Eisenbahn JOURNAL Juni 2003
Deutschland 7,40
Österreich: 8,45 BeNeLux: 8,75 Italien: 9,80 Portugal (cont.): 9,50 Finnland: 10,90 Schweiz: sfr 14,50
B 7539 E ISSN 0720-051 X
Juni
6/2003
Editorial Beim Erfinden von Tarifsystemen ist Anna Brunotte Erfolg gewöhnt. Als Vertriebsmanagerin der Lufthansa hat sie es geschafft, damit Flugzeuge zu füllen. Auf die Frage, ob das denn wohl auch bei Zügen klappe, antwortete die für das neue Preissystem der Deutschen Bahn verantwortliche Luftverkehrsfrau im Herbst letzten Jahres lapidar: „Abgestimmt wird am Schalter.“ Noch läuft diese Abstimmung, doch eine Zwischenbilanz fällt verheerend aus – trotz einer 50 Millionen Euro teuren Werbekampagne! Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung nutzten innerhalb der ersten 100 Tage seit Einführung des neuen Systems am 15. Dezember 2002 nur 3,2 Millionen Fahrgäste – weniger als zehn Prozent der Fernverkehrskunden – das Angebot „Plan & Spar“. Bis Ende März 2003 erwarben nur rund 700 000 Fahrgäste die seit dem 1. November 2002 erhältliche „BahnCard 25“, also pro Monat im Schnitt 140 000. Von der alten 50-Prozent-BahnCard hingegen hatte die DB AG pro Monat durchschnittlich 250 000 Stück verkauft. Insgesamt blieb der Umsatz der Bahn im Personenfernverkehr weit hinter den Erwartungen zurück. Laut letzten Zeitungsberichten fiel er allein im Januar und Februar 2003 um rund 15 Prozent niedriger aus als im gleichen Vorjahreszeitraum. Es mag ja sein, dass auch die lahmende Konjunktur, chronische Verspätungen insbesondere aufgrund der störanfälligen ICE 3 sowie die Konkurrenz der Billigflieger eine Rolle spielten. Zweifellos aber haben die neuen Preise und Konditionen viele Bahnfahrgäste verunsichert. Mehrheitlich halten sie das jetzige System für ungünstiger und komplizierter als das alte. Dabei ist die neue Tarifstruktur im Prinzip leicht verständlich aufgebaut. Je früher der Fahrgast bucht, desto weniger zahlt er. Vor allem Familien mit Kindern bis zu 14 Jahren können so günstig wie lange nicht mehr mit dem Zug reisen. Und selbst den Normalpreis für Entfernungen ab 200 km hat die Bahn gesenkt – schon vergessen? Kein Verständnis aber haben die meisten Kunden offensichtlich dafür, sich bei den Plan & Spar-Preisen frühzeitig auf bestimmte Züge festlegen zu müssen. Was sie im Luftverkehr hinnehmen, akzeptieren sie bei der Bahn eben nicht. Obendrein schrecken die hohen Stornogebühren ab. Nicht bloß, wer kurzfristig umbuchen muss, sondern auch wer irrtümlich in den falschen Zug steigt, wird regelrecht abgestraft. Außerdem wissen die Kunden nicht, bis wann sie welche Rabatte in welchen Zügen tatsächlich kriegen. Zu allem Übel werden sie oft auch noch falsch beraten. DB-Chef Hartmut Mehdorn hat auf Kritik am neuen Preissystem zunächst äußerst schroff reagiert. Den Fahrgastverband „Pro Bahn“ hat er als „Pro Mecker“ abgetan, Verbesserungsvorschläge aus dem Verbraucherschutzministerium und dem Umweltministerium brüsk zurückgewiesen. Inzwischen allerdings zeichnen sich Korrekturen ab. Baldige Gesprächsrunden von Bahnrepräsentanten mit Vertretern von Verbraucher- und Fahrgastverbänden sind angekündigt. Margareta Wolf, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, nannte nach einem Treffen mit Verbänden drei Kernforderungen: Die BahnCard müsse generell auch in Verkehrsverbünden gelten, die Bahn müsse verstärkt wieder Spontanfahrer umwerben sowie die Beratung und den Umgang mit Beschwerden verbessern. Auf einen harten Konfrontationskurs deuten diese moderaten Forderungen nun wahrlich nicht hin, obschon sie sich an das wohl meistgehasste Unternehmen im Land richten! Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Inra hat die Bahn bei drei Viertel der Deutschen einen schlechten Ruf. Auch Mehdorns Rundumschläge gegen Kritiker haben das Image der DB beschädigt. Stur am neuen Preissystem festhalten, während die Kunden am Schalter weiterhin dagegen stimmen, kann der Bahnchef jedoch nicht. Denn das würde seinem Unternehmen ein Riesenminus bescheren und dann wäre Mehdorn selbst nicht mehr zu halten. KONRAD KOSCHINSKI, EJ-AUTOR
4
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
50 Jahre V 200.0: Ein Porträt der ersten Nachkriegs-Großdiesellok der Bundesbahn, von Konrad Koschinski, ab Seite 10
Inhalt
Vorbild
Harz-Impressionen auf 1000 mm:
Frühling entlang der Selke
6
50 Jahre V 200.0:
Das überschätzte Wunder
10
Baureihen 44 und 43:
Jumbos im Ländle
18
Von Rostock nach Tribsees:
Schöne Fremde
22
75 Jahre Rheingold:
Die ewig junge Legende
28
Schweizer Spezialität:
Zirkus Knie kommt auf Schienen
32
Neue Fahrzeuge:
Kassler Lok-Show
36
Titel: Auch wenn Puristen schmunzeln, die neue Märklin-Variante der S 3/6 entspricht in ihrer edlen Farbgebung exakt dem Vorbild der Museumslok in Nördlingen, die in dieser Lackierung einige Monate das 75-Jährige des legendären RHEINGOLD feiert. Eingefangen wurde dieser Schnappschuss auf der Zimmer-Anlage von Karl Gebele. Abb.: EJ-Helge Scholz
Super-Anlage: 7. Modellbau-Wettbewerb des EJ: H0-Anlage Bocksberg, von Klaus Mooshammer, ab Seite 62
Mecklenburg-Essay: Die Strecke Rostock-Tribsees und die bad. VIc – schöne Fremde für Altmeister Bellingrodt, von Franz Rittig, ab Seite 22
Bahn-Legende: 75 Jahre Rheingold und neues S 3/6 Märklin-Modell, von Konrad Koschinski, ab Seite 28
Modell Die Wahrendorfer Kleinbahn AG:
Kreuz und quer durch Züssows Wälder
Bahn-Notizen
40
Modell-Neuheiten
48
62
Mini-Markt
98
68
Auktionen • Börsen • Märkte
104
Fachhändler-Adressen
106
Impressum
108
Neue Bücher
110
76
Bahn-Post
110
82
Sonderfahrten und Veranstaltungen
111
Bestellkarten zum Heraustrennen
115
54
7. EJ-Modellbau-Wettbewerb:
Mit dem Schienenbus nach Bocksberg
Rubriken
7. EJ-Modellbau-Wettbewerb:
Fox Run Milling Planung: Märklin-H0-Anlage auf 2,5 m
2
Klein geht auch!
72
Fahrzeug-Umbau in 1:32:
Ein Wasserwagen nach Vorbild der Ilmebahn
74
EJ-Redaktionsanlage Quattro Stagioni, Teil 26:
Die Oberleitung Eckgestaltung: Ein Weinberg in H0, Teil 2
Der lange Weg zum Trollinger
Im Banne der Kleinbahn – H0-Anlage nach KOK-Motiven, Folge 2:
Wie der Wald entstand
88
Bau einer DR-Lok der Baureihe 130 auf Brawa- und Revell-Basis:
Ludmillas neuer Hut
92
Elektronik: Gemischter Wechsel- und Gleistrom-Betrieb
Die grenzenlose Wollmilchsau
96
Anlagenbau: Landschaftgestaltung: Ein Weinberg in H0 entsteht, Teil 2, von Karl Gebele, ab Seite 82
Abbildungen dieser Doppelseite: Dr. Rolf Brüning, Carl Bellingrodt/EJ-Archiv, Dieter Kempf , Klaus Mooshammer, Karl Gebele, Helge Scholz
Fahrzeugbau: Die DR-Baureihe 130 entsteht auf Brawa- und Revell-Basis, von Jan und Franz Rittig, ab Seite 92
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
5
W
enn von den Harzer Schmalspurbahnen die Rede ist, denkt man an Harzquer- und Brockenbahn. Die SELKETALBAHN im Ostharz von Gernrode über Alexisbad nach Harzgerode und Hasselfelde steht immer etwas im Schatten. Zu Unrecht, denn gerade in der jetzigen Jahreszeit hat die romantische Strecke sowohl für Natur- als auch Eisenbahnfreunde einiges zu bieten.
Mai-grüne Wälder und Auen entlang der Selketalbahn: Eine Frühlingswanderung zwischen Gernrode und Hasselfelde garantiert idyllischlauschige Fotostandpunkte – hier an der namensgebenden Selke bei Alexisbad (großes Bild), bei Sternhaus-Haferfeld (oben) und bei Drahtzug.
6
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
HARZ-IMPRESSIONEN
FRÜHLING entlang der Selke TEXT UND BILDER VON ARMIN RICHTHAMMER Eisenbahn-Journal 6/2003
•
7
Lichtung mit tiefblauem Ausblick: Im Abschnitt Alexisbad–Stiege passiert man den Stausee bei Güntersberge – im Zug oder als Wanderer.
WENN IN DER WALPURGISNACHT zum 1. Mai auf dem Brocken oft noch der letzte Schnee liegt, zeigt sich das Selketal bereits von seiner schönsten Seite. Die Wälder leuchten in allen Grünschattierungen und auf den Wiesen breitet sich ein Meer von gelbem Löwenzahn aus. In diese Farbenpracht fügt sich die Dampfeisenbahn mit den bekannten rot-beigen Wagen wunderbar ein. Herrliche Wege führen den Wanderer abseits der großen Touristenströme durch die Landschaft entlang der Selke. Zu Fuß oder mit der Schmalspurbahn geht es dann wieder zurück zum Ausgangspunkt. Aufgrund der geringen Zugdichte kann der Eisenbahnfotograf ohne Eile die Strecke
erkunden und sich auf ausgewählte Motive beschränken. Viele der schönsten Abschnitte sind ohnehin erst nach einer längeren Wanderung zu erreichen Es ist schon ein besonderes Erlebnis, an einem kühlen Morgen den ersten Dampfzug bei seiner Fahrt von Gernrode hinauf nach Sternhaus-Ramberg zu beobachten. Durch dichten Laubwald geht es dann wieder bergab ins Selketal, von dem die Bahn ihren Namen hat. Kurvenreich führt die Trasse zwischen Fluss und Felswänden zum idyllisch gelegenen Haltepunkt Drahtzug und weiter nach Alexisbad. Hier zweigt die nur 2,9 km kurze Strecke nach Harzgerode ab, auf der jedoch immerhin 75 m Höhenunterschied überwun-
den werden müssen. Weiter geht es entlang der Selke, vorbei am Stausee bei Güntersberge nach Stiege, bekannt durch die einzigartige Kehrschleife mit den Rückfallweichen. Auf der Anhöhe kurz vor der Endstation Hasselfelde grüßt bereits der Brockengipfel herüber. Doch nach dem Wasserfassen macht sich der Zug schon wieder auf den Weg zurück nach Gernrode, um dort im letzten Licht des Tages seine Kohlevorräte für den nächsten Tag aufzufüllen. Und vielleicht sitzen Sie dann ja auch in einem der typisch rot-beigen Wagen. Viel Spaß beim Frühlingserwachen an der Selketalbahn!
D
ie schönsten Abschnitte der Selketalbahn sind erst nach einem längeren Fußmarsch zu erreichen – vor allem beim Frühlingserwachen ein BESONDERES ERLEBNIS
8
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Kurz und steil: der Abzweig von Alexisbad hinauf nach Harzgerode.
Ruhig und idyllisch: der Heiligenteich nahe Sternhaus-Haferfeld.
DIE AUFNAHMEN ENTSTANDEN IM APRIL 2000 (O. R. UND S. 6 O.) SOWIE IM MAI 2001.
Frisches Birken-Grün und enge Kurven: Interessante Motive bietet die Streckenführung zwischen Sternhaus-Haferfeld und -Ramberg.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
9
50 JAHRE V 200.0
Das überschätzte Wunder 10
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ABB.: KOSCHINSKI
Von der „Wunderlok“ der 50er zum norddeutschen „Arbeitstier“: Für die V 200.0 wird das Bw Lübeck Mitte der 70er Jahre zur wichtigsten Einsatzstelle. Zwei Lübecker 220 begegnen sich hier in Hamburg Hbf (August 1976).
TEXT VON KONRAD KOSCHINSKI
Die erste Nachkriegs-Großdiesellok in Deutschland repräsentierte das „Wirtschaftswunder“ der 50er Jahre auf Schienen und wurde dank einer geglückten Farbgebung, die ebenso Eleganz wie Dynamik suggerierte, zu einem Symbol des Strukturwandels bei der Bundesbahn. Soweit stimmt der Mythos. Doch der Leichtfüßigkeit der V 200.0 samt dem wenig zukunftsfähigen Zwei-Motoren-Konzept wurden rasch deutliche Leistungsgrenzen aufgezeigt, eine Erkenntnis, die in verklärter Legendenbildung schon allzu oft aus dem Blickfeld geraten ist. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
11
Die ersten Einsatzjahre: Fast fabrikneu rauscht V 200 067 des Bw Villingen am 18. Mai 1959 aus dem Sommerau-Tunnel im Verlauf der Schwarzwaldbahn. Die 1959 gebauten V 200 weisen feine Unterschiede zu den früher abgelieferten auf, so z.B. breitere Stirntüren. Schon einige Jahre und Laufkilometer mehr auf dem Buckel hat am 5. September 1959 die Ende 1953 gebaute Vorserienlok V 200 005, hier aufgenommen im Rheintal kurz vor dem Loreley-Tunnel.
12
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ABB.: DR. BRÜNING (2), KM-WERKFOTO
Ohne Farbkleid und spitzes „V“ eher plump: Als die V 200 001 zur ersten Probefahrt das Werk verlässt, löst dies zunächst kaum helle Begeisterung aus.
„Für schweren Güterzugdienst wird das Reibungsgewicht der V 200 wahrscheinlich nicht ausreichen. Dies ist aber kein Nachteil, weil (...) möglichst geringes Totgewicht der Zugkraft ein maßgeblicher Wirtschaftlichkeitsfaktor ist“ – Originalton eines Bundesbahn-Ingenieurs 1954.
AM 21. MAI 1953 verließ eine Großdiesellokomotive von eher plumper Gestalt das Krauss-Maffei-Werk in MünchenAllach zur ersten Tour auf freier Strecke ins 71 km entfernte Ingolstadt. Die Fachleute freuten sich über den störungsfreien Verlauf der Probefahrt. Bei „Zaungästen“ entlang der Strecke erregte die mit V 200 001 beschriftete Maschine Aufsehen, löste indes kaum helle Begeisterung aus. Noch trug die Lok ja nicht das für sie entworfene Farbkleid, das ihre gedrungene Form kaschieren sollte. Ihr ebenso elegantes wie Schnelligkeit suggerierendes Erscheinungsbild erhielt die bauchige V 200 erst durch das geglückte schwarzgrau-purpurrote Farbdesign mit spitz zulaufendem, durch blanke Zierleisten eingefasstem „V“ auf den Stirnseiten. So lackiert und mit dem erhabenen Schriftzug Deutsche Bundesbahn versehen, wurde die V 200 001 ab 20. Juni 1953 auf der Deutschen Verkehrsausstellung in München gezeigt. Zuvor hatte sie bereits 4000 km zurückgelegt und am 2. Juni auf der Allgäubahn erstmals einen planmäßigen Reisezug bespannt: den 312 t schweren D 35 München–Lindau. Auch während der bis zum 20. Oktober 1953 dauernden Schau auf der Münchner Theresienhöhe war die wegen ihrer revolutionären Technik und progressiven Eleganz gepriesene Diesellok aktiv. Zum einen pendelte sie mit einem Wendezug-Steuerwagen auf dem Messegelände, zum anderen verließ sie die Ausstellung mehrfach zu Probe- und Demonstrationsfahrten. Weilte die V 200 001 außerhalb, so konnten die Besucher sich immerhin an der V 200 002 ergötzen. Diese wurde auf dem Stand der Deutschen Bundespost gezeigt, besaß aber noch keine Maschinenanlagen. Das Postministerium hatte den Bau von drei V 200 mitfinanziert, verwirklichte die Pläne zum Einsatz vor speziellen Post-Wendezügen aber nicht. Nach dem Ende der Verkehrsausstellung komplettierte Krauss-Maffei die V 200 002 und stellte auch die weiteren drei Vorauslokomotiven fertig. Nach der von Februar bis Juli 1954 erfolgten Endabnahme setzte das Bahnbetriebswerk Frankfurt-Griesheim die V 200 001 bis 005 sogleich intensiv vor Reise- und Güterzügen ein. Im zweiten Betriebsjahr stieg die durchschnittliche Monatslaufleistung von 15 000 km auf über 16 000 km, wobei Monatsspitzenwerte von 24 000 km erreicht wurden. Insgesamt brachten es die Prototypen 1955 auf eine Jahreslaufleistung von fast einer Million Kilometer. Allein 10 000 km legte die V 200 005 im April/Mai 1955 auf einer spektakulären Vorführfahrt durch Südosteuropa und die Türkei zurück, mit der Krauss-Maffei um Exportaufträge warb. Zum Sommerfahrplan 1955 richtete das Bw FrankfurtGriesheim für die V 200 erstmals einen eigenen viertägigen Fernverkehrsumlauf ein. Dieser enthielt unter anderem Langläufe vor F 34 „Gambrinus“ von Hamburg-Altona über Köln nach Frankfurt/Main (687 km), vor F 211/212 „Italien-Skandinavien-Express“ zwischen Frankfurt/Main und Lübeck über Bebra (557 km) sowie vor dem Expressgutzug 3049 von Köln nach Hamburg-Altona (477 km). Mit dem Einsatz auch vor recht schweren F-Zügen wollte die DB die Überlegenheit der neuen Großdieselloks gegenüber den in diesen Diensten verwendeten 01, 01.10 und 03.10 demonstrieren. Doch die Motorleistung von zweimal 1000 PS (zweimal 736 kW) erwies sich als zu gering. Deshalb beschlossen die Hauptverwaltung der Bundesbahn und das Bundesbahnzentralamt München, die Leistung auf zweimal 1100 PS (zweimal 810 kW) zu erhöhen. Bei den 1955 in Auftrag gegebenen 50 V 200 der ersten Bauserie sowie bei den nachgelieferten 31 Serienloks gelangten von vornherein auf 1100 PS eingestellte Motoren zum Einbau. Die Prototypen wurden entsprechend umgerüstet. Um die Kraftübertragung zu verbessern, erhielten die meisten Serienloks keine hydromechanischen Getriebe mehr, sondern rein hydraulische Voith-Dreiwandlergetriebe (T 36 oder LT 306 r).
Die V 200 006 bis 025 und 076 wurden noch mit MaybachMekydro-Getrieben (K 104 US-SU) erhöhter Eingangsleistung geliefert. So, jetzt sind wir „mitten in der Technik“ gelandet. Im Prinzip handelte es sich bei der V 200 um eine doppelte V 80 (siehe EJ 1/03), allerdings mit kürzeren Gelenkwellen zwischen Getriebeblock und Achstrieben. Die beiden Maschinenanlagen der symmetrisch aufgebauten Lokomotive arbeiteten unabhängig voneinander. Die Drehgestelle hatten keinen Drehzapfen, sondern die Führung erfolgte durch Lenkhebel um einen ideellen Drehpunkt. Hingewiesen sei ferner auf • die freizügige Tauschbarkeit der Zwölfzylinder-Dieselmotoren MAN L 12 V 18/21, Mercedes-Benz MB 820 Bb und Maybach MD 650 (später MB 12 V 493 TZ und MD 12 V 538 TA) • den für die Beheizung von zehn bis zwölf Schnellzugwagen ausgelegten ölbefeuerten Dampfheizkessel • die Vielfachsteuerung für Doppeltraktion und Wendezugbetrieb • die niedrigste Dauergeschwindigkeit von ca. 25 km/h • die Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. DAS „REVOLUTIONÄRE“ an der V 200 war, dass man die in der V 80 erprobte Kraftübertragung mittels Strömungsgetriebe und Gelenkwellen nun in einer 2000-PS-Lokomotive anwandte. Mit einem Dienstgewicht von – je nach Motor- und Getriebeausstattung – nur 70,5 bis 73,5 t galten die Vorserien-V 200 weltweit als spezifisch leichteste Reisezug-Dieselloks ihrer Leistungsklasse (das Dienstgewicht der Serienloks betrug maximal 81 t). Dieser Eigentümlichkeit maß die DB größte Bedeutung zu, denn angesichts der 1953 in Deutschland noch extrem hohen Dieselölpreise war es schwierig, die Beschaffung von Großdiesellokomotiven zu rechtfertigen. So betonte Dr.-Ing. Gustav Gaebler in der Zeitschrift DIE BUNDESBAHN, dass das Reibungsgewicht der V 200 zwar für den schweren Güterzugdienst „wahrscheinlich nicht“ ausreiche. Dies sei aber kein Nachteil, „sondern das gewollte Ergebnis der Planung und Konstruktion, denn für den Streckendienst und im besonderen Maße für den Fernschnellzug- und Schnellzugdienst mit seinen geringeren Zuggewichten ist die Vorhaltung einer ausreichenden Leistung für das Fahren bei hohen Geschwindigkeiten bei möglichst geringem Totgewicht der Zugkraft (sic!) einer der maßgebenden Faktoren für eine wirtschaftliche Zugförderung zumindest für alle die Länder, in denen die hochwertigen Diesel- und Gasöle für den Betrieb solcher Fahrzeuge überteuert sind“. Im Herbst 1956 trafen in den Bw Frankfurt-Griesheim, Hamburg-Altona, Hamm P und Villingen die ersten Serienlokomotiven ein. Die 30 von Krauss-Maffei gelieferten Loks (V 200 026 bis 055) standen fast alle termingerecht zu Beginn des Sommerfahrplans 1957 zur Verfügung, außerdem die V 200 006 bis 010 der Maschinenbau Kiel AG. Die Auslieferung der übrigen MaK-Loks (V 200 011 bis 025) zog sich wegen eines Streiks bis zum November 1957 hin. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
13
ALLGEMEIN HERRSCHTE EUPHORIE über den „Anbruch eines neuen technischen Zeitalters auf Schienen“. Wie keine andere Lokomotive wurde die V 200 zum Inbegriff des Strukturwandels bei der Deutschen Bundesbahn – als „Wirtschaftswunderlok“ ging sie in die Annalen ein. Als besonderen Vorteil priesen DB und Industrie die Ausrüstung mit zwei Motoren, konnte doch notfalls mit nur einer Maschinenanlage weitergefahren oder – wenn man die volle Leistung nicht benötigte – ein Motor zur Treibstoffersparnis abgeschaltet werden. So erhielt Krauss-Maffei den Auftrag, eine zweite Bauserie von 31 Lokomotiven zu liefern. Im Jahr 1959 ergänzten die V 200 056 bis 086 die Bestände der schon mit V 200 bestückten Bahnbetriebswerke. Nach ersten Umbeheimatungen ergab sich Ende 1959 folgende Verteilung: Frankfurt-Griesheim (15), Hamburg-Altona (19), Hamm P (30) und Villingen (22). Die Laufpläne der Griesheimer und Altonaer V 200 umfassten – bei Tagesleistungen von teils über 1100 Kilometern – vor allem F- und D-Züge auf der Nord-Süd-Strecke. Die Loks absolvierten Durchläufe von Hamburg bis nach Frankfurt/Main (534 km), Stuttgart (723 km) und Treuchtlingen (688 km). Das Bw Hamburg-Altona setzte die V 200 außerdem im Wendezugdienst zwischen Hamburg und Lübeck 14
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Eher spartanisch: So sahen die Lokführer das Bedienpult in den V 200 006 bis 055, den Loks der ersten Bauserie der V 200.0, vor sich.
Im Sommer 1961 brach die Schnellzugförderung mit der V 200 regelrecht zusammen. Von den 86 Loks war mit 42 fast die Hälfte des Bestandes außer Gefecht – die häufige Dauerbeanspruchung unter Volllast hatte ihren Tribut gefordert. Erst 1964 normalisierte sich der Einsatz wieder.
ABB.: KM-WERKFOTO, DOH/SLG. WOLLNY (2)
Beheimatet in Hamburg-Altona (18), Hamm P (12), Frankfurt-Griesheim (18) und Villingen (7), wurden die nunmehr 55 Loks der Baureihe V 200 bei einer durchschnittlichen Anhängelast von 340 t vor weiteren Fernschnell- und mittelschweren Schnellzügen sowie auch vor Güterzügen eingesetzt. Neue Langlauf-Spitzenreiter waren F 4/3 „Merkur“ auf der Route Hamburg-Altona–Köln–Frankfurt/Main (702 km) und F 56/55 „Blauer Enzian“ zwischen HamburgAltona und Treuchtlingen (688 km). Die Villinger Maschinen befuhren die steigungsreiche Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Konstanz, kamen auf der Bodenseegürtelbahn aber auch bis Lindau. Im Sommer 1958 weitete sich ihr Einsatzgebiet auf die Gäubahn nach Stuttgart und die Hochrheinstrecke zwischen Singen und Basel Bad Bf aus. Die versuchsweise auf zweimal 1200 PS (zweimal 883 kW) Leistung gesteigerten V 200 054 und 055 beförderten im Winter 1957/58 probehalber Güterzüge auf der Schwarzwaldbahn. Erwartungsgemäß, oder besser gesagt: aus Sicht der Diesellok-Lobby wunschgemäß zeigten sie sich dabei den Dampflokomotiven der Baureihe 44 überlegen – die zwar eine höhere Reibungslast besaßen, mit dem (bei vollen Vorräten) rund 75 t schweren Tender aber eben auch „viel Totgewicht“ schleppen mussten, was bei einer Grenzlast von 550 t im bis zu 23‰ steilen Abschnitt Hausach–Sommerau durchaus ein gravierender Nachteil war. Ab Sommer 1958 nahmen die Dieselloks den 44ern planmäßig Güterzugleistungen ab.
ein. Hammer V 200 waren auf den Rollbahnen vom Ruhrgebiet nach Hamburg sowie Hannover unterwegs, ferner erreichten sie Braunschweig und Helmstedt. Bis 1966 erfüllten sie die ehrenvolle Aufgabe, zwischen Duisburg und dem niederländischen Arnheim den TEE „Rheingold“ befördern zu dürfen. Die häufige Dauerbeanspruchung unter Volllast – sei es im Langstreckeneinsatz, sei es auf den Steigungen der Schwarzwaldbahn – forderte schließlich aber auch ihren Tribut. An den Getrieben traten schwere Schäden auf. Im Sommer 1961 brach die Schnellzugförderung mit der V 200 regelrecht zusammen. 42 von 86 Maschinen waren außer Gefecht gesetzt. Auch auf der seit 1959 „voll verdieselten“ Schwarzwaldbahn mussten Dampflokomotiven (Villinger P 10) in die Bresche springen. Erst 1964 normalisierte sich der Einsatz der V 200 wieder. Freilich gab es nun keine Langläufe zwischen Norddeutschland und Bayern mehr. Die Nord-Süd-Strecke Hannover– Würzburg war mittlerweile komplett elektrifiziert. Das Bw Frankfurt-Griesheim hatte seine V 200 bereits 1962 abgegeben. Fast alle kamen zum Bw Würzburg, um die Strecken nach Heidelberg, Heilbronn und Bamberg, anfangs auch noch nach Treuchtlingen zu bedienen. Das Bw Kempten erhielt vier Loks für den Schnellzugdienst auf der Allgäustrecke, konnte nach Zuteilung neuer V 200.1 (der ab 1962 gebauten 2700-PS-Version, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll) im Jahr 1965 aber bereits wieder auf die V 200.0 verzichten. Die aufgrund fortschreitender Elektrifizierung erforderliche Suche nach neuen Einsatzgebieten führte nun zur Beheimatung in Limburg (1964 bis 1967) und danach in Kaiserslautern. Das Bw HamburgAltona setzte die V 200 ab 1963/64 zunehmend im Eil- und Schnellzugdienst nach Westerland, Flensburg und Kiel ein. Auf der Vogelfluglinie nach Puttgarden teilten sie sich die Zugförderung mit neu dem Bw Lübeck zugewiesenen V 200.1. Das Bw Hamm löste seinen Bestand an V 200 ab Sommer 1968 sukzessive auf. Entbehrlich wurden sie dort infolge Elektrifizierung der Strecken Hamm–Hannover und Osnabrück–Hamburg. Die meisten Hammer V 200 wechselten 1968/69 zum Bw Hannover. Ab 1. Januar 1968 galt für die 86 noch vollzählig vorhandenen V 200.0 die Baureihenbezeichnung 220, die 50 Exemplare der V 200.1 wurden als 221 eingereiht. Zur wichtigsten Heimatdienststelle der 220 entwickelte sich 1972 das Bw Lübeck, das zunächst den Altonaer Bestand übernahm. An den Einsätzen in Schleswig-Holstein und im Großraum Hamburg änderte sich dadurch wenig, in der Hauptreisezeit waren vier Loks noch immer für die Autotransportzüge zwischen Niebüll und Westerland (Sylt) eingeplant. Nach Zugang weiterer Maschinen aus Kaiserslautern (1973) sowie aus Würzburg und Villingen (1974/75) erhöhte sich der Lübecker Bestand auf 36 Stück. Ihr Einsatzgebiet reichte jetzt von Kiel, Oldenburg (Holstein) und Travemünde im Norden bis Bad Harzburg und Kreiensen im Süden, im Westen erstreckte es sich bis Cuxhaven und Bremerhaven. Großräumig eingesetzt waren Anfang der 1970er Jahre auch noch die 220 des Bw Villingen. Neben der Schwarzwaldbahn, der Bodenseegürtelbahn und der Gäubahn befuhren sie die Strecken von Stuttgart nach Nürnberg (über Aalen und Backnang), ferner erreichten sie Amberg, Bayreuth, Hof und Schirnding. Das Terrain in Nordbayern eroberten dann jedoch die stärkeren 221. Bereits drei Monate vor Aufnahme des elektrischen Betriebs auf der Schwarzwaldbahn im Abschnitt Offenburg–Villingen gab das Bw Villingen die letzten 220 Ende Mai 1975 an das Bw Oldenburg ab. Dorthin gelangten nach einem Intermezzo beim Bw Braunschweig, zum Sommerfahrplan 1976 auch die Hannoveraner Maschinen. Somit war die Konzentration der Baureihe 220 auf die norddeutschen Bahnbetriebswerke Oldenburg (48) und Lübeck (36) abgeschlossen. Die 220 012, 023 und
Hier Langstrecken-, dort Steigungsstreckeneinsatz: Bis etwa Mitte der 70er Jahre müssen die V 200.0 trotz aller erkannten Schwächen zum Teil schwierige Dienste absolvieren. Dies sind zum einen Langläufe vor F-Zügen, zum anderen Schnellzugbespannungen auf sowohl längeren als auch kurvenreichen Strecken wie auf der Allgäubahn München–Lindau (Bild oben zwischen Röthenbach und Oberstaufen, Januar 1963) sowie die bis August 1975 dauernden Einsätze vor Personen- und Güterzügen auf der steigungsreichen Schwarzwaldbahn, hier mitunter auch in Doppeltraktion (Bild unten).
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
15
Die späten Einsatzjahre im Norden: Auf der Emslandstrecke lösen die 220 bereits 1975 die letzten 012er-Dampfloks ab und befördern auch Güterzüge, wie 220 032 im August 1976 bei Papenburg. 1983/84 stehen V 200.0 dann nur noch beim Bw Lübeck in Dienst. Wenige Wochen vor dem Einsatz-Finale bei der Bundesbahn verlässt am 30. April 1984 die schon recht blass wirkende 220 075 mit einem Eilzug nach Hamburg den Lübecker Hbf.
16
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
060 trugen seit 1975 den ozeanblau-beigen Anstrich ohne das charakteristische „V“ – weiteren 220 blieb dieses unvorteilhafte Farbkleid erspart. Zwei Loks hatte die DB inzwischen unfallbedingt ausgemustert: 1973 die Villinger 220 086 und 1974 die Lübecker 220 008. Die Oldenburger 220 kamen in ganz Niedersachsen herum, im Osten bis Wolfsburg, im Süden bis Kreiensen, im Nordwesten bis Norddeich Mole. Außerdem wendeten sie im nordrhein-westfälischen Oberhausen. Auf der Emslandstrecke hatten 220er schon 1975 die letzten Schnellzugdampfloks der Baureihe 012 ersetzt. Zwischen Rheine und Emden beförderten sie auch Güterzüge, die Ablösung der Baureihe 043 vor 4000-t-Erzzügen blieb 1976/77 aber nach Oldenburg umbeheimateten 221ern vorbehalten. SYSTEMATISCH AUSGEMUSTERT wurde die Baureihe 220 ab 1978, wobei die DB etliche Loks aber verkaufen konnte. So erwarb die Firma Heitkamp sieben Maschinen für den Bauzugdienst in Saudi-Arabien, vier gelangten über die französische Firma CFD in den Bauzugdienst nach Algerien und 13 wanderten nach Italien aus, wo sie bei Gleisbaufirmen und Privatbahnen Verwendung fanden. Im Dienst der Deutschen Bundesbahn standen „V 200.0“ ab Sommerfahrplan 1983 nur noch beim Bw Lübeck. Dieses setzte sie bis zum 2. Juni 1984 planmäßig ein. Die letzten vier der kurz danach abgestellten Maschinen – 220 007, 014, 018 und 041 – wurden per 31. Dezember 1984 ausgemustert. Noch bis 1988 im Einsatz blieben jedoch die nunmehr im Bw Oberhausen 1 konzentrierten kräftigeren Schwesterloks der Baureihe 221. Sieben ausgemusterte 220 kamen nach Ankauf durch die Schweizerischen Bundesbahnen wieder in Fahrt. In der Werkstatt Viechtach der Regentalbahn aufwändig saniert, traten sie 1988/89 ihren Dienst in der Schweiz an. Die SBB setzten die als Am 4/4 18461 bis 18467 eingereihten 220 013 bis 017, 053 und 077 vor Bauzügen ein. Außerdem beförderten die Am 4/4 Regelzüge auf wegen Bauarbeiten stromlos geschalteten Streckenabschnitten. Die Am 4/4 18462 (vormals 220 014) wurde schon 1994 ausgemustert und später zerlegt. Die anderen sechs Loks rollten 1996 aufs
Abstellgleis und kehrten Ende 1997 nach Deutschland zurück (siehe Kasten unten). AUCH EXPORTVERSIONEN, an die noch erinnert werden soll, wurden bei Krauss-Maffei gebaut oder in KM-Lizenz im Ausland gefertigt. Unverkennbar „Abkömmlinge der V 200“ waren die drei sechsachsig ausgeführten ML 2200 C’C’ für die Jugoslawische Staatsbahn (spätere JZ-Reihe 761), die 71 für British Railways (BR) gebauten Loks der „Warship-Class“ (D 800 der BR, genannt auch Class 42/43) und die 32 an die Spanischen Staatsbahnen gelieferten ML 4000 B’B’, die spätere Reihe 340 der RENFE, die fast identisch mit DB-221ern waren. Auf eigene Rechnung fertigte Krauss-Maffei 1957 eine vierte ML 2200 C’C’ der JZ-Version. Nach Ausrüstung mit zwei 1500-PS-Motoren erhielt diese Lokomotive 1958 die Bezeichnung ML 3000 C’C’. Im Jahr 1964 an die DB verkauft, kam sie zunächst als V 300 001 beim Bw Hamm zum Einsatz. 1969 gelangte die nunmehrige 230 001 zum Bw Lübeck. Ab August 1970 gehörte sie zum Bw HamburgAltona, wurde rund fünf Jahre lang im Schnellzugdienst vor allem nach Westerland eingesetzt, am 26. August 1975 ausgemustert und 1979 verschrottet.
Zweitkarriere in der Wüste: Insgesamt sieben ehemalige V 200.0 erwirbt 1977/78 die Firma Heitkamp für Bauzugdienste in SaudiArabien. Hier die vormalige 220 054 als Heitkamp 2.
Erhaltene V 200.0 (220) V 200 001 V 200 002 V 200 007 V 200 009 V 200 013
ABB.: KOSCHINSKI (2), HEITKAMP, ZIMMERMANN
V 200 015
V 200 016 V 200 017 V 200 018 V 200 033 V 200 053
V 200 058
Fränkische Museumseisenbahn (FME), Nürnberg Nordost DB Museum, Bh Nürnberg West, betriebsfähig DB Museum, Standort Lübeck, betriebsfähig Eisenbahnmuseum Prora (Rügen) SBB: Am 4/4 18461, Eisenbahnbetriebsgesellschaft (EBG), abgestellt in Nymburk (Tschechien) SBB: Am 4/4 18463, Eisenbahnbetriebe Mittlerer Neckar (EMN), Kornwestheim, als V 220 01 SBB: Am 4/4 18464, EMN Kornwestheim, als V 220 02 SBB: Am 4/4 18465, Classic Train Tours, Düsseldorf Deutsches Technik Museum (DTM), Berlin Hammer Eisenbahnfreunde, Hamm, betriebsfähig SBB: Am 4/4 18466, Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB), Zeven, als 417 01 (davor V 288) Technikmuseum Speyer (220 058, umlackiert in Ozeanblau-Beige)
V 200 071 V 200 077
Technikmuseum Speyer SBB: Am 4/4 18467, Classic Train Tours, Düsseldorf
Bei Privatbahnen in Italien: V 200 006, 011, 049, 051 Ferrovia Suzzara–Ferrara (FSF) V 200 041, 045, 074 Ferrovia Padane (FP)
Neuer alter Glanz: V 200 002 wird vom DB Museum vor Sonderzügen eingesetzt (Aufnahme 1992 im Bahnhof Dießen).
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
17
KOLOSSALE REMINISZENZEN
Der Fotograf Alfred Ulmer hatte klare Präferenzen für bergwärts fahrende Dampfloks im Winter: „Nur dann wird der Dampf richtig sichtbar“. Eindrucksvoll stellt dies hier 44 396 im Rohrer Wald nahe des Berghautunnels unter Beweis.
18
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Mehr Schnee, dafür etwas weniger 44er-Dampf traf Ulmer an der Murrbahn bei Murrhardt an.
TEXT VON KONRAD KOSCHINSKI
JUMBOS
IM LÄNDLE
Dampfrösser der Baureihe 44 pflegte man im Allgemeinen im Emsland, an der Mosel oder im Saaletal zu fotografieren. Dennoch gab es gerade unter den alten Meistern einige, die auch im ansonsten eher für zarter geformte Dampflok-Schönheiten bekannten Schwabenland die Dreizylinder-Boliden sowie die eng verwandten 43er in Szene setzten.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
19
Zur Baumblüte müssen auch Kolosse nicht dampfen: Gekonnt inszenierte Frühlingsaufnahme an der Stuttgarter Panoramabahn mit 44 1023.
Was mochten jene Fotografen, die ansonsten die schöne württ. C abgewartet hatten,
BEIM ANBLICK DER KOLOSSE EMPFINDEN?
Dokumentarische Strenge zeigte Carl Bellingrodt: Die in Ludwigsburg fotografierte 43 035 belegt, dass auch Zweizylinder-Boliden ins Ländle kamen.
20
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ZUM WEITERLESEN:
Die Geschichte der bulligen 1’E-Zwillings- und Drillingsloks insgesamt ist Thema der jüngst erschienenen Sonderausgabe 2/03 des EisenbahnJournal. Nicht bloß wegen des Kapitels über die Baureihe 43, sondern auch fast durchweg neu illustriert und ausführlicher auf den Betriebseinsatz eingehend, bietet dieses Heft auch denjenigen Lesern Neues, die schon das ältere EJ-Special über die Baureihe 44 besitzen.
Ulmers VolldampfVorliebe dominierte: Imposant aufgenommen verlässt 44 404 den Berghautunnel Richtung Böblingen. ABB. S. 18/19, 20 O./21 O.: ULMER/SLG. BRAITMAIER (ALLE UM 1942); S. 20 U.: BELLINGRODT/SLG. GRIEBL (1931)
Welchem Dampflokfreund fallen, wenn es an die Baureihe 44 zu erinnern gilt, auf Anhieb Strecken in Württemberg ein – die Gäubahn, die Murrbahn oder die Hohenlohebahn etwa? Den meisten kommen da eher das Weserbergland, das Emsland, die Moselstrecke, das Saaletal oder die Blankenheimer Rampe in den Sinn. Dorthin lockten die „Jumbos“ zum Ausklang der Dampflokzeit. Ins Schwabenland reisten die Fotografen vor allem wegen der P 8, T 18, 23er und 64er. Diese Personenzuglokomotiven waren schon die Hauptattraktionen, als es im Bereich der BD Stuttgart auch noch 44er gab. Immerhin bis 1972/73 oblag den Bahnbetriebswerken Rottweil und Crailsheim die Bespannung schwerer Güterzüge auf durchaus klassischen 44er-Routen. Im nordwürttembergischen Crailsheim waren Maschinen der Baureihe 44 von 1942 bis 1973 ununterbrochen beheimatet. Sie liefen auf der Murrbahn und weiter auf der in Backnang abzweigenden Strecke über Ludwigsburg bis Kornwestheim, auf der Hohenlohebahn über Schwäbisch Hall bis Heilbronn und auf der Strecke nach Nürnberg. Das südwürttembergische Bw Rottweil bekam die 1’E-Dreizylinderloks zwar erst 1963 zugewiesen, übernahm damit aber bereits jahrzehntelang von Kornwestheimer Maschinen erbrachte
Leistungen in der Relation Kornwestheim–Böblingen–Singen–Radolfzell/Schaffhausen. Dem Bw Kornwestheim hatte die Deutsche Reichsbahn ab 1941 fabrikneue 44er für den Einsatz auf den steigungsreichen Hauptstrecken rund um Stuttgart (außer nach Ulm) zugeteilt, wozu die eine Rampe von maximal 20‰ und mehrere 10‰-Rampen aufweisende Gäubahn gehörte. Nach Elektrifizierung des Abschnitts Stuttgart– Böblingen konnte das große Güterzug-Bw vor den Toren der Landeshauptstadt auf die Baureihe 44 verzichten. Nun hob fast jeder, der um 1970 im Oberen Gäu südlich von Böblingen auf eine 038 wartete, auch gern die Kamera ans Auge, wenn sich hämmernd eine 044 näherte. Was wohl jene Fotografen, die sich bereits viele Jahre zuvor wegen der „schönen Württembergerin“ – also der Baureihe 18.1 (württ. C) – am Schienenstrang postiert hatten, beim Anblick der damals neuen Kolosse empfanden? Meisterfotos vom 44er-Einsatz auf der Gäubahn und anderen von Stuttgart ausgehenden Strecken schon in der Epoche II verdanken wir Alfred Ulmer, der mehr Wert auf atmosphärische Dichte legte als auf die strikt dokumentarische Wiedergabe des Motivs. „Reichsbahn und Landschaft“ lautete das Motto dieses auch im
Auftrag der Rbd Stuttgart tätigen Lichtbildners. Mit Vorliebe fotografierte er bergwärts fahrende Züge während der kalten Jahreszeit, „da ja nur dann der Dampf richtig sichtbar wird“, wie er selbst seine Präferenz begründete. So entstanden eindrucksvolle Aufnahmen, wie die der Kornwestheimer 44 404, die prächtig dampfend den Berghautunnel im Rohrer Wald in Richtung Böblingen verlässt. Nicht immer aber kam es Alfred Ulmer auf eine imposante Dampfentwicklung an. Gekonnt setzte er 1942 beispielsweise die Baumblüte entlang der „Panoramabahn“ zwischen Stuttgart West und Stuttgart Hbf zusammen mit der talwärts rollenden 44 1023 in Szene. Weniger durch Lichtstimmungen als durch dokumentarische Strenge zeichnen sich bekanntlich die Bilder von Carl Bellingrodt aus (Ausnahmen bestätigen die Regel, wie unser Beitrag auf den Seiten 22 bis 27 zeigt; Anm. d. R.). Seine Aufnahme von der 43 035 in Ludwigsburg belegt, dass sogar die bis auf das Triebwerk mit der 44er weitgehend baugleichen 43er den Stuttgarter Raum erreichten. Beheimatet war die 43 035 vom April 1930 bis August 1933 im der badischen Nachbardirektion Karlsruhe unterstellten Bw Mannheim Rbf. Die Rbd Stuttgart selbst verfügte nämlich nie über solche „Zweizylinder-Boliden“. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
21
MECKLENBURG-ESSAY
Schöne Fremde
22
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
TEXT VON FRANZ RITTIG BILDER VON CARL BELLINGRODT
IMMER, WENN CARL BELLINGRODT
MIT SEINER
PLATTENKAMERA
DIE
WEITEN MECKLENBURGS BEREISTE, ZOG ES IHN AN DIE
NEBENSTRECKE
VON
ROSTOCK NACH
TRIBSEES. DORT TRAF ER NICHT NUR AUF EINE FASZINIERENDE
LAND-
SCHAFT SAMT EINEM IHM VÖLLIG UNVERTRAUTEN
MENSCHENSCHLAG, SONDERN AUCH AUF GEWISSE HOCHBEINIGWUCHTIGE
DAMEN AUS
DEM FERNEN
BADEN.
STETS HIELT ER AUSSCHAU NACH IHNEN, UM SIE, DIE SCHWEREN UND SCHNELLEN
VIC,
AUF UNGEWOHNTEN, KIESGEBETTETEN IN
GLEISEN
SZENE ZU SETZEN.
TAUCHEN
SIE EIN IN DEN
BILDERBOGEN
EINER
LÄNGST VERGANGENEN
ZEIT! Alles, was ein gutes Mecklenburg-Bild ausmacht: die weite Landschaft, eine Allee im Hintergrund und ein kleiner Flusslauf. Dazwischen dampft 75 461 vor einem aufziehenden Gewitter über die Recknitzbrücke bei Bad Sülze.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
23
Für Bellingrodts Vorliebe soll es von „Kennern“ vielfach kolportierte, sehr persönliche Gründe gegeben haben, die mit dem Städtchen Bad Sülze zusammenhingen. Mag sein, dass es so war, es bliebe allemal die Privatsache des Meisters. Als verbürgt gilt hingegen, dass der in der Großstadt Köln geborene und aufgewachsene Mann das Land südlich der Ostsee mit seinen weiten Feldern, seinen unendlichen Wäldern und den blinkenden Seen gemocht hat und es zusammen mit der nicht minder geliebten Eisenbahn gekonnt in die Szenerien zahlloser Fotos umzusetzen wusste. Strecke um Strecke, ja, Schwelle für Schwelle lernte der Rheinländer mit seinem Rucksack Regionen kennen, die zu jener Zeit noch gänzlich unverfälscht die modellierende Wirkung der Eiszeit offenbarten. Der Mensch, der von dieser Landschaft seit vielen Jahrhunderten Besitz ergriffen hatte, breitete Weizenfelder und Kartoffeläcker über sie, pflanzte Hecken und Alleen, baute Dörfer und Städte und Wege zwischen ihnen, schuf behutsam auch Straßen und Eisenbahnen, ohne die Ursprünglichkeit der Natur zu verletzen.
Inmitten dieser kleinen Welt lernte Carl Bellingrodt links und rechts des Schienenstrangs einen Menschenschlag kennen, der ihm, einer rheinischen Frohnatur, so ganz anders vorkam: den Mecklenburger. Wetterhart, angeblich hiebund trinkfest, arbeitswütig und sparsam jedenfalls, vielleicht deshalb maulfaul, doch bodenständig und freundestreu. Bis er letztere Eigenschaft allerdings offenbarte, blieb der Mecklenburger misstrauisch allen und allem Fremden gegenüber. Die Eisenbahner bildeten da sicher keine Ausnahme, schon gar nicht die Lokführer. Just zu einer Zeit, da Carl Bellingrodt wieder einmal das Land der Seen und Wälder für die Lokfotografie erschloss, tauchte inmitten der „mecklenburgischen Preußen“ P 4 und P 8, G 8 und T 3 urplötzlich ein solcher Fremdling auf, den zwischen Schwerin und Rostock niemand bestellt und keiner gewollt hatte: die badische Tenderlokomotive der Gattung VIc. Misstrauisch umrundeten Lokführer und Heizer, Werkmeister und Kohlenlader die ungewohnt großen Maschinen. Hier, wo man die zwar wohlgelungene, doch in Größe und Erschei-
Inmitten der mecklenburgischen Preußen tauchte ein Fremdling auf diese badische VIc hatte niemand bestellt und keiner gewollt.
„Wat sall de Fremde bi uns?“: In abschätzigem Plattdeutsch wurde die VIc empfangen, dann aber sowohl zwischen Rostock und Tribsees als auch zwischen Güstrow und Meyenburg heimisch – hier 75 454 am Silbersee bei Krakow (1934).
24
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
nung eher hausbackene T 4 schätzte, sollte diese hochbeinig-wuchtige Dame aus dem fernen Baden Dienst tun? Ob in Rostock oder Wismar – wäre den 1’C 1’Loks irgendein Gefühl eigen gewesen, sie hätten dieselben Empfindungen gehabt, die auch Carl Bellingrodt kannte, wenn er auf seinen Fototouren bei wortkargen Wirtsleuten irgendwo in einem mecklenburgischen Kleinstadtkrug unterkam. Kaum, dass die neue Lok von der Drehscheibe in den Schuppen gerückt war, raunten sich ihre neuen Besitzer hinter vorgehaltener Hand in eher abschätzig intoniertem Plattdeutsch die alle bewegende Frage zu: „Wat sall de Fremde bi uns?“ Die „Fremde“, eben jene VIc, kam aus Berlin. Dorthin hatte man sie in den zwanziger Jahren beordert, damit sie ihre Qualitäten vor den Zügen der Stadt-, Ring- und Vorortbahn unter Beweis stelle. Doch angeblich befriedigte sie nicht recht; die Preußen wollten sie nicht und vermeinten, in ihrer T 12 eine unschlagbare „Zugmaschine“ für den Nahverkehr schon zu besitzen. Vor allem die geringere Anfahrbeschleunigung der VIc war es, die den großspurigen Haupt-
Kirchturm, Turmholländer-Mühle und die „mecklenburgische Preußin“ G 8 mit einem Viehwagenzug nach Tribsees: Bereits 1924 gelangen dem Altmeister der Eisenbahn-Fotografie bei Bad Sülze solch eindrucksvolle Bilder.
städtern mit dem ungebrochenen Sendungsbewusstsein missfiel. Wohin nun mit den kompakten Tenderlokomotiven, die jetzt „Baureihe 754“ oder „7510-11“ hießen? Irgendjemand kam auf die rettende Idee: Die Mecklenburger mit ihrem längst überalterten Lokpark werden sie schon nehmen, haben sie doch immer genommen, was in Preußen übrig blieb! So rollten zehn Lokomotiven der ehemaligen Gattung VIc nach Schwerin und Rostock, wo man sie argwöhnisch und widerwillig in Empfang nahm. Waren sie nicht ein wenig schwer für die in Rollkies aus der Ostsee gebetteten Gleise? Brauchte man überhaupt eine so schnelle Lokomotive, die sich mit dem Ruf schmückte, in ihrer Heimat reguläre Schnellzüge bespannt zu haben? Wenn schon eine größere Lok auf der Nebenbahn, tat es dann für ein paar Jahre nicht auch die alte P 42, die schon seit einiger Zeit nach Tribsees über Sülze fuhr? Skeptisch hörten die Rostocker den Einweisern aus Berlin zu. Dann kam die erste Fahrt auf der Nebenbahn von Rostock nach Tribsees und mit ihr – ein Wunder: Die badischen Lokomotiven
In heutigen Streckenkarten längst nicht mehr zu finden: die Nebenbahn von Rostock nach Tribsees.
überzeugten wider Erwarten, bewiesen Zugkraft und Beschleunigungsvermögen, wie man es weder von der P 42, geschweige denn von einer T 4 kannte! Was fast niemand erwartet hatte: In der Landeshauptstadt hörte man, die Schweriner fänden die Badenserin schöner und besser als die nagelneuen Einheitsloks der Baureihe 64! Kurzum, man hatte sich nun doch noch angefreundet, kam blendend miteinander aus, forderte gar
Nachschub! 25 weitere Maschinen sollten es sein, 28 wurden es: Bis 1935 stieg die Zahl der badischen Tenderloks in Mecklenburg auf stattliche 38 Stück! So waren sie halt, die Mecklenburger: Hatten sie Neues, Fremdes als wertvoll erkannt und in ihr Herz geschlossen, zählten sie es zu ihrem unverzichtbaren Eigentum und wollten mehr davon. Carl Bellingrodt, der dies alles höchst interessant fand, eilte flugs an seine Lieblingsstrecke, stets auf der Suche nach der schönen VIc auf den kiesgebetteten Gleisen zwischen Rostock, Sülze und Tribsees. Wie lange würde sie dort bleiben? Trotz aller Freundestreue der Mecklenburger – man konnte ja nie wissen ... Die Strecke nach Tribsees war Ende 1895 in Betrieb gegangen. Drei Gründe hatten ihren Bau sinnvoll erscheinen lassen. Als erstes galt es, ein landwirtschaftlich recht intensiv genutztes Gebiet zu erschließen. Auf den Hagendörfern links und rechts der Strecke residierten Gutsbesitzer ritterschaftlicher Herkunft. Dank fetter Böden und ertragreicher Ernten selbst feist gewor-
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
25
Wetterharter, bodenständiger Menschenschlag: Skeptisch schauen Lokführer und Heizer der 56 234 sowie der hart arbeitende Landmann auf den Fremden, der 1938 bei Bad Sülze die Szenerie mit der Plattenkamera festhält.
die im preußischen Vorpommern lagen. Was Mecklenburg betraf, so trug die Strecke nach Sülze und Tribsees ihren Teil zu einer eigenartigen Situation bei. Am Ende waren es nämlich drei Nebenbahnen, die in das Strömungsgebiet des Flüsschens Trebel führten: Rostock–Bad Sülze–Tribsees, Teterow–Gnoien und (als letzte mecklenburgische Nebenbahn) Malchin–Dargun. Das Kuriose daran: Es gelang keine Verbindung zwischen diesen Linien, obwohl man von den alten, backsteinernen Kirchtürmen der genannten Städte einander fast problemlos sehen konnte!
Hochbeinig und wuchtig, wider Erwarten aber auch auf kiesgebetteten mecklenburgischen Gleisen überzeugend: 75 1015 war Stammlok zwischen Rostock und Tribsees, hier 1932 bei Bad Sülze.
den, wünschten sie den raschen Absatz ihrer Produkte, auch über die nahen Ostseehäfen. So kam es, das fast jeder Unterwegsbahnhof Anschluss von einer Feldbahn erhielt. Der zweite, gute Grund für den Bau der Strecke kam aus den kleinen Städten Tessin, Bad Sülze und Gnoien, die eine Schienenverbindung nach Rostock wünschten. Der dritte Grund: Es ging um eine grenzüberschreitende Verbindung nach Preußen; Tribsees lag bereits in Vorpommern. Um das alte Städtchen zu erreichen, musste man das große „Rauhe Moor“ überwinden, das sich zwischen den Flüssen Recknitz und Trebel erstreckte (und gegenwärtig den Autobahnbauern Kopfzerbrechen beschert). Indes – nicht alle Träume gingen auf. Gnoien erhielt nicht in das nördliche Rostock, sondern vom Süden her, von Teterow, seinen Schienenweg. Dafür
26
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
baute man aber eine von der Linie Rostock–Tribsees in Sanitz abzweigende, kleinbahnähnliche Zweigstrecke, die zur Freude der dortigen Ackerbürger das Städtchen Tessin anschloss. In Tribsees entstand ein Endbahnhof, der – obwohl in Pommern – in seinem Aussehen ganz von der Mecklenburgischen FriedrichFranz-Eisenbahn geprägt wurde. So glich das Empfangsgebäude weitgehend dem Empfangsgebäudevon Bad Sülze. Am Westkopf des Bahnhofs baute man einen vierständigen Lokschuppen mit Drehscheibe. Wer einen solchen Aufwand trieb, musste die Strecke für wichtig halten. Tatsächlich entwickelte sich Tribsees schon bald zu einem regelrechten mecklenburg-pommerschen Kleinbahnknoten, mit privaten Kleinbahn-Verbindungen nach Velgast, nach Stralsund über Franzburg und nach Grimmen – alles Städte,
Kam er nach Mecklenburg, hielt sich Bellingrodt am liebsten bei Bad Sülze auf ...
Carl Bellingrodt besuchte sie jedenfalls alle, bannte P 42, T 4, G 8 und die nagelneuen Baureihen 24, 64 und 86 auf seine Platten. Doch nirgendwo hielt er sich wohl so gern auf wie zwischen Rostock und Tribsees, vor allem in der Nähe des Städtchens Bad Sülze. Seit dem 13. Jahrhundert wurde dort Salz gefördert, daher der merkwürdige Name. Die Heilkraft der Sülzer Sole brachte den Kurort hervor. 1828 entstand ein Kurhaus, dessen klassizistischer Entwurf auf Carl Theodor Severin zurückging – auf jenen Severin, der auch Bad Doberan und Heiligendamm architektonisch prägte. Carl Bellingrodt wusste dies (vielleicht); doch fand er die Windmühle vor den Toren von Bad Sülze weitaus interessanter. Schon 1924 gelang ihm ein bemerkenswertes Foto, das vor einer Kulisse aus Kirche und eben dieser Windmühle (ihrer Bauart nach ein Turmholländer) eine G 8 zeigt, die mit ihrem Viehwagenzug gen Sülze rollte. Ob das Ziel der vielen G 10-Wagen ein pommerscher Viehmarkt, vielleicht in Tribsees oder in Franzburg, gewesen sein mag? Ganz in der Nähe von Bad Sülze, oberhalb des Flüsschens Recknitz, fand Bellingrodt dann eines Tages einen Hügel, der als Fotostandort alles hergab, was ein gutes Bild aus Mecklenburg erforderte: die Weite der Landschaft, die herrliche Allee im Hintergrund, den kleinen Flusslauf mit den beiden Brücklein. Auf diesem Hügel, wo der Wind schon nach Ostsee schmeckte, wartete der Meisterfotograf den P 214 (Tribsees– Rostock) ab. Bellingrodts Geduld und sein Blick fürs Motiv sollten sich lohnen: Während am Himmel ein kräftiges Landgewitter heraufzog, rollte fast pünktlich um 15:27 Uhr die formschöne 75 461 mit ihrem harmonisch anmutenden Zug aus „Donnerbüchsen“, einem uralten G-Wagen und dem unvermeidlichen Packwagen mit Postabteil heran.
Pfeifend und läutend ging es über die Brücke, deren schlichte Bauweise mecklenburgische Sparsamkeit verriet. Noch oft kam Bellingrodt hierher, lichtete unter anderem 75 1015 ab, die auf dieser Strecke Stammlok war. Doch auch die zuverlässige G 8 gehörte gelegentlich zu seinen Objekten, wie eine Gegenlichtaufnahme von 55 2087 vor Bad Sülze zeigt. Ähnlich interessant wie die VIc erschienen Meister Bellingrodt die umgebauten Lokomotiven der bewährten preußischen Gattung G 81. Während die Maschinen der Baureihe 75 nach und nach fast alle Reisezüge bespannten, dominierten die preußischen Vierkuppler mit dem kurzen Schlepptender vor den zumeist gut ausgelasteten Güterzügen. Auch diese Lokomotiven galten als Neulinge auf der Nebenbahn nach Tribsees. Ursprünglich nur für Hauptstrecken gedacht, erwies sich die Heißdampf-Gattung G 81 wegen ihrer Höchstgeschwindigkeit von nur 55 km/h schon bald als zu langsam, andererseits mit ihrer Achslast von über 17 t für einen Einsatz auf Nebenbahnen als zu schwer. Der daraufhin erwogene und schon bald vollzogene Einbau einer vorderen Laufachse mit Hilfe eines Bissel-Gestells bewirkte zweierlei: Die Last der Lok verteilte sich gleichmäßiger, der „Achsdruck“ (ein zeitgenössischer Begriff) ging so weit zurück, dass man die leis-
... Nahe des Städtchens fand der Meister einen Hügel als Fotostandort. Hier gab es alles, was ein gutes Mecklenburg-Bild erforderte und der Wind schmeckte schon nach Ostsee.
tungsfähige Maschine fürderhin auch auf Mecklenburgs Nebenbahnen loslassen konnte. Überdies lag die 562-8, wie sie jetzt hieß, bei den nun zulässigen 70 km/h noch immer bemerkenswert ruhig im Gleis. Das Bahnbetriebswerk Rostock, das zwischen 1926 und 1936 ständig zwei umgebaute G 81 in seinem Bestand führte, setzte sie fast ausschließlich auf der Schiene nach Tribsees ein. Wie berichtet wird, jedoch kaum noch nachzuweisen ist, beheimatete wohl auch der kleine Lokbahnhof Tribsees in seinem vierständigen Schuppen die Baureihe 562-8. Da am Ort aber nur eine 16-MeterScheibe zur Verfügung stand, bedurfte es allerhand „Zirkelei“, um die 18 Meter lange Lok auf die kleine Scheibe zu manövrieren und „schuppentorgerecht“ zu drehen ... Dass es aber ging und alltägliche Praxis war, ergab sich aus dem deutlich kürzeren Achsstand der Lok. Tatsächlich fotografierte auch Carl Bellingrodt stets nur vorwärts fahrende Lokomotiven, und zwar in beiden Richtungen, nach Rostock wie auch nach Tribsees. Fünf Maschinen waren es, die der Altmeister der Lokfotografie antraf: 56 202, 56 209, 56 232, 56 234 und 56 417. Während also Carl Bellingrodt nach der nächsten VIc Ausschau hielt und sich über jede umgebaute G 81 mit Vorlaufachse freute, schmiedete die Reichs-
bahn-Zentrale Pläne, von Rostock aus über Sülze, Tribsees und die anschließende Kleinbahn nach Grimmen einen durchgehenden Eilzuglauf nach Greifswald einzurichten ... Der Zweite Weltkrieg verhinderte dieses interessante Vorhaben. Es sollte noch schlimmer kommen: 1946 fiel die Strecke Sanitz–Tribsees den Reparationsforderungen der sowjetischen Besatzungsmacht zum Opfer; auch Bad Sülze verlor seinen Bahnanschluss. Geblieben ist nur der Streckentorso Rostock–Sanitz–Tessin. Vor kurzem durchgehend modernisiert, verkehren auf der so genannten Ostsee-RecknitzBahn heute die eher nüchternen Triebwagenzüge der Baureihe 642 und halten an Bahnsteigen aus Beton. An die Romantik, die einst Carl Bellingrodt einfing, erinnern im Grunde nur noch seine Fotos ... Wer Zeit und Muße findet, sie eingehend zu betrachten, dem sei der unaufdringliche Rat des Mecklenburg-Kenners und Eisenbahn-Freundes Jürgen Borchert (†) anempfohlen: „Dass diesen Fotos die Farbe fehlt, ist ein Irrglaube. Erzählen sie doch von einer Zeit, da alles noch im Einklang schien: Eisenbahn und Landschaft, Technik und Natur, Mensch und Schöpfung. Dazu bedarf es kaum der bunten Bilder ...“ Carl Bellingrodt hätte sich gefreut.
DIE BELLINGRODTAUFNAHMEN STAMMEN AUS DER
SAMMLUNG ZEITLER (S. 22/23) UND AUS DEM EJ-ARCHIV.
Neben den VIc waren auch die zuverlässigen G 8 für Bellingrodt stets ein mecklenburgisches Bildmotiv wert: 55 2078 mit einem Nahgüterzug im Gegenlicht bei Bad Sülze (1934). Eisenbahn-Journal 6/2003
•
27
75 JAHRE RHEINGOLD
DIE EWIG JUNGE LEGENDE Der von der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft erstmals am 15. Mai 1928 auf die Reise geschickte Luxus-Express gilt noch immer als der vielleicht berühmteste aller exklusiven Züge. TEXT VON KONRAD KOSCHINSKI
28 28
• •
Eisenbahn-Journal 6/2003 Eisenbahn-Journal 6/2003
ABB.: BELLINGRODT/SLG. DR. HUFNAGEL, KEMPF, ROTTHOWE
Legenden unter sich: Der Rheingold FFD 102 auf der Linken Rheinstrecke beim Block Pfalz, bespannt mit 18 517 (links oben). Die Aufnahme entstand 1937. 51 Jahre später ist die nunmehr historische Wagengarnitur des Rheingold unterwegs auf einer Sonderfahrt von Düsseldorf nach Offenburg, hier in Rüdesheim. Zuglok ist 41 340, bestückt mit zwei Tendern. Und wiederum zwei Jahre später, im Oktober 2000, verlässt die Rheingold-Garnitur ebenfalls auf Sonderfahrt soeben Köln Hbf, umnebelt von erhabenem S 3/6-Rauch der Museumslok 18 478. Eisenbahn-Journal 6/2003 Eisenbahn-Journal 6/2003
• •
29 29
Schiffsanschluss in Antwerpen. Trotz aller Konkurrenz war die Luzerner Wagengruppe beider Züge auf dem Schweizer Streckenabschnitt vereint. Ab 1929 führte der DRG-Zug während der Sommersaison außerdem Züricher Kurswagen, die südlich von Basel ebenfalls mit dem CIWLZug gekoppelt liefen. Diese vereinte Führung praktizierten die SBB bis 1933, danach erfolgte sie in getrennten Schnellzügen. Für den Kurswagendienst ließ die DRG 1934 drei Salonwagen 2. Klasse zu Wagen 1./2. Klasse mit kleinem Küchenabteil (SAB 4ü) umbauen. Im Fahrplanjahr 1938/39 endete der Rheingold ohne weiterführende Kurswagen in Basel, ab 15. Mai 1939 gab es jedoch sogar einen Wagendurchlauf von Hoek van Holland bis Mailand. Das Nibelungenlied als Namensgeber: Ab 1931 wurde der Schriftzug RHEINGOLD angebracht.
DIE NAMENSGEBUNG des berühmtesten Luxuszuges der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft geht auf das Nibelungenlied respektive eine Oper von Richard Wagner zurück. „Herauf aus den wogenden Wassern des Rheines“ glänzt der Sage nach das Gold des bei Worms versenkten Nibelungenschatzes. Und sagenhaft ist auch die Hochkultur des Eisenbahnreisens, für die der Zugname Rheingold steht. Mit dem am 15. Mai 1928 eingeführten FFDPaar 102/101 schuf die DRG eine am Vorbild
pichen, erfüllten die Wagen höchste Ansprüche eines wohlhabenden internationalen Reisepublikums. Das Raumangebot in den 1.-KlasseSalons zeichnete sich durch verschwenderische Großzügigkeit aus, beidseits des Mittelgangs stand dort pro Reihe jeweils nur ein loser Lehnsessel. In den 2.-Klasse-Salons gab es drei feste Sitze pro Reihe (in der Aufteilung 1 plus 2). Die Bewirtschaftung oblag der MITROPA. Wie in den Pullman-Zügen der Internationalen Schlafwagengesellschaft CIWL/ISG servierten Kell-
Herauf aus den wogenden Wassern des Rheines
DIE BESPANNUNG des Luxuszuges oblag selbstverständlich repräsentativen Lokomotiven: Zwischen Hoek van Holland und Zevenaar solche der NS-Reihen 3700 (2’C h4v) und später 3900 (2’C h2), auf dem 410 km langen Streckenabschnitt von Zevenaar bis Mannheim bayerische S 3/6 (Baureihe 18.4-5) des Bw Wiesbaden (später Mainz) und auf dem 256 km langen Abschnitt von Mannheim bis Basel Bad Bf badische IV h (Baureihe 18.3) des Bw Offenburg. Südlich Mannheims kamen ab 1930 schon neue 01-Einheitsloks zum Einsatz; ab Sommer 1934 verwendete das Bw Offenburg für den Rheingold planmäßig nur noch diese Type. 1937 übernahmen auf dem nördlichen Abschnitt Deutzerfelder 01 die Traktion. Ab Sommer 1936 strich die Reichsbahn das zweite F aus der Zuggattung, hob den besonderen Komfort aber weiterhin mit dem Zusatz ,,Salonwagenzug“ hervor. Drei Jahre später galten statt gepflegten Reisens andere Prioritäten: Mit dem am 22. August 1939 eingeführten Notfahrplan endete die Geschichte des Vorkriegs-Rheingold. Der von der Deutschen Bundesbahn ab 20. Mai 1951 so bezeichnete F-Zug Rheingold-Expreß Hoek van Holland–Basel (über Venlo/Kaldenkirchen) hatte mit dem Salonwagenzug der DRG nur noch den Namen gemein. Er führte alle drei Wagenklassen und wurde vorwiegend aus modernisierten, blau lackierten Schürzenwagen der Bauart 1939 gebildet. Herausragenden Komfort bot wieder der ab 27. Mai 1962 aus funkelnagelneuen blau-elfenbeinfarbenen Wagen zusammengestellte, rein erstklassige Rheingold auf der Route Amsterdam–Basel via Emmerich. Ab Sommer 1965 fuhr er als Trans-Europ-Express, mit seinem letzten Verkehrstag am 30. Mai 1987 fand das Kapitel der rot-creme lackierten TEE-Züge bei der DB seinen Abschluss.
GLÄNZT DAS RHEINGOLD der Pullman-Expresszüge orientierte Tagesverbindung auf der Route Hoek van Holland–Emmerich–Basel SBB, mit Flügel Amsterdam– Utrecht sowie sommerlicher Verlängerung bis Luzern. Das zweite F in der Zuggattungsbezeichnung unterstrich die Exklusivität. Eigens für den Rheingold wurden 1928/29 folgende Sonder-D-Zug-Wagen (Gattung S) geliefert: • 4 der 1. Klasse mit 28 Plätzen (SA 4ü) • 4 der 1. Klasse mit 20 Plätzen und Küche (SA 4üK) • 8 der 2. Klasse mit 41/43 Plätzen (SB 4ü) • 10 der 2. Klasse mit 29 Plätzen und Küche (SB 4üK) • 3 Gepäckwagen (SPw 4ü) Die in Violett-Creme gehaltenen Salonwagen maßen über Puffer 23,5 m und waren die längsten Waggons im damaligen Reichsbahnbestand. Die in genieteter Stahlbauweise ausgeführten Wagenkästen ruhten auf zweiachsigen Drehgestellen des Typs „Görlitz II schwer“. Die Länge der ganz violett lackierten Gepäckwagen betrug 19,68 m. Außer durch die Farbgebung fielen die Fahrzeuge noch mit ihren oberhalb der Fenster prangenden Aufschriften MITROPA und DEUTSCHE REICHSBAHN auf. Dazu kam, unterhalb der Fenster beidseitig des DRG-Emblems, der ab 1931 angebrachte Schriftzug RHEINGOLD. Ausgestattet mit Polstersitzen vom Feinsten, edelholzfurnierten Tischen und erlesenen Tep30
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ner frisch zubereitete Menüs und edle Tropfen am Sitzplatz. Der Rheingold konkurrierte erfolgreich mit dem ab 15. Juni 1928 von der Schlafwagengesellschaft CIWL/ISG eingerichteten Pullman-Express Edelweiss. Letzterer verband Amsterdam über Brüssel und Luxemburg mit Zürich sowie im Sommer auch mit Luzern. Die Fahrgäste des Rheingold konnten dank Schiffsanschluss in Hoek van Holland bereits 1928 binnen weniger als 24 Stunden von England in die Schweiz reisen; der Edelweiss erhielt erst 1929 mittels einer Omnibusverbindung
WIE DIE MYSTIK des Nibelungenschatzes besitzt auch der legendäre Vorkriegs-Rheingold eine ungebrochene Popularität, die in vielerlei Hinsicht zum Ausdruck kommt. So wird im jetzigen Jubiläumsjahr unter anderem die in den exklusiven Zugfarben Violett-Creme lackierte S 3/6 18 478 (siehe Kasten) mit der historischen Rheingold-Wagengarnitur zu Sonderfahrten auf die Reise geschickt.
Sagenhaftes Eisenbahnreisen: Bis August 1939 planmäßig zwischen Hoek van Holland und Basel SBB – unten Rheingold FFD 102 mit einer 01 bei Freiburg, aufgenommen um 1932. Und heute auf Sonderfahrten mit der historisch erhaltenen Rheingold-Wagengarnitur – Detailaufnahmen oben.
Zum dritten Mal seit ihrer Aufarbeitung bekam die einzige betriebsfähige S 3/6 ein neues, ahistorisches Farbkleid: Nach Hellgrün und Königsblau ist nun ein „Rheingold-Look“ an der Reihe. Initiator und Geldgeber ist wieder der Modellbahnhersteller Märklin. Als Anlass dient das 75-jährige Jubiläum des Rheingold-Zuges. Vor dessen restaurierten Wagen wurde die Lok am 3. und 4. Mai zwischen Stuttgart und Göppingen eingesetzt (Näheres folgt). Am 10. April 2003 zeigte Märklin auf der Drehscheibe des Bayerischen EisenbahnMuseums in Nördlingen erstmals die Lok mitsamt H0-Modell (siehe Titelseite). Wie lange die Maschine die neuen Farben tragen wird, ist noch unklar – vermutlich nur während der Sommer-Saison. Vierzylinder-Fans sollten die Zeit nutzen: Nach Fristablauf im April 2004 wird Serge Lorys S 3/6 abgestellt. KUTTER
ABB.: ROTTHOWE (2), SLG. RITZ, KEMPF (2), BELLINGRODT/SLG. ZEITLER, KUTTER
RHEINGOLD-FARBEN FÜR S 3/6 18 478
Trägt jetzt „Rheingold-Look“: die einzige betriebsfähig erhaltene S 3/6 18 478 (Nördlingen, 10. April). Eisenbahn-Journal 6/2003 • 31
SCHWEIZER SPEZIALITÄT
ZIRKUS
Bereits seit 1919 benutzt der bekannte Schweizer National-Circus zum Wechsel der Gastspielorte die Eisenbahn. Heute sind es zwei rund 400 Meter lange Züge, mit denen Equipment, Personal, Artisten und Tiere jeden Sommer durch das Land reisen.
KOMMT AUF SCHIENEN TEXT VON BEAT MOSER
32
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Knie-typisch waren jahrelang Zirkusplakate mit Bahn-Bezug: Eines der schönsten zeigt die nächtliche Fahrt zum nächsten Gastspiel.
Wo außer in der Schweiz gibt es noch bahnfahrende ZirkusDickhäuter? Groß ist dann auch das Hallo, wenn der Knie-Zug mit den Elefantenwagen ankommt, wie hier in Glarus am 25. März 1995.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
33
AN INSGESAMT 47 GASTSPIELORTEN wird der in Rapperswil beheimatete National-Circus Knie in der kürzlich begonnenen Saison 2003 Halt machen. Dabei bewegt sich der große Tross mit etwa 150 Tieren, 180 Personen und rund 1200 t Material wieder auf dem Schienenweg durch die Schweiz. Es sind fast 50 Be- und Entladungen nötig, die jeweils gemeinsam mit den SBB und einigen Privatbahnen in minutiöser Planung ablaufen werden. Da Fahrzeuge, Material und Mannschaft jeweils am kommenden Morgen am nächsten Gastspielort verfügbar sein müssen, verkehren die Knie-Transportzüge meist nur während der Nachtstunden. Es gibt daher leider auch wenig Möglichkeiten zum Fotografieren und Filmen der langen Zuggarnituren auf der Fahrt. Während kleinere Zirkusunternehmen vornehmlich Regionen abseits der Bahnstrecken besuchen, konzentriert sich Knie auf größere Siedlungen. Diese sind per Bahn im Nachtsprung optimal erreichbar, weshalb man dem Schienentransport auch heute noch den Vorzug gibt. Nur die rund 40 Artisten benutzen mit ihren Wohnwagen und den Zugfahrzeugen die Straße. Mit Ausnahme der Giraffe werden in der Regel alle Tiere auf dem Schienenweg transportiert. Die Elefanten reisen in gedeckten Zweiachswagen mit erhöhtem Dach, damit sie während der Fahrt aufrecht stehen können. Für die wertvollen Dressurpferde unterschiedlicher Rassen hat man in die Eisenbahnwagen speziell konstruierte, schwenkbare Zwischenwände eingebaut. Dadurch finden in einem Wagen bis zu 15 Pferde Platz. Exoten wie Büffel, Kamele, Zebras, Lamas sowie die Ponys werden während der Fahrt mit längs gespannten Haltevorrichtungen gesichert. Hingegen bleiben die Kleintiere und Affen auch beim Transport in ihren Behausungen, wo sie sich wohl und heimisch füh-
WENN NACH DER ABENDVORSTELLUNG die Sitzbänke weggeräumt werden, steht der erste Zug meist bereits abfahrbereit am Bahnhof. Für die Traktion über die SBBStrecken werden in der Regel Cargo-Triebfahrzeuge der Typen Ae 6/6 und Re 6/6 eingesetzt. Früher wurden für diese Dienste je nach Region die Ae 4/7, die „Krokodile“ oder bei einigen Privatbahnen sogar Dampfloks eingeteilt. Für Eisenbahner sind die Zirkuszüge eine schwierige Aufgabe, aber auch eine willkommene Abwechslung. Sie sind Teil der Schweizer Bahngeschichte. Als ein Höhepunkt der Tournee galt früher jeweils das Gastspiel im aargauischen Rein-
ZIRKUS KNIE WIRD 200 Dieses Jahr darf die Dynastie Knie ihr 200-Jahr-Jubiläum feiern. Seit 1803 reist die Zirkusfamilie durch die Lande, ursprünglich in Österreich und später in der Schweiz. Aus der offenen Arena wurde 1919 mit der Anschaffung des ersten Zeltes der Schweizer NationalCircus Knie, der bisher 85 Tourneen veranstaltete und dabei in fast allen Gastspielorten mit der Eisenbahn anreiste. Die Tournee 2003 findet zwischen 28. März und 23. November statt. Wer den Zirkustransport filmen oder fotografieren will, findet Informationen im Internet unter: www.knie.ch
DIE TRANSPORTE DES ZIRKUS KNIE SIND TEIL DER SCHWEIZER BAHNGESCHICHTE
Knie-Züge auf Tour: Am 6. Juli 1998 bringt eine Re 4/4 II einen der beiden Zirkuszüge nach Couvet. Auf den Flachwagen stehen die Zirkusfahrzeuge, in den geschlossenen Güterwagen werden die Tiere transportiert. – Bespannt mit einer Ae 4/7, startet ein Zirkuszug am 19. März 1990 vom Winterquartier in Rapperswil aus in die neue Saison.
34
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ABB.: S. 32/33 GAVAZZI, HITZ (2), S. 34/35 SBB-ARCHIV, STEINER (2), HITZ, MOSER, GAVAZZI
Zirkus Knie anno 1945: Entladeszene in Bern.
len. Diese Anhängefahrzeuge werden ebenfalls auf offenen Eisenbahnwagen befördert. Selbstverständlich reisen im Zug jeweils auch genügend Tierbetreuer/innen mit. Außerdem wird den Tieren genügend Futter und Wasser bereitgestellt. Auf besonderes Interesse stößt natürlich jeweils das Entladen der Tiere. In Ruhe werden sie nach und nach aus den Bahnwagen hinausgeführt. Der Weg zwischen Bahnhof und Gastspielplatz wird meist als Straßenumzug zurückgelegt, womit der Bevölkerung die Ankunft oder Abreise des beliebten Zirkusunternehmens angekündigt wird. Später können die Tiere neben dem Zirkuszelt im „fahrenden Zoo“ aus nächster Nähe bewundert werden. Von der in der Manege und auf dem Gastspiel-Areal vermittelten Zirkusromantik ist auf dem Bahngelände freilich wenig zu spüren. Hier sind alle Abläufe perfekt durchorganisiert. Jeder Bahnhof verfügt über andere Einrichtungen und Platzverhältnisse, die bei der Vorplanung berücksichtigt werden müssen. Außerdem erfordert die unterschiedliche Länge der verschiedenen Straßen- und Schienenfahrzeuge eine genaue Zuteilung der Zirkuswagen auf bestimmte Bahnwaggons, die zeitgenau und in der richtigen Reihenfolge an der Rampe bereitstehen müssen. Gegen 21 Uhr ist die Abendvorstellung noch im Gange. Bereits vor dem Abbau des Zeltes haben bei den Gütergleisen die Verladearbeiten begonnen. Erste Geräte- und Mannschaftsanhänger werden mit großen Traktoren zentimetergenau auf spezielle SBB-Flachwagen manövriert. Der Transportchef beaufsichtigt die Vorgänge und quittiert jeweils den richtigen Standort des Straßenfahrzeuges mit seiner Trillerpfeife. Dann wird es gebremst und mit Keilen und Ketten gesichert. Die von speziell geschultem Zirkuspersonal erledigte Arbeit erfolgt in rationellem Tempo. Jeder Handgriff sitzt dank enger Koordination zwischen allen Beteiligten. Nach der bahnseitigen Schlusskontrolle werden die beladenen Güterwagen von einer Lok weggezogen und eine weitere Reihe leerer Fahrzeuge bereitgestellt.
ach. Der Ort war auf Normalspurgleisen nur über die ungewöhnlich trassierte Seetalbahn zu erreichen. Diese Strecke war für lange Züge wenig geeignet, womit dort die Krokodilloks Be 6/8 II und Ce 6/8 III vielbeachtete Auftritte erhielten. Die Fahrten über die Spitzkehre in Beinwil a. See und die anschließende, bis zu 39‰ steile Rampe Richtung Beromünster waren eine logistische Meisterleistung. Da die Trasse inzwischen stillgelegt wurde, erinnern nur noch Bilder an diese aufwändige Transportaufgabe. Am Ende der Saison weilt der National-Circus Knie regelmäßig im Tessin. Bei der Rückfahrt ins Winterquartier in Rapperswil rollt der Großtransport im November jeweils über die Gotthardstrecke nach Arth-Goldau. Dort nimmt dann die Südostbahn die beiden Züge in ihre Obhut und
bringt sie über den Sattel an den Zürichsee. Dabei sind auf den 50‰-Steigungen Schiebedienste keine Seltenheit. Es bleibt zu hoffen, dass der National-Circus Knie auch in den nächsten Jahren zu den Kunden von SBB Cargo gehören wird. Immerhin bringen diese Aufträge über eine halbe Million Schweizer Franken in die Bahnkasse. Doch die laufende Straffung der Infrastruktur in den Bahnhöfen gefährdet diese umweltfreundliche Beförderung auf der Schiene. Beim aktuellen Rückbau der Bahnanlagen und Güterareale sollte man unbedingt auf die Bedürfnisse der Zirkusverladung Rücksicht nehmen, da Knie auf die Einrichtungen in den Bahnhöfen seiner Gastspielorte angewiesen ist. Es wäre schade, wenn dieser traditionelle Zirkustransport an die Straßenkonkurrenz verloren gehen würde.
Wieder hat ein KnieZug einen Gastspielort erreicht: Mit einem Traktor werden die ersten Zirkuswagen von den Bahnwaggons hinter der Rangierlok gezogen (Bahnhoff Fleurier der Privatbahn TRN im Val de Travers, 6. Juli 1998).
DIE ZUKUNFT DER ZIRKUS-VERLADUNG HÄNGT VOM ERHALT DER GÜTER-STRUKTUREN AB
Alles perfekt organisiert: Noch während der Abendvorstellung beginnen erste Verladearbeiten; morgens ist es häufig noch dunkel, wenn ein neuer Ort erreicht wurde und die Entladung beginnen kann (rechts). Aus den Tiertransportwagen werden später in aller Ruhe die Exoten, wie hier die Zebras, zum Gastspielareal des jeweiligen Orts geführt. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
35
Einblicke: Fertigung von 185 für DB Cargo, Ausbesserung von 145-CL für die RAG und Blue TigerMontage für Malaysia.
36
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
NEUE FAHRZEUGE
Familienzuwachs: Beim Kassler Event präsentierte Bombardier mit 146 101 für DB Regio und MR 146-01 für MetroRail das Neueste aus dem 185-Baukasten.
Über das aktuelle Fertigungsprogramm auf dem Triebfahrzeugsektor und eine damit verbundene, recht gute Auftragslage informierte kürzlich Bombardier Transportation im traditionsreichen hessischen Werk. Schwerpunkt ist das Produktportfolio „185 & Co.“, aber auch Dieselloks des Blue Tiger-Typs stehen derzeit hoch im Kurs.
KASSLER LOK-SHOW
TEXT UND BILDER VON KONRAD KOSCHINSKI
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
37
Links die Ente, rechts der Tiger: Flankiert wurde die 185-FamilienParade im BombardierWerk Kassel vom „Entenschnabel“ des spanischen AVE S 102 (links oben) und von der – ausgesprochen gut aussehenden – V 20, einer Diesellok des Blue Tiger-Typs für die Mindener Kreisbahn (rechts).
Schweizer Ableger: Seitenansicht einer BLS485 (Frontansicht links oben) sowie ein Lokdachmodul mit deutschem und schweizerischem Stromabnehmer.
„MEHR POWER FÜR EUROPA“ lautete das Motto, unter dem der so genannte „1. Trade Press Day“ am 10. April 2003 im BombardierWerk Kassel über die neuesten Entwicklungen der Division Lokomotives & Freight informierte und zudem interessante Einblicke in die Fertigungshallen gestattete. Auf erprobte Fahrzeuge und Systeme gestützt, richtet das Unternehmen sein Produktprofil immer stärker an der Nachfrage auf dem liberalisierten europäischen Verkehrsmarkt aus und setzt konsequent auf „Familienpolitik“. Den Grundstock auf dem Lokomotivsektor bildet die erfolgreiche 185-Familie. Auf Basis der Zweifrequenzlok für DB Cargo wurden und werden Varianten mit folgenden Projektbezeichnungen entwickelt:
• die 185 MS (Multisystem) für Wechselstrom 15 kV/16,7 Hz und 25 kV/50 Hz sowie Gleichstrom 1,5 kV und 3 kV, also genauso interoperatibel wie die 189 von Siemens • die 185 DC wahlweise für nur eines der beiden Wechselstromsysteme (AC) sowie 1,5 kV und/oder 3 kV Gleichstrom (DC) • die 185 D dieselelektrische Lokomotive unter weitgehender Beibehaltung der mechanischen Komponenten. Die in Versionen für 140 km/h oder (als 146.1) für 160 km/h gefertigten Elloks können optional für 200 km/h ausgelegt werden, die Dieselloks sollen 140 oder 160 km/h schnell sein.
Wie Dr. Michael Buscher, Vice President Engineering Locomotives bei Bombardier Transportation, erläuterte, soll die Loklänge über Puffer bei allen Spielarten 18,9 m betragen – trotz des Einbaus von Generator und Dieselmotor auch bei der 185 D. Letztere soll die gleichen Drehgestelle wie die Cargo-Elloks der Baureihe 185 erhalten, ja erstaunlicherweise sogar die gleichen Fahrmotoren. Sind die Fahrmotoren der insgesamt maximal 5,6 MW leistenden 185er denn für eine dieselelektrische Lokomotive der 2-MW-Klasse überhaupt geeignet? Die Frage blieb offen. Jedenfalls will Bombardier das Projekt 185 D auch im Hinblick auf die Ausschreibung der DB AG für neue Streckendieselloks bis Anfang 2005 realisieren und damit dem (als ÖBB-2016
Einblicke: Fertigung von 146.1 für DB Regio und Doppellok IORE für Schweden sowie Re 482 für SBB Cargo und Lokaufarbeitung (Ex-109 032).
38
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
bekannten) EuroRunner aus dem Hause Siemens Paroli bieten. Auf dem „1. Trade Press Day“ – auf Deutsch in etwa „Fachpressetag“ – in Kassel waren von der Dieselversion aber nur Computer-Animationen zu sehen. Außerdem wurde ein 185-Führertisch mit Schalterattrappe für den Dieselmotor gezeigt. Assoziationen an die geplante 185 D weckte beim Werksrundgang jedoch eine Bo’Bo’-Diesellok für die Griechische Staatsbahn (OSE), die im Anschlussauftrag an die bereits 1997 von der OSE beschaffte Serie A 471 bis 496 gefertigt wird. Unverkennbar liegt diesen Loks das von Adtranz schon bei der 128 001 – gewissermaßen dem Prototyp der 145/185-Familie – angewandte Baukastenprinzip zugrunde, welches auch den von der OSE optional vorgesehenen Umbau in Elloks berücksichtigt. VON DER 185-FAMILIE im engeren Sinn sind bislang über 500 Exemplare gefertigt oder bestellt (Stand 10. April): 400 Stück • 185 für DB Cargo (davon 65 mit Schweiz- und 20 mit Frankreich-Paket) 50 Stück • Re 482 für SBB Cargo 10 Stück • Re 485 für BLS Cargo 20 Stück • 185-CL für diverse Privatbetreiber 8 Stück • 146.1 für DB Regio Niedersachsen 18 Stück • 146 für MetroRail/Niedersachsen (baugleich mit 146.1).
Mit der Endmontage von 150 Lokomotiven im Jahr ist das Kasseler Werk ausgelastet. Neben dem Kern-Produktportfolio „185 & Co.“ sorgen dafür zur Zeit auch Aufträge zum Bau von Dieselloks des Typs Blue Tiger (20 für Malaysia und acht für die Karsdorfer Eisenbahngesellschaft), von vier Triebköpfen für die Hochgeschwindigkeitszüge AVE S 102 respektive Talgo 350 der RENFE/Spanien und von zehn Dieselloks für die OSE/Griechenland, zudem die Fertigung der letzten von neun Erzbahn-Dop-
pelloks IORE für die schwedische LKAB/ MTAB. Sechs Fahrzeuge aus der aktuellen Produktpalette gruppierte Bombardier am 10. April zur Parade vor der Werkhalle. Dabei wurden vier Vertreterinnen der 185-Familie – die 185 116 für DB Cargo (mit Schweiz-Paket), 485 004 für BLS Cargo sowie 146 101 für DB Regio und MR 146-01 für MetroRail – flankiert vom „Entenschnabel“ des AVE S 102 und von der V 20, einer Blue Tiger-Lok für die Mindener Kreisbahn.
KEG-Tiger: Auch eine bereits lackierte, allerdings noch unbeschriftete Blue Tiger-Lok für die Karsdorfer Eisenbahngesellschaft war im Bombardier-Werk Kassel bereits anzutreffen.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
39
BAHN-NOTIZEN
Bombardier-Tiger bei DB-Systemtechnik getestet
Sechseinhalb Jahre nach Präsentation des Blue TigerPrototyps im Kasseler AdtranzWerk (vgl. EJ 1/97 und 6/00) haben die dortigen Lokbauer, heute unter Bombardier-Regie, neue Großkatzen freigelassen: Während der erste „SerienTiger“ an die Mindener Kreisbahn ging und auch der erste Karsdorfer Tiger auf den Sprung aus den Werkshallen lauerte (s. S. 36-39), absolvierten mit 250 002 und 003 weitere Loks des TigerTyps Messfahrten bei DB-Systemtechnik – hier 250 003 in München-Freimann am 11. April 2003. GZ
Lok-Exitus im Deutzer Rheinhafen
40
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
U-Boot-Abschied in Berlin-Brandenburg am 22. März 2003: 219 043 zwischen Berlin-Lichtenberg und Tiefensee in der Nähe von Seefeld.
Warten auf brachiale Zerlegung: die Schrottlokreihe 219 095, 234 545, 552, 582, 235, 442 und 219 089, 103, 023, 015, 012, 157, 066 am 22. März 2003 im Deutzer Rheinhafen.
ABB.: FRITSCHE, DÖRSCHEL, KANDLER
Traurige Berühmtheit erlangt hat mittlerweile der im Rheinhafen Köln-Deutz ansässige Schrotthandel Theo Steil. Dort werden nämlich schon seit einiger Zeit immer wieder ausgemusterte Lokomotiven der DB AG verschrottet. Mit Brachialgewalt rückt man den Maschinen zu Leibe. Ein Bagger, ausgestattet mit einer entsprechend dimensionierten Hydraulikschere, macht einer „ausgewachsenen“ Lok innerhalb kürzester Zeit den Garaus. Das Zerlegen in hochofengerechte Stücke geschieht in denkbar wenigen Arbeitsschritten. Zuerst wird das Dach angetrennt, dann mit einem Ruck der Motorblock herausgerissen, die Seitenwände abgetrennt und zu guter Letzt der Rahmen zerschnitten. Bis zu knapp einem Dutzend Maschinen müssen auf diese Art und Weise am Tag „ihr Leben lassen“. Ende März wartete mal wieder eine lange Reihe auf ihr schicksalhaftes Ende. Bei den 13 Lokomotiven handelte es sich um 219 089, 103, 023, 015, 012, 157, 066, 095 sowie 234 545, 552, 582, 235, 442. UK U-Boot-Fans und Eisenbahner organisierten unterdessen für den 22. März 2003 einen letztmaligen 219-Einsatz vor Planzügen auf der berlin-brandenburgischen Regionalbahnlinie von Berlin-Lichtenberg nach Tiefensee (KBS 209.25). Zum Einsatz kamen 219 043 und 112, die unmittelbar danach wieder nach Cottbus zurück rollten. DÖ-
Wie in EJ 4/03 bereits ausführlich berichtet, wird ein bayerischschweizerisches Kooperationsunternehmen zwischen Länderbahn/Regentalbahn AG und Thurbo AG ab 15. Dezember 2003 für vier Jahre zwischen München und Oberstdorf den InterRegio-Ersatzverkehr mit modernisierten ehemaligen FSSchnellzugwagen anbieten. Für die Traktion der künftigen Allgäu-ExpressZüge – kurz ALEX – sorgt Siemens Dispolok, aus deren Pool die neuen Betreiber vier Dieselloks vom Typ EuroRunner 20 (weitgehend baugleich mit ÖBB-Reihe 2016) im so genannten Full-Service anmieten werden. Die ER 20-Dispoloks befinden sich derzeit in Bau und werden von der 2016 nur u.a. bezüglich der Fremdeinspeisung (230 statt 440 V), in der Frequenz der Zugsammelschiene sowie in Kommunikationselementen abweichen. Erste Testfahrten absolvierten Siemens Dispolok und das neue Betreiberunternehmen nun am 25. März 2003. Der Probezug bestand aus der 2016 026 sowie Wagen von Touristik Schiedermeyer. Das erste Zugpaar München– Oberstdorf–München wurde mit sieben, das zweite mit vier Wagen gefahren. Dabei wurden Fahrzeiten und Dieselverbrauch der Lok ermittelt; danach konnte der künftige Lokumlauf festgelegt werden. Demnach wird der ALEX mit einem ER 20 nach Immenstadt fahren. Für den dort nötigen Fahrtrichtungswechsel setzt sich eine zweite Lok an die neue Zugspitze. Im „Sandwich“ fährt man dann zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Zurück nach München geht es von Immenstadt aus wieder mit einem ER 20. GZ
Schweizer testen ÖBB-2016 Wie bereits berichtet, sucht SBB Cargo zum Einsatz im schweizerisch-italienischen Grenzgebiet nach geeigneten Dieselloks. Sie sollen als fahrdrahtunabhängige Triebfahrzeuge
Probelauf für den Allgäu-Express
Im Hinblick auf den künftigen ALEX-Verkehr zwischen München und Oberstdorf absolvierte Siemens Dispolok am 25. März 2003 erste Traktionstests. Gefahren wurden zwei Zugpaare. Die Züge bestanden aus 2016 026 und sieben bzw. vier Wagen von Touristik Schiedermeyer. Hier der Sieben-Wagen-Zug bei Türkenfeld (oben) und nahe Aitrang.
im Verkehr zwischen Norden und Süden rollende Güterzüge direkt zu den lombardischen Industriebetrieben bringen. Die Schweizer möchten die Zuverlässigkeit der Schienentransporte verbessern, indem sie Zustellung und Abholung der Ganzzüge ihrer oberitalienischen Kunden in Eigenregie sicherstellen. Dazu wurde
ABB.: RITZ, BERNDT, KELLER
Auf dem Weg zum Schweiz-Test: die ÖBB-Dieselloks 2016 041 und 043 im Grenzbahnhof Buchs SG am 10. März 2003.
die Tochtergesellschaft Swiss Rail Cargo Italy (SRC) gegründet, die inzwischen in Italien die Lizenz als Eisenbahnunternehmen erhalten hat. Zwischen 11. und 13. März fanden zu diesem Zweck auf der grenzüberschreitenden Strecke Bellinzona– Luino Testfahrten mit zwei ÖBBLoks der Reihe 2016 (Siemens-Typ EuroRunner 20; vgl. EJ 10/02) statt. Dazu reisten 2016 041 und 043 mit dem Euronight-Zug 246 von Wien West nach Feldkirch, von wo sie allein fahrend durch Liechtenstein den Grenzbahnhof Buchs SG erreichten. Dort wurden sie von der Re 6/6 Nr. 11607 an den Haken genommen und via Rangierbahnhof Limmattal und Gotthardstrecke nach Bellinzona verbracht. Das Testprogramm absolvierten sie mit regulären Güterzügen, wobei aber die planmäßige Ellok sicherheitshalber im Zugverband verblieb. Dass die italienischen Staatsbahnen den eingangs erwähnten Zielen von SBB Cargo nicht positiv gegenüberstehen, bewiesen sie anlässlich dieser Testfahrten. Weil angeblich behördliche Bewilligungen fehlten, wurde der Einsatz auf ihrem Staatsgebiet kurzerhand verboten.
STICHWORT: Luino-Strecke Der einspurige, 1882 von der Gotthardbahn eröffnete Abschnitt zwischen Cadenazzo (Abzweigung nach Locarno) und Luino wurde als eine der letzten SBBStrecken 1960 mit einer Fahrleitung versehen. Die größtenteils entlang dem Lago Maggiore angelegte Trasse misst 31,25 km. Davon liegen 47,5% auf italienischem Staatsgebiet. Wie die Simplonlinie Iselle–Domodossola wird sie aufgrund spezieller Staatsverträge von den SBB betrieben, während für die Infrastruktur und Dienstbesorgung die FS zuständig zeichnet. Die Verbindung wird als Umfahrung von Chiasso und Como von den alpenquerenden Güterzügen häufig befahren. Trotz günstiger Neigungsverhältnisse ist sie wegen sehr langer Einspurabschnitte leider wenig leistungsfähig. Den geringen Reiseverkehr übernehmen zweiteilige SBB-Pendelzüge, welche die acht Bahnhöfe und Haltestellen zwischen Cadenazzo und Luino im Zweistundentakt mit dem Tessiner Kantonshauptort Bellinzona verbinden. BM
Nach diesem Entscheid musste die Erprobung vorzeitig abge-brochen werden. Auf die Ergebnisse dieser aufwändigen Aktion darf man gespannt sein. BEAT MOSER Eisenbahn-Journal 6/2003
•
41
BAHN-NOTIZEN
Baureihe 185 auf dem Vormarsch
Privat-185er: Den Karstadt-Zug Unna–Fürth–München bespannt Netlog/TXLogistik mit seinen Loks – hier am 25. März 2003 mit 185 514 bei Nannhofen.
42
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
den bekannten Tauri von Siemens Dispolok gefahren wurden (KfzNeuwagen-Züge zum ÜberseeUmschlaghafen BremerhavenKaiserhafen; zum anderen konnte TXLogistik aber auch als Traktionsdienstleister für Neuverkehre gewonnen werden: Im Auftrag von „ABX“ wurden Express-Güterzüge bespannt, die überwiegend vom Karstadt-Konzern genutzt werden. Im Stammabschnitt zwischen Unna und Fürth haben diese Züge eine extrem hohe Pünktlichkeitserwartung und verkehren als DEx mit derselben Priorität wie die Parcel-IC der Deutschen Post AG oder die ICESprinter. Lediglich die weitere Verteilung der Wagengruppen nach Augsburg und München-Laim erfolgt als normaler Privat-Nahgüterzug DNG. ROFR Der mit Traktionsdienstleistung von Netlog/TXLogistik ursprünglich befristet geplante Karstadt-Zug München-Riem/Laim–Augsburg– Fürth Gbf–Würzburg–Fulda (NBS)– Kassel Rbf–Altenbeken–Paderborn– Unna wurde auch nach dem 1. April 2003 weiter mit den privaten 185.5 gefahren. Neben der oben bereits erwähnten Hervorhebung als DEx im Stammabschnitt weist der Zuglauf noch folgende Besonderheiten auf: In München erfolgt die Bereitstellung mit Rent a Rail V 65 004, während in Unna DB Cargo die Rangierarbeiten vornimmt; der Privatzug befördert „BahnTrans“-Container; in Augsburg kommen Containerwagen hinzu und in Fürth Gbf ein Flügelzug von Nürnberg Hgbf. HDA
DB AG-185er: Fabrikneu war 185 151 am 28. Februar 2003 mit einem Güterzug aus München unterwegs, hier südlich von Mering. „Schweiz-185er“ alias Re 485: Auf Überführungsfahrt zur Lötschbergbahn befanden sich am 25. März 2003 die neuen Re 485 005 und 003.
ABB.: RITZ, FRITSCHE, BAUER
Auch im Süden Deutschlands, wo im Güterverkehr in letzter Zeit Nürnberger Loks der Baureihen 151, 152 und 182 dominieren sowie diverse 139er und 140er, gelegentlich auch noch 150er zu sehen waren, tauchen nun vermehrt neue Bombardier-Elloks vom Typ 185 auf. Erste Planeinsätze im vergangenen Jahr absolvierten die Maschinen in Baden-Württemberg, seit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2002 kommt die Baureihe 185 nun auch nach München. Ende 2002 waren immerhin bereits 100 Exemplare ausgeliefert. Von BadenWürttemberg her wird nun der IRC 51603 bis München Nord bespannt, ebenso die Rückleistung am Nachmittag. Zuletzt geriet die Auslieferung der 65 Schweiz-tauglichen Loks 185 085 bis 149 wegen Zulieferproblemen des SBB-Paktes ins Stocken (was natürlich auch Re 482 für die SBB und Re 485 für die BLS betraf), sodass vorrangig Loks geliefert wurden, die ohne Schweiz-Ausrüstung in Dienst gestellt werden. Zeitgleich intensivierte sich auch der Einsatz des 185er-Typs in privaten Diensten. Im Anschluss an die ersten neuen 185-CL 001 ff. lieferte Bombardier neben zwei Loks für Rail4Chem auch mehrere Maschinen für Netlog/TXLogistik aus. Diese Neulieferungen bekamen aus EDVGründen (PC-Systeme in Österreich können nur Ziffern verarbeiten ...) Nummern in der Reihe 185 510 ff. Diese „TX-185er“ übernahmen einerseits Leistungen, die bislang mit
Der langsamste ICE Deutschlands Wer vor hat, schnell von Chemnitz nach Nürnberg zu kommen, sollte seinen Trabbi oder sonstige Vehikel wieder in Betrieb setzen. Denn der VT 605 benötigt hierfür jetzt drei Stunden und vierzig Minuten. Ein neuer (Not-)Fahrplan legitimiert die Schleichfahrt des pleitebehafteten Diesel-ICE. Seit am 2. Dezember 2002 bei Gutenfürst (Strecke Plauen/Vogtl– Hof) der dieselelektrische Neige-ICE zwischen Chemnitz und Nürnberg wegen des Bruchs einer Radsatzwelle entgleiste (wie in EJ 2/03 berichtet), hat das EBA die Zuschaltung der Neigetechnik untersagt. Man will zunächst Klarheit bekommen, ob zwischen der Neigetechnik und dem Unfall ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Seit die vierteiligen Triebzüge überhaupt wieder im Einsatz sind, fahren sie nicht mehr bogenschnell und produzieren in jeder Richtung Verspätungen von 20 bis 30 Minuten. Damit werden natürlich viele Anschlüsse im Fern- und Regional-
KURZGEKUPPELT
ABB.: WEISBROD, STEINER, ANDREAS
+ Greyerzer „Trabbis“: In der Mai-Ausgabe berichteten wir über die bei der Südostbahn (SOB) tätige Ellok der Ex-DR/DB-Baureihe 242/142 mit der heutigen Bezeichnung Ae 476 012. Zwei Triebfahrzeuge dieses Typs sind aber auch in der Region Fribourg bei der Privatbahn GFM im
Einsatz. Es handelt sich um die Lokomotiven 142 110 und 142 145 mit den Baujahren 1967/68, die 1995 bei der Firma Lokoop AG angekauft wurden. Die GFM trägt seit zwei Jahren den neuen Namen Transports publics fribourgeois (TPF; vgl. EJ 6/01). Die beiden „Trabbis“ sind heute als Ae 417 191 und 192 auf den Strecken
verkehr nicht mehr erreicht und Bahnkunden verärgert. Erstaunlicherweise hat man auch nach einem Vierteljahr noch nicht herausgefunden, ob der Radsatzwellenbruch mit der Neigetechnik in Verbindung zu bringen ist. Nun tritt ein, wovon schon lange gemunkelt worden ist: Die DB AG wartet für die VT 605 mit einem neuen Fahrplan auf, der am 27. April 2003 in Kraft trat. Nach diesem Plan sind die ICE künftig planmäßig 20 bis 30 Minuten länger unterwegs. Sie fahren in Chemnitz Hbf 20 Minuten früher ab und erreichen Chemnitz aus Richtung Nürnberg ca. 30 Minuten später. Damit sollen vor allem im südlichen Sachsen und in Oberfranken die Anschlüsse an den Nah- und Fernverkehr garantiert werden. Diesen alten Trick der Fahrzeitverlängerung hat die DB AG von der Deutschen Reichsbahn übernommen, die damit auf vielen Strecken ihre zahllosen La-Stellen verschwinden ließ, so zwischen Chemnitz und Berlin und zwischen Meißen und Borsdorf, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die neue Fahrzeit zwischen Chemnitz und Nürnberg liegt jetzt bei 3:40 Stunden. Wer es also eilig hat, sollte seinen Trabbi wieder in Betrieb setzen. Für die unbefristete Geltungsdauer des neuen Fahrplanes ändert sich auch der Laufweg des ICE. Nur der ICE 1666 Hof– Nürnberg fährt noch über Bayreuth,
alle anderen Züge fahren über die „alte“ Strecke in Marktredwitz und meiden die neue und teure Schlömener Kurve bei Bayreuth, was das dortige Stadtoberhaupt nicht erfreuen wird. Im Übergangsfahrplan gibt es bis Dezember einen zusätzlichen Halt in Reichenbach (Vogtl) zum Anschluss an den Regionalverkehr. Zwei Zugpaare werden jedoch ersatzlos gestrichen. Das sind die ICE 1563 Hof–Chemnitz (bisher ab 6:20 Uhr), 1569 Nürnberg–Chemnitz (bisher ab 10:40 Uhr), 1664 Chemnitz–Nürnberg (bisher ab 5:28 Uhr) und 1564 Chemnitz–Nürnberg (bisher ab 15:28 Uhr). Für den langsamsten ICE Deutschlands geht die DB AG auch etwas
Bulle–Romont und Fribourg–Murten– Ins zu sehen. Die in eigener Werkstätte auf die Schweizer Bedürfnisse umgebauten, 83 t schweren Maschinen erhielten Bauteile von abgebrochenen Triebwagen ABDe 4/4 und arbeiten trotz höheren Unterhaltsaufwands sehr zuverlässig. Sie sind in der Lage, auf den Steigungen von 4 bis 26‰ im Einzeleinsatz Anhängelasten zwischen 540 und 1600 t zu befördern. Die 100 km/h schnellen Elloks verfügen über 2920 kW Leistung. Sie tragen einen ansprechenden silberorangen Anstrich sowie die Wappen der Gemeinden Barberêche und Vaulruz. (Die Aufnahme links zeigt Ae 417 191 mit Zuckerrübenzug am 2. November 2001 im Bahnhof Ins.) BM + 100 Jahre Ruinaulta: Die Rheinschlucht – rätoromanisch Ruinaulta – zwischen Reichenau und Ilanz gehört zu den eindrucksvollsten Naturlandschaften, die von Schweizer Eisenbahnen befahren werden. Die Erdarbeiten für die rund 14 km lange Trasse in größtenteils schwer zugänglichem Gelände begannen im Frühjahr
1900. Mit einer dampfbetriebenen Dienstbahn in 750 mm Spurweite wurden über 120 000 m3 Steine für den Wuhrbau und die Trockenmauern in die Schlucht transportiert. Dort galt es, drei Bahnhöfe, eine Fachwerkbrücke (Isla Bella) und drei Tunnels zu errichten. Bereits am 30. Mai 1903 fand die Eröffnungsfeier statt. Die Baukosten betrugen rund vier Millionen Schweizer Franken. Die RhB organisieren aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums am Wochenende 23./24. August 2003 attraktive Bahnhofsfeste in Trin, Versam und Valendas. Die drei Festplätze wird ein Erlebniszug (der „Tren Ruinaulta“) mit offenen Aussichtswagen ab Reichenau-Tamins und Ilanz erschließen. Außerdem soll zwischen Chur und Ilanz eine historische Komposition mit folgenden Fahrzeiten verkehren: samstags Chur ab
mit dem Fahrpreis zurück und verlangt seit Ende April nur ICPreise statt ICE-Preise für die Tickets. An den Radreifen der dieselelektrisch angetriebenen Neigetechnikzüge der Baureihe VT 605 klebt seit der um zwei Jahre verspäteten Indienststellung das Pech. Die Züge sind alles andere als ein Vorzeigeobjekt für das Konsortium Bombardier/ Siemens TS. Sachsens Bahnchef Hans-Jürgen Lücking stellte für Dezember 2003 die durchgehende Inbetriebnahme der vom AugustHochwasser 2002 demolierten Strecke Freiberg–Dresden Hbf in Aussicht und erwartet von der Bahnindustrie zuverlässige Fahrzeuge. Vorerst bietet ihm die Konzerntochter Reise & Touristik nur einen sächsisch-fränkischen GlacierExpress. MW
Hat jetzt quasi den Status eines sächsisch-fränkischen Glacier-Express: der VT 605 mit gestreckten Fahrzeiten – hier in Chemnitz Hbf, seit dem Hochwasser 2002 vorläufiger Endpunkt der Relation Nürnberg–Dresden.
10.05/14.05/18.05/21.05 Uhr und Ilanz ab 11.35/15.35/19.35/22.35 Uhr sowie sonntags Chur ab 10.05/14.05 Uhr und Ilanz ab 11.35/15.35 Uhr (weitere Infos unter www.rhb.ch). BM + 1144-Wendezüge statt 4020: Nachdem die ÖBB ihre ET 4020 aus Vorarlberg zur Verstärkung der Wiener S-Bahn abziehen wollen, sollen hier nun Wendezüge mit Reihe 1144 zum Einsatz kommen. Bislang – Stand Mitte April 2003 – konnten drei entsprechende Garnituren gesichtet werden. Der wohl interessanteste Umlauf ist dabei Lindau (DB AG)–Bregenz (ÖBB)– St. Margrethen (SBB) als Eilzug und St. Margrethen (SBB)–Bludenz (ÖBB)– Schruns (Montafonerbahn) als Regionalzug 5763 (Aufnahme dieses Zugs unten mit 1144 221 am 4. April 2003 in St. Margrethen; daneben SBBZug St. Gallen–Chur). A-
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
43
BAHN-NOTIZEN
Mariazell: Positive Signale Vor nicht allzu langer Zeit galt die Einstellung der österreichischen Schmalspurbahn als unausweichlich. Jetzt erscheint eine Zukunft wieder gesicherter. Vermarktung, weshalb nun vormittags ein Stundentakt mit Eilzügen nach Mariazell angeboten wird. Erstmals ist auch der mit besonderem Wagenmaterial ausgestattete Nostalgiezug „Panoramic 760“ im Fahrplan eingearbeitet, der an gesondert ausgewiesenen Tagen mit der Dampflok Mh.6 (Ex-ÖBB399.06) bespannt wird. Des weiteren gibt es für Pendler einen ganztägigen Stundentakt bis Laubenbachmühle und überdies
Bei Ausbesserungsarbeiten erhielten 1099.002, 06 und 14 wieder Metallziffern. Hier 1099.002 in historischer Lackierung (Schwarzenbach, 24. Februar 2003).
eigene, mit Dieseltriebwagen der Reihe 5090 geführte Schülerzüge zwischen Mariazell und Gösing. Angespannt ist aber weiterhin die Situation beim Fuhrpark: Die mittlerweile 92 Jahre alten Eloks der Reihe 1099 können nur mit extrem hohem Kostenaufwand fahrfähig erhalten werden und von den beiden
Die moderne Mariazellerbahn: 1994 wurden zwei Triebzüge 4090 geliefert, hier eine Einheit nahe Ober Grafendorf am 12. März 2003.
Tunnel-Kino auf der Lokalbahn Wie macht eine verschlafene Bahnlinie auf sich aufmerksam? Genau – mit originellen Ideen auf Schienen. So gibt es auf der Strecke Solothurn–Moutier jetzt die Möglichkeit einer Ausflugsfahrt mit Filmvorführung “in der Röhre“. Die pfiffige Idee präsentierte das an der Bahnverbindung Solothurn– Moutier arbeitende Personal. Es restaurierte einige ausgediente Fahrzeuge zu einem ungewöhnlichen Kinozug und bietet damit inmitten eines prächtigen Naherholungs- und Wandergebietes eine beliebte Abwechslung. Die 1908 unter dem Namen Solothurn-Münster-Bahn (SMB) eröffnete Bahnlinie führt vom Kantonshauptort Solothurn nach Oberdorf und durch den 3700 m langen Weissenstein-Tunnel nach Gänsbrunnen. Von dort erschließt sie einige französischsprachige Dörfer und endet nach 31 Minuten Fahrzeit und 23 Kilometern Streckenlänge im Knotenbahnhof Moutier an der SBBHauptstrecke Basel–Delémont–Biel. Die Trasse wird heute im Stundentakt von Nahverkehrszügen des Regionalverkehrs Mittelland (RM) befahren. Die Komposition des Kinozuges besteht aus zwei ehemals gedeckten
44
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Güterwagen, deren Holzwände vollständig entfernt wurden. Von in der Höhe abgestuften Holzbänken aus lässt sich nun in Fahrtrichtung eine Leinwand betrachten, die von einem am Boden installierten Projektor bestrahlt wird. An den
getäfelten Decken befestigte Nostalgielampen sorgen für eine romantische Beleuchtung. Die Zugförderung übernimmt jeweils der aufgearbeitete Glastriebwagen ABe 4/4 Nr. 290 mit Baujahr 1939, der bis vor wenigen Jahren bei der
Die Tunnelkino-Zuggarnitur mit Triebwagen ABe 526 290 am 24. März 2002 bei Solothurn. Im Hintergrund die Weissenstein-Hügelkette.
1994 gelieferten Triebzügen der Reihe 4090 ist meist nur einer einsatzbereit. Die 5090, die in erster Linie die Zweigstrecke Ober Grafendorf–Mank bedienen, müssen daher auch auf der „Hauptstrecke“ aushelfen. Bei Ausfall eines Triebwagens müssen bereits einzelne Kurse nach Mank im Schienenersatzverkehr geführt werden. Eine Verbesserung dieser unbefriedigenden Situation ist derzeit nicht in Sicht, da noch keine neuen Triebfahrzeuge bestellt sind. WOLFGANG KAISER
Südostbahn (SOB) im Dienst stand und sich heute in nachtblauem Anstrich präsentiert. Das als Höhepunkt eines Ausflugstages gedachte Spektakel läuft jeweils folgendermaßen ab: Die Gäste werden vom Kinozug an einer beliebigen Haltestelle oder an einem Bahnhof der Strecke abgeholt. Später fährt der Zug in Langsamfahrt durch den Weissensteintunnel, wo im Dunkeln ein informativer Kurzfilm gezeigt wird. Wenn die Komposition in Gänsbrunnen oder Oberdorf wieder ans Tageslicht gerollt ist, wechselt man ins gediegene BarAbteil des Triebwagens. Dort servieren die Zugbegleiter/innen während der Rückfahrt einen Aperitif. Bei einem Halt in der Tunnelröhre wird den Gästen ein Pastis-Drink ausgeschenkt und als Überraschung mit direkt aus der Felswand sprudelndem Quellwasser verdünnt. Der vom Bahnpersonal in Freizeit betriebene Kinozug kann auch für Sonderfahrten über die anderen Normalspurstrecken des Regionalverkehrs Mittelland (zum Beispiel Burgdorf, Huttwil, Wolhusen, Langnau und Thun) gemietet werden. BEAT MOSER • Weitere Informationen im Internet unter www.tunnelkino.ch
ABB.: KAISER (2), STEINER
Zwar konnten sich ÖBB als derzeitiger Eigentümer und NÖVOG (Niederösterreichische Verkehrsorganisations GmbH) als Besteller der Leistungen noch nicht auf die Einrichtung einer Betriebsgesellschaft nach Vorbild der Schneebergbahn (ÖBB und NÖVOG jeweils 50% Anteil) einigen, ein neuer Fahrplan soll der Mariazellerbahn aber vorerst den gewünschten Auftrieb geben. Großes Augenmerk legte man dabei auf die touristische
ABB.: JANIKOWSKI (3), DÖRSCHEL, EISERT
Projekt Lokschuppen Freilassing Vom Deutschen Museum in München ausgesucht und vorgeschlagen, vom Stadrat in Freilassing beschlossen, von Gegnern zum Bürgerentscheid gebracht – und endlich am 15. Dezember 2002 positiv beschieden: Die von der Stadt Freilassing schon lang geplante Erhaltung des Lokschuppens mit Drehscheibe und einigen Nebengebäuden. Diese Chance ergab sich, als das Deutsche Museum, bedingt durch Platzmangel auf der Museumsinsel, eine neue Verkehrsabteilung in das ehemalige Messegelände auf der Theresienhöhe auslagerte. Gleichzeitig änderte man das Ausstellungskonzept, was eine Verkleinerung der Lokomotivabteilung mit sich bringt. Ein Verkauf der übrigen Exponate stand nicht zur Debatte, sodass man Unterbringungsmöglichkeiten suchte. Die ehemaligen Bahnbetriebswerke Augsburg und Freilassing kamen am ehesten in Frage; das Museum favorisierte letzteres, da der Sanierungsbedarf hier bedeutend geringer ist. Auch konnte man die Firma Roco gewinnen, die in Freilassing (noch) die Generalvertretung für Deutschland betreibt. Und in Freilassing selbst suchte man schon lange nach einer Möglichkeit, das historische Bauwerk, von dem sich die DB AG irgendwann trennen will, zu erhalten, war es doch für die einstige Grenzstadt fast 100 Jahre eine der wichtigsten Vielleicht wird dieses Bild einmal wieder Arbeitsstätten. 1905 in Betrieb möglich sein: 144 507 im Jahr 1977 auf der genommen, da die Bayerische Drehscheibe im Bw Freilassing. Hier ist Staatsbahn damals in Grenznähe auch heute (Aufnahme vom September zum Gemeinschaftsbahnhof 2002) noch alles vorhanden. Und eventuell Salz-burg auch eine Lok- und Wagenwerkstatt benötigte. In kehrt hier ja auch schon bald wieder Leben den folgenden Jahrzehnten ins verlassene Areal ein. entwickelte sich das Bw Freilassing zu einem klassischen Bahnbetriebswerk der elektrischen Zugförderung, wurde doch schon 1916 die wohl bekannteste Strecke von Freilassing nach Berchtesgaden elektrisch betrieben. Bis zum Ende der Lokbeheimatung 1983 pilgerten Eisenbahnfreunde an die Strecke, um die nur hier stationierte Baureihe E 44.5 im Einsatz zu erleben. Doch das war einmal und seit Öffnung der Grenze zu Österreich ist Freilassing ein Ort wie jeder andere. Vielleicht steigt man noch um nach Berchtesgaden oder Bad Reichenhall, sonst fährt man durch nach Salzburg. Firmen, Geschäfte, Speditionen – vieles wandert ab oder macht zu. Zollund Polizeidienststellen alter Form gibt es nicht mehr. Also musste man die Stadt wieder Noch ist der Freilassinger Lokschuppen leer, interessant machen. Und wann aber vielleicht schon bald ein Museum. bekommt man schon ein Angebot vom Deutschen Museum? Da man in München mit der Auslagerung unter Zeitdruck stand, beschloss der Stadtrat Freilassing am 29. Juli 2002, den ehemaligen Lokschuppen samt Betriebsgelände anzukaufen und zum Lokmuseum umzubauen – positive Verhandlungen über Altlastenprobleme, EBA-Genehmigung sowie ein Nutzungsvertrag mit dem Deutschen Museum vorausgesetzt. Plötzlich war der alte Lokschuppen, der jahrzehntelang vielen Freilassingern Arbeit gab, wieder im Gespräch in der Bevölkerung, deren Meinung geteilt war. So strebten Gegner ein Bürgerbegehren dagegen an und sammelten Unterschriften, Informationsveranstaltungen galten bei den Gegnern als einseitig. Man solle, so argumentierten die Gegner, in der Stadt wichtigere Vorhaben umsetzen, denn immerhin koste die Sanierung etwa 2 Mio. Euro. Und ob das Geld wieder rein käme, sei fraglich. Außerdem könne das Museum nach ein paar Jahren die Loks wieder zurückholen. Schulische Einrichtungen, die Sanierung des Freibades und eine neue Einsegnungshalle auf dem Friedhof seien wichtiger. Ein Eichenwald als Naturmuseum sei förderungswürdiger, da es – so wörtlich – in Deutschland sicher mehr Wald- als Eisenbahnfreunde gäbe. Das Bürgerbegehren am 15. Dezember 2002 sprach sich mit 53,82% für den Lokschuppen aus. Wie werden die Weichen nun gestellt? Zunächst müssen die o.g. Verträge abgehandelt werden, Ende Februar soll ein Förderverein für das Projekt gegründet werden. Auch muss die Überführung der z.T. nicht mehr auf Schienen lauffähigen Loks geklärt werden. Schon allein der Straßentransport wird sicher ein Schauspiel für Eisenbahnfreunde werden. Was ist sonst noch geplant? Es besteht die Möglichkeit, in den sanierten Hallen des ehemaligen Bw auch kulturelle Veranstaltungen abzuhalten. Die Modellbahnfirma Roco will sich mit einer Eisenbahnanlage beteiligen, die die Strecke nach Berchtesgaden darstellt. Sonderzüge könnten gechartert werden, die mit historischen Dampfloks direkt ins Museum fahren, und, und, und ... Sicher, voraussagen kann man nichts, aber es ist für Freilassing eine Chance! Vielleicht bekommt der Name Freilassing unter Eisenbahnfreunden wieder eine ähnliche Bedeutung wie früher. Zu wünschen wäre es! JOACHIM JANIKOWSKI
VOR ABLAUF
DER HAUPTUNTERSUCHUNGSFRIST absolvierte kürzlich der Ex-DRSVT 175 der DR mehrere Abschiedsfahrten – hier VT 18.16.10 und 07 am 22. März 2003 in Cottbus. Insgesamt gab es acht vierteilige Triebzüge, die von 1965 bis 1984 bei der Reichsbahn eingesetzt wurden. Bekannteste Leistungen waren der „Neptun“ (Berlin–Kopenhagen), der „Vindobona“ (Berlin–Prag– Wien) sowie der „Karlex“ bzw. „Karola“ von Berlin bzw. Leipzig nach Karlsbad. Bis 1984 wurden die Triebzüge dann im Binnenverkehr eingesetzt, u. a. auf der Strecke Berlin–Lübbenau–Senftenberg–Hoyerswerda–Bautzen, unter Eisenbahnern scherzhaft „Sorbenpfeil“ genannt. DÖ-
Zweite Jungfernfahrt des TEE Gottardo Endlich ist es geschafft: Die neu aufgearbeitete Triebzuggarnitur RAe TEE 1053 wird am 12. Juni 2003 zu einer außergewöhnlichen Gönnerfahrt ins Tessin aufbrechen. Die technisch einzigartige, sechsteilige Vierstrom-Garnitur des Trans Europ Express „Gottardo“ (Baujahr 1961) ist in den letzten Monaten im Auftrag der Stiftung SBB Historic in der BLS-Werkstätte Bönigen renoviert worden. Außen präsentiert er sich in seinem ursprünglichen TEE-Farbkleid in „Erdbeer-Creme“. Die Inneneinrichtung haben Fachleute wieder im Stil der 1960er Jahre hergerichtet. Das Programm beginnt mit der Abfahrt in Bern. In Zürich HB werden alle Gäste mit einem Drink auf rotem Teppich begrüßt. In Erstfeld wird der Zug zur offiziellen Einweihungsfeier mit Champagner
und Häppchen-Imbiss einen Zwischenhalt einlegen. Über die Gotthardstrecke gibt es Stärkung am kalten Büffet, danach eine Tessiner Schifffahrt Capolago–Morcote– Lugano. Auf der Rückfahrt von Lugano nach Zürich und Bern werden die Gäste mit einem exklusiven Fünfgangmenü verwöhnt. An- und Heimreise ab/nach Schweizer Wohnort oder Grenze in 1. Klasse, Musik und Unterhaltung, die Getränke im Zug und auf dem Schiff, ein persönliches Erinnerungsfoto und der neu erschienene Bildband „TEE Gottardo“ sind im Reisearrangement eingeschlossen. Die Teilnehmerzahl ist auf 80 Personen limitiert. Informationen bei SBB RailAway AG, Zentralstrasse 5, CH-6002 Luzern oder im Internet: www.railaway.ch/Publikumsfahrten. BEAT MOSER
DIE EINSTELLUNG DES GESAMTVERKEHRS ZWISCHEN ROSSBERG UND BAD WURZACH nahmen die Ulmer Eisenbahnfreunde zum Anlass, die Strecke am 6. April 2003 letztmals mit Sonderzügen und der Dampflok 52 7596 zu befahren – hier ein Zug bei der Einfahrt in den Bahnhof Roßberg. EIEisenbahn-Journal 6/2003
•
45
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Roco
Roco-H0-Neuheiten: Oben Gepäcktriebwagen der SBB und Kühlwagen St 1 der DB. Dazu kommen die farbenfroh bedruckte BR 185 als Cargo-Version der SBB und die E 17 in Epoche IV.
Gleich mehrere H0-Triebfahrzeugvarianten bereichern das Roco-Programm. Beginnen wir mit der farblich spektakulärsten: Mit riesigem SBB-Cargo-Aufdruck erscheint die 482 004 der SBB, eine Schweiz-Version der bei Adtranz gebauten Reihe 185. Die Bedruckung ist wie immer lupenrein. Die zweite Neuheit im Schweiz-Programm ist der modernisierte grüne Gepäcktriebwagen De 4/4 1669.
Wenden wir uns deutschen Vorbildern zu, finden wir zwei schon lange bekannte Modelle in neuen Beschriftungsversionen. Bei der kleinen BR 80 hat man das Messingschild „Deutsche Reichsbahn“ gegen den „Pleitegeier“ ausgetauscht und eine Epoche-IIc-Version geschaffen. In die seriöse Epoche IV hat man die bekannte E 17 als 117 012-5 verwandelt. Spärlich das Neuheitenpaket im Wagensektor: neben der Formneuheit zweiachsiger InterfrigoKühlwagen der DB ein Modell eines Planenwagens der NL.
Märklin Mit der Alco-Dieselloktype PA im Gelb der Union Pacific lieferten die Göppinger die letzte wichtige H0-Neuheit des vergangenen Jahres und die erste neue US-Diesellok seit der F 7 von 1961 aus. Die Maschine, zu der es dieses Jahr einen Zwilling geben wird, ist mit einem Geräuschmodul ausgerüstet, das auch im Analogbetrieb einen recht kernigen Dieselsound abgibt. Die sehr gute Detaillierung der Lok umfasst nicht nur feine Kunststoff-Lüftergitter und ein noch feineres Ätzgitter über dem Ventilator, sondern auch angesetzte Metallgriffstangen, einen US-Lokführer sowie beleuchtete Nummernschilder. Selbst die obligatorische Glocke ist nachgebildet, obwohl sie zwischen dem vorderen Drehgestell und der kulissengeführtschwenkbaren Frontschürze kaum sichtbar ist. Angetrieben wird das eineinhalb Pfund schwere Modell durch einen Fünfpolmotor mit Stirnradgetrie48
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
be auf zwei mit Haftreifen bestückte Achsen. In Z stellte Märklin formneu eine Garnitur Schürzenwagen der DBEpoche III vor. Sie umfasst je einen Post-, Speise-, 1.-Klasseund 1./2.-Klasse-Wagen sowie sinnvollerweise zwei Wagen 2. Klasse. Einen zur kompletten Garnitur nötigen Packwagen gibt’s leider nicht. Die Wagen sind gut detailliert und hervorragend bedruckt. Ein schönes Set, das bestens zur vor kurzem ausgelieferten E 18 passt! Auf Seite 31 finden Sie noch einige Informationen zur umlackierten Rheingold-S 3/6. Grundlegend Neues bietet die Maschine aus ihrer „gewöhnungsbedürftigen“ Lackierung nicht, das Titelbild zeigt die Modelllok im Einsatz.
Märklin-H0-Neuheit: Dieselpower von jenseits des großen Teiches im Modell – die Union Pacific. Darunter das Schürzenwagenset in Nenngröße Z sowie aus dem Hause Trix ein Packwagen und der „Rote Pfeil“.
Trix Für die Schweiz-Freunde unter den Gleichstromern hat die „Roter Pfeil“-lose Zeit ein Ende: Mit Mutter Märklins MetallModell bekommen auch Mittelleiter-lose H0-Eidgenossen die Chance zum Schienenausflug – einige sitzen sogar schon ab Werk darin. Das gut detaillierte
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
49
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Fahrzeug erreicht umgerechnet die Vorbild-Höchstgeschwindigkeit (125 km/h), hat bemerkenswerte 50 cm Auslauf und ist dank einer ausgeprägten Getriebeakustik auch auf verdeckten Strecken stets gut zu orten. In N erschien formneu der Schnellzug-Packwagen der Gruppe 35 als DB-Fahrzeug der Epoche 3. In Wiederauflage kam der bayrische KolonialwarenWagen in Länderbahn-Ausführung ins Programm.
Postmuseumsshop Sonderwagen für Postmuseumsshop auf Mäklin-Basis, Trix-Epoche-IModell, unten Heki-Set und PikoNeuheiten. Rechts oben noch zwei PikoGüterwagen und drei Modelle aus dem Heris-Angebot. ESUs Großbahn-Dekoder Lok Pilot XL, hier eingebaut in einem Spur-1-Krokodil von Märklin.
50
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Zwei limitierte Neuheiten des Postmueumsshop basieren auf Märklin-Modellen. Einmal der Bpw 4-b/15 in Epoche III, der gegenüber dem Basismodell in einigen Details konsequent verändert wurde. Besonders gefällt die authentische Lackierung in Seidenmatt. Bei dem anderen Modell handelt es sich
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
um einen Weintransportwagen der Postkellerei Burg/Mosel, bei dem die Echtholzfässer besonders herauszuheben sind.
Piko Man startet die Reihe John Deere. Später folgt eine entsprechende Taurus-Version, Containerwagen und weitere. Begonnen wird mit einem Ibbhlps3 der DB
und einem vierachsigen Kesselwagen der DB, beide in Epoche V. Das Paar Großraumschiebewandwagenwird als Doppel, entsprechend dem Einsatzes beim Vorbild, mit starrer Kupplung ausgeliefert. Weitere Beschriftungsvarianten zweiachsiger Güterwagen bereichern nun das Angebot (E/SNCF und Gklm 1120/DR)
Heki Nachschub für die diversen Weinschänken in H0 bringt eine Bastelpackung mit 120 Rebstöcken.
Heris Nur einige Modelle seien hier aus dem weitläufigen NeuheitenAngebot herausgegriffen. Zwei Privatbahnwagen der DB in Epoche II tragen Aufschriften
von Brauereien und ein vierachsiger Autotransportwagen der SNCF kam ebenfalls ins Haus.
ESU Der von H0 bekannte und bewährte „Lok Pilot“-Dekoder ist nun auch in zwei Versionen für Großspurer erhältlich. In der Version „Lok Pilot XL“ versteht er wie in H0 DCC- sowie Motorola-Format und ist mit Gleich- und Wechselstrom analog einsetzbar. Die Variante „XL DCC“ ist speziell für LGBBedürfnisse zugeschnitten (voll kompatibel zur MZS-Zentrale). Beide Dekoder können auch in zweimotorigen Loks eingebaut werden. Sie bieten neben Lichtwechsel zwei freie Funktionsausgänge (F1 und F2). F3 schaltet den Rangiergang, F4 die Anfahr-/Bremsverzögerung. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
51
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Bachmann Europe Plc: Mogul und Shay, zwei neue Modelle, die vor allem wegen ihres moderaten Preises(!) Liebhaber finden werden.
oder Mabuchi wählbar. Unterschiede in der Farbgebung sind uns nicht übermittelt worden.
Revell Neueste Kreation in Sachen Dampflokmodell ist der Bausatz eines Big Boy. Wie immer antriebslos, hat man bei der Zusammensetzung des 46,4 cm großen Modells einiges zu tun.
Faller Bachmann Zur Auslieferung gelangten zwei wunderschöne amerikanische Modelle. Wir möchten Ihnen die Shay der Little River Logging Co. präsentieren. Das On3Modell besticht mit einem enorm untersetzen Getriebe und perfekt funktionierendem Kardanwellenantrieb. Jede Menge Details und ein mächtiger Frontscheinwerfer
bieten Anlass, das nächste Anlagenmotiv wohl doch noch einmal in Frage zu stellen! Noch eine Nummer größer ist die Mogul, eine 1’C-Schlepptendermaschine im Maßstab 1:20,3. In verschiedenen Beschriftungsvarianten ist die Maschine bestens auf dem Gleismaterial von Aristo-Craft einsetzbar, deren Komplett-Gleisprogarmm von Bachmann Europe Plc vertrieben
wird. Eine Tatsache, die sich noch nicht so herumgesprochen hat.
Hapo Der Feldbahnspezialist bringt eine O&K-Diesellokomotive im Maßstab 1:45 auf den Markt. Neben der zu wählenden Spurweite von 12 bis 20 mm ist auch die Motorisierung in Faulhaber
Links die neue 1:45Diesellok von Hapo, rechts eine Abbildung des RevellBausatzes Big Boy.
52
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Mehrere Gebäudebausätze gelangten zur Auslieferung, teils städtischen, teils industriellen Charakters. Schmerzlich wurden die einst bei Pola angebotenen Speicherhäuser vermisst – sie sind nun bei Faller endlich wieder im Programm. Um an der Küste zu bleiben: Zwei neue Modelle nach norddeutschen Baustil (Stadthaus und Zweifamilienhaus) wurden angekündigt.
Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten Neuheiten
Faller/PolaNeuheiten: Neben Stadthäusern auch kleinere Gebäude für ländliche Anlagenmotive und – besonders erfreulich – die Wiederauflage der SpeicherstadtModelle aus dem alten PolaProgramm. Rechts LkwModell und unten Kibri-Bausätze des Neuheitenpakets April. Abb.:EJ-HS/KU
Kibri
Brekina
An Gebäudebausätzen kommen das H0-Stellwerk Allendorf und ein Schotterwerk in Nenngröße Z neu auf den Markt. Ferner macht man im Sektor Schienenfahrzeuge kräftig weiter und bietet von Plasser & Theurer den dynamischen Gleisstabilisator DGS 62 N als Kunststoffbausatz an.
Ein Mercedes-Benz L 5000 aus dem historischen Fuhrpark des Logistikunternehmens DANZAS mit Anhänger ist als Sonderserie der Deutschen Post erschienen sowie eine Scania-Zugmaschine, welche solo auf der Anlage eingesetzt werden oder mit einem Auflieger nach freier Wahl zum Einsatz gelangen kann. HS
Modellbahn-Notizen Märklin ... kündigt eine Änderung im Management an: Wolfgang Topp, Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb, verlässt Ende Juli das Unternehmen. Seit 1991 war Topp das „Gesicht“ der Firma nach außen, bis im März 2002 Paul Adams als neuer Vorsitzender der Geschäftsführung diese Funktion übernahm. Trotz mancher Kritik vornehmlich aus Händler- und Kundenkreisen kann Topp auf eine erfolgreiche
Tätigkeit zurückblicken: Gegenüber 1991 hat sich der MärklinUmsatz knapp verdoppelt. Die Übernahme von Trix machte aus dem ehemaligen WechselstromSpezialisten Märklin auch eine Größe auf dem H0-Gleichstromund N-Markt.
Märklin ... machte 2002 ein Umsatz-Plus von knapp 5 %. Erwartet worden war etwas weniger. KU
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
53
Der kostspieligste Kunstbau der WKB war ohne Zweifel der Viadukt über die Staatsbahnstrecke. Hier begegnen sich Triebwagen und Güterzug in voller Fahrt. Nächster Gast auf den Gleisen der WKB ist eine sächs. I K. Als dienstälteste Lok ihrer Gattung werden die Fotofreunde sie hier bald entdecken.
Wie rechts zu sehen ist, geht es auf Haupt- und Kleinbahn jeweils doppelt voran. Unten mit zwei Gleisen, oben mit drei Schienen.
54
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Die fidele Kleinbahngesellschaft stellten wir ihnen schon zweimal vor. Wer sich nicht daran erinnert, dem sei hier ein Gedankenanstoß geliefert: Aus einem riesigen Kieferbestand, in dem der Betriebshof der Bahngesellschaft innerhalb eines Gleisdreiecks angesiedelt ist, geht es zum Fähranleger in Gützkow mit regelspuriger Hafenbahn und zu zwei Ladestellen in imaginärer Ferne. Ganz nebenbei kommt auch noch die Strecke der Graf Arnimschen Kleinbahn ins Spiel. Darüber wollen wir heute nicht berichten, denn das Transportgeschäft der Schmalspurbahn scheint derart drastisch zu florieren, dass neue Streckenteile aufgebaut worden! „Wo passiert den so etwas?“, werden Sie sich gerechtfertigterweise fragen – in der Werkstatt von Jürgen Wahrendorf und den Mitgliedern des MEC „Harzquer- und Brockenbahn“ Wernigerode. Mit ihrer Clubanlage waren sie nun schon mehrfach auf den großen Modellbahnschauen präsent und haben sich einen Bekanntheitsstatus erarbeitet. Der Durchbruch gelang im Jahr 2000 auf der Intermodellbau in Dortmund. Dort gastierten sie dann ein weiteres Mal und nimmermüde transportierten sie zusätzlich die Privatanlage ihres Mitglieds Jürgen Wah-
Die Wahrendorfer Kleinbahn AG:
Kreuz und quer durch Züssows Wälder GESTALTET
VON JÜRGEN
WAHRENDORF
rendorf zur Internationalen Modellbahnausstellung nach München, wo die hier abgebildeten Motive eingefangen worden sind. Nutzen wir also die Gelegenheit, uns auf diesem Streckenstück zwischen der Brücke über die Staatsbahn und dem Sägewerk umzusehen! Den gesamten Streckenabschnitt dominiert eine riesige Waldfläche. Mitten nach Preußen hat es uns verschlagen. Sandboden und knorriges Unterholz im Schatten riesiger Kiefern. Träumen wir schnell ein wenig vor uns hin und versuchen die frische Waldluft einzuatmen. Oben in den schmächtigen Kronen treibt der Frühlingswind sein Spiel mit den Zweigen. In Reih’ und Glied und gut gepflegt steht der Bestand im Saft seines Lebens. Die Graf Arnimsche Försterei pflanzte die Bäume scheinbar vor etwa 40 Jahren an. (So ganz richtig ist dies aber nicht, denn fern unseres meditativen Waldspaziergangs sei angemerkt, dass alle Baummodelle im aufwändigen Eigenbau aus Draht, Holzabfällen und Heki-flor entstanden sind. Schnell wird man bei derartigen Landschaftsbauprojekten merken, wieviel Bäume erst einen dichten Forst ergeben. Hat man erst einmal die Technologie „drauf“ und nebenbei seine Mitstreiter für Projekte des MEC angeEisenbahn-Journal 6/2003
•
55
lernt, sind Stückzahlen im notwendigen vierstelligen Bereich denkbar.) Zurück zu unserem Waldspaziergang. Über uns ein andauerndes Rauschen der Zweige im Wind. Insektenschwärme tanzen in der Thermik und um uns herum scheint die heile Welt auferstanden zu sein. Aufstehen müssen wir nun aber langsam von unserem Platz, denn der Bahnbetrieb setzt ein. Von weit her (vom Abstellbahnhof hinter hohen Wipfeln) knattert gemütlich ein „Wismarer“ heran. Weil es nicht anders geht nimmt er gekonnt jeden Schienenstoß mal mehr, mal weniger hart unter seine Achsen und strebt der Staatsbahnbrücke zu. Das Stampfbetonbauwerk überspannt den respektablen Einschnitt der Staatsbahntrasse mit einem Bogen. Unten auf der Trasse donnert einige Augenblicke vorher eine G 8 mit Güterzug in vol-
ler Fahrt hindurch. Die zweigleisige Ausführung kennzeichnet eine Magistrale. Wohin? Egal, wir sind ja Schmalspurfans, bewundern den Streckenverlauf auf der Brücke. Da oben geht es weit interessanter zu als darunter. Eine zweigleisige Hauptbahn ist nun nichts Umwerfendes, ein Drei-Schienen-Gleis mit integrierter Schmalspurweiche aber schon! Schnell ist der Triebwagen auf uns zu gekommen und vorbei gefahren. Er hat den geraden Strang der Weiche
benutzt, das heißt, sein nächster Halt wird in Züssow sein. Nach der Zuglaufmeldung ist die Strecke in unserem Bereich wieder frei und als nächster Zug kommt eine Leistung in Richtung Sägewerk heran. Für die sächs. I K an der Spitze wird die Weiche vom Zugführer nach kurzem Halt auf Abzweig gelegt. Nun geht es den anderen Streckenast entlang und bald verschwindet der Zug im dichten Wald. Hier hinten führt auch die Regelspurschiene entlang. Wegen der Doppelbenutzung tendiert der Hauptverkehr natürlich zu diesem Streckenast und der Beweis rollt sofort heran. Der nächste Güterzug kommt vom Abstellbahnhof jenseits des Waldes und rumpelt über die auf Abzweig gelegte Weiche in Richtung Sägewerk. Nur zwei Waggons hat das Maschinchen im Schlepp und scheint schon an der Leistungsgrenze angelangt zu sein. Der Lokomotivpark ist ein Sammelsurium der ausgefallensten Kleinbahnmaschinen. Zwei- und dreiachsige Nassdampflokomotivchen, mit und ohne Schlepptender, mal kombiniert mit einem so genannten Wassertender oder einem klobigen Kohlenkastenaufsatz – insgesamt eine Ansammlung aufgekaufter oder reaktivierter Triebfahrzeuge, die bei anderen Bahngesellschaften schon längst unter den Schneidbrenner gekommen wären. Und eben dieser Umstand macht die Beschaulichkeit der Kleinbahn aus. Mit dem Triebwagen für den Personenverkehr hat man bei der Direktion vor Jahren nochmals eine kleine Modernisierung bewirkt, um den Personenverkehr mangels Attraktivität und Komfort nicht ganz zu verlieren. Wahrscheinlich ist eine Stammbesatzung auf dem VT 137 eingesetzt, die sich aufopferungsvoll um die Pflege des Aushängeschildes der WKB kümmert. Eben dieser Triebwagen kommt nun von Züs56
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Schwer tragende Apfelbaumäste biegen sich gen Boden. Die Ernte wird enorm werden. Bis dahin versperren die Bäume den Blick auf den Gutshof und schützen vor Wind. Neben der Strecke die gemeinsame Weide von Schweinen und Schafen. Warum wohl die Ziege nicht mitspielen darf?
sow zurück und wir erleben, wie am Abzweigpunkt eine T 3 von der regelspurigen Fraktion die Durchfahrt des Personenzuges abwarten muss. Zischend steht sie gleich in Höhe des reetgedeckten Bauernhauses in der Nähe einer Schafherde und kocht Dampf. Gleich erhält die Lokbesatzung freie Fahrt und wird mit geöffneten Hähnen und toller Dampfentwicklung davon fahren. 89 7462 schleppt eine beachtliche Ladung Schnittholz zum nächsten Bahnhof, wo die Bretter dann ihre Reise auf dem großen Reichsbahnetz weiterführen werden. Brechen wir die Beobachtungen am Abzweigpunkt ab und wandern weiter in Richtung Züssow, einem kleinen Unterwegshaltepunkt am Rande des großen Graf Arnimschen Forstes. Die hohen Bäume spenden uns kühlenden Schatten und der Hochstammbestand gibt uns weiter den Blick zu der hinten in einer Waldschneise
Diesmal hat die Schmalspurbahn das Vorrecht. Erst wenn der Triebwagen mit seiner Personenzugleistung die Strecke passiert hat, ist der vom Sägewerk kommende Güterzug an der Reihe. Warten können, stundenlang einen geschlossenen Signalflügel anvisieren und bei dessen endlichem Anheben schier teilnahmslos und betont langsam und gequält Regler und Bläser zu bedienen – Kunst der Güterzuglokpersonale auf Neben- und Kleinbahnstrecken.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
57
„Ohne Worte“ oder „Kommentar überflüssig“ wären passende, aber nicht gerade elegante Beschreibungen dieses Motivs von Lok 4 namens Berta im Graf Arnimschen Forst. Es ist Landschaftsgestaltung in Perfektion, ein Anlagenmotiv zum Verweilen, ein Stück konservierte Feld-und Kleinbahnherrlichkeit, ein Kleinod!
verlaufenden Anschlussbahn zum Sägewerk frei. Spärlich vorhandenes Unterholz versperrt nur an wenige Stellen den Blick durch den dunklen Wald zur anderen Strecke. Schon wieder kommt der Triebwagen zurück und muss nun umlaufbedingt den hinteren Streckenast befahren. Vielleicht eine geschickte Fahrplankonstruktion, um den Angestellten des Sägewerkes einen bequemen Heimweg per Bahn anzubieten? Man musste sich bei finanziell schmalbrüstigen Unternehmen wie der Wahrendorfer Kleinbahn schon etwas einfallen lassen, um nicht in ein negatives Geschäftsergebnis zu rutschen. Nur der EJ-Fotograf hatte die kleine sonnenbeleuchtete Stelle am Bahnübergang entdeckt, so störte kein anderer Eisenbahnfreund das Landschaftsmotiv mit dem Blick durch den Hochstammbestand hindurch auf die Strecke. Eisenbahnbetrieb in der Mark Brandenburg, wie wir ihn nur von betagten gelbstichigen Kartonfotos kennen. Dass es auf dem Züssower Bahnhof unterdessen recht hektisch zugeht, wird bedeutungslos. Dieses Motiv im Wald mit dem einsamen Bahnübergang ist so reizvoll, dass es einen Ausflug auf einen Hochstand wert ist. Hier oben von der Empore des Waidmannes ein weiterer Blick auf die romantische Partie! Trennt sich hier die Spreu vom Weizen, Eisenbahnbegeisterte von Romantikern? Erbauer und Erkenner zählen wohl mehr zu letzteren. 58
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Das Motiv vom durch den Wald dahin knatternden Triebwagen ist den gleichen Kommentar wie das obere wert. Glücklich der, der dies erbauen kann, glücklich der, der dies erkennen kann, glücklich der, der sich hier wiederfindet! Rechts Motive von der Zugkreuzung im Bahnhof Züssow.
Lange braucht man nicht zu warten, bis die Waldschneise schallend die Abdampfstöße des nächsten Güterzuges heranträgt. Langsam schiebt sich die Schlepptenderlok über den Bahnübergang. Wenn man nun schon von der Szenerie so eingefangen wird, ist es nicht verwunderlich, wenn man sich fast einhundert Jahre früher zu einer Feldbahnübung im Gelände der Eisenbahnpioniere bei Sperenberg zurückversetzt glaubt. Modellbahnträumereien, die man nicht auf jeder Anlage ausleben kann. Und alles dies spielt sich im eigentlichen Rückraum der Längsanlage ab, denn der Bahnhof ist vorn. Schwer fällt der Abschied von diesem Bahnübergang inmitten des Waldes und nur langsam ist man bereit, sich weiter zu wenden. Ein hektischer Aufbruch hätte uns die Begegnung von Güter- und Personenzug in diesem Landbahnhof verborgen. Die vor einiger Zeit noch den hinteren Streckenast benutzenden Fahrzeuge sind inzwischen nach der Rückfahrt aus dem Anschluss in Züssow angekommen. Der VT wartet geduldig am Bahnsteig der Abfahrtszeit entgegen. Das moderne Fahrzeug pendelt in diesem Fahrplanabschnitt zwischen dem Abstellbahnhof und Züssow. Ein längerer Aufenthalt ist die Folge und der Triebwagen-Führer kann die „Parade“ seiner Kollegen abnehmen. Als erster taucht der Marlow Erwin mit der „4“ hier auf. Es ist eine der dreiachsigen Maschinen Eisenbahn-Journal 6/2003
•
59
mit dem Zusatztender. Die Vorräte auf der Lok sind trotz aufgesetzter Bretter am Kohlekasten und zusätzlichem Wasserkasten im Rahmen derart gering bemessen, dass Fahrten über die Gesamtstrecke nicht denkbar sind. Hinter der Haltestelle zweigen zwei Anschlussgleise vom Streckengleis in die Gelände der Firmen Ottfried Bernin und Emil Holzknecht ab. Während der erste die Kohlewagen und Feuerholzlieferungen bereitgestellt bekommt, wartet der andere Bahnkunde auf Kiefernstämme, Schwartenbunde und Bretterstapel. Beide Unternehmer haben sich gleich am Rand des Sägewerksterrains angesiedelt – die Nähe zur Bahn bringt billigen und schnellen Empfang und Versand. Glück gehabt, kann man sagen, denn Berufskollegen können sich nur mit einer Lkw-Flotte im Geschäft halten. Im Vordergrund verläuft dann die Strecke weiter in Richtung Gützkow. Der Wald hat sich gelichtet und merklich wandelt sich der Charakter der Landschaft. Die Trasse findet nun nur noch zwischen Sied60
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Der rechte Anlagenrand mit Sägewerk, Kohlenhändler und Bautischlerei. Hier geht die Landschaft in eine städtische Besiedlung über. Im Sägewerk endet die Anschlussbahn, wo sich am Rand des Geländes die Spurweiten wieder trennen. Innerhalb des Sägewerkes erfolgt der Transport mit Diesel-Feldbahnfahrzeugen. Dort am großen Bretterlager wäre eine Dampflok wohl fehl am Platz. Von der freien Strecke zweigen die Anschlussbahnen zum Händler und dem Handwersbetrieb ab; an deren Gebäuden entlang läuft die Strecke eingeengt in Richtung Gützkow davon. Alle Abb.: EJ-Helge Scholz
lergrundstücken Platz und verläuft an deren Grenzen geradlinig weiter. Kleingartenkolonien nehmen das Land der WKB mit dem Streckenverlauf regelrecht in die Zange. Die Sage vom verbotenen Blumenpflücken während der Fahrt hätte hier keine Gültigkeit. Die Geschwindigkeit hätte dies wohl erlaubt, nur sind alle Beete mit hohen Gartenzäunen eingefasst. Langsam machen sich die Reisenden für das Verlassen des Zuges bereit. Schwere Markttaschen werden schon mal vorsorglich angehoben und Rucksäcke aufgeschnallt. Auch für uns ist die Reise entlang der WKB zu Ende, wehmütig müssen wir nun Abschied nehmen. Respekt an den Modellbauer und seine Helfer und Dank für diese Einblicke und Szenen sowie den Beweis, dass die Qualität einer Modellbahnanlage nicht unbedingt an ihrer räumlichen Dimension zu bemessen ist. Natur beobachten, Erlebnisse nachgestalten, sich einem Thema verschreiben – darauf kommt es an, egal in welcher Dimension und Nenngröße. HS Eisenbahn-Journal 6/2003
•
61
10
7. EJ-MODELLBAU-WETTBEWERB
Mit dem Schienenbus nach Bocksberg
unterirdischer Betriebsbahnhof geplante Erweiterung
1 2 3 4 5 6 7
Bahnhof Bocksberg Eisenbahnerwohnhaus Anschluss BayWa Güterschuppen Holzrampe Anschluss Schrottplatz ehem. Bahnwärterhaus
Den vielen schon stillgelegten Nebenstrecken im Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Wald setzte Klaus Mooshammer mit seiner Heimanlage Bocksberg ein würdiges Denkmal. 62
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Schon beim ersten Blick auf den Gleisplan fällt die großzügige Streckenführung auf. Satte 5 m Anlagenlänge nehmen einen Endbahnhof, ein Stück freie Strecke am Feldrain und eine Kurve ein. Was hätte sich dort alles noch unterbringen lassen können, wird sich hier mancher Heißblut-Modelleisenbahner fragen. Ein größerer Bahnhof, ein kleines Bahnbetriebswerk mit Drehscheibe, eine zweigleisige Paradestrecke im Vordergrund und weitere Träume und Wunschvorstellungen. Nun, der Erbauer hat auch schon mal diesen Vorstellungen nachgehangen und im Keller türmen sich in den Regalen die Faltschachteln zuhauf! Ganz konkret stand die Nachbildung des Bahnhofes von Garmisch an. In verkürzter Form nachgebaut, sollte der überspannte Bahnhof die Heimat der vielen Modelllokomotiven der elektrischen Traktion werden. E 18, E 60, E 63 und E 94 sollten hier fahren, dazu noch eine größere Anzahl von E 44. Von dieser Baureihe sind mehrere Modelle vorhanden, bestimmten doch diese Maschine einst hier den Betriebsmaschinendienst.
Der Umzug in ein neues Haus hätte nun endlich den Platz für das geliebte Thema gebracht – aber, über die Jahre reifer und genügsamer geworden, änderte der Erbauer das Lieblingsthema grundlegend. Vom großen Durchgangsbahnhof wanderte die Leidenschaft zu romantischen Nebenstrecken, eingebettet in ein liebliche Gebirgslandschaft. Das Flair des verträumten Ostbayern sollte nachgestaltet werden. Ein kleiner Nebenbahnzug mit zwei, drei Wagen auf der Reise zu einem scheinbar menschenleeren Endbahnhof. Beispiele hätte es im Bayerischen Wald viele gegeben, aber an die Nachbildung einer Vorbildsituation war nun nicht mehr gedacht. Letztlich soll die Anlage den schon lang abgebauten Nebenstrecken hier ein kleines Denkmal setzen. Schienenbusse und 211/212 wickelten den Verkehr ab. Nur gelegentlich stampfte eine Schlepptendermaschine herauf – meist als Sonderzugleistung oder Aushilfsmaschine. Irgendwo dort an der bayerisch-böhmischen Grenze liegt die kleine Gemeinde Bocksberg. Lange hat man auf den Bahnanschluss warten müssen, vom dem das industriearme Gebiet sich den Aufschwung erhoffte. Das Gebirgstal verlangte nicht aufwändige, aber doch den Etat der Bahngesellschaft belastende Kunstbauten. Durch Einschnitte und Tunnel, über Bachläufe und Straßenübergänge windet sich die Linie hinauf. Alles dies dokumentiert auch der letzte hier nachgebildete Streckenabschnitt. Dargestellt werden die letzten Jahre des Personenverkehrs. Nur spärlich sind die Wagen besetzt und der Güterverkehr dank eines noch vorhandenen Kunden „in den letzten Zügen“.
Mit frisch geschlagenem Holz strebt die 50kab dem Talbahnhof entgegen. Auf der anschließenden Bergfahrt passiert die Maschine einen Bahnübergang in der Bocksberger Ortslage. Im Hintergrund erhebt sich ein hohes Bahnwärterhaus. Wenige „Modellstunden“ vorher polterte einer der bei der Landbevölkerung nicht gerade beliebten „Entenmörder“ über denn Straßenübergang. Der VT 98, der Nebenbahnretter, hat hier noch sein Auskommen und der Fahrgastraum ist doch recht gut ausgelastet. Ein Bauernhof dominiert den Rücken des Bocksberges. Unter dem Massiv verschwindet die Strecke in den Schattenbahnhof. Links unten der Gleisplan aus der Feder des Erbauers.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
63
Traurige Aussichten für die Zukunft – aber das Einstellungsdatum der (Modell-)Eisenbahn ist noch nicht festgelegt.
Vorgaben zum Anlagenbau Von der Strecke Haiming (Schattenbahnhof)– Bocksberg sollte ein Teilstück großzügig ins Modell umgesetzt werden. Paradestrecke und Kehrtunnel hätten diesem Vorhaben im Wege gestanden und so wurde darauf verzichtet. Die Ulrichsberger Kehre an der Strecke Plattling– Zwiesel–Eisenstein hätte dafür Pate stehen können. Auch bei der Ausbildung der Gleisstraßen im Endbahnhof war Bescheidenheit angesagt. Schnell kann man solche Endbahnhöfe mit wilden Weichenstraßen und daraus resultierenden Fahrstraßen überladen und „entromantisieren“. Für den Schattenbahnhof galten folgenden Vorgaben: Rangiermöglichkeiten zum Umsetzen der Zuglokomotive und Neubildung von Wagenreihungen, einseh- und eingreifbar, leichte Bedienbarkeit. Das heißt also, der Schattenbahnhof liegt an der Anlagenvorderseite.
Anlagenbau Der Grundrahmen ist in offener Rahmenbauweise entstanden. Er ist in fünf Segmente unterteilt, gefertigt aus gehobelten Brettern. 4,5-cmKanthölzer fungieren als Stützen. Bei sorgsa-
Zwischen Bahnübergang und Endbahnhof blieb ausreichend Platz zur Gestaltung eines freien Streckenabschnittes. Eine wohltuend großzügige Geländepartie, die auf der Mehrzahl der Heimanlagen zusätzlichen Gleisfiguren geopfert wird und demzufolge nicht hoch genug zu bewerten ist! Hier kommen die Talzüge trotz Gefälle einmal kurz in Fahrt und bergwärts zu einem eleganten Bremsvorgang.
64
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
mer Arbeit und Beachtung der Rechtwinkligkeit bekommt das jeder Modellbauer selber hin! Billiger ging es beim Trassenbau zu. Aus Resten des Hausbaues blieb genug Holz und Leistenmaterial übrig, mit dem dann der Trassenbau ermöglicht wurde. Zur Geräuschdämmung sind die Gleise mit 5mm-Styroporplatten unterlegt. Darauf ist das Märklin-K-Gleis aufgeklebt. Das Gelände wurde komplett mit Styropor und Styrodur geformt, wobei steile Geländepartein wie der Einschnitt mit der bekannten Fliegendrahtmethode aufgebaut sind. Mehrere Lagen leimgetränktes Zeitungspapier bildet die Geländeoberfläche. Die Oberflächenstruktur ist aus einem Gemisch von Gips und erdbrauner Dispersionsfarbe gestaltet. Bei der Begrünung fanden die gängigen Produkte von Heki, Busch, Woodland und Faller Verwendung. Gesiebte Gartenerde, hier und da aufgestreut, reißt die einheitlich wirkende Grün-
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
65
decke geschickt auf und erzeugt vegetationslose oder spärlich bewachsene Bereiche. Für die ungepflasterten Landstraßen und Feldwege wurde Spielsand aus dem Kindersandkasten ausgesiebt und verklebt. Es fällt auf, dass die Gebäude der Anlage – bis auf den Güterschuppen – alle im Eigenbau entstanden. Fester Karton und Balsaholz bilden den Korpus – genug Grundstabilität, um den Putz aus gesiebtem Sand aufzunehmen. Eine längere Bastelei sind dagegen die Fensterrahmen gewesen. Wieder ist Balsaholz das Aus-
66
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
gangsmaterial oder aber gespaltenen Strohhalme! Figuren und Fahrzeuge beleben die Anlage und bilden kleine Szenen. Hier ein kleiner Dorftratsch und am Lagerhaus des Bauers diskutieren zwei Traktorlenker über die nächsten Aufgaben – alles, was den Reiz der Landschaft unterstreicht.
Anlagenbetrieb Gefahren wird nach Lust und Laune, mitunter auch nach einem vom Fahrdienstleiter selbst
aufgestellten Fahrplan. Zwei bis fünf Personenzugeinheiten gilt es dann logisch und unfallfrei einzusetzen. Der Gleisplan von Bocksberg wirkt zwar sehr simpel, beansprucht aber die volle Konzentration und Planung des Fahrdienstleiters bei Hochbetrieb. Der Anschlussbetrieb schafft weitere Rangierund Fahrmöglichkeiten außerhalb des Personenzug-Fahrplanes. Schnell sind damit zwei, drei Stunden Beschäftigung mit der Anlage vergangen.
Die Motive dieser Seiten zeigen Impressionen vom Endbahnhof. Das Ankommen und Abfahren der Züge samt den Rangierfahrten zu Anschluss und Güterschuppen lassen keine Langeweile, dafür vorbildorientierten Fahrbetrieb aufkommen. Die hier vorgestellte Anlage ist ein Musterbeispiel dafür, dass man sich nicht vom ersten Eindruck leiten lassen, sondern Stück für Stück Reize und Bedienungsmöglichkeiten ergründen sollte. Abb.: Mooshammer, Kunz
Ausblick Die Fahrmöglichkeiten stellen den Erbauer vollkommen zufrieden, Erweiterungen und ein Ausbau (siehe Gleisplan) sind schon geplant. Der noch aus einem Industrieprodukt bestehende Güterschuppen soll als letztes Gebäude auch im Eigenbau entstehen. Ständig gibt es aber an der Anlage etwas nachzuarbeiten, wie die Belaubung der Bäume, oder etwas zu reparieren. Viel Spaß jedenfalls in der nächsten Zeit mit einem sinnvollen Hobby! HS
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
67
68
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
„Fox Run Milling“ bietet eine fast unvorstellbare Detailfülle. Nicht nur der schon ziemlich heruntergekommene Bau selbst beeindruckt. Auch kleine Szenen, wie die mit den Arbeitern und der Katze (oben Mitte) oder das FahrzeugSammelsurium (oben rechts) sind gekonnt dargestellt.
7. EJ-MODELLBAU-WETTBEWERB
11
Amerikanischer Landhandel in 1:87
Fox Run Milling VON DIETER RÖHRIG Die „Fox Run Milling Company” stellt einen Landhandel dar, wie er von 1920 bis in die späten 70er in Nordamerika fast überall zu finden war. Entstanden ist das Diorama aus einem US-Modellbausatz der Firma Fine Scale Miniatures. Diese Art Bausätze (so genannte „Craftsman-Kits“) sind eine große Herausforderung für jeden ambitionierten Modellbauer. Sie bestehen zum größten Teil aus Holz und Metallgussteilen. Die exzellente Bauanleitung führt
Schritt für Schritt zu einem ebensolchen Ergebnis. Auf 40 Seiten im DIN A4-Format wird nicht nur der Zusammenbau der Gebäude beschrieben, sondern auch wie man die Umgebung gestaltet, die Betonstraßen baut, die Gleise verlegt und vieles andere mehr. Gute Englischkenntnisse und ein noch besseres Wörterbuch EnglischDeutsch sind allerdings Voraussetzung für den Erfolg. Tipps zur Farbgebung und zum Altern von einfach allem was der Bausatz enthält, Eisenbahn-Journal 6/2003
•
69
Oben das Diorama im Überblick. Auf das Ladegleis passt gerade mal ein Güterwagen. Man beachte auch die Tankstelle an der rechten Ecke. Links ein Blick auf die ebenfalls sehr detailliert gestaltete Rückseite des Komplexes. Auf der rechten Seite oben eine Ansicht des Hauptgebäudes. Unten eines der vielen Details drumherum. Der klapprige Ford auf dem kleinen Bild in der Mitte erinnert eher an die Zeiten von Stan Laurel und Oliver Hardy als an das Amerika der 50er Jahre. ALLE ABB. VOM AUTOR
70
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
bekommt man ebenfalls – kurz: Eine derart ausführliche Bauanleitung habe ich bis jetzt bei keiner anderen Firma gefunden. Jeder, der einen solchen Bausatz bauen will, sollte jedoch seine Geduld und seine Fähigkeiten richtig einschätzen. Sie sind mit keinem bei uns handelsüblichen Produkt zu vergleichen! Fine Scale Miniatures legt diese Bausätze in einer limitierten Stückzahl auf. Daher sind sie in der Regel sehr schnell ausverkauft. Natürlich hat die gebotene Qualität ihren Preis: Die Fox Run Milling Company kostete mich schon 1997 185 US-$.
ein Dach mit Schindeln zu decken und zu bemalen, kann man schon mal vier bis fünf Stunden einplanen. Meiner Meinung nach spielt bei dieser Art von Modellbau die Farbgebung die wichtigste Rolle. Darum sollte man immer frische Farben verwenden, um nicht ein schön gebautes Haus beim Anmalen gleich wieder zu ruinieren. Ich verwende hauptsächlich Farben von Floquil (erhältlich bei Schuhmacher).
Für den Unterbau habe ich eine 13-mm-Tischlerplatte mit den Maßen 35 x 50 cm verwendet. Der Straßenbelag besteht aus Holz-Reparaturspachtel und wurde mit einem Spatel direkt aus der Dose aufgetragen. Die Preiser-Figuren habe ich alle selbst bemalt. Für die Geländegestaltung habe ich Materialien der Firmen Woodland Scenics, Silflor und Heki verwendet. Das Gleis besteht aus Holzschwellen und Code-70-Profilen der Firma Schuhmacher. Zum Altern und Verrosten habe ich Puder von Asoa und Rainershagen verwendet. Die Lieferwagen hat Busch im Programm, die Kutsche und der alte Ford sind Bausätze der US-Firma Jordan. Zum Bau dieses Dioramas habe ich etwa 80 Stunden benötigt. Das waren 80 Stunden Bastelspaß pur, wenn auch mal etwas eintönige und langwierige Arbeiten darunter waren. Um z.B. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
71
Planung: Märklin-H0-Anlage auf 2,5 m²
Klein geht auch! Eine H0-Anlage auf 223 x 110 cm Grundfläche, mit Durchgangsbahnhof, verdecktem Abstellgleis sowie kleinem Betriebswerk mit Drehscheibe – geht das? HANS-JÜRGEN BUSE hat die Herausforderung angenommen und eine Kompaktanlage entworfen, die mehr bietet als das klassische Oval. Das Anlagenthema sollte sein: „Nahverkehrsund Güterbetrieb eines ländlichen Ortes an einer Durchgangsstrecke in den 1950er/60er Jahren“. Da ich meine Ziele gerne mit Kehrschleifen und der Grundform eines in sich verschlungenen „Hundeknochens“ verwirklichen wollte, wählte ich das Mittelleiter-System von Märklin, und hier für den überwiegenden Teil der Anlage das C-Gleis aus. Nur im Bw-Bereich, der an die Drehscheibe angeschlossen ist, verwendete ich K-Gleis. Bekanntermaßen sind ja beim Mittel-
72
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
leitersystem keine Kehrschleifenmodule und Schaltungstricks nötig. Diverse Anregungen aus den Gleisplanvorschlägen des Herstellers konnte ich für meine Zwecke aber nur in stark veränderter Form verwenden. Ich fahre die Anlage digital, während Magnetartikel wie Weichen und Signale sowie Entkuppler konventionell geschaltet werden. Für das Schalten verwende ich die Lichtanschlüsse eines analogen Märklin-Fahrtrafos. Dass die Stellpulte mit Rückmeldung ausgestattet sind, ist
besonders für den verdeckten Bereich eine sinnvolle Hilfe. Der Verkabelungsaufwand für eine so kleine Anlage hält sich noch in Grenzen. Deswegen habe ich auf digitales Schaltzubehör wie Keyboard und Weichendekoder verzichtet. Alle Weichen im sichtbaren Bereich sind mit Beleuchtungen versehen. Sie habe ich an die Fahrstromversorgung des Gleises angeschlossen, um Kabel zu sparen. Die LEDs darin belasten die Zentrale nur wenig. Für die übrige Lichtstromversorgung der Anlage verwende ich die Fahrstromanschlüsse des Analog-Trafos. Sie ist damit über den Fahrregler dimmbar. Zur Versorgung des Fahrbetriebs mit Digitalstrom von der Zentrale habe ich unter der Anlage je eine Ringleitung für Mittelleiter und Masse installiert. An sie ist die Gleisanlage an verschiedenen Punkten angeschlossen. Die Anlage ist in zwei Ebenen aufgeteilt: Die obere Ebene mit Bahnhof und Güter- sowie einständigem Lokschuppen bedeckt fast den gesamten Planungsbereich. Vorne links jedoch legt ein talförmiger Einschnitt die untere Ebene frei. In diesem Einschnitt ist das Bw untergebracht. Ansonsten ist die untere Ebene größtenteils verdeckt. Neben dem Bw mit Drehscheibe enthält sie die Kehrschleife, ein Schatten-Abstellgleis (das auch noch mit einer Gleisbesetztmeldung versehen werden könnte) sowie ein Überholgleis. Das Bw hätte oben zu viel Platz weggenommen und kam auf diese Weise platzsparender unter. Den dreiständigen Ringlokschuppen musste ich dazu allerdings teilweise unter die obere Ebene bauen. Dieser Kompromiss war wegen des knappen Raumes nötig. Die von der oberen Ebene verdeckten Rückwände des Schuppens habe ich geöffnet und die Schuppengleise etwas verlängert. So kann auch einmal eine längere Lok abgestellt werden. Als Drehscheibe wählte ich das Modell von Roco mit kompakten Maßen. Es ist auch für das Mittelleitersystem verwendbar.
Die obere Ebene rechts des Taleinschnittes sollte zur besseren Erreichbarkeit des verdeckten Bereichs hochklappbar sein. Deshalb habe ich die Plattenbauweise gewählt. Wo kurz nach der Bahnhofsausfahrt in Richtung Tal die Trennkante zwischen Ober- und Unterteil verläuft, habe ich das Gleis elektrisch und mechanisch getrennt. Da die Anlage über die Ringleitungen an verschiedenen Punkten unten wie oben mit Fahrspannung versorgt wird, ist die Trennung elektrisch unproblematisch. Beide Platten bestehen aus genügend starkem Sperrholz mit jeweils einem Rahmen aus gehobelten Latten. Die obere Platte wird von Holzstützen getragen, die auf der unteren Ebene ruhen. Um Geräusche zu dämpfen, habe ich unter die Stützen Filzplättchen geklebt. Somit entsteht weniger Resonanz beim Fahrbetrieb. Wird die Platte hochgeklappt, muss sie mit einer ca. 1 m langen Holzleiste abgestützt werden. Sie ist gegen Wegrutschen sowohl oben als auch unten durch einen befestigten Holzklotz gesichert. Gewiefte Bastler können dieses Problem natürlich mit einrastenden Scharnieren besser lösen. In aufgeklapptem Zustand erinnert der Rohbau jetzt an einen geöffneten Flügel. Der größte Bereich
der „Schattenwelt“ liegt dann offen und ist gut erreichbar. Die Anlage ist sicher nur für Nah- und Regionalverkehr geeignet sowie für den Gütertransport und -umschlag von der Schiene auf die Straße und umgekehrt. Lange Züge wären hier auch angesichts der kurzen Bahnsteige sicher fehl am Platze.
kann. So können sich Züge dort begegnen. Loks können umgesetzt werden, indem sie ihren eigenen Zug umfahren und an der anderen Seite wieder ankuppeln. Es kann sogar ein kurzer Güterzug aufgelöst werden, was den Verschub der Güterwagen zum Schuppen nötig macht. Aus diesem Grund habe ich in drei Gleisen Entkuppler vorgesehen. Der in der Kurve liegende Personenbahnsteig lockert das Gesamtbild auf.
Wenn die Anlage aber einer früheren Epoche entsprechend gestaltet wird, sollten sich noch immer genügend Fahrzeuge zur Auswahl bieten. Reizvoll finde ich auch, dass der Bahnhof in der Kehrschleife sowohl von links als auch von rechts angefahren werden
Materialliste der Gleisartikel (Märklin) 24077: 13 24094: 3 24107: 1 24115: 3 24130: 22 24172: 16 24188: 17 24206: 3 24207: 1 24224: 1 24230: 15 24611: 2 24612: 6 24671: 3 24672: 1 24922: 1 24977: 1 24997: 3 2200: 8 2201: 5 2208: 4 2232: 2 74470: 4 74490: 11 plus Roco-Drehscheibe 42615 mit 3 x 42617. Dazu diverse Kleinteile wie Isolierungen etc. Plan der oberen (links unten) und unteren Anlagenebene (unten). Die Zahlen an den Gleisstücken entsprechen den Märklin-C-Gleis-Nummern ohne die vorgeschaltete Nummer 24 (z.B. 24188). Links oben die im Bau befindliche Anlage mit geschlossener oberer Ebene, oben mit geöffneter. Gut zu erkennen sind die Öffnungen in der Rückseite des Kibri-Lokschuppens. ALLE ABB. VOM AUTOR
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
73
Fahrzeug-Umbau in 1:32
EIN WASSERWAGEN NACH VORBILD DER ILMEBAHN VON KLAUS DECKER
Ganz oben: Der fertige Wagen. Oben das Transportgestell, links die noch nicht montierten Kessel. Rechts oben und unten der Wagen von oben bzw. seitlich. In der Mitte das Fahrzeug mit nur aufgelegten Kesseln.
74
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
D
ie Ilmebahn von Einbeck nach Dassel gehörte nie zu den Großen im Lande. Dennoch blieb sie vom Nebenbahnsterben verschont und existiert als selbstständige Gesellschaft noch heute. Als die Ilmebahn noch Dampfloks hatte (darunter je eine 64er und 76er), besaß sie zwei behelfsmäßig hergerichtete Wasserwagen (Bahnnummern 101 und 102). Mit ihnen wurde Wasser von Dassel nach Einbeck transportiert – nicht zum Bierbrauen, sondern als Lokomotiv-Speisewasser. Dasseler Wasser ist wesentlich weicher als das aus Einbeck. So wurde der Kesselsteinbildung in den Lok-Kesseln vorgebeugt. Auch im UnkrautSpritzzug hat man die Wagen eingesetzt. Irgendwo sah ich ein Foto eines solchen Fahrzeugs, das mich sofort angeregt hat, es in Spur I nachzubauen. Als Basismodell dient ein Niederbordwagen X 05 mit Bremserbühne von Märklin (Katalog-Nr. 5836). Das Fahrgestell wurde nur mit einem HegobZugapparat versehen, der zwischen den zwei inneren Langträgern liegt. Dazu habe ich noch zwei kleine Messingwinkel 3 x 3 mm an der der Bremserbühne gegenüber liegenden Pufferbohle mit 1-mm-Löchern für die Treppenlagerung versehen. Dann wurden sie mit Kupfernieten 1 x 5 mm befestigt! Die Bordwand gegenüber der Bremserbühne wurde abgesägt und saubergefeilt und -geschliffen. Hier liegt später die beim Vorbild mit einem Hebelmechanismus versehene Treppe. Das Original klappt so weit von der Pufferbohle weg, dass es den Zughaken nicht mehr berührt. Das Transportgestell für die Wasserbehälter besteht aus Vierkantleisten 5 x 5 mm. Sie gibt’s alljährlich umsonst an abgebrannten Silvesterraketen. Die Längsleisten sollten soweit auseinander liegen, dass die Wasserkessel gerade noch sauber aufliegen, ohne die Querleisten zu berühren. Kupfernieten 1 x 5 mm dienen als Schlossschrauben-Imitation. Ansonsten werden alle Holzleisten mit Uhu-Hart verklebt und schön dunkel gebeizt. Die Wasserbehälter sind aus PVC- Rundmateri-
AUTOR VOM
ALLE FOTOS
al mit den Maßen 160 x 32 mm gedreht. Auch PVC- Rohr mit passend gedrehtem Deckel kann man verwenden. So ist auch etwas Gewicht zu sparen. Die Einfüllstutzen habe ich aus Rundmessing mit 20 mm Durchmesser gedreht. Sie werden mit einer Senkschraube aufgeschraubt oder mit Sekundenkleber angeklebt. Zuvor müssen aber noch mit Messingblechstreifen und 1 x 5-mmKupfernieten Scharniere vorgetäuscht sowie aus 1-mm-Messingdraht ein Öffnungsbügel eingeklebt werden. Sauber ausfeilen muss man selbstredend auch die Rundung, in der der Einfüllstutzen auf dem Wasserbehälter liegt. Zwei kleine Ablasshähne aus der Bastelkiste an der Stirnseite der Kessel (am Treppenaufgang ) vervollständigen die Sache. Das Wasser muss ja auch irgendwie wieder raus. Die Arbeitsbühne besteht aus 1 mm starkem Sperrholz. Mit dem Messer werden Bretterfugen-Imitationen eingeritzt. Dann bestückt man sie mit Kupfernieten, klebt sie auf beide Behälter. Auch das Sperrholz ist vorher wieder gut zu beizen. Die Plattform-Außenkante habe ich mit einer Verstärkungsleiste 3 x 1 mm versehen (Uhu-Hart). Beide Wasserbehälter werden von der Bodenunterseite her mit M3-Senkschrauben befestigt. PVC lässt sich hervorragend bohren und mit Gewinde versehen. So wird das Transportgestell gleich mit festgehalten. Alle Einzelteile werden vorher mit den üblichen Alterungsfarben per Pinsel gealtert. Die Beschriftung ist natürlich vorher aufzubringen, eventuell farblos überzulackieren. Zuletzt noch die Aufstiegsleiter: Seitliche Trägerstützen sind zwei Messing-U-Profile 3 x 3 mm. Als Abstandshalter habe ich 1-mmMessingdraht dazwischen gelötet. Auf sie wurden Treppenstufen aus Messing-Riffelblech gelötet. Den Hebe-/Klappmechanismus habe ich nur durch 1-mm-Messing-Rundmaterial angedeutet. Die Modelltreppe ist somit nur ein kleines Stück beweglich, bis sie auf dem Zughaken aufliegt.
Wagen: Basismodell Märklin Nr. 5836. Beschriftung: Rupert Kreye, Kaiserstr. 49, 31177 Harsum. Tel.: 05127/5425, Fax.: 05127/931664 Messing-Profile: Conrad Elektronik, Klaus-Conrad-Str.1, 92240 Hirschau. Tel.: 0180/5312111, Fax.: 0180/5312110. Gussteile: Hegob GmbH, Bismarckstr. 79, 42659 Solingen. Tel.: 0212/813270, Fax.: 0212/870510. PVC: Baumarkt, Fachgeschäfte. Kupfernieten: Live-Steam Service Schuhmacher, Ringstrasse 24, 83128 Halfing, Tel.: 08055/ 8000.
Tipp für H0-Bahner: Bis vor kurzem hatte Sachsenmodelle einen „Behelfs-Kesselwagen“ der DRB im Programm, dessen Kessel ziemlich genau dem Ilmebahn-Wagen entsprachen. Entweder lackiert und beschriftet man ihn einfach zum Wasserwagen um (Beschriftung z.B. von Kreye, s. links) oder man montiert die Kessel wie beschrieben auf einem Niederbordwagen. Arbeitsbühne und Leitern sind selbst zu fertigen.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
75
Stagioni Folge 26
DIE OBERLEITUNG Die zweigleisige Hauptstrecke ist mit einer elektrischen Fahrleitung überspannt. Sie wurde mit Sommerfeldt-Material gebaut. Besonderes Augenmerk galt dabei den neuen DB-Streckenmasten aus Metall. Sie sind nicht nur zierlicher gestaltet als die Vorgängerprodukte, sondern weisen auch mehr Details auf, wie beispielsweise die Nachbildung der Knotenbleche am Mastfuß. VON BRUNO KAISER Bevor man mit dem Aufbau der Oberleitung beginnt, ist es ratsam, im Gleisplan die Positionen der Masten festzulegen. Dabei sind sowohl die vorhandene Weichenverbindung als auch die Radien der Gleisbögen zu beachten. In beiden Fällen sind die theoretisch möglichen Mastabstände durch die örtlichen Gegebenheit eingeschränkt. So kann innerhalb des Abzweigs logischerweise kein Mast aufgestellt werden. Im Bogenverlauf sorgen der Gleisradius und der dadurch bedingte Versatz der Fahrleitung für eine Begrenzung der Mastabstände.
Die Aufstellung der Masten Das eigentliche Aufstellen der Streckenmasten ist unkompliziert. Durch die Verwendung einer von Sommerfeldt angebotenen Schablone können sie exakt positioniert werden. Der Abstand von der Gleismitte beträgt dabei 34 mm. Im Bogenverlauf beginnt man mit dem Aufstellen beim Außenkreis und ermittelt von hier aus mithilfe eines Winkels den Standort des Innenmastes. Er muss auf gleicher Höhe wie der Außenmast platziert werden. 76
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
77
Ganz oben links: Der neue DB-Gittermast von Sommerfeldt. Ganz oben Mitte: Die Knotenbleche werden am Mastfundament aufgesteckt. Ganz oben rechts: Die Montagelehre zeigt den Standort für die Bohrung des Mastes exakt an. Oben Lötutensilien: Lötstation, Zinn, Fett und Einfachfahrdraht. Links: Bei der Suche nach dem Standort des zweiten Masts bei doppelgleisigen Strecken hilft ein Winkel.
78
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Sommerfeldt-Masten werden mittels Gewindeschraube und Gegenmutter auf der Trasse verankert. Wenn man sie nicht verschrauben kann oder möchte, ist es auch möglich, sie einfach in die Bohrung zu kleben. Bei Steigungs- bzw. Gefällstrecken ist auf einen genau senkrechten Sitz der Bohrung zu achten. Dadurch werden die Masten auch in diesen Abschnitten schön ausgerichtet. Das spätere Verspannen der Fahrdrähte erfordert allerdings einen festen Sitz im Unterbau. Deshalb ist es ratsam, das Kunststoff-Fundament der Masten bei nicht ebenem Trassenverlauf auf der abfallenden Seite neben der Befestigungsschraube mit einem dünnen Hölzchen zu unterlegen. So kann sich beim Anziehen der Befestigungsschraube der Mast nicht doch noch aus der senkrechten Lage bewegen.
Fahrdrahtverlegung Sommerfeldt führt eine Vielzahl unterschiedlicher Fahrdrähte in seinem Programm. Ich habe für die Quattro daraus die 0,5 mm starken so genannten Profi-Fahrdrähte mit offenen Enden gewählt. Die erforderlichen Fahrdrahtgrößen ergeben sich aus den Mastabständen, wobei zu den rechnerischen Abständen beidseitig mindestens 5 mm Überstand zum Verlöten hinzugerechnet werden muss. Das Anbringen und Verspannen der Fahrdrähte ist denkbar einfach, wenn ein Lötkolben zur Hand ist und rudimentäre Fähigkeiten mit dessen Umgang bestehen. Um später einen einheitlichen Verlauf der Oberleitung zu gewährleisten, müssen die Fahrdrähte vor der Montage an den Schweißstellen nachgerichtet werden. Ich habe mit der Fahrdrahtverlegung an der Modulkante im Tunnel begonnen. Hier wurden Einfachmaste (Betonausführung) mit stabilen Quertragwerken aus 1 mm starkem Sommerfeldt-Draht installiert. Sie bilden sozusagen den Festpunkt, von dem aus die Verspannung der Fahrleitungen beginnen kann. Nach der Verlötung an den Quertragwerken werden die Oberleitungsdrähte zum nächsten Mast gezogen, die offenen Enden durch die Ösen der Ausleger geführt und nach oben umgebogen. Mit dem anschließenden Fahrdraht verfährt man entsprechend. Nun können die Leitungen hier verlötet und die überstehenden Enden mit einem Seitenschneider abgezwickt werden. Bei Verwendung von normalem Lot sollte Lötfett benutzt werden, um die Lötstelle so klein wie möglich halten zu können. Bei Elektroniklot erübrigt sich das Zusatzmittel, weil ein Flussmittel bereits enthalten ist. Feld für Feld habe ich mich dann bis zum anderen Ende des Moduls vorgearbeitet, wo ebenfalls Einfachmasten und Querträger stehen. Beim Verlauf der Drähte im Bogen wird im Außenkreis immer von kurzer zu kurzer Auslegerstellung verspannt. Hierzu habe ich vorab in den jeweiligen Lagen der Ausleger Seitenhalter angelötet und die Fahrdrähte daran verankert. Bei kurzer Stellung wird der Seitenhalter im knapperen Abstand zum Mast und von diesem abgewandt angelötet, bei langer Stellung dage-
Oben: An der Modulgrenze nehmen BetonmastNachbildungen und kräftige Querverspannungen die Fahrleitung auf und unterstützen deren nötige Verspannung. Rechts: Die Fahrleitungen werden von Ausleger zu Ausleger gezogen. Eine Ellok dient als Maßschablone.
Rechts: An den oberen Ösen werden die Leitungen verspannt und abgewinkelt. Dann fixiert man sie an den zuvor angelöteten Seitenhaltern.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
79
gen weiter nach außen geschoben und zum Mast hinweisend befestigt. Zur Ermittlung der erforderlichen Abstände dient die bereits genannte Schablone. Aufrecht zwischen die Schienen gestellt, zeigt sie nicht nur die Fahrdrahthöhe, sondern auch die maximale Seitenlage (Fahrdrahtversatz) an, bei der die Stromaufnahme der Lok über den Pantographen noch möglich ist und keine Gefahr besteht, dass der Bügel von der Fahrleitung abgleitet. Zur Sicherheit habe ich zusätzlich auch immer ein Lokmodell „probefahren“ lassen.
Verlegung in der Geraden Auf geraden Strecken werden die Fahrleitungen immer in horizontalen Wellenlinien verlegt. Die Befestigung erfolgt am Ausleger mit kurzen oder langen Abständen und damit über jeweils zum Mast oder von ihm abgewandten Seitenhalter.
Y-Seile Oben links: Mit der Montagelehre wird die Fahrleitungshöhe eingerichtet. Daneben: Bei der Verwendung gewöhnlichen Lötzinns sorgt Lötfett für kleine Lötverbindungen.
Wer noch ein Übriges tun will, ergänzt die Fahrdrähte an den Maststützpunkten mit Y-Seilen, wie sie an Schnellfahrstrecken zu finden sind. Die hier vorgestellte Lösung stellt allerdings eine Vereinfachung dar, weil in aller Regel die Seilverbindungen beidseitig jeweils mit zwei Hängern, statt wie hier vorgestellt, mit nur einem verbunden sind. Die hier gezeigten Seile wurden aus 0,3 mm dünnem, halbhartem Messingdraht selbst angefertigt und in die Fahrleitung gelötet. Sommerfeldt führt ebenfalls Bauteile dieser Art im Programm, sie sind jedoch länger.
Abspannung an den Modulenden
Oben: Die fertige Lötverbindung am Ausleger. Noch fehlt das Y-Seil. Links: Aus Messingdraht werden Y-Seile zusammengelötet.
Damit die Pantografen der Fahrzeuge die Oberleitung nicht zur Seite oder nach oben drücken, ist eine angemessene Verspannung der Fahrdrähte auch im Modell Voraussetzung für die Befahrbarkeit elektrifizierter Strecken. Dies gilt sowohl bei echtem Oberleitungsbetrieb als auch, wenn der Bügel zwar am Draht liegt, jedoch keine Funktion hat. Beim Vorbild wird dies über Verspannung der Leitungen von Festpunkten zu Spanneinrichtungen an Abspannmasten gewährleistet. In unserem Falle bilden die Festpunkte die jeweiligen Steckenenden an den Modulgrenzen. Hier habe ich, wie erwähnt, Einfachmaste mit zwei 1 mm starken Querdrähten verbunden und die Fahrleitungsenden unter der benötigten Spannung angelötet. Die Tarnung dieser optisch unschönen Konstruktion übernimmt im einen Falle der Tunnel und auf der Gegenseite ein Fußgängerüberweg.
Farbgebung Um die ohnehin schon recht dünne Oberleitung optisch noch weiter zu reduzieren, wird die Fahrleitung mit grauschwarzer Farbe angemalt. Vorab sollten jedoch alle Rückstände von Flussmittel und Lötfett beseitigt sein, da sonst die Farbe nicht hält. 80
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Oben: Auch an der zweiten Modulkante bilden Einfachmaste und Querträger das Ende der Fahrleitungen. Oben rechts: Mastausleger mit eingelötetem Y-Seil. Rechts: Fahrleitungsbau und Überprüfung mit dem Turmtriebwagen von Brawa. ABB.: BRUNO KAISER, EJ-HELGE SCHOLZ
Der nächste Artikel der „Quattro“-Serie befasst sich mit der Bebauung der rechten Modulecke. Hier sind zwei unterschiedlich gestaltete, variabel einsetzbare Teile vorgesehen. Die Folge erscheint im Juli-Journal.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
81
Ob den Reisenden in dem Triebwagengespann die Felsformation in Erinnerung bleiben wird? Wohl kaum, denn sie sind unterwegs zum Weingut.
Ein Modellbahnfreund sagte mir einmal: Nach der Pflicht folgt die Kür! So ist es auch bei mir mit dem Modellbahnbau. Sind endlich alle Rohbauarbeiten abgeschlossen, alle Gleise verlegt, kann man es kaum erwarten, bis endlich die Landschaftsgestaltung los geht. Modellbauerfahrungen von Karl Gebele
Der lange Weg zum Trollinger Teil 2 Eigentlich ist man ja schon lange in Gedanken bei der Gestaltung und überlegt, wie es diesmal noch besser werden kann und mit welchen Hilfsmitteln eine noch naturgetreuere Landschaft zu erzielen ist. Doch bevor mit dem eigentlichen Geländebau begonnen wird, sollte unbedingt das Modulteil in die bestehende Anlage eingebaut werden. Dabei ist es vor allem wichtig und von Vorteil, dass der Fahrbetrieb auf dem neuen Modul mit sämtlichen Zuggarnituren getestet wird und reibungslos erfolgt. Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit! Wurde an den Modulübergängen genau gearbeitet, durchfahren alle Wagen störungsfrei die Tunnelportale, sind die Gleise 82
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
sauber verlegt, entgleist kein Wagen, durchfährt jede Zuggarnitur das neue Modul problemlos. Dies alles sind Voraussetzungen für einen einwandfreien und zufriedenstellenden Fahrbetrieb. Jetzt ist es noch möglich, Fehler und Störquellen zu beheben bzw. zu beseitigen. Ist das Modul erst einmal mit Gelände überbaut, wird es doch sehr mühsam, Fehlerquellen zu erkennen und dann auch noch zu beheben. Ganz bewusst beschreibe ich den Fahrtest so detailliert, denn aus Erfahrung ist mir sehr wohl bekannt, dass hier häufig grobe, vermeidbare Fehler begangen werden. Erst wenn der Test reibungslos verlaufen ist, kann das Modulteil zum endgültigen Gelände-
bau aus der Anlage herausgenommen werden. Hier zeigt sich erneut ein wesentlicher Vorteil einer Modulanlage: Man kann das Modulteil um einiges einfacher und bequemer von allen Seiten her auf einem Tisch oder auf Holzböcken bearbeiten.
Geländebau Der Geländebau sollte auch diesmal wieder in der bewährten und altbekannten FliegengitterGips-Methode ausgeführt werden. Zuvor mussten jedoch erst noch aus 20-mm-Styrodurplatten die Unterkonstruktionen für Weinberg, Weingut, Weinkeller und Zufahrtswege heraus-
Zum Zurechtschneiden des Aluminiumgewebes benutzt man eine ausrangier- Für eine sichere Befestigung des Gewebes an den Dioramenaußenseiten sorgen te Haushaltsschere. Reißzwecken. Die Styrodurplatten können mit einem normalen Bastelmesser zurechtge- Mit Ponal oder Gips befestigt man die Styrodurabschnitte im Grundkasten und erhält eine solide Auflage für spätere Geländepartien aus Gips. schnitten werden.
geschnitten werden. Ich verwende deshalb Styrodur für den Geländebau, da es einfach mit einem scharfen Messer bearbeitet, geformt und geschnitten werden kann und im Gegensatz zu Styropor keine lästigen Kügelchen überall herumrollen. Natürlich kosten diese Platten etwas mehr, aber bei der Verarbeitung überwiegen doch die Vorteile. Mit Heißkleber und einigen Holzleisten wurden die zurechtgeschnittenen
Plattenstücke an den vorgesehenen Stellen in den Modulkasten eingeklebt und befestigt. Korrekturen und Anpassungen sind jetzt immer noch möglich. Nicht vergessen: Die Tunnelportale müssen, noch bevor die verdeckte Gleisanlage mit Fliegengitter abgedeckt wird, unbedingt eine Tunnelröhre bekommen. Diese fertige ich in der Regel aus schwarzem Plakatkarton an. Es ist
nicht besonders modellbahngerecht, wenn man in den Tunnel schaut und der Blick in das Innere einer Anlage wandert. Wesentlich natürlicher wirkt es, wenn eine Tunnelröhre diesen Blick versperrt. Fährt dann auch noch ein Zug aus einer dunklen Tunnelöffnung, hat sich der Aufwand unbedingt gelohnt. In der Regel sind meine Tunnelröhren ca. 20 bis 30 cm lang. So, jetzt ist es aber an der Zeit, dass das Fliegen-
Neue Wege bei der Felsgestaltung eröffnet das Farbsortiment von Noch. Neben Gips aus dem Baumarkt, ein Anrührbecher aus Gummi und die Nochden Erdfarben sollte man die Sprühflaschen einsetzen. Felsformen – Werkzeuge und Material für tolle Modellfelsen.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
83
gitter (Noch 60990 Alugewebe) für den Geländebau vorbereitet wird. Da man eigentlich für das Gelände relativ wenig Alugitter benötigt, reicht ein Pack (100 x 75 cm) vollkommen aus. Lose lege ich das Alugitter erst einmal über den Modulkasten, um so zu prüfen, wie möglichst wenig Verschnitt anfällt. Das Alugitter muss ja nur noch die vorhandenen Freiräume auf dem Modul überbrücken und verschließen. Mit einer alten Schere schneide ich das Fliegengitter zurecht. Danach werden die einzelnen Gitterstücke mit einem Tacker sowie mit Reißnägeln und Heißkleber am Modulkasten, den Unterkonstruktionen, der Gleistrasse, an den Stützmauern sowie den Styrodurteilen befestigt bzw. angeklebt. Sind die Rohbauarbeiten soweit abgeschlossen, könnte jetzt eigentlich der erste Auftrag mit Modellgips auf das Alugewebe erfolgen. Da ich aber für die Geländegestaltung einige Felsen
84
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
sowie einen Felseinschnitt mit Wasserfall vorgesehen habe, wollte ich bei der Felsgestaltung wieder einmal neue Wege gehen.
Felsgestaltung mit Felsformen Bisher habe ich bei der Felsgestaltung durchwegs die Bernhard Stein-Methode angewendet. Hierbei werden die Felsen überwiegend mit dem Stemmeisen geformt und modelliert. Von dem aufgetragenen Gips werden ca. 50% Restmaterial wieder mit dem Staubsauger eingesaugt. Auch die farbliche Gestaltung verlangt einige Erfahrung und hat schon manchen Landschaftsbauer zur Verzweiflung gebracht. Bei meinem Weinberg-Modul sollten diesmal einfachere und neue Arbeitstechniken angewandt und getestet werden. Wohl jeder Modellbahner wünscht sich, dass seine Züge durch eine möglichst natürliche und realistische Landschaft
fahren. Nach meinen Erfahrungen mit diesem neuen Verfahren kann ich nur jeden, auch den ungeübten Modellbauer, dazu ermutigen, sich an das „Neue“ zu wagen. Felsgestaltung und farbliche Behandlung sollen deshalb hier ausführlich erläutert werden: Schon lange interessierten mich die Felsformen von Noch (Woodland). Eine erste Felsform bekam ich von einem Modellbahnfreund zum Ausprobieren. Die ersten neu gegossenen Felsen begeisterten mich voll; vor allem die naturgetreue und realistische Felsstruktur überzeugte. Spontan kaufte ich mir also gleich mehrere Formen. Mit zwei bis drei Formen ist es jetzt möglich, verschiedene Felsformationen und Berghänge ganz toll zu gestalten, ohne dass dabei Eintönigkeit aufkommt. Das erreicht man durch Drehen, Zerbrechen, Wenden und wechselseitige Anordnung der einzelnen Felsabgüsse. Für den Betrachter ist kaum erkennbar, dass hier mit nur ein paar Formen die Felsen entstanden und modelliert wurden. Ausschlaggebend dabei ist vor allem die natürliche farbliche Behandlung der Gipsabgüsse. Doch dazu später genauere Anleitungen und Erfahrungen. Noch ein Tipp: Bei der Auswahl der Formen sollte darauf geachtet werden, dass eventuell auch eine Form, z.B. Nr. 95903, mit mehreren kleinen Felsstücken gekauft wird. Gerade diese kleinen Abgüsse eignen sich hervorragend als Lückenfüller zwischen größeren Felsen. Doch nun zum Gießen! Für das Gießen der Felsen verwende ich normalen Gips aus dem Baumarkt. Der ist wesentlich günstiger als Modellgips o.Ä. und erfüllt voll und ganz den Zweck. Auch hat er den Vorteil einer gegenüber anderen Materialien deutlich kürzeren Abbindezeit. Es empfiehlt sich, gleich mehrere Felsen nacheinander zu gießen, dann lohnt es sich auch, je nach Bedarf eine größere Menge Gips zu besorgen. Vor dem Eingießen des Gipses müssen die Felsformen unbedingt mit etwas Wasser und einigen Tropfen Spülmittel benetzt werden, was am einfachsten mit einer Blumenspritze geht. Dann lässt sich der Gipsabguss nach dem Aushärten wesentlich leichter aus der Form herauslösen.
Hat man das alles beachtet, kann es losgehen mit dem Ausgießen der Formen. In einem Gipsbecher wird mit der Modellierspachtel ein dünnflüssiger Gipsbrei angerührt. Der Brei sollte so weich sein, dass er sich beim Eingießen ohne Hilfsmittel in den Formen gleichmäßig verteilt. Wie dick oder dünn der Gipsbrei genau sein muss, wie er am besten in die Form gegossen wird – alles reine Übungssache, das haben sie nach ein paar Versuchen im Erfahrungsschatz. Ab dem zweiten Versuch wird man nur noch perfekter! Um Material und Gewicht zu sparen, kann man bei sehr tiefen Formen (z.B. Nr. 95902) kleine Styrodurstücke als Füllmaterial mit in die Form eindrücken. Schon nach rund 20 Minuten ist es möglich, die Gipsabgüsse aus den Formen zu entnehmen. Bei einigen Felsformen kann es allerdings vorkommen, dass die Form vom Abguss regelrecht abgezogen werden muss. Das ist aber normal, Der Bildbogen veranschaulicht den Werdegang eines Modellfelsens. Ein Benetzen der Gummiform mit entspanntem Wasser sorgt für einen gleichmäßigen Verlauf des Gipsbreies. Nach dem Austrocknen und Ausformen des Gussteiles sollte man die Felsmodelle noch einige Zeit zur weiteren Trocknung auslegen. Ein gelegentliches Wenden schadet nicht.
Links ein Motiv vom Diorama Weinberg, das zeigt, was man mit den nebenstehend abgebildeten Abgüssen „anstellen“ kann. Der Wildbach stürzt in einem Felskessel zu Tal und auch die im Hintergrund sichtbare Stützmauer wurde nach dem Farbschema der Felsen gestaltet.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
85
Herausgedrückter Gipsbrei muss schnell mit einem Pinsel zwischen den Partien zwischen den großen Gussteilen schließt man mit Bruchstückchen. Elementen verwischt werden. Dadurch erreicht man eine geschlossenen Formation. Kurzerhand verwendet man Gips als „Klebstoff“ für die Anbringung der In den weichen Gipsbrei setzt man vorsichtig die Abgüsse hinein, drückt aber nur leicht an. Abgüsse am Diorama.
denn die Felsen sind so filigran, dass sich der Abguss darin leicht verklemmt. Aber keine Angst, mir jedenfalls ist bisher noch keine Form dabei beschädigt worden. Vor dem Einsetzen in die Modelllandschaft müssen die Felsen zum Austrocknen erst noch für einige Tage im Heizraum gelagert werden. Die Felsformen reinige ich grundsätzlich nach jedem Gebrauch mit warmen Wasser und einer Bürste von Gipsrückständen. Befolgt man diesen Ratschlag, sind die Formen in der Regel unbegrenzt verwend- und auch haltbar. Wenn die Fels-Abgüsse nach einigen Tagen gut abgetrocknet sind – das ist leicht am Gewicht und an der Farbe zu erkennen –, steht dem Einbau in die Landschaft nichts mehr im Wege. Für den Einbau dieser Felsen sowie für die Geländehaut auf dem Alugewebe verwende ich „Modellgips“ oder auch Füllstoff aus dem Baumarkt. Dieses Material hat den Vorteil, dass die Verarbeitungszeit gegenüber Gips doch wesentlich länger ist. Das bedeutet, man gerät nicht unter Zeitdruck und kann auch noch kleine Änderungen und Ergänzungen vornehmen. In der Gipsschale wird nun mit der Modellierspachtel ein streichfähiger und sämiger Gipsbrei angerührt. Auf die vorbereiteten und bereitliegenden einzelnen Felsstücke wird auf der Rückseite eine dünne Schicht Gips sowie an den Rändern eine etwas dickere Schicht (Raupe) mit der Modellierspachtel aufgetragen. Dort, wo die Felsen in der Landschaft vorgesehen sind, werden diese einzeln nach und nach auf das Alugit86
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
ter aufgesetzt und gleichzeitig leicht angedrückt. Dabei sollte sich der Fels mit dem Alugitter verbinden und verfestigen. So können mehrere Felsen, bis hin zu einer schroffen Felswand, Stück für Stück aufgereiht und eingesetzt werden. Heraus quellendes Gipsmaterial wird sofort mit einem feuchten Pinsel zwischen den Felsstücken verteilt und eingestrichen. Aber Vorsicht: Bitte nicht die feinen Felsstrukturen zustreichen! Die Geländepartien, die felsfrei bleiben, erhalten einen Gipsauftrag von rund 2 mm Dicke auf das Alugewebe. Ratsam ist es, das Gelände von den Modulrändern aus zu gestalten und zu modellieren, denn dabei verfestigt sich die Landschaft vom Rand aus, ohne dass zusätzliche Abstützungen und Spanten erforderlich sind. Ist nun die Geländegestaltung zur Zufriedenheit abgeschlossen, muss unbedingt eine Trockenpause von ein bis zwei Tagen eingelegt werden, bevor die farbliche Behandlung der Felsen erfolgen kann.
Farbliche Gestaltung der Gipsabgüsse Auch bei der farblichen Gestaltung der Felsen, habe ich neue Arbeitstechniken ausprobiert und angewendet. Erste Versuche, die Felsen wie bisher mit Heki-Dispersionsfarben – Grundanstrich sowie Lasur – zu behandeln, führten nicht zu dem gewünschten Erfolg. Die Farben setzten sich in den feinen Gesteinsstrukturen ab und der
erwünschte und schöne Effekt der filigranen Felsabgüsse war ganz schnell dahin. Wie im Noch-Katalog beschrieben, sollten die Felsen mit Erdfarben behandelt werden. Für erste Versuche besorgte ich mir von Woodland das Sortiment Earth-Color-Kit Nr. 96120. Das ist ein Farben-Set mit allen verfügbaren Farben. Mit Hilfe dieser Farben gelang es relativ einfach, die gewünschten und überzeugenden Gesteinsfarben herauszuarbeiten. Im Bereich um den Weinberg griff ich bei der Behandlung meiner Felsen auf Jura- bzw. Sandstein-Farbe zurück. Dagegen sind die Felsen im Bereich um die Felsschlucht eher im Farbton Granit gehalten. An Reststücken von Felsabgüssen versuchte ich nun, die benötigten Farben-Kombinationen zu mischen. Mit folgenden Farben hatte ich den gewünschten Effekt: Jurastein-Farbe: Grundauftrag: Erdfarbe, ocker, Nr. 96128; für den zweiten Auftrag: Erdfarbe, torfbraun, Nr. 96126 Sandstein-Farbe: Grundfarbe: Erdfarbe, ocker, Nr. 96128; für den zweiten Auftrag: Erdfarbe, erdbraun, Nr. 96127 Granitstein-Farbe: Grundauftrag: Erdfarbe, zement, Nr. 96122; für den zweiten Auftrag: Erdfarbe, steingrau, Nr. 96123 Mit der Erdfarbe, schiefergrau, Nr. 96124, können bei allen Gesteinsarten zusätzliche farbliche Glanzpunkte gesetzt werden.
Da die Farben sehr farbintensiv sind, müssen sie unbedingt mit Wasser verdünnt werden. Ich habe dafür ein Mischungsverhältnis von 1 Teil Farbe zu 15 Teilen Wasser verwendet. Aufgetragen werden die Farben entweder mit einem Pinsel oder einem kleinen Schwamm. Wesentlich besser und genauer gelingt der Auftrag freilich mit der Sprühflasche (Scenic Sprayer Nr. 96155). Natürlich kann genauso jede beliebige Blumenspritze verwendet werden. Um möglichst naturgetreue Felsfarben zu erreichen, ist es sehr wichtig, dass die Farben wirklich nass in nass aufgetragen bzw. aufgesprüht werden. Die Grundfarbe kann bei Bedarf auch mit dem Pinsel verteilt und in die Felsen eingestrichen werden. Dagegen sollten alle weiteren Farbaufträge nur noch mit der Sprühflasche erfolgen. Für optimales Gelingen ist es wirklich entscheidend, dass die Farben nacheinander aufgebracht werden. So laufen in den Vertiefungen und Steinfugen z.B. die dunklen Farben zusammen, setzen sich dort ab und geben dem Fels ein realistisches und natürliches Ausehen. Wie bereits erwähnt, erhält der Stein durch leichtes Übersprühen mit Schiefergrau noch ein tolles verwittertes Aussehen. Da die Felsabgüsse relativ trocken sind, saugen sie sehr viel Feuchtigkeit beim Einsprühen auf. Daher erscheinen die Felsen im ersten Moment sehr dunkel. Ist die Feuchtigkeit aber wieder entwichen, zeigt sich der dann endgültige Farbton sehr viel heller. Daher ist es ratsam, mit Vorversuchen erst einmal Erfahrungen im Umgang mit den Farben zu sammeln, bevor man sich an größere Flächen auf einer Anlage macht. Natürlich sind – aber erst nach dem Abtrocknen – noch einfache Farbkorrekturen und Ausbesserungen jederzeit möglich. Sind die Felsen nach einigen weiteren Tagen gut abgetrocknet, wirken die Felsfarben überzeugend und ist man mit dem Ergebnis zufrieden, erfolgt als krönender Abschluss das Übergranieren der Felsspitzen mit weißer Dispersionsfarbe. Jetzt erst erstrahlen die Felsen in voller Pracht und Natürlichkeit. Resümee: Die Felsformationen und Erdfarben von Noch haben mich voll und ganz überzeugt. Einfache Handhabung und rasche Arbeitsweise sprechen ebenso für diese Produkte wie das Super-Ergebnis.
Die Felsfarben von Noch und zwei Sprühflaschen zum Auftragen des verdünnten Gemisches. Rechts oben ein Farbauftrag mit einem Flachpinsel. Beide Techniken sollten einander ergänzen.
Da die Farbe recht stark verdünnt werden muss, kommt man erstaunlicherweise mit einer Sprühflasche für den Farbauftrag gut zurecht. Sicher ist dies für einige Modellbauer eine völlig ungewohnte Technik, die man aber unbedingt probieren sollte. Am Tunnelportal zeigt sich, wie man mit einem kleinem Schwämmchen ebensogut das hochverdünnte Gemisch auftragen kann. Ist der Gipsfelsen richtig abgetrocknet, schafft man mit der Graniertechnik letzte Akzente. Nur wenig Farbe wird über die Spitzen und Kanten gewischt. Alle Abb.: Karl Gebele
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
87
Im Banne der Kleinbahn H0-Anlage nach KOK-Motiven. Folge 2
WIE DER WALD ENTSTAND
VON WOLFGANG LANGMESSER
Das im Mai-Journal erstmals vorgestellte Anlagenprojekt „Kreisbahn Osterode–Kreiensen“ benötigt eine sehr große Anzahl von Bäumen. Wer sie im Handel kauft, stößt schnell an die Grenzen des Budgets. Selbstbau ist die Lösung. Dabei erfordern im Hintergrund stehende Bäume wesentlich weniger Aufwand als im Vordergrund oder als Solitäre stehende Gewächse. 88
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Hintergrundbäume Als Grundmaterial verwende ich Meerschaum. Er wird von Anita-Decor in Holland in großen Verpackungseinheiten angeboten, aber auch von Busch, Auhagen und MZZ. Aus den Trockenbüschen werden die einzelnen Ästchen ausgeschnitten und auf die notwendige Länge gekürzt. Vor der weiteren Behandlung sollte man noch vorhandene Blütenblätter vorsichtig mit der Pinzette auszupfen. Der so entstandene Rohling wird in ein Gemisch aus brauner und schwarzer Abtönfarbe getaucht, die mit etwas Ponal und mindestens einem Teil Wasser verdünnt wurde. Nachdem die Rohlinge mehrfach in der braunen Farbe gedreht wurden, nimmt man sie heraus und lässt sie etwas abtropfen. Die riesigen Blasen verschwinden später von
alleine! Ein Stück Styrodur oder ähnliches nimmt den Zweig als Ständer auf. In die nasse Farbe lasse ich mit einem Teesieb kurze Grasfasern rieseln. Hier kann man mit verschiedenen Farben schon jetzt für spätere Vielfalt im Modellwald sorgen. Wenn man die benötigte Anzahl Bäume vorbereitet hat, kann man Pause machen und die Hände wieder in einen zivilisierten Zustand bringen. Sind alle Rohlinge durchgetrocknet, folgt der zweite Schritt: Zunächst wird unser Rohling kräftig mit Sprühkleber eingenebelt, dann mit Blattwerk von Noch bestreut. Um nicht zuviel Verlust zu haben, fängt man das überschüssige Material in einer großen Schale auf. Wieder zurück im Styrodur-Ständer, hat unser Baum nun drei bis vier Tage Zeit, um komplett zu trocknen. Danach kann man mit Sprühkleber für einen noch besseren Halt sorgen. An einem (langen) Samstagnachmittag entstehen so etwa 60 Hintergrundbäume. Bevor man nun die fertigen Bäume auf die Anlage pflanzt, sollte man sie noch ein wenig beschneiden. Die abgezwickten Äste können als Buschwerk oder als Basismaterial für die Vordergrundbäume dienen.
Linke Seite: Oben ein mit den beschriebenen Techniken entstandenes Waldstück. Darunter links die benötigten Materialien (Meerschaum, Dispersions-Abtönfarbe, Streumaterial, Weißleim und andere). Rechts: Aus dem Meerschaum werden einzelne Ästchen geschnitten. Diese Seite ganz oben: Ein Meerschaumzweig wird in verdünnte Farbe getaucht und abtropfen lassen. Dann wird er in einen Ständer aus Styrodur gesteckt und mit Grasfasern bestreut (oben). Rechts: Zuletzt wird der Baum mit Sprühkleber eingenebelt und mit Blattimitation bestreut (außen). Eine Schale sorgt für geringe Materialverluste. Unten das Ergebnis eines Nachmittags.
Vordergrundbäume Als Rohmaterial dient mir so genannter „White Bush“ (wieder von Anita-Decor) oder auch anderes geeignetes Astwerk. Um beim Bau und später auf der Anlage einen geeigneten Halt zu bekommen, wird mit einem Bohrer (3 bis 4 mm) von unten in den Stamm ein Loch zur Aufnahme eines Stäbchens gebohrt. Etwas Ponal gibt dieser Pflanzhilfe die notwendige Festigkeit. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
89
Einzeln stehende Bäume (Solitäre), wie das prächtige Exemplar links, erfordern mehr Aufwand als Hintergrund-Bäume. Als erstes wird ein „White Bush“Ast mit Baumrindenpaste von Anita-Decor bestrichen. Dann färbt man ihn je nach Baumart und Geschmack ein (ganz oben). Anschließend wird er mit begrünten Meerschaum-Ästchen bestückt (oben links). Etwas Silflor-Grün sorgt für weiteres Volumen (links). Oben der erste Schritt beim Eigenbau von Fichten: Ein 4 oder 5 mm starkes Holzstäbchen wird durchbohrt und mit Blumendraht bestückt.
ALLE FOTOS: KARL-HEINZ HAUG
90
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Den White Bush bringe ich dann mit einer kleinen scharfen Zange in Form. Baumrindenpaste von Anita-Decor wird mit einem weichen Pinsel aufgetragen und ergibt die Rindenstruktur. Aus Abtönfarben wird der gewünschte Ton für den Stamm gemischt. Fast alle Farben von Grau über Braun bis fast Schwarz sind möglich. Wer es für notwendig hält, kann eine Seite des Stamms noch mit Moosgrün leicht einfärben. Dann ist wieder einmal eine Pause zum Trocknen angesagt. Anschließend beginnt das Begrünen mit Aststückchen von den Hintergrundbäumen. Sie werden mit einem geeigneten Kleber, z.B. Hart-Kleber von Greven, mehr oder minder dicht und zufällig auf den Rohling geklebt. Statt der geschilderten Belaubung kann man auch Material von Silflor verwenden und somit weitere Variationen erschaffen.
Fichten Als Rohmaterial für Fichten, Tannen und andere Nadelbäume kann man Rohlinge von Silflor verwenden. Bei einer großen Zahl von Bäumen reißen sie jedoch ein fühlbares Loch in das Budget. Eine preiswerte Alternative zu den aufwändig aus Draht gefertigten Rohlingen bildet die nachstehend gezeigte Bauart. Rundstäbe von 4 bis 5 mm Durchmesser werden auf die benötigte Länge geschnitten und im Abstand von ca. 1,5 bis 2 cm mit einem 2-mm-Bohrer durchlöchert. In die Bohrungen klebe ich beschichteten Blumenbindedraht und biege diesen leicht nach oben. Wenn einige Rohlinge fertig sind, tauche ich sie mit der beasteten Spitze in Flüssigkunststoff. Auf den noch feuchten und später sichtbaren Stamm werden kurze Grasfasern gestreut. Die Farbe ist egal. Nach einer kurzen Zeit, der Kunststoff sollte noch leicht klebrig sein, werden die Stämme leicht zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her gerollt, wodurch sich die abstehenden Grasfasern anlegen. Ein Überlackieren mit der Sprühdose bringt die notwendige Färbung des Stammes. Nun kann man noch mit grauer oder moosgrüner Farbe die Wetterseite nachbilden. Wenn die Farben durchgetrocknet sind, werden die Äste in der Länge beschnitten und in verschiedene Richtungen gebogen. Dann wird die Silflor-Belaubung „Fichte“ in ca. 4 cm breite Streifen geschnitten und auf die richtige Länge gebracht. Sinnvoll ist es, gleich die für einen ganzen Baum nötige Menge des Materials zuzuschneiden. Eine Klemmpinzette sorgt für den notwendigen Falz, der das Aufkleben später erleichtert. Sind alle Äste mit Behang versehen, wird er mit einer Schere bogenförmig in Form gebracht. Anschließend wird er auseinander gedrückt und mit dem Ast leicht nach oben gebogen. Reste des Belaubungsmaterials werden in die Spitze geklebt und stellen so die Krone dar. Da das Material von Silflor relativ teuer ist, werden die beim Beschneiden anfallenden Reste an geeigneter Stelle auf der Anlage als Bodendecker verarbeitet.
Der Rohling wird in Flüssigkunststoff getaucht (ganz oben), mit Grasfasern bestreut und eingefärbt (daneben). Nach dem Trocknen biegt man die Äste (oben). Zum Begrünen wird Silflor-Material in Streifen geschnitten und mithilfe einer Klemme geknickt (rechts). Dann klebt man es fest (unten). Rechts unten fertige Bäume.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
91
Bau einer DR-Lok der Reihe 130 auf Brawa- und Revell-Basis
LUDMILLAS NEUER HUT Seit Jahren rollen die verschiedenen BrawaModelle der Diesellokomotiv-Baureihen 132 bzw. 232 über H0-Modellgleise. Die Vorbilder waren bei der Deutschen Reichsbahn einst weit verbreitet und wegen ihrer Zugkraft und Zuverlässigkeit bei den Lokpersonalen beliebt. Wie die Vorbilder, so lassen sich auch die Modelle vor nahezu allen Zuggattungen einsetzen, vom schweren Nahgüterzug über den langen Durchgangsgüterzug bis hin zum internationalen Schnellzug. Wer sich näher für die roten Kraftpakete und ihre Geschichte interessiert, wird wissen, dass der in über 700 Exemplaren beschafften Baureihe 232 zwei kleinere Serien vorausgingen. Den Anfang der „V 300-Familie“ bildeten die Lokomotiven 130 005 und 130 006, die im Juli 1970 im Raw Dessau abgenommen wurden. Den Maschinen der Baureihe 130 folgten 1972 die 92
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Wer ein vorbildgerechtes H0-Modell der Baureihe 130 einsetzen wollte, musste bisher aufwändigen Selbstbau betreiben. Die Kombination von Revell-Bausatz und Brawa-Fahrwerk schafft Abhilfe. VON JAN UND FRANZ RITTIG
der Baureihe 131 und im zweiten Halbjahr 1973 die ersten Loks der Baureihe 132. Zwischen den drei Baureihen gab es trotz gemeinsamen Ursprungs eine Reihe deutlicher Unterschiede. So war die Baureihe 130 trotz ihrer Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h ganzjährig nur im Güterzugdienst einsetzbar, weil ihr eine elektrische Zugheizung fehlte. Die Deutsche Reichsbahn machte aus der damit verbundenen Not eine Tugend, ließ das Getriebe ändern und erhielt dadurch die nur 100 km/h schnelle, aber äußerst anzugsstarke und leistungsfähige Güterzuglok der Baureihe 131. Erst die 132 besaß die lange geforderte Zugheizung. Um sie einzubauen, musste der Rahmen der Ursprungsversion einseitig um immerhin 200 mm verlängert werden. Damit ging (von der Seite betrachtet) der symmetrische Gesamteindruck verloren, weil die Drehgestelle nun
unterschiedliche Abstände von der einstigen Symmetrieachse der Lok aufwiesen. Eine ganze Reihe weiterer Unterschiede gab es auf dem Dach und an den Seitenwänden. Dem Modellbahner, der einen der verschiedenen Vorläufer der Baureihe 132 auf seiner Anlage einsetzen möchte, drängt sich jetzt eine günstige Möglichkeit auf. Geringfügige Kompromisse sind allerdings zu akzeptieren. Seit einiger Zeit bietet die Firma Revell einen gelungenen Bausatz der Lokomotiven 130 063 bzw. 130 077 an. Das fertige Modell entspricht exakt dem Vorbild, ist äußerlich wie innerlich hervorragend detailliert und im Hinblick auf die angegebenen Betriebsnummern auch vorbildgerecht. Die Firma Brawa hat für ihr Modell der Baureihe 132 ein Fahrwerk mit symmetrisch angeordneten Drehgestellen verwendet. Also lag die
Idee nahe, das Revell-Gehäuse auf das Fahrwerk des Brawa-Modells zu setzen und mit diesem „neuen Hut“ eine vorbildgerechte fahrfähige H0-Lokomotive der Baureihe 130 zu schaffen. Der sparsame Modellbahner wird hier die Frage stellen, was er dann mit den übrigen Teilen aus dem Bausatz, etwa den Drehgestellen, dem Motor und dem weiteren Innenleben anstellen soll. Darauf gibt es nur eine Antwort: Man kann sie als Ladegut oder – noch besser – zur Gestaltung von Reparaturszenen im Bw nutzen. Man kann aber auch das überzählige Gehäuse der Brawa-Lok mit den verbleibenden Revell-Teilen zu einem neuen Standmodell verbinden. Das wäre im Hinblick auf die Baureihenbezeichnung zwar nicht ganz vorbildgerecht, lässt sich jedoch für den Lohn des Vorhabens, eine voll fahrfähige 130, gewiss verschmerzen. Anders ausgedrückt: Das Ergebnis wäre eine weitgehend vorbildgetreue, aus eigenem Antrieb rollende 130 und eine nicht ganz vorbildgetreue 132 als funktionsloses Standmodell. Wenn Letzteres zudem nur mit dem Führerstand aus einem Lokschuppen herausschaut, fällt es niemandem auf, dass da eine 232 auf einem symmetrischen Fahrwerk steht. Der Gehäusebau lässt sich relativ schnell be-
Oben: Das DR-Güterkraftpaket 130 unterwegs. Links oben der Revell-Bausatz ausgepackt. Mit den übrig bleibenden Teilen lässt sich so manches anfangen! Darunter das zusammengeklebte und elfenbeinfarben gespritzte Gehäuse. Die Fläche des späteren Zierstreifens ist mit einem Maskierband abgedeckt. Unten wird das Gehäuse rot gespritzt.
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
93
Das Maskierband wird abgezogen. Zweifarbig lackiert wird auch das Dach. Auch hier ist zunächst eine Maske anzubringen.
... dann spritzt man die gewünschte Fläche (oben). Wenn die Farbe völlig trocken ist, wird die Maske abgezogen (links).
ABB.: HELGE SCHOLZ (8), JAN RITTIG (2), EJ-CHRISTOPH KUTTER (1)
94
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
werkstelligen. Die vielen Einzelteile hat Revell erfreulich sauber und ohne Grate gespritzt. Wenn man sie vom Spritzling löst, sollte dies behutsam und deshalb mit dem Skalpell geschehen. Der Einsatz eines Seitenschneiders ist besonders bei den kleineren Teilen (etwa den Griffstangen vor den Führerständen, aber auch den Dachlüftern oder den Typhonen) weniger ratsam. Diese Teile sind derart filigran ausgefallen, dass man alle Mühe hat, sie heil herauszubringen. Ist das gelungen, fügt sich alles überraschend gut zusammen. Grundsätzlich ist folgender Ablauf beim Gehäusebau und bei der Dachmontage sinnvoll: 1. Lösen der Teile aus dem Spritzling 2. Bearbeiten der Gehäuseteile 3. Montage des Gehäuses 4. Lackieren des Gehäuses 5. Zusammenbau des Dachs 6. Lackieren des Dachs 7. Einsetzen der Fenster in das Gehäuse 8. Montage des Dachs auf das Gehäuse 9. Detailarbeiten Das Bausatz-Gehäuse darf weder die Drehgestelle noch die Kurzkupplungs-Kinematik behindern. Also müssen die Frontschürzen bis auf die Höhe der Unterkante der Pufferbohlen sowohl vorne als auch an den Seitenteilen gekürzt werden. Es ist dies im Grunde der einzige Kompromiss, den man im Hinblick auf Abweichungen vom Vorbild eingehen muss. Diese Arbeit lässt sich mit einer feinen Sandpapierfeile weitgehend problemlos bewerkstelligen. Auch die Innenseiten des Tanks (Ludmillas „Hängebauch“) müssen plan gefeilt werden. Nur dann lässt sich das Gehäuse widerstandslos über das Brawa-Fahrwerk stülpen. Dem Zusammenbau des Gehäuses folgt die Lackierung. Wegen der relativ großen glatten Flächen sollte man (soweit möglich) dafür einen Airbrush verwenden. Dabei kann man durchaus unterschiedlich vorgehen. Eine erste Methode wäre, das gesamte, halbfertige Gehäuse komplett rot zu spritzen. Dazu kann man die empfohlenen seidenmatten Revell-Farben verwenden, zum Beispiel Nr. 331 (RAL 3004, aufgehellt mit Nr. 330). Der weiße Zierstreifen lässt sich nach gründlichem Trocknen als Abziehbild aus dem Revell-Bausatz aufbringen. Wer indes echte Farbe bevorzugt, muss präzise maskieren. Für den Rahmen kommt anschließend Revell-Grau ( 378) auf das Rot des Gehäuses. Möglicherweise ist ein Maskieren der Teile nach dem Revell-Bauplan für Lackier-Neulinge ein recht sicherer Weg. Man muss aber mit dem Abdecklack „Color Stop“ vom selben Hersteller hinreichend zurecht kommen. Was die Farbwahl betrifft, so sind erfreulich weite Grenzen gesetzt: Das Vorbild kannte so viele verschiedene Rottöne, dass man sich keineswegs ärgern muss, wenn das Rot des Modells etwa vom Titelbild der Revell-Verpackung abweicht. Sollte die Farbe gar zu seltsam wirken, lässt sich mit einer geschickten Patinierung nachhelfen. Ebenso sind Maße und Farben der umlaufenden Zierlinie stets recht unterschiedlich gewesen. Die Töne reichten von fast Gelb über Elfenbein bis Weiß. Also muss man auch beim Modell nicht unbedingt pedantisch
Als einzige Änderungen am Fahrgestell sind die Ecken an den Stirnseiten schmaler zu feilen. Oben die Veränderung im Vergleich mit einer Original-132. Rechts oben das bearbeitete Rahmenteil von der Seite. Rechts ein Blick auf das Dach. Hier unterscheidet sich die 130 am deutlichsten von der 132.
genau vorgehen. Als Alternative zum RevellLack kann man auch Schmincke Aero-Color und den Klarlack von Gunze verwenden. Während das Gehäuse trocknet, werden die noch fehlenden Dachsegmente sowie die Lüfter und die Typhone in das vorgefertigte Dach eingesetzt. Wenn’s nicht gleich passt, hilf vorsichtiges Abschleifen mit einer feinen Sandpapierfeile. Nach dem Aushärten des Klebers wird lackiert (gespritzt). Das Mittelteil erhält mittels Abdeckung der anderen Dachsektionen einen vorbildgetreu silberfarbenen Ton. Ist alles durchgetrocknet, kann man je nach Geschmack kräftig oder dezent patinieren. Achtung – Patina weist den Charakter eines Schleiers auf, ist also keine Deckfarbe! Zurück zum Gehäuse: Ist die Farbe gründlich getrocknet, kann man die Fenster einsetzen. Es macht Sinn, vorher ihre Gummi-Einfassungen mit Hilfe eines Permanent-Stifts zu simulieren. Beim Einkleben der Fenster ist nur sehr wenig Klebstoff erforderlich, da sie sehr präzise geformt sind und erstaunlich stabil im Gehäuse sitzen. Auch beim Zusammenkleben von Dach und Gehäuse ist nur wenig Klebstoff nötig. Fingerspitzengefühl dafür umso mehr. Sobald das Dach fest sitzt, könnte man das fertige Gehäuse dem Brawa-Fahrgestell überstülpen. Doch so einfach funktioniert das nicht, denn das Fahrgestell ist etwas zu lang und in Höhe der beiden Endführerstände auch zu breit. Für schnelle Abhilfe sorgt eine Schlüsselfeile, mit der man den Rahmen an den Kopfstücken und den Flanken in Höhe der Führerstände verkürzt und schmälert. Doch Vorsicht: Wer auf einer Seite mehr Material abträgt als auf der anderen, wird mit schrägem Sitz bestraft! Einbauen kann man auch noch die beiden Führerstände aus dem Revell-Bausatz. Genug Platz ist vorhanden. Die Beschriftung kann mittels der im RevellBausatz beiliegenden Schiebebilder erfolgen, wozu man allerdings einige Geduld aufbringen muss. Weichmacher helfen. Keinen besonders vorbildgerechten Eindruck machen die Trittbretter, die zur Montage an den Stirnseiten vorgesehen sind – also besser weglassen. Eisenbahn-Journal 6/2003
•
95
Elektronik: Gemischter Wechsel- und Gleichstrom-Betrieb auf Märklin-C-Gleis mit automatischer Systemumschaltung
Die grenzenlose Wollmilchsau Als Märklin 1996 das C-Gleis präsentierte, haben wir es im EJ wegen seiner vielfältigen Eigenschaften als „eierlegende Wollmilchsau“ bezeichnet. Im September-Journal 1998 zeigte WALTER ZÖLLER, dass sich das C-Gleis prächtig für einen abwechselnden Betrieb von Gleich- und Wechselstromloks eignet. Nun hat er eine einfache Schaltung entwickelt, die einen automatischen Mischbetrieb von Loks beider Systeme möglich macht – analog und digital. Ein wichtiger Aspekt meines Systems ist der Betrieb mit Zweileiter-Gleichstrom- und Dreileiter-Wechselstrom-Fahrzeugen ohne Änderungen an diesen. Dazu müssen lediglich die elektrischen Verbindungen zwischen den beiden Schienen des C-Gleises unterbrochen werden. Dann ist Zweileiter-Gleichstrom-Betrieb auf C-Gleis ohne weiteres möglich. Lediglich der Wagenpark sollte durchgehend mit isolierten (Gleichstrom-)Achsen ausgerüstet sein. So sind die Wagen mit beiden Stromsystemen einsetzbar. In meinem (leider inzwischen aufgelösten) Verein hatten wir eine Modulanlage betrieben, die mit dem im September 1998 beschriebenen umgebauten C-Gleis bestückt war. Also wurde abwechselnd mit Zweileiter-Gleichstrom und Dreileiter-Wechselstrom gefahren: Vormittags so, nachmittags so. So weit, so gut. Besser als Einsystem-Betrieb war das allemal. Doch ließ mir keine Ruhe, dass man die beiden Systeme nicht gleichzeitig auf einer Anlage betreiben kann. Nach einem Umweg über Reed-Kontakte fiel mir eine überraschend einfache Lösung ein. Grundlage ist das Schaltgleis (im Gleisplan rechts: SG) des Märklin-C-Gleis-Systems. Es verfügt über zwei Kontakte, die fahrtrichtungsabhängig vom Mittelschleifer einer „Märklin“-
Lok betätigt werden. Damit ist die folgende Schaltung für ein- und zweigleisige Strecken anwendbar. Die Anlage wird in mehrere Abschnitte unterteilt, Stromkreise, wie beim normalen AnalogBetrieb. Etwa in der Mitte jedes Abschnitts wird das Schaltgleis eingebaut. Zu jedem Abschnitt gehört ferner ein Doppelspul-Relais (R) mit vier UM-Kontakten (Roco, Märklin, Viessmann). Die Normaleinstellung der Anlage ist Zweileiter-Gleichstrom. Die „Märklin“-Lok betätigt mit ihrem Schleifer den Schaltgleis-Kontakt. Dieser schaltet das Relais des in Fahrtrichtung voraus liegenden Abschnitts um auf das Märklin-System. Gleichzeitig wird das Relais des (vor-)letzten Abschnitts hinter dem Zug wieder zurück auf Zweileiter-Gleichstrom geschaltet. Zwei dieser Kontakte schalten das Gleis um vom Zweischienen-System auf Zweischienen plus Mittelleiter. Die anderen zwei Kontakte (SU) schalten um zwischen Gleich- und Wechselstrom. Diese werden bei Digitalbetrieb nicht gebraucht, da die Fahrzeuge auf beiden Gleissystemen aus einer Digitalzentrale (Digi) betrieben werden. Die Leitungen vom Schaltgleis zu den RelaisSpulen werden durch Dioden entkoppelt, da die Kombination der Spulen je nach Fahrtrichtung unterschiedlich ist. Zu diesem Zweck werden
Rechts: Schaltplan für drei Gleisabschnitte mit automatischem Wechsel von ZweileiterGleichstrom- und Märklin-System.
die Spulen mit Gleichstrom (Ein-Weg-Gleichrichtung) geschaltet. Das Netzteil dazu ist in der Zeichnung unterhalb der Schienen in Abschnitt C zu sehen. Es besteht aus einer Diode und einem Kondensator. Die Speisespannung ist die für Beleuchtung, Signale und Weichen übliche Wechselspannung. Der Minus-Pol (-) liegt am Mittelabgriff der Relais, der Plus-Pol (+) an den Kontakten des Schaltgleises. Märklin-Loks, welche normalerweise im Gleichstromabschnitt einen Kurzschluss verursachen, werden auf zweipolig (beide Schienen!) isolierten Abstellgleisen abgestellt. Bei diesen Abstellgleisen liegt ein Schaltgleis direkt vor der Weiche. Sie können nicht an Gleichstrom geschaltet werden. Die einzelnen Abschnitte sollten mindestens zwei- bis dreimal so lang sein wie der längste Zug. Ansonsten ist die Aufteilung individuell der Anlage entsprechend vorzunehmen. Hier kann nur das Prinzip am Beispiel einer größeren Anlage beschrieben werden. Als Testanlage reicht ein Kreis oder Oval mit einer Ausweiche, wobei die Loks der verschiedenen Systeme sich gegenseitig den Fahrstrom einschalten. Eine Blockschaltung mit Gleisbesetztmeldern (GBM) sollte den Betrieb sichern. Die GBM werden dabei vor den Gleis-Umschaltkontakten der Relais eingeschleift.
Jumbos Die Baureihen 43 und 44 Kraftprotze mit unvergänglichem Ruhm: Ihr täglicher Einsatz endete bereits im vorigen Jahrhundert, doch ihr Ruf scheint unvergänglich: Die schweren Güterzuglokomotiven der Baureihen 43 und 44 übertrafen bei ihrem Erscheinen fast alles da Gewesene und bestimmten über viele Jahrzehnte das Bild des schweren Güterzugdienstes. Mit seinem Text setzt der Autor neue Akzente in puncto Lokomotivgeschichte, zeigt noch unbekannte Seiten der Historie dieser Lokomotiven auf und überzeugt mit seltenen, wertvollen Bilddokumenten. Best.-Nr. 530302 12,50
96
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
(siehe Bestellkarten)
Eisenbahn-Journal 6/2003
•
97
IMPRESSUM Eisenbahn-Journal
VERLAGSGRUPPE BAHN GmbH
in der VERLAGSGRUPPE BAHN GmbH Gegründet von: H. Merker ISSN 0720-051X 29. Jahrgang Verlag und Redaktion: Postfach 1453 • D-82244 Fürstenfeldbruck Am Fohlenhof 9a • D-82256 Fürstenfeldbruck Tel./Fax: 0 81 41 / 5 34 81 - 0/33
Postfach 1453 • D-82244 Fürstenfeldbruck Am Fohlenhof 9a • D-82256 Fürstenfeldbruck Tel./Fax: 0 81 41 / 5 34 81 - 0/33
Internet: http://www.eisenbahn-journal.de eMail:
[email protected] Chefredaktion: Ingo Neidhardt (-30) eMail:
[email protected] Vorbildredaktion: Gerhard Zimmermann [verantw.] (-18), Dr. Franz Rittig (-13), Andreas Ritz (-32) Modellbahnredaktion: Dr. Christoph Kutter [verantw.] (-27), Helge Scholz (-17) Modellfotografie und Modellbau: Helge Scholz Layout: Redaktion EJ Lektorat und Satz: Karin Schweiger (-20) Honorarbetreuung: Ingrid Grill (-16) Ständige Mitarbeiter: G. Acker, C. Asmus, R. Barkhoff, M. Brendel, E. Ganzerla, K. Gebele, Chr. Geisler, H. E. Hellbach, M. Hengst, St. Herforth, St. und B. Hörth, Dr. S. Hufnagel, H. Hufschläger, B. Kaiser, U. Kandler (uk), W. Klee (wk), R. Knipper, K. Koschinski (KK), S. Lepaire, F. v. Meissner (fvm), R. Neidhardt (ronei), H. Obermayer, Dr. G. Scheingraber, P. Schiebel, D. E. Schubert, K. Schubert, J. Timmermans, M. Weisbrod (MW) 2003 erscheint das Eisenbahn-Journal 12-mal. Einzelheft-Preis 7,40 incl. Porto 2003 erscheint das Messe-Journal 1-mal. Einzelheft-Preis 8,00 incl. Porto 2003 erscheinen 6 Modell-Sonderbroschüren: 4 Anlagenbau & Planung (Jan., Apr., Juli, Okt.) und 2 Super-Anlagen (Juni, Dez.). Einzelheft-Preis 13,70 incl. Porto 2003 erscheinen 6 Vorbild-Sonderbroschüren: 4 Sonder-Ausgaben (Febr., Mai, Aug., Nov.) und 2 Special-Ausgaben (März, Sept.). Einzelheft-Preis 12,50 incl. Porto Abonnements 2003: 12 Eisenbahn-Journale + 1 Messe-Journal: 84,50 (Inland), 107,90 (Ausland) 12 Eisenbahn-Journale: 78,00 (Inland), 99,60 (Ausland) 6 Modell-Sonderbroschüren: 4 Anlagenbau & Planung + 2 Super-Anlagen: 72,00 (Inland), 85,80 (Ausland) 4 Anlagenbau & Planung: 50,00 (Inland), 57,20 (Ausland) 6 Vorbild-Sonderbroschüren: 4 Sonder-Ausgaben + 2 Special-Ausgaben: 67,50 (Inland), 78,30 (Ausland)
Internet: http://www.vgbahn.de eMail:
[email protected] eMail:
[email protected] Geschäftsführung: Ulrich Hölscher, Ulrich Plöger Verlagsleitung: Ingo Neidhardt (-30) Vertriebsleitung: Andrea Lauerer (-11) eMail:
[email protected] Vertrieb / Auftragsannahme: Elisabeth Menhofer (-34) Petra Loehnert (-28) Petra Schwarzendorfer (-35) Simone Knorr (-36) Messeplanung: Dr. Franz Rittig (-13), Außendienst / Messen: Christoph Kirchner (-31), Ulrich Paul Systembetreuung und Neue Medien: Tobias Pütz Anzeigenleitung: Elke Albrecht (-15) Anzeigenlayout und -satz: Evelyn Freimann (-19) Vertrieb Einzelverkauf: MZV Moderner Zeitschriftenvertrieb GmbH & Co. KG, Breslauer Straße 5, D-85386 Eching/München Telefon/Fax 089/3 19 06-0/113, Abo-Service: PMS Presse Marketing Services GmbH & Co. KG, Adlerstr. 22, 40211 Düsseldorf Tel./Fax: 02 11/69 07 89-0/50 Litho: WASO PPS Adlerstr. 22, 40211 Düsseldorf Druck: L. N. Schaffrath DruckMedien Marktweg 42–50, 47608 Geldern Bankverbindung: Westfalenbank Bochum Konto 10008125, BLZ 430 200 00 Alle Rechte vorbehalten. Übersetzung, Nachdruck und jede Art der Vervielfältigung setzen das schriftliche Einverständnis des Verlags voraus. Mit Namen versehene Beiträge geben die Meinung des Verfassers und nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Unaufgefordert eingesandte Beiträge können nur zurückgeschickt werden, wenn Rückporto beiliegt. Für unbeschriftete Fotos und Dias kann keine Haftung übernommen werden. Durch die Einsendung von Fotografien und Zeichnungen erklärt sich der Absender mit der Veröffentlichung einverstanden und stellt den Verlag von Ansprüchen Dritter frei. Beantwortung von Anfragen nur, wenn Rückporto beiliegt. Eine Anzeigenablehnung behalten wir uns vor. Z.Zt. gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.1.2003. Gerichtsstand: Fürstenfeldbruck. Die Abgeltung von Urheberrechten oder sonstigen Ansprüchen Dritter obliegt dem Einsender. Das bezahlte Honorar schließt eine künftige Wiederholung und anderweitige Verwendung ein, auch in digitalen On- bzw. Offline-Produkten und in Lizenzausgaben.
4 Sonder-Ausgaben: 47,00 (Inland), 54,20 (Ausland)
108 • Eisenbahn-Journal 6/2003
Das Abonnement gilt bis auf Widerruf, es kann jederzeit gekündigt werden.
Kontrollierte und veröffentlichte Auflage durch IVW
Dauerbezug (mit Einzelrechnungen zuzüglich Porto) ist bei jederzeitigem Widerruf möglich für: Messe-Journal, Kalender.
Mitglied der Ferpress (Internationale Eisenbahn-Presse-Vereinigung)
(Füllseite)
Neue Bücher
Unter dieser Rubrik veröffentlichen wir Zuschriften und technische Anfragen und freuen uns, wenn auch Sie zu allgemein interessierenden Themen Stellung nehmen. Das können durchaus Ergänzungen zu den hier veröffentlichten Beiträgen sein. Folgende „Spielregeln“ bitten wir zu beachten: 1. 2. 3. 4.
Sinnwahrende Kürzungen oder auszugsweise Wiedergabe vorbehalten. Anonyme Zusendungen ohne Namen und Adresse werden nicht veröffentlicht. Soweit möglich geben wir sofort unsere Stellungnahme ab. Die Leserbriefe stellen – auch wenn sie veröffentlicht werden – nicht immer die Meinung der Redaktion und des Verlags dar. 5. Zusendungen für diese Rubrik bitten wir mit dem Zusatz Bahn-Post kenntlich zu machen. Ihre Redaktion
EJ-Messeausgabe 2003 Wünsche an die Modellbahnhersteller sind sicher individuell sehr verschieden. Dennoch gibt es Wünsche nach weit verbreiteten Vorbildern, die von vielen Modellbahnfreunden geteilt werden. Ihre Vorschläge, die pr. G 8.1 mit Vorlaufachse (56er) und die 58 Reko ins Modell umzusetzen, finde ich sehr gut. Ob aber die Modellumsetzung eines solchen Exoten und Einzelgängers wie der vollverkleideten 05 mit Frontführerstand wünschenswert ist, erscheint mir zweifelhaft. Ähnliches gilt für die sechsachsige V 200. Deshalb hier zwei Alternativvorschläge: Begrüßen würde ich zeitgemäße Modelle der 64er und mit einigen Abstrichen der 24er. Gewiss, die vorhandenen Fleischmann-Modelle sind nicht schlecht detailliert. Wenn man aber die neue 81er dagegen stellt, dann wird klar, was heute alles möglich ist! Hinzu kommen die bei den vorhandenen Modellen raketenhaft überhöhte Geschwindigkeit und die die Modelle entstellende Kupplungsanbringung.
110
•
Eisenbahn-Journal 6/2003
Also, liebe Fleischmänner, wie wärs mit einem heutigem Fertigungsniveau entsprechenden Bubikopf? Peter Drüen
Quo vadis, Modellbahn-Industrie? Nach Bundeskanzler Schröders Rede unter dem Motto Immer auf die Kleinen scheint diese Entwicklung nun in jeder Hinsicht salonfähig zu werden! Verlassen wir also ganz schnell die große Politik und wenden wir uns unserem Hobby zu. Ich war als gelernter DDR-Bürger glücklich, als ich einmal über einen nicht nachvollziehbaren Polen-Import in den Besitz einer RocoE 44.5 kam. Dieser folgte auf der Basis des damals üblichen Naturaltauschs eine Roco-E 18 aus dem Westen zum Preis von DM 88. Das war Anfang der 80er Jahre. Teurer waren Lokomotiven in der damaligen DDR auch nie. Wir hatten also wirklich ein bezahlbares Steckenpferd für unsere Ausritte. Schon ehe sich die D-Mark verabschiedete, brachen auf dem Modellbahn-
Linienchronik
Zauber der Schmalspurbahn
Der zweite Teil des Kompendiums zur Straßenbahngeschichte Berlins widmet sich der Zeit zwischen Ende des Zweiten Weltkriegs und Stilllegung des Berliner Straßenbahnnetzes. Die Geschichte der Berliner Straßenbahn ist eng mit der politischen Entwicklung in Ost und West verbunden; einschneidende Maßnahmen in dieser Zeit hatten stets Auswirkungen auf den Straßenbahnverkehr. In akribischer, über 50-jähriger Forschungsarbeit schuf der Verkehrshistoriker Kramer in zwei Bänden dieses Standard- und Nachschlagewerkes einen lückenlosen Überblick über ein Jahrhundert Straßenbahn in Berlin. Wolfgang Kramer: Linienchronik der Berliner Straßenbahn 19451993. Band 4 der Schriftenreihe des Arbeitskreises Berliner Nahverkehr e.V. 230 S., geb., Format: 26,5 x 20,5 cm. zu beziehen durch Überweisung auf Pschkto 26680-104 des ABN e.V., BLZ 100 100 10. Berlin, 2001 25,00
Die Schmalspurbahnen haben bis heute ihren Platz im Herzen der Menschen. Schmalspurbahnen waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in das Licht der Eisenbahnwelt getreten, wo sie eine preisgünstige Alternative zum Bau von Normalspurstrecken boten. Ohne sie hätte so mancher Ort keinen Anschluss an das Schienennetz erhalten. Das Ende kam meist in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Straßenkonkurrenz schneller und größer wurde. In einmaligen Farbaufnahmen erinnert der Autor an die Zeit, als die liebenswerten Bahnen noch ein alltägliches Verkehrsmittel waren. Jürgen Krantz: Zauber der Schmalspurbahn. 159 S., geb., Format: 27 x 23,5 cm. Transpress-Verlag, Stuttgart, 2003 ISBN 3-613-71216-4 24,90
markt alle Dämme. Ich stellte mir also das Ziel, keine Lok mehr zu kaufen, deren Preis DM 300 überschreitet. Achtung! Ich spreche hier von D-Mark! Mit diesem Vorsatz kam ich lange nicht in Konflikt, weil auf einer kleinen Heimanlage für eine Baureihe 01 mit einer Leine Schürzenwagen kein Platz ist. Später schlug dann die Computergeneration zu. Diese will, wahrscheinliche teilweise PISA-gesteuert, alles vereinfacht haben und die Industrie macht mit. Damit war die Ära beendet, wo von zwei Radsatz-Seiten zwei Kabel zu zwei Motor-Bürsten verliefen und sofort das große Fahrerlebnis einsetzte wenn Strom an der Schiene anlag. Nebenbei ließen sich solche Maschinen noch selbst reparieren. Der Normalverbraucher kann bestimmt noch nachvollziehen, wenn neue Modelle für den Digitalbetrieb vorbereitet sind, das ist aber dann genug der Aufwendungen! Dann begann der Vertrieb von Lokomotiven in schaumgebremsten Holzkisten und zum Teil sogar edelmetallisch als Geschenkset umschrieben. Was da so in diesen Holzkisten war, darauf kann man auch mal verzichten, denn wozu gibt es sonst eine gehobene Klasse? Doch nun komme ich ich mache es wie die Leute im Bundestag: von der langen Einleitung zur Sache. Da baut doch Roco 2003 die wunderschöne Baureihe 36.0-4 der DRG, ein Highlight in jeder Hinsicht, ein Highlight auch im Preis! Warum verderben die Marketing-Strategen das gute Firmen-Image? Die Lok bringt einen Decoder mit, den viele Modellbahner nicht brauchen, schon weil sie eine Digitalisierung ihrer Anlage nicht finanzieren können oder vielleicht auch nicht wollen, weil Umgang mit der Elektrizität auf der Bahn auch recht cool sein
kann. Dazu erhält man eine SuperAufbewahrungskartonage, für die der Modellbahner nun wieder einen Lagerort im Keller oder auf dem Boden finden muss, denn diesen Karton braucht die Witwe ja wieder, wenn sie später mal die angehäuften Lokomotiv- und Wagenschätze verscherbeln will! Ja, und dann liegt da sogar noch ein Gleisstück bei. Damit soll sich der Käufer der Lok wahrscheinlich die Zustimmung der Ehefrau für den Zugang zum Glasschrank im Wohnzimmer erschleichen. BR 36 auf Gleisstück zwischen Kristallvasen das fetzt! Es kann schon sein, dass neue Ideen das Geschäft beleben, mancher Schuss kann aber auch nach hinten losgehen! Wunderbar finde ich die beigelegten Nummernschilder der Lok, muss man da aber dem Kunden das diffizile Zubereiten der Schilder überlassen? Glücklicherweise liegt der Packung ein Zettel bei, in dem vermerkt ist, was man alles falsch machen kann, und das finde ich tröstlich! Wir suchen Nachwuchs für unser Hobby und da müssen Fahrzeuge preiswert sein (nicht billig!). Wo ist also die BR 36 ohne elektronische Supertechnik und Wunderverpackung? Wohlbemerkt, ich spreche hier nicht für modellbahnernde Bankmanager oder Ex-Ministerpräsidenten, die sich mit ihren Abfindungen und Renten noch ganz andere Sachen leisten können. Ich denke an die vielen Kleinen, die jeden Euro mehrfach umdrehen müssen, ehe sie ihn ausgeben. Hoffentlich kommt es nicht so weit, dass es eine neue Lok gibt und keiner geht mehr hin, um sie zu kaufen ... Wir wollen nämlich nur gelegentlich eine Lok kaufen und nicht die ganze Firma! Klaus Engler