Eisenbahn JOURNAL Juni 2002
Deutschland 7,40
Österreich: 8,45 BeNeLux: 8,75 Italien: 9,80 Portugal: 9,50 Finnland: 10,90 Schweiz: sfr 14,50
B 7539 E
ISSN 0720-051 X
Juni
6/2002
Vorbild: Ellok-Report Österreich,
103-Impressionen, Speisen im Zug Modellteil: 18 Seiten Anlagen-Porträts, 6 Seiten Planung, 14 Seiten Bastel-Tipps
Editorial Stellen Sie sich vor, die Bundesregierung käme auf die Idee, für das Befahren besonders schlechter Straßen eine Maut zu verlangen – je mehr Schlaglöcher, umso höher. Begründung: Leider habe das Geld in den letzten Jahrzehnten nur für punktuelle Reparaturen gelangt, nun aber müsse die Straße grundsaniert werden. Sie würden sich wohl über derlei Abzocke ärgern und die Regierung bei nächster Gelegenheit abwählen, zumal sie Ihnen nicht sagen kann, bis wann genau die Straße saniert ist und was das am Ende kostet. Bei der Bahn heißt die schon lange erhobene Maut Trassenpreis. Und der soll nun nach dem aberwitzigen Prinzip steigen: Je maroder die Strecke, desto mehr kostet der Zugkilometer. Darauf läuft die angekündigte Einführung von Regionalfaktoren für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) hinaus. Mit zusätzlichen Einnahmen will die DB Netz AG Strecken in der Fläche modernisieren und so deren Erhalt sichern – beteuert sie jedenfalls. Deshalb verlangt sie auf regionalen Netzen ab 1. Januar 2003 ein Trassenentgelt, das mit Faktoren zwischen 1,1 und 2,45 multipliziert wird. Im Extremfall steigt der Trassenpreis somit auf mehr als das Doppelte an. Zur Kasse gebeten werden die Bundesländer. Deren Regionalisierungsmittel indes will der Bund auf jährlich 6,54 Milliarden Euro einfrieren, was nach Ansicht der Länder nicht einmal reicht, den SPNV zu den bisherigen Konditionen in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. Nun treiben die Regionalfaktoren die Trassenpreise derart in die Höhe, dass vielen Strecken die Abbestellung des SPNV – letztlich also die Stilllegung – droht. Die DB Netz AG weist den Vorwurf, sie habe „die Fläche“ vernachlässigt, zurück. Die jahrzehntelang zu knappen Finanzmittel hätten für eine Modernisierung der Infrastruktur nicht ausgereicht. Die Kostenunterdeckung resultiere zum einen aus der geringen Zugfrequenz, zum anderen aus dem aufgrund veralteter Technik zu hohen Betriebsführungs- und Instandhaltungsaufwand. Nun sei das finanzielle Defizit mit Hilfe der Regionalfaktoren zu beseitigen. Außerdem erwartet die Deutsche Bahn Rationalisierungseffekte durch die Organisation der zusammen 14 000 Kilometer langen Regionalnetze als „mittelständische Profitcenter“. Wirtschaftlichere Organisations- und Betriebsformen sind erklärtes Ziel des vor zwei Jahren vorgestellten Projekts zur marktorientierten Regionalnetzentwicklung (Regent). Die Auswahl der mit Regionalfaktoren belegten Strecken lehnt sich an die damals vorgenommene Netzeinteilung an – darunter viele Strecken, auf denen bereits Konkurrenten der DB Regio AG fahren oder fahren wollen. Bundesweit sollen für 43 Netze sowie für die sächsischen Schmalspurbahnen Regionalfaktoren gelten. Letztere stuft die DB Netz AG als besonders kostenintensiv ein und belegt sie deshalb mit dem Faktor 2,37. Das neuerdings als Erzgebirgsbahn bezeichnete Erzgebirge-Netz erhält gar den Faktor 2,45. Andererseits fällt das fast vollständige Fehlen von Trassenpreiszuschlägen in BadenWürttemberg auf. Übrigens sind auch für Strecken, auf denen heute gar keine Reisezüge fahren, hohe Regionalfaktoren vorgesehen – nicht gerade eine Motivation, den Personenverkehr zu reaktivieren. Doch aufgepasst: „En gros“ macht es DB Netz billiger, dann nämlich, wenn die Länder pauschal viele Zugkilometer bestellen – am besten gleich durch Verträge mit DB Regio. Der Verdacht, die beiden verbandelten Gesellschaften könnten die Regionalfaktoren als Druckmittel benutzen, um die Konkurrenz auszubooten, drängt sich auf. (Siehe Konrad Koschinski auch Bahn-Notizen.) EJ-Autor 4
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Eisenbahn-Geschichte: Speisen im Zug – Speisewagen und Bahnsteigservice, von Konrad Koschinski, ab Seite 10
Inhalt
Vorbild
Glanzzeiten einer InterCity-Legende:
103 – Bundesbahn pur
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Eisenbahn und Gastronomie:
Bewegtes Speisen
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Die besonderen Schnellzug-Dampflokomotiven:
Hochgestellte ...
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125 Jahre Neustadt–Bad Schandau:
Auf Zukunfts-Kurs
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Fotomotiv Hindenburgdamm:
Freilicht-Bühne
24
Dampflok-Episoden:
Damals in Hagen
28
Ellok-Report Österreich:
Generations-Wechsel
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Geheimtipp für Hartgesottene:
Dampfreservate in Bosnien
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Titel: Was Eisenbahn wirklich einmal war, ist auf diesem Schaustück von Brawa ausschnittsweise zu erkennen – Ruß, Männer in Schwarz und viel Betrieb. Mehr im Beitrag ab Seite 56. Abb.: EJ-Helge Scholz
Super-Anlagenstück: Bw-Atmosphäre pur auf einem Brawa-Diorama, beschrieben von Helge Scholz, ab Seite 56
Fotomotiv E 03: Bundesbahn pur – Glanzzeiten einer InterCity-Legende, von Joachim Seyferth, ab Seite 6
Aus der Sicht eines Lokführers: Hindenburgdamm-Jubiläum einmal anders, von Volker Siewke, ab Seite 24
Modell H0-Modell der Pfälzischen P 3II von Micro Metakit:
High-Tech-Flop der Prinzregentenzeit Die II K alt von Bemo
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Neues H0-Ausstellungsdiorama von Brawa:
Die Rast der „06“ 7. EJ-Modellbau-Wettbewerb:
Bahn-Notizen
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Modell-Neuheiten
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Mini-Markt
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56 Im Biergarten
62
Erfahrungen beim Bau einer Z-Großanlage (1. Teil):
Wie aus einem „H0-ler“ ein „Z-ler“ wurde
66
Durch Wald und Feld entlang der Wand
70
Neues für 0e
72
Anlagenplanung:
Rubriken
Nürnberger Vorort-Fahrten
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101
Fachhändler-Adressen
104
Impressum
106
Sonderfahrten und Veranstaltungen
108
Neue Bücher
109
Typenblatt:
Mach’ mehr aus Deinem Bausatz:
Grabsteinhandel Otto Hart
80
Brekina-Modell mit Faller-Car-System: Serie „Schmiedeberg 1924“, 8. Teil:
Auktionen • Börsen • Märkte
Großraumtaxi
Baureihe 41/042, Güterzuglokomotive, DB
82
Landschaftsgestaltung 84
H0-Eigenbau der E 44.5 auf Roco- und Piko-Basis:
Die gibt’s doch ... noch nicht!
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Basteltipps: Mehr Zugkraft durch Moosgummi
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Anlagenplanung: H0-Anlage nach Nürnberger Vorortmotiven, von Harald Winter-Minkoley, ab Seite 74
Abbildungen dieser Doppelseite: Sammlung Gottwaldt, Joachim Seyferth, Volker Siewke, EJ-Helge Scholz, Harald Winter-Minkoley, Martin Brendel
Anlagenbau: Landschaftgestaltung und Farbfinish in Schmiedeberg, von Martin Brendel, ab Seite 84
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103 BUNDESBAHN PUR
GLANZZEITEN EINER INTERCITY-LEGENDE AUFNAHMEN UND TEXT VON JOACHIM SEYFERTH
Ein imposantes Werbeobjekt: die 103 zu Bundesbahn-Zeiten. Und zeitlos schön – wie manche befahrene Route (Linke Rheinstrecke).
DER PFEILSCHNELLE SECHSACHSER, der mit Tempo 200 den Weg in das Hochgeschwindigkeitszeitalter ebnete, ist Deutsche Bundesbahn pur – für die DB AG, die sich längst mit anderen Vorzeigezügen und lokomotiven schmückt, ist die Hundertdrei nur noch ein Erbe auf Zeit. Und weil eine stündliche Begegnung mit ihr längst der Vergangenheit angehört, dreht man sich heute selbst nach der verwahrlosten „neuroten“ Latz-103 um und wundert sich nur, dass die Maschinen nach jahrzehntelanger Schwerstarbeit immer noch dem drohenden Schneidbrenner davonfahren. Schon oder erst ein Vierteljahrhundert ist es her, da verfolgte einen die InterCity-Legende nicht nur ständig in natura, sondern auch als stolzes Werbeobjekt in den einschlägigen DBPublikationen und Plakaten sowie als großes Plastikmodell hinter den Schaufenstern der Reisebüros. Überall streckte sie unsereins ihre rot-gelbe Nase entgegen und die jugendliche Begeisterung in der Postille „DB mit Pfiff“ nahm bereits grotesk-satirische Züge an: „Sssssssssttt... – nanu, hab’ ich Milch im Hut? War das nicht der neue Vollblut-Sprinter mit den 12 000 Stärken?!!!“
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In der Tat war die 20-Meter-Lokomotive eine imposante Erscheinung: mit zwei tonnenschweren und wuchtigen dreiachsigen Drehgestellen im gesamten unteren Bereich sowie einem dynamisch-windschnittigen Kastenaufbau wirkte sie ähnlich androgyn wie das spätere Güterverkehrs-Pendant 151, sie verkörperte bullige Kraft und Eleganz zugleich. Kamen die vier Vorserienmaschinen noch etwas abgespeckt daher, so erhielten die Serienmaschinen durch die verdoppelte Lüfterreihe und die tief heruntergezogenen Frontschürzen ihre optische Vollausstattung, was die eigentlich schlanke Lok nicht nur zu ebenso dynamischen Weitwinkelansichten, sondern ebenso zu komprimiert-markanten Teleaufnahmen prädestinierte. Überhaupt erhielt die 103 für lange Zeit als letzte DB-Lokomotive ein rundliches Design, was allerdings auch vom Windkanal diktiert wurde – damals waren 160 km/h mit dem TEE erst der Anfang! Danach kam nur noch relativ Eckiges wie die Baureihen 151, 181, 184, 111 oder 120. Erst der ICE, Regionaltriebwagen der heutigen Generation (Talent etc.) und die 182 bekommen im Rahmen geschichtlicher Wellenbewegungen, die natürlich auch vor Design und Formgebung nicht Halt machen, wieder markante Rundungen. Auf der technischen Ebene sind die sechs Achsen der 103 allerdings Geschichte, denn Oberbau-Experten meldeten zunehmend Bedenken wegen erhöhtem Schienen- und Radsatz-
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Rot-cremefarbene Rundungen und IC-Wagen: Das DB-Rennpferd war überall vor den hochwertigsten Zügen anzutreffen (Bingerbrück, Laufach).
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Verschleiß an, was neben anderen Gründen bis heute zur Rückkehr der vierachsigen Triebfahrzeug-Philosophie – übrigens auch im Güterverkehr – führte. DIE TEE-FARBEN ROT-CREME waren es, die der 103 ihr ursprüngliches und wohl auch gelungenstes Farbkleid gaben, denn anfangs beförderte sie tatsächlich auch diese internationalen Spitzenzüge mit dem optisch kompatiblen Wagenmaterial, bis dato meist befördert von der TEEfarbenen „Bügelfalte“. Selbst der erstklassige ZweiStunden-Takt zwischen 1971 und 1979 hatte in puncto Fahrkomfort, Service und Schnelligkeit innerdeutsches „TEE-Niveau“. Das Schicksal etwa der türkis/beigen V 200 (220/221), die durch das verunglückte DBFarbkonzept anno 1973 in zwei unschöne Hälften geteilt wurde, blieb dem DB-Rennpferd zwar gottlob erspart, doch „Neurot“ (1986) mit dem albernen weißen Latz degradierte die Maschine despektierlich zur „Cola-Dose“. Auch die eckigen weißen Kontrastbalken der einzigen „verkehrsroten“ 103 konterkarieren ihre bulligen Rundungen, von der inzwischen wieder verschwundenen schnöden gelb/weißen Farbaufteilung weniger Loks für den nur kurze Zeit verkehrenden „Lufthansa-AirportExpress“ zwischen Frankfurt und Stuttgart ganz zu schweigen. Doch edel und vornehm zurückhaltend wie die Optik war auch die Akustik der 103: Bei der Einfahrt in den Kopfbahnhof beispielsweise, noch lange vor dem Prellbock im Weichenvorfeld, vernahm man nur das leise Klirren des noch lose hängenden Bremsgestänges in den Drehgestellen, beim Lokwechsel und Kuppeln nur das Abklappen des Stromabnehmers, der kurz darauf wieder mit einem kurzen „Bizzz“ an der Fahrleitung anlag. Diese eigentlich deplatzierte akustische Bescheidenheit wurde nur vom gelegentlichen Aufheulen der Lüfter unterbro-
chen, selbst das Zuschlagen der Führerstandstüren wurde von breiten Gummiwulsten gedämpft und das dezente Klacken des Schaltwerks hatte nichts mehr mit der lauten Knallfrosch-Akustik der kleinen 141 gemein. DAS ROT-CREMEFARBENE PARADEPFERD war in ein enges Korsett von Umlaufplänen für die hochwertigsten Reisezüge der DB eingebunden, Ausreißer waren höchst selten und daher leicht befremdlich anzuschauen, etwa die 103 vor einer nächtlichen Übergabeleistung, im Silberling-Personenzugdienst oder als Lokzug ins Ausbesserungswerk. Hinter der 103 wurden einfach die InterCity-Wagen erwartet; schon rein optisch kam die grün-blaue Wagenschlange eines Schnellzuges an ihrem Zughaken einer Degradierung gleich – ähnlich einer in ihrem Stolz herabgewürdigten S 3/6, die man zu Urzeiten gelegentlich und völlig instinktlos vor den beschleunigten Personenzug spannte! Die zeitlose Erscheinung und die Zuverlässigkeit des schnellen Kilometerfressers war auch ein Charakterzug der Deutschen Bundesbahn – Eigenschaften, die das Nachfolgeunternehmen nicht immer auszeichnen. Das Lok-Erbe auf Zeit rollt langsam aus, die 103-Glanzzeiten sind ohnehin längst vergangen. Doch auf die elektrische Lok-Legende warten viele Ehrenplätze: in den Geschichtsbüchern der Eisenbahn, im Museum, in der Modellbahn-Auferstehung und – am allerwichtigsten – in der Erinnerung! 1
Die 103 elementar: Impressionen, die das zeitlose Erscheinungsbild des Loktyps unterstreichen.
ZUR EDLEN OPTIK DER 103 PASSTE AUCH DIE VORNEHM ZURÜCKHALTENDE GERÄUSCHENTWICKLUNG.
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EISENBAHN UND GASTRONOMIE:
BEWEGTES SPEISEN
Der Speisewagen sei antiquiert, meint DB AG-Chef Hartmut Mehdorn und propagiert den modernen Am-Platz-Service. Doch was heißt modern? Der Am-Platz-Service ist mindestens genau so alt wie der immer seltener anzutreffende Speisewagen. Ein Rückblick auf die Geschichte von Essen und Trinken im und am Zug. VON KONRAD KOSCHINSKI
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ABB.: SAMMLUNG GOTTWALDT (3)
Als sich ab 1880 die Restauration im Zug zum Publikumsrenner entwickelte, stiegen auch Bahnhofsgastwirte ins Geschäft ein: Blick in einen Speisewagen des Betriebs Gustav Riffelmann um 1890.
Lange Zeit war derartige Bedienung am Bahnsteig üblich: MITROPA-Imbisswagen in Frankfurt a. Main Ende der 40er Jahre.
FÜR DAS GEPFLEGTE EINNEHMEN von Mahlzeiten während der Fahrt war die Eisenbahn schon vor 150 Jahren prädestiniert. Nachdem sich die Gleislage dank längerer Schienenstücke auf Querschwellen in Kiesbettung gebessert hatte, rollten die Waggons ungleich ruhiger dahin als es Postkutschen selbst auf gut gepflasterten Chausseen vermochten. Dennoch überließen die Bahngesellschaften in Europa die Beköstigung der Reisenden lange den Bahnhofswirten, sieht man von Ausnahmen, wie einem um 1870 zwischen Moskau und Odessa eingeführten Speisewagen mit Küche, ab. Häufig waren in den Fahrplänen der Fernreisezüge wie weiland in denen der Postkutschen längere Unterwegshalte vorgesehen, um das Essen und Trinken in Restaurationen zu ermöglichen. Im Streben nach höheren Reisegeschwindigkeiten wurden die Aufenthalte freilich bald verkürzt. Nun reichten zu den Hauptmahlzeiten Kellner der Bahn-
hofsgaststätten Speisekörbe oder telegraphisch vorbestellte Speisetabletts in die Abteile, zudem boten „Fliegende Händler“ auf den Perrons Erfrischungen feil. Letztere Art der Versorgung am Zug hat sich sehr lange gehalten, man denke an die noch zu Reichs- und Bundesbahnzeiten anzutreffenden mobilen Kioske. Erstmals in Deutschland setzten die Berlin-Anhaltinische Eisenbahn (BAE) und die Thüringische Eisenbahn (ThE) im Jahr 1880 Restaurationswagen ein. Bewirt-
Groß ist anno 1881 der Andrang im ersten deutschen Speisewagen der Berlin-Anhalter Bahn.
schaftet wurden sie von der 1876 entstandenen Compagnie Internationale des WagonsLits (CIWL), auf deutsch firmierend als Internationale Schlafwagengesellschaft (ISG). Mit diesen Restaurationswagen wagte sich die CIWL/ISG auf ein neues Geschäftsfeld. Dem belgischen Ingenieur Georges Nagelmackers, unter dessen Leitung 1872 in Lüttich das fast namensgleiche Vorgängerunternehmen Compagnie Internationale de Wagon-Lits gegründet worden war, kam die Idee dazu auf einer Reise durch Nordamerika. Dort hatte die Philadelphia-Baltimore-Railway bereits 1863 einen Personenwagen mit Küche, Speiseraum und Bar ausgestattet. 1867 stellte George Mortimer Pullman in den USA einen neuartigen Hotelwagen vor. Er ist als Urahn der Pullman-Salonwagen anzusehen, in denen die Reisenden im luxuriösen Fauteuil ihre Mahlzeiten einnehmen konnten, ohne einen separaten Speiseraum aufsuchen zu müssen. Eisenbahn-Journal 6/2002
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ABB.: SAMMLUNG GOTTWALDT (3), SAMMLUNG GARN
Vor Einführung der Speisewagen konnte Essen in Bahnhöfen vorbestellt und während des Aufenthalts im Gaststätten-Saal oder am BahnsteigBuffet eingenommen werden: Stettiner Bahnhof Berlin, um 1900; Hannoveraner Speisekarte, 1859 (!); Regensburg, 1910; Bebra, 1919.
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rants, in sieben Reihen paarweise gegenüberliegend, rechts die mit vier Plätzen, links die mit zweien, sind prächtig gedeckt. Das Weiß der Tischtücher und wunderbaren, durch die Kellner kunstvoll gefalteten Servietten, das transparente Funkeln des Glases, der Rubin des Rotweins, der Topas des Weißweins, das reine Kristall des Wassers in den Karaffen und die silbernen Helme der Champagnerflaschen blenden die Menge draußen wie drinnen ...“ (entnommen dem von Werner Sölch verfassten Buch „Orient-Express“). ZURÜCK NACH DEUTSCHLAND: Die Restaurationswagen zwischen Berlin und Frankfurt (Main) wurden zum Publikumsrenner, was die Bahnhofsgastwirte der an dieser Strecke gelegenen größeren Stationen verdross. Nachdem ihr Sprecher, Gustav Riffelmann aus Halle, die Königlich Preußische Eisenbahn-Direktion
ABB.: ARCHIV WAGONS-LITS
Bei den 1880 in Tagesschnellzügen zwischen Berlin und Frankfurt (Main) eingereihten Restaurationswagen handelte es sich um Vorläufer der in Deutschland üblich gewordenen Speisewagen, wobei die CIWL/ ISG noch improvisierte. In von der BAE und der ThE angemieteten dreiachsigen Personenwagen hatte sie Speise- und Rauchsalons eingerichtet, die Küche aber separat in umgebauten Güterwagen untergebracht. 1881 ließ die CIWL/ISG von Rathgeber in München neue dreiachsige Speisewagen fertigen, die – wie es sich für „Vollspeisewagen“ gehört – bereits über eine eigene Küche verfügten. Der erste dieser Wagen erhielt die Nummer 107. Er zählte zur Garnitur des am 11. Oktober 1882 von Nagelmackers auf die Fahrt Paris–Wien geschickten Train Eclair (genannt auch Train de Luxe d’essai). Aus diesem Zug ging der legendäre Orient-Express hervor, für den die Internationale Schlafwagengesellschaft 1883 vierachsige Speisewagen beschaffte. Nun begann die „Belle Epoque“ des Reisens auf Schienen. Aus dem Bericht eines Journalisten über die offizielle Eröffnungsfahrt des Orient-Express von Paris nach Konstantinopel am 4. Oktober 1883: „Die großen Gaslichter beleuchten einen wahren Festsaal. Alle Tische des Restau-
Mit Speisewagen für den Orient-Express beginnt 1883 die Belle Epoque des Reisens im Zug.
Erfurt vergeblich aufgefordert hatte, die Speisewagen wieder abzuschaffen, stieg er im Jahr 1882 selbst in das Geschäft mit den Restaurants auf Rädern ein und trat auf der genannten Strecke die Nachfolge der ISG an. Bereits 1885 übernahm er dann die Bewirtschaftung weiterer Züge. Der Charlottenburger Bahnhofsgastwirt Gustav Kromrey bewirtschaftete ab 1895 mit eigenen Speisewagen und von der Preußischen Staatseisenbahn überlassenen Halbspeisewagen (mit Abteilen 1. und 2. Klasse, einem kleinen Speiseraum und Küche) Schnellzüge von Berlin Richtung Osten. Mittlerweile ermöglichten es die 1892 zuerst in Preußen eingeführten Durchgangswagen mit Faltenbalg-Übergängen den Reisenden in D-Zügen, das Restaurant jederzeit während der Fahrt aufzusuchen. Die ISG gründete 1896 in Berlin ein Tochterunternehmen namens Deutsche Eisenbahn-Speisewagen-Gesellschaft (DESG), das nahezu in ganz Deutschland agierte. Aufschluss über die Gepflogenheiten gibt beispielsweise ein Handzettel mit Werbung für den Speisewagenservice auf der Strecke München–Ansbach–Frankfurt (Main) aus dem Jahr 1901. Demnach wurden Speisen und Getränke zwar während der gesamten Fahrt angeboten, während des Mittagessens aber Speisen „nach der Karte“ nicht verab-
Um 1900 werben viele Hersteller mit dem Bau von Speisewagen: Anzeige einer Kölner Firma.
reicht. Vielmehr waren Plätze für das Mittagsgedeck zum Preise von 3 Mark beim „Aufseher des Speisewagens“ vorzubestellen, verabreicht wurde es auf der Fahrt Richtung Frankfurt „ab Ansbach 12.28“. Auch nahm der Speisewagenaufseher Vorausbestellungen für anschließende Schlafwagenkurse entgegen.
ABB.: SAMMLUNG GOTTWALDT (3), SAMMLUNG DR. SCHEINGRABER, MITROPA
ZUR LÄNDERBAHNZEIT beschafften die Gesellschaften ihre Speisewagen in unterschiedlichsten Ausführungen, vierachsig wie sechsachsig, in Baulängen (über Puffer) zwischen etwa 18 und 21 m, mit Blech- und mit Teakholzverkleidung. Durch besondere Eleganz zeichneten sich die sechsachsigen und meist teakholzverkleideten SpeiMitten im Ersten sewagen der erst 1908 gegründeten Nordwestdeutschen Speisewagen-Gesellschaft (NWDSG) aus. Auch die marktbeherrschende DESG verfügte wie ihre Muttergesellschaft CIWL/ISG über eine große Anzahl Teakholz-Speisewagen, darunter viele Sechsachser. Die Preußische Staatsbahn besaß außer den erwähnten Halbspeisewagen auch Buffetwagen mit einem kleinen Erfrischungsraum und so genannte
Küchenwagen, deren Personal von den Reisenden per Klingelzeichen in die Abteile gerufen werden konnte – zum Service am Sitzplatz also. Mitten im Ersten Weltkrieg, am 24. November 1916, gründeten die deutschen Länderbahnen, die österreichisch-ungarischen Staatsbahnen und Großbanken die Mitteleuropäische Schlafwagen- und SpeisewagenAktiengesellschaft mit Sitz in Berlin, zunächst als MSG und kurze Zeit später als MITROPA abgekürzt. Erklärtes Ziel: die Verdrängung der französisch dominierten
Auf Betreiben der alliierten Siegermächte richtete die CIWL/ISG nach dem Ersten Weltkrieg erneut „Grands Express Europeens“ ein, die ab 1920 auch wieder Deutschland durchquerten. Zu den Speise- und Schlafwagendiensten kam die kulinarische Betreuung in Pullman-Salonwagen. Die MITROPA brachte 1922 ebenfalls internationale Luxuszüge (Zuggattung L) mit Salonwagen in Fahrt, blieb auf diesem Sektor jedoch glücklos. Dafür boomte in den dreißiger Jahren das Speisewagen-Geschäft in FD- und D-Zügen des innerdeutschen Verkehrs sowie auf Routen ins benachbarte Ausland. IM JAHR 1928 stellte die MITROPA ihre ersten Neubau-Speisewagen WR4ü-28a in Dienst, die konstruktiv weitgehend den in genieteter Ganzstahlbauweise gefertigten DZug-Wagen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft entsprachen. Mit 23,5 m übertrafen sie jedoch deren Länge, das Gestühl in
Weltkrieg wird am 24. November 1916 die MITROPA gegründet Compagnie Internationale des Wagons-Lits aus Deutschland, Österreich, Ungarn und insbesondere auch aus dem Balkan-Verkehr. Am 1. Januar 1917 nahm die neue Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb auf, 209 Speisewagen der von Bahnhofswirten gegründeten Unternehmen und der DESG gingen in ihr Eigentum über. Außerdem übernahm die MITROPA 64 Wagen von der unter Zwangsverwaltung gestellten CIWL/ISG, 39 wurden nach 1920 käuflich erworben.
den Speiseräumen war fest installiert, die Innenausstattung mit Edelholzfurnieren für Wände und Decken ausgesprochen gediegen. Der einheitliche bordeauxrote Außenanstrich löste die noch aus der Länderbahnzeit herrührende Farbenvielfalt ab. Als Firmensymbol der MITROPA bekamen die Wagen das stilisierte „M“ mit Adlerkopf und Hals sowie einem Speichenrad aufge-
Ab 1896 schickte die DESG sechsachsige Teakholzwagen auf die Reise, Gustav Riffelmanns Betrieb bewirtschaftete u.a. die D 31/32. 1917 trat die MITROPA auf den Plan: Von der KPEV wurde der Hofspeisewagen Nr. 7 übernommen – hier nach dem Umbau.
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malt, Mitarbeiter nannten den etwas gerupft aussehenden Adler spöttisch „Gefriergans“. Insgesamt beschaffte die MITROPA von 1928 bis 1942 über 220 neue vierachsige Speisewagen mit 23,5 m Länge, davon erhielten 76 als WR4ü-39 eine windschnittige Bauform und seitliche Schürzen. Auch vierachsige Fahrzeuge für Meterspur legte sich die MITROPA zu: zwei SalonSpeisewagen und drei Vollspeisewagen. Erstere waren – um zweiachsige Küchenwagen ergänzt – für Züge der schweizerisch-italienischen Bernina-Bahn bestimmt, letztere für den ebenfalls der MITROPA übertragenen Restaurationsbetrieb der Rhätischen Bahn. Nebenbei bemerkt: Auch Schmalspurbahnen in Deutschland besaßen Speisewagen, so die Rügenschen Kleinbahnen für die Strecke Altefähr–Göhren. Im 1928 erstmals zwischen Amsterdam bzw. Hoek van Holland und Basel eingesetzten FFD Rheingold-Express wichen die DRG und die MITROPA vom Speisewagen-Prinzip ab. Frisch zubereitete Menüs und edle Tropfen servierten die Kellner den Reisenden am Sitzplatz. Dazu waren vier Salonwagen 1. Klasse (SA4ük-28) und zehn Salonwagen 2. Klasse (SB4ük-28) mit Küche ausgestattet. Die wie die anderen RheingoldSalonwagen in Violett-Creme gehaltenen Fahrzeuge maßen über Puffer 23,5 m und gehörten – obwohl mit Schriftzug MITROPA versehen – zum DRG-Bestand.
Ließ wohl kaum Wünsche offen: Mehrgängiges MITROPA-Menü im D 62 Berlin–Wien am Abend des 11. Dezember 1940.
tete die MITROPA-Zeitschrift „Der Betriebsbeobachter“ über den „Kriegsspeisewagen“. Die Fleischmengen seien zwar kleiner geworden, „die Gewürze und Würzkräuter, die den Tunken, Suppen, Gemüsen den eigentlichen feinen Geschmack geben“, würden aber weiter geliefert, „wenn auch nicht immer in beliebigen Mengen“. Keineswegs dürfe der Krieg für lieblos zubereitetes Essen und gleichgültige Bedienung herhalten: „Nein, Arbeitskameraden, so geht das nicht, dass dem Gast, der ein Glas zur Flasche Bier forderte, gesagt wird, dass man im Kriege aus der Flasche trinken könne ...“
1939 waren 298 MITROPA-Speisewagen im Einsatz. Außerdem bewirtschaftete das Unternehmen 105 Küchenwagen sowie die mit einer Anrichte oder Küche, teils auch mit einem Speiseraum ausgestatteten Fernschnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn. Nach Kriegsbeginn ging die Zahl der Speisewagenkurse deutlich zurück. In ihrer Ausgabe vom 1. März 1940 berich-
NACH KRIEGSENDE wurde der stark dezimierte Speisewagenpark, soweit noch betriebsfähig, in allen vier Zonen des besetzten Deutschland nur von den Siegermächten genutzt. Sowohl die MITROPA-West als auch die MITROPA-Ost behalfen sich mit notdürftig für die Bewirtschaftung hergerichteten Abteilen in Eil- und Schnellzugwagen. Für den zivilen Verkehr standen der
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ABB.: SAMMLUNG GOTTWALDT (3), SAMMLUNG DR. SCHEINGRABER
Ab 1928 ließ die MITROPA neue vierachsige 23,5-m-Speisewagen bauen. Auch vierachsige Meterspurwagen, u.a. für die Bernina-Bahn, wurden beschafft. Im FD 80 mit 03 150 läuft hier noch ein MITROPA-Wagen älterer Bauform, aufgenommen 1935 bei Steinbach Wald.
ABB.: SAMMLUNG GOTTWALDT (2), SAMMLUNG DR. SCHEINGRABER, LUDWIG ROTTHOWE, SAMMLUNG KNIPPING
Nach 1945 mussten MITROPA und DSG viele Jahre mit aufgearbeiteten Vorkriegswagen auskommen. Dennoch gab es in den 50er und 60er Jahren auch neue Formen des Speisens auf Reisen: DSG-Bewirtung im DB-VT 11.5 und Buffet-Service in Doppelstockzügen der DR.
MITROPA in der DDR Ende 1949 gerade mal sieben wieder aufgearbeitete Speisewagen zur Verfügung, der in der Bundesrepublik gegründeten Deutschen Schlafwagenund Speisewagengesellschaft (DSG) immerhin 22. Beide Unternehmen weiteten die gastronomische Betreuung der Reisezüge schon in den frühen fünfziger Jahren stark aus. MITROPA-Speisewagen befuhren wieder Strecken ins Ausland, als erstes ab 1951 von Berlin nach Brest und Bukarest. Die das Firmensignet der MITROPA verwendende DSG bewirtschaftete internationale Züge anfangs nur bis zu den Grenzbahnhöfen, gemäß mit der CIWL/ISG geschlossenen Abkommen reichten ihre Aktivitäten dann aber weit in einige Nachbarländer hinein, vor allem in Österreich. Ab 1954 teilten sich MITROPA und DSG den Einsatz von Speise- und Schlafwagen im „Interzonenverkehr“. Beide Gesellschaften mussten bis Anfang der sechziger Jahre mit aufgearbeiteten Vollspeisewagen der Vorkriegsbauarten auskommen, die sie teilweise modernisierten. So rüstete die DSG Speisewagen der Baujahre 1939 bis 1942 (neu WRüge152) mit Klimaanlage aus, auch gestaltete sie RheingoldSalonwagen zu Speisewagen um. Bei der MITROPA entstanden Speisewagen sogar aus ehemaligen ISG-Schlafwagen. Schließlich baute das MITROPA-Reparaturwerk in
Gotha ab 1960 auf Untergestellen ehemaliger Sitzwagen und alter Speisewagen 22,9 m lange Reko-Speisewagen WR4ü-60 auf. Die Deutsche Bundesbahn bestückte viele Tagesschnellzüge mit Halbspeisewagen. Dabei handelte es sich zunächst um umgebaute Eil- und D-Zugwagen. Ab 1954 beschaffte die DB in mehreren
Versionen 26,4 m lange Wagen mit Abteilen 3. bzw. 2. Klasse, Speise- oder Buffetraum und Küche. Ab 1966 kamen 27,5 m lange klimatisierte 1.-Klasse-Wagen mit Speiseraum (ARmh217) für F-Züge hinzu. Wegen ihres zweifarbigen Außenanstrichs – blau im Abteilbereich 1. Klasse oder grün im Abteilbereich 2. Klasse, rot im Speiseraumbereich – bedachten Eisenbahnfreunde die Halbspeisewagen mit dem Spitznamen „Kakadu“. Eine später für den InterCityVerkehr gelieferte Version mit Dachstromabnehmer (ARmz211) allerdings erhielt von vornherein die bei den IC-Wagen übliche rot-beige Lackierung. Die Deutsche Reichsbahn richtete ab 1958 in Doppelstockzügen Buffets ein, von denen aus die Reisenden teils am Sitzplatz, teils aber auch an im Oberdeck untergebrachten Verkaufstheken bedient wurden. Weitere Buffetwagen nahm die DR in den sechziger Jahren als 21,25 m lange Modernisierungswagen mit Abteilen 2. Klasse (BRge) in Betrieb. NEUBAU-SPEISEWAGEN hielten erst ab 1961 Einzug: Zunächst erhielt die MITROPA 20 neue 24,9 m lange Speisewagen WRm542. Konstruktiv entsprachen sie weitgehend den 24,5 m langen Schnellzugwagen mit hohem „gotischen Dach“. Charakteristisch für die Innenarchitektur war die
Beim Abschmecken in der Küche eines MITROPASpeisewagens während der Übergangsjahre.
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Aufteilung in zwei Speiseräume durch eine Trennwand mit ovalem Ausschnitt. Die ersten beiden 1962 an die DSG gelieferten Neubau-Speisewagen WRmh131 waren für den F-Zug „Rheingold“ bestimmt. Als Besonderheit wiesen die 26,4 m langen Fahr-
(die DR hatte den Mitropa-Wagenpark 1964 übernommen): 50 nur 18,7 m lange Speise-/Buffetwagen WR4ge der Baujahre 1973/75 für den Binnenverkehr sowie 25 nunmehr 26,4 m lange Speisewagen WRm130 des Baujahrs 1984 vor allem für den internationalen Verkehr. Damit sind längst nicht alle Fahrzeuge erwähnt, in
hunderten Schnellzügen präsente, zum Service am Platz durch die Wagen geschobene Minibar. Na gut, an den hyperelegantesten aller deutschen Speisewagen der Nachkriegszeit sei auch noch erinnert: Er lief im Nacht-Gliederzug „Komet“ zwischen Hamburg und Zürich, also Kakadu und Quick-Pick: Der Anfang vom Ende der Speisewagen-Kultur im einzigartigen zeuge die doppelstöckige Anordnung des denen die MITROPA oder die DSG Reisende bewirteVT 10 551 der DSG aus dem Jahr 1953. Der Wirtschaftstrakts auf – mit Küche im Oberten. Da gab es oder gibt es noch – von Schlaf- und Speiseraum war mit 23 drehbaren Einzeldeck und Spülraum im Unterdeck, daher das Liegewagen ganz abgesehen – Salonwagen, Gesellfauteuils ausgestattet, das auf Zweier- und Buckeldach. Es waren die einzigen Neulieschaftswagen, Barwagen, Aussichtswagen, Clubwagen, Vierertischen servierte Frühstück exquisit. ferungen an die DSG, denn drei baugleiche Bistro-Cafés, die Speiseräume in Schnelltriebwagen „Rheingold/Rheinpfeil-Wagen“ beschaffte und so weiter und so fort. Nicht zu vergessen die in DER TIEFPUNKT der Speisewagenkultur 1963 bereits die DB, der ab 1966 alle DSGindes schien mit den Quick-Pick-Wagen der Wagen gehörten. Ab 1964 folgten 27 TEE70er Jahre erreicht. Das in der Mikrowelle Speisewagen in 27,5 m Länge (WRmh132), erhitzte Fast-Food verdarb vielen den Apab 1969 noch einmal 36 Stück einer auch für petit. Wann aber hatte der Abstieg begonden InterCity-Verkehr bestimmten Version nen? Traditionalisten empfanden schon die mit Dachstromabnehmer (WRmz135). 18 grün-roten, mit kargem Buffetraum ausgelediglich 26,4 m lange Speisewagen statteten „Kakadu-Wagen“ 2. Klasse als PerWRtm134 stellte die DB ab 1965 vor allem version auf Rädern. Dass bereits die Königfür den Touristik-Verkehr in Dienst. Mit 43 lich Preußische Staatseisenbahn (KPEV) in den Jahren 1975 bis 1979 gelieferten, über Buffetwagen verfügte und Vollspeise27,5 m langen Quick-Pick-Wagen WRwagen anfangs gar nicht gut fand, dürfte bumz139 (teils mit Dachstromabnehmer) unbekannt gewesen sein. schloss die Deutsche Bundesbahn die BeGegen Speisewagen sprach aus Sicht der schaffung neuer Speisewagen für lokbeKPEV übrigens die Belästigung der Reisenspannte Züge ab; auch sie besaßen noch eine den durch Küchengerüche. Dieses Problem Küche und einen Speiseraum mit Zweier– so die ja durchaus auch den Appetit anreund Vierer-Tischen, waren aber für Selbstgenden Küchendüfte denn überhaupt jemand bedienung konzipiert. störten – hat sich spätestens mit den QuickRasch genannt sind die an die Deutsche Pick-Wagen erledigt. Auch in den heutigen Reichsbahn gelieferten Neubauspeisewagen BordRestaurants und BordBistros werden 16
Die Möglichkeit, sich am Platz zu versorgen, bot und bietet die durch den Zug wandernde Minibar.
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ABB.: CHRISTOPH KIRCHNER (2), JÜRGEN HÖRSTEL, LUDWIG ROTTHOWE, KONRAD KOSCHINSKI, DB AG/WEIHE
Traditionalisten empfanden „Kakadus“ und „Quick-Pick“-Wagen als Niedergang der Speisewagen-Kultur bei der DB. Durchaus Substanz hatten dagegen die TEE-Wagen WRmh 132 – ebenso wie die neuen MITROPA-Wagen WRm 542 mit der ovalen Innenraum-Trennung.
ABB.: MARKUS LASEK, JÜRGEN HÖRSTEL (2), DB AG, DB AG/KLEE
Glanzlichter beim bewegten Speisen bieten in Zukunft wohl nur noch spezielle Züge, wie der „Glacier-Express“ der RhB.
meist vorgefertigte, in Catering-Technik zugeladene und per Mikrowelle erhitzte Speisen verabreicht. Gourmets sind da sicher deplatziert. Selbst die wegen ihrer gut bekochten Speisewagen gerühmten Schweizerischen Bundesbahnen haben die Verpflegung weitgehend auf Bistros umgestellt. Im Zeitalter unverschämt teurer „Rost“-Bratwürstchen aus der Mikrowelle gilt es geradezu als kulinarische Sensation, wenn ein nass geschwitzter Kellner im tschechischen oder ungarischen Speisewagen Rostbraten, wohlgemerkt richtigen Rost-Braten mit Schinken, Setzei, Bratkartoffeln und Salatgarnitur serviert (kostete übrigens im EuroCity „Porta Bohemica“ mal 19,50 Mark, aber auch das ist neun Jahre her). Schon 1993 hat die DB auf der ICE-Linie Hamburg–Basel die Abschaffung des Speisewagens getestet, Reisende der 1. Klasse bekamen Lunchpakete am Platz, Reisende der 2. Klasse wurden nur per Minibar oder
im Bistro bedient. Das Experiment scheiterte ebenso wie der Versuch, die IC-Fahrgäste zwischen Hamburg und Berchtesgaden in zum „McTrain“ (im McDonaldStil) umgebauten Halbspeisewagen abzufüttern. Abgesänge auf das rollende Restaurant erwiesen sich zunächst wiederholt als verfrüht. Doch im Jahr 2000
machte die DB AG Ernst. Sie begann damit, den personalintensiven Speisewagen aus dem IC-Verkehr abzuziehen. Mittlerweile sind die meisten InterCities nicht mehr mit BordRestaurants, sondern mit Bord-Bistros (umgebauten Quick-Pick-Speisewagen oder ehemals in InterRegios eingereihten BistroCafé-Wagen) bestückt. Beschlossene Sache ist auch die Abschaffung des Restaurants im ICE 3. In den schon vorhandenen Garnituren wird es zum 2.Klasse-Großraum umgebaut. Die 13 nachbestellten ICE 3-Züge erhalten von vornherein nur noch Bistros mit Steh-Ausschank, desgleichen die 28 nachbestellten ICE-T. Die ICE 1 und ICE 2 behalten vorerst ihr Restaurant. Auch in den Nachtzügen (NZ) und Autozügen der DB AutoZug GmbH bleiben Speisewagen, teilweise zu Nachtzug-Servicewagen umgebaut, weiterhin im Angebot, was sehr löblich ist. Indes sind kulinarische Glanzlichter wohl nur noch in speziellen Zügen zu erwarten, so im „Glacier-Express“ der Rhätischen Bahn mit seinem 34 m langen Doppel-Speisewagen oder im ebenfalls von der RhB eingesetzten „Alpine Classic Pullman Express“ mit Gourmino-Speisewagen. Dort gibt es noch mehrgängige Menüs, erlesene Weine und Champagner, während die Landschaft 1 vorüberzieht – wohl bekomm’s!
Noch Anfang der 90er Jahre waren die in 1. Klasse und Restaurant unterteilten ARmz 211 in Rot-Beige in IC-Zügen zu sehen. Heute hat auch schon das IC-BordRestaurant ausgedient. ICE 1 und 2 behalten vorerst ihr Restaurant, im ICE 3 aber gibt’s nur noch Steh-Ausschank.
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DIE
BESONDEREN
SCHNELLZUG-DAMPFLOKOMOTIVEN:
HOCHGESTELLTE ... ... nannte man respektvoll jene 18 großräderigen Maschinen der bayerischen Gattung S 3/6, die genau vor 90 Jahren ihren Dienst in München und Nürnberg antraten. VON HORST J. OBERMAYER
ABB.: WERKFOTO KRAUSS-MAFFEI, SAMMLUNG GOTTWALDT
ANHALTENDE FINANZNOT und ein überaus sparsam agierender Verkehrsminister förderten die 1908 angelaufene Beschaffung von Schnellzuglokomotiven der neuen Gattung S 3/6 nur wenig. Trotz überaus erfolgreicher Präsentation von zwei Exemplaren auf der Verkehrsausstellung 1908 in München und der Weltausstellung 1910 in Brüssel standen im Sommer 1911 der Centralen Betriebswerkstätte München erst 23 der so dringend benötigten Maschinen zur Verfügung. Mit einem Treibraddurchmesser von 1870 mm und einem noch verhältnismäßig kleinen Tender der Bauart 2’2’ T 21,2 erfüllten die Lokomotiven in den ihr zugedachten Dienstplänen zunächst alle Erwartungen. Trotz eng umgrenz-
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ter Vorgaben für die Dimensionierung hatten Direktor Anton Hammel und die Konstrukteure von Maffei beste Arbeit geleistet. Mit der bayerischen S 3/6 ist die wohl gelungenste deutsche Pacific-Lokomotive mit Vierzylinder-Verbundtriebwerk geschaffen worden. Etwas getrübt wurde die erste Euphorie allerdings, als die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen mit Beginn des Sommerfahrplans 1911 neue „Schnellkurse“ mit „Nonstop-Zügen“ auf den Strecken München–Nürnberg und München–Würzburg einrichteten. Die Fahrzeiten waren mit zwei Stunden und 15 Minuten sowie mit drei Stunden und zehn Minuten so knapp bemessen, dass die Züge weite Bereiche mit Höchstgeschwindigkeiten von 110 bis
115 km/h zu bewältigen hatten. Um die dafür eingeteilten Maschinen nicht auf Dauer zu überfordern und die Drehzahl der Treib- und Kuppelräder in vernünftigen Grenzen halten zu können, sollten deren Durchmesser bei neuen Bauserien auf 2000 mm vergrößert werden. Gleichzeitig reifte auch das Verlangen nach Tendern mit größeren Vorräten, um auch noch die bereits geplanten längeren Lokdurchläufe über eine Distanz von 367 km von München nach Aschaffenburg zu ermöglichen. Bei unveränderten Vorgaben für eine zulässige Achslast von nur 16 t und einem auf die vorhandenen Drehscheiben abgestimmten größten Gesamtachsstand von 18 842 mm blieb Maffei wieder ein nur geringer Spielraum für die Aus-
Die „hochgestellte“ S 3/6 18 447 vor dem FFD 102 („Rheingold“) nach Basel am 1. Mai 1930 bei der Ankunft in Mainz.
legung des Laufwerks, in dem man die erste Kuppelachse noch etwas näher an die hintere Laufachse des Drehgestells rückte. In dem ansonsten unverändert gebliebenen Zylinderblock hatten nun auch die Hochdruckzylinder einen Hub von 670 mm. Der Kessel war unverändert von der ersten Bauform übernommen worden, lag mit seiner Mitte nun aber 2920 mm über der Schienenoberkante und trug bei den meisten Maschinen auf der Rauchkammer einen Caledonien-Schornstein mit Krempe. Aufsehen erregte auch die von der Ursprungsausführung abweichende Gestaltung des Führerhauses. Dieses war etwas breiter gehalten und hatte eine gerade Stirnfront. Eine komplette Neukonstruktion war der Langlauf-
tender der Bauart 2’2 T 32,5, bei dem die beiden hinteren Achsen dicht beieinander in einem festen Rahmen gelagert waren. Neben einem Wasservorrat von 32,5 m3 nahm der Tender auch noch 8 t Kohle auf. Die „Hochgestellten“, von den Personalen bald auch als „Hochhaxige“ bezeichnet, waren in den beiden Lieferserien e und d von je neun Exemplaren mit den Bahnnummern 3624 bis 3641 zwischen dem 22. März 1912 und dem 21. Januar 1913 geliefert und in den Betriebswerken München und Nürnberg in Dienst gestellt worden. Eine Abkehr von der bislang üblichen Farbgebung unterstrich ihre Sonderstellung unter den bayerischen Schnellzuglokomotiven. Abweichend von der Norm waren der Rahmen,
die Radsterne und die Stangennuten nun in sattem Englischrot gehalten. Der Beginn des Ersten Weltkriegs unterband eine vorgesehene Ausweitung des Schnellverkehrs und erforderte keine weiteren dafür besonders konzipierten Maschinen. Den weiteren Bedarf an leistungsfähigen Schnellzuglokomotiven für Bayern und die Pfalz deckte Maffei ab 1914 mit S 3/6, die wieder kleinere Treibräder, Spitzführerhäuser ursprünglicher Ausführung und auch kleinere Tender aufwiesen. Änderungen und Anpassung an höhere Anforderungen führten zur Verwendung größerer Überhitzer und dem serienmäßigen Anbau von Vorwärmern, der bei den „Hochhaxigen“ auf dem linken Umlauf liegend nachgerüstet wurde. 1
Werksaufnahme ohne Tender der ersten „Hochhaxigen“ S 3/6 der Lieferserie e mit der Bahnnummer 3624.
ZUM
WEITERLESEN
Weitere interessante Einzelheiten und alles Wissenswerte zur bayerischen Gattung S 3/6 sowie die Beschreibung aller Bauformen der 159 Lokomotiven, die von 1908 bis 1930 in 15 Lieferserien bei Maffei und Henschel entstanden, sind in einer speziellen EJ-Sonderausgabe mit zahlreichen Aufnahmen und Typenzeichnungen enthalten. Ein besonderes Kapitel ist der letzten Epoche des Dampfbetriebs mit den 30 modernisierten S 3/6 der Bundesbahn gewidmet.
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Ein Motiv der von Bahn- und Straßenverkehr gemeinsam benutzten alten Elbbrücke. Hinter dem Brückenkopf die Gleise von Rathmannsdorf.
125 JAHRE NEUSTADTBAD SCHANDAU:
AUF ZUKUNFTS-KURS
Bautzen in der Oberlausitz war bereits 1846 von Dresden aus auf der sächsisch-schlesischen Linie nach Görlitz auf dem Schienenweg erreichbar. Die weitere Erschließung der Oberlausitz ließ aber noch gut 20 Jahre auf sich warten. Ausgesprochen schwierig war eine Verbindung zwischen Bautzen an der Spree und Bad Schandau an der Elbe. Diese besteht erst seit 1877. In mehreren Abschnitten wird die landschaftlich reizvolle Strecke der Sächsische Semmering derzeit komplett saniert. VON MANFRED WEISBROD EINE PRIVATE GESELLSCHAFT verfolgte das Projekt, Bautzen mit Bad Schandau durch eine Eisenbahn zu verbinden. Angesichts topografischer Probleme wählte man eine Linienführung über das böhmische (österreichische) Schluckenau (heute Sluknov). Das Wohlwollen der sächsischen Regierung, die sich die Gesamtkosten für den Bahnbau ersparen wollte, besaß man, denn die Regierung stellte 450 000 Mark für den Bau der Elbe-Brücke bei Bad Schandau als Fördermittel in Aussicht. Das Wohlwollen der k.u.k.-Seite erhielt man jedoch nicht, denn die böhmische Nordbahn hatte eigene Projekte, auch schon Lizenzen für Strecken von Schluckenau in Richtung Sebnitz und Bautzen beantragt, um 20
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den Verkehr von Tetschen nach Bautzen über Rumburg zu ziehen. So wurde nach einer Lösung gesucht, die nicht über österreichisches Gebiet führte. Dazu musste der böhmische Zipfel, der von Rumburg bis Sebnitz und Neustadt ins Sächsische hineinragte, umfahren werden, was bislang als nicht machbar galt. Eine neuerliche Studie ließ einen Bahnbau ausschließlich auf sächsischem Gebiet möglich erscheinen, sodass der Landtag 1872/73 die Genehmigung erteilte. Der Bau begann im Juli 1874. Die Strecke Bad Schandau–Neustadt (Sachs) mit sieben Tunneln und zahlreichen Kunstbauten wurde am 1. Juli 1877, die von Neustadt (Sachs) nach Bautzen am 1. September 1877 eröffnet.
Die Strecke beginnt im linkselbisch gelegenen Bf Schandau, den es erst seit dem Bau dieser Strecke gibt. Bisher war der Hp Krippen der Bahnhof von Schandau (seit 1920 Bad) an der Strecke Dresden–Prag. 600 m elbabwärts überquert die Bahn auf einer dreibogigen kombinierten Eisenbahn- und Straßenbrücke die Elbe. Seit 1977 gehört die Brücke der Eisenbahn allein, denn die heutige B 172 bekam eine eigene Brücke über die Elbe. Auf dem rechten Elbufer wird der Bf Rathmannsdorf erreicht, von dem Anschlüsse zum Getreidelager Prossen und zum Staatlichen Forstbetrieb führten. Noch im Bahnhofsbereich führt die Strecke durch den 377 m langen Mühltunnel und erreicht in einer langen
ABB.: SAMMLUNG WEISBROD, MANFRED WEISBROD, UDO GRAUNITZ (2), DB AG
123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789 123456789012345678901234567890121234567890123456789
Rechtskurve den Hp Porschdorf. Ab hier verläuft die Strecke im Sebnitztal bis GoßdorfKohlmühle. Der Fluss hat sich bis zu 100 m tief in den Sandstein eingeschnitten und die Felsen rücken dicht an den Bahndamm heran. Von Goßdorf-Kohlmühle führte ab 1897 bis 1951 eine 750-mm-Schmalspurbahn nach Hohnstein. Noch heute sieht man ein Stück Bahndamm, einen kleinen Viadukt und den dahinter liegenden Tunnel. Das Rba Dresden begründete am 25.5.1951 den Abbau der Strecke mit der Gewinnung des für den Ausbau des Berliner Südringes benötigten Oberbaumaterials, der zur Erhaltung des Friedens und zur Durchführung der Weltjugendfestspiele notwendig sei. Schmal-
Halt in Kohlmühle und oben der Streckenverlauf hinter dem Bahnhofsgebiet mit der Linoleumfabrik. Hier verlief bis 1951 parallel die Schmalspurlinie nach Hohnstein. Im Hintergrund Lilienund Königstein, zwei Felsenplateaus des Elbsandsteingebirges. – Bei Rathmannsdorf mit Ausläufern des Sandsteinmassivs. Eisenbahn-Journal 6/2002
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spurschienen für die Hauptbahn! Nach Goßdorf-Kohlmühle löst Lausitzer Granit den Sandstein ab. Krümmungsreich und in stetiger Steigung (1:50) erreicht die Strecke den Hp Mittelndorf und nach dem Passieren von zwei weiteren Tunneln (77 und 91 m Länge) den Bf Ulbersdorf auf 224 m über NN, dem einzigen Kreuzungsbahnhof zwischen Sebnitz und Bad Schandau. Über acht Brücken und drei Tunnel von 109, 93 und 89 m Länge wird nach 1,7 km Streckenlänge der erst 1908 eingerichtete Hp Amtshainersdorf erreicht. Die Strecke verläuft nun in Hanglage Richtung Sebnitz, überquert auf dem 24 m hohen Hainersdorfer Viadukt ein Seitental des Seiffenbaches und die Straße nach Neustadt (Sachs). Kurz danach führte ein 700 m langer, im Gefälle liegender Anschluss zum VEB Landmaschinenkombinat Fortschritt. Nach Passieren des mit 147 m Länge letzten und siebenten Tunnels erreicht die Strecke über den 22 m hohen Stadtviadukt den Bf Sebnitz auf 315 m über NN. Der Markt von Sebnitz liegt nur auf 275 m über NN. Der Sebnitzer Stadtviadukt hatte bei seiner Entstehung mit einem Rechtsbogen von nur 250 m Radius und einer Neigung von 1:50 deutschlandweit einzigartige Dimensionen. In einem Linksbogen und der Steigung von 1:50 verlässt die Strecke den Bf Sebnitz. Rechts zweigt das Gleis zur Tschechischen Staatsbahn (CD) ab. 22
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Vor allem wegen ihrer Kunstbauten ist die Linie bei Fotofreunden beliebt. Links verlässt 52 8183 den Tunnel bei Ulbersdorf, um gleich im nächsten zu verschwinden. – Oben der Tunnel VII bei Rathmannsdorf, einziger der sieben Tunnelbauwerke mit geradem Gleisverlauf. – Rechts der Hainersdorfer Viadukt, den es noch heute gibt, wogegen der Stadtviadukt einem Neubau weichen musste.
Die Bahn umfährt den 416 m hohen Finkenberg, windet sich in einer Steigung von 1:65 am 537 m hohen Ungersberg hoch und erreicht im Hp Krumhermsdorf mit 415 m über NN den höchsten Punkt der Strecke. Die gleiche Höhe hat der Lilienstein in der Sächsischen Schweiz. Im Gefälle geht es hinab nach Neustadt (Sachs). Kurz vor Neustadt (Sachs) kommt von links die Strecke von Dürrröhrsdorf über Stolpen und mündet ebenfalls in den Bf Neustadt. Über Neukirch, Wilthen und Großpostwitz erreicht die Bahn schließlich Bautzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhren auf dem Sächsischen Semmering Dampflokomotiven der
Baureihen 382-3, 3810-40, 86 und 91, es folgten Triebwagen der Baureihen VT 135 und VT 137. Der VEB Waggonbau Bautzen nutzte die Strecke zur Erprobung der von ihm gefertigten LVT der Baureihe VT 2.09 bis Sebnitz oder gar Bad Schandau. Weil in Schandau gelegentlich die Gleise zum Umfahren des Beiwagens (Steuerwagen gab es noch nicht) nicht ausreichten, fuhr man oft nur bis Rathmannsdorf. Mit nur einem angetriebenen Radsatz hatten die LVT gelegentlich Probleme, den Sächsischen Semmering zu bewältigen, sodass ab 1967 Probefahrten mit der Baureihe V 100 (Bo’Bo’) erfolgten, die dann ab 1975 den Streckendienst übernahm.
ABB.: UDO GRAUNITZ (4), MANFRED WEISBROD
Auch die V 180 C’C’ war im Einsatz. Mit der Ausmusterung der V 100 (Baureihe 202) übernahm die Baureihe 219 mit ZWS den Zugdienst, bis die Strecke Sebnitz–Bad Schandau wegen Oberbauschäden nicht mehr befahren werden konnte. Auch im Kursbuch 2001/2002 sind für diesen Streckenabschnitt keine Zugleistungen ausgewiesen. Über das mdr-Fernsehen war zu erfahren, dass seit 23.12.2001 wieder Züge zwischen Sebnitz und Bad Schandau fahren. Die Wiederaufnahme des Betriebes erfolgte nach Absprache des Landkreises Sächsische Schweiz mit DB Regio.
Von Bautzen aus werden nunmehr drei Garnituren der neuen Baureihe 642 im Zweistundentakt eingesetzt. Zur Komplettsanierung sind zwei weitere Bauabschnitte mit Vollsperrung erforderlich. Von August bis November 2002 bleibt die Strecke wieder gesperrt und nach einer weiteren Vollsperrung (April bis August 2003) werden 4,75 Mio. Euro verbaut sein und die Strecke Bad Schandau–Sebnitz in 23 Minuten bewältigt. Lange Durststrecken, doch die Aussicht, eine der landschaftlich schönsten Strecken mit der Durchquerung der Sächsischen Schweiz dauerhaft erhalten zu wissen, lässt das durchstehen. 1
In Neustadt/Sa. überholt 52 8142 mit dreiachsigen Reko-Wagen einen V 100geführten Güterzug. Wie hier am 20. April 1984 festgehalten, fuhren Bautzener Personale mit „Hingabe“ – wenn es möglich war – mit Dampf auf dem Sächsischen Semmering! Fast 20 Jahre später sind Lok und Wagen längst verschwunden und fast hätte es die ganze Strecke erwischt. Dank der neuen VT 642-Einheiten kann man hier nun aber wieder reisen – komfortabel und deutlich schneller.
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Museumsdampf und Wolkengebirge: Aufnahme aus 012 100, die am 20. Juli 1991 den D 27307 durchs Watt beförderte.
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FOTOMOTIV HINDENBURGDAMM:
FREILICHT-BUHNE
Seit 75 Jahren gibt es die Eisenbahnverbindung von Niebüll auf dem Festland nach Westerland auf Sylt. Und wie kaum eine andere Strecke bietet die Route durchs Watt immer wieder einzigartige Naturschauspiele. In einer etwas anderen Betrachtungsweise – aus der Lokführer-Perspektive – festgehalten VON VOLKER SIEWKE.
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AM 1. JUNI 1927 wurde der Hindenburgdamm als feste Querung durch das nordfriesische Wattenmeer in Betrieb genommen. Er ist 11,2 km lang – mit der Auffahrrampe auf dem Festland sind es 13 km – und auf 7,5 km Länge ständig vom Wattenmeer umspült. Die auf dem Damm verlegte Eisenbahntrasse verlief zunächst wie der gesamte 39 km lange Streckenabschnitt zwischen Niebüll auf dem Festland und Westerland auf der Nordseeinsel Sylt eingleisig. Neben den Bahnhöfen Keitum und Morsum auf Sylt und Klanxbüll auf dem Festland standen zusätzlich die Betriebsbahnhöfe „Lehnshallig“ (zwischen Niebüll und Klanxbüll) sowie „Hindenburgdamm“ – mitten im Wattenmeer – für Zugkreuzungen zur Verfügung. Letzterer wurde Anfang der 70er Jahre, nachdem die Strecke zwischen Klanxbüll und Morsum zweigleisig ausgebaut worden war, zunächst in die mechanische Blockstelle „Hdm“ und 1995 schließlich in eine automatische Selbstblockstelle (Sbk) umgewandelt. Seit diesem Zeitpunkt gehört eine kleine Kuriosität der Vergangenheit an: Jeweils zu Schichtwechsel auf „Hdm“ wurden zeitnah verkehrende Züge im Buchfahrplan angewiesen, das ab(zu)lösende Stellwerkspersonal im Watt aufzunehmen bzw. abzusetzen. DER HINDENBURGDAMM hatte und hat es in sich! Bei extremen Wettersituationen, insbesonders bei starken Stürmen, werden an die Lokpersonale und ihre Maschinen höchste
Blick aus 218 428 mit IC 830 nach Hamburg auf die Blockstelle „Hdm“, die 1995 in eine automatische Selbstblockstelle umgewandelt wurde. Aufnahme vom 3. August 1993.
Gleißendes Licht wirft die schon tief stehende Sonne auf das ruhige Wattenmeer, als am Abend des 30. Mai 1999 diese Aufnahme aus der 218 256 – den EC 178 nach Westerland „im Rücken“ – gelang.
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Anforderungen gestellt. Alte Lokführer des Bw Husum berichten, wie sich der feueranfachende Saugzug bei der Dampflok regelrecht umgekehrt hat, wenn Orkanböen über die Esse ihrer Lok hinweg gefegt sind. Walter Malinowski, Lokheizer beim Bw Hamburg-Altona, hatte in einem kleinen Notizbuch sogar für jede 012 eine individuelle Einstellung von Ölmenge, Öltemperatur, Brennerdampf und Luftklappen niedergeschrieben, um auch bei extremen Witterungsbedingungen die notwendige Kesselleistung erzeugen zu können. Selbst den Diesellokomotiven können die starken Stürme Schwierigkeiten bereiten. So kann es durchaus vorkommen, dass heftige, seitlich auf die Lok auftreffende Windböen das Schließen der Kühlerjalousien behindern. Ein Absinken der Kühlwassertemperatur im Dieselmotor mit damit verbundene Leistungsreduzierung können die Folge sein. Dass, wie auf retuschierten Ansichtskarten gerne dargestellt, Züge auf einem überfluteten Hindenburgdamm verkehrt sind und der „Blanke Hans“ der Dampflok womöglich noch das Feuer ausgelöscht hat, gehört allerdings definitiv in das Reich der Märchen – bei einer Dammhöhe von 7,50 m ragt die Dammkrone selbst bei höchstem Hochwasserstand noch 2 m über die Fluten hinaus.
ein Turmuhrwerk fortwährend leuchtet, erlischt, leuchtet, erlischt ... Und erst die Wolken! Vorund Nachboten von Sturm, Gewitter und Hagelschauer. Gebirgsformationen. Wolkenfetzen, die vom Orkan zerrissen und für Augenblicke wieder zusammengefügt werden, ganz selten auch mal Schäfchen, dann aber kurz vor Sonnenaufgang und von unten glutrot angestrahlt.
TROTZ – VIELLEICHT SOGAR WEGEN – dieser witterungsbedingten Besonderheiten stellt jede Fahrt über den Hindenburgdamm ein unwiederbringliches Naturerlebnis dar. Das Watt in all seinen gediegenen Facetten, mal bei Ebbe blank darliegend, mal seicht von der auf- oder ablaufenden Flut überspült, dann und wann aber auch von gischtgekrönten Wogen in eine Hölle verwandelt – die Nordsee wird zur Mordsee! In Vollmondnächten, wenn bisweilen kitschig anmutendes Silberlicht die Silhouetten von Föhr und Amrum messerscharf zeichnet, während im Norden das Leuchtfeuer von List auf Sylt wie
AM 1. JUNI 2002 wird das 75-jährige Jubiläum der Schienenverbindung durchs Watt festlich begangen. An diesem Tag schicken die Rendsburger Eisenbahnfreunde die 012 100 mit dem Sonderzug „Schimmelreiter“ von Hamburg-Al1 tona nach Westerland auf die Reise.
WER DEN HINDENBURGDAMM zwischen Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog und dem Morsumkliff besucht, wird in erster Linie von einer einmaligen Marsch-, Watt-, See- und Geestlandschaft verzaubert. Der Eisenbahnfreund wird insbesondere während der Saison eine hochfrequentierte Strecke im Diesel-, dann und wann sogar im musealen Dampfbetrieb erleben können. Zwischen Niebüll und Westerland/Sylt ist überwiegend noch mechanische Stellwerks- und Sicherungstechnik vorhanden. Zu Spitzenzeiten kreuzt jeder Zug auf jedem Bahnhof mit einem entgegenkommenden Zug. Bis zu 30 verschiedene Loks der Baureihe 218 können täglich vor EC/IC, RE/RB und vor allem den zahlreichen Autozügen beobachtet werden. Zur Zeit kommen sogar DB-212er, welche an die in Niebüll ansässige Nordfriesische Verkehrs AG (NVAG) verliehen sind, auf dem Hindenburgdamm zum Einsatz.
Abfahrt des Sonderzugs in Hamburg-Altona ist um 9 Uhr, die Rückkehr ist für 21.30 Uhr geplant. Eine Einzelfahrkarte 2. Klasse für Hin- und Rückfahrt kostet 59 Euro. Nähere Informationen zu Fahrpreisen, Buchung und Fahrzeiten gibt es bei den Rendsburger Eisenbahnfreunden, Brückenstraße 2 in 24537 Neumünster, oder im Internet unter www.rendsburger-eisenbahnfreunde.de.
Facettenreich zeigen sich Watt und Wolken. Die Lichtpalette reicht von intensivsten Farben (unten links, aus 218 286 mit IC 801 am 27. Januar 1999) bis zu diffuser, fast bedrohlicher Stimmung (unten Mitte, aus 218 306 mit AE 13690 an der Sbk „Hdm“ am 14. September 1999).
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Der Hindenburgdamm bietet eine hochfrequentierte Dieselstrecke. Und während man bei Ebbe mal durchs „Grüne“ fährt (oben, aus 218 432 mit AE 13679 am 14. September 1999), kann die stürmische Nordsee auch zur Mordsee werden (unten, aus 218 459 am 13. Dezember 1998).
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03 1013 mit Leichtradsätzen und neuen Sandkästen – hier im Bw Siegen, aufgenommen 1961.
DAMPFLOK-EPISODEN:
DAMALS IN HAGEN Eigentlich können 26 Loks keine Exoten sein. Doch die in den 50er Jahren neubekesselten 03.10 des Bw Hagen Eck konnten ihren schlechten Ruf nicht los werden und gingen schon Ende 1966 den Weg alten Eisens. VON HANS DIETER ANDREAS NACH DEM ENDE DES ZWEITEN WELTKRIEGS hatte es 26 Loks der Baureihe 03.10 auf das spätere Gebiet der Bundesrepublik verschlagen. Nach nur wenigen Betriebsjahren – die Maschinen waren erst zwischen 1939 und 1941 abgeliefert worden – stellte sich heraus, dass der Kesselbaustahl St 47 K rissanfällig und nicht schweißbar war. Eine Neubekesselung war dringend geboten. Der Austauschkessel war eine Neukonstruktion mit Verbrennungskammer und vollkommen geschweißt. Als erste Baureihe wurden 41er mit dem Kessel bestückt, da es dort auch Kessel aus St 47 K gab. Für die DB-03.10 28
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wurde der Kessel baugleich übernommen und die Anpassungsarbeiten in den Lokrahmen gelegt. In den Jahren 1958 und 1959 wurden die Ersatzkessel auf die 03.10 aufgebaut. Während des Umbaus wurden die 26 Loks im Bw Hagen Eck zusammengezogen. Von dort aus wurden Köln, Düsseldorf, Kassel, Braunschweig, Siegen und Gießen sowohl mit Eil- als auch mit DZügen angefahren. Den Kesseleinbau hatte man mit dem Einbau von Stangenrollenlagern sowie beim Tender mit Abdeckklappen und einer Kohlenachschubeinrichtung verbunden. Der ebenfalls eingebau-
te Heißdampfregler brachte die DB-03.10 dann allerdings durch häufige Störungen in Verruf. Die Loks liefen nur dann leidlich störungsfrei, wenn das Stammpersonal aus Hagen Eck auf dem Führerstand war. Sie hatten schnell den Ruf von Exoten weg. An dem Heißdampfregler wurde viel herumgebastelt – sogar eine Spüleinrichtung wurde eingebaut. Eine befriedigende Lösung konnte aber nur bei einer Lok, der 03 1021, mit dem Einbau eines Nassdampfreglers erzielt werden. Hätte man sich frühzeitig zum allgemeinen Einbau eines solchen Reglers in alle 03.10 entschie-
ABB.: HANS DIETER ANDREAS (4)
Dreimal schlechter Ruf im Bw Hagen Eck: 03 1076, 03 1021 und 03 1054, gesehen am 13. Juli 1964.
03 1022 mit D-Zug nach Hagen im Mai 1963 in Kreuztal.
den, wären die Loks ihren Ruf wohl schnell wieder los geworden. Durch die Elektrifizierung der Strecken Köln/ Düsseldorf–Wuppertal–Hagen–Hamm (Auf-
03 1051 mit alten Sandkästen 1963 in Elberfeld, alter Bahnhof.
lieber mit alten 01, 03 und 38.10 bis zum Traktionswechsel weiter fahren. Am 26. September 1966 wurden dann alle 03.10 z-gestellt und schon am 22. November 1966 war die Ausmusterung verfügt. Die Loks wurden alle mitIE RAGE WAR ILL JEMAND IE NTWORT IN KLARES EIN samt den neuen Kesseln verschrottet, obwohl diese auf nahme des elektrischen Betriebs 31. Mai 1964) Eine große Rundfrage bei den Zugförderungs41ern noch gute Dienste geleistet hätten. Doch sowie der Ruhr-Sieg-Strecke Hagen–Siegen– Dezernenten 21 bzw. 21A der BDen Köln, Hander Zorn über die Baureihe war so groß, dass Dillenburg–Gießen (Aufnahme des E-Betriebs nover und Hamburg im Sommer 1965, ob die 26 auch nicht an die gesicherte Abstellung wenigs30. Mai 1965) wurde den 03.10 die Arbeit weg„modernen“ Loks übernommen werden, brachtens einer Lok als spätere Museumslok gedacht genommen. Zwar gab es noch Einsätze vor te von überall ein klares „Nein“. Man wollte wurde ... 1
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Personenzügen oder Sonderzügen, aber man benötigte nur noch sechs bis zehn Maschinen planmäßig. Zwischendurch wurden wieder einige Loks mehr benötigt.
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ELLOK-REPORT ÖSTERREICH:
GENERATIONS-WECHSEL
Wenige Jahre nach Ausmusterung der letzten Vorkriegs-Typen lassen die Österreichischen Bundesbahnen nun nach und nach auch die ab 1950 gebauten Ellok-Reihen aufs Abstellgleis rollen. Gründe hierfür sind deren teils völlig veraltete Technik sowie die in hoher Zahl anrollenden modernen „Taurus“-Loks.
Ein symbolhaftes Bild: Noch ist die Reihe 1110 gefragt, doch die Ablösung in Form von 1044 sitzt quasi im Nacken. Mehrere Jahre war eine 1110-Vorspannleistung vor 1044 zwischen Schwarzach-St. Veit und Hall i. Tirol planmäßig – hier mit 1110 003, aufgenommen im Sommer 1994 bei Berg-Grießen.
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ABB.: KLAUS ECKERT
VON HANS DIETER ANDREAS
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Schon passé ist das ÖBB-Kapitel 1043. Alle neun noch betriebsfähigen Loks wurden im Herbst 2001 ausgemustert und nach Schweden verkauft. Am 5. September 1991 leistet hier 1043 008 Nachschubdienste für den EC „Blauer Enzian“, aufgenommen auf der Tauern-Südrampe.
Im Sommer 2002 wird der 1040-Einsatz enden. Mit dem Sammler Bruck a. d. Mur–Niklasdorf ist hier 1040 013 im September 2000 unterwegs.
DIE BESTELLUNGEN VON 400 LOKS der Reihen (Baujahr 1971) erwischt. Wie in EJ 3/02 bereits 5. August 1998 von den Hebeböcken in Villach 1016/1116 (Taurus) hatte zunächst keine nachkurz berichtet, waren die an die schwedische stürzte, war man fast froh, denn nun hatte man haltigen Folgen für den bisherigen Ellok-BePrivatbahn Tagakeviet i Bergslagen AB vereinen Ersatzteilspender für die übrigen Maschistand in Österreich. Schließlich wollten die ÖBB kauften 1043 001 bis 004 und 006 bis 010 schon nen. Ende 2000 war dann klar, dass die 1043 als bei den neuen Maschinen zunächst alle Kinderam 31. Oktober 2001 aus dem Betriebsdienst erste Nachkriegs-Elloks aus dem ÖBB-Bestand krankheiten beseitigen und erst dann langsam genommen und nach der Ausmusterung einausscheiden werden. mit der Ausmusterung der alten Ellok-Typen schließlich der vorhandenen Austauschteile nach beginnen. Die großen Hauptuntersuchungen Skandinavien überführt worden. NACH DER 1043-AUSMUSTERUNG wird es aber schon bald zum Abschied von „echten“ ÖBBhatte man bei den ab 1950 gebauten Reihen Ein universeller Einsatz war bei den 1043 eiVeteranen kommen, nämlich von der Reihe freilich schon eingestellt. Eine unmittelbare bzw. gentlich von Anfang an nicht gegeben. Der 1040 (erstes Baujahr 1950). Die 1040 war eimittelfristige Ausmusterung stand und steht für Loktyp wurde damals als modernes Beispiel gentlich ein modernisierter Nachbau des Vorfolgende Baureihen bevor: 1040, 1041, 1141, einer Thyristor-Anschnitt-Steuerung bei ASEA kriegstyps 1245, sodass seinerzeit sogar vorge1046 (4061), 1010, 1110 und 1110.5. in Schweden beschafft. Die Verantwortlichen sehen war, sie E 45.3 bzw. 1170.300 zu nennen. Bis auf 1010, 1110 und 1110.5 sind die Loks nur waren sich damals bewusst, dass die möglichen Die elektrische Ausrüstung war leistungsfähimit geringer Leistung ausgestattet und vor alRückwirkungen auf das Signal-, Fernmeldeger als die der 1245 (siehe Tabelle Seite 34). Auf lem im mechanischen Teil sehr unterhaltungsund Sicherungswesen einen Extra-Aufwand mit Grund der Schweißkonstruktion war die 1040 aufwändig. Auch der elektrische Teil verlangt sich bringen wird. Nur die Strecken Salzburg– nach teilweise über 50 (!) Betriebsjahren nach verLS ERSTE LTGEDIENTE TRAF ES DIE RELATIV MODERNE EIHE stärkter Unterhaltung. Zur um 3 t leichter. Die Drehgestelle tragen wie bei geringen Leistung kommen noch die für heutige Villach–Jesenice und Klagenfurt–Villach–Tarder 1245 (bzw. der E 44 von Bundes- und Verhältnisse jeweils recht geringen Höchstgevisio waren für einen dauerhaften schweren Reichsbahn) Zug- und Stoßvorrichtungen. schwindigkeiten zwischen 80 und 130 km/h, die Zugbetrieb ausgerüstet worden. Die zehn Loks Der Lieferbestand von 16 Maschinen war bis einen universellen Lokeinsatz nicht zulassen. der Reihe 1043 waren dementsprechend auch in 1. Januar 2001 durch Ausmusterung von SchadAls erste Altgediente hat es nun zum 1. DezemVillach beheimatet, seit einigen Jahren aber loks auf elf heruntergefahren. Die Loks waren ber 2001 die relativ „moderne“ Reihe 1043 immer seltener im Einsatz. Als die 1043 005 am
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bis Ende 2001 noch hauptsächlich im Nahgüterverkehr (bei den ÖBB heißen diese Züge Sammler) von Selzthal aus im Einsatz. Am 7. Januar 2002 trat der wohl letzte, nur mehr vier Tage umfassende Umlaufplan in Kraft. Nach der zum 1. Dezember 2001 bereits vollzogenen Ausmusterung von 1040 003, 006 und 013 stehen hierfür noch sechs Loks zur Verfügung. Ersetzt werden sollen die 1040 durch die Reihe 1063. Die 1040.01 soll mit grünem Anstrich als historische Lok erhalten bleiben. Aus der 1040 wurden jeweils mit erneuter Leistungssteigerung die 1041 (Baujahr 1952) und die 1141 (Baujahr 1955) ebenfalls als Bo’Bo’Lok entwickelt. Nur war jetzt die Zug- und Stoßeinrichtung am Lokkasten. Hatte die 1041 – wie die 1040 – noch eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h, die aber zur Antriebsschonung bei beiden Baureihen auf 80 km/h heruntergesetzt war, so verfügte die 1141 über einen SSW-Gummiringfederantrieb und war für Tempo 110 km/h zugelassen worden. Von den 1041 wurden später einige Loks in 1041.2 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h umgebaut. Eigentlich wollte man ja alle Maschinen umbauen, wegen der hohen Kosten und der näher rückenden Abstellung kam man von dem Plan wieder ab. Umgebaut wurden nur 1041 002 in 1041 202, 004 in 204, 019 in 219 und 022 in 222 (die 1041 219 wurde zum 1. Januar 2001 ausgemustert). Mitte 1983 waren von den 1041 noch alle 25 Loks und von der 1141 alle 30 Maschinen im Einsatz. Anfang 2001 waren es noch 17 der Reihen 1041/1041.2 und noch 27 der Reihe 1141. EINE BESONDERHEIT stellt die Reihe 1046 dar, die 1957 als Bo’Bo’-Gepäcktriebwagen der Reihe 4061 entstand und mit leichten Schnellzügen in einem geplanten Städteschnellverkehr zum Einsatz kommen sollte. Diese Art von Städteschnellverkehr wurde schließlich vom ET 4010 wahrgenommen. Die 4061 wurden zunächst tat-
sächlich im Schnellzugdienst (unter anderem bis nach München!) eingesetzt, aber dieser Dienst verlangte bald nach leistungsfähigen Elloks. Im Eilzug- und Regionalzugdienst – ab und an auch im leichten Güterzugdienst – wurden die 4061 weiter eingesetzt, vom Gepäckabteil wurde aber praktisch fast kein Gebrauch gemacht. Im Jahr 1976 wurden die 4061 dann einfach in die EllokReihe 1046 umgezeichnet. Anfang der 80er Jahre sollten alle 1046 eine Grundüberholung bekommen. 1046.25 erhielt 1981 in den Gepäckraum eine Drehstrom-Versuchsausrüstung, mit der ein Drehgestell betrieben wurde, und war damit die erste ÖBB-Drehstromlok. 1986 wurden die 1046.03 und 17 komplett in Zweifrequenz-Drehstromloks für 16,7 Hz/15 kV und 50 Hz/25 kV umgebaut und als 1146 001 und 1146 002 bezeichnet. Es wurden mit ihnen zwar wichtige Erkenntnisse gewonnen, aber die Loks blieben schadanfällig und unbeliebt. Sie wurden schließlich am 1. Dezember 1998 ausgemustert. Bei den 1046 war die Grundüberholung als zu teures Unterfangen auch abgebrochen worden. Wenn auch 1983 noch alle 24 Loks vorhanden waren, so setzte doch ab 1990, als noch 19 Maschinen vorhanden waren, eine nachhaltige Ausmusterung ein, sodass es Anfang 2001 nur noch elf Stück dieser Reihe gab. IN DEN JAHREN 1955/56 waren für den Betrieb auf Gebirgsstrecken und den schweren Zugdienst die Reihen 1010 als Schnellzuglok (20 Stück mit einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h) sowie 1110 als Schnell- und Güterzuglok (30 Stück mit einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h) geliefert worden, beide Typen mit der Achsanordnung Co’Co’. Von der 1110 wurden 1971 im Rahmen einer Grundüberholung zehn Loks nachträglich mit E- Bremse ausgerüstet und als 1110.5 bezeichnet. Der Umbau erschien aber zu teuer und wurde nicht weitergeführt. Ende der 80er Jahre wurde ein
erneuter Umbau, diesmal von beiden Typen, angestrebt. Man wollte unter anderem neue geräumigere Führerstände mit besserer Abdichtung gegen Zugluft. Insgesamt wurden bis Dezember 1997 17 Loks der Reihen 1010 und 1110/1110.5 in zwei Varianten umgebaut. Das Projekt wurde letztlich abgebrochen, als sich abzeichnete, dass die Loks wohl doch nicht mehr allzu lange benötigt werden. Während die 1010 schon seit langer Zeit nur noch selten im Personenzugdienst tätig ist, sind beide Reihen noch immer im schweren Güterverkehr – auch nach Deutschland bis Nürnberg, Ingolstadt und München – eingesetzt. Unfallbedingt sind bei den 1010 und 1110 schon je zwei Loks ausgemustert worden. Eine 1110 ist schon vor 1990 ausgeschieden. Bei der 1110.5 sind noch alle zehn Loks im Einsatz. DIE VETERANEN-REIHEN 1041, 1041.2, 1141 und 1046 sollen weitgehend durch die Reihe 1142 ersetzt werden. Die Reihe 1044 wird 1142 freisetzen, wobei sie ihrerseits durch die TauriReihen 1016 und 1116 verdrängt werden. Die 1010 und 1110/1110.5 werden durch 1044 bzw. 1016 und 1116 ersetzt. Da die Kosten für die Wiederherstellung bei der in Leichtbau gefertigten 1044 recht hoch sind, erhielten zwar einige verunfallte Loks einen Neubau-Kasten, es wurden aber auch bereits sieben (!) Loks ausgemustert. 1044-Ausmusterungen können sich natürlich positiv auf den Weiterbetrieb von 1010 und 1110/1110.5 auswirken. Die Zukunft dürfte also vorerst den Reihen 1042.0 (von 60 Loks noch 59 vorhanden), 1042.5 (von 20 Lok noch 19 vorhanden) 1142, 1044, 1044.2, 1016 und 1116 gehören, wobei mittelfristig auch die 1042.0 ausscheiden werden. Auch die modernen Reihen 1014 (18 Loks, Baujahr 1993), 1012 (drei Loks, Baujahr 1997) und 1822 (fünf Loks, Baujahr 1993) werden ob ihrer Störanfälligkeit wohl schon in einigen Jahren vorzeitig ausgemustert. 1
Baureihe
1040
1041
1141
1043
1046
1010
1110/1110.53)
1044
1016/11165)
1.Baujahr Achsfolge Vmax.km/h Dauerleistung/kw Fahrmotoren Treibradd./mm LüP (mm) Dienstgewicht/t Achslast/t Antrieb
1950 BoBo 901) 2290 4 1350 12920 80 20 Secheron Federtopf 21 15 kV/16,7 Hz
1952 BoBo 90/1101)2) 2290 4 1350 15320 83 20.8 Federtopf
1971 BoBo 135 3600 4 1300 15520 82 20,5 ASEA Hohlwellen 99; 9 15 kV/16,7 Hz
1956 BoBo 125 1600 4 1040 16170 67 16,8 Secheron Lamellen 19 15 kV/16,7 Hz
1955 CoCo 130 3880 6 1300 17860 107/110* 18,2 Brown-Boveri Feder 28 15 kV/16,7 Hz
1956/1971 CoCo 110 3880 6 1300 17860 107/110/114/118* 18,2/18,7 Brown-BoveriFeder 28 15 kV/16,7 Hz
1974 BoBo 160 5400 4 1250 16000 84 21 Brown-Boveri Federscheib. 99; 9 15 kV/16,7 Hz
2000 BoBo 230 6400 4 1250 19280 85 21,25 Drehstrom
21 15 kV/16,7 Hz
1956 BoBo 110 2400 4 1300 15260 80 20 SSW Gummir. Feder 21 15 kV/16,7 Hz
ja 25 17
nein 30 27
ja 10 9
ja 25 11
nein 20 18
nein/ja 30 17/10
ja 217 2104)
Fahrstufen Stromsysteme
Elektr.Bremse ja6) Anzahl 16 Bestand 1.1.2001 11
Anmerkungen: 1) wurde zur Antriebsschonung auf 80 km/h herabgesetzt 2) vier Loks wurden zur 1041.2 mit 110 km/h umgebaut 3) 1110.5 mit nachträglich eingebauter E-Bremse in 1110.0; * niedriger Wert = mit Zugstange, hoher Wert = mit tief liefenden Drehzapfen 4) 1044 001, 002, 022, 038, 047, 051 und 076 wurden nach schweren Unfällen ausgemustert 5) Von der Einsystem-1016 wurden nur 50 Loks beschafft, die bis zum Juli 2001 ausgeliefert waren Die Zweisystem-1116 (16,7 Hz/15 kV+50 Hz/25 kV) wird 350 Stück umfassen; bis August 2001 waren 4 Loks ausgeliefert 6) bereits ausgebaut
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99; 9 15 kV/16,7 Hz 25 kV/50 Hz ja 4005) 23
ABB.: WOLFGANG GOY, WOLFGANG SCHERÜBL, KLAUS ECKERT
ZUR AUSMUSTERUNG ANSTEHENDE ELLOK-REIHEN DER ÖBB IM VERGLEICH ZU 1044 UND 1016/1116
Veteranen, die in Bälde weitgehend durch 1142 ersetzt werden, sind die Reihen 1041 und 1141, beides leistungsgesteigerte Weiterentwicklungen der 1040. Im Ennstal am Gesäuse-Eingang ist 1141 013 unterwegs (Juli 1995), bei Bischofshofen 1041 006, jeweils mit Regionalzügen.
NOCH HALTEN SICH DIE REIHEN 1010 UND 1110 AUCH IM SCHWEREN GÜTERVERKEHR, DOCH 1044 UND 1016/116 STEHEN ALS ABLÖSUNG IN DEN STARTLÖCHERN Einen Güterzug von Hall i. Tirol nach Salzburg hat hier 1010 002 im August 1991 zu befördern – Aufnahme bei Fieberbrunn.
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Im KREKA-Depot Bukinje warten 62 368 und 33 064 unter Dampf auf neue Einsätze.
GEHEIMTIPP
FÜR
HARTGESOTTENE:
DAMPFRESERVATE IN BOSNIEN Alltags-Dampf in Europa heute? Außer der polnischen Dampf-Oase Wolsztyn und den deutschen Schmalspurbahnen zwischen Ostsee und Erzgebirge fällt einem auf Anhieb hierzu nichts mehr ein. Aber da ist doch noch etwas: Vorwiegend bei Kohlezechen in der nordostbosnischen Region Tuzla hat sich die Dampftraktion bis heute gehalten – fast unbeachtet und abseits jeglicher touristischen Vermarktung. Ein aktueller Situationsbericht VON
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RICHARD NEUN
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ZWAR
BOSNIEN-HERZEDampflokeinsätze bei der Staatsbahn – heute ZBH – längst Vergangenheit, doch bei mehreren Industriebetrieben werden noch verschiedene Dampfloks regulär eingesetzt, vor allem rund um Tuzla im Nordosten des Landes. Allerdings sollte man schon etwas Geduld mitbringen, denn sehr umfangreich ist das Einsatzvolumen der Dampftraktion nicht unbedingt. Immerhin finden sich auch bei den Werkbahnen mehrere ehemalige StaatsbahnBaureihen – von deutschen Kriegsloks der Baureihe 52 (im ehemaligen Jugoslawien als Reihe 33 bezeichnet) bis hin zu Schmalspur-Schlepptenderloks der Reihe 83. Am häufigsten anzutreffen sind aber die Tenderloks der Reihe 62, ein jugoslawischer Nachbau eines US-Dreikupplers aus dem Zweiten Weltkrieg (siehe Kasten Seite 36). Gleich bei vier ihrer Zechen setzt das Unternehmen KREKA Tuzla Coal Mines noch Dampflokomotiven für den Rangierdienst und für Übergaben zur Staatsbahn ein. Wenn man diese Zechen besuchen will, braucht man SIND AUCH IN
GOWINA
eine Genehmigung der Hauptverwaltung, die sich in Tuzla in der Mije Keresovica 1 befindet. Dort ließ man sich im vergangenen Jahr das nicht mehr ganz unbekannte Ansinnen der Globetrotter in Sachen Dampf mit 100 Mark (ca. 50 Euro) bezahlen. Die Genehmigung gilt dann aber auch für alle vier nachfolgend beschriebenen KREKA-Standorte. Da ist zunächst am westlichen Stadtrand Tuzlas, ca. zwei Kilometer nördlich des großen Kraftwerks, die Zeche Bukinje, zugleich auch die Hauptwerkstatt für alle KREKAWerkbahnen. Im Februar 2001 besorgte hier 62 368 die leider nur sehr sporadisch verkehrenden Übergaben zum und vom genannten Kraftwerk sowie den Rangierdienst im Zechengelände, rund um die fotogene Verladeanlage. Unter Dampf war hier ferner mit 33 064 eine deutsche Kriegslok. Beide Maschinen machten einen gepflegten Eindruck. Weitere Loks dieser Reihen befanden sich, zum Teil in Hauptuntersuchung, im Lokschuppen. Ca. 15 Kilometer südöstlich Tuzlas findet sich die Zeche Dubrave.
Rangierbahnhof und Verladeanlage sind hier recht modern. Den Rangierdienst versah Mitte Februar 33 248. Bisher war hier allerdings meist vom Einsatz einer 62er berichtet worden. 15 Kilometer nordwestlich von Tuzla liegt nahe der Ortschaft Dobrnja die KREKA-Grube Mramor. Hier traf ich auf die aktive 62 376, die auch die Übergaben zum Staatsbahnhof besorgt. Das Ambiente hier ist wesentlich weniger steril als in Dubrave oder auch in Sikulje, dem vierten und letzten KREKA-Standort mit Dampfbetrieb. Die sehr moderne Zeche Sikulje befindet sich ca. zwei bis drei Kilometer westlich von Lukavac an der Bahnlinie von Tuzla nach Doboj. Dennoch lohnt hier ein Besuch angesichts der nach meinen Erfahrungen im allgemeinen vormittags gegen 10 Uhr zu beobachtenden Übergaben zum Bahnhof Lukavac. Hier ließ sich 33 236 nicht nur auf der
Strecke, sondern auch mit altösterreichischen Formsignalen ablichten. Lukavac kann im Übrigen mit einer zweiten aktiven Dampflok aufwarten, die allerdings nicht zum KREKA-Konzern, sondern zur örtlichen Sodafabrik gehört: 62 644 ist hier ebenfalls nicht nur für den internen Werkverschub, sondern auch für die Überstellung von Zügen zum ZBH-Bahnhof Lukavac zuständig. Bleiben wir noch ein wenig in der Region. Etwa 30 Kilometer südwestlich von Tuzla liegt die Kleinstadt Banovici. Hier gibt es eine weitere
Vor der Kulisse der Verladeanlage der Zeche Bukinje rangiert 62 368 mit Kohle beladene Wagen.
KREKA-Lok 62 376 wartet unter Dampf auf Rangiereinsätze bei der Zeche Mramor.
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STICHWORT:
Kohlenzeche, die allerdings vor einigen Jahren aus dem KREKAKonzern ausgeschieden ist. Im Zechengelände selbst, wo man auch unentgeltlich eine Fotogenehmigung erhält, befindet sich die hiesige Hauptwerkstatt. Das aktive Dampfgeschehen findet dagegen gut zwei Kilometer weiter westlich in Oskova an der Verladeanlage statt. Das Besondere hier: Dampfbetrieb auf zwei Spurweiten. Auf der oberhalb gelegenen Schmalspurbahn werden die Züge auf 760-mm-Gleisen von der Zeche leider schon mit Dieselloks zur Verladeanlage gebracht. Hier besorgten bislang Dampfloks den Verschub: vorwiegend tschechische Dreikuppler aus den späten vierziger Jahren, gelegentlich aber auch eine Schlepptenderlok der Reihe 83. Bei meinem Besuch in Februar 2001 versah allerdings auch den Verschubdienst bereits eine kleine Diesellok. Immerhin stand eine 83er als Reserve unter Dampf. Im etwas tiefer gelegenen Normalspurbahnhof ist der Verschub dagegen noch voll in der Hand von König Dampf. Eine 62er und ein als Reihe 19 eingeordneter SkodaDreikuppler teilen sich hier abwechselnd die Rangieraufgaben. Ein
BOSNIENHERZEGOWINA
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Ein Einzelgänger ist die Skoda-Lok 19 12 – hier beim Rangieren im Normalspurbahnhof von Banovici.
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Das Land ist durch den knapp vierjährigen Bürgerkrieg der Jahre 1992 bis 1995, den 200 000 Menschen mit ihrem Leben bezahlen mussten, in seiner Entwicklung drastisch zurückgeworfen worden. Wirtschaftskraft und Durchschnittseinkommen liegen heute nur noch etwa auf einem Drittel des Vorkriegsniveaus. Das Land verfügt über bedeutende Standorte der Schwerindustrie, die allerdings durch den Krieg erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es fehlt aber an einer leistungsfähigen verarbeitenden Industrie. Die Wirtschaftsbeziehungen, wie sie früher bestanden, wurden durch die neuen Grenzziehungen unterbrochen oder zumindest massiv beeinträchtigt. In weiten Teilen des Landes trifft man auf zerstörte und bis heute verlassene Dörfer. Das gilt insbesondere auch für die „Republika Srpska“, den überwiegend von Serben bewohnten Landesteil Bosnien-Herzegowinas, den man auf dem Weg von Kroatien in die Region Tuzla durchquert. Schwer gelitten hat durch den Krieg natürlich auch das Eisenbahnnetz. Trotz dieser düsteren Umstände ist eine Reise nach Bosnien heute nicht als gefährlich einzustufen. Die Präsenz der SFORTruppen trägt sicherlich zur relativen Stabilität der Lage bei. Gerade in den muslimischen Landesteilen, also auch in der Region Tuzla, trifft man eher auf Gastfreundschaft als auf Vorbehalte. RN
Besuch in Banovici bietet sich aus fotografischer Sicht mit Blick auf den Sonnenstand nachmittags an. Der Vollständigkeit halber seien noch zwei weiter im Süden Bosniens gelegene Einsatzorte von Dampflokomotiven genannt: Da ist zum einen das Bergwerk Kakanj im Bosna-Tal zwischen Sarajevo und Zenica. Auch hier wird der Betrieb mit einer 62er abgewickelt. Im Lokschuppen der Zeche findet sich im Übrigen sogar noch eine Original-62er aus den USA. Ob sie auch noch zum Einsatz kommt, konnte nicht abschließend geklärt werden. Eindrucksvoll in Kakanj sind die alten Werksanlagen und die Übergaben zum Staatsbahnhof. Dazu wird die Bosna überquert und die Stadt durchfahren. Schließlich verfügt auch das Braunkohlebergwerk Breza, knapp 30 Kilometer vor den Toren Sarajevos, über zwei in Slavonski Brod gebaute 62er. Die spannende Frage ist natürlich: Wie geht es weiter mit dem Dampfbetrieb? Das ewige Leben werden die Loks natürlich auch in Bosnien nicht haben. Aber kurzfristig könnten Zechenschließungen den Dampfrössern vielleicht sogar gefährlicher werden als Diesellokomotiven.
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Jedenfalls soll die Wirtschaftlichkeit der Zechen untersucht und daraus Konsequenzen für jeden einzelnen Standort gezogen werden. Kaum eine der Zechen arbeitet auch nur annähernd an ihrer Kapazitätsgrenze. Viele Gruben kommen gerade einmal auf 20 bis 30% ihrer denkbaren Auslastung. Das ist auch der Grund, weshalb viele der Loks die längste Zeit des Tages stehend vor sich hin schmauchen und sich mit wenigen Rangierbewegungen nicht gerade überanstrengen. Dennoch: Regulärer Dampfbetrieb nach der Jahrtausendwende rechtfertigt für hartgesottene DampfEnthusiasten allemal eine Reise nach Bosnien. 1
Eingesetzte Dampfloks in Nordostbosnien Normalspur: Reihe 33 1E h2 (Ex-DR-Baureihe 52) Reihe 62 C n2t (Nachbau einer USTenderlok, Duro Dakovic 1955-1960) Reihe 19 C n2t (Skoda, um 1950) Schmalspur (760 mm): Reihe 25 C n2t (CKD, 1949) Reihe 83 D1h2 (Duro Dakovic 19481949)
Eine Ex-52er der DR ist 33 236 – hier in der KREKA-Zeche Sikulje westlich von Lukavac an der Strecke Tuzla–Doboj.
83 158 ist eine der letzten „Überlebenden“ der Nachbauserie einer bosnischen Klassikerin, aufgenommen im Betriebsteil Oskova der Zeche Banovici.
REGIONALFAKTOREN TREIBEN PREISE HOCH Um heruntergewirtschaftete Strecken sanieren zu können, fügt die DB Netz AG dem Trassenpreissystem neue Kriterien hinzu. Sie richten sich nach dem Streckenzustand und sollen nur für den Schienenpersonennahverkehr gelten. DERZEIT BASIEREN die Trassenpreise auf dem im April 2001 eingeführten System „TPS 01“, das nach Streckenkategorien und Leitgeschwindigkeiten differenziert. Schon jetzt kostet der Zugkilometer auf Strecken mit nur 50 km/h Leitgeschwindigkeit relativ viel, nämlich 2,20 Euro, und für vertaktete Reisezüge erhöht sich der Grundpreis noch um Taktfaktoren. Nun kommen auf die SPNV-Besteller weitere Kosten zu. Ab 1. Januar 2003 werden die Trassenentgelte auf 43 Regionalnetzen um Regionalfaktoren multipliziert. Im Mittel beträgt der Faktor 1,3, die Spanne reicht von 1,1 bis 2,45. Die höchsten Werte gelten für Strecken bzw. Netze mit besonders hohem Sanierungsbedarf (siehe auch Editorial). Karten der DB Netz AG zufolge befinden sich 20 der mit Regionalfaktoren belegten Netze auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, zugeordnet den Regionen Ost und Südost. Außerdem werden für die beiden im DB-Konzern verbliebenen Schmalspurbahnen Trassenpreiszuschläge erhoben. Hier eine Gesamtübersicht:
Südthüringen-Netz 1,34 Thüringer-Becken-Netz 1,41 Ostharz-Netz 1,60 Vogtland-Netz 1,60 Elster-Holzland-Netz 1,69 Altmark-Netz 1,72 Ostsachsen-Netz 1,72 Mittelelbe-Netz 1,75 Burgenland-Netz 1,78 Mittelsachsen-Netz 1,91 Sächsische Schmalspurbahnen 2,37 Erzgebirgsbahn 2,45 Unter den Begriff „Erzgebirgsbahn“ fällt beispielsweise die Strecke Flöha–Bärenstein mit dem aus technischen Gründen stillgelegten Abschnitt südlich von Wolkenstein. Hier wäre ab Januar 2003 fast das zweieinhalbfache Trassenentgelt fällig. Als sehr kostenintensiv sind auch die Schmalspurbahnen Freital Hainsberg–Kurort Kipsdorf und Radebeul Ost–Radeburg eingestuft.
Region Nord: Nord-Ostsee-Netz Weserbergland-Netz Elbe-Weser-Heide-Netz Oldenburger Netz Ostniedersachsen-Netz
Region West: Lipperland-Senne-Netz 1,12 Eifel-Netz 1,13 Münsterland-Netz 1,16 Bergisch-Märkisches Netz 1,40 Im Eifelnetz ist u.a. der Hauptstreckenabschnitt Euskirchen–Ehrang enthalten, aber auch das bis Höddelbusch noch vorhandene Reststück der aus dem Kursbuch längst verschwundenen Nebenstrecke Kall–Hellenthal.
Faktor 1,10 1,14 1,28 1,46 1,61
Region Ost: Nordwestmecklenburg-Netz 1,14 Prignitz-Netz 1,15 Ostmecklenburg-VorpommernNetz 1,16 Templiner Netz 1,28 Westbrandenburg-Netz 1,35 Oder-Spree-Netz 1,63 Lausitz-Netz 1,75 Südmecklenburg-Netz 2,37 Zum hier mit dem höchsten Faktor belegten Südmecklenburg-Netz gehören u.a. die nicht mehr von Reisezügen bedienten Strecken Neustrelitz Süd–Feldberg und Ganzlin–Röbel. Interessenten an der Wiederaufnahme des Personenverkehrs müssten also extrem hohe Trassenpreise entrichten. Region Südost: Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn
1,10
Region Mitte: Rhein-Mosel-Netz Wetterau-Netz Odenwald-Netz Kurhessenbahn Westerwald-Netz Spessart-Untermain-Netz
1,11 1,21 1,28 1,30 1,30 1,42
Region Süd: Allgäu-Schwaben-Netz 1,10 Bayerwald-Netz 1,10 Mittelfränkisches Netz 1,10 Oberpfälzisches Netz 1,10 Rhön-Coburg-FichtelgebirgsNetz 1,15 Bayerische Oberlandstrecken 1,17 SüdOstBayernbahn 1,31 Südbayern-Karwendel-Netz 1,44 Das Oberpfälzische Netz umfasst u.a. die Hauptstrecke Marktredwitz– Regensburg und die zur Reaktivierung vorgesehene Nebenstrecke Bayreuth–Warmensteinach. Zum Südbayern-Karwendel-Netz gehört auch die wieder zu elektrifizierende
Außerfernbahn im Abschnitt Garmisch–Griesen. Region Südwest: Auffälligerweise sind Regionalfaktoren hier nur wenigen Strecken in Netzen angrenzender Regionen (Odenwald-Netz, Spessart-Untermain-Netz, Allgäu-Schwaben-Netz) zugeordnet. Laut DB Netz AG sollen die Regionalfaktoren bis zur nächsten Revision des Regionalisierungsgesetzes im Jahr 2006 konstant bleiben. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten sie aber schon vorher sinken, zum Beispiel wenn ein Land selbst in die Infrastruktur investiert oder mehr Zugkilometer bestellt. Zugkilometer „en gros“ kann am ehesten die DB Regio AG erbringen, ergo ködert sie die Länder mit Preisnachlässen dazu, langfristige Pauschalverträge abzuschließen. Mit dem Land Thüringen hat die Deutsche Bahn AG bereits einen nicht unumstrittenen Zehn-JahresVertrag geschlossen, der ihrer Nahverkehrssparte jährlich mindestens 16,5 Millionen Zugkilometer sichert (siehe EJ 5/2002). Ebenfalls einen Pauschalvertrag mit der DB AG handelte SachsenAnhalts Verkehrsminister Jürgen Heyer aus, allerdings hat „Mehr Bahnen!“, die Vereinigung für Wettbewerb im Schienenverkehr, gegen Heyer Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil des Landeshaushalts erstattet. Nach Auffassung von „Mehr Bahnen!“ dürfen solche Verträge erst nach öffentlichen Ausschreibungen geschlossen werden.
Kritik wegen hoher Finanz-Belastung Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat die Belastung der SPNV-Besteller durch Regionalfaktoren kritisiert. Stattdessen solle die Infrastruktur regionalisiert werden, entsprechende Finanzausstattung der Länder durch den Bund vorausgesetzt. Dafür plädiert auch der von der DB Netz AG besonders heftig zur Kasse gebetene Freistaat Sachsen. Er möchte die Regionalnetze vom Bund pachten. KONRAD KOSCHINSKI
GROSSES FESTIVAL DER EISENBAHN EIN GANZES WOCHENENDE bietet das DB Museum vom 14. bis 16. Juni 2002 im Bahnbetriebswerk Gostenhof in Nürnberg ein vielseitiges Programm rund um die Eisenbahn. Neben etwa 50 Loks aus Deutschland, Österreich, Tschechien, der Slowakei und Ungarn gibt es Kunst, Kultur und Musik zum Thema. Die internationale Fahrzeugschau ist am Freitag, 14. Juni, von 19 bis 23 Uhr zu sehen, am Samstag, 15. Juni, und Sonntag, 16. Juni, bereits von 10 bis 17 Uhr und dann sogar mit Führerstandsmitfahrten auf einigen Dampfloks. Eine Lokparade ist am Freitag um 21 Uhr mit „Kunstloks“ sowie am Samstag und Sonntag gegen 14 Uhr vorgesehen. Am Freitag zu nächtlicher Stunde sowie am Samstag und Sonntag von 11 bis 12 Uhr steht jeweils eine „Modenschau der Lokomotiven auf der Drehscheibe“ auf dem Programm – am ersten Abend mit Fotoshooting der 18 201 bei Beleuchtung. Folgende Loks sind für Fahrzeugschau und Lokparade angesagt: Dampflokomotiven Adler-Nachbau, Saxonia, 01 150, 01 164, 18 201, 18 478, 23 105, 23 1097, 41 1185, 41 360, 50 3648, 50 622, 52 8195, 52 7409, 64 491, 86 457, 89 6009, 475 111 und 043 aus Tschechien, 310 23 und DT 1 07 aus Österreich, 424 247 aus Ungarn, 498 104 aus der Slowakei. Diesellokomotiven 360 150, V 80 002, V 180 370, V 200 002, V 240 001, M 61 001 aus Ungarn. Elektrolokomotiven E 04 11, E 251 12, E 10 002, E 11 001, E 18 31, E 42 151, E 41 001, E 44 119, 184 003, E 94 280, E 03 001, E 75 09, E 71 19. Insgesamt verkehren sechs Sonderzüge zum Festival nach Nürnberg. Eine Tageskarte für die Veranstaltung (inklusive Benutzung aller Verkehrsmittel innerhalb des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg VGN am Geltungstag) kostet 8 Euro für Erwachsene und 4 Euro für Kinder. Daneben gibt es Familien- und Gruppentickets sowie Tribünenkarten. Vorverkauf und weitere Infos: Telefon 0 18 04 / 44 22 33 oder Internet www.dbmuseum.de.
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Bahn-Notizen
Nach kompletter Auslieferung aller 25 Loks ist für die Baureihe 182 ein erweiterter Umlauf in Kraft getreten. Am 7. April 2002 ist hier bei Kreiensen 182 017 mit TCC 42 974 (Passau–Maschen) unterwegs.
TAURISSIMO Er ist gegenwärtig ohne Zweifel der Star unter den Elloks, der Typ Taurus. Nach den Loks für ÖBB, Privatbahnen und – als Baureihe 182 – für die DB AG rollen nun die Stiere für Ungarn sowie weitere Maschinen für Private, vorwiegend im Design von Siemens-Dispolok, an. NACH DEN OSTERTAGEN 2002 trat für die mittlerweile komplett ausgelieferte Baureihe 182 ein nunmehr erheblich ausgeweiteter Umlaufplan in Kraft. Die Loks werden nun endlich auf den ihnen zugedachten Routen nach Österreich, für die sie eigentlich gebaut worden waren, eingesetzt und erreichen jetzt mit Langläufen den Brenner ebenso wie Ebenfurth an der ungarischen Grenze. Im Bereich Nürnberg–München– Österreich ist nun des öfteren ein direkter Vergleich des Designs der deutschen und österreichischen Taurus-Bauarten möglich. Einige der im bisherigen Umlaufplan enthaltenen Leistungen sind dagegen wieder entfallen und an andere Baureihen übergegangen. Auch der KLV-Zug 42833 mit Wechselbrücken der Speditionen „Lauritzen“ und „LKW-Walter“ und der Vinylchlorid-Druckgaskesselwagen-Ganzzug durchs Altmühltal werden nun nicht mehr mit den DB AG-„Tauri“ bespannt.
Weitere ES 64 U2 für Lokomotion Bereits 2001 startete das Unternehmen „Lokomotion“ ihren ersten privaten Güterzugeinsatz zwischen Deutschland und Italien
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Mit dem KLV-Zug 42833 von Maschen nach München Ost Rbf wurde 182 024 am 16. März 2002 bei der Durchfahrt in MünchenAllach aufgenommen, die „Gegenüberstellung“ von 182 011 und 1016 046 der ÖBB – nach dem Motto: Welcher Stier ist schöner? – gelang am 6. April an der Einfahrt zum Bh München Nord Rbf.
über die Brennerstrecke (siehe hierzu auch EJ 12/01 und 1/02. Zum Einsatz kommen dort seither vor Containerganzzügen die Siemens-Dispoloks ES 64 U2-001 und 002 (zusätzlich als Reihe 1116.7 bezeichnet), in Österreich von Schubloks der ÖBB unterstützt – im Regelfall setzt sich in Kufstein eine Innsbrucker 1042.0 ans Zugende. Bei einer Tour am 9. März 2002 zierte die ES 64 U2-002 auf der Front zusätzlich zu den SiemensAnschriften ein DB AG-Logo. Auch wenn es sich dabei nur um einen „Jux“ handeln sollte (die Maschine war während eines Streiks in Italien längere Zeit in München abgestellt …) – gar nicht so weit gefehlt, denn DB Cargo stellt immerhin das Personal für diese Leistungen.
München, Dingolfing und Regensburg nach Bremerhaven. Die Rede ist von bis zu sieben Lokomotiven in dieser Ausführung, die vor den grün-gelben Autotransportwagen der Firma Altmann eingesetzt werden sollen – zusammen mit der 145-CL 031 von NetLog. Derzeit sind bereits die ES 64 U2-006 bis 009 und 011 für NetLog/Altmann ausgeliefert. Da NetLog ebenfalls Betreiber des boxXpress.de-Containerzugsystems ist, kommt es nicht selten zu einer Vermischung der Einsatzpläne, sodass boxXpress-Lokomotiven in Altmann-Diensten vor den BMW-Zügen und TX-LogisticsMaschinen im Containerzugeinsatz angetroffen werden können.
NUN WEITET LOKOMOTION sein Engagement auf der Brennerlinie aus und befördert künftig Kfz-Neuwagenzüge von München südwärts nach Italien und die zugehörigen Leerzüge in Gegenrichtung. Dazu erhielt man aus dem Siemens-Lokpool die am 28. März 2002 abgenommene ES 64 U2-013, die auf den Seitenwänden das Logo der an Lokomotion beteiligten Firma „Kombiverkehr“ trägt. Im Gegensatz zu den BMWVerkehren von NetLog werden auf dieser Route die braunen und grauen Wagen der ATG eingesetzt.
Die erste der von der Ungarischen Staatsbahn MAV bestellten Taurus-Loks unternahm am 22. März eine vom Herstellerwerk Siemens/Krauss-Maffei in München-Allach ausgehende Probefahrt. Die 1047 001 hat für Deutschland und Österreich die Zulassung für eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h – im Gegensatz zu den bisher gelieferten deutschen und österreichischen Taurus-Typen.
Anfang April befand sich auch die ES 64 U2-009 in München. Deren Seitenwände tragen die Logos der Betreibergesellschaften „NetLog/ TX Logistics“ und „ARS Altmann“. Vorrangiges Einsatzgebiet ist die Beförderung von BMW-Exportwagen für Übersee von den Herstellerwerken in
Baureihe 1047 – die „Tauri“ für Ungarn
IN ANLEHNUNG an das österreichische Nummernschema werden diese ungarischen Lokomotiven nun als Baureihe 1047 bezeichnet. Zehn dieser Maschinen hat die staatliche Bahn MAV bestellt. Weitere fünf „Tauri“ werden an das österreichisch-ungarische Bahnunternehmen GySEV ausgeliefert. Diese Maschinen werden dann die GySEVHausfarben Gelb und Grün tragen, während die MAV-Loks in deren blau-gelbem Erscheinungsbild antreten. ROBERT FRITSCHE
... ES 64 U2 - 013 (1116 719) für Kombiverkehr/Lokomotion und 1047 001, der erste „Stier“ für die Ungarischen Staatsbahn MAV. Aufnahmen vom 6. April 2002 im Bh München West und vom 22. April in München-Allach.
ABB.: JÜRGEN HÖRSTEL, ROBERT FRITSCHE (6)
Umlauf-Mix bei boxXpress- und BMW-Zügen
Neue „Tauri“: ES 64 U2-009 (1116 709) für TX Logistics/ARS Altmann, ...
Nur „zum Spaß“ mit DBLogo: ES 64 U2-002 und 001 (1116 702 und 701) von Lokomotion mit DFG 46809 München Ost Rbf–Verona QE, aufgenommen am 9. März 2002 bei Oberaudorf. Immerhin stellt DB Cargo das Personal für den Zug ...
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Bahn-Notizen
HYDRAULIKS HOLEN AUF Dass moderne Diesel-Power nicht ausschließlich mit sechs Achsen und dieselelektrischem Antrieb definiert werden muss, zeigt der Vossloh-Typ G 2000. Die dieselhydraulischen Vierachser schicken sich derzeit vermehrt an, eine mögliche Antwort auf Class 66 und Blue Tiger zu geben. G 2000 bei der WEG: Mit dem Containerzug Mannheim Rheinhafen–Neu-Ulm ist V 1001 033 am 2. April 2002 bei Amstetten unterwegs.
Vor einer 232 und einem Wohnwagen der MEG läuft eine G 2000 am 10. April 2002 an der Spitze des Zementzugs Rudersdorf–Rostock.
In Regensburg wartet am 29. März 2002 die G 2000 des belgischen Unternehmens DLC, um einen Containerzug nach Wackersdorf zu bringen.
Den DFG 80322 (HamburgWaltershof– Wackerwerk/ ÖMV) bespannt am 24. März 2002 die DLC-G 2000 im Abschnitt München Laim Rbf–Burghausen, hier aufgenommen bei Schwindegg.
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HEAVY HAULER Anfang April 2002 hat das internationale Unternehmen Heavy Haul Power den Kohlezugverkehr zwischen Hamburg Hansaport und dem Kraftwerk Lahde bei Minden aufgenommen. Zum Einsatz kommen GM-EMD-Loks. MIT ZWEI NEUEN LOKS des Typs JT42CWR von General MotorsElectro Motive Divison (GMEMD) für den internationalen Markt, besser bekannt als Class 66, hat das Unternehmen HHPI mit deutschem Sitz in Erfurt (vgl. EJ 2/02) seine Aktivitäten ausgeweitet. Während bislang mit der ehemaligen DB/Foster Yeoman-Lok Class 59 003 (259 003), dem Vorgängertyp der Class 66, vorwiegend Baustoffzüge im Großraum Berlin transportiert wurden, kommt diese Lok nun zusammen mit einer der beiden neuen 66er, die bei HHPI als 29 001 und 002 bezeichnet sind, vor 1200-t-Steinkohlezügen, die aus belgischen Selbstentladewagen bestehen, zwischen Hamburg und dem Kraftwerk Heyden in Lahde-
ABB.: FRITZ GIEMULLA, CHRISTIAN GEISLER, ROBERT FRITSCHE, MARKUS KARELL, CHRISTIAN FRICKE (2), THOMAS FELDMANN
MIT EINEM LEISTUNGSSPEKTRUM zwischen 2240 und 2500 kW begab sich Vossloh Schienenfahrzeugtechnik (VSFT) bei der Dieselhydraulik auf neues Terrain. Zum Vergleich: Der stärkste bisher in die Baureihe 218 eingebaute Dieselmotor (MTU 12 V 956 TB 11) leistet 2060 kW, wobei durch die Getriebeeingangsleistung maximal 1488 kW auf die Schiene übertragen werden. Dies sind beim Typ G 2000 durch die vorwiegend auf den Einsatz im Güterverkehr ausgerichtete Konzeption deutlich mehr. Während die 218 bei 79,5 t Dienstgewicht eine Anfahrzugkraft von 240 kN aufbringt, schafft die – je nach Ausführung – bis zu 90 t schwere neue Vossloh-Lok im Höchstfall sogar knapp 300 kN, ein für dieselhydraulische Vierachser beachtlicher Wert – wohl aber auch eine Grenzleistung: Mehr erfordert dann doch sechs Achsen. Seine Leistungsfähigkeit stellt der erstmals vor anderthalb Jahren auf der Innotrans in Berlin präsentierte Typ G 2000 nun schon seit fast einem Jahr bei der Ruhrkohle AG (RAG) unter Beweis. Die RAG hat vier der Vossloh-Loks als Nr. 901 bis 904 im Bestand. Ausgiebige Tests in Österreich verliefen ebenfalls positiv. Und nachdem bei den Maschinen aus Kiel auch die bei neuen Lokkonzepten durchaus übliche „Kinderkrankheitsphase“ ausblieb, setzen nun seit einiger Zeit weitere Bahnunternehmen im Leasingkaufverfahren die Vossloh-Kraftpakete ein, die mit ihren schmalen Aufbauten und den seitlich versetzten Endführerständen auch optisch neue Akzente bieten. So hat kürzlich bei der Württembergischen Eisenbahngesellschaft (WEG) eine dort als V 1001 033 bezeichnete G 2000 den „Schwaben-Sprinter“ (MaK-G 1206, vgl. EJ 1/02) vor dem bekannten Containerzug Mannheim Rheinhafen–Kornwestheim–Neu-Ulm abgelöst. Auch von der NordWestBahn (NWB) werden G 2000 unter anderem vor Containerzügen zwischen Seehäfen in Norddeutschland und Zielen in Südbayern eingesetzt. Und schließlich bedient sich seit kurzem auch das belgische EVU (Eisenbahn-Verkehrsunternehmen) „Dillen & Le Jeune Cargo“, kurz DLC, einer G 2000, die unter anderem aus Antwerpen kommende Containerzüge zwischen Regensburg und dem BMW-Werk in Wackersdorf befördert (siehe auch Text rechts). GZ
Bierden bei Minden zum Einsatz. Langfristig wurden für die Zugbildung der mit Steinkohle aus Südafrika beladenen Züge 50 Waggons von SNCB-Cargo angemietet. Diese wurden am 29. März 2002 von 259 003 von Aachen West über Minden nach Hamburg überführt. Der DFG 84100 (Hamburg Hansaport–Kraftwerk Heyden) verlässt die Hansestadt gegen 9 Uhr, fährt über Maschen, Buchholz, Rothenburg, Verden, Nienburg, Lese-Stolzenau nach Minden und erreicht um 15 Uhr das Eon-Kraftwerk Heyden in Lahde-Bierden. Mit den beiden Class 66 von Heavy Haul Power hat sich die Zahl der „Europäer“ von GMEMD weiter erhöht. Wie mehrfach
berichtet (vgl. EJ 4/02), rollen die 2460-kW-Loks (3200 PS) außer bei britischen Bahnen unter anderem bei der Häfen und Güterverkehr Köln AG, beim niederländischen Unternehmen Shortlines und der schwedischen TGOJ-Bahn. Ebenso setzt die belgische DLC vor ihren Containerzügen Antwerpen–BMW Wackersdorf im Abschnitt bis Aachen eine Class 66 ein. Und Interesse am GM-Loktyp zeigte man kürzlich auch beim deutschen EVU Rail4Chem. Interessant im Vergleich mit den Vossloh-G 2000 (siehe linke Seite): Bei vergleichbarer Leistung bringt es eine sechsachsige 66er mit deutlich höherem Gewicht (126 t) auf eine Anfahrzugkraft von 409 kN. GZ
Mit dem DFG 84100 aus Hamburg ist die 29 002 von HHPI am 15. April 2002 im Kraftwerk Heyden in Lahde-Bierden angekommen (oben ein Typenschild der Lok). – Am 29. März überführt 259 003 die angemieteten SNCB-Wagen nach Hamburg, hier bei Duisburg Kaisenberg.
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Bahn-Notizen RHÄTISCHE BAHN: NOSTALGIE 2002 EINE REISE IM LUXUS vergangener Zeiten kann man im Alpine Classic Pullman Express erleben. Der Salonwagen-Sonderzug wird wieder am 21./22. Juni, 2./3. August, 6./ 7. September und 4./5. Oktober über die Originalstrecke des Glacier Express (St. Moritz–Zermatt–St. Moritz) verkehren. Nostalgie-Tagesfahrten durch die Rheinschlucht von Landquart und Chur nach Ilanz werden am 1. Juni (mit Dampflok G 3/4 Nr. 1 „Rhätia“) und am 4. August (mit Ellok Ge 2/4 Nr. 222) durchgeführt. Mit Dampftraktion lassen sich auch das Engadin (28. Juli und 20. Oktober) und die Sehenswürdigkeiten der Davoser Rundfahrt (16. Juni und 15. September) entdecken. Als besondere Attraktion wird vom 22. bis 25. August das Vier-TagesArrangement „Rhätische Raritäten“ angeboten. An einer Fotosafari können Eisenbahnfreunde mit wichtigen RhB-Zügen mit-fahren und Einblick ins Betriebsgeschehen erhalten (Höhepunkte: Fliegender Rhätier, Autoverlad Vereina, Alpine Classic Pullman Davos–Tirano usw). Am 19. Oktober dürfen die beiden gelben Trieb-wagen ABe 4/4 Nr. 30 und 34 zusammen mit dem Alpine Classic Pullman-Zug am Berninapass bewundert werden. Der Railrider, die Alpen-Achterbahn mit den offenen Aussichtswagen, wird jeweils sonntags vom 30. Juni bis 25. August zwischen Filisur und Preda in Fahrt gesetzt. Einzelheiten erfahren Interessierte bei RhB, Bahnhofstraße 25, CH-7002 Chur oder über Internet (www.rhb.ch).
LOKMANGEL BEI DER BLS Weil die von den Schweizerischen Bundesbahnen übernommenen zehn Re 465 noch nicht alle eingesetzt werden können, sah sich die Lötschbergbahn unter anderem gezwungen, drei Ae 6/6 bei SBB Cargo anzumieten. NOCH KÖNNEN nicht alle der zehn von den SBB übernommenen Lokomotiven Re 465 bei der BLSLötschbergbahn eingesetzt werden. Die seit ihrer Ablieferung dauernd in Einsatz stehenden Triebfahrzeuge erfordern Revisionen und Reparaturen, die aus Kapazitätsgründen in den eigenen Werkstätten und bei der Industrie nur in Etappen ausgeführt werden können. Gleichzeitig benötigt auch der erfreulich erfolgreiche Güterverkehr mehr Traktionsmittel. So sah sich die BLS gezwungen, drei Maschinen des Typs Ae 6/6 (Baujahre 1952 bis 1966) bei SBB Cargo anzumieten. Die 4300 kW leistenden Elloks führten im März und April vorwiegend die noch nicht verpendelten EC- und IC-Züge zwischen Bern und Brig / Interlaken. Der Lokmangel ermöglichte auch ein Wiedersehen mit der 63 Jahre alten Ae 6/8 Nr. 205. Diese Maschine konnte z.B. in Schubdiensten bei Güterzügen beobachtet werden.
Neue Aufgaben erhielten auch die 1944 bis 1955 in Dienst gestellten BLS-Loks Ae 4/4, die noch in vier Exemplaren (Nr. 251 / 252 und 257 / 258) betriebsfähig sind. Sie können u.a. vor Lokalgüterzügen und regelmäßig im Paradezug „GoldenPass Panoramic“ zwischen Interlaken und Zweisimmen bewundert werden. Um die zuverlässigen Maschinen auch in weiterer Zukunft nutzen zu können, sollten wesentliche Bauteile ersetzt werden können. Dies ist der Grund für den Entscheid, die technisch identische 36-jährige Doppellokomotive Ae 8/8 Nr. 275 außer Dienst zu nehmen und als Ersatzteilspender zu nutzen. Die beiden 1994/95 abgestellten Ae 8/8 Nr. 273 und 275 hatten überraschend wieder wichtige Fahrleistungen zugeteilt erhalten. In den letzten Monaten beförderten sie regelmäßig die AlpTransit-Aushubzüge zwischen Goppenstein und Raron / Blausee-Mitholz. Vereinzelt
betätigten sie sich auch wieder vor Güterzügen. Während die Lok Nr. 275 Anfang April definitiv aus dem Dienst geschieden ist, darf die Schwestermaschine vorläufig im Betrieb verbleiben und weiter dem Auftraggeber AlpTransit zu Diensten stehen. Als Attraktion durfte sie nun sogar einen Abstecher an die Gotthardstrecke machen: Am 6. April 2002 führte sie einen EurovaporSonderzug mit elf Nostalgiewagen von Basel nach Mendrisio und zurück. Zwischen Bellinzona und Mendrisio leistete eine Ae 4/7 des Clubs San Gottardo Vorspanndienst. Ihre Hilfe war nicht lasthalber nötig, sondern als zusätzliche Darbietung für die Eisenbahnfreunde organisiert worden. Als Mitorganisator beteiligte sich übrigens der von erfahrenen ehemaligen SBB-Mitarbeitern neu gegründete Zürcher Reiseveranstalter Rail Event, der künftig regelmäßig nostalgische Bahnfahrten anbieten will. Von SBB Cargo angemietet kommen drei Ae 6/6 bei der BLS wieder vor Personenzügen zum Einsatz – hier Ae 6/6 11491 mit dem EC „Berner Oberland“ am 8. März 2002 bei Interlaken Ost.
IM PULLMANN AUF DEN GORNERGRAT AM 26. AUGUST 2001 fuhr erstmals ein RhB-Salonwagen von Zermatt auf den Gornergrat. Wie ist dies technisch möglich? – Das Fahrzeug aus Graubünden (As 1144) erhielt einen kleinen Pufferbügel und war lediglich durch eine horizontale Anhängervorrichtung mit dem Triebwagen der Gornergratbahn (GGB) verbunden. Wie die Güterwagen der Zermatt-Bahn wurde auch der Pullman-Wagen die bis zu 200‰ steile Zahnradstrecke hochgeschoben. Das Abgleiten des Triebwagenpuffers in Kurven verhinderte eine bei der Kupplungseinrichtung befestigte Zunge. Wer diese Erlebnisfahrt zum Gornergrat auf 3089 m ü.d.M. einmal live bewundern möchte, hat im kommenden Jahr wieder Gelegenheit. Für die Reise am Fronleichnamswochenende 29. Mai bis 1. Juni 2003 nimmt die RhB bereits Buchungen entgegen (www.rhb.ch).
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SCHWEIZER MACHEN DAMPF DIESES JAHR lassen 32 Schweizer Unternehmungen, Vereine und Institutionen ihre mit Dampf angetriebenen Verkehrsmittel nach Fahrplan fahren. Dabei handelt es sich um historische Fahrzeuge wie Züge und Schiffe, die bereits anno dazumal in fahrplanmäßigem Einsatz standen und bis in die heutigen Tage betriebsbereit erhalten blieben. Der Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) informiert die
interessierten Kreise alljährlich mit einem detaillierten Verzeichnis, das alle Angaben über Betriebstage, InfoTelefonanschlüsse und Internetadressen enthält. Insgesamt 37 Angebote richten sich an Individualreisende, während fünf Eisenbahngesellschaften Dampfzüge ausschließlich für Gruppen in Fahrt setzen. In der Publikation nicht berücksichtigt sind Präsentationen von Miniaturfahrzeugen auf Vereinsanlagen oder
Fahrveranstaltungen in Vergnügungsparks. Interessierte Gäste können sich via Internet informieren: www.voev.ch. Gegen Beilage eines internationalen Antwortscheins und eines adressierten Rückantwortumschlages im Format DIN C5 sind die Informationen in Form eines Farbprospektes auch per Post erhältlich: VÖV, Dampf 2002, Dählhölzliweg 12, CH-3000 Bern 6.
FAHRZEUGMUTATIONEN BEI DER RHB
Derzeit in Revision: Ge 4/6 Nr. 353 – hier eine Aufnahme von 1984.
betriebsfähig gemacht werden. Um endlich auch auf der Albulastrecke wieder Dampffahrten anbieten zu können, wird die 100-jährige Lokomotive eine Ölfeuerung erhalten. Die zwei von der Regionalbahn Bern–Solothurn (RBS) übernommenen Reisezugwagen B 315 und 316 werden im Auftrag der RhB zu multifunktionalen Messwagen (Ober- und Unterbau, Lärm usw.) umgebaut. Außerdem erhalten zwei von der SBB-Brünigbahn erworbene ehemalige Bahnpostwagen nach umfassender Erneuerung neue Aufgaben als Hilfswagen. Seit Dezember rollt auch der 1929 beschaffte Salonwagen As 1161 mit dem angepassten Farbanstrich „KobaltblauCreme“ auf dem Rhätischen Schienennetz. Der ABe 4/4 Nr. 501 (Baujahr 1939) bleibt mindestens bis nächstes Jahr in betriebsfähigem Zustand in Landquart stationiert. Er kam im Winter u.a. als Triebfahrzeug des Hilfszuges
zum Einsatz. Die Bahnhöfe Thusis, Untervaz, Davos und Arosa erhalten die soeben neu beschafften Rangierlokomotiven Tm 2/2 Nr. 111 bis 114. Das damit überzählige Zweikraft-Triebfahrzeug Gem 2/4 Nr. 211 wird raschestmöglich abgebrochen. Da diese Maschine aus der 1913 in Dienst gestellten Ellok Ge 2/4 Nr. 202 umgebaut wurde, sollen mehrere Originalteile für die Aufarbeitung der Bernina-Krokodillok Ge 4/4 Nr. 182 Verwendung finden. Inzwischen sind auch die beiden 1969 in Deutschland gebauten Bahndiensttraktoren Te 2/2 Nr. 74 und 75 dem Schneidbrenner zum Opfer gefallen. Die Lok Ge 4/6 Nr. 353 ist momentan in Revision, das Schwergewicht der Arbeiten liegt im mechanischen Teil. Die neueste RhB-Werbelok Ge 4/4 III Nr. 652 wurde vom Reißverschluss-Hersteller Riri gestaltet und am 20. April in Anwesenheit von 250 Firmenmitarbeiter/ innen in St. Moritz enthüllt.
100 JAHRE SBB: BAHN-POST AUF DEN SCHWEIZER Bahnhöfen arbeiten Post- und Bahnangestellte seit über 150 Jahren zusammen. So schloss die Post auch mit den Bundesbahnen am 6. November 1903 einen ersten Kooperationsvertrag, welcher das SBB-Personal zur Mitarbeit beim Ein-und Ausladen der Postwagen verpflichtete. Dort wurde auch festgehalten, dass der Postdienst keine Zugsverspätungen verursachen durfte. Bis 1951 waren die SBB sogar verpflichtet, postalische Sendungen von Staates wegen unentgeltlich zu befördern.
Heute transportiert die Schweizerische Post täglich mit 143 Zügen und in ca. 500 Eisenbahnwagen rund 3000 t Briefe, Pakete und Zeitungen über das nationale Schienennetz. Das sind fast zwei Drittel ihres gesamten Transportvolumens. Seit 1998 rollt die Paketbeförderung fast ausschließlich in Wechselbehältern durch die Schweiz. Mit ihren gelben Bussen ist die Reisepost außerdem ein wichtiger Partner und Mitbewerber im öffentlichen Personenverkehr. Aus Anlass 100 Jahre SBB erhielt die rote Jubiläumslok
Re 460 005 eine grafisch gleich gestaltete, aber mit gelbem Farbanstrich versehene Zwillingslokomotive. Dieses Triebfahrzeug trägt die Bezeichnung Re 460 083 und soll die Bevölkerung an die lange und erfolgreiche Zusammenarbeit von Post und SBB aufmerksam machen. Trotz vermehrter Verlagerung der Posttransporte von den Privatbahnen und SBBNebenstrecken auf die Straße wird die Schiene ihre Bedeutung als umweltfreundlicher und zuverlässiger Transportweg auch in Zukunft nicht verlieren.
ALLE TEXTE SEITE 44/45: BEAT MOSER, ABB.: URS JOSSI, PETER PFEIFFER
DER ZWEITE von der DFB zurück gekaufte Speisewagen WR 3813 soll zu einem nostalgischen Piano-Barwagen hergerichtet werden. Für die Aufarbeitung dieses 1931 gebauten und ursprünglich bei der Berninabahn und im Glacier-Express eingesetzten Fahrzeuges können beim Verein „Pro Salonwagen RhB“ Anteilscheine gezeichnet werden. Mit gleicher Bezeichnung hat die Rhätische Bahn soeben einen aus einem Erstklass-Stahlwagen umgebauten zusätzlichen Speisewagen in Betrieb genommen. Der Club 1889 hat den ehemaligen Bahndienstwagen X 9064 zu einem Verpflegungswagen aufgearbeitet, der künftig den Dampfzügen beigestellt werden soll. Das 1903 gebaute Fahrzeug war in den letzten Jahren im Bahnhof Bergün als Pausenlokal für das Fahrpersonal der Schlittelzüge genutzt worden. Zur Ehre der als Hauptsponsor aufgetretenen Gemeinde Filisur wird der Wagen den Namen „Filisurer Stübli“ erhalten. Am 19./20. Oktober 2002 findet zur Taufe des neuen Nostalgiewagens in Filisur ein Bahnhofsfest mit Sonderfahrten nach Davos und Samedan statt. Die aus dem Berner Oberland zurück geholte RhB-Dampflok G 3/4 Nr. 11 „Heidi“ ist nach wie vor in der Fahrzeugremise in Filisur abgestellt. Sobald beim Verein 1889 genügend Arbeitskapazitäten frei sind und die notwendigen Finanzen bereit stehen, soll die Maschine
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Bahn-Notizen + Erste 233 rollen an: Die erste mit einem neuen KolomnaMotor zur Baureihe 233 umgerüstete Lok, 233 709, absolvierte am 12. April 2002 die Leerprobefahrt. Erst kurz vorher erteilte das EBA für zunächst vier Loks die Zulassung – als wäre es eine „neue“ Baureihe ... Die Aufnahme vom 18. März zeigt die 233 709 in Cottbus neben 241 008, die dort wegen technischer Probleme weilte. CDS
+ 213 bei der SüdostBayernBahn: Die im Rahmen der Mittelstandsoffensive gegründete SüdostBayernBahn (SOB), eine 100%ige Tochter der DB AG, ist seit Anfang April 2002 auch im Güterverkehr aktiv. Dazu hat sie Mitte März von DB Regio die 213 333 und 337 übernommen. Deshalb mussten die in der letzten EJ-Ausgabe angekündigten Abschiedsfahrten der 213 333 zwischen Münchberg und Helmbrechts ausfallen. Die beiden 213er wurden kurzfristig im Werk Mühldorf überholt und sind jetzt auch dort beheimatet. Zu ihren Aufgaben gehört die Bespannung der Müllzüge von den Verladestellen Frontenhausen und Huldsessen (bei Eggenfelden) zum Müllheizkraftwerk Burgkirchen (bei Kastl). Dank des Engagements der SOB sind die Müllverkehre zunächst gesichert, außerdem bemüht sie sich darum, Güterverkehrskunden für den Schienentransport zurück zu gewinnen. Die bis vor kurzem akut von der Stilllegung bedrohte Strecke Neumarkt-St. Veit–Frontenhausen– Marklkofen soll abschnittsweise saniert werden. Das Netz der SüdostBayernBahn umfasst auch die Strecken von Mühldorf nach Landshut, Passau, Simbach (Inn), Burghausen, Freilassing, Traunstein und Rosenheim sowie die Strecken Pocking–Tutting, Traunstein– Ruhpolding, Traunstein–Waging am See und Ebersberg–Wasserburg (Inn) Bf. KK + 219-Erprobung – wofür? Bereits seit Monaten wird die remotorisierte 219 158 im FTZ München-Freimann erprobt und ausgefeilt. Ob noch der rechte Bedarf für sie gegeben ist, ist angesichts der laufenden Ausmusterungen bei den 219ern fraglich … ROFR
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AUSBAU DELMENHORSTHESEPE VOR WENIGEN JAHREN noch stark stilllegungsbedroht, erlebt die KBS 394 Delmenhorst–Hesepe (–Osnabrück) seit der Übernahme der Verkehrsleistungen durch die Nordwestbahn (NWB) im November 2000 einen ungeahnten Aufschwung. Insbesondere die neuen Durchbindungen nach Bremen und das erweiterte Fahrtenangebot an Wochenenden führten auf dieser Strecke zu einem deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen. Nach einem Jahr Betriebsdauer berichteten die NWB und das Land Niedersachsen von einem Fahrgastzuwachs von immerhin 70% im Weser-Ems-Netz, wobei wie auch auf der KBS 394 teilweise eine Verdreifachung der Fahrgastzahlen festzustellen ist. Angesichts dieses Aufschwungs wurde die lange aufgeschobene Sanierung der Strecke (ursprünglich bis zur Betriebsaufnahme der NWB geplant) immer dringlicher. Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Land Niedersachsen und DB Netz fand im August 2001 der symbolische erste Baggeraushub im Bahnhof Ganderkesee statt. Seinerzeit wurden Investitionen von insgesamt 70 Mio. Mark für die Untergrund- und Oberbausanierung sowie die Erneuerung der Leit- und Sicherungstechnik der 88 km langen Strecke angekündigt. Das Land Niedersachsen wollte sich dabei mit 15 Mio. Mark beteiligen. Inzwischen nennt die Bahn jedoch eine Kostensumme von 45 Mio. Euro, immerhin eine Steigerung um etwa 25%, die den gestiegenen Anforderungen (unter anderem soll später ein Stundentakt ermöglicht werden) angelastet werden. Die Arbeiten werden zweistufig durchgeführt. Seit Herbst letzten
Jahres erfolgen die Untergrund- und Oberbauarbeiten, die wieder eine durchgehende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erlauben sollen. Nach einer Vollsperrung in den Osterschulferien zwischen Wildeshausen und Vechta soll der Abschnitt Holdorf–Neuenkirchen in den Sommerferien 2002 gesperrt werden, um die Arbeiten dort unabhängig vom Betrieb durchführen zu können. Gleichzeitig erfolgt auch der Rückbau nicht mehr benötigter Gleisanlagen, sodass nur noch Wildeshausen, Vechta, Lohne und Neuenkirchen als Kreuzungsbahnhöfe verbleiben. Nach Abschluss dieser Phase sollen ab September 2002 bis Ende 2003 die Signalanlagen und Bahnübergangssicherungen erneuert werden. Geplant ist die Errichtung eines Elektronischen Stellwerks, dessen Standort laut DB jedoch noch nicht festgelegt ist. Parallel zu diesen Arbeiten werden seit März 2002 die Bahnhöfe und Haltepunkte renoviert. Als erstes
Vor dem Umbau: VT 512 der NWB nach Osnabrück in Lohne am 22. März 2002.
NOHAB-BAUZUGDIENSTE DER AUSBAU der Strecke Ingolstadt–München nimmt nun auch im südlichen Abschnitt Petershausen– München-Obermenzing konkrete Formen an. Im März wurden im Bereich Petershausen zwischen Obermarbach und Asbach die Gleisanlagen auf neue Trassen mit größeren Kurvenradien verschwenkt,
Großprojekt aus dem Investitionsprogramm „Niedersachsen ist am Zug“ werden für etwa 14,6 Mio. Euro (aus Regionalisierungs- und GVFGMitteln) insgesamt 30 Bahnhöfe und Haltepunkte im Weser-Ems-Netz (Osnabrück–Wilhelmshaven, Sande– Esens und Delmenhorst–Hesepe) erneuert, darunter auch alle zwölf Bahnhöfe an der KBS 394. Zusätzlich wird der ehemalige Haltepunkt Lutten bei Vechta wieder aktiviert. Für alle Stationen ist eine Bahnsteighöhe von 55 cm vorgesehen. Wetterschutz, Info-Vitrinen, neue Schilder und Hinweistafeln mit Blindenleitstreifen, Lautsprecher sowie bessere Beleuchtung werden in einheitlichem Design eingerichtet. Alle Stationen sollen bis Ende 2002 fertig gestellt sein. Anschließend ist eine weitere schrittweise Verdichtung des Fahrtenangebots in Abstimmung zwischen der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) und der Nordwestbahn geplant. JÜRGEN HÖRSTEL
südlich Röhrmoos sind die Rodungsarbeiten für die zusätzlichen SBahngleise und die Neutrassierung im Bereich Hebertshausen– Unterweilbach bis nach München hinein weitestgehend abgeschlossen. Während in der Bauphase der neuen Trassen fast ausschließlich auf den Lkw gesetzt wurde, kamen nun zum
Anschluss der neuen Abschnitte auch zahlreiche Privatdieselloks zum Einsatz. Die V 1201 der MWB (ExDB 202 753) kam Anfang März zum Zuge, die an die ELP vermieteten NoHABs V170 1125 und 1143 während der „heißen Phase“ in der Karwoche, auch DB-eigene 212 waren anzutreffen. Die NoHABs waren auch zwischen Tutzing und Kochel, wo die Gleisanlagen erneuert wurden, im Bauzugeinsatz. ROFR
V 170 1125 der ELP am 31. März 2002 in München-Allach und V 170 1143 am 2. April bei Bernried.
ABB.: JÜRGEN HÖRSTEL, CDS, ROBERT FRITSCHE, STEFAN GEISENFELDER
KURZGEKUPPELT
(Füllseite)
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Roco
Neues von Roco in H0 (von oben): 50.35 der DR mit Neubautender, überarbeiteter „Gläserner“ der Epoche IIIa sowie 103 mit kurzen Führerständen und roter Schürze. Darunter die beiden formneuen Doppelstockwagen des Schweizer IC 2000. Links der SS-Köln mit Kabeltrommel als Ladegut, unten der gleiche Wagentyp als ÖBBFahrzeug mit dem Kasten einer Mariazellerbahn-Lok darauf. Links ein Karlsruher Stadtbahnzug als 850 der DB AG. Rechts oben die US-Dampflok Y3-a mit neuem Tender und die preisgünstige Einfach-215 in WechselstromAusführung.
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Wichtigste H0-Modelle waren die Reko-50er als Epoche-IV-Lok mit Neubautender und Oberlichtfenster sowie der „Gläserne Zug“ ET 91 01 in Ausführung der DB-Epoche IIIa. Er fährt jetzt leiser und hat eine Schnittstelle. Des weiteren erschienen die Reihe 850 der DB AG (Karlsruher Stadtbahnwagen), die 103 als „kurze“ mit rotem Rahmen und DB-Neukeks, die ÖBB-2045 mit modernisierten Vorbauten sowie der Taurus als Zweisystem-1116. Für ItalienLiebhaber wurde die 880 mit Scheiben-Vorlaufradsatz und hohem Kohlenkasten variiert. Den Schweizern bietet Roco die 465 „Alp Transit“ der BLS an. Von der US-Mallet Y 3-a kam eine Ausführung der Pennsylvania Railroad mit neuem Tender in die Geschäfte. Außer ihr, der 2045 und der 880 sind alle Modelle auch in Wechselstromausführung lieferbar. Ein preisgünstiges Modell präsentierte Roco ohne jegliche Ankündigung im EinsteigerProgramm: Die DB AG-215 in Märklin-Ausführung. Die Lok ist einiger Details entledigt und nur zweifarbig lackiert. Da auch die Schwungmasse eingespart wurde, ist der Auslauf leider minimal. Im Wagensortiment stechen die formneuen Doppelstockwagen des Schweizer IC 2000 hervor. Sie sind sehr gut detailliert, die Schürzen über den Drehgestellen schwenken in Kurven aus. Lieferbar sind der Steuerwagen (mit Lichtwechsel) und ein Wagen 2. Klasse. Als Varianten erschienen ein DRVierachser der Epoche III, ein ICWagen 1. Klasse im ICE-Design, ein druckertüchtigter IC-Großraumwagen 2. Klasse der DB AG in Orientrot sowie ein IC-Abteilwagen 1./2. Klasse in Orientrot mit Gummiwulst-Übergängen.
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Bei den H0-Güterwagen erfreute Roco die Epoche-II-Freunde mit dem Rungenwagen SS-Köln. Er ist mit einer großen holzverpackten Kabeltrommel beladen. Auf gleicher Basis entstand ein ÖBBWagen, der mit dem Kasten einer Ellok 1099 beladen ist. Formneu erschien ein DB-Selbstentladewagen der Epoche IV. Dagegen sind ein Kugelsilo- und ein Selbstentladewagen SNCB-Varianten. In N wurden ausgeliefert: ein Offener der DR-Epoche IV, ein verkehrsroter Kranwagen der ÖBB plus Schutzwagen, eine SBBDoppelwageneinheit „Delacher“, und der EW IV-Kinderspielwagen der SBB. Das Digitalsystem wurde durch das stark überarbeitete Weichen-Keyboard „Route Control“ ergänzt.
Trix Überarbeitet (mit einer kulissengeführten Kurzkupplung) wurde der klassische Teakholz-Sechsachser der Mitropa (Ex-ISG). Aus der gleichen (frühen) Epoche II stammt das Vorbild eines Schweizer Schnellzugwagens 3. Klasse des Typs C4. Primär als Anhängsel zur Eb 3/5 (siehe Mai-Heft) gedacht, macht sich der Wagen auch gut als Kurswagen auf deutschen Strecken.
Fleischmann In H0 wurden ausgeliefert die BR 55 als Holländerin und die ICE 2-Garnitur in einstreifiger Lackierung. Des weiteren erschienen ein Kesselwagen der Südzucker AG und eine Donnerbüchse 2. Klasse der DR, ein GroßraumGüterwagen „Audi“ und ein DRGKesselwagen. Diese beiden kamen auch in N. Nur in 1:160 erschienen DR-Modelle der BRn 38 und 64, ein Containerwagen der Kombiwaggon sowie ein achtachsiger Wagen der Rollenden Landstraße mit Lkw von Wiking.
Spieth Strassenbahnen Von der Stuttgarter Oldtimertram erschienen zwei modernisierte Versionen mit verglasten Plattformen sowie ein Arbeitswagen. Sie sind motorisierbar (H0 und H0m).
Hei-Tec Der Siegener Hersteller von Präsentationsboxen (s. Mai-EJ) bietet jetzt auch ein Reinigungsmittel für seine Produkte an.
Unten: TeakholzSpeisewagen und Schweizer C4 von Trix. Darunter 64er der DR in N, DRGKesselwagen und DRDonnerbüchse (H0), alle von Fleischmann.
Kadee ... liefert weitere H0-Boxcars aus, diesmal der Erie, der Boston & Maine sowie der Missouri-KansasTexas.
Liliput-Bachmann Einzige Neuheit war diesmal ein Epoche-IV-Halbspeisewagen der DB auf Basis eines Eilzugwagens der Gruppe 36.
Weinert Die Firma erfreute mit einer Kohlenwaage in H0. Das leicht zu bauende Gerät ist ein nettes Accessoire fürs Diorama oder für einen Kohlehändler im vorderen Anlagenbereich. Für die Roco-50er erschien eine Tauschsteuerung.
Kibri Hauptneuheit war das H0Jahresmodell „Lagerhaus AG“. Die Komponenten gibt es auch einzeln. Ebenfalls ein Gewerbethema nachbilden kann man mit dem „Baustoffhandel und Maschinenverleih“. An Schienenfahrzeugen wurde eine Schotterverteil- und Profiliermaschine USP 2000 SWS vorgestellt. Das Sortiment an
Links: Kohlenwaage von Weinert. Unten: Halbspeisewagen von Liliput.
Champex-Linden Die Firma aus Dormagen hat einen neuen 16-seitigen Katalog zu ihrem Programm an Elektronik-, Beschriftungs- und Zubehörartikeln für die G-Bahner herausgebracht. Eisenbahn-Journal 6/2002
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Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten ist für 19,50 Euro plus Versandkosten erhältlich bei Dieter Beck, Talstr. 4, 90522 Oberasbach.
Lemaco
Straßenfahrzeugen erweiterten ein sechsteiliges Set zum Lagerhaus, der Liebherr-Teleskop-Autokran LTM 1160/2, der LiebherrTeleskopkran LTM 1400, ein MB SK 1834 mit Hinterkipper und diverse Actros-Varianten.
Deutsche Post Collection
Ganz oben formneuer Epoche-III-Postwagen der Deutsche Post Collection, darunter Anschriftensatz nach DDR-Vorbildern von Ermo. Unten 2x Ford Transit, darunter Büssing-Gespann „Lanz“, alle von Brekina.
Die Serie höchst attraktiver Lückenschließer im H0-Postwagenbereich wurde fortgesetzt mit dem kurzen Vierachser Post 4a-15 der Bundespost. Das wieder von Piko hergestellte Modell glänzt durch eine sehr gute Detaillierung mit ebensolcher Beschriftung.
Ermo Der Hersteller von Resin-Gebäudebausätzen bietet jetzt auch einen Beschriftungssatz mit Politparolen, Werbung und Ladenanschriften aus DDR-Zeiten an.
Brekina
Links: VW T1b „Caltex“ und Käfer „Follow Me“, beide von Brekina (H0). Unten Am 4/6 und Ae 4/6III der SBB sowie zwei H0mTriebwagen, alle von Lemaco.
Formneuwar das H0-Modell des Ford Transit II der Baujahre 1965 bis ’70. Er wird als Bus und Kombi angeboten. Bei den Sommerneuheiten sticht ein Büssing 8000 der Firma Lanz hervor. Auf der Pritsche steht eine Echtholz-Kiste, auf dem Rungenanhänger ein von einer Plane verkleideter Traktor (von Saller). Zum 66-Jährigen des Käfer erschienen das Exportmodell von 1966 mit Weißwandreifen sowie ein „Follow Me“-Wagen für den Flugplatzeinsatz. Ebenfalls gestartet wurde eine Serie Mineralöllaster und Tankfahrzeuge, aus der uns ein VW T1b mit Pritsche und Tank „Caltex“ erreichte.
Union TT / s.e.s Als Fertigmodell erhältlich ist die SNCF-Diesellok CC 72000. Sie wird von zwei Motoren mit Schwungmasse angetrieben. Im Angebot sind zudem sechs SNCFLichtsignale in Messingbauweise mit LED-Beleuchtung.
Zirndorfer Eisenbahn Freunde Der Verein hat seine CD über das Faller-Car-System aktualisiert. Sie 50
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Der Schweizer Anbieter feiner Handarbeitsmodelle präsentierte in H0 die Gasturbinen-Versuchslok Am 4/6 der SBB von 1941 sowie die aus ihr entstandene Dreisystemlok Ae 4/6III. Ebenfalls ausgeliefert wurde der Triebwagen BCe 4/4 der zwischen der Schweiz und Frankreich verkehrenden Meterspurbahn Nyon–St. Cergue–Morez. Er wird in H0m in Ausführungen von 1918 und 1984 angeboten.
Herpa Von den 40 Neuheiten im April erreichten uns an Lkw: ein MB Actros L als Tank-Sattelzug (-SZ) für Lebensmittel „Willi Betz“, ein DAF CF Lowliner-SZ „E. van Wijk“, ein aufwändig bedruckter Scania TL Kühlkoffer-SZ „Last Warrior“ sowie der MAN TG-A als XL Tankcontainer-SZ „Biesterfeld“ und als M 3a mit 22,5-m3Absetzsilo. Topmodell bei den Pkw war die Mercedes SL-Klasse in Normal- und Metallic-Lackierung. Die Blaulichtfans erfreute Herpa u.a. mit dem MAN F 2000 EVO LF 16 und einem Mercedes W210 als Binz-Vorführfahrzeug.
Piko Diesmal gab es nur einen KVGKnickkesselwagen „Esso“ und den offenen DR-Vierachser mit Blechwänden als Versuchswagen für Spurwechselradsätze.
Hapo Aus Landsberg/Lech ist eine gedeckte 15-m-Drehscheibe in H0 und H0m mit und ohne Antrieb zu vermelden. Ihr Vorbild steht im FO-Bahnhof Realp.
GPP Die Firma aus Montvicq (F) hat echt schließende Faltenbälge für Altbau-Schnellzugwagen entwickelt. Sie passen zu Roco-Wagen, können aber nach Abschneiden der Befestigungszapfen auch an andere H0-Modelle geklebt werden. Interessenten mögen sich bitte an unsere Schwester Le Train wenden, Tel. 0033 / 38 85 45 103.
Hübner Im Direktvertrieb gibt es aus Tuttlingen Muldenkippwagen der DB in 1:32. Die in Metall-/ Kunststoff-Bauweise gefertigten Fahrzeuge werden in drei Varianten angeboten. Erschienen ist auch der
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Links oben Herpa-Neuheiten (Mercedes SL mit beiliegendem Verdeck!), links auch. Oben Pikos neue Wagenvarianten. Rechts schließende Faltenbälge von GPP. Unten DRKInfomobil mit Spendenanteil von Busch.
neue Katalog 2002. Er ist 80 Seiten stark und zeigt über 300 Artikel zur Spur 1. Wer will da noch 0 fahren?
Busch Im April wurden mit dem Audi A4 Avant und dem Mecedes M-Klasse die ersten Modelle der aufwändig gestalteten CMD-Collection ausgeliefert. Zumindest die bedruckten Nummernschilder sollte man auch im übrigen Programm einführen! Daneben erreichten uns ein Renault-Bus FR1 „Evian“, der R 4CV als Lieferwagen „Abeille“, ein Mercedes C-Klasse Kombi als Polizeiwagen und ein Silberpfeil des Rennens in Spa von 5.6.1955. Für die US-Freunde kamen in die Läden der Dodge Monaco als Monstertruck „Bloodhound“, ein Chevrolet Caprice der Maine State
Police, ein Ford Crown Victoria der Maryland State Police und ein Ford E-350 als Krankenwagen. Heimischen Vorbilds ist ein Mercedes Sprinter als Infomobil der DRK-Aktion zur Hilfe für Opfer von Landminen. Lobenswerterweise spendet Busch 1 Euro pro verkauftem Modell an das DRK!
Faller Die Schwarzwälder präsentierten in H0 ein neues Stellwerk, eine DBTankstelle, eine zweigleisiges Viadukt, eine Brückenkopfgarnitur und eine Einfamilienhaus. Dazu erschien ein Set Mülleimer. In N kamen eine Verlängerung zum ICE-Bahnsteig, Service-Tafeln und ein Drogeriemarkt ins Sortiment. Das Car-System ergänzen ein Tank- und ein Baustellen-Set.
Roco hat neuen Eigentümer
Alle Texte der Seiten 48 bis 51: Christoph Kutter
Rechts oben Mercedes Kombi der Polizei sowie Audi A4 Avant und Mercedes M, beide in C(hrom)M(etallic)D(etails)-Ausführung von Busch. Unten Faller H0-Neuheiten. Abb.: EJ-Kutter (29), Lemaco (2), Ermo (1)
Überraschend hat die Firma Roco nun doch ihren Besitzer gewechselt: Alteigentümerin Elfriede Rössler verkaufte rückwirkend zum 1. Februar 2002 die gesamte Roco-Gruppe. Nicht, wie die Gerüchteküche wusste, an Chinesen oder Amerikaner, sondern an Wirtschaftsingenieur Peter Maegdefrau. Der 40-Jährige war bis 1999 als technischer Leiter in Salzburg tätig gewesen. Danach
wechselte er zu KTM. Alleineigentümer Maegdefrau wird Roco (geschätzter Umsatz 2001 knapp 50 Millionen Euro) als Geschäftsführer mit Schwerpunkt Technik selbst leiten. Er löst in dieser Funktion den Interims-Chef Leopold Heher ab, dessen Vertrag ursprünglich bis Januar 2003 laufen sollte. Geschäftsführer für Vertrieb und kaufmännischen Bereich ist wie bisher Christian Plohberger.
VGB-Umfrage Messe Sinsheim: Die Gewinner Das H0-Modell der LKAB-Doppellok von Roco gewann: Das EJ-Abo gewann: Das MIBA-Abo gewann: Das ZÜGE-Abo gewann:
Dieter Mokroß / Karlsruhe Martin Zenk / Kumhausen Franz Lutz / Flehingen Dieter Sapia / Hornberg Eisenbahn-Journal 6/2002
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Eindrücke von der Präsentationsshow in Nürnberg-Gostendorf. Die 18 201 hatte es schon schwer, neben der charmanten Moderatorin, hier im Gespräch mit Peter Mägdefrau (Roco-Eigentümer), im Mittelpunkt zu bleiben. Oben die Maschine beim Schaudrehen auf der Scheibe. Natürlich ließen es sich Christian Goldschagg (DampfPlus), Dr. Franzke (DB-Museum), Dr. Golhke (Ex-DBVorstandsvorsitzender) und Axel Zwingenberger (Dampf-Plus) nicht nehmen, einmal selbst am Führerstandsfenster zu posieren. Rechts ein Vorgeschmack auf das RocoModell. Abb.: EJ-Helge Scholz 52
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18 201 wieder unter Dampf? Wer das vor Jahresfrist glaubte, musste ein Träumer sein. Kalt stand der Schienenstar wegen diverser Schäden im Schuppen und sollte den Kreis der Ausstellungslokomotiven des DB-Museums bereichern. Aber es kam anders! Dr. Uwe Knoblauch, Christian Goldschagg und Axel Zwingenberger, Gesellschafter von Dampf-Plus, nahmen die Idee auf, auch diese Maschine neben u.a. der 03 1010 zu betreiben und in Meiningen reaktivieren zu lassen. Um es vorweg zu nehmen: Von der Idee der geplanten Betreibung über die Kontakte mit DB AG und Roco bis hin zur Präsentation war höchste Professionalität zu spüren. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen und mit Roco wurde gleich eine Modellbahnfirma mit ins Boot genommen. Zur Nürnberger Spielwarenmesse unterbreitete Dampf-Plus den Salzburgern einen Kooperationsvertrag, der vorsah, die geplante Farbstudie als Exklusiv-Modell herauszubringen. Natürlich gab es bei Roco kein Zögern und schließlich kann sich jeder Käufer dieses Modells als Sponsor einer einmaligen Aktion bezeichnen. 25 Euro des Verkaufpreises gehen automatisch an Dampf-Plus zur Finanzierung der weiteren Unterhaltung des Schienenstars. Das Modell 18 201-„elegance“ erscheint nur 2002 in Gleich- und Wechselstrom und verfügt wahlweise über den digitalen Sound des Originals!
18 201 IM NEUEN KLEID:
LADY IN RED Das Geheimnis ist gelüftet: Nach einer Überführungsfahrt im Schutz der Nacht präsentierten Dampf-Plus, das DB Museum und Roco die wiederbelebte 18 201 in einer spektakulären Show in Nürnberg-Gostendorf. VON HELGE SCHOLZ
Nürnberg, 30. April 2002, 18 Uhr: Im Blitzlichtgewitter schiebt sich als Höhepunkt des Events 18 201 rückwärts aus dem Schuppen zur Drehscheibe. Jeder konnte nun mit eigenen Augen prüfen, ob sein Tipp richtig ausgefallen war. Die Farbstudie – denn zum Jahresende soll 18 201 wieder im markanten Dunkelgrün mit Zierstreifen auf Fahrt gehen – war eines der bestgehüteten Geheimnisse der Eisenbahnszene. Selbst die Überführungsfahrt zur Präsentation wurde bei Dunkelheit vollzogen. Weit gingen die Tipps, für die man ein Preisausschreiben organisiert hatte, auseinander. Schwarz, Weinrot, Blau oder die Lackierung der „Mutter“, der 61 001, waren die verbreitetsten Vorstellungen. Noch bei der Feier, die Presse und TV verfolgten, spannte man die Gäste auf die Folter und zum Höhepunkt der charmanten Moderation bluffte man mit einer weißen Variante. Wer auf Rot getippt hatte, zählte zu den Siegern und sah es Augenblicke später am Original. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass der Rotton geringfügig dunkler als der des Fahrwerkes ist. So unterscheiden sich Verkleidung und Fahrwerk ein wenig voneinander. Rauchkammer und Tenderaufsatz tragen dazu im Kontrast das klassische Schwarz. Der weiße Zierstrich blieb erhalten. Nun ja, diese Version ist natürlich auch Geschmackssache und hat sicher den einen oder anderen enttäuscht, passt doch die
Maschine mit ihrem Design derzeit recht gut ins Bild unserer Eisenbahn-Epoche. Die Wahl dieser Farbe spannt aber auch einen Bogen von Alt zu Neu. Erinnert der Farbton den Dampflokfan an die legendäre Baureihe 05, so spricht er hoffentlich auch die junge Generation an, die die Bahn in diesem modernen Farbschema kennen und an den Zauber Dampfeisenbahn herangeführt werden soll. Sei es wie es sei – im Endeffekt zählt nur, dass die Lok wieder in Betrieb gestellt ist und wir Eisenbahnfreunde sollten unseren Dank an die neuen Betreiber damit ausdrücken, das Sonderfahrtprogramm von Dampf-Plus rege anzunehmen. Gleich nach der Feier machten sich die
Männer an der Lok für die Jungfernfahrt bereit. Mit einem Sonderzug dampfte 18 201 nach Wien; vielleicht kehrt sie sogar mit einer neuen gefahrenen Höchstgeschwindigkeit nach Deutschland zurück. Während vorn die Maschine in ihrem unverkennbaren Takt musizierte, begleiteten Axel Zwingenberger und Charlie Booty ihre Gäste hinten in den Wagen und während der Reise mit erfrischenden BoogieWoogie-Klängen. Bleibt uns nur, dieser Initiative Anerkennung auszusprechen, der Maschine ereignisreiche Fahrten und Dampf-Plus weiter viel Erfolg mit ihrer Geschäftsidee zu wünschen: Hochwertige Events und Faszination Dampfeisenbahn! Eisenbahn-Journal 6/2002
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Neuer Bausatz:
Die II K alt von Bemo Selten, unbekannt und dennoch schön. So präsentiert sich der neue H0e-Bausatz aus Uhingen nach sächsischem Vorbild. Die Maschine ist auch als Fertigmodell erhältlich. oben: Einzelteile des II K-Gehäuses. Mitte: Das Fahrwerk basiert auf zwei Kunststoffrahmen. unten: Detailaufnahmen von Aufbau und Steuerung. Alle Abb.: ronei, EJ-H. Scholz
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I
m Jahre 1885 herrschte auf Sachsens Schmalspurlinien akuter Lokomotivmangel. Keine 20 Maschinen der Gattung I K waren bis dahin ausgeliefert und reichten für den zu bewältigenden Verkehr kaum aus. Doch hatte man nicht nur zahlenmäßig ein Problem, auch bezüglich der Zuglasten stieß das Personal mit den kleinen Dreikupplern sehr schnell an die Grenzen. So suchte man bei der weiteren Beschaffung nach stärkeren Maschinen und glaubte diese in der englischen Bauart Fairlie gefunden zu haben. Die Firma R. & W. Hawthorn aus Newcastle hatte eine vierachsige Lokomotive mit zwei beweglichen Triebgestellen und einem gemeinsamen Langkessel im Programm. Auch wenn die Zugkraft und die Kurvengängigkeit der Lokomotive für die windungsreichen sächsischen Bahnen wie geschaffen war, so waren die Platzverhältnisse für die Personale fast unzumutbar. Obwohl das Führerhaus über die bei Schmalspurlinien gültigen Umgrenzungsmaße hinaus verbreitert war, mussten Lokomotivführer und Heizer voneinander getrennt Platz finden. Der Heizer hatte zwei Feuertüren zu beschicken und musste dafür eine Schiebetür
aufschieben, der Lokführer hatte gar keine Türe zu seinem Schutz. Aus heutiger Sicht kann man beurteilen, dass dies wohl der Hauptgrund für die Zukunftslosigkeit der beiden 1885 gelieferten Maschinen war. Denn ansonsten handelte es sich bei den beiden II K alt mit den Bahnnummern 18 und 19 um recht robuste und moderne Maschinen. Sie verfügten bereits über Heusinger-Steuerung und waren bis zum Erscheinen der VI K im Jahre 1919 die stärksten Schmalspurlokomotiven Sachsens. Dennoch schied bereits 1903 die Bahnnummer 18 und 1909 die Bahnnummer 19 nach nur 25 Einsatzjahren auf der Linie Hainsberg–Kipsdorf aus dem Betriebsdienst aus.
Bemo-Modell Warum ist die Wahl bei der damaligen Abstimmung um das nächste Bemo-Modell nur auf diese II K alt gefallen?, werden sich vielleicht einige Leser fragen. Dafür gibt es eine einfache Antwort: Alle übrigen sächsischen SchmalspurLokomotivmodelle sind bereits auf dem Markt und nichtsächsische deutsche Modelle erfreuen
sich keiner so großen Beliebtheit. Somit dürfte kein richtiger Sachsen-Fan um diese interessante Maschine herum kommen und selbst Fremdfahrern oder epochenbewussten Sammlern sei dieses Modell wegen seiner Einmaligkeit unbedingt empfohlen. Wie bei Bemo üblich hält man nach dem Öffnen des Kartons sauber eingeschweißte Einzelteile aus Weißmetall und Messing in den Händen. Es hieße sich wiederholen, wenn wir berichten, dass die Weißmetallteile für das Gehäuse absolut passgenau sind. Wer sich das Löten nicht zutraut, kann die Teile mit Sekundenkleber zusammenkleben und die Kanten mit Zweikomponentenkleber verstärken. Empfohlen sei aber Löten mit Niedrigtemperaturlot. Die Anbauteile aus Messing sind ebenfalls fein gegossen und entsprechen sehr genau dem Vorbild. Wir fragen uns immer wieder, woher Herr Veit, der Urmodellbauer von Bemo, diese Detailkenntnis nimmt – großes Kompliment also an die Väter der Maschine. Dank des einteiligen Aufbaus kommt man beim Zusammenbau sehr rasch voran, die Arbeit ist auch von Einsteigern zu bewältigen. Bezüglich der Ausführungen kann man zwischen dem Ursprungsmodell von 1885 und der späteren Version von 1905 wählen. Die Unterschiede bestehen in der Glocke und im Heberleinbremsteil am Schornstein. Das Fahrwerk ist schon etwas komplizierter. Auf Grund des geteilten Aufbaus, der insgesamt vier Steuerungen und der Kleinheit aller Teile sollte man schon etwas Erfahrung beim Bau von Modellen mitbringen. Nicht umsonst wird die Maschine auch als Fertigmodell angeboten. Die einzelnen Fahrwerksrahmen sind aus Kunststoff. Diese Basisteile wurden auch schon bei der Tssd verwendet und könnten auch für andere Modelle dienen, so man denn wollte. Bei dem Spritzteil gibt es keine Probleme mit Fertigungstoleranzen und die Räder und Zwischenzahnräder sind schnell montiert. Etwas kniffliger wirkt da schon der Brückenrahmen mit dem Motor und den weit ausladenden Schnecken samt Schwungmassen, die sicherheitshalber an den Enden von kleinen Lagern stabilisiert werden. Dadurch kann die Welle nicht schlagen und alles läuft ruhig und rund. Der leichte Lauf des Motors sollte nach dem Einbau der beiden Endlager unbedingt überprüft werden. Auch sollte man die beiden Triebwerke testhalber in den Brückenrahmen einsetzen und probefahren – nichts ist schlimmer als ein klemmendes Fahrwerk in einer lackierten Lok. Der Anbau der Steuerung sieht schlimmer aus als er ist. Wie von Bemo gewöhnt, muss nicht mehr genietet werden, alle Verbindungen werden mit einer kleinen Zange nur zugebogen. Allerdings sollte man auch hier darauf achten, dass sich die Räder samt Steuerung in den ausgebauten Triebwerken leicht und ohne Klemmen drehen lassen. Wenn alles zusammengebaut ist, werden die Teile sandgestrahlt und grundiert. Im frühen Einsatz waren die Maschinen tannengrün lackiert, nur das Dach und die beiden Rauchkammern waren schwarz. In den letzten Einsatzjahren liefen die Lokomotiven wohl in Schwarz, im Fahrwerksbereich jedoch noch im länderbahntypischen Braunrot. Eine Reichsbahn-Beschriftung hat es nicht gegeben. ronei
oben: Auf sächsischer Schmalspur fühlt sich die II K alt von Bemo wohl: hier im Rabenauer Grund zwischen Hainsberg und Kipsdorf. unten: Die fertige Maschine vor der Lackierung.
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Das neue H0-Ausstellungsdiorama von Brawa
Die Rast der 06 56
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Das hier vorgestellte Diorama ist der neue Blickfang des Brawa-Messestandes. Zum ersten Mal auf der Nürnberger Spielwarenmesse ausgestellt, tummelten sich natürlich – wie es ein Kollege so treffend formulierte – die Fotografen um dieses kleine Schaustück. Da auch wir vom Eisenbahn-Journal mit offenen Auge durch die Hallen gehen und nicht nur akribisch nach den
Neuheiten blinzeln, reihen wir uns ein in den Präsentationsreigen dieses bei Holger Mainhardt im Auftrag des schwäbischen Unternehmens entstandenen Dioramas. Vielleicht werden auch Sie demnächst vor diesem Exponat stehen. In Sinsheim begegnete es uns erneut, in Dortmund werden wir es sicher wieder finden und dann auch zu den im Herbst stattfindenden
Ein Überblick auf das Ausstellungsdiorama und eine Szene am Rande des Geschehens um die Brawa-06. Eisenbahn-Journal 6/2002
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großen Modellbahnschauen Leipzig und Köln. Zwangsläufig fesselt ein solche Szenerie den Besucher, der sonst an der endlosen Vitrinenschau mit einem immer müder werdenden Auge vorbeistreift. Moment, bei Brawa, da habe ich ... und schon war ein Ziel erreicht! Das steht aber auf einem ganz anderen Blatt, welches die verschiedenen Hersteller in den letzten Jahren zu unserer Freude recht sorgsam gelesen haben. Nehmen wir nun die Gelegenheit wahr, führen Sie fern der Publikumsmessen direkt unter die sonst alles verschließende Plexiglashaube und flößen diesem kleinen Ausschnitt der so facettenreichen (Modell-)Eisenbahnwelt ein wenig Leben ein. Die vielen Details können Sie hier näher unter die Lupe nehmen. Vor einigen Jahren stellten wir das Leipziger Vorstadtdiorama von Brawa mit der gerade neu ins Programm aufgenommenen E 95 in gleicher Art und Weise vor. Speziell in der dort aufgebauten Hinterhofszenerie war so Einiges erst richtig zu entdecken. Zurück zu unserem Thema und dieses heißt: Baureihe 06 an der Großbekohlungsanlage. Zwei Giganten geben sich hier ein Stelldichein. Ob die größte deutsche Schnellzuglokomotive jemals vor dieser Konstruktion von Hunt ihre Kohlevorräte ergänzt hat, sei dahin gestellt. Gefertigt wurde diese beim Vorbild einst in München, Wien und Antwerpen stehenden Anlage von Micro Metakit. Das Wunderwerk hatten wir Ihnen im Eisenbahn-Journal ausführlich vorgestellt. Im Vordergrund des Schaustücks rangiert eine Kö mit einigen Kesselwagen, natürlich beide aus dem Brawa-Programm. Die beiden hier angeschnittenen Gleise können Bestandteil umfangreicher Gütergleisanlagen sein oder sogar eine vorbeiführende zweigleisige Strecke. Lan58
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ge scheint die Rangierfahrt nicht mehr zu dauern, denn wacker klammert sich der Rangierer am letzten Wagen fest. Jeden Augenblick erwartet man sein Handzeichen zum Anhalten. In der Mitte säuselt die riesige Stromlinienmaschine unterdessen unter der Huntschen Bekohlungsanlage. Das Beschicken des verkleideten Tenders scheint schon abgeschlossen zu sein, der Kohlenstaub hat sich verflüchtigt, die Schütten sind wieder angezogen und die Verdeckung des Tenders ist geschlossen. Nun ist es nicht so, dass mit einem Fassungsvermögen von 10 t der Tender 2’ 3 T 38 ST der 06 die Kapazität der Kohlebunker sprengt, so kommt eher rein zufällig eine Kö I mit drei Selbstentladewagen zur Ergänzung der Dienstkohlevorräten im Hintergrund des Weges. Von einer höher stehende Trasse aus können die Ladungen aus den Großraumwaggons über Rutschen direkt in die Bunker der Anlage gelassen werden. Aus dem unterirdischen Behälter fördert eine endlose Lorenbahn das schwarze Gold in die Trichter. Noch weiter hinter den Zufuhrgleisen sind einige Gleisstümpfe zu erkennen, wo Lokomotiven kurzzeitig abgestellt werden können, auf Reparaturen warten oder kleine Arbeiten unter einem Bockkran ausgeführt werden können. Hier im Übergang zum Büro- und Werkstatttrakt des Bw findet man Details ohne Ende. Schnell fühlt man sich in den Arbeitsprozess eingebunden oder in den Strom der von und zum Dienst kommenden „Blaumänner“ mitgerissen. Impressionen rund um die Bekohlungsanlage. Wenn ein solch seltener Gast hier rastet, ist das Geschehen auf den Nebengleisen schier bedeutungslos. Auch bei den Angestellten hat die Ankunft der Superlok die Runde gemacht und jeder will sie einmal kurz sehen. Nach dem Bekohlen wird noch Wasser genommen und das Triebwerk abgeölt. Im Hintergrund macht sich die Kö mit der Dienstkohle zu schaffen.
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Unsere Betrachtungen unterbricht das erneute Rumpeln und Dröhnen vom Versorgungsgleis; die Starlokomotive setzt nach dem Füllen der Wasserkästen langsam auf das hintere Bekohlungsgleis um. Ist es die einzige Möglichkeit, dem Riesen in diesem Bw ausreichenden Abstellplatz zur Verfügung zu stellen? Gefährlich knarren die Schienen und majestätisch schiebt sich die Maschine vorüber. Gleich danach wird die Feststellbremse angelegt und das Personal steigt zu einem Plausch mit den Vorarbeitern herunter. Am Turm der Besandungsanlage gibt man dann noch das ärgste Eisenbahnerlatein zum Besten. Ganz sicher werden die Geschichten aber von den weiten Fahrten über die deutschen Schienenstränge handeln und in den Bw-Arbeitern Fernweh schüren, denn was für uns heute eine Reise durch Europa bedeutet, war zur damaligen Zeit wohl vom gleichen Stellenwert wie ein Urlaub in der übernächsten Großstadt. Lang werden sie noch schwatzen und im Abendlicht die Kippen glühen bis es dann mit dem Nächsten Fernzug weiter geht ... HS
Ohne Kohle geht im Leben eben nichts und so muss man zwecks Nachschub auf der Hut sein. Am Kohlebunker wird gerade die nächste Lieferung auf die Entladevorrichtung bugsiert und es kann weiter gehen. Inzwischen setzt die Schnellfahrlok auf das hintere Gleis um und wartet im Schein der eingeschalteten Bahnhofsbeleuchtung auf den nächsten Dienst. Alle Abb.: EJ-H. Scholz Eisenbahn-Journal 6/2002
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7. EJ-MODELLBAU-WETTBEWERB
IM BIERGARTEN
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5 Oben und rechts oben: Der Biergarten „Zum Mühlbauer“ hat Bahnanschluss – gleich am Ausgang beginnen die Gleisanlagen eines Museums-Bahnhofs. Links: Kindergeburtstag. Für die Kleinen steht eine Hüpfburg bereit. Rechts unten der Radlparkplatz.
Im Sommer sind Biergärten ein wichtiger Teil bayrischer Lebensqualität: Ratschen mit Freunden, mitgebrachte oder am Standl gekaufte Brotzeit – „Obatzda“, Wurst, Käse, Schweinshaxn, Spareribs oder auch nur eine Brezn im XLFormat mit Butter, dazu eine frische Maß Bier, ein Radler oder für die Autofahrer etwas Alkoholfreies. Im Winter baut dann so mancher seinen Lieblings-Aufenthaltsplatz im Kleinen nach. So auch
MICHAEL MÜHLBAUER Auf meiner H0-Anlage war zwischen den Gleisanlagen eines kleinen Bahnhofs und dem äußeren Gleisring noch Platz auf einer Fläche von ca. 50 x 25 cm frei. Da traf es sich gut, dass der Pächter der alten Bahnhofsgaststätte „Zum Mühlbauer“ gewechselt und die Ge-
nehmigung zum Betrieb eines Biergartens erhalten hatte. Klagen der Anwohner wegen nächtlicher Lärmbelästigung durch Gegröhle, Gekreische und Autokrach waren hier nicht zu befürchten, da es weit und breit keine schlafbedürftigen Nachbarn gibt. Dafür ist an dieser Stelle die Verkehrsverbindung ideal, direkt neben dem Bahnhof einer Museumsbahn, die an Wochenenden eine Menge durstiger Gäste antransportiert. Da der Wirt für Lok- und Zugpersonal immer einen Extratisch frei hat und des öfteren auch das Kassieren vergisst, ist der Fahrplan der Bahn recht flexibel ausgelegt. So verpasst auch die durstigste Kehle nicht die Abfahrt. Zudem finden sich hinter den MuseumsbahnAnlagen Parkplatz und Bushaltestelle, sodass auch für An- und Abfuhr der übrigen Biergartenbesucher gesorgt ist. Soweit die „Infrastruktur“. Der Bausatz „Bahnhofsgaststätte“ von Vollmer, den mir meine Frau vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte, war die ideale Voraussetzung, einen etwas größeren Biergarten mit allem Drumherum zu basteln, wie er in unserer Heimat Oberbayern oft anzutreffen ist. Zwei Bausätze „Biergartenbank-Garnituren“ von Faller klebte ich als erstes in Akkordarbeit zusammen. Sie wurden mit Wasserfarbe in unterschiedlichen Brauntönen angemalt, um die unterschiedliche Abnutzung der Holzoberflächen darzustellen. Das Gaststättengebäude und die Toilettenanlage bekamen einen dezenten Anstrich mit Dispersionsfarbe aus dem Baumarkt, dazu habe ich sie etwas gealtert und mit Details wie Hundehütte, Bierkästen und Fässern ergänzt. Neben einer ganzen Menge selbst bemalter Figuren passen die „Biergartenbesucher“ von Preiser hervorragend ins Szenario. Ich habe einige Tische mit ihnen besetzt, doch ohne fleißiges Pinseln kommt man bei einem solchen Bastel-Vorhaben schnell auf den Grund des Geldbeutels: Obwohl der Biergarten überhaupt nicht überfüllt ausschaut, sind schon über 100 Gäste anwesend. Ihre Zahl wird im Laufe der Zeit noch kräftig steigen. Die meisten Besucher sitzen natürlich da und frönen den leiblichen Genüssen. Doch nicht alle. So haben unter einer alten Kastanie Eltern ein paar Tische zusammengeschoben, um mit Freunden den Kindergeburtstag vom Felix zu feiern. Sein kleiner Bruder Moritz tobt bereits seit über einer Stunde in der Hüpfburg herum, die der Wirt als Attraktion für die Zeit aufgestellt hat, bis eine Gartenbaufirma den Kinderspielplatz anlegt. Ein paar Tische weiter sitzt der begeisterte Hobby-Eisenbahner Andreas mit seiner Kamera. Seit die Museumsbahn Biergartenanschluss hat (oder auch anders herum), ist er Stammgast beim „Mühlbauer“. Auch heute hat er sich schon zwei Maß genehmigt und wartet im Schatten der alten Bäume ungedulEisenbahn-Journal 6/2002
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Links: Die Vogelperspektive (mit abgenommenen Bäumen) zeigt die Ausdehnung des Motivs. Kaum zu glauben, dass es mit gut hundert Figuren bestückt ist! Darunter: Der Hinterhof der Wirtschaft. Ein Gemüsebeet dient zur preisgünstigen Eigenversorgung mit Salat und anderem Gemüse. Ganz oben: In einem anständigen bayrischen Biergarten kann man seine Brotzeit mitbringen. Für die, die nichts oder zu wenig dabei haben, gibt es einen Verkaufsstand. Wer sich mit den dort erworbenen Speisen an einen der weiß gedeckten Tische im Vordergrund setzt, bekommt aber Ärger mit der Kellnerin – hier bringt sie das Essen! Darunter: Seitlich im Gebüsch rostet der Kadaver eines Brezlkäfers vor sich hin. Auch er wurde mit viel Aufwand detailliert. Rechts oben: Der Biergarten in seiner ganzen Länge. Durch die unterschiedliche Patinierung wirken die Biertische sehr vorbildgetreu. Rechts das Motiv bei Nacht. LED-Ketten sorgen für Licht. Alle Abb. vom Autor 64
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dig auf die Einfahrt des Dampfzuges, um die Lokomotive zum x-ten Mal für seine Sammlung zu fotografieren. „Resi ... no a Maß“ schreit gleich vorne am Wirtshaus lautstark der örtliche Trachtenverein. Und obwohl die Bedienung heute nicht die Theresa ist, sondern Angela heißt, kommt sie schon mit einem ganzen Schwung voller Krüge daher. Logisch, denn für sie ist N+E=T, wobei für N für „Nachschub“ (pünktlich) steht, E für „Einschenken“ (ordentlich) und T für „Trinkgeld“ (auch ordentlich). Wie in Biergärten üblich, sind direkt am Haus die Tische gedeckt: Hier wird bedient, hier wird nach Karte serviert. Für mitgebrachte Speisen sind diese Tische tabu. Auch die Kellnerin mit schwarzem Kleid und weißem Schürzchen ist gediegener gekleidet als ihre Kollegin im „ungedeckten“ Bereich. Sie ist im Wesentlichen nur für den Getränkenachschub zuständig, was in Anbetracht der schweren Maßkrüge einige Muskelkraft erfordert. Am Eingang, zwischen Toilette und Brotzeitstand, befindet sich der Fahrradparkplatz.
Wirklich sportliche Biker machen natürlich einen großen Bogen um die Kalorien-Falle Biergarten. Doch wem es mehr darauf ankommt, jedem sein neues High-Tech-Bike zu präsentieren (auf dass von diesem auf Sportlichkeit und Finanz-Potenz des Besitzers geschlossen werden möge), für den ist der Radlparkplatz vom „Mühlbauer“ genau der richtige Laufsteg.
Ein kleiner Nachteil des Mühlbauer-Biergartens soll nicht verschwiegen werden: Der Zugang führt quer über die Gleise der Museumsbahn. Steht ein Zug im Bahnhof, ist der Weg erst mal blockiert. Die Gäste wissen das freilich und richten ihre Aufbruchszeiten nach dem Fahrplan der Bahn. Schließlich sind vie-
le von ihnen auch gerade deshalb hergekommen, weil hier dann und wann ein OriginalDampflok-Rußpartikel Schaumkronen und Essen verziert. Problematisch war die Gestaltung der für einen Biergarten typischen Kastanienbäume. Die ersten von mir gebauten waren zu klein. Der zweite Versuch brachte zwar richtige Proportionen, die Bäume waren aber viel zu dicht belaubt. Das entspricht zwar der Natur, aber von oben war nicht mehr viel vom Biergarten zu sehen. Erst im dritten Anlauf gelang es mir, mit Naturmaterialien und Hekiflor einigermaßen brauchbare Exemplare zu erstellen. Weniger schwierig war die Beleuchtung des Biergartens. Wenn die Modell-Sonne untergeht, schaffen Lichterketten aus Mini-Leuchtdioden zwischen den Bäumen eine recht gemütliche Atmosphäre – wie im Original. Und wenn um 11 Uhr abends im Gartenbereich Ausschankschluss ist, schimmert noch einige Zeit diffuses Licht aus dem Gastraum. Zwei Birnchen und die richtigen Masken hinterm Fenster machen es möglich! Eisenbahn-Journal 6/2002
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Erfahrungen beim Bau einer Z-Großanlage (1. Teil):
Wie aus einem H0-ler ein Z-ler wurde Moment, der Titel dürfte aufmerksamen Lesern irgendwie bekannt vorkommen. Wunderte man sich doch damals, wie man es übers Herz bringen kann, von 1:87 zu 1:160 zu wechseln. Nun gibt es aber einen Modellbahnfreund, der geht noch weiter herunter, zu 1:220. Ein „Geständnis“ VON KARL-FRIEDRICH AHNERT Ich bin eingefleischter Z-Modellbahn-Fan, habe mit dem Kauf von Z-Modellen und Z-Zubehör Ende 1979 angefangen, daraufhin meine fast fertig gestellte H0-Märklin-Anlage abgebrochen, das gesamte Material bis auf wenige attraktive Zugkompositionen nach und nach verkauft und nach ca. einjähriger Planungszeit mit dem Aufbau einer großzügigen Z-Anlage in einem mir zur Verfügung stehenden ausgebauten Dachbo-
denraum in meinem Elternhaus begonnen. Entsprechend diesen Raumverhältnissen wurde die Anlage in U-Form entlang der schrägen Wände konzipiert. Während der rechte Schenkel eine Länge von ca. 7,50 m hat, ist der linke 6,00 m lang. Das Kopfstück ist ca. 2,50 m breit. Die bebaubare Grundfläche der Anlage bei durchgehend 0,60 m Tiefe betrug ca. 10 m2 – für diese Baugröße schon eine
gewaltige Fläche. Ich konnte also großzügig planen. 1989/90 ergab sich kurzfristig die Möglichkeit, mir durch einen Neubau ein neues Zuhause zu erschaffen. Ich errichtete ein Zweifamilienhaus, in dem ein beheizbarer und 2,50 m hoher Kellerraum für mein ModellbahnHobby eingeplant wurde. In diesen Raum konnte ich nach Bezugsfertigkeit meines neuen Zuhauses die von vornherein teilbar gebaute Anlage (fünf Segmente) verbringen. Der Wiederaufbau, d.h. Anschluss von Schienen, Stromzuführungen, Ausbesserungen der Landschaft usw. geschah anschließend ab 1991. Der Hobbyraum war so konzipiert, dass die Anlage vergrößert werden konnte. Während die Gesamtlänge unverändert blieb, verbreiterte ich die Gesamtanlage auf 1,00 m und erreichte so eine Gesamtfläche von 18 m2. Zwar soll ja eine Modellbahnanlage nie ganz fertig werden, aber vorzeig- und vorführbar war sie Ende 1996. Die Bauzeit betrug letztendlich einschließlich Ab- und Neuaufbau 17 Jahre. Bevor ich auf meine Bauerfahrungen mit der ZBahn eingehe, vorweg einige Wertungen: Über Jahre hinweg gab es für mich nur H0. Trotz großzügiger Grundfläche auf dem Dachboden meines Elternhauses war ich mit dem H0-Ergebnis meiner Landschaftsgestaltungen nie zufrieden. Alles war unwirklich. Exzellente, mit 66
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zahlenmäßig richtigen Nietenreihen versehene Lokomotiven mit ebensolchen Waggons fuhren auf einer Anlage, die zu kurze Bahnsteige, zu kleine Häuser, zu niedrige Berge, zu kurze Brücken und zu kurze Züge aufwies. Am meisten störte mich, dass die Lokomotive eines Zuges in den Hundeknochentunnel einfuhr, während sich der letzte Wagen noch im vorletzten Tunnel befand. Die Preiser-Menschen waren gezwungen, Umwege über Gleisharfen, Gleisschotter usw. zu machen, um überhaupt in den vorletzten
Ankunft in Bad Nauheim. Vor dem Halt donnert der ICE unter einer imposanten Brückenkonstruktion hindurch. Links ein romantischer Abschnitt mit der Altstadt von Rodach.
Die Gleisplanskizze offenbart den Hundeknochen. An Hand der Längenentwicklung erkennt man die beeindruckenden Fahrstrecken der Züge. Abb.: K.-F. Ahnert
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Personenwagen einsteigen zu können. Ich fand, H0 war nicht das Gelbe vom Ei. Wochen-, nein monatelang sah ich mich um, N oder Z war hier die Frage, denn im Kopf hatte ich die H0Anlage schon abgerissen. Trotz hämischer Bemerkungen und schadenfroher Kommentare so genannter erstklassiger Modellbahnkenner („Mini-club gibt es sowieso nur einige Zeit, ... die Produktion wird demnächst eingestellt, ... ZZüge sind ja kaum sichtbar, ... es gibt doch fast kein Zubehör) entschied ich mich dann schlussendlich für Z. Mich hatte auch das Fieber dahingehend gepackt, den Nietenzählern und Miesmachern zu beweisen, dass Z eine vollwertige Modellbahn ist. Außerdem wollte ich der ZBahn das Käseglockenimage nehmen. Nach dem Erwerb einer E 03 brachen alle Dämme. Ich investierte in eine Z-Zukunft, die in der gezeigten Anlage mündete. Während meine Z-Anlage voll durchgestaltet und funktionsfähig ist, ZZüge problemlos ihre Runden drehen, sind viele der mir bekannten H0-Anlagen bis heute unvollendet. Mit größtem Erstaunen nahm man zur Kenntnis, dass Z-Züge fahren konnten, dass Die Hauptstrecke soll bei den Motiven des ersten Teils im Vordergrund stehen. Oben rauscht ein ICE am Bw vorbei, wo die Dampfloks ihr Zuhause haben. Unterwegs passiert die Linie einen Binnenhafen. Rechts ein Blick über die Halle hinauf zur Stadt. Der gewaltige Steinviadukt als Beispiel für die Gebirgslandschaft und abschließend eine Impression aus dem Bahnhofsvorfeld in der Nähe der EllokWerkstatt ... und alles ist Z – Respekt! Abb.: H. Scholz 68
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es beleuchtete Personenwagen gab, rote LEDRücklichter an allen Schlusswagen blinkten, Licht- und Formsignale funktionierten, Schrankenbaken sich hoben und senkten, dass es sogar ganze Ortschaften gab – unglaublich, und das in Z! Nein, was ich mir alles anhören musste, das verstummte erst, wenn man in mein Modellbahnparadies eintrat und die gewaltigen Ausmaße dieser Miniwelt besichtigte. Von da an war ich anerkannter Modellbahner. Aber diese Meinung ist sicherlich sehr verbreitet. Mit diesem Artikel möchte ich dieser Auffassung entgegen treten, denn Z bietet außergewöhnlichen Möglichkeiten, insbesondere im Landschaftsbau. Eine Voraussetzung ist dabei ganz wichtig, absolute Sauberkeit der Schienen und der Räder sowohl aller Lokomotiven als auch aller beleuchteten Personen- und Schlusswagen (gilt selbstverständlich auch für alle anderen Gleichstromsysteme, aber für Z ganz besonders). Dieses vorweg, ehe ich meine Erfahrungen beim Bau und Betrieb dieser kleinen Wundereisenbahn beschreibe.
Konzept Bei der Anlagenkonzeption handelt es sich wie üblich um eine doppelgleisige elektrifizierte Hauptstrecke mit einer eingleisigen nicht-elektrifizierten Nebenbahnstrecke. Von Anfang an achtete ich darauf, dass die Anlage überschaubar blieb und verschiedene in sich abgeschlossene Themen enthielt.
Planung Den Mittelpunkt meiner Anlage, die Gleisführung innerhalb eines Großstadtbahnhofes, entnahm ich einem Gestaltungsvorschlag aus einer der vielen Modellbahnzeitschriften. Bei der übrigen Gleisführung richtete ich mich nach einer Grobplanung. Ich war aber jederzeit bereit, von dieser Grobplanung abzuweichen, wenn mir etwas nicht gefiel. Ich kann nur jedem empfehlen, sich von den Vorschlägen der Modellbahnprofis frei zu machen, unbedingt den einmal gefassten und dann gezeichneten Plan exakt und kompromisslos nachzubauen. Es gibt Enttäuschungen und Frust, wenn nicht alles so ausfällt, wie man sich das vorher vorgestellt hat. Hier ist Fantasie gefragt mit der besonderen Gabe, sich etwas vorzustellen, was es noch gar nicht gibt. (wird fortgesetzt)
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Durch Wald und Feld entlang der Wand Mit dem Aufbau einer Wandanlage konnte Karl Gebele seinen Modellbahntraum von ständig wechselnden (und auswechselbaren) Themen verwirklichen. Eines dieser Module zeigt ein Kornfeld. Über die Jahre hinweg reihte sich Motiv an Motiv auf meiner zweiten Heimanlage auf Modulbasis. Immer wieder setzte sich so in etwa ein Meter Streckenlänge hinzu und machte den Fahrbetrieb interessanter. Diese Anlage ist das Ergebnis mehrerer Modellbaukurse und ist eine schmale Wandanlage. Verschiedene Geländeprofile reihen sich hier aneinander, aber irgendwann muss der Betrachter auch einmal beim Zusehen „zur Ruhe“ kommen. Mit diesem hier vorgestellten kurzen Modul habe ich versucht, einen ruhigen LandschaftsÜbergang von einem im tiefen Talkessel liegen-
den Elektrizitätswerk und dem Flugplatz auf der Hochebene zu schaffen. Die Gleisstrecke verläuft zwischen zwei Tunneln am Hang entlang. Bäume und Buschwerk bilden den Hintergrund zwischen den beiden Modulen. Um auch etwas Farbe in die Anlage zu bekommen, wurde im vorderen Modulbereich ein Kornfeld angelegt. Mit der von Busch erhältlichen Wildgrasmatte Nr. 7314-Kornfeld ging das relativ einfach. Mit Modellgips habe ich den Untergrund gestaltet und gleichzeitig einen Feldweg angelegt. Mir war wichtig, dass das Kornfeld nicht auf ebenem Gelände lag, sondern mit
Mit dem Ausschneiden des Feldbereiches aus der Busch-Matte beginnt die Bastelei.
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einer etwas unruhigen Fläche mehr Natürlichkeit ausstrahlte. Der Wildgras-Geländeteppich von Busch ist durch das Trägermaterial verhältnismäßig steif. Mit einer Schere wurde die Matte für das Feld zurechtgeschnitten. Nun stand ich vor der Frage, mit welchen Leim ich die Matte aufkleben konnte, ohne dabei die Struktur zu beschädigen. Da der Geländeuntergrund etwas wellig ist, musste die Matte sich anpassen. Weißleim oder andere dünnflüssige Klebstoffe schieden aus, da diese eine zu lange Abbindezeit haben. Ich entschied mich für Pattex. Auf die Matte wie auch auf den Untergrund wurde vollflächig Pattex mit der Zahnspachtel aufgetragen. Nach einer Ablüftungszeit von ca. 10 Minuten wird die Matte vorsichtig unter leichtem Druck aufgeklebt. Besonders im Randbereich ist Vorsicht
Bei der Arbeit mit Kontaktklebern müssen beide Klebeflächen eingestrichen werden. Nach dem Ablüften werden die Flächen zusammengedrückt.
Das abgeerntete Kornfeld vor der Stützmauer schafft einen guten Farbkontrast zu der sonst dominierenden Fels- und Gesteinsformation. Ein Beispiel, wie man mit Farben Interesse ausrichten kann. Abb.: K. Gebele
geboten, da sonst die Fasern niedergedrückt und beschädigt werden. Übergänge können auch noch mit den Wildgras-Fasern von Busch Nr. 7372 und dem Elektrostat nachbearbeitet und ergänzt werden. Um dem Kornfeld noch den letzten Pfiff zuverleihen, wurde das Feld mit einem UHU-Sprühkleber leicht übersprüht und etwas fein gesiebtes rotes Streumehl als „Mohnblumen“ aufgestreut. So könnte auch auf dem Feld z.B. eine Ernteszene gestaltet werden. Gerade durch die Unebenheit des Kornfeldes entstehen, besonders bei Lichteinfall, recht natürliche Licht- und Schattenspiele. Mit einfachsten Mitteln kann man also Blickpunkte innerhalb der Modelllandschaft erzeugen. Ferner bietet es sich an, mit solch einer einfachen Bastelei eine Partie, deren der Anla-
Mit einer Spezialladung ist die T 9 soeben im Anschluss Flugplatz Ullrichsburg eingetroffen. Bald wird die Fracht dann selber reisen können. Im Hintergrund die Flugzeughalle und weitere Gebäude dieses Komplexes.
genbesitzer überdrüssig geworden ist, vollkommen umzugestalten. Wieder kommt die goldene Regel zum Tragen, dass man es nur verstehen muss, seine Ideen umzusetzen und mit den vorhandenen Materialien der Zubehörhersteller etwas anzufangen! Bleibt nur noch eine Frage offen: Wie sehen die Module E-Werk und vor allem Flugplatz aus? Den Anschluss eines Elektrizitätswerkes haben wir Ihnen sicher auf der einen oder anderen Anlage und in den verschiedensten Maßstäben schon gezeigt – aber einen Flugplatz? Jawohl, ein Feldflugplatz der dreißiger Jahre mit Tower, Flugzeughallen, einem Gleisanschluss und der guten alten „Tante JU“! Nein, nicht demnächst in diesem Theater, sondern in der neuen Ausgabe Anlagenbau und Planung 2/2002 mit dem Titel „Immer an der Wand entlang!“
Kurz und kräftig sollte mit den Fingerspitzen auf die Matte gedrückt werden, um die Faserstruktur nicht zu beeinträchtigen. Mit dem Elektrostat kaschiert man die Ränder und schafft den Übergang.
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Neues für 0e Entgegen dem allgemeinen Abwärtstrend der Spur 0 hält sich eine kleine Schar von 0eFreunden wacker und denkt gar nicht daran, sich von den Ie-Fahrern schlagen zu lassen ...
E
ines war auf der diesjährigen Nürnberger Messe nicht zu übersehen: Wer sich in Zukunft den größeren Spuren widmen will, der suchte im Gegensatz zu früheren Jahren heute vergebens nach Neuheiten in der traditionellen Nenngröße 0. Längst hat Märklin mit der Spur I das Zepter in der Hand, dem die meisten Kleinserienhersteller wie Besig oder Kiss gerne folgen. In der Größe I gibt es nun mal keinen Streit um den richtigen Maßstab, dafür aber ein hervorragendes Gleissystem, dieses übrigens auch für die 750-mm-Schmalspurgröße Ie. Eine starke Vollspur bietet selbstverständlich ein wichti-
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ges Fundament für eine lebensfähige Schmalspurszene, man denke nur an die vielen Zubehörteile wie Figuren oder Straßenfahrzeuge. So verwundert es niemanden, dass die eigentlich „goldene Größe“ 0e mit dem Maßstab 1:43,5 bzw. 1:45 und 16,5 mm Spurweite sowie Anlagenausmaßen ähnlich der in H0-Vollspur, in der letzten Zeit von der Größe Ie (Maßstab 1:32) förmlich überrollt zu werden scheint. Diesem Trend wollen sich die gestandenen 0eFahrer allerdings nicht kampflos ergeben und bereichern die auch weiterhin vom Berliner Hersteller Henke versorgte Szene mit neuen
schnuckeligen Fahrzeugen. Rainer Klemm überzeugte mit seinen vierachsigen Güterwagen und überraschte mit dem Sondermodell des Zittauer Schotterwagens. Hans Knoblauch machte das Rennen mit seiner I K, die es in verschiedenen Varianten geben wird. Ferner sind da noch der zweiachsige offenen Güterwagen Gattung 779 und ein kurzes Drehschemel-Wagenpaar zu nennen. Auch Stefan Herforth kommt mit seiner I K weiter voran und unser ungewöhnliches Arrangement beider Maschinen lässt eine weitere interessante Lokomotivgattung erwarten. Fotografiert wurden die Modelle übrigens auf
IV K mit Güterwagen von Rainer Klemm im Bahnhof Taubenheim auf der 0e-Modulanlage der SchmalspurRingSachsen-Freunde. rechte Bildleiste: I K von Hans Knoblauch mit Drehschemelwagen und Ow bei Polenz. Die noch unfertige Knoblauch-I K mit Wagenprojekten sowie eine „Fast-“II K neu, bestehend aus Knoblauch- und Herforth-I K. Alle Abb.: Helge Scholz
der Modulanlage der SchmalspurRingSachsen-Freunde, von der hier der Bahnhof Taubenheim zu sehen ist. Die beiden Abbildungen rechts oben stammen von der Landschaftsanlage Polenz von Helge Scholz. Weitere Anlagen wie die unverkürzte Nachbildung des Bahnhofs Mohorn, der Endbahnhof Oberrittersgrün und der Bahnhof Glossen mit Feldbahnanschluss sind in Arbeit. Wer sich diese Bilder anschaut oder die 0e-Fahrer bei einem ihrer jährlichen Treffen in Rabenau erlebt hat, wird verstehen, dass sie auch in Zukunft von der „goldenen Größe“ sprechen werden. IN Eisenbahn-Journal 6/2002
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Anlagenplanung
NÜRNBERGER VORORT-FAHRTEN Bereits im Mittelalter verlief entlang des Flusses Pegnitz eine wichtige Handelsroute. Sie führte vom Wirtschaftszentrum Nürnberg zur Industrieregion Oberpfalz und weiter nach Böhmen. Die Bahn folgte dem alten Weg. So entstand die heutige Kursbuchstrecke 870. Motive des Streckenabschnitts Mögeldorf–Laufamholz dienten als Basis eines ebenso attraktiven wie vorbildorientierten Anlagenvorschlags VON Heute bestenfalls noch durch den Einsatz von Pendolini der Reihe 610 bekannt, war die KBS 870 zu Dampflokzeiten eine Schwerlaststrecke. 44er und 50er schleppten Kohle-Ganzzüge zur heute dahinsiechenden Maxhütte nach Sulzbach-Rosenberg, zogen in Gegenrichtung deren Produkte sowie mit Kaolin oder Braunkohle gefüllte Wagen in alle Welt. Dazu kamen Durchgangs- und Nahgüterzüge, Eil- und eine Menge Pendlerzüge. Sie alle passierten auf ihrem Weg zwei Nürnberger Vorstadtbahnhöfe: das kleine Laufamholz und das schon industriell geprägte Mögeldorf. Hier zweigte nicht nur die Strecke nach Nürnberg-Rangierbahnhof ab, sondern fanden sich auch einige Industrieanschlüsse, die auf einer Modellanlage wegen der sich ergebenden Rangiergelegenheiten ja immer willkommen sind. Als Zugabe wurde in den Plan eine Trambahnlinie aufgenommen, wie sie im Original ebenfalls 74
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HARALD WINTER-MINKOLEY
existiert. Der im linken (Mögeldorfer) Flügel unten platzierte Straßenbahn-Bauhof bietet nicht nur Gestaltungs-, sondern auch zusätzliche Spielmöglichkeiten. Zum besseren Kennenlernen des Entwurfs setzt man sich am besten in Nürnberg Hauptbahnhof in einen Zug Richtung Schwandorf. Nicht in einen modernen Pendolino oder einen halbmodernen 614, sondern in eine Garnitur aus dreiachsigen Umbauwagen-Pärchen, gezogen leider nicht mehr von einer preußischen 38er, sondern von einer V 100, die kurz vor der Umnummerung zur 211 steht, da wir uns im Jahre 1968 befinden. Duster ist es um uns herum, denn Nürnberg Hbf ist in diesem Falle der in langem Bogen liegende Schattenbahnhof in der ersten Ebene unter der Anlage. Duster bleibt es auch eine Weile, nachdem der Zug losgeruckelt ist. Räderquietschen kündigt von engen Radien, kräftiges Rumpeln
vom Überfahren einiger Weichen. Doch dann wird es rasch heller und unter einer Straßenbrücke hervor rollt der Zug ans Tageslicht. Immer noch quietschen die Räder, denn obwohl wir uns an der mit knapp 1,30 m tiefsten Anlagenstelle befinden – ganz vorne links auf dem Plan –, fordern Steigung und Innenradius ihren Tribut. Rechts von uns führt eine von hohen Bäumen gesäumte Straße steil hinab und mündet gleich neben der Bahn in eine größere, die abgesenkt die Bahnhofseinfahrt von Mögeldorf unterquert. Über eine parallele Eisenbahnbrücke hinweg ist kurz das Eingangstor zum Bauhof der Nürnberger Straßenbahn zu erkennen, das von einem neo-mittelalterlichen Turm flankiert wird. Rums, da hält der Zug schon wieder. „Mööögldorf, Nernberch-Mööögldorf“, quäkt es aus einem Lautsprecher. Eine 44er steht zwei Gleise weiter neben der Kopframpe. Ganz nett, aber die dicken Loks sind hier nichts Besonderes. Dahinter ist ein hübsch restauriertes Gründerzeit-Bauwerk zu erkennen, an das sich ein kleines Wohnhaus mit großer Dachgaube schmiegt. Aus dem Kiosk daneben schaut gelangweilt die dicke Besitzerin. Eine Limo wäre jetzt auch nicht schlecht ... Doch schnell mal aufgestanden und auf der anderen Seite aus dem Zug geschaut! Der Bahnhof hat ganz offensichtlich schon bessere Zeiten gesehen. Mit dicker braungrauer Patina präsentiert sich der Bau, nur an Stellen, die offenbar dem Regen besonders ausgesetzt sind, liegt der helle fränkische Sandstein blank. Auch der aus dem gleichen Material gebaute Güterschuppen daneben wirkt trostlos. Viel Stückgut wird hier ohnehin nicht mehr entladen werden. Ob die beiden Bauten noch aus Ostbahn-Tagen stammen? Naja, wenigstens hat man den ebenfalls alten Bahnsteig geteert, wenn auch an einigen Stellen der Asphalt schon wieder aufgebrochen ist und die alte Kiesschüttung offen liegt. „Bidde ainschdaichn, Dürn schließn“, quäkt der Lautsprecher – also noch geschwind ein Blick aus dem rechten Zugfenster geworfen. Ui, fast
Der Gleisplan des Anlagenvorschlags Mögeldorf/Laufamholz. Oben die Vergrößerungsmaßstäbe für die Baugrößen H0 bis Z. Die Höhenangaben im Plan beziehen sich auf H0. Die Abkürzungen P 1 bis 4 sowie N 1 bis 3 bezeichnen Signale, „PA“ steht für „Privatanschluss“. Linke Seite: So sahen viele Güterzüge aus, die auf der Kursbuchstrecke 870 verkehrten. Die am 12. Oktober 1972 in Hartmannshof aufgenommene 044 487-7 hat etwa eine halbe Stunde zuvor Nürnberg-Mögeldorf und -Laufamholz passiert. Foto: Jürgen Nelkenbrecher
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Farbzeichnungen und Gleisplan: Harald Winter-Minkoley
NürnbergMögeldorf nach dem amtlichen Lageplan der DRG.
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hätten wir hier etwas verpasst! Ein schwerer Güterzug, gezogen von zwei Tender an Tender gekuppelten 50ern (die erste hat sogar einen Kabinentender) schiebt sich auf dem Nachbargleis von hinten kommend zwischen unseren Zug und die 44. Weiter vorne steht für ihn das Signal auf Rot, da unser Personenzug natürlich Vorrang hat. Den Loks folgt ein uralter preußischer Packwagen, danach ein paar Rungenwagen mit Stahlteilen und einem Traktor drauf, dann kommt ein Gedeckter. Leider ist der Abstand zwischen unserem und dem Gütergleis zu eng, um viele der Wagen erkennen zu können. Aber schon heult der Motor unserer V 100 los, der Zug ruckt an. Weil rechts abgestellte Güterwagen den Blick auf das 50er-Duo verwehren, befriedigen wir unsere Neugierde eben links. Neben dem etwas desolaten Stückgut-Lagerhaus liegt das Gelände einer kleinen Spedition, der es offenbar recht gut geht – ihr Schuppen ist ordentlich gepflegt. Zwei Arbeiter sind gerade damit beschäftigt, von einem Kleinlaster Säcke auf einen Niederbordwagen zu laden. Auf einem Anschlussgleis daneben lugt ein moderner vierachsiger Gaskesselwagen zwischen Bäumen hervor. Die Bäume verdecken fast die rußgeschwärzte Ziegelfassade einer Gründerzeit-Fabrik, zu der gleich zwei Anschlussgleise mit mörderisch engen Radien führen. Als wir unter einer Straßenbrücke durchbrummen, bugsiert gerade eine Köf II zwei gedeckte Wagen in das hintere der beiden Gleise. Hoppla, da steht ja schon ein Prellbock! Ganz schön kurz, das Ausziehgleis für die Industrieanschlüsse! Mehr als zwei Wagen plus die Köf passen da auf einmal gar nicht rein. Ziemlich schnell wird’s draußen ländlicher. Als der Zug eine zweite Straßenbrücke passiert hat, huscht rechter Hand eine Wiese mit einem Schafpferch vorbei, in der allerdings ein recht hässlicher Hochspannungsmast aufragt. Schon kreischen wieder die Bremsen auf. Während der Zug an Fahrt verliert, kommt in einer ziemlich engen (und deswegen überhöhten) Rechtskurve das Bahnhofsschild „Laufamholz“ in Sicht, gleich darauf, etwas hinter Bäumen versteckt, auch die Station selbst. Sie ist deutlich kleiner als Mögeldorf. Außer einem Freiladegleis mit einem großen Bockkran scheint es keine Güteranlagen zu geben. Oder steht der Schuppen vielleicht auf der linken Seite? Schnell mal das Fenster aufgemacht und rausgeschaut – nichts. Was ist denn das für eine Weiche da hinten? Nein, die gehört nur zu einem Gleisanschluss vom Sägewerk. Also kein Schuppen, dafür propere Siedlungshäuser mit gepflegten Gärtchen jenseits der Straße neben der Bahn. Der Bahnsteig unter unserer Nase wirkt auch nicht gerade beeindruckend. Wie soll man denn hier aussteigen, der ist ja auf unserer Seite mit einer Kette abgesperrt? Eine Türe des Waggons knallt und weist uns den richtigen Weg: Eingestiegen wird von rechts, vom Hausbahnsteig aus. Der Bahnsteig zwischen den Gleisen ist den Reisenden aus der Gegenrichtung vorbehalten, und, da reichlich schmal, auf unserer Seite mit einer Kette gesichert. „Aaainschdaichn!“, ruft der Schaffner schon
wieder, offenbar haben wir es eilig. Drängelt hinter uns womöglich der Güterzug? Schade, dass es schon weiter geht, denn der Bahnhof sieht richtig nett aus: Ziegelbau, Schieferwalmdach, kleiner Holzvorbau – recht gemütlich, sogar ein Garten mit Gartenhaus gehört dazu. Hier könnte man sich auch gut eine Gastwirtschaft vorstellen. Ob aber die Frau mit rotem Kopftuch, die von einer Leiter aus Äpfel pflückt, damit einverstanden wäre, wenn ihr Garten eingeebnet und in eine Freischankfläche verwandelt werden würde? Der Abfahrtspfiff ertönt und flott zieht die Diesellok an. Station, Apfelbaum und Frau verschwinden, als der Zug nach links in die Kurve geht. Ein moderner Wohnblock ragt neben dem Gleis hoch – aha, gar so ländlich ist es hier also doch nicht. Ob seine Bewohner hier so glücklich sind? Eine stark befahrene Bahnlinie vor dem Fenster und eine Autobahn gleich daneben? Unter letzterer führt nun die Strecke hindurch, immer noch in Linkskurve. Doch wann wird es endlich wieder hell? Räder rumpeln und quietschen, schließlich stoppt der Zug. Schattenbahnhof, Endstation, bitte alles aussteigen!
Der Aufbau der Anlage „Mögeldorf / Laufamholz“ ist zwar eine große Anlage (Länge und Breite in H0 je knapp 4,20 m, in N 2,20 m), doch erfordert sie wegen des flachen Terrains wenig Aufwand beim Landschaftsbau. Spanplatten als Basis genügen. Erhebungen werden aus Styropor und Gips modelliert. Rampenstrecken von Bahn und Straße baut man aus Sperrholz. Der einzige tiefer liegende Landschaftsteil, das Areal um den Straßenbahn-Bauhof im linken vorderen Anlagenflügel, wird ausgesägt und entsprechend abgesenkt. Hier liegt allerdings der planerische Hund begraben: Da die zweigleisige Hauptstrecke unter dem abgesenkten Stadteil hindurchführen und zudem noch die sich ebenfalls senkende eingleisige Strecke nach Nürnberg Rangierbahnhof queren muss, sind hier im verdeckten Teil bis 4% Steigung nötig – und das noch in der Kurve. Wessen Loks mit Zugkraft Probleme haben, der sollte auf die Trambahn verzichten, statt der Unterführung einem schienengleichen Bahnübergang den Vorzug geben und das Stadtareal auf Ebene 0 oder sogar etwas höher bauen. Als interessantes Motiv böte sich hier z.B. eine als Busdepot genutzte ehemalige Straßenbahnwerkstätte an. Beim Bahnhofsgebäude Mögeldorf ist Eigenbau angesagt, da es keinen Bausatz dieser Art im Handel gibt. Da sich wohl kaum einer sklavisch an den Entwurf halten wird – auch der Plan selbst lehnt sich an das Vorbild ja nur an –, ist natürlich auch ein anderer Bahnhof geeignet, er sollte nur größenmäßig passen. Besser hat man’s beim Schuppen: Kibri führt mit „Münchberg“ ein sehr gelungenes Modell fränkischer Bauweise im Programm. Fleißig die Säge zu betätigen wäre bei der großen Fabrik links hinten. Sie besteht fast nur aus Fassade, weswegen Wagen, die durch ihre Tore rollen sollen, möglichst kurz zu sein haben. G 10, G 20 – in den späten 60er Jahren allerdings schon eine Seltenheit – wären das Maximum.
Im Mai 1954 rollte bei Oed dieser Personenzug in Richtung unserer Bahnhöfe. Der 38er mit großen Blechen und Wannentender folgen ein ehemaliger württembergischer Packwagen mit mittlerem Speichenradsatz, ein umgebauter früherer Di-21 der Holzbauart, sechs ehemalige preußische Abteil-Dreiachser und ein Güterwagen mit Tonnendach. Fotograf der seltenen Farbaufnahme: Peter Ramsenthaler Besser die ganz kurzen Typen wie der Zehntonner G 01 oder der Ex-Amerikaner G 09, von denen es damals aber schon lange keinen mehr gab. Statt der Gründerzeit-Fassade, die natürlich optisch eindrucksvoll ist, könnte man auch ein moderneres Betonbauwerk oder eine Hallenkonstruktion vorsehen. Letztere ließe sich materialsparend z.B. aus den Ellokschuppen von Kibri oder Vollmer herstellen, hätte aber den Nachteil, wegen der großen Glasflächen viel Einblick zu bieten. An der Anlagenvorderkante befindet sich ein weiterer Gleisanschluss, der bei unserer vorherigen Rundfahrt unbeachtet geblieben ist. Er führt auf der einen Seite zum StraßenbahnBauhof, wo er auf einer kleinen Drehscheibe (Hapo) endet. Auf der anderen Seite bietet er einem Umspannwerk die Möglichkeit, die riesigen Transformatoren per Tieflader ab- und antransportieren zu lassen. Kibri und Faller haben seit dem vergangenen Jahr gut gelungene Modelle von Umspannwerken samt Hochspannungsmasten im Sortiment. Die Masten sollten aber anders als auf der Zeichnung platziert werden, da eine Fortführung der Leitung in die Hintergrundkulisse hinein kaum optisch zufriedenstellend lösbar ist. Wer keinen Wert auf die Trambahn legt, kürzt das Gleis an diesem Ende. Wer seine Anlage nicht mit Hochspannungsmasten verschandeln will, der schlage das Areal z.B. dem nur angedeuteten benachbarten BayWa- (außerbayrisch: Raiffeisen-)Magazin zu und lege hier einen Brennstoff-, Düngemittel- usw. -Großhandel an. Für den rechten Anlagenflügel gilt viel von dem bereits zum linken Gesagten. Die meisten Bauten sind aus Industriematerial erstellbar, so das Sägewerk, die Siedlungshäuser und der Überladekran. Wer den Bahnhof nicht minutiös nachbauen will, findet in Polas „Waldbrunn“ ein recht ähnliches Modell. Ein interessantes Motiv bildet die Überführung der Fernwasserleitung am vorderen Anlagenrand sowie das Autobahnfragment, das sinnvollerweise den Tunneleingang in Richtung Schattenbahnhof tarnt. Der Vorbildtreue etwas zu viel getan hat der Zeichner freilich mit den Hochspannungsmas-
ten sowie der Baumgruppe neben dem Freiladegleis. Erstere dürften im Modell durch ihre Größe ihr Umfeld zu sehr dominieren, weswegen man besser auf sie verzichtet. Zweitere bilden zwar eine gute Umrahmung für die Ladestraße, aber leider nur von hinten. Von vorne gesehen verdecken sie das ganze Motiv. Weglassen ist hier die bessere Lösung. Gleiches gilt für den halb abgeschnittenen Wohnblock vorne.
Untergrund Die Schattenbahnhofslandschaft für diesen Vorschlag ist in mindestens drei Varianten ausführbar. Die erste Version beschränkt sich auf eine Ebene und einen Durchgangs-Schattenbahnhof unter dem hinteren Anlagenteil. Prinzip: Was links reinfährt, kommt rechts wieder raus. Die Strecke nach Nürnberg-Rbf fädelt im rechten vorderen Anlagenteil ein und bekommt ein oder zwei Extra-Abstellgleise. Vorteile hier sind Betriebssicherheit, ein einfacher Aufbau und die Möglichkeit zum Abstellen langer Züge. Nachteile sind eine relativ geringe Aufnahmekapazität und der Zwang zum Rundverkehr. Version zwei teilt die unterirdischen Gleise in zwei versetzt angeordnete Richtungsgruppen und gewinnt dadurch eine größere Zahl von Gleisen. Die Strecke zum Rangierbahnhof kann dabei unter dem rechten Anlagenschenkel in eine zweite Ebene nach unten geführt werden. Dort wäre ausreichend Platz für eine weitere Gleisharfe sowie für eine Wendeschleife. Version drei sieht ei-
nen Hin-und-Zurück-Verkehr bei dreistufigem Aufbau vor: Die obere Ebene enthält den Schattenbahnhof und die Wendeschleife für die rechts (Richtung Lauf) verschwindende Strecke. Die mittlere Ebene spielt Nürnberg Rbf. Hier liegt die Wendeschleife unter der Spitze des rechten Schenkels. Die untere Ebene wird durch eine Wendel im linken Schenkel erreicht. Auf ihr liegen „Nürnberg Hbf“ und ebenfalls eine Wendeschleife. In allen Fällen werden die Schattenbahnhöfe nur in einer Richtung befahren, was bei Version eins durch eine simple Rückfallweiche in der rechten Zufahrt garantiert wird. Wer sich für den Einbau einer Straßenbahn entscheidet, kann an der linken vorderen Anlagenkante ein unterirdisches Stumpfgleis mit Pendelautomatik einplanen. Als Gleismaterial ist unbedingt Flexgleis zu verwenden, dazu die flexiblen Weichen von Tillig. Wer starre Radien verwenden muss, dürfte mit dem gegebenen Platz kaum auskommen. Christoph Kutter
Ein schematischer Schattenbahnhofsplan gemäß der im Text beschriebenen Version zwei. Die rot dargestellten Gleispartien liegen unter den schwarzen, die Pfeile geben die Fahrtrichtung an. Grafik: ku Eisenbahn-Journal 6/2002
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Mach’ mehr aus Deinem Bausatz!
GRABSTEINHANDEL OTTO HART D VON
as Ausstattungs-Set „Friedhof“ von Busch (Art.-Nr. H0 6049) enthält neben Mauerteilen, Pfeilern und Toren auch viele Grabsteine, Kruzifixe, Grab-
einfassungen, Bänke, Brunnen und weiteres Zubehör sowie ein Bestattungsfahrzeug. So manchem Modellbahner geht ein Gottesacker auf der Anlage aber gegen den Strich. Tod Oben: Der auf Grabsteine spezialisierte Steinmetzbetrieb von Otto Hart macht offenbar gute Geschäfte. Links der dem Umbau zu Grunde liegende BuschBausatz 6049. Linke Seite oben: Die Grabsteine wurden schon vor dem Einbau bemalt. Daneben die mit viel Kleinzeug ausgeschmückte Szene.
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DIETER SCHUBERT
und Verfall passen vielen nicht ins MiniIdyll. Der H0-Nekrophilie verdächtig ist freilich nicht jeder, der sich das Busch-Set zulegt. Mit dem Inhalt lassen sich nämlich auch leicht andere Motive darstellen, so z. B. das ehrenwerte Handwerk des Steinmetzes. Derartige Betriebe sind, zumindest in größeren Städten und Gemeinden, durchaus nicht nur in unmittelbarer Nachbarschaft eines Friedhofs zu finden. Sie können auch in einer ganz normalen Wohngegend ihren Standort haben. Ein Spaziergang, vielleicht noch mit einem Fotoapparat, bringt Ideen – und Bauunterlagen. Größe und Grundstücksriss eines solchen Betriebes sind individuell natürlich völlig unterschiedlich. Etwas Fläche sollte man ihm freilich einräumen. Schließlich soll ja auch dem Auge des Betrachters etwas geboten werden. Auch der Fantasie ist einiger Freiraum geboten. Mit den acht Mauerteilen von 80 cm Gesamtlänge, zwölf Pfeilern und zwei Toren lässt sich eine Fläche von etwas mehr als 20 x 20 cm gestalten. Das Motiv kann also auch bei beengten Platzverhältnissen noch gut dargestellt werden.
ALLE ABB. VOM AUTOR
Oben: Die Steine auf dem Lieferwagen sind durch Balken gegen Verrutschen gesichert. Rechts: Zwischen Straße, Bahn und Tankstelle liegt so ein Betrieb goldrichtig.
Ich habe meinen Steinmetz in einer kleinen Stadt im Osten Deutschlands angesiedelt. Der Zeitpunkt ist Anfang der 90er Jahre, als sich neben den neuen „Westschlitten“ noch viele Fahrzeuge aus DDR-Produktion auf den Straßen tummelten. Er liegt zwischen einer verkehrsreichen Durchgangsstraße und einem Werksanschlussgleis. Die Umfassungsmauer für das Grundstück entstand aus den Teilen des Busch-Sets. Vor dem endgültigen Einbau verpasste ich Vorder- und Rückseiten eine entsprechende Farbgebung, in gleicher Weise wurden die Pfeiler behandelt. Der filigrane Eisenzaun, der das Firmengelände zur Straße hin abschließt, entstammt
einem Pola-Bausatz. Alternativ dazu empfehlen sich Zaun- und Torteile aus dem Auhagen-Set „Zäune und Tore“ (42648). Kopfsteinpflaster von Auhagen sowie die DekoPlatten 7035 von Busch dienten zur Gestaltung der Durchfahrt sowie der Ausstellungsflächen des Betriebsgeländes. Die Straße wurde mit Faller-Pflasterfolie Nr. 601 dargestellt, der Bürgersteig mit den Fußweg-Teilen von Auhagen (12254). Sein stattliches Eigenheim ließ bereits der Vater von Meister Otto Hart durch die Firma Kibri entwerfen und bauen. Meister Hart verdient sein Geld derzeit vor allem mit Grabsteinen, die er selber herstellt und auch vertreibt. Gestorben wird schließlich
immer und 1991 hatten die Leute im Osten kein Geld für Statuen oder ähnliche anspruchsvollere Objekte aus seinem Repertoire. Daher hat Hart ein paar Demo-Gräber angelegt, um seine Kollektion wirkungsvoll präsentieren zu können (die Ausstattung der BuschPackung verleitet natürlich zu einer solchen Gestaltung ...). Wer seinem Steinmetz eine mehr künstlerisch ausgerichtete Kollektion zugestehen möchte, kann ja ein paar passende Z-, N- und/oder TT-Figuren steinfarben anmalen und auf Sockel stellen. Auch bereitstehende Steinplatten aus Kunststoff in unterschiedlichen Formaten, Stärken und Farben machen sich gut. Anregungen gibt’s – wie gesagt – beim echten Betrieb.
Nicht verschlafen!
8. MODELLBAU-WETTBEWERB
Z
20 Bargeld- und Sachpreise im Wert von ca. 4000 Euro warten auf Sie. Fordern Sie einfach per Post, Fax oder e-mail die Teilnahmebedingungen an!
DES
EISENBAHN-JOURNALS
Ich interessiere mich für den 8. Modellbau-Wettbewerb! Bitte senden Sie Teilnahmebedingungen und Fotoleitfaden an: Name:
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Adresse:
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Fax-Nr.
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Brekina-Modell mit Faller-Car-System:
Großraumtaxi Seit einigen Jahren beschäftigt sich Jörg Böhme aus Gera mit dem Umbau von Modellautos. Im Folgenden beschreibt er den Umbau zweier Lkw S 4000-1, die er mit einem Viehtransportaufbau versah und in einigen Details verbesserte. Für die Lauscha-Anlage des Ostthüringer Modelleisenbahnclubs Gera baute ich in den letzten Jahren Straßenfahrzeuge um, versah diese mit einer Neulackierung und ergänzte einige Details. Zudem wurden über 20 Fahrzeuge nach dem Faller-Car-System motorisiert. Brekina brachte das Modell des S 4000-1 auf den Markt. Das Vorbild wurde ab 1958 zuerst in Zwickau und ab 1960 in Werdau produziert. Bis zur Produktionseinstellung 1967 entstanden über 22 000 Fahrzeuge mit verschiedenen Aufbauten. Im Mai 1999 sah ich beim IFAOldtimertreffen in Werdau neben Kippern und Feuerwehrfahrzeugen auch einen Viehtransporter. Das Fahrzeug gefiel mir sofort und da es fraglich ist, ob Brekina den S 4000 je mit diesem Aufbau produziert, entschloss ich mich, die Variante nachzubauen und mit dem FallerCar-System auszurüsten. Gleichzeitig entstand ein zweiter, jedoch unmotorisierter Lkw desselben Typs, der dafür mit einer zu öffnenden Heckklappe versehen wurde. Als Material für den Aufbau kamen bei beiden Varianten die Brawa-Bretterplatte und Plaststruct-Profile aus Kunststoff zum Einsatz. Die zum Teil aus einzelnen Brettern bestehenden Seitenwände klebte ich auf je zwei innen liegende Streifen Vierkantprofil, die zugleich die Ecken stabilisieren. Anschließend wurden die außen sichtbaren senkrechten Metallstreben mit 82
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dünnen Kunststoffprofilen nachgebildet. Diese kamen auch auf die Stirnwand, welche keine Luftschlitze besitzt. Die drei Seitenwände verklebte ich miteinander und setzte im Dachbereich eine 1 mm dicke Kunststoffplatte ein. Beim motorisierten Lkw besteht die Rückwand auch aus Kunststoffteilen, wobei die Nachbildung der Rampe aufgeklebt wurde. Beim Standmodell hingegen sollte sich diese Rampe herunterklappen lassen. Da diese seitliche Geländer besitzt und auch sonst recht filigran ist, entschloss ich mich dazu, Messingprofile und Kupferdraht zu verwenden. Nur für die im Rahmen liegenden Holzeinsätze und die Teile neben der Heckklappe fand die Kunststoffplatte Verwendung. Die vier Seiten des Messingprofilrahmens der Rampe bestehen aus einem Stück. In dieses Profil wurde an den späteren Ecken eine dreieckige Kerbe eingesägt. Dieses Profil wurde nun zu einem Rechteck gebogen und am unteren Ende verlötet. Zwei weitere Profile wurden in Längstrichtung eingepasst. Zuvor bekamen diese je zwei Bohrungen für die beiden im Anschluss eingelöteten Stützbügel. An diesen Profilen fanden weiter zwei dreieckige Messingbleche ihren Platz. An der später hervorragenden Ecke wurden diese zuvor mit einer Bohrung versehen und die Spitze abgerundet. Das Vorbild besitzt einen Federzug, der das Öffnen
und Schließen der Heckklappe erleichtert. Für die Nachbildung im Modell wurde durch die Bohrungen der Dreieckbleche ein ca. 6 cm langer Kupferdraht geführt. Rechts und links der Klappe wurde dieser rechtwinklig umgebogen. Zwei dünnere Drähte wurden nun als Federimitation herumgewickelt und auf der Rückseite mit Lötzinn fixiert. In die drei vorhandenen Zwischenräume des Rahmens wurden schmale Streifen der Bretterplatte eingefügt. Da die Rampe in ihrer äußerlich sichtbaren Länge, im heruntergeklappten Zustand zu steil wäre, befinden sich am oberen Ende zwei Stützbügel, die ein Aufliegen am Boden verhindern. Auf der Innenseite der Heckklappe wurde an zwei Ösen ein Stück Riffelblech befestigt, welches zur Viehverladung heruntergeklappt werden muss. Um die gesamte Heckklappe zu bewegen, musste auch am unteren Ende ein Drehpunkt geschaffen werden. Durch eine am Rahmenprofil angelötete Metallhülse wurde ein Kupferdraht geführt und beidseitig abgewinkelt. An der beim Standmodell fest eingesetzten Bodenplatte klebte ich an der Unterseite einen Streifen Messingblech auf. Die beiden Enden des Kupferdrahtes werden mit dem Blech unter dem Boden verlötet. Nun erfolgte auch beim Standmodell der Einbau der noch fehlenden Rückwandteile. In diese zum Teil mit Lüftungsschlitzen versehenen Wandteile wurde bei-
derseits unmittelbar neben der Heckklappe je eine schräg nach oben verlaufende Bohrung gesetzt. Die überstehenden Drahtenden der Federzugimitation bewegen sich nun beim Öffnen und Schließen der Klappe in diesen Bohrungen. Um ein vollständiges Herausrutschen zu verhindern, wurden die Enden im Inneren etwas umgebogen. Die Oberseite des Aufbaus ist mit einer Plane versehen. Über die bereits eingesetzte 1 mm dicke Kunststoffplatte wurde eine zweite an den Längsseiten abgerundete Platte geklebt. An die Stirnseiten kam zusätzlich noch je ein Streifen von 0,5 mm Stärke. Spalten wurden mit Spachtel verschlossen. Mit der Trennscheibe und einem kleinen Schleifstift wurden nun die Falten in der Plane nachgebildet. Die farbliche Behandlung erfolgte mit seidenmatten Farben von Revell. Eine Lasur aus stark verdünnter dunkelgraubrauner Farbe hob die Strukturen des Holzes und der Plane hervor. An der Rückwand fanden wie beim Vorbild Schaufel und Besen ihren Platz. Während beim Standmodell der Aufbau fest mit der Bodenplatte verklebt wurde, wird der Aufbau beim motorisierten Fahrzeug nur aufgesteckt. Dessen Motor liegt leicht nach unten geneigt im entsprechend zurechtgefeilten Rahmen. Reedkontakt und Schiebeschalter finden links und rechts davon unter der Bodenplatte ihren Platz. Die Akkus werden nur in eine Halterung oberhalb des Motors eingesteckt. Diese Halterung sichert zugleich den Motor in seiner Lage. Bei Faller werden die Akkus fest eingelötet. Für die im Ausstellungsbetrieb eingesetzten Fahrzeuge ist diese Methode aber ungeeignet, da der Ladevorgang bis zu acht Stunden in Anspruch nimmt. Durch die Austauschbarkeit verkürzt sich diese Standzeit auf wenige Sekunden. Da das Aufladen außerhalb vom Fahrzeug in einer separaten Ladehalterung erfolgt, konnte auf den Einbau der Ladebuchse im Fahrzeug verzichtet werden. Diese befindet sich mit an der Ladehalterung, wodurch die vorhandenen Ladegeräte weiterhin ohne Veränderung nutzbar bleiben. Die Vorderachse wurde bei beiden Modellen durch eine lenkbare Achse von Faller ersetzt. Beim Standmodell fehlt allerdings der Schleifer mit dem Lenkmagneten. Für den Halt der Hinterachse wurden zwei mit einer Bohrung versehene Kunststoffteile eingeklebt, da der Bereich der ursprünglichen Halterung nun für den Einbau des Ritzels benötigt wird. Da die über Schnecke und Ritzel erzeugte Geschwindigkeit des Fahrzeuges recht hoch ist, sollte also etwas Gas (Spannung) weggenommen werden. Mit einem Spannungsabfall von 0,6 V
brachte der Einbau einer Diode den gewünschten Erfolg. Mit der für die Fahrt durch Ortschaften angemessenen Geschwindigkeit dürfte sich nicht nur das liebe Vieh wohler fühlen, auch die Ausstellungsbesucher können so das Fahrzeug etwas länger betrachten. Die Kunststoffpeilstangen sind entfernt worden und an deren Stelle zwei Löcher gebohrt. Unterhalb der Stoßstange klebte ich ein Stückchen zuvor einseitig verzinntes Messingblech auf. Ein Stück Kupferdraht wurde zweimal im rechten Winkel umgebogen. Mit dem vorherigen Verzinnen wurde erreicht, dass der Draht schnell aufgelötet werden kann, ohne den Kunststoff zu verformen. Die über der Stoßstange liegenden Drahtenden werden leicht nach außen gebogen und die oberen Spitzen mit einer kleinen Zange flach gepresst und befeilt. Die Spiegel, ebenso bruchgefährdet, entstanden aus Kupferdraht und Messingblech. Auf der Innenseite der Türen wurden auch hier zuvor verzinnte Blechstücke eingeklebt. Das Fahrerhaus wurde beim Brekina-Modell mit Winkern ausgestattet. Das von mir gewählte Vorbild jedoch besitzt Blinker, die auch am Modell nicht fehlen sollten. Mit dem Bastelmesser entfernte ich die alten Richtungsanzeiger und bohrte je zwei Löcher neben die Scheinwerfer. Nachdem der neue seidenmatte Lack, welcher mit dem Pinsel aufgetragen wurde, trocken war, klebte ich die Blinker in die Bohrungen. Die Blinker stellte ich zuvor selber her, indem ich aus dem Material einer TicTacOrange-Schachtel winzige T-förmige Teile ausschnitt. Auch mit dem Aussehen der Scheinwerfer war ich nicht zufrieden. Diese waren zu dunkel. Das Hinterlegen mit weißer Farbe führte nicht zum Erfolg, da das Material der Scheinwerfergläser zu dick war. Mit dem Fräser entfernte ich von innen einen großen Teil davon und wurde nach erneuter Farbhinterlegung mit den nun deutlich besser aussehenden Scheinwerfern für die Mühe belohnt. Nachdem die Nummernschilder angebracht waren, nimmt beim motorisierten Modell ein Preiserlein hinter dem Lenkrad Platz, während sein Kollege aus dem Standmodell bei der Verladung mit anpacken muss.
Die Bildfolge zeigt die Entstehung des Verschlages, eine Detailaufnahme der Heckklappe und die Lenkung. Links eine Vorbildaufnahme und die Modellumsetzung, wie sollte es anders sein, in Badel! Schaltplan des geänderten Stromverlaufs und ein Blick auf die Akkus. Abb.: J. Böhme, EJ-HS
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Vom Vorbild zum Modell
Schmiedeberg 1924 Nun wird es grün in Schmiedeberg: Nach gut eineinhalb Jahren Bauzeit geht es an die Landschaftsgestaltung. Im Vordergrund steht dabei die Verwendung natürlicher Materialien, deren richtiger Einsatz und die farbliche Abstimmung.
VON MARTIN BRENDEL
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Teil 8: Wald und Flur
„Aus einer wüsten Wald- und Heidegegend ist die Ortschaft emporgestiegen, welche der Aufenthaltsort vielen Wildes, insbesondere von Bären gewesen ist. Dafür sprechen nicht nur die ausgedehnten Waldungen, von denen Schmiedeberg fast von allen Seiten umgeben ist, sondern auch die Namen mehrerer Nachbarorte, wie Bärenfels, Bärenburg, Bärenhecke und Bärenstein ...“ heißt es in einer Ortsbeschreibung von 1912. Dichte Wälder zogen sich im Tal der Roten Weißeritz oberhalb von Schmiedeberg die Berghänge empor, sodass die Bevölkerung von einem Urwald sprach und diese Gegend mied. Die Ausläufe dieser Wälder reichten bis in die Mitte des Ortes und somit auch bis an die Bahnhofsanlagen heran. Es war also unumgänglich, auf meiner Anlage auch Wald nachzubilden. Den Grünflächen innerhalb des Ortes sowie den Alleen wird ein weiterer Beitrag gewidmet sein. Viele Module und Anlagenteile hatte ich bisher gestaltet, doch mit der Nachbildung der Landschaft war ich nie so recht zufrieden. Bei Schmiedeberg wollte ich daher eine Reihe für mich neuer Bautechniken anwenden. Ich machte mir erstmals am Vorbild bewusst, welche Höhen die unterschiedlichen Vegetationsschichten aufweisen und welche Farben
natürlich wirken. Hält man sich auch im Modell an die vorgegebenen Strukturen, ist das schon fast die halbe Miete – doch fangen wir lieber mal ganz unten an.
Die Kraut- und Bodenschicht In der Kraut- und Bodenschicht findet man je nach Klima vor allem Gräser und Farne. Geht man mit offenen Augen durch die Natur, wird man feststellen, dass diese Schicht bis in eine Höhe von 1,5 m reicht. Im Maßstab 1:87 entspricht das immerhin 17 mm. Für die Umsetzung ins Modell suchte ich also nach Materialien aus langen Fasern, die feine Strukturen aufweisen. Als Untergrund für alle Grünflächen schnitt ich aus einer Grasmatte von Busch kleine Stücke aus und klebte diese mit Weißleim auf den aus Styroporplatten gebildeten Unterbau. Eine unregelmäßige Anordnung und sich teilweise überlappende Stücke geben der Landschaft einen natürlich wirkenden Untergrund. Anschließend ging ich daran, die Übergänge zwischen den Mattenteilen und weitere grö-
Als Unterbau der Landschaft wurden auf den Rahmen Styroporplatten geleimt und passend zugeschnitten. Grasmatten von Busch und Wildgras von Heki bilden den Bodenbewuchs nach. Oben links sind die verschiedenen Moosarten zu sehen, aus denen hohe Gräser und Farne entstanden. Sie wurden Stück für Stück einzeln mit Weißleim auf den Untergrund geklebt. Abschließend wurde die Landschaft mit aufgelösten Naturfarbpulvern abgetönt und die Spitzen von Gräsern abgesetzt.
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Oben: Moose dienen zur Nachbildung von allerlei Gestrüpp. Sie werden einzeln von Hand oder mit der Pinzette eingesetzt. Ganz oben: Ein Personenzug – die Lok noch in Länderbahnfarben – verlässt den Bahnhof in Richtung Hainsberg. Der Hang hinten ist aus einer Vielzahl kleiner Elemente zusammengesetzt und wirkt dadurch sehr natürlich. Links zwei Vegetationsstücke, die verschiedene Gräser und Büsche zeigen.
ßere Flächen mit Wildgras von Heki zu überziehen. Auch hier ist es wieder wichtig, das Material möglichst in viele kleine Stücke zu teilen und diese einzeln zu verbauen. Etwas aufwändiger und zeitintensiver ist die Nachbildung der vielen höheren Gräser, Ähren, Goldruten oder Farne. Hierfür eignen sich besonders gut verschiedene Moose, die sich auf Waldwanderungen zusammentragen lassen. Sie werden je nach dem nachzubildenden Vorbildgewächs entsprechend beschnitten und einzeln Stück für Stück aufgeklebt. Weiters verwendete ich feine, haarähn86
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liche Fasern und Pflanzenteile aus Floristikund Dekobedarf sowie, allerdings nur sehr sparsam, das bekannte Heki-Flor. Bevor man Naturmaterial verbaut, sollte man es freilich mit Glyzerin behandeln. Es ist in Apotheken erhältlich und muss 1:10 oder besser 1:5 mit Wasser verdünnt werden. In die (völlig harmlose) Lösung legt man Moose, Rispen usw. einige Tage ein. Danach sind sie komplett versiegelt und nach dem Trocknen alterungsbeständig. Eine sehr große Bedeutung für das natürliche Aussehen der Miniatur-Natur hat die Farbge-
bung. Viele Industrieprodukte sind eher in etwas chemisch wirkenden Farbtönen gehalten, die es gilt nachträglich abzutönen. Was gibt es Realistischeres als Naturprodukte, dachte ich mir, und legte mir einen kleinen Vorrat an natürlichen Farbpulvern zu, die in unterschiedlich großen Mengen im Künstlerbedarf erhältlich sind. Mit Wasser als Bindemittel versetzt und mit einer Airbrush-Pistole auf die Landschaft aufgetragen, erzeugen sie einen sehr realistischen Eindruck. Am Hang oberhalb der Ausfahrtsgleise in Richtung Hainsberg gestaltete ich eine kleine
Oberhalb der Strecke wird Heu geerntet. Um das in Reihen zusammengerechte Heu darzustellen, wurde Streugras mit der Hand in Form gebracht und mit Wasser-/Weißleim-Gemisch befestigt (rechts). Die bekannten Figuren von Preiser beleben das Motiv.
Wiesenfläche, auf der einige Frauen und Männer mit der Heuernte beschäftigt sind. Das gemähte und zu Bahnen aufgehäufte getrocknete Gras bildete ich aus einzelnen Grasfasern nach. Diese streute ich auf den Untergrund und drückte sie mit den Fingern in die entsprechende Form, bevor sie mit verdünntem Ponal-Weißleim verklebt wurden. Abschließend habe ich die Fläche mit gelb-braunen Tönen eingefärbt und ein paar Preiserlein aufgestellt.
schicht zusammensetzen. Beachtenswert sind die vorbildgerechten Höhen, die wohl meist unterschätzt werden. Im Maßstab 1:87 erstreckt sich diese Zone immerhin bis in eine Höhe von ca. 10 cm. Zur Nachbildung von Sträuchern eignet sich auch hervorragend das zum Beispiel von MZZ angebotene Seegras. Das Material wird belaubt (siehe Baumschicht), in kleine Stücke zerlegt und in der jeweils typischen Wuchsform aufgestellt. Am Schluss erfolgt die farbliche Behandlung mit Naturfarben durch Airbrush.
Die Strauchschicht Wichtige Pflanzen dieser Vegetationsebene sind unter anderem die Heckenrose (bis 3 m), der Weißdorn und der Holunder (beide ca. 4 m) sowie der Flieder (ca. 8 m). Sie lassen sich ebenfalls aus den Materialien der Kraut-
Die Baumschicht Die Nachbildung realistisch aussehender Bäume gehört wohl mit zu den aufwändigsten Aufgaben im Landschaftsbau. Nicht nur die Herstellung kostet viel Zeit, sondern auch die
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Oben: Ein fertiges Baumgerippe. Es wurde aus zwei Wurzelteilen zusammengesetzt (rechts daneben).
Beschäftigung mit dem Vorbild, um ein möglichst realistisches Modell zu erhalten. Aus diesem Grunde griff ich auf die Produkte des Münchner Herstellers Silhouette zurück und legte mir zwei Pappeln, eine Hängebirke und einen Apfelbaum zu. Sie waren für spezielle Stellen auf der Anlage gedacht, an denen, wie auf alten Fotos zu erkennen ist, solche Bäume standen. Die Modelle sind in Links: Mit diesen Materialien wurde das Seegras begrünt, das dann zur Belaubung der Wurzel-Bäume diente (rechts). Schwächere Bäume entstanden aus Rispen (unten).
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sehr hoher Qualität gefertigt und geben die typische Wuchsform hervorragend wieder. Allerdings sind sie auch entsprechend teuer. Möchte man eine Anlage von vier Metern Länge bepflanzen, stößt man rasch an seine finanziellen Grenzen. Also ging ich zum Eigenbau über. Für Stamm und Geäst der Bäume habe ich Wurzeln verwendet. Ein Freund brachte mir
von einer Bergwanderung ausgewaschenes Wurzelwerk mit. In alpiner Gegend ist dieses oft besonders interessant geformt. Da die wenigsten Wurzelstöcke direkt verwendbar sind, habe ich sie in größere Teile zerlegt. Aus diesen wurden dann die Baum-Gerippe zusammengesetzt. So sieht kein Baum aus wie der andere und im Gegensatz zu manchen Fertigprodukten hat man hier den Eindruck, es mit „Charakterbäumen“ zu tun zu haben. Auch bei der Begrünung beschritt ich neue Wege. Als Basismaterial verwendete ich das bekannte Seegras, das durch seine feinen Strukturen besticht. Als Begrünung setzte ich eine Mischung verschiedenster Streumaterialien und Flocken ein. Einen großen Anteil nehmen dabei die aus Kindheitstagen bekannten eingefärbten Sägespäne ein, die ich mit Naturfarben grün einfärbte. Die unterschiedlichen Materialien wurden gemischt und damit das in flüssigen Weißleim eingetauchte Seegras begrünt. In kleine Stücke zerteilt, bietet sich dieses Material dafür an, mit ihm die Baumgerippe zu begrünen. Als Ergebnis dieser etwas mühevollen Arbeit erhält man Bäume, die sehr natürlich aussehen und nur wenig kosten. Vor dem Einbau in die Anlage habe ich manche Bäume noch etwas farblich nachbehandelt, sodass sie unterschiedliche Grüntöne aufweisen. Die nächste Folge der Serie befasst sich mit Gebäudebau am Beispiel des charakteristischen Schmiedeberger Gasthofes.
Zwei fertige Geländepartien. Auf dem Bild ganz oben sind auch die Hängebirke und die Pappel von Silhouette zu sehen, die sehr gut zu den Selbstbau-Bäumen passen. Alle Abb.: M. Brendel
Bisher erschienene Folgen:
EJ 10/01: Gleise, Weichen und Elektrik.
EJ 4/01: Zum Vorbild – Wie es damals war.
EJ 12/01: Schotter, Sand und Kies. EJ 2/02: An der Weißeritz. EJ 4/02: Bahnhofsgestaltung.
EJ 6/01: Planung, 3D-Zeichnung, Gleisplan. EJ 8/01: Rahmenbau.
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H0-Eigenbau der E 44.5 / niedrige Serie auf Roco- und Piko-Basis
DIE GIBTS DOCH ... NOCH NICHT! Die 144.5 der niedrigen Serie (E 44 502–505) gehörten zu den letzten Altbauelloks der DB. Erst 1984 schied sie aus dem Bestand aus. Bereits damals wartete ich vergeblich auf ein H0-Modell. Ihr Handicap für eine Modell-Nachbildung scheint zu sein, dass selbst Kenner meinen, die Lok gäbe es doch schon von Roco. Leider ist dies nur zum Teil richtig. Eines der ersten Modelle des Salzburger Herstellers war die E 44.5. Noch heute beeindruckt es durch seine Detaillierung gerade im Bereich der Drehgestelle. Sein Vorbild war aber die zweite Serienausführung mit dem markanten, zum Zwecke der Materialersparnis durchlöcherten Rahmen. Nachdem auch die diesjährige Nürnberger Messe in Sachen E 44.5/niedrige Serie für mich enttäuschend war, dachte ich ziemlich laut: „Jetzt reicht es, ich baue die Lok selbst!“
Konstruktion und Materialbedarf Trotz intensiver Recherche nach Originalunterlagen der Baureihe E 44 502–505 konnte ich keine finden. Also machte ich mich daran, die im Bereich des Bahnhofs Freilassing stehende Denkmalslok 144 502 zu vermessen und eine maßstäbliche Zeichnung zu erstellen. Aufgrund der Einheitsbauweise beim Vorbild 90
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bot es sich an, für den Lokkasten den der E 93 von Piko zu verwenden. Er ist mit dem Einheitsführerstand ausgestattet, wie er auch bei der E 75 Verwendung fand, und weist exakt dieselben Abmessungen der Seitenfenster auf. Für das Fahrgestell sowie die Antriebstechnik kam nur das Roco-Modell der E 44.5 in Frage. In einer ersten Bestandsaufnahme ermittelte ich den Bedarf an Hauptbaugruppen sowie andere notwendige Materialien: • 1 Modell der E 44.5 von Roco (Flohmarkt). • 1 Gehäuse der E 93 von Piko, voll aufgerüstet. • 6 Gehäuse der E 93 ohne Zurüstteile • 2 Sätze Fenstereinsätze zur E 93 • Plastruct-Bastelplatten in verschiedenen Materialstärken von Piko • 4 Lampen von der Piko-E 04 • 2 Nietenbänder von Günther • 6 Stangenhalter von Weinert • Ätzschilder BD München und Bw Freilassing von MK-Schilderversand • 1 Beschriftungssatz von Simrock & Simrock • Sekundenkleber, hier Nr. 401 von Loctite • Spachtelmasse und Grundierung • Farben: Chromoxydgrün, Schwarz, Silbergrau und Mattlack von Weinert. Da die Firma Günther seit Anfang 2002 nicht
VON HANS KIRCHNER mehr liefert, dürfte es schwierig sein, Nietenbänder zu bekommen. Notfalls muss man sich Nietbänder für Wagner-Windleitbleche von Weinert zurechtschneiden. An Werkzeugen sind unabdingbar: • Bastelkreissäge, z.B. von Böhler • Kleinbohrmaschine mit Sägeblatt. • Feilen • Schmirgelpapier (200er, 400er, 600er) • Skalpell • diverse Bohrer von 0,5 bis 1,0 mm Durchmesser • Pinsel oder besser Airbrush zum Lackieren.
Bau des Lokgehäuses Zuerst habe ich den aufgerüsteten Lokkasten der E 93 aller Zurüstteile entledigt. Sie wurden sorgfältig verwahrt, da die meisten später wieder benötigt werden. Dann habe ich an allen E 93Gehäusen die Führerstände abgetrennt. Gleiches geschah mit den schwarzen Rahmenteilen auf den Lokseiten, die nur eine Reihe Fenster und Lüftergitter aufweisen (keine Lüftergitter unter der mittleren Leiste). Bei beiden Führerständen habe ich zunächst die großen Aussparungen in der Front verschlossen und die Regenrinnen der E 93 abgefeilt. Ein
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Links und unten: Das Modell und sein Vorbild. Dieses wurde am 31. Mai 1981 in Ruhpol23,1 ding aufgenommen. Rechts die Aufteilung des Gehäuses der E 93 (Mitte) und die Zusam17,8 23,1 mensetzung der E 44.5Gehäuseseiten. Abbildungsmaßstab: 1:87. Für den Nachbau maßgeblich sind die Maßangaben (in mm)!
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senkrechter Schnitt durch die abgeschrägten Ecken und anschließend eingesetzte, 2 mm breite Stückchen Plastruct verlängerten die abgeschrägten Seiten. Da sich die Türen der E 44.5 gegenüber denen der E 93 weiter hinten befinden, habe ich auch hier je vier Streifen von 2 mm Breite eingesetzt. Am Ende der Führerstände wird die Lok wegen des Maschinenraums etwas breiter. Dieser Gehäuseteil zwischen den Führerständen ist in H0 10,6 cm lang. Um die Einzelteile richtig platzieren zu können, die später aus den E 93-Seitenwänden herausgeschnitten werden, habe ich eine Kunststoff-Montagelehre angefertigt. Sie entspricht exakt dem Lokkasten-Grundriss minus der Materialstärke (also den Innenmaßen des Kastens). Die Lehre wurde 3 mm unterhalb der Fenster zwischen die Führerstände geklebt. Damit war sichergestellt, dass der Lokkasten exakt 14,2 mm lang ist und die Wände rechtwinklig stehen. Schwierig war der Bau der Seitenwände, vor allem der Seite mit dem Lüfterfeld. Von den sechs Gehäusen der E 93 konnte jeweils nur eine Seite verwendet werden. Wie die Teile gestückelt wurden, zeigt die Abbildung oben. Die Abstände der Seitenfenster zueinander betragen 10 mm. Die Fensterbreite beträgt 8 mm. Entsprechende Stücke wurden aus den E 93-Seiten herausgesägt, an der Lehre fixiert und aneinander geklebt. Die Endstücke mussten etwas länger sein, da ich an ihren Enden noch Schrägen anfeilen musste. Die Lüftergitter für das nur einseitig vorhande-
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E 4,45 4,45
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ne Sechserfeld waren einzeln aus den E 93 herauszusägen. Doch nicht genug: Weil die Gitter der E 44.5 schmaler sind als die der E 93, musste jedes zersägt und neu zusammengesetzt werden. Ohne eine Tischkreissäge mit genauem Anschlag hat man bei dieser Arbeit keine Chance! Wenigstens muss man die Lüftergitter nicht auch noch einzeln in den Lokkasten kleben: Sie sitzen beim Vorbild erhöht, sodass man sie
einfach auf ein zuvor eingepasstes PlastructStück kleben kann. Da die Höhe des Lokkastens im Mittelteil zu niedrig ist, muss hier auf beiden Seiten ein 6,8 mm breiter Plastruct-Streifen eingesetzt werden. Eine echte Herausforderung ist das Dach. Vorhandene Teile konnten nicht verwendet werden.
Gleiche Buchstaben bezeichnen 20,5 gleiche Gehäusepartien. Die Breite ist aber z.T. verschieden. 26,7 Maßgeb8,9 8,9 lich ist bei B und 10,2 D die 22,5 Lage des 8,9 Fensters. 3,4 Das 4,45 4,454,45 4,45 Gitterfeld C wird aus 17,8 mehreren solchen Teilen zusammengesetzt. Nicht 20,5 bezeichnete Teile bestehen aus Plastruct.
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Also entstand es komplett im Eigenbau. Dazu habe ich drei 1 mm starke Plastruct-Platten (Länge 14,7 cm, Breite 3,5 cm) zusammengeklebt und die Seiten entsprechend der Dachwölbung mit dem Schmirgelpapier rund geschliffen. Der außermittige Aufbau auf dem Dach entstand nach demselben Verfahren, jedoch nur 2 mm hoch. Den Hauptschalter habe ich vorsichtig vom Dach der E 93 abgetrennt und entsprechend platziert. Anschließend wurde das fertige Dach auf den Lokkasten geklebt. Als Feinarbeit waren die abgerundeten Rahmenenden an den Führerstandsecken zu gestalten. Je vier Plastruct-Streifen von 2 mm Breite habe ich dort angeklebt und rund geschmirgelt. Besondere Sorgfalt erforderte nun das Ablängen und Biegen der Nietenbänder. Sie ziehen sich ausschließlich der Türen um den ganzen Lokkasten. Gerade an den Ecken der Führerstände war mehrfaches Anpassen erforderlich, denn der LoctiteKleber bindet sofort ab und lässt nicht einmal sofortiges Verschieben in die exakte Lage zu. Auch im Bereich des Daches, dort wo die Stromabnehmer stehen, oder besser gesagt, die die Stromabnehmer tragenden Isolatoren, sind je zwei Nietenbänder vorzusehen. Anschließend habe ich die Standorte der Isolatoren ermittelt und entsprechende Löchlein gebohrt. Der nun fertige Kasten wurde genau unter die Lupe genommen. An Klebestellen vorhandene Spalten habe ich mit Spachtelmasse verschlossen und anschließend glatt geschmirgelt. Dann Eisenbahn-Journal 6/2002
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Ganz oben: Das schon grundierte Gehäuse. Die braunen Streifen stammen von Spachtelmasse. Darunter die Dachausrüstung, die mit Teilen der E 93 komplett neu entstand. Die Anschriften stammen von Simrock & Simrock und werden aufgerieben (oben) bzw. sind Schilder vom MKSchilderversand. Links die beiden E 44.5Spielarten im Vergleich, darüber die Seite ohne Lüfterfeld. Alle Abb. vom Autor
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wurden die Griffstangen an den Stirnseiten der Lok angebracht. Im nächsten Arbeitsschritt habe ich das Gehäuse grundiert und nach dem Aushärten mit den Farben Silbergrau, Chromoxydgrün und Schwarz (in dieser Reihenfolge) von Weinert lackiert. Den sauberen Verlauf der Trennkanten stellte ich durch Abkleben mit Tesa-Band sicher. Nach dem neuerlichen Aushärten der Farbe konnte ich mit der Beschriftung beginnen. Die Bw- und BD-Schilder von MK-Schilderversand habe ich mit Pritt-Stift fixiert. Die übrigen Anschriften sind solche zum Aufreiben von Simrock & Simrock. Damit die Beschriftung auch dauerhaft hält, wurde der Lokkasten mit Mattlack überzogen. Nun konnte ich die Dachausrüstung wie Stromabnehmer und Isolatoren und die Trittbretter anbringen. Die Leitungen habe ich zum Teil von der E 93 übernommen, zum Teil aus Messingdraht (0,5 mm) selbst angefertigt. Die Glocken und Pfeifen stammen vom Roco-Modell. Im letzten Arbeitsgang habe ich die Fenster einzeln eingesetzt und die Aufstiegsleitern angebracht.
Fahrgestell und Antrieb Diese Baugruppe habe ich komplett von der Roco-E 44.5 übernommen. Allerdings ist die Lok so etwas zu lang; diesen Kompromiss musste ich aber eingehen, da die unteren Lampen des Spitzenlichts auf den Pufferbohlen angebracht werden. In Kurvenfahrt können die Laternen den Lokkasten streifen und abbrechen oder zu einer Entgleisung führen. Wesentliche Arbeit ist es, das filigrane Bremsgestänge, das an den Drehgestellen angespritzt ist, mit einem Skalpell sorgfältig zu entfernen. Die 144 502–505 hatten kein solches Bremsgestänge. Bevor das Gehäuse aufgesetzt werden konnte, musste ich auch noch vom Gewichtsblock auf beiden Seiten mit der Tischkreissäge etwa 2 mm absägen. Die fertige Lok wird einen Ehrenplatz in der Vitrine einnehmen. Meine Hoffnungen auf ein Serienmodell habe ich als stolzer Besitzer dieses Einzelstücks freilich ad acta gelegt ... Oder sollte vielleicht doch einer der Hersteller durch diesen Artikel auf den Geschmack gekommen sein? Den Fans dieser Baureihe würde ich es wünschen!
Bastelpraxis
Mehr Zugkraft durch Moosgummi 1
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ielen Modellbahnern ist es eine vertraut-leidige Erfahrung: Trotz ausgiebiger Einlaufphase zieht ein neues Lokmodell nicht richtig, auch die Kontaktsicherheit lässt zu wünschen übrig. Zu geringes Gewicht und zu wenige Stromabnehmer sind die Ursachen. Falsche Brünierung oder Vernickelung der Radreifen setzt dann möglicherweise dem Ganzen noch die Krone auf: Es bewegt sich gar nichts mehr. Heutzutage haben die Herseller solche Probleme zwar durchweg im Griff, doch besitzen viele Modellbahner eine oder mehrere Lok-Leichen, die bestenfalls für einen StandEinsatz im Bw taugen. Motoren und Getriebe sind aber meist gar nicht so schlecht, weswegen sich der Einbau eines Glockenankermotors kaum lohnt – ganz abgesehen vom Preis. Ohnehin nutzt kein Motor etwas, wenn der Strom fehlt. Dem gilt es abzuhelfen. Platz für zusätzlichen Ballast steht in vielen H0-Lokomotiven ausreichend zur Verfügung oder kann durch Umrüstung der platzraubenden und antiquierten Lampenbeleuchtung auf LED geschaffen werden. Die komplizierte Form der Hohlräume macht die Anfertigung der Gewichte aber nicht gerade einfach. Hier hilft Moosgummi weiter: Das meist als Grundlage für Blumengestecke genutzte Material kann stark zusammengedrückt werden und behält dann seine Form. Mein erstes Opfer war die V 65 von Kato (Hobbytrain). Ein Moosgummi-Block wurde entsprechend dem großen Hohlraum zwischen Gehäuse und Fahrwerk grob in Form geschnitten und in der Lok platziert (Bild 1). Durch Andrücken des Gehäuses ließ sich der Schaumstoff in die Form des Hohlraumes pressen (Bild 2). Lediglich im Bereich der Antriebsschnecke musste noch nachgearbeitet werden (Bild 3). Zur Herstellung der Gießform wurde der Moosgummi-Block mit doppelseitigem Klebeband an einem Metallstück fixiert und in einen kleinen Kunststoffbehälter (z.B. Joghurtbecher) gelegt (Bild 4). Nun habe ich schnell härtenden Modellgips in die Form gegossen. Das Metallstück verhinderte ein Aufschwimmen des
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Schaumstoffes. Nach dem Aushärten wurde der Moosgummi entfernt. In die Gipsform wurden Bleiabfälle (z.B. Gießblei von Silvester) gelegt und mit der Flamme eines Hartlötgerätes verflüssigt. Man kann sie auch in einem alten Töpfchen auf dem Herd schmelzen. Eintauchen in ein Wasserbad beschleunigte die Abkühlung. Der Rohling wurde durch Aufsägen der Gipsform freigelegt (Bild 5). Mit der Feile habe ich Die Entstehung eines passgenauen Zusatzballasts mit Hilfe eines MoosgummiRohlings. Die Zahlen beziehen sich auf die Angaben im Text. Alle Abb. vom Verfasser
VON WOLFGANG WETTMARSHAUSEN
den Block geglättet und kleine Korrekturen vorgenommen. Das Gewicht der V 65 hat sich so von 205 g auf 275 erhöht. Bei den Probefahrten machten sich die verbesserte Kontaktsicherheit und Zugkraft deutlich bemerkbar. Inzwischen hat diese preiswerte Nachrüstung, auch zusammen mit dem Anbringen zusätzlicher Schleifkontakte, vielen meiner Lokomotiven zu wesentlich besseren Fahreigenschaften verholfen.
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IMPRESSUM Eisenbahn-Journal
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106 • Eisenbahn-Journal 6/2002
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