der wohlklingende und ein wenig an alten Glanz erinnernde Titel “Alpen-See-Expreß” verlieh den edlen Zügen noch einen Hauch alter Exklusivität, so da8 er sich wohl am besten eingerägt hat. lachdem der Versuch der DB gescheitert war, ie für den TEE- und ab 1979 auch für den IC.‘erkehr nicht mehr benötigten eleganten Dieseltriebzüge zu verkaufen, hatte man sich für deren Einsatz im Turnusverkehr entschieden. Die rot-beigen Schönheiten wurden entsprechend getestet und schließlich umgebaut. Die Inneneinrichtung wurde modernisiert und das Sitzplatzangebot vergrößert. Während die Ab?ilwagen unverändert blieben, erhielten die iroßraum- und Speisewagen die Sitzplatzein?ilung 2+2; die Barwagen wurden zu Groß,dumwagen (ebenfalls 2+2) umgebaut. Rein äußerlich, aber nicht weniger markant war eine ndere Modifikation: Die Blechkappen mit der :-Beschriftung sowie die darunter noch vorhandenen erhabenen TEE-Ziffern an der “Nase” der Triebköpfe wurden demontiert und durch aufgespritzte “DB-Kekse” ersetzt; lediglich die 1s DB-Museumsfahrzeug für die Jubiläumsfeirlichkeiten 1985 wieder aufgemöbelte Garnir mit den Triebköpfen 601 014 und 601 019 hr nun wieder mit den TEE-Zeichen -und tut es bis heute. e r reguläre Turnusverkehr mit den 601-Garituren wurde zum Fahrplan 1979180 von den aditionellen Turnus-Ausgangsorten Dortmund nd Harnburg zu Zielen irn Schwarzwald, Bayecchen Wald, im Allgäu, am Bodensee und in
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war mit dem Plan insätze geht allerdings die zehnteilige Musgarnitur nach wie vor von ihrem heutiHeimatbetriebshof Hamm aus auf große e. Ein dritter Triebkopf (601 008) und eir rer Mittelwagen stehen in Reserve. surn am Rande: Bekanntlich erst durch inführung des zweiklassigen IC-Systems waren die rein erstklassigen 601 für dei 1984 wurden dann die für ubs-Intercity” fahrenden 601 uptreisezeit auch für Reisen2.-Klasse-Tickets freigegediese Reisenden rechtzeitig sorgt hatten; nun gab es also -Klasse-Komfort zum 2.-Klass- n’eis. Wk
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Bilder 20 und 21 (oben): Experiment: die Ferienzuggattung FD - links Fern-Expreß KÖNIGSSEE (mit “KinderlandWagen) nahe Fulda (1990), daneben FD ALPENLAND bei Aitrang im Allgäu (1987). Abb.: W. Klee, A. Ritz Bilder 22 (rechts) und 23: “Ferien-Intercity”: Zuletzt waren Bahnurlauber zumeist aufs IC-System angewiesen. Rechts IC KARWENDEL nach lnnsbruck mit 1044 215 bei Klais (1994), unten ZuglaufSchild des IC-Zugpaars Hamburg - Ruhpolding. Abb.: G. Zimmermann (22), Ch. Kirchner
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großen “Fahrplanrevolution” anIäßlich der Aufnahme des ICE-Verkehrsim Juni 1991 verschwanden die meisten FD wieder, wurden durch IC bzw. IR ersetzt oder entfielen ganz. Übrig blieben nur die FD BAYERISCHER WALD Dortmund Zwiesel, BODENSEE Dortmund - Konstanz, ALPENLAND Hamburg - Oberst-
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dorf und KÖNIGSSEE Hamburg - Berchtesgaden. Zwei Jahre darauf, mit Beginn des Jahresfahrplans 1993/94, war das Kürzel FD gänzlich wieder verschwunden. Nicht aber die Züge und ihre Namen: Um noch einmal den KÖNIGSSEE zu erwähnen - er fährt heute als Sonderling zwischen lauter ICE-Zügen auf der Route Hamburg - München als Intercity-Zugpaar Während man bei den Freizeiifahrtenmit dei
N F~A ~ E S V “Schönen-Wochenende-Ticket” ohne größer
Bei Freizeit- und Urlaubsfahrten werden heutzutage die meisten Reisekilometer zurückgelegt. Im Jahre 1992 (aktuellere Daten hat das Bundesverkehrsministeriurn bislang nicht veröffentlicht) wurden im Urlaubsverkehr - das ist die Summe aller Freizeiifahrten mit fünf und mehr Tagen Dauer - in Deutschland 80,8Mrd Personen-Kilometer zurückgelegt. Davon entfielen 54,3 Mrd auf den motorisierten Individualverkehr (Pkw, Motorrad etc.), 10,7 Mrd auf den Luftverkehr und nur 6,7 Mrd auf die Eisenbahn (Rest vornehmlich Busse). Mit einem Marktanteil von etwa 8% steht die Schiene damit alles andere als gut da. Doch dies soll
Investitionen bereits erstaunliche Erfolge buchen konnte, sind für den Bereich Urla reisen aufwendigere Maßnahmen nötig. kann nicht allein über Dumpingpreise verlo nes Terrain zurückerobert werden. Hier sind innovative Produktegefragt -zum Beispiel eben der neue Touristikzug (siehe rechte Seite). Auf dem Touristiksektor wird künftig aber nicht mehr nur die DB AG selbst als Anbieter in Frage kommen. Im Rahmen der Bahnreform wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis auch andere Unternehmen für ihre Züge Trassen beim DB-Geschäftsbereich Netz bestellen. Wie solche Züge aussehen könnten, wird nicht zuletzt vom Erfola oder Mißerfob des neuen o u r i s D
und außerdem als einziger Nicht-ICE über die Schnellfahrstrecke Hannover - Würzburg in voller Länge; heute jedoch in ICRot-Lichtgrau und ohne “Kinderland-”, dafür mit Gepäckwagen. Ein anderer Ex-FD, der ALPENLAND zwischen Hamburg und Oberstdorf, benutzt auf weiten Teilen als Einzelgänger den gleichen Fahrweg, nun allerdings als “Urlaubs”-InterRegio. Ob IC KARWENDEL Münster - Innsbruck, IC WElTERSTEIN Berlin - Mittenwald oder IR HÖLLENTAL Norddeich - Seebrugg, die Reihe der außerhalb des Grundnetzes verkehrenden Züge, die unverkennbar “Ferienzüge” sind, ließe sich fortsetzen. Letztendlich war dem Versuch, den Urlaubsverkehr in das IC-System einzubinden, kein Erfolg vergönnt. Doch schon die Tatsache, daß in immer mehr “normale” IC-Zügefür den Fahrrad- und Gepäcktransport die einst so verpönten Packwagen eingestellt werden, zeugt von der Erkenntnis, daß man auf die lange Zeit nicht sehr zuvorkommend bediente Kundengruppe der Touristen doch nicht verzichten kann. Der neue Touristikzug der DB AG ist die logische Konsequenz. Wolfgang Klee Eisenbahn-Journal11/1995
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Ende letzten Jahres äußerten sie ihre Wünsche - nun durften sie sich als erste von deren praktischer Umsetzung überzeugen: Mit geladenen Gästen aus der Touristikbranche an »Bord« startete der neue Touristikzug der DB AG am 9. Oktober 1995 in FrankfurVM zur Premierenfahrt nach Wien. Nur knapp ein halbes Jahr lag zwischen der ersten Projektstudie und dem abgeschlossenen Umbau von zehn Wagen - inklusive eines neuen extravaganten Farbdesigns, das auch drei Lokomotiven, eine 103 und zwei 218, erhielten. e
Bilder 24 bis 26: Für den Einsatz vor dem TouristikZug - links der Schriftzug auf einem der Wagen -wurden 218 416 und 18 (oben im .lerk Bremen) und 103 220 I (unten auf Tesifahrt mit dem Zug als Dz 20776 von Berlin-Charlottenburg nach Dortmund) umlackiert. Abb.: G. Schwindt (oben) und E. Oss
DERNEUE TouRisTikzuc, dm DB Neben der grundsätzlichen Überlegung de DB AG, den Touristikverkehr zu intensivieren hatten sich im Dezember letzten Jahres Vertre ter führender Reiseunternehmenvor Bahn-Vor standsmitglied Heinz Neuhaus für moderr j Rollmaterial auf diesem Sektor ausgesprocrieri. Basierend auf ihren Wünschen wurde bereits im März 1995 auf der Internationalen Touristikbörse in Berlin eine erste Studie für den neuen Touristikzug präsentiert. Ende April erhielt der DB AG-Geschäftsbereich Werke vom Geschäftsbereich Fernverkehr den Zuschlag zur Projektausführung (vgl. EJ 10/95). Umgebaut wurden in den Werken Krefeld-Oppum, Neumünster, München-Neuaubingund Delitzsch zunächst zehn Wagen - drei Avmz 106 und vier Bpmz 296 (ex Lufthansa-Airport-Express), zwei WRmz 137 provisorisch und I Dms 905.1. In München werden bis Anfi,,j 1996 für die WRmz 137 noch zwei Bpmz 293.2 als neue Clubwagen hergerichtet. Die Innenraumgestaltung aller Wagen weicht gezielt von Regelbauarter soll emot
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istimmen. Beim äußeren Erscheinungsbild hat man sich für ein buntes, extravagantes Farbdesign entschieden, das mit seinen Blau-, Grün- und Gelbtö nen ein angenehmes ebenfalls Freizeit bzw. Urlaub suggerierendes Gefühl vermitteln soll. Für Innenraumgestaltung und Farbdesign zeichneten die Firmen Hasslacher, München, BPR-design, Stuttgart, und DEKOM, Frankfurt, sowie das Münchner Design-Büro der DB AG verantwortlich. Alle Wagen wurden zudem für eine erweiterte elektrische Energieversorgung ausgerüstet. Die mutige Farbgebung, die die Bahn im übrigen keineswegs als Einladung für “GraffitiKünstler” verstanden wissen will, erhielten auch drei Lokomotiven 3 220 (im Werk Opladen)
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sowie 218 416 und 418 (im Werk -.emen). Wegen des hohen Energiebedarfsder Zehn-Wagen-Garniturist bei Dieselbetrieb generell eine Doppeltraktion nötig. Für die Baureihe 218 bedeutet dieser Anstrich die sechste (!) Farbvariante. Der neue Touristikzug ist ein Charterzug, der vornehmlich im Tagesvollcharter-Verkehr eingesetzt werden wird. Sukzessive sollen aber auch Teil-Charterkonzepte in die Vermarktung eingebracht werden. Als Besteller des Zuges kann man sich bei der DBAG neben den großen wristikunternehmen, Reisebüros und Kongreß- bzw. Messeveranstaltern auch Vereine, Verbände, Kommunen oder Firmen vorstellen. Der Standort des Toi ristikzugs soll vom Schwerpunkt der
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Nachfrage abhängig gemacht und flexibel gehandhabt werden. Zunächst ist das Werk Dortmund-Spähenfeld vorgesehen. GZ
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der P 8 bei der DB
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ünfundsechzig Jahre nach Indienststellung der ersten Fahrzeuge war für die preußische Gattung P 8 unwiderruflich das Ende eingeläutet worden. Bis zum 31. Dezember 1970 hatten alle Direktionen der Deutschen Bundesbahn ihre P 8-Bestände z-gestellt oder an die BD Stuttgart abgegeben. Beim Bw Tübingen erhielten die einst so arbeitsamen Dampfrösser ihr Gnadenbrot. Nur noch 13 Stück waren übriggeblieben. Eine weitere Lok, die 038 499, stand noch in Heilbronn und wurde dort am 12. Februar 1971 z-gestellt. Dies war also der kümmerliche Rest eines Bestandes, der nach Gründung der Deutschen Bundesbahn bei einer Zählung im Frühjahr 1950 - noch mehr als 1220 Maschinen umfaßte. Damals trug die P 8 noch die Hauptlast des Personenzugdienstes in 15 Direktionsbezirken. Nur die ED Augsburg mußte ohne die Schöpfung des Geheimen Baurats Robert Garbe auskommen. Wahre P 8-Hochburgen waren zu jener Zeit die ED Hannover mit 186 und die ED Essen mit 158 Maschinen. Mit 153 und 103 Lokomotiven der Baureihe 38.10-40 verfügten auch die Direktionen Frankiurt (M) und Stuttgart über stattliche Bestände. Schlußlicht war die ED Trier, die nur 18 Exemplare zum Einsatz brachte. Bei allen anderen Direktionen bewegte sich der P 8Bestand im Bereich zwischen 39 und 96 Fahrzeugen. Bis zum Ende der fünfziger Jahre gab es schon einige Ausmusterungen, die sich jedoch noch in Grenzen hielten. Inzwischen war der Umbau von 47 Maschinen für den Wendezugdienst eingeleitet worden. Ein allseitig geschlossenes Führerhaus und der Wannentender 2’2’ T 30 mit einer nicht abgeschrägten Vorderfront des Kohlenkastens waren die markanten äußeren Kennzeichen der umgerüsteten Maschinen. Auch viele andere Loks hatten dieses “Anhängsel” der Kriegsbauart erhalten, nun aber mit abgeschrägtem Kohlenkasten. In Kombination war der Aktionsradius der P 8 größer geworden. Die Lokomotiven der Baureihe 38.10-40 fuhren auch noch in vielen anderen Bauartvarianten der Kessel und Führerhäuser. Selbst mit den alten Windleitblechen und dem großen Preußen-Tender 2’2’ T 313 waren sie erfolgreich für die DB unterwegs. Ab 1960 ging es dann aber schon mit großen Schritten dem Ende entgegen. Die Elektrifizierung weiterer Hauptstrecken und die in Großserien gebauten Diesellokomotiven machten die gute alte P 8 allmählich entbehrlich. Mehr und mehr wurde die BD Stuttgart zur letzten Station vieler Lokomotiven. Im Zeitraum von März 1959 bis zum Jahresende 1971 wurden allein in diesem Direktionsbezirk 171 Fahrzeuge der Gattung P 8 ausgemustert. Mit Neuzugängen aus anderen Direktionen konnten die entstehenden Lücken im Bestand immer wieder gefüllt werden. Mit dem Inkrafttreten des Sommerfahrplans 1971 sollte dann 17
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Eisenbahn-Journal 11/1995
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r-9 Bild 2: Mit kräftigen Auspuffschlägen verläßt 038 039 den Bahnhof Horb (August 1970). Bild 1 (linke Seite): Abschiedsstimmung: 038 970 in Eutingen (Mai 1969). Beide Abb.: R. Bastin
aber endgültig Schluß sein mit den P 8Einsätzen in Heilbronn, Rottweil und Tübingen. Zur Freude vieler Dampflokfans gab es jedoch einen Aufschub und die bereits erwähnte Konzentration der 13 noch betriebsfähigen Maschinen im Bw Tübingen. Hierbei handelte es sich um folgende Fahrzeuge: 038 039 z 20.08.71, 637 z 19.09.71, 156 z 09.03.71, 650~14.05.72,313~25.11.71,711z20.02.74,382 z 29.04.74, 772 z 01.01.75, 509 z 27.01.71, 791 z26.04.71, 553 z 21.03.72, 970 z 01.03.71, 631 z 18.04.72 Sowohl die 038 772 als auch die 038 509 waren im Laufe des Jahres 1970 immer wieder im Güterzugdienst eingesetzt. Mit der 038 637 schied in Tübingen die letzte Lok mit Wannentender und mit Wendezugeinrichtung aus. Die drei Überlebenden, die 038 382, 711 und 772, wurden am 3. Juni 1973 zum Bw Rottweil umbeheimatet.
Dort liefen sie noch für kurze Zeit in einem Dienstplan mit der 078286, der letzten preußischen T 18. Noch vor dem Fristablauf am 24. Februar 1975 war mit der 038 772 die letzte P 8 der DB zum Jahresbeginn 1975 z-gestellt worden. Anläßlich einer Sonderfahrt kam sie am 15. Februar 1975 noch einmal zum Einsatz. Diese Lok und einige andere der letzten 13 Maschinen blieben a b Denkmals- und Museumslokomotiven erhalten. HO Nahezu alles Wissenswerte zur legendären preußischen P 8 ist in der neuen EJ-Sonderausgabe IV/1995 enthalten, die demnächst erscheint. Beschrieben werden die Entwicklung, die Bauart, die Bauartänderungen sowie der Einsatz im In- und Ausland. Mit allen wichtigen Zeichnungen, dazu mit vielen interessanten und eindrucksvollen Bilddokumenten aus acht Jahrzehnten wird die wohl erfolgreichste preußische Dampflokomotive gewürdigt.
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Bild 1: DöllnitzbahnDampf: Kindergartenkinder erwarten in Altmügeln einen DamDfzua.
Diesel: RollbockGüterzug in Oschatz.
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Der „Wilde Robe&, eine sächsische Schmalspurstrecke, kämpft ums Überleben. Den letzten Personenzug von Oschatz nach Mügeln zog die sächsische IV K 99 566 im September 1975. Nach fast 20 Jahren blieb es der 099 1561 vergönnt, am 3. August 1995 wieder den ersten regulären Personenzug von Altmügeln nach Oschatz zu bringen einen Schülerzug. Eisenbahn-Journal 11/1995
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er letzte Rest eines bedeutenden sächsischen Schmalspurnetzes, nur noch erhalten für den Kaolintransport zwischen Kemmlitz und dem regelspurigen Übergabebahnhof Oschatz - dessen baldiges Ende seit vielen Jahren herbeigeredet wird -, lebt nach der Privatisierung als Döllnitzbahn GmbH dank engagierter Eisenbahner wieder auf. Neben dem Güterverkehr sichert sich die Döllnitzbahn durch die Wiederaufnahme des Personenverkehrs einen beträchtlichen Anteil öffentlicher Fördermittel. Und die Bahn ist bei den Schülern sehr beliebt. Das mag sicher auch der neuen Erfahrung des bekannten Schulweges vorbei an den Autokolonnen zuzuschreiben sein. Bequemer und mindestens ebenso schnell wie bisher in den häufig überfüllten Bussen kommen die Schüler jetzt allemal mit ihrem Zug aus dem Umland nach Oschatz. Eine Katte für drei Monate kostet 60 Mark und ist damit genauso teuer wie der Schulbus. Im werktäglichen Einsatz stehen z.Z. zwei von Ma OL Wa Klostermannsfeldgemietete Dieselloks. Die Betriebsleitung beabsichtigt, eine stärkere Diesellok zu erwerben, um größere Lasten bewältigen zu können. In der Regel schleppen die kleinen Maschinen drei Regelspurwaggons; die doppelte Menge wäre aber durchaus wünschenswert. Große Lasten waren für die sächsische IV K kein Problem. Ihren täglichen Einsatz behindern jedoch die gegenüber Dieseltraktion merklich höheren Betriebs- und Personalkosten. Im Mügelner Heizhaus stehen jetzt noch drei der einstmals zehn hier stationierten IV K: die 99 1584,99 1574 und 99 1561. Sie sind in gutem Zustand; ihre Kesselfrist läuft in zwei Jahren ab. Nach dem Mügelner Bahnhofsfest ist die 99 1574 nach Görlitz geschickt worden. Auf Druckluftbremse umgerüstet, dient sie als Reserve für den inzwischen nur noch durch Druckluft gebremsten Rollwagenbetrieb. Damit ist bei der Döllnitzbahn GmbH eine Ausbildung zum Ehrenlokführer auf der sächs. IV K im täglichen Güterzugbetrieb wieder möglich. Für den Traditionsbetrieb wird eine saugluftgebremste Personenzuggarnitur bereitgehalten. Kontaktadresse: Döllnitzbahn GmbH, Oschatzer Str. 2 , 04769 Mügeln, Tel. und Fax (03 43 62) 3 24 47. Für den Wiederaufbau des alten Streckenabschnittes nach Wermsdorf im Rahmen eines Tourismuskonzepts ist man seit einiger Zeit mit Investoren im Gespräch. Der an diesem Streckenast liegende Haltepunkt Glossen ist von Nebitzschen nur 1,5 km entfernt und wegen seiner im Aufbau befindlichen Museumsfeldbahn sehr an einem Anschluß an das bestehende 750mm-Schmalspurnetz interessiert. Verlockend und technisch relativ unaufwendig realisierbar erscheint noch ein anderes Projekt: die Umspurung einer Militärbahn von Oschatz nach Strehla. Vorteilhaft wäre - abgesehen von möglichen neuen Fahrgästen - die Wiederanbindung an den Strehlaer Elbhafen. Stefan Herforth 21
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Fahrzeiten der Schülerzüge Montag bis Freitag Frühzug Altmügeln ab Oschatz Lichtstraße an
6. 37 Uhr 7. 10 Uhr
Mittagszüge Oschatz Lichtstraße ab bzw. Altmügeln an bzw.
13. 20 Uhr 14. 20 Uhr 13. 59 Uhr 14.59 Uhr
Bilder 4 und 5: Neue Erfahrung: Begeisterung auf dem Schülerzug. Schülerzug auf der Brücke beim Haltepunkt Oschatz Körnerstraße. Bild 6 (rechts): Mit viel Liebe bei der Sache: Döllnitzbahner hauptberufliche und ehrenamtliche - und ihre IV K.
Bild 7: Routinearbeit: Verladung von Regelspuwagen auf Rollwagen im weitläufigen Güterbahnhof Oschatz. Abb.: St. Herforth (1, 3, 4, 6, 7), J. Albrecht (5), M. Werning (2)
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Entlang der Flöha ins &pielzeugland(( 1875: Die Flöhatalbahn hatte das obere Erzgebirge erreicht und endete mit einer Flügelstrecke in Olbernhau. Nun war zwar eine Verbindung zu dem Industriezentrum Chemnitz geschaffen; aber was hatten die umliegenden Gemeinden davon? Es hagelte Petitionen über Petitionen - 20 Jahre später rollte der erste Zug auf der erzwungenen Verlängerung hinauf nach Neuhausen, und heute, nach 100 Jahren, ist das noch immer so. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 1883 drängten die Einwohner und Gewerbetreibenden aus dem Neuhausener Raum auf einen Eisenbahnanschluß. In gleichmäßigen Abständen, etwa alle zwei Jahre, brachte man sich bei der sächsischen Landesregierung in Erinnerung. Natürlich machte man sich Gedanken, wie sich die Angelegenheit beschleunigen ließe. Als der entscheidende Punkt galt die Idee des Anschlusses an die alte LDEStrecke Nossen - Moldau bei Bienenmühle. Dieser Bahnhof mit seinem Bahnbetriebswerk war ohnehin der Betriebsmittelpunkt auf der Strecke nach Böhmen. Es existierten umfangreiche Lokbehandlungsanlagen zur Betreuung der Wendelokomotiven der aus dem Böhmischen kommenden Kohlenzüge für das sächsische Industriegebiet ChemnitdFreiberg. Ferner lag die Schmalspurstrecke Mulda - Sayda in der Nähe, die man, auch bei schmalspuriger Version, als Weiterführung bzw. Anschluß im Auge hatte. Den vielen Petitionen, die auch andere Streckenführungen vorantreiben sollten,
konnte sich die sächsische Landesregierung nicht mehr verschließen. Eine Kommission, bestehend aus Räten des Finanzministeriums, bereiste die Gegend und legte 1891 ein Projekt mit der Streckenverlängerung Olbernhau - Neuhausen zur Genehmigung vor. Im Frühjahr 1892 stimmten die Stände dem Projekt zu. Im Mai 1892 wurde bekanntgegeben, auf welche Grundstücke das Expropriationsgesetz angewendet werden sollte. Sämtliche Enteignungsangelegenheitenund Flurmarkierungen konnten dank des Interesses an der zu bauenden Linie recht zügig abgewickelt werden, so daß schon der März 1893 als der Monat des ersten Spatenstichs übermittelt worden ist. Dem Flöhatal folgend arbeiteten sich die beiden Bautrupps voran. Brücken und Hochbauten waren fertig, bevor das Gleis verlegt wurde. Eröffnung war am 30. September 1895. “Pünktlich um 9 1/2 Uhr, zur festgesetzten Zeit, setzte sich der lange, festlich geschmückte Zug in Bewegung ...” Vom Bahnhof Olbernhau aus verläuft die
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Bild 1 (oben): Lok 86 049 im oberen Flöhatal kurz vor. der Station Seiffen. Bild 2: Das Permnal des Bahnhofs Olbernhau hat sich zum “Photo”-T( min eingefundc Schmückende Beiwerk ist einsächs. VII T (um 1900).
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Bild 3: 86 184 wartet in Olbernhau mit P 2908 von Chernnitz auf Abfahrt nach NeuhauSen. Der Zug hat eine außergewöhnliche Länge, da der MarienbergerZugteil arn 6. Mai 1966 nicht in Pockau abgehängt wurde und nach Neuhausen durchlief.
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Bild 4 (links): Auf der Rückfahrt nach Olbernhau rollt 86 049 mit einem Pfiff in Seiffen ein. Bild 6 (rechts): Service für Modelleisenbahner: Bahnhof Neuhausen als Thema einer Modelleisenbahnanlage. Der romantisch in das Tal eingebettete Bahnhof füllt die meiste Fläche aus. Hinter den Wohnhäusern windet sich die Strecke hinab. Eine Wendeschleife oder ein mehrgleisiger Abstellbahnhof mit Umfahrgleis dient zum Zugwechsel. Lokbehandlungsanlagen, Abstell- und Gütergleise erlauben einen abwechslungsreichen Fahrbetrieb. Ferner haben Landschaftsbauer hier ein großes Aufgabengebiet. Am Hang liegt u.a. der alles beherrschende Kirchturm und dahinter beim Vorbild eine Sprungschanze. Man kann auch vom Flußlauf an das Gelände nach vorn wieder ansteigen lassen und erreicht so einen echten Blick in das Tal hinein. Auf etwa 2,5 m x 1 m ließe sich die Anlage in Nenngröße HO realisieren. Bild 5 (unten links): Als die 86 049 noch als fahrtüchtige Heizlok in Pockau-Lengefeid beheimatet war, nutzte man sie für Ubergabefahrten in Richtung Neuhausen. Hier drückt sie einen Wagen hinter Heidersdorf die Strecke hinauf. Bild 7: Ein Nebenbahn-Idyll im östlichen Erzgebirge. 202 681 passiert auf ihrer Talfahrt die Schaffermühle. Unter der Stahlkonstruktion endete das 138 m lange Anschlußgleis.
NiTrasse parallel der Stadt hinunter zum Ortsteil Grünthal, dem Industriezentrum der Stadt. Hauptkunde waren das AnthrazitWerk von Joh. Schlutius und die Firma Lange. Der erste Anschluß existierte aber nur bis in die frühen zwanziger Jahre. Dagegen sind noch heute, 100 Jahre nach Beiriebseröffnung, Rangierfahrten in die Anlagen des Blechwalzwerkes (ex Lang) zu beobachten. Das Werk war einst einer der renommiertesten Hersteller von Kupferblechen und erlangte Weltruf! So lieferte man die Kupfererzeugnisse an fast alle deutschen Lokomotivfabriken zum Bau von Feuerbüchsen. Das Anschlußgleis kreuzt hinter dem Bahnhof Olbernhau-Grünthal die Straße nach Neuhausen/Seiffen. Unmittelbar hinter der Anschlußweiche wird mittels einer Rautenfachwerkbrücke die Flöha überspannt. In weiten Kurven strebt die Strecke dem alten Abzweig nach Deutschneudorf ent-
gegen (siehe EJ 9/1992).Im Anschluß beschreibt die Trasse eine scharfe Linkskurve und verläuft an der sächsisch-böhmischen Grenzlinie bis Oberneuschönberg. Dann windet sie sich in stetiger Steigung hinauf in Richtung Heidersdorf. Wenige Kilometer vor dem gleichnamigen Haltepunkt zweigt das Anschlußgleis der Schaffermühle ab. Es wurde von Heidersdorf aus bedient. Heutzutage ist es nicht mehr in Betrieb und verkrautet zusehends. Nächste Station am mittlerweile nur noch durchgehenden Streckengleis ist, wie gesagt, Heidersdorf. Hinter der kleinen Station geht es zum wiederholten Male über die Flöha. Langsam verengt sich das weite Tal, und nach zwei weiten Kurven folgt die Einfahrt in den Haltepunkt Seiffen. Dieser hatte einst besonders im Reiseverkehr seine Bedeutung. Früher nutzten die Spielzeugmacher aus Seiffen und Umgebung die Eisenbahn, um ihre Produkte selbst
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nach Olbernhau zum Verkauf zu bringen. Bahn und Straße laufen in der Folge parallel nach Neuhausen hinein. Besonders die Bahnhofseinfahrt der kleinen Stadt war bis jetzt reizvoll. Auf zwei kurz hintereinanderfolgenden Stahlträgerbrücken wurde ein Flöhabogen gemeistert. Dazwischen fand die Trasse gerade noch an der Rückfront eines Schieferhauses und an einem Berghang Platz. Die Krönung: der Schrankenposten an der Ortsstraße! Umfangreiche Straßenbaumaßnahmen und eine elektrisch betriebene Schrankenanlage bereiten derzeit diesem “Traum” ein Ende! Romantisch liegt der Bahnhof eingebettet in das Schwartenberggebiet. Mit seinen zwei Haupt- und sechs Nebengleisen ist er Endpunkt der Linie. Am Streckenende sind Anschluß- und Lokschuppengleise zu finden. Der Schuppen hat typische sächsische Nebenbahnmaschinen beherbergt. Hauptsächlich wickelten Lokomotiven der Reihen 86 und 913-’* den Betrieb ab. Letztere behaupteten sich gegenüber der Reihe 89 Ende der dreißiger Jahre. Wenige Jahre leisteten 64er des Bw Pockau-Lengefeld Dienst auf der Strecke. Sie verschwanden im Zuge der Gattungsbe-
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E” J Bild 11: Der Neuhausener Gleisplan um 1965. Bild 8 (links): Nur noch Stille herrscht auf den GleisanlaSen, sobald der Nach-miitagszug den Endbahnhof Neuhausen verlassen hat. Bild 9 (llnke Seite Mitte): Gleich zwei Sonderzüge sind am 12. Dezember 1993 in NeuhauSen eingetroffen.
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Blid 10 (Ilnke Seite unten): Unter den Augen einiger weniger Fotografen erioigte am 5. Februar 1984 der Abtransport der zerbeulten 75 515 in Richtung Meinigen.
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Bild 12 (links): Romantische Einfahrt in- Gleis 1. Blid 13: 86 049 erholt sich am Lokschuppen. Ein provisorischer Schlauchanschluß zeugt vom schon lang verschwundenen Wasserkran. Abb. 1, 4, 6 bis 8, 11 bis 13: H. Schoiz; 2, 3: Sig. Schoiz; 5, 9, 10: U. Graunltz
reinigung um 1947 in Richtung Norden. Die 86049 erinnerte noch lange an alte Zeiten und zog die Plandampf-Fans bei ihren letzten spontanen Einsätzen vor Ablauf der Kesselfrist in Scharen an. Ende 1966 verdieselte man die Strecke mit Maschinen der Baureihen 106 und 110. Prominentester Gast des Neuhausener Lokschuppens neben der 35 und 382-3war die 75 515. Viele Jahre “versteckte” man hier die in Chemnitz Hbf durch einen Rangierunfall demolierte Lokomotive bis zum Beginn ihrer Aufarbeitung. Gleis 1 ist Bahnsteiggleis und liegt vor dem Empfangsgebäude. Einst nutzte man seine direkte Streckenverlängerung (etwa 250 m) als Anschlußgleis für umfangreiche Materialtransporte zum Talsperrenbau. lnfolge des Rückgangs des Transportaufkommens wurde Neuhausen als Gütertarifpunkt aufgelöst. Mit dem “Titel” eines Regionalbahnzugs Iäßt sich Mitte der neunziger Jahre kaum noch ein Fahrgast anlokken. Eine Attraktion ist Neuhausen jedoch besonders in der Advents- und Weihnachtszeit, als Ziel für Sonderzüge hinauf ins “Spielzeugland. Neuhausen und Seiffen mit einer Schauwerkstatt und dem Spielzeugmuseum mit der NußknackerAusstellung sind jederzeit eine Reise wert. Nirgendwo sonst in Europa kann man erleben, wie aus gedrehten Holzreifen unter den Händen der Spielzeugmacher Unmengen bezaubernde Figürchen geschnitzt werden und trotz Computer-Spielzeug Kinderaugen zum Leuchten bringen. Mehr über Geschichte und Details zur Strecke erfahren Sie in einer Festschrift, die auf allen Unterwegsbahnhöfen und von der IG Preßnitztalbahn zu haben ist. HS
ÖBBReihe 1245:
Abschied auf
Nach dem Ausscheiden der Altbau-Ellokreihen 1045 und 1145 in den letzten Jahren geht nun bei den Österreichischen Bundesbahnen auch der Planeinsatz der Reihe 1245 sukzessive seinem Ende entgegen - ein Abschiec' - - - p Raten also!
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1s der Streckenausbau Ende der zwanziger Jahre den Lokomotivpark soweit als möglich ergänzt hatte, zogen die ÖBB 1931 weitere Streckenausbauten in Erwägung, und zwar die Detailprojektierung für die Salzburger Linie. Tatsächlich kam man aber auch diesmal über die vorbereitenden Arbeiten nicht hinaus. Günstiger war es dagegen mit der Elektrifizierung der beTauernbahn (max. Neigung bei 25°/00) stellt, wobei die Nordrampe im Jahre 1933 und die Südrampe 1935 fertiggestellt und dem Betrieb übergeben werden konnte. Damit war nun ein dritter schwieriger Alpenübergang (neben Arlberg- und Brennerbahn) von der Dampftraktion befreit. Zunächst beabsichtigten die ÖBB seinerzeit, eine Universallok zu beschaffen. Diese sollte nicht nur Dienste aller Art auf Rampenstrecken leisten, sondern auch eine ausreichende Geschwindigkeitsreserve für flachere Streckenabschnitte im Schnellzugdienst aufweisen. Dabei kam es erstmals zu einer Arbeitsgemeinschaft, der “ABES, bestehend aus vier österreichischen Elektrofirmen (AEG-Union, BBC, Elin und Siemens-Schuckert), mit dem Ziel, einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch im Bahnsektor zu betreiben. Als Lieferer des mechanischen Teils war die Wiener Lokomotivfabrik in Floridsdorf beteiligt, die gemeinsam mit der ABES mehrere Entwürfe ausarbeitete, und daraus entstand die erste österreichische “Einheitslokomotive”. Diese Art von Zusammenarbeit erwies sich zu damaliger Zeit als sehr fruchtbar und besteht noch heute im österreichischen Lokomotivbau. Die ersten Überlegungen stützten sich auf die überaus guten Erfahrungen der Lokreihe 1170.1. Eine Untersuchung ergab, daß in der Beibehaltung des Hohlwellenantriebes, durch den Einbau von Tatzlagermotoren eine Leistungssteigerung um 20% durchaus möglich war, wobei die Achslast
auf etwa 19 t anstieg. Doch die ÖBB standen diesem Vorschlag negativ gegenüber, und die Firmen erarbeiteten neuerdings einen Entwurf mit dem bereits bewährten Secheron-Antrieb. Gegenüber der 1170.1 kam es zu keinen wesentlichen Unterschieden, mit Ausnahme der Brückenabstützungen, die nunmehr von vier seitlich in Drehzapfenmitte angeordneten Federn besorgt wurden. Diesem Entwurf standen die ÖBB schon etwas positiver gegenüber, doch sie forderten vorerst noch weitere Studien. Dies war deshalb erforderlich, damit man nicht mit den gleichartigen lauftechnischen Problemen wie bei der Reihe 1670 konfrontiert war und da die geplante Lokreihe als Universallokomotive in einer größeren Stückzahl beschafft werden sollte. Ein anderes Projekt wäre eine Do-Lokomotive gewesen, deren mittlere Achsen einen festen Achsstand bildeten und die beiden äußeren ein Seitenspiel von 40 mm hatten, weshalb auch diese Studie wegen lauftechnischer Nachteile verworfen wurde. Der dann endgültige Vorschlag entsprach weitgehend den Ausführungen der Reihen
1170.0 und 1170.1. Im Jahre 1934 kam es zunächst zu einer Erstbestellung von acht Lokomotiven (Gesamtleistung 1600 kW), die aber im Bereich des Lokkastens einige Unterschiedsmerkmale aufwiesen: 1170 201 bis 206: abgerundetes Dach, kleine FrontfenSter, Führerstandstüren in der Schrägung angeordnet 1170 207 und 208: vorgezogenes Dach (dient als Sonnenschutz), größere Stirnfenster (der Lokkasten ähnelt der Reihe 1170.1), Führerstandstüren in der Seitenwand angeordnet 1170 201 bis 206 waren für die Tauernbahn bestimmt, während 1170 207 und 208 speziell für die Tiroler Strecken beschafft wurden. Der Drehgestellradstandwurde gegenüber der 1170.1 auf 3100mm vergrößert, dadurch ergab sich ein größerer Laufkreisdurchmesser von 1350 mm, der wiederum eine größere Motorleistung bewirkte. Die Steuerung und die Widerstandsbremse wurden unverändert von der 1170.1 übernommen. Dennoch mußte der Trafo neu entwickelt werden. Als wesentliche Änderungen sind noch zu nennen: die weit vorgezogene Brücke, die für eventuelle Vorbauten Verwendung finden sollte. Die
Enden wurden verjüngt und mit starken, fischbauchartig geformten Seitenwangen ausgestattet. Die Seitentüren fanden in der Schrägwand Platz, wodurch man auf eine Stirnwand-Mitteltüre verzichten konnte, aber dennoch ein Übergang zum Zug gewährleistet war. Die ersten acht Loks erreichten ein Dienstgewicht von 83,5t, was auch heute noch als Grenzwert erachtet wird. Dank des unermüdlichen Schaffens seitens der Arbeitsgemeinschaft ABES und der ÖBB gab es kaum nennenswerte Anstände bei der neuartigen Lokreihe zu verzeichnen. Im weiteren kam es noch zweimal zu einer Nachbestellung, wobei sowohl im elektrischen als auch im mechanischen Teil einige Änderungen vorgenommen wurden, die zum Teil hinsichtlich der Lokkastengestaltung auch Kritik fanden. Abgesehen davon waren jedoch sämtliche Schaltorgane und Meßgeräte so angeordnet, daß es dem Lokführer möglich war, alle Einrichtungen im Sitzen zu beobachten beziehungsweise zu bedienen. Aufgrund des beschlossenen Elektrifizierungsprogramms der BBÖ aus dem Jahr Eisenbahn-Journal 1111995
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1936 wurden daraufhin weitere 25 Loks (die Stundenleistung betrug jetzt 1840 kW) bestellt. Die Auslieferung erfolgte in den Jahren 1938 und 1939, wobei 19 Lokomotiven (1 170 209 bis 227) für die Strecke Salzburg - Linz und sechs Loks (1170 228 bis 233) für die Tauernbahn vorgesehen waren. Von den insgesamt 25 Loks erhielten zehn Maschinen (1170219 bis 228) keine Widerstandsbremse, sichtbar an den fehlenden Widerständen am Dach, und fünf Loks (1170 229 bis 233) wurden sogar mit einer Vielfachsteuerung ausgestattet. Nach der Annexion Österreichs durch Deutschland wurden die 1170.2 in das deutsche Nummernschema integriert und erhielten die Nummern E 45 201 bis 233. Noch im selben Jahr bestellte die DRG weitere acht Stück der Reihe E 45.2 und nahm sie als E 45 234 bis 241 in Betrieb. Das letzte Baulos wurde einheitlich wie ab der neunten Lokomotive geliefert. Bild 3: 1245 514 mit Güterzug 76113 am Ein-
gang zum Gesäuse auf der Strecke von Selzthal nach Hieflau am 3.9.1994. Abb.: C. Cox
Bild 4: Wörgler 1245 leisteten
schweren Güterzügen von Innsbruck nach Salzburg zwischen Wörgl und Saalfelden Vorspann (Aufnahme vom. Mai 1981 bei Hochfiizen). Abb.: A. Ritz
Neben den bisher weiter oben genannten Einsatzgebieten dieser Lokreihe kamen nun während des Krieges auch Lokomotiven im benachbarten Bayern zum Einsatz und wurden dem Bahnbetriebswerk Garmisch-Partenkirchen zugeteilt. Während dieser Zeit kam es sogar zu Vergleichsfahrten zwischen der österreichischen E 45.2 und der deutschen E44, die zugunsten der E 45.2 ausgingen. Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches waren fünf Lokomotiven (E 45 202, 204, 205, 207 und 208) in Garmisch beheimatet, die am 20. September 1945 gegen neuwertige E 44 ausgetauscht wurden. E 45 206, 215 und 226 fielen den Kriegswirren zum Opfer, in der "Ostmark verblieben noch 38 Stück. Nach Kriegsende blieben die 1245 auf die Zugförderungsleitungen Villach und Linz verteilt, wobei letztere Lokomotiven ohne Widerstandsbremsen erhielt. Einige Jahre
Technische Daten der Reihe 1245 Betriebsnummer
Achsfolge Lieferer Höchstgeschwindigkeit Länge über Puffer Gesamtachsstand Achslager Art des Antriebs Ubercetzung Steuerung Stundenleistung bei Geschwindigkeit Trafodauerleistung Achsdruck 1. Achse 2. Achse 3. Achse 4. Achse Reibungsgewicht Dienstgewicht
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1245 001 008
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1245 509 518 1245 529 - 541
1245619-628
Bo'Bo' ABES/Lofag 80 km/h 12 920 mm 9 040 mrn
Gleitlager Secheron 21:39 Schützensteuerung mit 17 Fahrstufen 1600 kW 1840 kW 1840 kW 47 km/h 56 kmh 56 km/h 1420 kVA 1900 kVA 1900 kVA 20,7 t 20,7 t 20,4 t 20,8 t 20,4 t 20,8 t 20,8 t 20,8 t 20,5 t 20,7 t 20,7 t 20,4 t 83,O t 83,O t 81,7 t 83,O t 83,O t 81,7 t
später wurden die Linzer 1245 an den Direktionsbereich Villach abgegeben und in Knittelfeld beheimatet. Mit dem 1. April 1953 erfolgte die Eingliederung in das ÖBB-Nummernschema (mit Lücken) und wurden die nachstehenden Betriebsnummern vergeben: 1245 001 bis 005,007 und 008 (für jene Loks mit einer jeweiligen Gesarntleistung von 1600 kW) 1245 509 bis 518 sowie 529 bis 541 (Loks mit Widerstandsbrernse) 1245 619 bis 628 (Loks ohne Widerstandsbremse) Im Laufe der darauffolgendenJahre erfolgten bei sämtlichen Maschinen diverse Veränderungen am Lokkasten, um eine einheitliche Gestaltungsform zu haben. Augenfällig dabei waren wie immer die Stromabnehmer, wobei alle Lokomotiven ab sofort Stromabnehmer der Bauart V erhielten, dann der Wegfall der Seitentüren in der Wandschräge, die in die Seitenwand versetzt wurden, sowie die Vorbauten für die Hilfsbatterien. Ab Mitte der sechziger Jahre wurden die vorhandenen neun 1245.6 nachträglich mit einer Widerstandsbremse ausgestattet, um eine vielfältigere Einsatzgestaltung zu ermöglichen. Als erste wurde die 1245 61 9 im Januar 1965 umgebaut. Ihr folgten im Jahr 1967: 1245 628 und 625; 1969: 1245 620, 624 und 623; 1970: 1245 621 und 622 sowie als letzte im Jahr 1971 die 1245 627. Aus Gründen der Vereinheitlichung wurde das Dach bei allen Lokomotiven dem der 1245 07 und 08 angeglichen. Zudem wurden bei der 1245 01 bis 06 die in der Schrägwand eingebauten Türen in die Seitenwand versetzt. Die Schrägwand wurde verschlossen und mit einem Seitenfenster versehen. Der störanfällige Expansionsschalter wurde durch einen Druckluftschnellschalter DBTF ersetzt und zugleich die Gleichstromanlage modernisiert. Außerdem erhielten alle Maschinen auf der linken Seite einen Hilfsfahrschalter. Auf die bisherige grüne Farbgebung wurde verzichtet. Es erfolgte dann die blutorangefarbige Lackierung, die aber nur noch die 1245 03 betraf. Die restlichen 1245 wurden im Laufe der siebziger Jahre umlakkiert. In den siebziger Jahren erstreckte sich das Einsatzgebiet der 1245 über die Direktionsbereiche Innsbruck, Linz und Villach. Ihr Aufgabengebiet lag vorzugsweise im Eilzug- und Personenzugdienst. Mit zunehmenden Neulieferungen der Thyristorlok 1044 veränderte sich auch ihr Alltagsleben; sie wurden zunehmend aus dem Eilzugdienst, später sogar auch aus dem Personenzugdienst verbannt. Danach beförderten sie Bezirksgüterzüge. Am 26. September 1980 schied 1245510 als vierte Lok dieser Baureihe nach einem Unfall in Kitzbühel aus. Als nächste folgte 1245539 am 29. Juni 1983, nachdem sie in St. Michael am 27. April 1983 einen Unfall gehabt hatte. Zwei Jahre später wurde am 1. August 1245 528 ausgemustert und etwa drei Jahre später, am 1. Mai 1988, 1245 538. Am 1. Oktober 1988 kam es zur
Kassierung von 1245517 und 521. 1245 003 und 535 wurden nach einem Unfall in Fieberbrunn am I . September 1992 ausgemustert und bei der Firma RAGG in Hall in Tirol verschrottet. Als erste "Museumslok erfaßte die Ausmusterungswelle am 1. Februar 1994 die grüne Villacher 1245 520. Am 1. Juli 1994 wurde die Wörgler 1245 532 aus dem Bestand gestrichen. I245 509 und 512 schieden am l . Oktober aus. Am l . Januar 1995 wurden alle Wörgler 1245 (001 wurde Vz 01 1 .Ol", Standort Zfl. Wien-West; 004, grün, ist dort Museumslok) ausgemustert. Mit der 1245 524, 525, 529 und 534 minimierte sich am 1. März auch der Lokbe-
sei noch erwähnt, daß sich die Lokreihe 1245 der Österreichischen Bundesbahnen vollauf bewährt hat und im Betriebsdienst sehr positiv in Erscheinung trat. Immerhin beachtenswert ist, daß die 1245 neben den 1020 nach dem Zweiten Weltkrieg das Rückgrat der elektrischen Zugförderung in Österreich waren.
Der elektrische Teil
Auf dem Dach befanden sich anfangs zwei Stromabnehmer der Einheitsbauart II bzw. III bei den letzten 33 Loks und die Bremswiderstände, außer bei 1 170 21 9 bis 228. Darunter liegt der Motorraum, in dem sich ein ölgekühlter Kerntransformator in Sparschaltung befindet, wobei bei der Erstserieder Kern liegend mit Röhrenwicklung ausgeführt ist. Die Nachlieferungen besaßen einen Trafo mit einem stehenden Kern und einem zusätzlichen Ölquirl. Er hat neun Anzapfungen für die Abnahme der Fahrmotorspannungen und zwei für die Zugheizspannungen. Bei den Loks 1170 201 bis 208 beträgt die Einstundenund die Dauerleistung des Haupttrafos 1900 und 1420 kVA. Ab der LoknumBild 5: 1245 533 mit Postzug in Bad Aussee. Abb.: M. lnderst mer I170209 aufwärts sind die Leistand in Knittelfeld und Selzthal, gefolgt stungen dementsprechend größer und bevon 1245 527 am 1. April 1995. In einem tragen 2270 kVA bzw. 1900 kVA inklusive weiteren Monatsintervall schieden die Vilder 60 kVA für die Hilfsbetriebe. Das erste Baulos verfügt über ein Hauptlacher 1245 519 und die Selzthaler 1245 531 aus dem Betriebsdienst aus. schalter ELO3, der sich bereits bei den Noch in den neunziger Jahren kam es zu Lokreihen E 88.2 (ÖBB 1280), E 22.1 (ÖBB weiteren Umbaumaßnahmen, die anfangs 1670) und E 22.2 (ÖBB 1670.1) bestens in Wörgl, später in lnnsbruck erfolgten, wo bewährt hatte. Ab der Loknummer die störungsanfällige und zu wenig wirksa1 170 209 verwendete man den Expanme Widerstandsbremse ausgebaut wurde. sionsschalter R 618. Mit dem Stichtag 1. Juli 1995 waren noch Die 1 170 201 bis 208 haben je vier Moto17 Lokomotiven im Einsatzbestand, die ren des Typs EM 401, wogegen die sich wie folgt verteilten: 1170 209 bis 241 mit leistungsstärkeren Motoren des Typs EM 402 versehen sind. Knittelfeld: 1245 523 (grün),530,537,540und 541 (5) An den Motorraum anschließend sind zwei Selzthal: 1245 002, 005 (grün),007 und 008 (4) 1245 511,513,514 (grün),533 und 536 (5) Führerstände angeordnet sowie die beiVillach: 1245 516, 518 und 522 (3) den Vorbauten. Auf der rechten Seite jeGeplant war eigentlich die Abstellung aller des Führerstandes sind das Bedienungseinsatzfähigen 1245 mit Fahrplanwechsel. pult angeordnet sowie einige KontrollamDie Selzthaler werden von Amstetter 1040 pen und diverse Schalter. Die Steuerung abgelöst. Nach dem Fahrplanwechsel be- ist die bei der Reihe 1170 angewendete steht in Selzthal ein Mischbetrieb von vier elektropneumatische Einzelschaltsteue1040 (012 bis 015), der 1041 222 und von rung. Die Steuerung der Fahrmotoren erdrei 1245, die weiterhin noch als Reserve folgt durch 18 Fahrstufen, wobei die ersten tätig sein werden. Weitere 1040 werden Stufen als Verschubstufen verwendet wernach Selzthal umstationiert, sobald genü- den können. Markus lnderst gend 1163 abgenommen sind. Auch in ist der Rückzug der 245 voll im Der besondere Dank des Autors gilt den ZUgfördeGang, da kurzfristig auch Mürzzuschlager rungen lnnsbruck, Knittelfeld, Selzthal, Villach und Wörgl sowie Herrn Hoch, Wien. 1040 übernommen werden. Abschließend
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Bild 6: Mit einem Güterzug von Kitzbühel nach Saalfelden passiert 1245 532 am 7.5.1981 ein altes Bahnwärterhauc bei Fieberbrunn. Abb.: A. Ritz
’Die KittelDampfkriebwagen Die ersten Versuche, wirtschaftlich arbeitende Dampfwagen anstelle lokomotivbespannter Züge einzusetzen, gab es bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Den ersten deutschen Dampfwagen lieferte Borsig im Jahre 1854. Gegen Ende der siebziger Jahre folgten Dampftriebwagen der Bauart Weißenborn. Zur gleichen Zeit schuf die Maschinenfabrik Esslingen zwei doppelstöckige Dampfwagen der Bauart Thomas für die Hessische Ludwigsbahn. Auch die Lokomotivfabriken Hohenzollern und Krauss entwickelten in den achtziger Jahren ahnliche Fahrzeuge. Meist blieb es jedoch bei Einzelstücken. Erst die weiteren Aktivitäten der Maschinenfabrik Esslingen verhalfen dem Dampftriebwagen um die Jahrhundertwende zum Durchbruch.
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roße Beachtung fand zu Beginn der neunziger Jahre ein Triebwagen mit Dampfmaschine, den die Societe Serpollet in Paris entwickelt hatte. Die Antriebsenergie lieferte ein im Führerstand angeordneter feuerfester Schrank mit einem RöhrenSystem. Diese Röhren wurden durch eine direkte Feuerung auf Glühhitze gebracht. Durch Einpumpen von Wasser entstand überhitzter Dampf, der nun direkt den beiden Zylindern zugeführt wurde. Als sehr nachteilig erwies sich das Fehlen eines Speicherraums im Dampferzeuger. Einen solchen Triebwagen lieferte die Firma Serpollet bereits im Jahre 1897 an die Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen, die dieses Fahrzeug als DW 1 bezeichneten. Trotz der noch vorhandenen “Kinderkrankheiten” griff die Maschinenfabrik Esslingen die Idee auf, nahm eine Lizenz und lieferte an die K.W.St.E. von 1899 bis 1901 drei Fahrzeuge DW 2 bis 4, die nach gemselben einfachen Prinzip gebaut waren. Drei weitere Dampfwagen fast gleicher Bauart, jedoch etwas leitungsfähiger, folgten als DW 5 bis 7 von 1901 bis 1903. Inzwischen hatte Eugen Kittel, Obermaschinenmeister bei der K.W.St.E., einen neuen stehenden Dampfkessel entworfen,
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Bild 2: Seitenansicht des ehemals badischen Dampftriebwagens 1004 als DT 5 der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1934 - beheimatet beim Bw Freiburg Pbf. Der arößere Achsstand von 5500 mm rückte die Laufachse weiter nach hinten. Dahinter befand sich der zweite Wasserbehälter. Weitere Baumerkmale sind die geschlossene Plattform, Kolbenschieber und die gerade Rückwand des Führerstandes. Bild 3: Als DT 13 war der ehemals württembergische Kittel-Triebwagen des Baujahres 1905 lange Zeit zwischen Maulbronn West und Maulbronn im Einsatz. Abb. 2 und 3: Maey, Sammlung Obermayer I
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der gegenüber dem Schrank von Serpollet viele Vorteile aufwies. Der vom Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen preisgekrönte Kittel-Kessel verfügte über eine stehbolzenlose Wellrohrfeuerbüchse mit etwas vergrößerter Heizfläche, einen nun ausreichend großen Dampfraum, eine größere Verdampfungsoberfläche am oberen Kesselende und eine in den Abgasen liegende Überhitzerschlange. Nach Fertigstellung der ersten Kessel im Jahre 1905 wurden damit zunächst der DW2,und danach die neuen, im Jahre 1905 von der Maschinenfabrik Esslingen gebauten Dampfwagen 8 und 9 ausgerüstet. Bis 1908 waren dann auch die DW 3 bis 7 entsprechend umgebaut. Der neue Kittel-Kessel war um 200mm von der Längsachse nach rechts versetzt eingebaut worden. Der DW 1 war bis zu diesem Zeitpunkt bereits ausgemustert. Bis einschließlich DW 7 zeigten die Fahrzeuge noch eine große Ähnlichkeit mit normalen Reisezugwagen. Der Wagenkasten wies über die ganze Länge eine einheitliche Breite von 2900 mm auf. Im Fahrgastraum mit einem Mittelgang standen 40 Sitzplätze zur Verfügung. Ab dem DW 8 hatte die Maschinenfabrik Esslingen die Konstruktion der Fahrzeuge geändert. An den nun 3080 mm breiten Maschinenraum schloß sich der nur 2480 mm breite Fahrgastbereich an, unterteilt in einen Gepäckraum mit sieben Klappsitzen und zwei Abteile mit je 16 Sitzplätzen, je eines für Raucher und Nichtraucher. Im Gepäckraum war auch noch ein Teil des Wasservorrats untergebracht. Die größere Breite des Führerstandes, mit den nun in der Rückfront eingebauten Fenstern, erlaubte dem Fahrzeugführer eine
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bessere Streckensicht bei Fahrten mit der Laufachse voraus. Von dieser Bauart stellte die K.W.St.E. bis zum Jahre 1909 die Dampfwagen DW 8 bis 17 in Dienst. Die Leistung der Fahrzeuge lag bei ungefähr 80 PS. Charakteristische Baumerkmale waren der nach links um 200 mm seitlich der Längsachse angeordnete Kittel-Kessel, die im Bereich der Wasser-Einfüllöffnungen abgeschrägten hinteren Wandteile des Führerstandes mit den darin vorhandenen Fenstern und die Flachschieber der Dampfzylinder. Alle zehn Fahrzeuge hatten einen einheitlichen Achsstand von 5000 mm, eine Länge über Puffer von 11 436 mm und waren Bild 1 (oben): Dampftriebwagen DW 8 der Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen mit Kittel-Kessel. Charakteristische Baumerkmale waren die Flachschieber, die abgeschrägte Rückfront des Maschinenraums, die seitlich offene hintere Plattform, breitere Fenster und der kürzere Achsstand. Abb.: ME, Sammlung Obermayer Bild 4: Aus dem Jahre 1915 stammt der frühere Dampfwagen 1005 der Badischen Staatseisenbahnen, der in den dreißiger Jahren als DT 6 zum Bestand des Bw Heidelberg zählte. Abb.: Bellingrodt, Slg. Obermayer
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für 60 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen. Die für Einmannbedienung eingerichteten Fahrzeuge galten als sehr zuverlässig. Geringe Anschaffungs-, Betriebsund Wartungskosten machten die KittelDampftriebwagen zu den wirtschaftlichsten Triebfahrzeugen der damaligen Zeit. Sie waren für den Einsatz auf Haupt- und Nebenstrecken gleichermaßen geeignet und in der Lage, auch zwei bis drei Wagen mitzuführen. Diese Gegebenheiten sicherten der Maschinenfabrik Esslingen weitere Bauaufträge mit insgesamt 18 Fahrzeugen für verschiedene andere Bahnverwaltungen. Für den Einsatz auf 750-mm-Schmalspurbah-
nen beschaffien die K.W.St.E. auch noch einen vierachsigen Kittel-Dampftriebwagen DWss.
Auch in Baden Dem ersten Dampftriebwagen,den die Maschinenfabrik Esslingen im Jahre 1902 an die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen geliefert hatte, war ein nur kurzes Dasein beschieden. Das noch mit einem Serpollet-Dampferzeuger ausgestattete Fahrzeug mit der Betriebsnummer 6606, das weitgehend den württembergischen DW 2 bis 4 entsprach. wurde bereits 1905 ausgemustert.
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Die nächsten Lieferungenfolgten erst 1914 mit den Dampftriebwagen 1000 bis 1002, die Esslingen unter den Fabriknummern 3692 bis 3694 gebaut hatte. Offenbar bewährten sich die Triebwagen gut, denn im Jahre 1915 lieferte die Maschinenfabrik Esslingen weitere fünf Fahrzeuge mit den Fabriknummern 3749 bis 3753 und den badischen Betriebsnummern 1003 bis 1007. Alle Fahrzeuge verfügten bereits ab Werk über einen Dampfkessel der Bauart Kittel. Bei großer Ähnlichkeit unterschieden sich diese Triebwagen doch in einigen Details von der letzten Serie von Dampfwagen für die K.W.St.E. Die “Badischen” hatten eine Länge über Puffer von 11 612 mm, einen Achsstand von 5500mm, und zu den 40 Sitzplätzen in den beiden Abteilen 3. Klasse kamen auch noch Sitzbänke für acht Reisende im Gepäckraum. Zu den sichtbaren äußeren Bauartunterschieden zählten der nun genau auf der Mittelachse stehende Kittel-Kessel, die gerade Rückwand des Maschinenraums im Bereich der Einfüllöffnungen für das Speisewasser, die Kolbenschieber der Zylinder, der geschlossene und verglaste hintere Einstiegsraum und die etwas schmaleren Seitenfenster. Die Beschaffungskosten für ein Fahrzeug aus der ersten Lieferserie beliefen sich auf 34255 Mark. Der Kohlenbehälter befand sich nun rechts vom Kessel, der Wasservorrat links davon und in einem großen Behälter unter dem Wagenboden hinter der Laufachse. In einer Zeichnung, die zu Beginn der fünfZiger Jahre in einer Modellbahn-FachzeitSchrift erschien, waren die Baumerkmale
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Fahrzeugnummer Länge über Puffer Achsstand Raddurchrnesser Zylinderdurchmesser Kolbenhub Dampfspannung Heizfläche gesamt Rostfläche Dienstgewicht Reibungsgewicht Inhalt Wasserkasten Inhalt Kohlenkasten Höchstgeschwindigkeit Sitzplätze Heizung Beleuchtung Baujahr
d ~ t a a t s e i Württembergs und Badens 1
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11 612 11 436 10966 10966 mm 10800 5000 5 500 4600 4600 4000 mm 1 000 1 000 1 000 1 000 1000 mrn 220 220 190 200 mrn 190 mrn 300 300 300 300 300 bar 16 16 16 16 16 m2 18,52 18,52 27,04 35,09 35,09’ rn2 0,46 0,46 0,62 0,71 0,71’ t 20,30 17,90 22,30 24,30 23,80 t 14,70 11,90 12,87 13,90 13,90, rn3 1,07 0,80 0,82 1,50 2,oo rn3 0,38 0,27 0,45 0,62 0,P km/h 30 50 50 60 60 33 40 40 39 40 Dampf für alle Wagen öi für alle Wagen l9I4 1893 1899 1901 1905 bis
bis
bis
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1901
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1909
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4nmerkung Die Daten gelten fur die Fahrzeuge vor dem Umbau.
badischer und württembergischer Dampfwagen leider vermischt. Hieraus resultierte wohl eine nicht von der Hand zu weisende Verunsicherung bei den verschiedenen Herstellern von Modellen. Alle bislang erschienenen Modellfahrzeuge der Baugröße HO entstanden nach einem Vorbild der Badischen Staatseisenbahnen. Nur die Firma Arnold wählte eine Bauart der Württembergischen Staatseisenbahnen, versah das Modell jedoch mit falschen Anschriften, die nicht dem Bezeichnungssystem der früheren Deutschen Reichsbahn entsprechen.
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Bei der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft Insgesamt 14 der von der Maschinenfabrik Esslingenvon 1903 bis 1915 an die Staatsbahnen Badens und Württembergs gelieferten Dampfwagen mit stehendem KittelKessel gelangten noch in den Fahrzeugbestand der Deutschen Reichsbahn. Nach dem Nummernplan von 1930, der auch noch von der DB bis 1955 beibehalten wurde, waren die Kittel-Dampftriebwagen als DT 1 bis DT 14 eingereiht worden. Die Nummern DT 1 bis DT 8 (CidT Bad 14)
waren den “Badenern” vorbehalten, der Rest den “Württembergern”. Vier Fahrzeuge der K.W.St.E. mit einem Achsstand von 5000 mm erhielten die Bezeichnung DT 9 bis DT 11 und DT 13 (CidT Wü 05). Zwei Triebwagen mit einem Achstand von 4600mm, die 1903 noch mit SerpolletKessel entstanden, trugen die Nummern DT 12 und DT 14 (CidT Wü 02). Schon in den zwanziger Jahren fuhren die beiden Triebwagen DT 10 und DT 11 bei der Rbd Karlsruhe. Belegt ist dies durch die neuen Nummernschilder und durch den inzwischen erfolgten Umbau auf Kolbenschieber. Der DT 10 war zunächst im Bw Karlsruhe Hbf beheimatet und auf der Strecke von Rastatt nach Wintersdorf eingesetzt. Eine Aufnahme aus den dreißiger Jahren zeigt den DT 11 im Bw Heidelberg. Damals hatten die Fahrzeuge noch einen grünen Wagenkasten mit schwarzen Absetzstreifen, ein schwarzes Untergestell, einen schwarzen Kessel und ein grausilbernes Dach. Die zunächst noch vorhandenen Korbpuffer wurden später gegen normale Hülsenpuffer getauscht. Der Vollständigkeit halber sei noch vermerkt, daß es sich bei den DT 15 und DT 16 um neuere Triebwagen einer ganz anderen Bauart der Deutschen Reichsbahn handelte, die erst in den Jahren 193333 gebaut bzw. umgebaut worden waren.
Sogar in Frankreich Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieben mindestens noch sechs KittelDampftriebwagen betriebsfähig. Drei da-
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Epocne-i-iviodell des Kittel-Dampftriebwagens Bild 6: Schmankerl für Modellbahner in HO: Kittel-Dampftriebwagenin Gemeinschaftsproduktion von Märklin und Trix. Sowohl das Märklin-Modell in limitierter Aiiflage als auch das TnxLaufe des Oktobers. Modell sollen heuer noch auf den Markt kommen voraussichtlich
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von fuhren bei der SNCF in Frankreich als XDR 10 102,10 103 und 10 109. Der XDR 10 103 ist noch 1955 im Einsatz als Personal-Diensttriebwagen im Elsaß beobachtet worden. Nicht ganz so alt wurden die beiden der DB verbliebenen Fahrzeuge DT 1 und DT 8 im Bw Freiburg P. Ersterer wurde am 12. März 1951 und der DT 8 am 3. März 1954 ausgemustert. Das letzte Einsatzgebiet war die Strecke Müllheim - Neuenburg. Bei der DB hatten die Triebwagen eine weinrote Lackierung des Wagenkastens mit gelben Absetzstreifen, ein schwarzes Untergestell und ein graues Dach. Ein weiteres Exemplar der badischen Dampfwagen soll nach 1945 noch in den Bestand der Deutschen Reichsbahn in der
ehemaligen DDR gelangt sein. Zur Betriebsnummer und zum Verbleib liegen leiHO der keine Angaben vor.
Bild 5 (linke Seite unten): Typenzeichnung eines Kittel-Dampftriebwagens der Württembergischen Staatseisenbahnen der BauSerie DW 8 bis DW 17 von 1905 bis 1909, Gattungsbezeichnung CidT Wü 05 der Deutschen Reichsbahn. Abb.: Archiv Obermayer
Bild 7: Typenzeichnung eines Kittel-Dampftriebwagens der Badischen Staatseisenbahnen der Bauserie 1000 bis 1007 von 1914 bis 1915, Gattungsbezeichnung CidT Bad 14 der Deutschen Reichsbahn. Abb.: H. Obermayer
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Karibik, Zucker und Dampf Nur in wenigen Ikindern gehören nennenswerte Dampjlokeinsätze noch z u m Alltag. Viele der lclassischen Reiseziele der Dampf Enthusiasten, wie Siidnfnlca und Polen, verbgen nur noch iiher ein, zwei “Schutzgebiete” f ; r Dampfrösser. Andprs dnclenen Kuha: Die Zuckerinsel in der Kari-
bik kann auch heute noch mit einem höchst vielfältigen Dampfbetrieb aufiarten. Während der Zuckerrohrernte von ,Januar bis April dampfen auf der Tnsel über 150 Dampfloks unterschiedlichster Bauarten, überwiegend amerikanischen Ursprungs, auf vier verschiedenen Spurweiten.
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Bild 1: Lok 1386 vom “Centrai Rafael Freyre” - Baujahr 1919 auf 762 mm Spurweite (Aufnahme vom März 1995). Bild 2: Die Lokomotiven 1564 - Baujahr 1916 - und 1817 Baujahr 1919 - im “Central Ecuador“ (März 1995). Beide Abb.: R. Neun
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igentlich ist es erstaunlich, daß Kuba zumindest unter deutschen Eisenbahnfreunden nach wie vor eher als Geheimtip gehandelt wird. Gemessen an der Zahl der eingesetzten Maschinen dürfte es nach China und Indien etwa gleich auf mit Java (Indonesien) auf Platz 3 oder 4 der “Plandampf-Weltrangliste” liegen. Hinsichtlich der Typenvielfalt schlägt es sogar das Dampflokparadies China. Das Durchschnittsalterder auf Kuba eingesetzten Maschinen dürfte bei gut 75 Jahren liegen. Die meisten Lokomotiven wurden um 1920 gebaut. Es gibt aber auch einzelne Maschinen, die bereits auf 100 Betriebsjahre zurückblicken können und immer noch in den Höfen der Zuckerfabriken rangieren. Nach wie vor wird das Zuckerrohr ganz überwiegend per Bahn von den in den Feldern gelegenen Ladestellen zu den Fabriken gebracht. Das engmaschige Netz des Zuckerministeriums“Ministerio de Azucat” (MINAZ) ist mit Ca. 9000 km auch etwa doppelt so lang wie das der seit langem verdieselten Staatsbahn “Ferrocaril de Cuba”. Gleichwohl kann man Dampfbetrieb auch auf Staatsbahngleisenerleben, denn abschnittsweise wird das Netz von den Zuckerrohrzügen mit genutzt. Von den über 150 Zuckerfabriken des Landes, in Kuba “Centrai“ genannt, setzen noch etwa 40 Dampflokomotiven ein. Zu den Schwerpunkten des Dampfbetriebs gehören die auch von den Touristenzentren des Landes gut erreichbaren Provinzen Havanna und Matanzas. So sind es von Varadero, dem klassischen Badeort mit seinem langen weißen Sandstrand, nur 20 bis 40 km zu einem guten halben Dutzend höchst interessanter Zuckerfabriken mit Dampfbetrieb. Nicht minder interessant sind die Provinzen St. Clara und Cienfuegos.
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Weitgehend verdieselt sind dagegen die Zuckerbahnen im Osten des Landes - mit einer grandiosen Ausnahme: Etwa 50 km nordöstlich von Holguin, einem internationalen Flughafen, der auch von deutschen Reiseveranstaltern angeflogen wird, liegt in unmittelbarer Nähe schöner Ferienanlagen die Zuckerfabrik “Rafael Freyre”. Wäh-
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rend die meisten Bahnen eher flache Regionen erschließen, holen hier 1’D n2-Baldwin-Lokomotiven das Zuckerrohr aus gebirgiger Landschaft, die spektakuläre Motive ermöglicht. Die nordamerikanischen Baldwin Locomotive Works (Philadelphia) sind der dominierende Hersteller der in Kuba noch heute eingesetzten Dampfloks, ge-
folgt von Maschinen der American Locomotive Company (ALCO), von Vulcan lron Works (VIW) sowie einigen kleineren Herstellern aus den USA, z.B. Porter und Rogers. Aber auch eine gute Handvoll in Deutschland gebauter Lokomotiven dampft nach wie vor durch die Felder und Werkanlagen - insbesondere HenscheCMaschi-
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nen. Am häufigsten vertreten sind Schlepptenderlokomotiven der Achsfolgen 1’C und 1’D in allen Variationen. Daneben gibt es aber auch 1’C 1’-Lokomotiven und klassische Tenwheeler, wie die Amerikaner die 2’C-Schlepptenderloks nennen. Bei den Rangierlokomotiven gibt es Maschinen der Bauarten Bt, l’Bt, 1’B l’t, Ct und 1’C l’t.
Praktisch sämtliche Loks sind ölgefeuert. Natürlich ist das Überleben der Dampftraktion eine unmittelbare Folge der wirtschaftlichen Rückständigkeit des Landes. Überhaupt erscheint das Land dem europäischen Besucher wie ein großes Transportmuseum. Ami-Schlitten aus den fünfziger Jahren, Pferdekutschenim ÖPNV und nicht zuletzt die Dampfloks sind Ausdruck einer am Boden liegenden Volkswirtschaft. Mit dem Ende der UdSSR endete auch - für die Dampflokfreunde zum Glück - die Verdieselung der Zuckerrohrbahnen. Kuba ist für den mit Dollars ausgestatteten Touristen ein verhältnismäßig unproblematisches Reiseland. Diese Feststellung soll freilich über die enormen Probleme des Landes nicht hinwegtäuschen. Das offizielle Durchschnittseinkommenliegt umgerechnet bei 4 bis 5 Dollar - im Monat wohlgemerkt. Klar, daß unter diesen Umständen praktisch jeder in Kuba noch Nebenbeschäftigungen nachzugehen versucht. Dennoch: Die Freundlichkeit und das Temperament der Menschen machen das Land zu einem faszinierenden Erlebnis - übrigens insbesondere abseits ausgetretener Touristenpfade. Wer die kubanischen Dampflokomotiven einmal aufsuchen möchte, der ist vor Ort auf einen Leihwagen dringend angewiesen. Am besten geeignet ist ein Jeep. Aber auch mit einem der beweglichen Kleinwagen kommt man im Regelfall abseits der
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geteerten Straßen sehr gut zurecht. Kuba-Flüge werden von verschiedenen Charter-Gesellschaften geboten. Linienflüge offeriert IBERIA. Für die Einreise wird eine Touristenkarte - praktisch ein Visum -verlangt, die zu Ca. DM 50,-- von den Reisebüros besorgt wird. Ebenfalls über Reisebüros lassen sich die drei obligatorischen Übernachtungen, die man bei der Ankunft nachweisen muß, buchen. Ansonsten hat der Tourist mit Leihwagen keine Mobilitätseinschränkungen zu erwarten, zumal die Benzinversorgung an den Dollar-Tankstellen funktioniert. Wer sich über den jeweils aktuellen Stand des Dampfbetriebs unterrichten will, dem sei das englischsprachige “Continental Railway Journal”, das vierteljährlich erscheint, empfohlen (Bezugsquelle: E. G. Pearson, 11 Midhurst Court, Haslemere Road, London N8 90R; ein Jahres-Abo kostet ca. DM 25,--). Ein kürzlich erschienenes Büchlein mit dem Titel “lndustrial Steam Locomotives of Cuba” (zu bestellen über den Buchhandel) sollte im Reisegepäck ebenfalls nicht fehlen. Es bleibt dem Verfasser nur noch, allen, die auf den Geschmack gekommen sind, viel Erfolg zu wünschen. Eine ernste Bitte an Reiseentschlossene soll hier nicht fehlen: Bitte erweisen Sie sich auch vor Ort als Dampflokfreunde und lassen Sie den Maschinen ihre Fabrikschilder und damit ihre Identität. Richard Neun
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DB AG mit erstem Halbjahr ’95 zufrieden
Leichten verdränaen Loks und Waaen:
Während Modemisierung und Rationalisierung der Bahn im Süden der fünf neuen Bundesländer große Beachtung finden, vollzieht sich diese Entwicklungim Nordostenvergleichsweise leise, still und fast heimlich. Dabei ist der Strukturwandel auch dort in vollem Gange: von (schwerer) Diesellok auf leichten Triebwagen. Die 628 sind auf vielen Strecken schon das Standardfahrzeug. Und wo es nicht 628 sind, sorgen wenigstens rekonstruierte Leichttriebwagen 771172 für die neue “Corporate Identity”. Auf den Magistralen verdrängen modernisierte RegionalBahn-Wagenvom Typ By die einstmals vorherrschenden DR-Farben Beige-Grün. Beim Fahrplan gab und gibt es umfangreiche Verbesserungen. Während die Stichstrecken nach und nach von der Streckenkarteverschwinden, wird der Verkehr auf den Durchgangsstrecken konsequent verdichtet und vertaktet. So beispielsweise bei der Strecke 175 Bützow - Teterow - Pasewalk, auf der Mecklenburgs erste RegionalExpress-Linieam 28.5.1995 feierlich eröffnet wurde. Hier fahren nun die REZüge im Zweistundentakt, meist als 628 des Bh Neustrelitz; lediglich RB 5323, RE 3313, RE 3315 sowie RE 3306,3308, 3312 und RB 5318 sind auf dieser Linie noch lokbespannt mit 232. Übrigens sollen die seltenen Doppeltelegrafenmasten auf dem Streckenabschnitt Teterow - Malchin ab Mitte November abgebaut werden. Weitere Einsätze der Neustrelitzer Personal- und Lokkiller in Mecklenburgführen von Angermünde nach Tantow und Stettin (KBS 203), von Pasewalk ebenfalls nach Stettin und nach Ueckermünde. Im Westen Mecklenburgswird von NeustrelitZer 628 die KBS 172 Ludwigslust - Waren befahren, die Umstellung der Strecke Pritzwalk - Güstrow ist dagegen bis auf weiteres nicht in Sicht. Über die elektrifizierte Nordbahn Lalendoti Löwenberg schließlich erreichen die 628 ihr zweites Haupteinsatzgebiet: den Raum BerMBrandenburg. Hier fahren sie von Westkreuz nach Templin (KBS 206.12) und Wittenberge (KBS 202, elekt ert), von Berlin-Lichtenberg nach Küstrin und von Potsdam nach Nauen (auch komplen unter Fahrdraht). Von Eberswalde wird das nicht am Main liegende Frankfurt erreicht (KBS 206.60). Die 628-Einsätze im Einzugsbereich der bundesdeutschen Hauptstadt haben übrigens zur Folge, daß fast sämtliche Neustreliier 628 sich durch ein sehr individuelles AnstrichSchema auszeichnen- in Form von Graffiti (vorne, hinten, an
sich schon gar nicht mehr die Mühe, diese Chaoten-”Kunstwerke” zu entfernen. Verdecken sie die Betriebsanschriflen der Fahrzeuge, werden vielmehr eben neue AnschriflenAufkleber auf das Graffito “gebebbt”! Bei einem 628 konnte sogar eine auf das “Vollgraffito” geklebte Seitenreklame gesichtet werden. Weitere 628 rollen von Westen aus im Nordosten: Kieler 628.2 sollten eigentlich schon irn Juli die Relation (Lübeck -) Wismar - Bad Kleinen abdecken, aber erst Ende September mußte “Ludmilla” (Baureihe 232) das Regiment und die Züge auf der KBS 155 an die schleswig-holsteinischen628 abgeben. Diese fahren über Rostock hinaus bis nach OstseebadGraalMbritz. Dip Einsätze der Kieler “Tliebtäter”, wie die 628 auch genannt werden, in MecklenburgVgrpommern sollen ausgedehnt werden: Nächstes “Opfer“ wird wohl die Strecke Rostock - Tessin werden. Die ehemaligen “Blutblasen” der Reihen 771 und 772 (der Name paßt zu den mittlerweilen grün-weiß erblichenen LVT nicht mehr so ganz - wer findet einen neuen?) der Betriebshöfe Neustrelitz und Wittenberg sind u.a. vom Knoten Pritzwalk (alle abzweigenden Strecken außer nach Karow), von Templin (außer nach Löwenberg) und vom Knoten Neuruppin aus unterwegs. Wie man sieht, ist zumindest traktionsmäßig nicht mehr allzuviel übriggebliebenvon der Reichsbahn-Nostalgieim Norden. Richtig originale Züge mit 202 oder 219 und entsprechendem altem Wagenmaterial sind vielerorts schon eher die Ausnahme als die Regel. Dennoch: Ein Besuch dieser landschaftlich reizvollen Region lohnt sich allemal. Die Streckeninfrastruktur - mit Telegrafenleitungen, handbedienten Schranken, FormSignalen und besetzten Blockstellen - steht ofl in eigentümlichem Widerspruch zu den modernen Fahrzeugen. Und: Beileibe nicht jede Bahn, die heute von den neuzeitlichen “Rettern der Nebenbahnen” befahren wird, dürfte die Regionalisierung überleben. Gerade im “blutarmen” und dünnbesiedelten Medtlenburg ist noch eine Welle von Streckenstillegun-
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Die Deutsche Bahn AG hat nach eigenen Angaben Umsatz und Ertrag im ersten Halbjahr 1995 deutlich steigern können. Wie bei der Hauptversammlung in Berlin verlautete, erzielte das Unternehmen in der AG einen Gewinn von 71 Mio DM. Für das Gesarntjahr 1995 werden ein gegenüber 1994 um etwa 2% höherer Konzernumsatz und ein wiederum positives Ergebnis erwartet. Auf das ganze Jahr gesehen rechnet dabei die Bahn mit einem Einnahmeplusvon3,7% auf 1,2 Mrd DM für den Nahverkehr und mit 5 Mrd D M Umsatz im Fernverkehr (4% Steigerung). Neben den Umsätzen im Postverkehr - sie brachen aufgrund des neuen Lkw-Frachtkonzeptes um 45% ein - ging bei der D B AG vor allem der Personalbestand zurück: um weitere 4,7% auf fvm exakt 312 049 Mitarbeiter. Oben links: Zweistündliches Reko-LVTTreffen in Pritzwalk. Nur noch mit den Zügen aus Karow kommen 219 hierher (12.8.1995). - Unten: Doppeltelegrafenrnasten und 628: der mit “Front-Graffiti” verzierte 628 683 auf der Fahrt nach Bützow - hier bei Malchin (15.8.1995). Beide Abb.: F. v. Meissner
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Baureihe 515:
Endgültig ausgeheult Am 23.9.1995 fuhren letztmalig Nokia-515 auf der Strecke Gelsenkirchen Hbf - Bochum Hbf. Damit ging die Einsatzgeschichte der Akkutriebwagen in Deutschland zu Ende. Seit 24.9. rollen nun 628.4 auf der letzten “Heulet‘-Strecke, wobei der als erster eingesetzte 628 500 keine Nokia-Reklame aufweist, obwohl dies bisher die 515-Ablösungverhinderte. Bereits am 22.9. traf mit 515 556 ein von der DGEG gekaufter Triebwagen irn Museum Bochum-DahlhauSen ein, der bis zum Fristenablauf museal weiterheulen soll. werJpm Eisenbahn-Journal 11/1995
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Rheinland-Pfalz setzt auf die Bahn:
Winden - Bergzabern wieder »am Netz<(
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Wiedereröffnung: 628-Doppel im Endbahnhof Bad Bergzabern. Abb.: F. v. Meissner
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Während anderswo Nebenbahnen in beträchtlichem Umfang stillgelegt werden, wächst in Rheinland-Pfalz das Streckennetz weiter: Am 24.9. 1995 wurde die KBS 675 Winden Bad Bergzabern feierlich wiedererÖffnet. Von 5.46 Uhr bis 22.03 Uhr werden montags bis freitags 17, an Samstagen 16 und an Sonntagen 15 Zugpaare nach Bergzabern vornehmlichfür den Schüler-,Ausflugsund Tourismusverkehr angeboten. Die Strecke ist dabei voll in den Karlsruher Verkehrsverbund inte-
griert, der auch als einzige Stelle (im Gegensatz zur DBAG) einen Fahrplandafür herausgibt. Ankunftsbzw. Abfahrtszeitin Bad Bergzabern ist stündlichzur Minute .57 bzw. .03, in Winden .20 bzw. .40. Zum Einsatz kommen Karlsruher 628. Zur Eröffnungverkehrtesogar eine Doppel-Einheit. In Winden bestehen stets hervorragende Anschlüsse nach Karlsruhe und Neustadmstr. Am Eröffnungstagmachte die Strekke noch einen recht provisorischen Eindruck; Ortsschilder an den Einfachst-Haltepunktenfehlten ebenso wie Signalisierung und Kilometrierung. Auch müssen noch zahlreiche Bahnübergängemit Sicherungseinrichtungen versehen werden. fvm
In K Ü m notiert:
DIE “CE-FAMILIE wächst langsam, aber stetig: Galt die Aufmerksamkeit bis Anfang der neunziger Jahre vor allem der Vorserienund Versuchseinheit IC-Experimental- heute ICEN - (im Bild ganz links), begann zum Jahresfahrplanwechsel am 2.6.1991 mit der Aufnahme des planmäßigen Hochgeschwindigkeitsverkehrs mit den Triebzügen der ersten ICE-Bauserie eine neue Ara auf deutschen Schienen - anfangs mit einigen Problemen. Mittlerweile zum gewohnten Erscheinungsbildgeworden, erhält der ICE 1 (Triebkopf Bildmitte) nun sukzessive “Nachwuchs” in Form des ICE 2 (Triebkopf rechts), der sich nach Fertigstellung der ersten Triebköpfe und Mittelwagen nunmehr in den ersten Inbetriebsetzungsphasen befindet (vgl. EJ 9/95). Außerlich unterscheidet sich die neue ICEBauserie allerdings nur wenig vom ICE 1. Augenfälligster Unterschied beim Triebkopf (Baureihe 402) ist die veränderte und größere Frontklappe, die nach Zurückweichen in die Schürze die Kupplung freigibt - ein Novum, da die Baureihe 401 lediglich über eine Schleppkupplung für den Pannenfall verfügt. Wenn allerdings die Steuerwagen (Baureihe 808.0) für den ICE 2 fertiggestellt sind und die achtteiligen Kurz- bzw. Halbzüge gebildet werden können, erscheint das Flaggschiff der DB AG erstmals in veränderter Konfiguration. Die erste Aufnahme “im größeren Familienkreis” entstand am 14.9.1995 im CE-Betriebshof München. GUAbb.: F. Schneider Bonus-Gutschein:
NochimmerAusgleich für CE-Verspätung ICE-Fahrgäste, deren Hochgeschwindigkeitszug sich als lahme Ente herausstellt und mit mehr als 30 Minuten Verspätung am Ziel a kommt, erhalten auch weiterhin nen Bonus-Gutschein, der zu ei CE-Reise ohne den spezifisch ICE-Aufpreis berechtigt. Entsp chende Gutscheine können gege nenfalls beim Zugpersonal angef dert werden. Wie die Erfahrungzeigt, ist diese k lante Regelung bei den Fahrgast aber weitgehend unbekannt. K Wunder: Weder anfangs die Bund bahn noch heute die DB AG mach bzw. machen hierauf besonders a merksam. Einen ganz ungewöhnlichen Gru hatte übrigens die Verspätung eines ICE von Frankfurt nach München 18.8.1995: Weil der Zug statt den geforderten vier nur von drei Zugbegieitern betreut wurde, durfte er zwischen Mannheim und StLittgart nicht über die Neubaustrecke fahren! Um eine solche Panne zu vermeiden, soll in Zukunft entsprechendes Ersatzpersonal in Bereitschaft ntnhnn
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Nach sächsischem Vorbild:
„Gräfenberabahn<
R o h Bayern-Böhmen?
Start in bessere Zeiten
Die Einrichtung einer “Rollenden Landstraße” zwischen Nordbayern und Böhmen nach dem Vorbild Dresden - Lovosice scheint in greifbarer Nähe zu sein. Von der Politik wird diese Entlastungsmaßnahme für ständig verstopfte Ost-Transit-Straßen schon lange gefordert, und auch die Bahn ist nun von ihrer ablehnenden Haltung abgerückt. Zwischen Ochsenfurt bzw. Regensburg-Ost und Prag sollen etwa 500 Lkw pro Tag befördert werden. fvm
Mit lnbetriebnahmeder neuen Nürnberger U-Bahn-Linie zum Nordostbahnhof am 27.1.1 996 beginnen für den einstigen Stillegungskandidaten “Gräfenbergbahn” (KBS 861) bessere Zeiten: Neben der Aufstockung von fünf auf elf Zugpaare (bis 23 Uhr) gibt es auch wieder Wochenendverkehr. Zum Einsatz kommen weiterhin 21 1 mit Wendezügen (Lok Richtung Nürnberg), die für den Schülerverkehr eventuell auf vier Wagen verlängert werden. gh
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I GRAFFITI GANZ LEGAL trug die Traditionslok E 04 01 als Zugpferd des “Pop-Train ’95”. Rund fünf Wochen lang rollte das von DB AG, Märklin und den ARD-Anstalten arrangierte Spektakel kreuz und quer durch die Lande, um auf den Bahnhöfen mit LiveMusik und anderen Darbietungenjunge Leute an die Schiene zu locken. Abb.: R. Hau
Der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal verzeichnet zwar steigende Beförderungszahlen, aber Gewinne sind noch lange nicht in Sicht. Ein riesiger Schuldenberg, ein Verlust von mindestens 2,3 Mrd DM in diesem Jahr, Insiderverstöße und Manipulationendes Aktienkurses brachten die Betreibergesellschaft in große Nöte. Dabei waren bis Ende Juli 184000 Lkw und 112 000 Pkw durch den Tunnel transportiert worden; der Tagesverkauf lag zuletzt bei 10 000 Fahrscheinen. fvrn Zum 1.9.1995 hat der Bundesverkehrsminister die endgültige Einstellung der Strecke Großhesselohe Isartalbahnhof - München Thalkirchner Bahnhof (Teilstück der Isartalbahn), auf der bereits seit Jahren der Zugbetrieb ruhte, genehmigt. mz Warum nicht gleich so? Seit Mitte September liegen neue Antragsformulare für die DB AG/Citibank-BahnCard aus. Der Kunde kann nun klar wählen, ob er die zusätzlichen Citibank-Zahlungsfunktionen (VISNelectron) haben will oder nicht. fvrn Auch zukünftig sieht es für eine Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Verkehrs zwischen Freiburg und dem elsässischen Colmar über Breisach düster aus. Die hierfür fehlende Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Breisach (KBS 729) ist von der EU aus dem Programmder Transeuropäischen Netze gekippt worden. Damit gibt es Geld weder von der EU noch vom Bundesverkehrsministerium. Dagegen ist die Aufnahme der deutsch-französischen Verbindung Freiburg - Neuenburg - Mülhausen wieder verstärkt im Gespräch. fvrn Die DB AG macht die Bahnhöfe in den neuen Ländern platt: Laut Berichten in der überregionalen Tagespresse sollen etwa zwei Drittel (!) der heute rund 1000 Fahrkartenausgaben im Osten Deutschlands geschlossen werden. Mit gewissen Interpretationsspielräumen hat die Bahn dies auch indirekt bestätigt. So werde die “Efder Schalter geprüft”, ebenso ein “alternativer Fahrkartenverkauf” über Agenturen und Reisebüros. fvrn Die hygienischen Verhältnisse in den Küchen der ICE- und IC-Speisewagen sind oft mangelhaft. Das geht aus dem Jahresbericht 1994 des “Chemischen Instituts der Landeshauptstadt Stuttgatt” hervor, der Ende September 1995 vorgestellt wurde. Untersuchungen der Restaurants durch die Chemiker und den Wirtschaftskontrolldienst haben ergeben, daß “in den viel zu kleinen Küchen Schmutzgeschirr und Abfälle manchmal direkt neben Lebensmitteln” liegen und “das Personal zudem in weiteren Fällen gegen HygieneschutzVorschriften verstößt”. fvrn Noch mehr Aktivitäten der schweizerischen Mittelthurgaubahn (siehe auch Seite 47) in Deutschland: Ab Herbst 1996 wird das Unternehmen die dann reaktivierte Nebenstrecke von Radolfzell nach Stockach mit neu entwickelten Dieselleichttriebwagen vom Typ 2/6 der Firma Stadler im Taktverkehr bedienen. fvrn
Berichtigung Bei der Meßzuglok 750 003 (vgl. EJ 10/95) handelt es sich nicht um die ex 103 118, sondern um 103 222. Die Ex-Rekordlok 103 118fährt schon seit Jahren wieder im Plandienst. Eisenbahn-Journal 11/1995
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Investitionen in Nebenstrecken:
Nahverkehrsausbau im Raum Nürnberg Zwischen dem Freistaat Bayern und der DB AG wurde ein Rahmenvertrag über Maßnahmen zum Ausbau von Regional- und S-Bahn-Strekken im Großraum Nürnberg mit einem Investitionsvolumenvon 87 Mio DM geschlossen. Enthalten sind darin u.a. der Ausbau der S-Bahn nach Roth, fünf neue Haltepunkte und zwölf neue Bahnsteigunterführungen. Den Investitionsschwerpunkt aber bilden Ausbaumaßnahmen an zwei Nebenbahnen: Auf der bislang eingleisigen KBC 807 Ciegelsdori- Marki Erlbach entsteht bei Laubendorf ein zweigleisiger Begegnungsabschnitt, damit ein Taktverkehr ohne Zugkreuzungenin Bahnhöfen eingerichtet werden kann. Die KBC 808 Fürth Cadolrburg wird elektrifiziert, die Geschwindigkeit erhöht und ein 20-Minuten-Takt eingerichtet. Die vertraglich vereinbarten Maßnahmen sollen innerhalb der nächsten acht Jahre ausgeführt werden. Ein Zeitplan für die Durchführung wird erst noch erarbeitet. Ein erster Schritt zur Angebotsverbesserung im Raum Nürnberg soll indes im Zuge der Regionalisierung schon 1996 umgesetzt werden (vgl. EJ 9/95): Unter anderem soll auf den Nebenbahnen Neunkirchen am Sand - Simmelsdorf-Hüttenbach und Roth - Hilpoltsteinder Wochenendverkehr wieder aufgepommen und Spätverkehreingeführt werden. Der 30-Minuten-Takt auf Hauptbahnen um Nürnberg kann wegen Fahrzeug- und Personalmangels voraussichtlich erst zum Sommerfahrplan G. Hoch 1997 realisiert werden.
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DOPPELSTOCKSTEUERWAGEN kommen seit 24.9.1995 nun auch von Stuttgart aus zum Einsatz, zum einen im SE Stuttgart - Goppingen, zum andern im RE Stuttgart Neu-Ulm. Bespannt sind die Züge noch mit SBahn-143 des Bh Mannheim, die demnächst von roten 143 mit ZWSlZüS abgelöst werden (Aufnahme vom 24.9. bei Ebersbach). Abb.: Th. Küstner Neue Bahnsteiae:
Gäubahn-Stationen werden aufgemöbelt Umfangreiche und ungewöhnliche Baumaßnahmen laufen derzeit auf der Gäubahn Stuttgart - Singen. An den SchnellzugstationenHorb, Tuttlingen, Rottweil und Singen der KBS 740 werden die Bahnsteigevollkommen umgebaut und dabei auf höheres Niveau gebracht. Anstelle der mehrfach geflickten altertümlichen Teerdecken präsentieren sie sich nunmehr mit recht "edler" Pflasterung. Ende September war in Horb der erste Bahnsteig (Gleis 2/3) fertig, in Rottweil, Tuttlingen und Singen liefen die Arbeiten auf Hochtouren. Vermutlich laufen diese Baumaßnahmen schon im Vorgriff auf die ab 1997 vorgesehenen Einsätze
von NeiTech-Elektrotriebwagen,die nach jetzigen Planungen als zuschlagpflichtige InterCities verkehren sollen. In den gegenwättigen Schnellzügen D 484 (Zürich - Stuttgart) und D385 (Stuttgart - Mailand) kommen übrigens die Panorama-Wagen der SBB auf die Gäubahn. Vor sämtlichen Schnellzügen laufen Stuttgarter 110, vor dem IRPaar Münchner 111. ivm Hamburaer S-Bahn:
Auch künftig bei der DB AG Endgültig zu den Akten legte die Stadt Hamburg im September 1995 die bereits seit Ende der achtziger Jahre diskutierte Übernahme der SBahn der Hansestadt in deren Besitz. Hamburg versprach sich durch
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.Eisenbahn-Journal 1111995
NEU TRASSIERT wurde die KBS 727 (Freiburg -) Neustadt - Donaueschingen zwischen Unadingen und Döggingen im Bereich MauchachtalViadukt bis Gauchachtalbrücke. Grund für die Verlagerung des 800 m langen Abschnitts war der Bau einer Wirtschaftswegbrücke, die einen unbeschrankten Bahnübergang ersetzt. Am 15.8.1995 war die (gut gepflegte) Haltinger 218 291 mit einem Schotterzug aus Döggingen zum Beschottern des neuen AbSchnitts im Einsatz; rechts die alle Trasse. Abb.: B. Frank
diesen SchrittdieChancezurdurchgreifenden Modernisierung der SBahn, bei der in den vergangenen Jahren weitgehend nur Maßnahmen zur Substanzerhaltungdurchgeführt worden waren. Im Zuge der Bahnreform und der damit verbundenen neuen Kostenrechnung will die Stadt aber nunmehr diese Gedanken nicht mehr weiterverfolgen. Gescheut werden insbesondere Folgekosten wie Investitionen oder Beamtenversorgung. Auch die DB AG hatte seit der Reform die S-Bahn Hamburg als "unternehmenspolitisch wichtig angesehen, ohne das Defizit noch tragen zu müssen. Nach Angaben des DB AG-Regie nalbereichs Hamburg wird nun für 1996 - dem Berliner Beispiel folgend - die Gründung einer GmbH mit 100%igem Verbleib im BahnKonzern angestrebt. J. Borchers
In Südbaden:
Fahrzeugeinsätze neu geordnet Fahrplanumstellungen auf der KBS 730 Singen - Waldshut, allerdings ohne Taktverdichtung, haben zum 24.9.1995 auch zu einer Neuordnung der Fahrzeugeinsätze in Südbaden und im Schwarzwald geführt. Anstelle der bislang heimischen Haltinger 218 kommen auf der KBS 730 nun 628 zum Einsatz, wofür die Fahrzeiten gestreckt (!) werden mußten. Die freigesetzten Dieselloks erwarten dafür auf der Renchtalbahn Offenburg - Bad Griesbach, wo sie sich bislang die Leistungen mit 628 teilen mußten, und auf der KBS 729 Freiburg Breisach als Ersatz von 212 neue ivm Aufgabengebiete.
In Kürze notiert:
AN ELLOKS IN KIEL wird man sich erst noch gewöhnen müssen, wie diese Aufnahme mit 103 193 und dem ausfahrenden IC 523 vom 26.9.1995wohl verdeutlicht. Ob Fahrdraht und Masten eine Bereicherung für den markanten Bahnhof bilden, sei dahingestellt, schneller (und etwas umwelifreundlicher) geht‘s seit Aufnahme des planmäßigen eleklrischen Betriebs am 24.9.nun in der Tat zwischen Harnburg und Kiel voran. Neben der Baureihe 103 vor IC/ECZügen hat die allgegenwäitige 1 1 1 im dortigen Regionalverkehr nunmehr ein weiteres Betätigungsfeld. Als erste E-Lok war übrigens 110 377 am 22.8.nach Kiel gelangt. Vorerst noch zögerlich geht die Umbeheimatung freigesetzter 218 vonstatten. Abb.: J. Borchers ir;-Züae vorüberaehend zucchlaafrei:
Ausbau Hamburg Berlin in neuer Phase Ende September 1995 ist der Strekkenausbau zwischen Harnburg und Berlin in eine neue Phase getreten: Auf etwa 80 krn der rund 300 krn langen Gesamtroute ist für rund ein Jahr nur ein Gleis befahrbar. Daher verlängert sich vorerst die Reisezeit um 40 Minuten zwischen Hamburg Hbf und Berlin Zoo. Als Ausgleich entfällt bis zum Ende dieses Zustands der Zuschlag in IC-Zügen. Nach Abschluß der Streckenmodernisierung irn Jahre 1997 verkürzt sich die Reisezeit zwischen Alster und Spree deutlich auf zwei StunPm den und 15 Minuten.
Als erste IRLinie wurde die Verbindung Saarbrücken Lindau auf Wendezugbetrieb umgestellt: InterRegio nach Saarbrücken mit “Köpfchen” voraus in Ebersbach am
24.9.1995. Abb.: Th. Küstner
DB AG und Citibank sind mit dem Start ihrer anfangs harsch kritisierten Visa-BahnCard zufrieden. Im ersten Monat des neuen Angebots, so eine Informationder DB AG, seien 215 000 Anträge auf BahnCards gestellt worden; im Vergleichszeitraum Juli 1994 gingen 198 000 BahnCards über den Ladentisch. Neu ist bei der Visa-BahnCard, daß sie sich -wie ein Abonnement - automatisch um ein Jahr verlängert, wenn dieses “BahnCard-Abo’’ nicht rechtzeitig gekündigt wird! Wer dieses Abo nicht will, sollte die BahnCard am DB-Schalter gegen Barzahlung kaufen und die Nennung seiner Kontonummer unterlassen, empfiehlt PRO BAHN. ivm Die DB AG plant den Einstieg in das Telekommunikationsgeschäft mit einem selbständigen Tochterunternehrnen, dessen Dienste sowohl Eisenbahnen als auch privaten Kunden angeboten werden sollen. Derzeit wird allerdings noch ein starker Partner gesucht, der neben Investitionskapital vor allem Marketing- und Vertriebserfahrung einbringen soll. Als erster Schritt in die TelekommunikationsZukunft wird die Bahn alle betriebsinternen Fernemelde-Akt genständigen Dienstleistungsbereich “DB-Telekom” zusammenfassen. Dazu zählt vor allem das deutschlandweite, autarke Basa-Telefonnetz, das kürzlich auf ISDN-Standard modernisiert worden ist. ivrn Der Allgäu-Schwaben-Taktzeigt Wirkung: Nach Bahn-Angaben stiegen seit Einführung des Angebots Ende Mai 1993 die Erlöse in der dortigen Region um 25%. Für 1996 wird ein Plus von 37% angestrebt. Pro Tag wurden zuletzt durchschnittlich rund 60 000 Fahrgäste verzeichnet. Dieser Zuspruch beeindruckte selbst den bayerischen Wirtschafts- und VerkehrsministerWiesheu, der einen bayernweiten Integralen Taktfahrplan nach Vorbild des Allgäuer Pilotprojekts favorisiert (vgl. EJ 9/95).Die Erfolge des Allgäu-Schwaben-Taktes sind umso bemerkenswerter, als er nur 2,7 Mio DM für zusätzliches Personal und Treibstoff kostete. fvm Entgegen unserer Meldung in EJ 9/ 95gehören die Düsseldorfer 11 1 auch weiterhin zum gewohnten Bild im SBahn-Verkehr des Ballungsgebietes Rhein-Ruhr-Wupper.Zwarwurde mittlerweile ein Großteil der eigentlich als Schnellzugmaschinen konzipierten Loks durch entsprechend umgebaute 143 freigesetzt, doch kann von einem Abschied aus dem S-Bahn-Dienst vorläufig noch keine Rede sein. wer* Erheblicher Widerstand rührt sich in Augsburg gegen diverse Vorhaben im Zusammenhang mit der vorgesehenen Auflösung des dortigen Betriebshofs. So sollten die Drehscheibenzum 1.I .I996stillgelegt werden. Die durch den Abriß der Schuppen wegfallenden Stellplätze sollen durch eine Gleisharfe ersetzt werden. Nach letzten Informationen gibt es allerdings nahezu alle drei Wochen neue Pläne für das weitere Vorgehen. eis Seit dem 20.8.1995 ist die Baureihe 215 per Ausnahmegenehmigung für die Steilstrecke Boppard - Buchholz zugelassen, womit alle 213 nunmehr in Meiningen beheimatet wurden. Die Kölner 215 121 bis 128 und 130,131 wurden für den Steilstreckeneinsatz entsprechend ausgerüstet. werEisenbahn-Journal 11/1995 * 46
m NUR AN SAMSTAGEN ist diese seltene Konstellation zu beobachten: Zwischen Salzburg und München ist der IR2096 (von Salzburg nach Stuttgart) mit einer “echten” 120-Doppeltraktion bespannt, d.h. beide Lokomotiven sind aufgebügelt. Die Aufnahme mit 120 130 Jnd einer Neiteren 120 mtstand am 5.8.1995 bei 3ernau am >hiemsee. 4bb.: A. Ritz
S-Bahn Berlin:
Lückenschlüsse kommen schneller Die in den kommenden Jahren rapide abnehmenden Mittelzuweisungen für den Wiederaufbau stillgelegter Berliner S-Bahn-Strecken zwingen den Senat zu einer effizienteren Nutzung der Gelder als bisher. Waren die wichtigen Lückenschlüsse nach Hennigsdorf bzw. Teltow bisher auf frühestens 1998 bzw. 2000 terminiert, können diese aufgrund provisorischer Bauausführungen und Planung durch die privatrechtliche “Bahnbau Deutsche Einheit” jetzt deutlich eher wieder für direkte Bahnverbindungen aus dem Umland nach Berlin sorgen. Bereits im Mai 1996 soll das 1984 stillgelegte Heiligensee wieder erreichbar sein. Im Dezember 1996 erhält Hennigsdori nach 35 Jahren
wieder direkten Anschluß nach Berlin. Auf diesen letzten noch nicht wieder befahrenen Stücken der Kremmener Bahn haben die Bauarbeiten bereits begonnen. Im November 1995 werden voraussichtlich die Arbeiten am Lückenschluß nach Teltow beginnen, der im Dezember 1996 provisorisch nach Teltow-Heinersdorf führen wird. Eine Neubaustrecke nach Teltow-Stadt kann trotz Planungsbeschleunigung erst nach dem Jahr 2000 gebaut werden. J. Borchers Entscheidende PlanunasDhase:
Grün für Transrapid Mitte September 1995 gab der Bundesrat grünes Licht fürdiefortschreitende Planung der Magnetschwebebahn Transrapid zwischen Hamburg und Berlin, die im Jahre 2005 die beiden Metropolen “miteinander
verschmelzen” soll. Damit tritt die Vorplanung in eine entscheidende Phase: Jetzt gilt es, die genaue Trasse und die jeweiligen Endpunkte in den beiden Städten festzulegen. Während sich für die Überlandverbindung zwei Korridore -zum einen Geesthacht/Ludwigslust/Perleberg/ NeustadtiFalkensee und zum andern Witzhave/Wittenburg/Stolpe/ WittstocWelten - herausgebildet haben, wobei letzterer einen AbZweig nach Schwerin und zum Flughafen Parchim ermöglicht, sind für die innerstädtischen Bereiche eine Reihe von Trassenvarianten zu untersuchen. Bis zum Frühjahr 1996 müssen die Trassen festgelegt werden. Bei zügigem anschließendem Planfeststellungsbeschluß kann 1998 mit dem Bau der Transrapidstrecke begonnen werden. Momentan wird mit mindestens 9 Mrd DM Investitionen in das umstrittene ProJ. Borchers jekt gerechnet.
DIE BUNTESTE GlCGARNITUR, die es in knapp 25 Jahren Baureihengeschichteje gab, wurde im August 1995 beim Bh Nürnberg West vorübergehend zusammengestellt: 614 017 in Orange-Weiß (Pop-Farbkonzept der 70er Jahre), 934 442 im Ozeanblau-Beige der 80er und 614 024 im RegionalBahn-Farbkonzeptder 90er Jahre. Aufnahme vom 29.8. in Marktredwitz. Abb.: G. Hoch
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Eisenbahn-Journal 1111995
werden in 403.1 und 403.2, die als 403.6, 403.7 und ummern 403.0 bzw. werden die Mehrfrebezeichnet: als Baureihe 405 die Dreisystem-
reihe 404 wird es vorn, sie bleibt späteren r die vier Varianten der elekNeigezüge IC-T wurden die
Baureihen 4111412 werden die nteiligen Züge bezeichnet und danach unterschieden, ob die Endwagen mit cder ohne Übergang ausgerüstet sind. Als Baureihen 4151416 werden entsprechend die füniteiligen Züge eingeordnet. Auch bei dieser Fahrzeugfamilie erhalten die Triibköpfe Ordnungsnummern ab 001 bzw. 501, während die Mittelwagen folgendermaßen unterschieden werden: 411.1/412.1 1.t2. Klasse 411.Y412.2 Speisewagen 41 1.5 bis 81412.5 bis 8 2. Klasse 415.1i416.1 2. Klasse+Speisewagen 415.5 bis 7/416.5 bis 7 2. Klasse Durch Umrüstungen kommt es auch bei den Diesellokomotivenzu neuen Baureihenbezeichnungen: Die Baureihen 294 und 6 5 entstehen durch FunkfernsteuerungsNachrüstung der vorhandenen 290/ 291 analog den V 60-Umbauten. Rund 250 Maschinen soll das Werk Bremen bis Sommer 1997 nachrüsten. Alle Loks bleiben ihren jetzigen Dienststellen erhalten. Ein Probeumbau wird derzeit bei 290 212 und 047 durchgeführt. 0
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Umfangreiche bießfahrten absolvierten Anfang August 1995 drei Lokoop-Loks Ae 476 (ex 142 der DB AG) in Mehrfachtraktion am Brenner oben vor Zug 42831 (mit ÖBB Ballastloks) am 9.8. bei Matrei; rechts Lz in Langen und in der Zfl Innsbruck. Alle Abb.: M. lnderst
Zufriedenstellende Meßfahrten
Mit Ae 476 bis zum Brenner? lie schweizerische Mittelthurgaubahn (MThB) möchen ausweiten. Nachdem as Unternehmen seit Ende Mai 1994 Nahverkehrsienste im Bodenseeraum leistet (vgl. EJ 7/94), hat ich die Bahn nun bei der Bayerischen Trailer Zug GmbH (BTZ) im Rahmen einer Ausschreibung um die förderung der Trailerzüge München - Verona nchen (vgl. EJ 8/95) auf dem Abschnitt zwischen nchen und Brenner beworben. Einsetzen möchte MThB dabei ihre Maschinen aus dem schweizerichen Lokoop AG-Pool, der 21 Loks Ae 476 umfaßt aus Deutschland angekaufte ex DR-142. Vor diesem Hintergrund fanden Anfang August 1995 umfangreihe Meßfahrten mit den drei Loks Ae 476 470, 472 -*--. fr-
Die Zuführung der Maschinen erfolgte am 8.8. von St. Margrethen via Feldkirch/Arlberg/lnnsbruck nach Wörgl. Am 9.8. wurde zuerst der 784 t schwere Güterzug 43873 von den Ae 476 472 und 475 von Wörgl zum Brenner geführt. Zurück ging es als Lokzug - diesmal über lnnsbruck Hbf nach Wörgl. Um die beim Tandembetrieb erforderliche Höchstlast von maximal 1160 t mit drei Triebfahrzeugen zu erreichen, wurden beim 721 t schweren Güterzug 42831 ebenfalls von, Wörgl zum Brenner - neben den drei Ae 476 noch vier Ballastloks (drei 1044.2 und eine 1042) angehängt, die dann wiederum als Lokzug nach Innsbruck zurückkehrten. Neben der Erprobung des Tandembetriebs mit den Ae 476 wurden im Verlauf der Brenner-Nordrampe vier Anfahrversuche auf den steilsten Streckenstücken absolviert. Insgesamt verliefen die Meßfahrten nach ' igaben der Verantwortlichen zutriedensteller
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Die Rückführung der drei Ae 476 nach St. Margrethen erfolgte dann am 10.8. von lnnsbruck aus. In St. Margrethen wurden - wie bereits bei der Hinfahrt - die Wip pen der Stromabnehmerje nach geitender Norm ausgetauscht. Markus lnderst
Ausrüstung mit E-Bremse Bei einer Ae 476 der 21 Lokoop AG-Lokomotiven wird derzeit in der Schweiz eine von der Firma StadlerFahrzeuge AG in Bussnang TG eingebaute elektrische Bremse erprobt. Deutlich erkennbar ist diese Umrüstung an den auf dem Lokdach - anstelle des weggefallenen zweiten Stromabnehmers- angebrachten Widerständen. Sämtliche Ae 476 sollen zudem die schweizerische Vielfachsteuerung llld erhalten. Teilhaber der LokooD AG mit Sitz in Weinfelden sind übrigens zu jeweils 50% die Mittelthurgaubahnund die Schweizerisck(SOB). Gi ~
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(Füllseite)
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53 7752 mit neuem Bild 4 (oben): Der Kittel-Dampftriebwagen (Rai-Mo) fährt ab.
untere Ebene zu einem Oval um, von dem nur vorn 1 m Streckenlänge sichtbar ist. Im hinteren Bereich liegen drei Gleise, auf denen Züge bis zu 2 m Länge aufgestellt werden können. Dieses Oval erhielt Fahrleitung; mit Relais wird ein automatischer Drei-Zug-Betrieb gefahren. Auf diese Weise habe ich die Möglichkeit, mein zu reichlich vorhandenes rollendes Material nutzbringend einzusetzen. Güterwagen wurden mittels Kuppelstange (Märklin) im KurzkupplungsSchacht zu Fünfergruppen verbunden; damit sind Zugtrennungen im verdeckten Bereich fast ausgeschlossen. Durch Umpolung einer Ellok wurde erreicht, daß auch ein Zug in der Gegenrichtung verkehrt, ohne im Automatikbetrieb umpolen zu müssen. Die Schaltvorgänge werden über Fahrleitungskontakte oder Rohrkontakte (SRK) mit Magnet in der Lok gesteuert. Seitdem habe ich im “Keller” regen Zugbetrieb, um den ich mich nicht kümmern muß, und alle Gäste sind verblüfft, woher auf dieser “kleinen” Anlage diese langen Züge kommen. Ein Nachteil soll allerdings nicht verschwiegen werden: Fünf fest gekuppelte Wagen in einem Einschnitt unter Fahrleitung auf das Gleis zu setzen, erfordert schon einen “ausgeglichenen Charakter”. Da für den weiteren Aufbau der Anlage die verbleibenden 60 mm des Seitenrahmens in der Höhe nicht ausreichen, um freie 120mm im Untergeschoß zu schaffen, wurde zuerst der Bahnhofsbereich um weitere 60mm angehoben. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich in meinem Leben mit der Modellbahn gesammelt Eisenbahn-Journal 11/1995
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Bild 7: Eine E 70 passiert die Felswand arn Bahnhof Strolchsburg. Das Modell entstand auf der Basis eines Gützold-V 60-Fahrwerkes.
habe: Wer wenig Platz hat, sollte den Bahnhof anheben, um später bei der Verwendung von Brückenbauwerken mit der halben Rampenhöhe auszukommen. Der Bahnhof Strolchsburg ist dreigleisig konzipiert, wobei eine Durchfahrt ohne Bahnsteigberührung über ein viertes Gleis möglich ist. In Strolchsburg zweigt eine Nebenbahn nach Lumphausen ab. Lumphausen war früher ein zweigleisiger Kopfbahnhof, der wegen seiner Lage an der Zimmerwand praktisch unzugänglich war. Unsicherheiten beim Kopfmachen von Zügen haben uns später veranlaßt, aus dem Kopf- einen Durchgangsbahnhof zu ma-
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chen und die Strecke wieder in Strolchsburg einzubinden. Heute stellt sich dieser Anlagenteil wie folgt dar: Auf dem Niveau des Bahnhofs läuft um die ganze Anlage ein Oval. Wenn ich die Anlage heute noch einmal bauen würde, würde der hintere Teil dieses Ovals zweigleisig gestaltet, um wenigstens ein verdecktes Abstellgleis zu erhalten. Die Nachrüstung eines zweiten Gleises nachträglich erfordert so erhebliche Eingriffe in die Landschaftsgestaltung, daß meine Frau eine dauernde Verfügung (keine einstweilige) erwirkt hat, wanach das zti unterbleiben hat. Da sie für die Land-
schaftsgestaltung die Ideen liefert und das dann auch selbst ausführen muß, sollte man sich solchen Festlegungen auch mal fügen können. Die in Strolchsburg nach Lumphausen abzweigende Nebenbahn verschwindet im rechten Anlagenteil in einem Tunnel, den sie im Gefälle in einem Talkessel verläßt. Nach der Fahrt unter einer Brücke hindurch folgt der nächste Tunnel, diesmal unter dem Bahnhofsgelände. In diesem Abschnitt wird die untere Fahrebene (Ellok-Paradestrecke) erreicht, wobei es nach dort keine Verbindung gibt; wir befinden uns im Inneren des unteren Ovals. Nun
Bild 8: Der Glaskasten hat mit seinem kleinen Personenzug den Haltepunkt LumphauSen erreicht. Einige Reisende werden dem Waldsee entgegenstreben. Bild 9: Nur wenige Meter neben der Bahnstation liegt das “Labsal” der Strolchsburger. . Der Teich hat sich in einem Loch, wahrscheinlich vulkanischen Ursprungs, gebildet und spendet Erfrischung und Entspannung.
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Bild 10 (rechte Seite oben): Nachdem die Schar Badelustiger von dannen gezoqen ist, rollt der Gegenzug in Lumphausen ein. 98 526 bringt Güterwagen herauf. Zwei Wagen werden ausrangiert und auf der LadeStraße abgestellt. Ein alter Wagenkasten einer sächsischen Schmalspurbahn fungiert als Werkzeugschuppen. Lumphausens Nebengleise hat auch das naheliegende Bw zur “Verbergung” z-gestellter Lokomotiven im Visier. Alle Abb.: H. Scholz
steigt die Strecke verdeckt in einem DreiViertelkreis und taucht auf der Brücke wieder auf. Der weitere Streckenverlauf liegt offen. Nach Durchfahren eines etwas engen Linksbogens wird Lumphausen erreicht. Von hier aus läuft die Strecke in einem weiteren Linksbogen nach Strolchsburg zurück.
Drei Ovale in drei Ebenen Von Anfang an wurde die Geländegestaltung gleich mit der Gleisplanung konzipiert. Der Bahnhof hat deshalb nur eine Straßenverbindung zur außerhalb der Anlage zu suchenden Ortschaft. Am Bahnhof sind neben ,ein paar Wohnhäusern nur ein Tante-Emma-Laden, ein Fleischer und eine Zwei-Sterne-Absteige zu finden. Ein paar weitere Häuser befinden sich längs der Straße beziehungsweise sind über Nebenwege erreichbar. Der Besitzer eines Faller-Sägewerks ärgert sich, daß er sich in dem engen Tal niedergelassen hat. Allerdings kann er hier die Wasserkraft nutzen. Der Bach ist durchgehend aus Ornamentglas gestaltet. Er flieRt, dem Gelände entsprechend, über die halbe Anlage und verschwindet dann unter dem Bahnhof. Großer Wert wurde darauf gelegt, daß die Portale der vielen Tunnels nicht “Maulwurfshügelcharakter” aufweisen. Für die Felsstrukturen wurde Baumrinde in großen Stücken und in beachtlichen Mengen verbaut. Wir fanden sie bei einem OstseeUrlaub nach einer Sturmflut. Daß wir so an diesen Schatz kamen, haben wir bis heute nicht begriffen! Strolchsburg hat aber auch als Ort für die Naherholung Bedeutung: Ein Badeteich Eisenbahn-Journal 11/1995
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Bild 1 : Trotz Oberleitung verkehrt auf Wolfgang Leopolders Anlage auch eir,
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alias “Ameisenbär”alias Wisrnarer Schienenbus.
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Kleine HOe-Anlage mit Zahnradbahn Eine Fahrt mit der Zahnradbahn auf den Schneeberg in Niederösterreich war für mich Anlaß zum Bau einer Modellbahnanlage. Ich wollte eine Gebirgsbahn bauen mit einer Dampfzahnradbahn (Modell Gerard) als besonderen Leckerbissen. Da ich aus Platzgründen keine Hauptstrekke in HO-Regelspur oder HOm bauen konnte, sollten meine Durchgangszüge auf HOeGleismaterial das bergige Gelände bewältigen.
Es entstand ein Hochtal mit einer kleinen Bahnstation außerhalb der Ortschaft. Dicht unterhalb der Station schlängelt sich in einer S-Kurve der Zug hinab ins Tal, oder er kämpft sich in einem Kehrtunnel den Weg hinauf zum Bahnhof. Von dieser sogenannten Paradestrecke zweigt im linken Anlagenteil eine lndustriestrecke ab, welche allerdings im folgenden Tunnel verschüttet ist. Ein Signal und eine verschlossene Weiche sichern das tote Gleisstück.
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Das freie Gleisstück wird zur Holzverladung aus den umliegenden Wäldern genutzt. Durch die Zufahrtsstraße von der Haupt-
strecke getrennt befindet sich die Endstation der Zahnradbahn mit separatem kleinem Empfangsgebäude. Auf ihrer Fahrt passiert sie in einer engen Linkskurve einen Bergbauernhof und erreicht nach Befahren des Viaduktes eine Ausweichstelle mit Zwischenstation. Anschließend verschwindet sie im Tunnel und setzt so ihre Fahrt zur Gipfelstation fort. Um rollendes Material Schweizer, österreichischer und deutscher Schmalspurbahnen einsetzen zu können, ist mein Anlagenthema im Dreiländereck am Bodensee auf österreichischem Gebiet angesiedelt. Sicherlich gibt es dort keine Iänderüber-
Bild 4: Die ösrerreicriiscrie U I uesparirii rieute vor allem Sonderzüge.
greifende Schmalspurbahn, doch wäre dies zumindest denkbar. Erfahrungsgemäß glaube ich jetzt sagen zu können, daß ein RhB-Krokodil auf HOe-Gleisrnaterial weder optisch noch funktionsbedingt eine große Einbuße darstellt. Der Unterbau meiner Anlage ist eine Metallwinkel-Konstruktion (Meta, Hailo). Die acht Standbeine versah ich mit Laufrollen, so da8 die Anlage bei Bedarf im Raum frei beweglich ist. Der weitere Aufbau erfolgte in der bewährten offenen Rahmenbauweise aus Holz. Aus Gründen der begrenzten Anlagengröße befinden sich nur die Bahnhofsgleise in waagrechter Position. Alle übrigen, insbesondere im Schattenbereich, liegen in der Schräge, auch der dreigleisige Schattenbahnhof. Die Weichen (Roco) irn Untergeschoß besitzen keine polarisierten Herzstücke, um sie in ihrer Grundstellung angeschnitten durchfahren zu können.
Bild 5: Beliebtes Fotoobjekt: das RhBKrokodil. Bild 2 (linke Seite unten): Güterzugmaschine "Frank S." darf ausnahmsweise mal vor einem Personenzug aushelfen. Bild 3 (unten Mitte): Ein Tunneleinbruch hat das lndustriegleis unpassierbar gemacht. Zumindest vorläufig ist die Strecke gesperrt. Bild 6: Liebevoll gestaltet wie die übrige Anlage ist auch der Bereich um das Freiladegleis. Hinten eine der schräg gebauten Zahnradloks.
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Bild 7: Auf steiler Strecke schiebt die GerardZahnradlok ihre Wagen bergan. Bild 8: Was für ein Foto: Dampflok & Brezlkäfer! Bild 10 (rechte Seite oben): Die Kühe haben sich wohl längst an das Schnaufen der Züge gewöhnt - auf jeden Fall lassen sie sich nicht stören. Bild 11 (rechte Seite Mitte): Hübsches Detail: der getrennt vom Haus angelegte Bauerngarten. Bild 9: Im Zahnradbahn-Bwhat wohl jemand etwas zu feiern. Das nötige "Speisewasser" steht jedenfalls schon parat.
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Vom Regelpult gestellt werden im Schattenbereich lediglich die beiden Einfahrtsweichen der Kehrschleifen und die Einfahrtsweiche zum Schattenbahnhof. Die Weichen im Schattenbahnhof selbst regelt zuverlässig eine Elektronik (System Lauer). Die Ausfahrtsweichen des UntertageBahnhofs sind antriebslos. Alle übrigen verdeckten Weichen sind festgestellt. Der gesamte Schattenbereich ist mit einer Tunneloberleitung (Herei) überspannt. Sie wird im sichtbaren Bereich von einer Sommerfeldt-Oberleitung fortgesetzt. Die Weichen auf der Anlagenoberfläche (Bemo) sind polarisiert und mit einem Unterflurantrieb von Bemo ausgestattet. Das gesamte Gleismaterial ist ebenfalls von Bemo, eingeschottert mit der bekannten Leim-Wasser-Spülmittel-Mischung. Das Gleismaterial der Zahnradbahn kommt natürlich aus dem Hause Gerard. Der kleinste Radius beträgt 30 cm (Hauptbahn) und 28 cm (Zahnradbahn). Die Landschaft erstellte ich mit Drahtgewebe (Busch), Gipsgewebe (Busch), Styropor und Hydrozell (Faller). Die Vegetation entstand mit Heki-Erzeugnissen. Die Häuserbausätze stammen von den bekannten Herstellern (Kibri, Vollmer, Faller, Pola und Vero). Viadukt und Burgruine sind "Marke Eigenbau", geschaffen mit Heki-dur-Strukturplatten. Rollendes Material, Gleise und Bauwerke wurden gealtert mit dem Humbrol-PatinaSet. Die Felswände überzog ich mit Heki79
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dur-Granitfarbe und verwitterte sie anschließend mit Lasurfarbe desselben Herstellers. Auf dieser Kleinanlage habe ich versucht, konstruktive Merkmale weitaus größerer Anlagen auf kleinstem Raum unterzubringen. Ich glaube, daß mir dies auch gelungen ist, denn mit Schattenbahnhof, zwei Kehrschleifen, diversen Rangiermanövern und Fahrten durch die Landschaft ist genügend Spielfreude zu erzielen. Wolfgang Leopolder Bild 12: Die ganze Anlage auf einen Blick. Abb. 1 bis 11: M. Knaden; Abb. 12: W. Leopolder
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Bild 2: Asoa-Gesteinsbeizen und Künstlerfarben von Schmincke und Lukas. Die stark verdünnt anzuwendenden Farben reichen eine Ewigkeit und sind ebensolange lageriähig. Bild 1: Die angefeuchtete Gipswand erhält den ersten Farbauftrag mit hochverdünnter schwarzer Farbe.
Weihnachtsanlage
(3. Teil)
Endlich liegen die Gleise, der Berg hat seine “Haut” bekommen - jetzt beginnt der Modellbahn-Frühling! Bild 3: Am Steinbruch können die Dispersionsfarben in einem niederen Verdünnungsverhältnis genutzt werden. Bild 5 (rechte Seite): Mit einem Schlag wird es “romantisch”; die Bäume werden gesetzt. Bild 4: Weitere Aufgaben warten an der Bruchwand. In die nasse Farbe rieselt man hier feinen Schotter. Ferner hat man die Möglichkeit, einige größere Steinchen “loszuwerden” und mit zu verkleben.
Felsfärbung Zuerst kommen bei der Landschaftsgestaltung die Felspartien an die Reihe. Da mit stark färbenden Stoffen umgegangen wird, sollte die Begrünung des Umfeldes noch nicht erfolgt sein. Bei der Felsfärbung scheiden sich die Geister. Mit einer Vielzahl an Materialien wird bei der Nachbildung von Felswänden gearbeitet, und jeder schwört auf seine Methode. Die Ober-Trautenauer “Teufelsmauer”, sämtliche Tunnelportale und kleinere Felsvorsprünge bestehen aus Gips. Im letzten Teil wurde ja über deren Herstellung einiges gesagt. Was ist so interessant an dem Werkstoff Gips? Ganz klar, die Mikroporen an der Oberfläche des ausgetrockneten Abgusses. Sie sind hauptsächlich dafür verantwortlich, daß man mit Farben spielen und
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Bild 6: Mit gelb-grüner Dispersionsfarbe wird der gesamte Waldboden vorgestrichen. In die Farbe kann man Holzleim einrühren. Dadurch trocknet die Farbe - besonders bei großen Flächen - nicht so schnell.
zaubern kann. Aufstreichen unverdünnter Plakafarben würde diese mikroskopisch kleinen Kanülen verschließen und die feinstrukturierte Oberfläche zu einer sterilen Platte herabwürdigen. Begonnen wird damit, daß man das einzufärbende Gußteil mit Wasser einstreicht. Um Himmels Willen niemals den trockenen Abguß mit nassen Farben behandeln! Der Gips wirkt wie ein Schwamm. Zweiter Schritt ist das Überpinseln mit sehr stark verdünnter schwarzer Temperafarbe (2.B. der Firma Schmincke). Der Fels erhält einen leichten Grauschleier. Die Hauptfarben werden nun mit ebenfalls hochverdünnten Beizen aus dem Programm von Asoa aufgetragen. Man muß für diesen Arbeitsschritt ausreichend Zeit mitbringen. Sehr, sehr vorsichtig ist die Färbung zu intensivieren - zu viel Farbe auf einmal wirkt unrealistisch und Iäßt sich nicht mehr aus dem Gips waschen. Mit Trockenfarbe können letztendlich, erst wenn der Gips wirklich restlos trocken ist, Lichter und Schatten in den Fels gesetzt werden. Mit einem groben Pinsel kann man die Pigmente regelrecht in die Poren “einmassieren”.
Bild 7: Steilere Geländeabschnitte werden dagegen mit dunkelbrauner bis schwarzer Dispersionsfarbe vorgestrichen. Somit deutet man direkt das dort unbewachsene Erdreich an.
Eine andere Art und Weise der Färbung ist die Spritzlackierung. Stark verdünnte Humbrol- oder Revellfarbe verwendet man dazu. Nach drei bis vier Lackiervorgängen erst sollte der gewünschte Farbton erreicht sein. Mit diesem Verfahren wurden auf der Anlage die Tunnelportale verfeinert. Zur Wahl der Farbe noch einige Worte. In der Natur ziehen sich die Felsstöcke Meter, ja sogar Kilometer durch die Erde und tauchen hier und da an der Oberfläche auf. Der gesamte Felsbereich auf der Modellbahnanlage sollte daher auch nur um einen Grundton schwingen. Zwischen braunem Gneis und grauem Diabas spontan hin und her zu wechseln, sieht zwar schön aus, ist aber absolut vorbildwidrig. Auch die gemauerten Kunstbauten sollten sich der Farbe des Felsens anpassen, hat man doch früher die Steine aus dem nächstliegenden Bruch beschafft.
Realistisch e Begrünung
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... heißt die Zauberformel, mit der aus unseren Wiesen Golfplätze oder aber grüne Gebirgshänge entstehen. Lassen Sie die Grasmatten lieber ganz schnell vor den
Bild 8: Auf die nasse Grundfarbe stäubt man nun das Streumaterial. Das gesamte Material saugt sich sofort mit Farbe voll und ist gleich arretiert. Der Holzleim unterstützt den Prozeß sehr gut.
Augen Ihrer Hobbyfreunde verschwinden! Begonnen wird mit der Grundierung des zu begrünenden Terrains. Dafür wählt man eine erdfarbene Dispersionsfarbe, erhältlich in jedem Baumarkt. Gleich jetzt ein Tip: Partien mit sehr steil abfallendem Gelände streicht man mit einer recht dunkelbraunen Farbe. Damit imitiert man unbewachsene Waldböden, wie sie an Steilhängen zu finden sind. In die noch nasse Dispersionsfarbe wird Streumaterial gestäubt. Eine bunte Mischung? Nein, zwei Töne reichen aus. Bei Liliput (Deutschland) geht der Vertrieb von Woodland weiter. Man besorge sich reichlich die Nummern T42 und T49. Beide Töne (Erde und Gras) streut man abwechselnd auf. Spielen Sie quasi mit den beiden Tönen! Was gibt denn unserem Waldboden noch den nötigen Pepp? Man besorge sich von Haber1-& Partner den “Original bayerischen Waldboden”, bei dem es sich freilich nur um pulverisierte Blätter und Tannennadeln handelt. Das Pulver könnte durchaus auch aus Holstein oder anderswo her kommen. Ist der Waldboden gestaltet, beginnt die Verklebung mit der bekannten Wasser-
Bild 9: Im zweiten Bestreuungsgang beginnen schon erste Feinarbeiten. Original-Waldboden wird mit einem Löffel in kleinen Priesen aufgestreut. Man Scham erste Akzente.
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Bild 10: Ohne Fleiß kein Preis. Letzte Foliagestücke werden mit UHU-Kraft angeklebt, und die Schwellenverbauung ist zum Top-Detail anvanciert!
Weißleim-Spülmittel-Mischung. Hier steht die nächste “Falltür” für Sie wieder sperrangelweit offen. Wie weit Sie auch die Mischung verdünnen oder mit Spülmittel zu entspannen versuchen, es wird Ihnen nicht viel nützen! Sobald der Leim auf das Streumaterial gelangt, verklumpt das Begrünungsmaterial zu kleinen “Perlen”. Bei Kuhweiden natürlich optimal, nur bei unseren Bergwiesen absolut falsch. Eine ideale Hilfe ist hier wieder der AsoaFließverbesserer. Wie beim Verkleben des Schotterbettes zerstäubt man das Mittel über den Grünflächen, Iäßt es kurz einwirken (es bildet beim Auftreffen keine Klumpen!) und kann letztendlich ohne Probleme das Leimgemisch auftragen. Von dem Fließverbesserer sollte man sich am be-
sten gleich die i-I-Nachfüllflasche kaufen. Die Trockenzeit der Grünflächen überbrückt man mit der Gestaltung eines kleinen Geröllfeldes am Fuße der “Teufelsmauer”. Steinchen verschiedener Größen streut man untereinander, Das Material sollte sich zwischen Felswand und Schotterbett in unterschiedlichenBereichensammeln. Verdünnter Holzleim bindet die “Modellsedimente” zusammen.
Das »Salz in der Suppe<< Details, Details, davon lebt jede Anlage. Auf vielen Modellbahnfotosverbergen sich solche Anregungen und Ideen meist nur im Hintergrund. Auf Tips und Erfahrungen von Lesern greifen auch wir sehr gern zurück.
Bild 11: Am Fuß der “Teufelsmauer” modelliert man ein kleines Geröllfeld. Das herabstürzende Gestein sammelt sich an der Bettungskante. Ist es zur Zufriedenheit verteilt, verklebt man mit verdünntem Holzleim.
Herr Buchmüller stützte eine seiner Anlagenhänge mit Altschwellen ab, eine tolle Idee, die für einen Abschnitt der ‘Teufelsmauer” wie auf den “Leib, Pardon Hang geschneidert schien. Die Umsetzung ist ganz leicht. Schienenprofilreste werden senkrecht in den Anlagenboden gesteckt. Der Abstand muß natürlich das Maß der dahinterzusteckenden Schwellen unterschreiten. Man kann nun zwischen Echtholz- und Kunststoffschwellen wählen. UHU-Kraft verklebt die verschachtelten Schwellen sicher. Die partielle Begrünung dieses Abschnittes wird auch Ihnen Freude bereiten. Das herunterrieselnde Streumaterial findet vorbildgerecht seinen Weg zwischen die Schwellen und verhängt sich dort ohne Zutun des Erbau-
Bild 12: Ein “Blick zurück” sei uns gestattet. Mit UHU-Kraft baut man die Altschwellen übereinander. Die gestrichenen Profile stecken dagegen nur in der Geländedecke.
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Bild 14: Abschluß der Waldgestaltung. Kleine Büsche werden in die Felswand gesetzt. Eine kleine Birke hat dort ihr Plätzchen gefunden.
- MZZ-Kulisse “Himmel” - MZZ-Kulisse “Waldhang” - Hochstammtanne (P. Kling) Tanne (Haberl & Partner)
- Tanne (Faller) und junge - Büsche Birken (Heki) -
Streumaterial Erde-GrasMischung (Woodland)
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Foliage (Heki)
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Streumaterial Waldboden (Haberl & Partner)
Bild 13: Der Wald oberhalb der “Teufelsmauer”. Anhand obiger Auflistung können Sie genau nachvollziehen, welche Materialien wo verwendet worden sind, und deren Einfluß auf den Gesamteindruck bewerten.
lagen zu steigern ist, können Sie zusätzlich in der Ausgabe “Anlagenbau 111” nachlesen. Ferner sollten die Baumgruppen helfen, die Szenerie in einzelne “Schauplätze” aufzuteilen. Man nennt so etwas Geländeteiler. Mit diesem Gestaltungctricktrennt man Anlagenteile, die in der Natur nicht so eng beieinanderstehen, oder man kaschiert “unglaubwürdige Situationen”. Ein Musterbeispiel können Sie im EJ 8/95, s. 66 bis 73, sehen. Dort fungiert ein Laubwald zur Trennung eines Streckenbereichs von einem Bahnhof. Dieses Prinzip ist bei OberTrautenau zur Tarnung des Steinbruchs genutzt worden. Auf der Weihnachtsanlage dient der Wald zwischen Schmalspurteil und Kurztunnel zum Verschleiern der unteren Tunneleinfahrt. Diese ist mit Tunnelportal und Stützmauern kaum zu gestalten, ohne einen Hauch von Kitsch aufkommen zu lassen. Strauchwerk und Unterholz gewinnt man aus zerkleinerten Laubbäumen. Einzelne Äste klebt man in Bohrlöchern fest. Letzter Bodenbewuchs wird mittels Foliage von Woodland oder Heki gestaltet. Auch hier wieder gilt der Aspekt, zwei Hersteller zu “mischen”. Der Einsatz anderer Naturmaterialien, wie
Bild 15 bis 17: Bäumepflanzen. Die Geländedecke wird eingebohrt und in Loch und Montageschaum der gekürzte Stamm gesteckt.
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zum Beispiel Korallenzweige aus dem Floristenbedarf, schafft die Möglichkeit, den Detaillierungsgrad noch einige Stufen höherzutreiben. Auch weit nach Fertigstellung der Anlage ergeben sich hier Aufgaben. Denkt man nur einmal an das geätzte Pflanzenmaterial von Scale Link ...
Straßen und Wege Ein reichhaltiges Angebot an Straßenbelägen steht im Fachhandel zur Verfügung. Da fällt die Wahl schwer. Weil die Straße hinauf zum Bahnhof sehr starke Kurven aufweist, scheidet flexibles Belagmaterial schon einmal aus. Derartig starke Windungen machen die Straßenfolien allesamt nicht mit. Diese Erfahrung hat uns der Bau der Redaktionsanlage “Spreewald vermittelt. Ein Geländebaumörtel wurde hinauf nach Ober-Trautenau ausgestrichen und soweit wie möglich geglättet. In das nasse Material wurde Asoa-Diabassplitt gestäubt. Damit war die Straße schon fertig. Mit Begrünungsmaterial wird sie noch eingefaßt. Wege entstanden wahlweise aus Heki-Dekosand oder Asoa-Gneissplitt analog zur Bahnsteiggestaltung.
Anschluß Steinbruch Kunze
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Ein Anschlußgleis führt hinauf zum Steinbruch Kunze. Nicht gerade riesige Schottermassen werden mit der Bahn verschickt, aber immerhin ... Eine der letzten Arbeiten ist die Gestaltung von Kunzes “Segensquell”, des Bruchs im Rückraum der “Teufelsmauer”. Die Bruchmauer wird aus dem MontageSchaum herausgeschnitten, grob, modelliert und mit einem Modellbaumörtel bestrichen. In den nassen Mörtel steckt man Steine verschiedener Größen. In unserem Falle konnten wir auf eine Gipsplatte zurückgreifen, aus der einzelne Quader herauszutrennen waren, glaubhaft in Form und Oberflächenstruktur. Hat man derartige Abgüsse nicht zur Hand, bleibt nur der Weg, die Abbaustellen am Berg aus dem Gips- oder Mörtelauftrag herauszugravieren. Man sollte eingehende Vorbildstudien treffen. Die Oberflächen Eisenbahn-Journal 1 U1995
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müßten eben, aber auch scharfkantig sein. Längskerben von eingebohrten Sprenglöchern sind nicht zu vergessen. Herumliegendes Restgestein imitiert man mit verschiedenen Sanden und Schottern sowie groben Steinchen. Ist alles nach Zufriedenheit modelliert, verklebt man mit verdünntem Ponal, und die Farbgebung erfolgt. Hier kann man zwanglos mit Dispersionsfarben arbeiten. Über die Gestaltung des Umfeldes von Brecher und Verladestation wollen wir hier keine großen Worte verlieren. Autos, Preiser-Figuren, allerlei Werkzeug und "Krempel" können hier untergebracht werden. Bleibt nur noch zu sagen, daß das hier gezeigte Steinbruchgebäude ein reiner Eigenbau aus Holz und Kunststoffteilen ist. Im Zubehörprogramm wird sich aber ein anderes Modell durchaus finden lassen.
Gebäudeaufstellung Das Empfangsgebäude und der Gasthof sind aus dem Kibri-Programm. Stellwerk und Heuschuppen spendierte Faller. Alle Gebäude sollten in ihrer Größe dem Zweck entsprechen und auch stilistisch zueinanderpassen. Einen Aspekt haben wir in der Redaktion zu beachten, der den Modelleisenbahner zu Hause im Hobbyraum nicht so sehr auf den Nägeln brennt: Fotomotive. Aus diesem Grund steht an der Talstraße nicht ein Wohnhaus, sondern eben dieser kleine Schuppen. Somit ist die "Teufelsmauer" nicht verstellt. Uff, das wäre wohl die Landschaftsgestaltung in "D-Zug-Geschwindigkeit". Lassen Sie die Informationen erst einmal auf sich wirken, bevor es ans Werk geht! Meister fallen nicht vom Himmel, und auch wir
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tricksen uns manchmal so schlecht und recht voran. Hindernisse und Fallen lauern immer wieder. Krönung und Aufmunterung ist nun mal die Landschaftsgestaltung, weil man hier "viel sieht". Dies können Sie dann auch in unserer Modellbahn-Ausgabe 12i 1995 spüren. Dort herrscht Betrieb in OberTrautenau, durch verschiedene Epochen und Länder! HS Bild 18 (linke Seite oben): Die Schweizer Alpenhütte von Faller macht sich auch vor der 'Teufelsmauet' gut. Die typischen Dachsteine muß man natürlich weglassen. Bild 19 (linke Seite unten): Eine Baumreihe wird als Geländeteiler am Bruch aufgestellt. Bild 20 (oben Mitte): Die Bahnsteigkante sollten auch Maschinen mit sehr breiten Zylindern meistern können. Bild 21 (oben rechts): Am Gasthof wird der Biergarten modelliert. Alle Abb.: MV-HS
Fünf kurze Güterzüge
Das Thema dieses Porträts erscheint auf den ersten Blick nicht sonderlich attraktiv. Güterzüge? Naja! Noch dazu kurz? Da kann ja im wahrsten Sinne des Wortes nicht viel dran sein. Außerdem stirbt der Güterverkehr auf der Schiene ja sowieso aus - was soll’s dann noch? Zur Zeit der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft freilich war das anders. Ganz anders. Sie führte täglich schier unzählige solcher Züge. Bei der Deutschen Bundesbahn wurden sie zwar immer weniger und immer kürzer, aber bitte: Um kurze Züge geht es hier ja. Bild 1 (oben): Auf jeder Anlage macht eine solche Kurzgarnitur eine “gute Figur”. Bild 2: Unser erster kurzer Güterzug dampfte 1935 nahe Wilischthal auf der Strecke Chemnitz Weipert. Zuglok war 86 124. Bild 3: So kurz der Zug ist, Iäßt er sictl dennoch nicht ganz mit Industriemodellen nachbilden. Keine Spur also vom .oft behaupteten Uberangebot!
An und für sich ist der kurze Güterzug das ideale Modellbahn-Thema: Zuglok nahezu beliebig, Wagengarnitur fast willkürlich. Und dennoch besitzt er eine gewisse verborgene Eigengesetzlichkeit - “free lance” gibt es hier nicht. Wir wollen es an fünf Beispielen zeigen: zweimal DRG (Epoche ii), dreimal DB (Epoche III und IV). Tender- oder Schlepptenderlok, Rauchkammer voraus oder rückwärts, Länderbahn- oder Einheits-, ja sogar Elektrolok. Und immer Güterzug-Begleitwagen fürs Personal: Zu DRG-Zeiten waren es der Zugführer und so ungefähr für jeden Wagen ein Rangierer. Bei der DB ging’s weniger feudal zu: Manchmal mußte sogar der Heizer kuppeln. Opulent die Vielfalt der Wagen: Zweiachser, Vierachser, leere, beladene, deutsche,
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Bild 4: Der links abgebildete Mecklenburger Zug In HO. Passendes Zubehör Iäßt die Modell-Landschaft noch "echter" erschelnen als das Orlglnalfoto. Bild 0 (ganz unten): Mit der aus der Fleischmann-G 8' entstandenen G 8 Iäßt sich der Mecklenburger Zug exakt nachstellen.
Bild 5: Kurzer Güterzug in Mecklenburg: Eine preußische G 8 (55 1942 der DRG) ist 1938 mit einem Ng unterwegs auf der Strecke Neubrandenburg - Waren. Sie ist heute aufgelassen.
fremde, frisch lackiert glänzende, total verdreckte usw. Eine Fülle von Variationsmöglichkeiten also. Die Industrie greift uns dabei kräftig unter die Arme und produziert ein reiches Angebot schöner Lok- und Wagenmodelle gerade für diesen Zweck: kurze Güterzüge.
Kurz durch Sachsen Dem ersten von ihnen begegnen wir in Sachsen. 1935 rollte er auf der ehemaligen KBS 140 Chemnitz - Weipert bei Wilischthal dem Fotografen vor die Linse. Die Garnitur hat allerdings gar nichts Sächslsches vorzuweisen. Sämtliche Wagen sind Preußen der Länderbahn- bzw. Verbandsbauart: Pwg (PrOOb), 0-Halle, Om-Essen und G-StettidHannover. Nur die Lokomotive ist eine Einheitsbauart, nämlich eine I ' D I ' h2-Güterzugtenderlok der BR 86. Modellbahnerisch macht uns dieser Zug kaum Probleme, ausgenommen der Pwg. Er ist selbst zu bauen (für HO in EJ 5/92). Dagegen gibt es die Lok gleich dreifach:
von Fleischmann (4086), Gützold (27400) und Märklin (3096) - allerdings nur in Epoche-111-Version. Um sie In den DRG-Look zu versetzen, müssen Sie die dritten Spitzenlichter entfernen und den Gaßher-Beschriftungssatz D 238 anbringen. Den 0-Halle führt Fleischmann (5208), den Om-Essen ebenfalls Fleischmann (5215) oder Märklin (4795). Der G-Stettin ist ein Selbstbau (siehe EJ 1/91). In N stammt die BR 86 von Flelschmann (7086), der Pwg von Minitrlx (132549) und der 0-Halle von Arnold (4412) oder Flelschmann (8209). Einen dem Om-Essen angenäherten Wagen führt Arnold (4250). Auch der 8355 von Flelschmann muß etwas angepaßt werden, um als G-Stettin durchgehen zu können. Vom Ladegut Ist bei dleSem zweiten Güterzbg nichts zu erkennen.
Auf 19 Achsen in Mecklenburg Unseren zweiten Zug sehen wir auf der Strecke 105e, Neubrandenburg - Waren,
unweit Penzlln In Mecklenburg, herandampfen. Zugpferd des N(ah)g(üter)zugs ist eine preußische D h2-Güterzuglokomotive der Gattung G 8, DRG-BR 5516@. Sie war mit etwas über 1000 Stück im Bereich der KPEV ziemlich verbreitet. Ihre Weiterentwicklung, die G 8l (1913), übertraf sie mit fast 5000 Exemplaren allerdings bei weitem. So ist auf dem Modellbahnmarkt verständlicherweise nur die G 8' anzutreffen. Flelschmann produziert sie in HO (Nr. 4154) und N (7154). Sie bietet eine ausgezeichnete Basis zum Selbstbau der G 8, wie er für HO im Eisenbahn-Journal 8/95 beschrieben wurde. Als Güterzug-Begieitwagen fungiert - wie könnte es anders sein - ein preußischer, Jahrgang 1914, also ein Pwg (Prl4). ihn gibt es in HO von Fleischmanri (5302) und Märklin (4699), in N ebenfalls von Fleischmann (8300). Es folgt ein G-München/Kassel mit Eremserhaus der Verbandsausführung. Er kann gemäß Bauanleitung in kJ 1/91 ziemlich problemlos aus einem 5365 von Fleischmann, noch einfacher aber aus einem 4695 von Märklin gewonnen wetden. in N geht es mit denl 8355 von Fteisohmanfl. Für deh nächsten \/Vagen - bis auf das fehlende Brenlserhaus gleichen Typs wie
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Bild 7: Unterfranken, 1972: BR 50 Kab mit
Ng von Seckach nach Miltenberg nahe Amorbach.
Bilder 8 und 9 (Mitte): Den fränkischen Zug gibt es samt Ladegut “von der Stange“ weg zu kaufen. Etwas individuelle Farbe schadet ihm aber nicht.
eben - eignen sich der 5361 von Fleischmann respektive der 4877 von Märklin. Vom Modell her ideal wäre auch der 54036 von Piko, doch müßten Sie den erst mit Hilfe eines Gaßner-Beschriftungssatzes G 222 in die Epoche II versetzen. Für N liefert wieder Fleischmann mit dem 8360 das passende Gefährt. Den beiden G folgt ein Rungenwagen RStuttgart mit Bremserhaus. Er ist in HO akkurat “von der Stange” zu haben, und zwar von Roco (46481). In N gibt‘s ihn ebenfalls aus Salzburg (25024), allerdings nur mit ÖBB-Beschriftung. Einen passenden Lkw als Ladegut entdeckt man in den Katalogen der Automodell-Hersteller. Letzter Wagen ist ein Schienenwagen SSKöln mit Bremserhaus. Ihn findet man als
Bild 10: Ng 67891 von Freilassing mit 144 508 am 14.6.1976 in Berchtesgaden.
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Epoche-I-Fahrzeug im Set 44083 von Roco, aber auch einzeln in DB-Ausführung als 46490. Dort besitzt er freilich nur eine Bremserbühne. Das Bremserhaus müßte also solo beschafft werden. Die richtige Beschriftung liefert Gaßner mit Nr. G 226. Für Spur N bekommt man nur bei Minitrix einen SS-Köln. Dem dient als Vorbild allerdings ein bayerischer SSlm von 1901.
Fracht für fränkische Firmen Schon deutlich mehr Last zu schleppen hat die Lok unseres dritten Vorbilds. Es handelt sich ebenfalls um einen NahgüterZug, diesmal zur DB-Zeit (Epoche III und IV). Er wurde 1972 auf der Strecke von Seckach nach Miltenberg in der Nähe von
Amorbach aufgenommen. Das Foto hat dankenswerterweise Peter Wolfert beigesteuert. Es zeigt eine rückwärtsfahrende 1’E h2-Güterzuglok der BR 50 mit Kabinentender. Wer ganz genau hinsieht, erkennt eine 50 ÜK, also .eine Übergangskriegslok, deren Kessel nur einen Dom und einen geschweißten Blechsandkasten trägt. Unsere Maschine besitzt sogar einen zweiten Sandkasten. Diese Zutat konnte man allenthalben antreffen. Trotz Kabinentender folgt der Lok ein Güterzug-Begleitwa-
gen Pwghs54. Danach kommen ein Rungenwagen Rlmms 58 (später Kbs 442) mit einer Ladung Paletten, ein offener Güterwagen Omm 52 (E 037) mit Papierholz und drei vermutlich mit Zement gefüllte Silowagen Kds (Ucs 908). Die Modelle sind samt und sonders als Industrieproduktevorhanden: In HO ist die 50 Kab bei Roco (43294) und Märklin (3084) auf Lager, der Pwghs54 bei Roco (46259), der Rlmms 58 ebenso (46306) oder bei Märklin als 4694. Den Omm 52 kann man von Klein-Modellbahn (3071) oder Roco (25026) kaufen, die Silowagen ebenfalls von Roco (46469) sowie von Märklin (4761). Für die N-Bahner produziert Fleischmann die 50er (7175), Minitrix den Pwghs54 (13969) sowie Arnold und
Roco den Rlmms 58 (4475 bzw. 25015). Der Omm 52 kommt hier von Roco, die drei Kds von Arnold (4515). Wer sein Ladegut nicht selbst basteln will, findet schön gestaltete Waggonladungen bei M+D. Ob man die Silowagen indes mit irgendeiner Art von Staub beladen mag korrekte Vorbildtreue könnte dies verlangen -, sei jedem selbst überlassen.
Kleiner Zug unter Draht Beim vierten kurzen Güterzug fahren wir elektrisch. Es handelt sich um den Ng 67891, “Rangierzug” genannt, der von FreiEisenbahn-Journal1111995
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lassing nach Berchtesgaden verkehrte. Start war kurz nach 6 Uhr, meist mit viel Verschub in Hammerau zu den Eisenwerken; dann ging es je nach Frachtaufkommen Station für Station bis nach Berchtesgaden “hinter“. Zuglok war, wie auf dem Foto, eine der vier Loks BR 1445(506 bis 509). Sie gehörte also dem zweiten Baulos von 1933 an (Roco 43405 für HO und 23229 für N). Den folgenden Güterzug-Begleitwagen Pwgs 41 wünschen sich die “Ha-Nuller’’ schon seit langem als Großserienmodellvergeblich. Sie müssen also zum WeinertBausatz greifen oder einen Pwi-31a von Sachsenmodelle (14321) umbauen. NFreunde finden ihn bei Arnold (4491). Dagegen hat den offenen Selbstentladewagen Otmm 70 (FCS090) mit Zentralheizungs-Koks Roco (461329) in HO und Arnold (4435) in N im Programm. Der Muldenkipper Ommi (F-z 120) steht von Roco in HO (Set 44074) und N (25186) sowie von Märklin in HO (4635) bereit. Den Flüssiggas-Kesselwagen liefern in HO wieder Roco (26204) und Märklin (4848). In N kommt er von Arnold (84382). Schwieriger ist es mit: dem gedeckten Güterwagen Gkklms der SNCB. Er war früher bei Liliput zu haben, befindet sich derzeit allerdings nicht im Programm. Sie müßten also per Kleinanzeige oder auf Modellbahnmärkten Ihr Glück versuchen.
Bei zwei ist Schluß Zu guter Letzt sei noch der Nahgüterzug von Frasdorf nach Rosenheim aufgeführt. Als er am 22.5.1958 fotografiert wurde, bestand er aus einer I’CI’ h2-Personenzuglok der BR 64, einem Pwghs 44 und einem offenen Güterwagen der Type T der 91
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SNCF. Ersterer ist ein aus men abgeleiteter Behelfsp andere ähnelt dem DB. Kürzer geht’s ni Pwg wäre der Zug Überriabe, ohne Güt mit Packwagen”, also noch kein Z HO-Quellen sind für die Lok nn (106-3), für den Pwg Sach Ik (16102) und den Franzosen Piko (54135) oder Roco (46046). Letztere sind allerdings beide mit Vorsicht zu genießen: Der Piko-Wagen ist statt braun grau lackiert, der von Roco gemäß Epoche IV beschriftet. Sollten Sie sich entscheiden, das PikoProdukt umzulackieren, müssen Sie in denselben sauren Apfel beißen wie die RocoKunden: Korrekte Anschriften sind per Hand aufzumalen; hier kann auch Gaßner -hüfnicht helfen.
QiU13: Lok 64253 Ng von Frasdori nach Rosenheim in LandiiObb.
Bild 14: Die Szene oben im Modell: Der Fahrweg unseres Ng mündet in Landl in die Strecke Salzburg - Rosenheim. Dort fährt gerade ein ET 25 (Kato) als Triebwagen-Schnellzugvon Berchtesgaden nach München Hbf ein. Aber “glei geht’s!’’ ruft der Fahrdienstleiter von Landl dem Lokführer der 64 zu.
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Ein recht ausgefallenes Vorbild hat Fleischmann für die diesjährige Epoche-I-Zugpackung gewählt: einen GmP-der Wümembergischen Nebenbahnen AG (WN). Das Eisenbahn-Journal konnte die recht preußisch anmutende Garnitur schon "Or der Auslieferung testen.
Das Vorbild Als
902 die Badische Lokaleisenbahn-
Gesellschaft (BLEAG) die Nebenbahn von Reutlingen nach Gönningen eröffnete, war Lok Nr. 2, das Vorbild des FleischmannModells. bereits mit von der Partie. Zusammen mit zwei Schwestern war die Cn2tMaschine extra für diese Strecke bei Humboldt in Köln beschafft worden. Gemeinsam sie 1910 zur WN. Lok _. wechselten .. Nr. 2 verbrachte ihr ganzes Dasein auf
ihrer Stammstrecke. Erst 1960 wurde sie in Gönningen zerlegt. Die drei Maschinen entsprachen der preußischen Baureihe T 3. Die Unterschiede waren - soweit auf den wenigen zeitgenössischen Fotos zu erkennen - gering. So trugen die WN-Loks ihr Läutewerk hinter dem Sanddorn, die T 3 dagegen hinter dem Schornstein. Über den Wagenpark der WN ist heute nur noch wenig bekannt. Dies gilt insbesondere für die 14 zwischen Reutlingen und Gönningen eingesetzten Personenwagen. Fleischmann dürfte daher einige Mühe gehabt haben, Zeichnungen undloder Fotos zu beschaffen.
Die Modelle
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Nr. 2 der WN-Strecke Reutlingen Gönningen. Die enge Verwandtschaft des Vorbilds zur KPEV-T 3 macht's möglich.
Für ihre Jubiläums-Garnitur haben die Nürnberger Preußen-Spezialisten tief in den Formen-Fundus gegriffen - nicht ganz zu Unrecht, siehe die Lok. Das Modell der DRG-8970-77 bekam eine grün-schwarz-rote Lackierung und WN-Beschriftungsowie die Nachbildung eines Lampenlüfters auf dem Führerhausdach spendiert. Lobenswerterweise hat Fleischmann auch die angeEisenbahn-Journal 11/1995
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Bild 3: Ein Zug der Württernbergischen Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) in Neuffen, etwa 1914. Entspricht die Fleischmann-Lok auch nicht der Maschine auf dem Foto, so Iäßt sich durch das 1995er-Einmal-Set doch schön württernbergische Kleinbahn-Atmosphäre nachstellen - siehe links. Bild 4: Mama iind das Kindermädchen brinaen den kleinen Wilhelrn zum Zua nach Gönninoen.
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spritzten Schilder und den hölzernen Kohlenkastenaufsatz der DRG-Version entfernt. So besitzt die HO-WN-Nr. 2 glatte Wasserkästen mit aufgedruckten Schildern. Das Modell wird auch in Wechselstrom-Ausführung erscheinen. Preußischer Provenienz sind auch die Modelle der Personenwagen. Sie entsprechen den Katalognummern 5051 und 5058. Die hübsch anzusehenden Fahrzeuge sind als Wagen 3. Klasse beschriftet und - wie bei der württembergischen Staatsbahn seit 1906 üblich - braun lackiert. Finish und
Druck sind Fleischrnann-typisch exzellent. Allerdings hat sich die Firma bei der Nummernwahl des Wagens “5” wohl etwas vergaloppiert: Gerade hier gähnt in der Waggon-Bestandsliste der WN für Reutlingen Gönningen eine Lücke. Freuen dürfen sich Länderbahn-Freunde auf die Güterwagen des Einmal-Sets: Es enthält neben einem offenen Wagen der WN einen geschlossenen der Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen (K.W.3.E.) und einen dort eingestellten Privat-Kesselwagen. Als Ergänzung wer-
Bild 1 (oben links): Der Fotograf ist da! Kein Wunder, denn wenn einmal ein Zug der WN auf der Strecke Nürtingen - Neuffen der Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) verkehrt, ist das schon wert, auf Platte gebannt zu werden. Aber das Stamm-“Ziegle” ist entgleist, rascher Ersatz tat not. Zum Glück konnte die Nachbarbahn Reutlingen - Gönningen ihre Lok 2 sowie einige Wagen für ein paar Tage entbehren (Bahnhof Vollmer).
Bild 5: Wohlgelungen: die Güterwagen aus Fleischmanns württembergischer Zugpackung. Sie sind - wie auch die oben abgebildeten Personenwagen - allerdings noch Handmuster. Abb. 1, 2, 4 und 5: MV-HS; Abb. 3: Archiv WEG
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den zudem zwei weitere offene und ein geschlossener Privatwagen mit Bremserhaus angeboten. Da alle auch einzeln erhältlich sind, können sich K.W.St.E.-Fans so richtig nach Herzenslust mit Güter-Rollmaterial eindecken. Fazit: Fleischmann präsentiert 1995 eine bildhübsche preußische Nebenbahn-Garnitur für Württemberg, die viel fürs Auge bietet. Streng vorbildorientierten Modellbahnern dütfte sie bezüglich der Personenwagen jedoch etwas Bauchschmerzen bereiten. Ku.
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Messing-Traum in O e Der schwierige Weg zur sächsischen VI K Reine Messingbausätze gehören im heutigen Modellbahnangebot eher zu den Ausnahmen. Sie lassen jedoch nach größerem Bauaufwand Modelle entstehen, die zum einen in puncto Detaillierungsgrad keine Wünsche offen lassen, zum anderen nicht in jeder Sammlervitrine zu finden sind.
Zugegeben, ganz freiwillig ist das Modell der sächsischen VI K im Maßstab 1:43,5 nicht entstanden. Welcher Hobbyist trak., €,-*ert schon gern freiwillig seine Nerven mit ‘‘-Js. derart aufwendigen Bausätzen, wenn Einfacheres auch zu haben wäre! Eben: wäre, denn in der durch Fleischmanns Magic Train doch ziemlich bekannt gewordenen Nenngröße Oe ist man, zumindest bei speziellen Vorbildern, auch heute noch größtenteils auf Selbstbau angewiesen. Und wer sich nun einmal auf sächsische Schmalspurbahnen festgelegt hat, kommt
neben der bei Henke lieferbaren IV K an einer VI K nicht vorbei. Die ist jedoch von diesem Hersteller noch nicht in der von ihm gewohnten Kunststoffgießtechnik erhältlich, und so blieb nur der Weg über eine ehemalige Gebauer-Lokomotive aus Messing, deren Einzelteile von Henke noch vertrieben werden, Da wir momentan ‘an einer ModellbahnSonderbroschüre mit dem Thema “Spur 0” arbeiten, war es für uns eine Herausforderung, diese Ausgabe mit einem Schmalspur-Schmankerl zu bereichern. Dazu fehl-
te noch eine interessante Lokomotivtype. Nicht unerwähnt soll der Gedanke bleiben, daß solcherlei Bausätze von Zeit zu Zeit ganz gut für die Übung des modellbauerischen Geschicks sind. Danach geht ein gewöhnlicher Wei ßmetallbausatz erst so richtig von der Hand. Diese Bilder sollen jedoch nicht unbedingt zum Umstieg auf Messingbausätze oder gar zum Wechsel zur Nenngröße Oe animieren. Vielmehr wollen wir Sie teilhaben lassen an dem unserer Meinung nach einmaligen Flair, das von einem Modell dieser Nenngröße ausgeht. Wir haben bewußt auf endlose, nur schwer nachvollziehbare Bauanleitungen verzichtet und wollen ganz einfach Bilder sprechen lassen, Bilder einer Traumwelt in 1:43,5, deren Vorbilder so manchen Eisenbahnfreund auch heute ronei noch in ihren Bann ziehen. Eisenbahn-Journal 1111995
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Bild 5 (ganz oben): Der Zusammenbau von Rahmen und Gehäuse des aus Messing bestehenden Bausatzes erfolgte durch Löten. Einzelne Bauteile wurden mit Sekundenkleber fixiert; später wurde mit Zweikomponentenkleber verstärkt. Bilder 6 und 7 (darunter): Die Aufnahmen des unlackierten Fahrwerks geben die Detailtreue gut wieder. Der Rahmen wurde 1 mm schmaler als im Bausatz vorgegeben zusammengelötet, um mit der Lokomotive einen Radius von 450 mm befahren zu können. Bild 9 (links): Wegen eines speziellen Vorbildwunschs wurden die Loknummern mit einem EDV-Programm gezeichnet, hier zusammen mit den dem Bausatz beiliegenden Messing-Atzschildern nach dem Lackieren. Bilder 8 und 10 (beide links): Das Fahrwerk (beachtenswert: die Bremseinrichtung) mit fünf gefederten Radsätzen wird über Kuppelstange und ein gekapseltes Getriebe am vierten Radsatz angetrieben. Der Faulhabermotor mit Schwungmasse von Verbeck verleiht hervorragende Laufeigenschaften. Eisenbahn-Journal 1111995
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Ein kleiner Landbahnhof der italienischen Privatbahn Ferrovia Centrale Umbra hat Massimo Leonori, Leser unserer italienischen Schwesterzeitschrift “Mondo Ferroviario,’, so begeistert, daß er ihn in der Nenngröße HO nachgebaut hat. Für uns im mittlerweile kalten Norden ist die Station “Todi Ponte Rio” mit ihrem warmen Fassadenanstrich und der typisch mediterranen Architektur so richtig geeignet, UrlaubssehnSüchte wiederentstehen zu lassen.
Sommertraum Als Vorbildepoche für sein nur 60 x 33 cm großes Diorama wählte Dampflokfreund Leonori (er hat übrigens 32 Jahre lang genau gegenüber dem Bahnhof gelebt) die 20er Jahre. Dabei kam ihm zugute, daß sich das Gebäude seitdem kaum verändert hat. Nur der Anstrich ist anders. Mangels geeigneter Industrieprodukte mußte Massimo Leonori das Empfangsgebäude fast komplett selbst bauen. Allein das Dach besteht aus Vollmer-Platten. Nachdem er sich Pläne des Bahnhofs besorgt und ausreichend Fotos gemacht hatte, übertrug Massimo Leonori die Maße der Wandteile zunächst auf selbstklebendes Papier. Dieses wurde dann auf 3 mm dicke Sperrholzplatten geklebt, anschließend die Wände mittels Laubsäge ausgeschnitten. Die Einfassungen der Türen und Bild 2:’ Der Bau in natura. Das heutige etwas vergammelte Äußere entspricht nicht dem guten Pflegezustand der zwanziger Jahre.
Fenster entstanden ebenfalls aus Sperrholz. Dann wurden die Fassadenteile zusammengeklebt. Für den Anstrich verwendete der Erbauer einen Mix aus weißer, roter und gelber wasserlöslicher Acrylfarbe. Einige Streich-
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Durchgänge waren nötig, damit das Aussehen des Gebäudes dem der 20er Jahre entsprach. Auch das Dach wurde mit dieSen Farben patiniert. Die Türen hat Massimo Leonori aus 1 mm starkem Aluminiumblech ausgefeilt. Sie wurden anschließend mit durchsichtigem Kunststoff hinterklebt und mit Vorhängen aus bemaltem Papier versehen. Dagegen bestehen die Fensterrahmen aus 0,5mm starker Pappe, die er mit einer Rasierklinge zurechtgeschnitten hat. Viel Mühe bereiteten die Fensterläden. Sie sind aus zwei Pappschichten zusammengeklebt: Die untere erhielt waagrechte Schlitze, um die Lamellenstruktur des Vorbilds wiederzuaeben: aus der oberen mußten je zwei Fgder ausgeschnitten werden, um den erhöhten Rahmen des Ladens imitieren zu können. Aus Pappe und Kupferdraht bestehen die filigranen Weichenstellhebel sowie die Laternen. Vor allem für erstere war eine gehörige Portion Geduld nötig. Einfacher ging’s mit Kaminen, Dachrinnen und Regenfallrohren: Die Dachausrüstung wurde aus Pappe gebastelt, wogegen das Material für letztere 1-mm-Eisendraht ist. Schilder und Fahrplan entstanden bequem am Laserdrucker. Massimo Leonori/Gr./Ku. Eisenbahn-Journal 11/1995
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Bahn-Post Unter dieser Rubrik veröffentlichen wir Zuschriften und technische Anfragen und freuen uns, wenn auch Sie zu allgemein interessierendenThemen Stellung nehmen. Das können durchaus Ergänzungen zu den hier veröffentlichten Beiträgen sein. Folgende “Spielregeln” bitten wir zu beachten: Sinnwahrende Kürzungen oder nur auszugsweise Wiedergabe der Leserzuschriften behalten wir uns vor. Anonyme Zusendungen, d.h. ohne volle Namens- und Adressenangabe, werden nicht veröffentlicht. Soweit möglich geben wir sofort unsere Stellungnahme ab. Die Leserbriefe stellen -auch wenn sie veröffentlicht werden - nicht immer die Meinung der Redaktion und des Verlags dar. 5. Zusendungen für diese Rubrik bitten wir mit dem Zusatz Bahn-Post kenntlich zu machen. Ihre Redaktion
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Der Stoff, aus dem die Alpträume sind “Dieser Artikel (EJ 9/95, S. 42) haut dem Faß wirklich den Boden aus! Das ist der allergrößte Schmarrn, den ich in den letzten zwölf Jahren im EJ gelesen habe”, beklagt sich unser Leser Herr Bergmeier. “Einige Absätze lang hatte ich noch geglaubt (gehofft), es handele sich um eine Satire: die Betrachtungen über Kemptener und Haltinger 218 sowie den rustikalen Genossen aus dem Kuhstall, dann die überaus logische Argumentationskette zwischen Lindau im Mittagsdunst und Sch...Wochenend-Ticket - aber spätestens beim Umsteigen in Buchloe kam der furchtbare Verdacht: Der meint das wirklich ernst, was er da schreibt! Mit der Schlußfolgerung: ‘Mein Auto - fünf Plätze, ganz für mich allein. (...) Und Haltinger 218 kann ich mit dem Auto sowieso besser fotografieren empfiehlt sich ...I
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dieser Beitrag dann endgültig als die “Gurke des Jahres” in der hiesigen Eisenbahnliteratur. Mal davon abgesehen, daß ich noch kein Auto gesehen habe, das fotografieren kann, redet GZ damit zu allem Übel auch noch der törichsten Art sogenannter Eisenbahnfreunde das Wort. Schließlich bleibt das eigentliche Drama, wie GZ infolge eines aus seiner Sicht verhunzten Sonntags das Wochenend-Ticket in den Dreck zieht. Wenn er diesen Artikel wirklich ernst meint, hat er sich sowohl als Eisenbahnkenner - dieser kann nämlich nicht nur Lokomotiven unterscheiden, sondern weiß insbesondere auch das SWT zu seinen Gunsten auszunutzen - als auch als seriöser Journalist disqualifiziert. Sie ahnen schon: Ich halte das SWT spätestens seit der Preiserhöhung auf DM 30,-für eine großartige Sache. Was die zumindest im gesamten nord- und nordostdeutschen Raum seit Juni nur noch äußerst selten überfüllten Züge sowie unvermeidliche Begleiterscheinungen wie besoffene oder übelriechende Mitreisende angeht: Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Aber soviel Licht war noch nie bei der Deutschen Bahn AG! Wenn man von ganz untypischen Wochenendtouristen wie meiner Person, die die Karte überwiegend zum Fotografieren von Straßenund Eisenbahnen ausnutzen, einmal absieht, muß ich doch aus eigener Beobachtung einmal feststellen: Das SWT ist ein massiver Beitrag zur Förderung der deutschen Einheit. Es bringt insbesondere Jugendliche in vielerlei Hinsicht auf den richtigen Weg; nicht zuletzt fördert es den Kontakt zu Interrailern aus ganz Europa. Vielen sozial schwächer gestellten Menschen, oftmals größeren Familien, erlaubt erst das SWT, überhaupt mal an eine Reise zu denken. Nicht nur der Bosselklub aus Ostfriesland oder das Rentnerehepaar aus Berlin, sondern wirklich Zigtausendesind mit dem SWT nicht blindlings drauflos gefahren, sondern haben in der Tat ein schönes Wochenende verbracht. Das SWT lädt dazu ein, landschaftliche Ziele in der näheren und mittleren Umgebung per Bahn zu entdecken, und ist somit der bisher beste Beitrag zur Förderung des ‘sanften Tourismus’. Ganz offensichtliche Thesen, und dennoch scheinen sie GZ in ihrer praktischen Bedeutung entgangen zu sein. Sonst hätte anstelle seines absurden Artikels vielmehr ein Plädoyer für die Verlängerung des SWT über En-
de 1995 hinaus stehen müssen. Völlig habe ich die Hoffnung ja noch nicht aufgegeben: doch eine mißglückte Satire, eine aus welcher falschen Überlegung heraus auch immer bewußte Provokation?” “Es ist durchaus zu kritisieren, wie die DB auf den Ansturm der Reisenden mit ‘SchönemWochenend-Ticket’ reagiert. Die Zustände auf der Strecke Hamburg - Westerland sind ein gutes Beispiel dafür. Aber es nimmt den Charakter der Satire an” - so unser Leser Herr Reimer-, ”wenn GZ von der DB als Zusatzleistung noch folgendes erwartet: Bespannung der Züge mit bevorzugten Triebfahrzeugen, natürlich im Best-Pflegezustand; Bereithaltung ausgewählter Loks an den Zielbahnhöfen bei gleichzeitiger Gewährleistung optimaler Fotografierbedingungen; Bereitstellung junger, gut parfümierter Damen, die sich zu den Reisenden gesellen; Umstellung aller Linien auf Elektrolokomotiven, um Dieselabgase auszuschließen. Da sich die DB sträubt, derartige Wünsche zu erfüllen, ist sie selber schuld, wenn sich der Eisenbahnfan in sein Auto zurückzieht. Ich kann angesichts derartiger Erwartungen die Verachtung der DB-Mitarbeiter für die Schienenküsser und Nietenzähler verstehen! Oder ist alles nur satirisch gemeint?“
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“Als Lokführer des Bh Kempten/Est Buchloe muß ich an dem Bericht folgendes beanstanden”, schreibt uns Herr Neumann: “Eine Zuordnung der Dieselloks 218 zum Betriebshof Kempten nach dem Erkennungsmerkmal ‘ungewaschen’ ist falsch. In einem Schreiben vom 21.07.95 erging an das Werk Kempten eine Erweiterung des bestehenden Reinigungsauftrages. Bei den derzeitigen Laufleistungen der 218er des Bh Kempten erfolgt eine Außenreinigung etwa alle 14 Tage, ferner werden außerplanmäßige Außenreinigungen durchgeführt. Die Kosten einer Außenreinigung betragen rund DM 400,--. Die 218 455 des RE 4508 war bestimmt eine Ausnahme. Schließlich ist eine Diesellok kein Auto, mit dem man je nach Bedarf in die Waschstraße fahren kann.” EJ-Leser Herr Bennemann äußerte sich zu dem GZ-Artikel wie folgt: “Über das ‘SchöneWochenend-Ticket‘ sind die Eisenbahnfreunde geteilter Meinung. Die Auffassung von GZ dürfte aber einmalig sein: Da wird den Erfindern dieser Fahrkarte vorgeworfen, daß der Autor nicht in der Lage ist, sich ein dem Wetter entsprechendes Reiseziel auszusuchen. Am Bodensee ist es im Hochsommer nun einmal häufig dunstig! Es wird ihnen zur Last gelegt, daß es im landwirtschaftlich orientierten Allgäu ein Fahrgast mit der ‘Duftnote eines Kuhstalls’ wagt, dem Autor gegenüber Platz zu nehmen. Und die FahrkartenErfinder sind auch noch daran schuld, da8 der Autor an seinem Zielort keine Motive findet. Das sind natürlich wirklich haarsträubende Probleme, die letztlich nur zu der Aussage veranlassen können: ‘Nie mehr!’ Da möchte ich mit meiner Aussage nicht hinter dem Berg halten: Solch’ primitive Beiträge? Bitte auch nie mehr!” “In diesem Bericht wird in einer derart unsachlichen Weise über die Bahn hergezogen, wie man es mittlerweile kaum noch dem ADAC EisenbahnJournal 1111995
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zutraut! Da regt sich der Verfasser darüber auf, daß er keine vier Plätze für sich hat, da wird die ‘Stinkekarre’ als Erlösung gefeiert, da wird der DB angelastet, daß in Lindau kein vernünftiges Foto zustande kommt und keine altrote 218 zu sehen ist. Daß ein verheerender äußerer Eindruck der DB-Fahrzeugeeher die Regel als die Ausnahme darstellt, ist traurig genug. Was aber hat die WochenendFahrkarte damit zu tun?” Und weiter meint Herr Raulfs: “Die Auslastung der Züge des Nahverkehrs ist an Wochenenden von 10 auf 35% gestiegen; aber nur 1% der Züge ist überlastet. Bedenkt man den günstigen Preis, so ist es erträglich, mal eine Strecke stehen zu müssen. Eine zeitweise Überfüllung wird meist mit Humor ertragen. Die Bahn hat es nötig, u.a. durch innovative Angebote einen möglichst umfangreichen Marktanteil zurückzuerobern. Die Wochenend-Fahrkarte ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eisenbahnfreunde, die Haltinger 218 lieber mit dem Auto fotografieren, braucht sie nicht!” “Artikel mit derart persönlichen Emotionen gehören nicht in eine so seriöse Zeitschrift wie das Eisenbahn-Journal”, entrüstet sich Herr Philipp. “Man kann durchaus neutral über gewisse Unzulänglichkeiten im Hinblick auf das ’Schöne-Wochenend-Ticket’ berichten. Aber seinen Frust über nicht angetroffene Lokomotiven, nicht zufriedenctellendec Wetter und Menschen, die nicht den eigenen Geruchsvorstellungenentsprechen, der Bahn in die Schuhe zu schieben, ist eine Unverfrorenheit. Anstatt froh zu sein, daß es die Möglichkeit des billigen Reisens gibt, wird Negativstimmung verbreitet - offenbar in der Hoffnung, daß die Aktion eingestellt wird und die Leute wieder auf der Straße unterwegs sind. Man
kann nicht erwarten, für DM 30,--, ‘wie Gott zu reisen’. Aber man braucht das SWT ja nicht in Anspruch zu nehmen. Sicherlich ließe sich das eine oder andere verbessern - aber so erreicht man das nicht!” “Ich frage mich” - so unser Leser Herr Gau -, “was fast alle Eisenbahn-Fachzeitschriften dauernd am ‘Schönen-Wochenend-Ticket’ herumzukritisierenhaben? Da hat es die Bahn mal geschafft, über ihren Schatten zu springen, und größeren Bevölkerungskreisen die Möglichkeit zu preiswerten Nah- und Fernreisen gegeben - und jetzt ist das auch nicht recht! Man sollte sich mal die Mühe machen und überlegen, welche Sozialarbeit die Bahn neben ihrem Hauptanliegen (Transport) mit dem Ticket für junge Menschen, größere Familien, aber auch die ärmeren Teile unserer Bevölkerung leistet!”
Ja, ein Alptraum war es wirklich - für viele von Ihnen, liebe Leser, die es nicht gewohnt sind, in unserem Journal derart “bahnfeindliche” Töne zu lesen. Mit dem entsprechenden Abstand von der Sache müssen wir zugeben: Sie haben recht! Aber: Wo Mißstände sind, sollten sie auch angesprochen werden. Denn daß die Wochenend-Fahrzeug-Disposition (sinnvoller wäre der Einsatz längerer lokbespannter Zuggarniturenstatt 628-Triebwagen) in diesem Fall nicht optimal war, ließ sich eindeutig erkennen; Betroffene werden das bestätigen können. Unser Wunsch an die DB AG wäre, doch diesen speziellen Fall einmal zu prüfen. Wäre ein solcher Artikel wie der im EJ 9/95 mit “Dieter Hildebrand” gezeichnet gewesen und nicht mit GZ, hätten sicher alle Leser richtig vermutet, daß die ganze Sache überzogen-satirisch gemeint war. So bleibt uns nur, die Journal-Leser, die sich von dem Arti-
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Anschrift des Geschenk-Gutschein-Bestellers: (Name, Vorname)
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(Name,Vorname) (Straße,Hausnummer) (PLZ, Ort)
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kel persönlich angesprochen fühlen, um Entschuldigung zu bitten. Wir werden in Zukunft bei unserer gewohnt sachlichen Berichterstattung bleiben. Doch keine schlechte Sache ohne gute Seite: Anhand der Flut von Leserbriefen konnten wir erkennen, daß das Journal doch recht gründlich gelesen wird und daß wir nicht nur Modellbahnfreunde und “Bahndamm-Nebenherfahrer” zu unseren Lesern zählen, sondern ebenso viele ‘passionierte” Bahnfahrer. Allerdings: Einige Leserbriefschreiber schlugen einen, na, sagen wir mal recht “harschen” Ton an. Kritik, auch massive Kritik jederzeit gern, aber beleidigend muß es nicht sein - wir hätten’s auch so kapiert! Um es nochmals in aller Deutlichkeit klarzustellen: Wir halten das “Schöne-WochenendTicket” für eine sehr gute Sache. Toll, bei wie vielen Jugendlichen damit bereits Interesse an der Bahn geweckt wurde und bei wie vielen Älteren ein Umdenken im Reiseverhalten festzustellen ist. Eine solch enorme Nachfrage nach Wochenend-Bahnreisenvon jungen Leuten hat es wohl nach dem Krieg noch nicht gegeben! Wir würden es auch befürworten, wenn die Bahn AG sich zu einer Fortsetzung dieses oder zu einem ähnlichen Angebot entschiede. “Geisterzüge” am Wochenende bringen nichts. Fahren müssen sie, und mit dem “Wochenend-Ticket” können sie zumindest wirtschaftlicher fahren. Aber vielleicht müssen ja nicht unbedingt fünf Personen mit einem Tikket reisen, zwei- oder dreiköpfige Gruppen tun’s in Zukunft wahrscheinlich auch. Mit diesen Ausführungen ist das Thema Y$traum” für uns abgeschlossen. Wir behalten uns vor, weiterhin eingehende Leserbriefe noch zu veröffentlichen, weitere Stellungnahmen von unserer Seite erübrigen sich aber. Hermann Merker
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